HH Rede 2015 - Pressefassung

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HH Rede 2015 - Pressefassung
Stadt Leipzig
Ratsversammlung am 25. Februar 2015
Tagesordnungspunkt 11, Statements der Fraktionen zum Haushaltsplanentworf 2015/2016
Redebeitrag der CDU-Fraktion
Fraktionsvorsitzender Uwe Rothkegel
- es gilt das gesprochene Wort -
Im November 2003 prägte Klaus Wowereit im Interview mit Focus Money den Satz: "Berlin
ist arm, aber sexy."
Ebenfalls im November 2003 trat Burkhard Jung von seiner Funktion als städtischer
Olympiabeauftragter zurück und wurde als Beigeordneter von seinen Dienstgeschäften
entbunden.
Heute, elfeinhalb Jahre später ist Burkhard Jung Oberbürgermeister und Klaus Wowereit
endgültig zurückgetreten. Berlin ist immer noch arm. Wie sexy Berlin ist, dazu will ich mich
als Leipziger hier nicht äußern.
Die CDU-Fraktion interessiert sich viel mehr dafür, wie arm und wie sexy Leipzig ist, wenn
Burkhard Jung einmal Oberbürgermeister a.D. auf seiner Visitenkarte stehen hat.
Und wir wollen auch fragen: wie arm und wie sexy ist Leipzig heute?
Es ist in Leipzig gute Tradition, mit dem Finger nach Dresden zu zeigen, wenn es finanziell
klemmt. Zu Unrecht: Im Doppelhaushalt des Freistaates erreicht die
Kommunalfinanzierungsquote 32,7 Prozent.
Auch unser Kämmerer hat in seiner Haushaltsrede gesagt, dass es der Stadt Leipzig seit
1990 noch nie so gut gegangen sei wie heute. In der Prognose könne man über ein Plus
von 53 Millionen € Steuereinnahmen im Jahr 2015 und von 68 Millionen € im Jahr 2016
berichten.
Die Einnahmensituation der Stadt ist also gut wie nie zuvor.
Wie sah es im vergangenen Jahr aus? Die CDU-Fraktion hat für 2014 keinerlei Anträge
zum Haushaltsplan gestellt. Wir wollten das von der Verwaltung prognostizierte Defizit
nicht noch vergrößern.
Ich sage heute deutlich: das war ein Fehler.
Es war ein Fehler, die Zahlen der Verwaltung zu glauben.
Heute hört man, der Haushalt 2014 würde mit Überschüssen abgeschlossen. Die Zahlen
schwanken zwischen 10 und 30 Millionen, genaueres erfährt man bisher nicht. Es gab
also zwischen dem 2014er Haushaltsplanentwurf und dem tatsächlichen Ergebnis eine
sehr große Lücke.
Wir glauben, das ist beim Doppelhaushalt 2015/16 nicht anders.
Betrachtet man den Sanierungsstau bei Kitas und Schulen, Straßen und Brücken auf der
einen Seite und die historisch niedrigen Zinsen auf der anderen Seite, muss man ernsthaft
fragen, ob Sparen und Schuldentilgung jetzt vernünftig und das richtige Signal sind.
Wie geht der Oberbürgermeister, wie geht die Stadtratsmehrheit mit dem städtischen
Vermögen, mit dem Geld der Bürger um? In der diesjährigen Haushaltsdebatte sollte es
aber nicht nur um Geld gehen.
Es sollte auch darum gehen, was unsere Stadtgesellschaft zusammenhält, und was sie
derzeit spaltet. Oder verkürzt: wie sexy ist Leipzig?
Unsere Stadt ist politisch so polarisiert und gespalten wie wohl noch nie in der jüngeren
Geschichte.
Eine Eskalationsspirale von Polemik und Gegenpolemik, von Anfeindungen und
Gewaltaufrufen schraubt sich gegenseitig hoch. Teile der Bevölkerung sind nicht bereit,
konträr andere Meinungen hinzunehmen. Das kostbare Gut der Meinungsfreiheit, für das
wir 89 vereint auf dem Ring waren, ist bedroht, und zwar nicht durch Politik und Behörden,
sondern durch Teile der Bevölkerung selbst, die anderen Teilen der Bevölkerung genau
dieses Recht absprechen wollen.
Eigentlich ist es ganz einfach: Das Recht auf Meinungsfreiheit und auf
Versammlungsfreiheit gilt für alle, für Anhänger von Legida genauso wie für ihre Gegner.
Vorausgesetzt, dieses Recht wird friedlich und gewaltfrei ausgeübt. Und genau daran
mangelt es: Versammlungsfreiheit in Leipzig ist derzeit nur unter dem Schutz tausender
Polizisten durchsetzbar. Dies darf kein Dauerzustand werden.
Ich sage es ganz deutlich: Wir als CDU-Fraktion wollen keine Stadt im regelmäßigen
Ausnahmezustand, so wie wir es am 21. Januar erleben mussten.
Selbst an diesem Abend war aber nur eine Minderheit der Leipziger auf der Straße. Was
ist also mit dem Recht der „schweigenden Mehrheit“, die ungestört ihren beruflichen und
familiären Verpflichtungen nachkommen will? Und dafür braucht man nun einmal
funktionierende öffentliche Verkehrsmittel und Fahrbahnen ohne zusätzliches
Verkehrschaos.
Die Tagesschau am 21. Januar berichtete die ersten fünf Minuten über Leipzig als eine
Stadt im Belagerungszustand. Positives Stadtmarketing sieht anders aus. Oder wie
Wowereit sagen würde: Sexy ist das nicht.
Inzwischen müsste auch dem letzten klar geworden sein: die Stadt Leipzig hat ein
Problem mit linksextrem motivierter Gewalt. Dies nicht erst in den letzten Wochen,
sondern im Grunde seit vielen Jahren. Aber die Häufung von Gewaltaufrufen und
Gewaltakten in den letzten Wochen ist erschreckend: kurz vor Weihnachten der Aufruf im
Internet zu flächendeckenden Anschlägen auf staatliche Einrichtungen, Unternehmen und
Privatwohnungen; die Belagerung der Polizeiwache Connewitz durch einen gewalttätigen
Mob; die Spur der Verwüstung, die am Abend des 15.Januar von der Innenstadt bis zur
Südvorstadt gelegt wurde usw...
Soll dies endlos so weiter gehen? Nein!
Konsequentes Behördenhandeln gegen linksextrem motivierte Gewalt ist das eine.
In das Handeln der Leipziger Polizei haben wir da volles Vertrauen.
Bei der Stadtverwaltung sind wir uns da schon nicht mehr so ganz sicher. Etwa wenn wir
an den liebevollen Umgang mancher Ämter mit sogenannten Kultureinrichtungen in
Connewitz denken.
Es geht aber auch um eine konsequente Ächtung linksextrem motivierter Gewalt durch die
Stadtpolitik und insbesondere durch den Stadtrat. Die große Mehrheit der Leipziger
Bevölkerung erwartet dies von uns.
Mit der eigentlich notwendigen Einmütigkeit im Stadtrat wird es natürlich schwierig, wenn
sich ein Mitglied dieses Hauses selbst regelmäßig im Umfeld der Rädelsführer aufhält.
Wir sollten uns als Stadträte eingestehen: dass wir am 21. Januar durch
Mehrheitsentscheid die Ratssitzung abgebrochen haben, obwohl noch wichtige
Beschlüsse zu fassen waren, war ein großer Fehler und wurde in weiten Teilen der
Bevölkerung als Arbeitsverweigerung wahrgenommen.
Wir sind gewählt worden, um unsere kommunalpolitische Arbeit zu tun und nach den
besten Lösungen für diese Stadt zu suchen. Diesen Wählerauftrag hat eine Ratsmehrheit
am 21.Januar ignoriert. Aus diesem Fehler sollten wir gemeinsam lernen.
Was unsere Stadt in dieser Zeit der politischen Polarisierung braucht, sind rhetorische
Abrüstung und politische Deeskalation, sind Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit. Wir als
Stadträte sollten damit den Anfang machen und den Menschen ein Beispiel geben.
Und wenn weniger als 50% der Bürger zu Wahl gehen, müssen wir uns fragen, wie es um
unsere politische Legitimation steht.
Zurück zum Geld:
Die Haushaltsanträge aller Fraktionen (auch der unsrigen) befassten sich fast alle mit dem
Thema Ausgaben, genauer noch mehr Ausgaben. Ja … auch die CDU-Fraktion hat nicht
nach dem Sparen und Bescheiden gefragt sondern, nach dem Investieren! Das was man
jetzt investiert hilft ggf. Sparen in der Zukunft.
Um diese Mehr-Ausgaben tätigen bzw. beschließen zu können, müssen und können wir
auf ein Polster zurückgreifen, welches uns die verbesserte Wirtschaftskraft in Leipzig im
letzten Jahr geschaffen hat. Dennoch sind wir immer noch nicht in der Lage aus eigener
Kraft die erforderlichen Investitionen zu tätigen. Wir sind auf Zuwendungen von Bund und
Land angewiesen. Auch die klassischen Pflichtaufgaben können wir noch nicht aus
eigener Kraft finanzieren. Das macht weiteres Sparen im Ergebnishaushalt erforderlich
und aber auch und besonders die Stärkung der Wirtschaftskraft in Leipzig.
Mehr denn je müssen wir die Wirtschaft in dieser Stadt als Partner verstehen. Der Anteil
der Gewerbesteuer und der durch unternehmerische Tätigkeit erzeugte Einkommensteuer
am Gesamthaushalt der Stadt vergrößert sich zusehends. Dass dies auch mindestens im
gleichen Maße geschieht wie die Bevölkerungszahl in Leipzig wächst, ist leider noch nicht
selbstverständlich. Dazu muss Wirtschaftsförderung viel mehr als bisher zum Thema des
gesamten Verwaltungshandelns werden.
Dies beginnt bei dynamischen und kurzen Entscheidungsprozessen, die sich stärker an
den Belangen der Wirtschaft orientieren. Verstärkter und zielgerichteter Bürokratieabbau,
offensive und aktive Ansiedlungspolitik, strategisches und nachhaltiges
Flächenmanagement und die Konzentration auf das Wesentliche, um nur einige Punkte zu
benennen.
Zügige und konstruktive Zusammenarbeit der Dezernate und Ämter nicht nur für
ausgewählte Ansiedlungen, wie BMW und Porsche. Unter der Federführung des
Dezernates Wirtschaft und Arbeit und unter Beteiligung der jeweiligen Unternehmen
können interdisziplinäre Beratungen dazu beitragen, dass Probleme und Lösungen an
einem Tisch aufgedeckt werden.
Stadtentwicklungsplanung, sei es zum Thema Verkehr, Zentren oder Wohnen darf nicht
nur mit der Brille der sozialen und der Umweltverträglichkeit gesehen werden. Sie muss
auch wirtschaftlichen Belangen gerecht werden. Nur so kann Leipzig wirklich nachhaltig
wachsen und der Haushalt der Stadt auch künftig auf solide Beine gestellt werden.
Dazu gehört auch, dass in den Stadtbezirken und Ortsteilen investiert wird, in den ein
Großteil des Gewerbesteueraufkommens erwirtschaftet wird. Auch deshalb haben wir
einen Haushaltsantrag zum Nordraumkonzept gestellt.
Im Dezernat 5 des Bürgermeisters Prof. Fabian, sind in den letzten Jahren starke
Herausforderungen aufgelaufen.
Alle Stadträte haben die Themen parat:
-
Kitas: Rechtsanspruch, Steigende Geburtszahlen, Standorte und Bau, Personal,
Instandsetzung
-
Schulen: steigende Kinderzahlen, Neubau und Instandhaltung z.B: Brandschutz
und WC´s
-
Erzieherische Jugendhilfe HZE, anhaltend steigende Bedarfe
und Drogenhilfe, Offene Freizeittreffs, Hilfe für Vereine u.v.m.
Manches ist geschafft worden, vieles bedarf noch unserer Aufmerksamkeit.
Im Dezernat 5 sind viele Leistungen gesetzlich geregelte Pflichtleistungen. Wir müssen
jedoch immer wieder die Frage stellen, ist es richtig immer mehr freiwillige soziale
Leistungen zu fordern?
Wir als CDU sind gegen eine permanente ansteigende Kostenspirale bei den
Sozialleistungen.
Wir haben hier schon bei weitem den größten Anteil an Ausgaben im Haushalt und das
trotz sinkender Arbeitslosenzahlen.
Jede zusätzliche freiwillige Transferleistung reduziert den Anreiz für Hilfeempfänger, selbst
produktiv zu werden und Herausforderungen anzunehmen. Und je länger die Abhängigkeit
von staatlichen Leistungen ist, desto unfähiger wird man, für sich selbst zu sorgen. Die
Zahl der Langzeitarbeitslosen beweist uns das.
Die sozialstaatlichen Instrumentarien sollten auf die aktive Beteiligung ausgerichtet
werden. Statt bloßer Zahlung der Alimente müssen wir also Hilfebedürftigen - die Hilfe zur
Selbsthilfe anbieten. Das sorgt für eine Sozialpolitik, die der Würde des Menschen besser
gerecht wird und die zudem den Haushalt nicht weiter zusätzlich belastet.
Besser als ein Sozialticket ist zum Beispiel die Förderung von Produktionsschulen.
Jungen Menschen schaffen hier mit gezielter Hilfe Mehrwerte und erhalten Anerkennung
und die Möglichkeit einen Abschluss zu erhalten.
Wir die CDU-Fraktion wollen mit den Förderungen für sozial Schwache früh beginnen.
In den Kitas und Schulen, aber vor allen in den Familien.
Zweistellige Quoten von Schulabgängern ohne jeglichen Schulabschluss sind eindeutig zu
hoch.
Leipzig belegt bei diesen Zahlen immer noch einen unrühmlichen Spitzenplatz.
Die Hilfen zur Erziehung (HZE), dort wo Kinder aus den Familien genommen werden
müssen haben erschreckende Zuwachsraten, jährlich. Vor allem Eltern mit einer
Suchtproblematik werden ihren Kindern nicht mehr gerecht. 45% aller Fälle sind davon
betroffen.
Wir brauchen in unseren Angeboten der Jugendhilfe neue Schwerpunkte.
Nach dem Motto: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wir müssen neu
strukturieren und genauer hinschauen wo wir die Mittel hinlenken.
Der Schulneubau wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen.
Die Geburtenzahlen und die erfreulichen Zuzugsraten verpflichten und dazu.
Die Koordination der Ämter untereinander muss dabei deutlich verbessert werden. Viel
schneller müssen möglich Standorte auf ihre Machbarkeit geprüft werden. Lärm,
Brandschutz, bauliche Gegebenheiten, Platzbedarf und die sozialräumliche Verträglichkeit
müssen von den Ämtern innerhalb von Wochen zugearbeitet sein, nicht von Monaten.
Solche Pannen wie wir sie bei manchem Standort für Asylbewerberheimen oder Kitas
erleben mussten, müssen der Vergangenheit angehören.
Das Thema Lenkung und Strukturierung im Dezernat von Prof. Fabian ist eindeutig
unterbelichtet und ich glaube, auch der wirtschaftliche Sachverstand.
Im Jahresbericht der Inneren Mission Leipzig 2014 heißt es dazu:
„Die Notwendigkeit, Abstimmungen zwischen unterschiedlichen Verwaltungsstellen zum
Teil derselben Gebietskörperschaft einzufordern, steigert unseren internen Aufwand. Einen
Höhepunkt erreicht es, wenn wir gezwungen sind, eine solche verwaltungsinterne
Abstimmung selbst herbeizuführen, um die Lösung z.B. eines der Sozialverwaltung der
Stadt Leipzig drängenden Problems zu ermöglichen. …das wirkt sich Kosten treibend
aus.“
Der Jahresbericht der Diakonie sagt uns also, wir verursachen Verwaltungskosten mit
Geldern, die eigentlich für soziale Aufgaben da sein sollten.
Das muss zukünftig vermieden werden!
Wir kennen diese Problematik leider nicht nur im sozialen Bereich. Die Bürgermeister
dieser Stadt haben die Verantwortung ihre Ämter so zu strukturieren und
Verantwortlichkeiten so festzulegen, das die Verwaltung wieder als Dienstleister den
Leipzigern zur Verfügung steht.
Es kann nicht sein, dass wir den Menschen und Unternehmungen Kosten durch
mangelnde Organisation in der Verwaltung verursachen!
Herr Oberbürgermeister, das ist im nächsten Jahr ihre vordringlichste Aufgabe.
- Befähigen Sie die Verwaltung Dienstleister zu sein! -
Organisieren Sie die Zusammenarbeit der Ämter so, dass alle Leipziger nicht mit
Zuständigkeiten einzelner Ämter zu kämpfen haben, sondern die Verwaltung als einen
Ansprechpartner wahrnimmt, die sich selbst organisieren kann!
Die Kulturausgaben der Stadt Leipzig betrugen in den letzten Jahren ca. 185 € jährlich für
jeden Leipziger. Damit stehen wir an zweiter Stelle in Deutschland, nur Frankfurt hat mit
200€ mehr, und die vergleichbare Stadt Nürnberger jedoch weniger als 80 €.
Die Leipziger Kultur ist Alleinstellungsmerkmal und Tourismusziel, insbesondere unser
Gewandhaus und unser Thomanerchor suchen in Europa - ja sogar weltweit ihresgleichen. Wir wissen: Es lohnt sich, dafür Geld aus zugegeben. Und trotzdem:
Unsere Kulturausgaben sind gemessen an unserer Wirtschaftskraft nach wie vor viel zu
hoch. Setzen wir den Vergleich fort: Die Stadt Frankfurt, die sich 20% höhere Pro-KopfKulturausgaben als Leipzig leistet, hat ein Gewerbesteueraufkommen von 1,4 Mrd. Euro
jährlich. Das sind mehr als 2000 Euro pro Einwohner und damit fünfmal so viel wie
Leipzig!
Nürnberg ist mit mehr als 400 Mio. Euro Gewerbesteueraufkommen und mehr als 800
Euro pro Einwohner auch noch doppelt so hoch wie Leipzig.
Wenn man die Pro-Kopf-Umsätze in der Kulturwirtschaft betrachtet – ich beziehe mich
hierbei auf das Kulturstädteranking des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut von 2014 –
belegt Leipzig aber nur den Platz 22.
Offenbar setzen 21 andere deutsche Großstädte ihre Kulturausgaben effizienter ein.
Vor diesem Hintergrund muss man als verantwortungsvoller Kommunalpolitiker eigentlich
allen Ausgabenausweitungen im Kulturbereich zunächst einmal entgegentreten.
Ein teurer Umbau oder gar ein Erweiterungsbau des Naturkundemuseums ist mit unseren
finanziellen Mitteln jedenfalls nicht ohne weiteres möglich. Ja - die CDU - Fraktion setzt
sich für den Erhalt des Naturkundemuseums im alten Gebäude ein. Hier müssen aber
neue Wege der Finanzierung gesucht und gefunden werden. Ein Erweiterungsbau kommt
nur in Betracht, wenn es einem neuen Direktor gelingt, hierfür Förder- und Drittmittel zu
akquirieren.
Die Kultur-Eigenbetriebe sind akut gefährdet. Aus den Wirtschaftsplänen geht hervor, dass
die Überschuldung spätestens 2018 bevorsteht. Die CDU-Fraktion kann Wirtschaftsplänen
mit einer solchen Perspektive nicht zustimmen. Wir wissen aber auch: Diese
Wirtschaftspläne sind Ergebnis der Entscheidungsschwäche unseres Oberbürgermeisters,
der sich vor Strukturentscheidungen scheut.
Auf der Grundlage des Actoris-Gutachtens hat der Stadtrat am 18.07.2012 die Gründung
einer Arbeitsgruppe beschlossen, die Einsparsparmöglichkeiten - insbesondere solche
durch die Zusammenlegung von Verwaltungen der Eigenbetriebe Kultur - untersuchen
sollte. Inzwischen liegen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vor. Einsparungen von gut 1
Mio € sind möglich, wenn wir die Verwaltungen von Oper und Schauspiel oder von Oper
und Gewandhaus zusammenlegen. Die Entscheidung, ob und in welcher Form eine
Fusion der Verwaltungen von Schauspiel und Oper oder von Gewandhaus und Oper
gewollt ist, ist eine politische. Dem entsprechend hat die Arbeitsgruppe diese
Entscheidung in die politischen Gremien zurückverwiesen.
Weitere Fusionsmöglichkeiten wie die Fusion von MuKo (nach vorheriger Herauslösung
aus dem Eigenbetrieb Oper) und TdjW oder die Fusion von TdjW und Schauspiel sind
bislang noch nicht untersucht worden: Weder im Actoris-Gutachten, noch in der
Arbeitsgruppe. Hier müssen wir Ball bleiben. Leipzig kann sich die Außerachtlassung
erheblichen Sparpotentials im Kulturbereich nicht leisten.
Unter Berücksichtigung dieser soeben geschilderten Gesamtsituation stellt die CDU Fraktion im Kulturbereich daher nur einen Änderungsantrag zum Haushaltsplanentwurf:
Dieser betrifft die von den Leipzigern im denkmalgeschützten Theater-Gebäude in
Lindenau sehr gut angenommene Musikalische Komödie. Wir meinen, dass der
Spielbetrieb und die daraus sich ergebende Einnahmequelle hier unbedingt gesichert
werden muss. Dies gilt umso mehr, als der Verwaltungsausschuss am 2.4.2014 den
Umbau der Dreilindenstraße 24 zur Sicherstellung von Funktionalräumen für den
Spielbetrieb der musikalischen Komödie beschlossen hat.
Ich glaube, das ist der richtige Weg. Auch das schon angesprochene Kulturstädteranking
sieht Musicals als beliebteste Kulturveranstaltungen in Deutschland, noch vor Rock- und
Popkonzerten.
Kein Verständnis haben wir für den Antrag der Linken (A-00215/14-NF-002), das
Grundstück Gottschedstraße 16 (ehemalige Spielstätte Skala) "einer dauerhaften
kulturellen Nutzung zuzuführen" und "potenziellen Nutzern aus der Freien Szene gezielt
für Erbbaurecht oder Kauf" anzubieten.
Die teilweise Refinanzierung des Ausbaus der Zweitspielstätte "Schauhaus" durch den
Erlös eines Verkaufs der Skala zum Verkehrswert (nach Kurzgutachten 860.000,- €) war
und bleibt zwingende Voraussetzung für die Zustimmung der CDU-Fraktion zum Ausbau
der Zweitspielstätte "Schauhaus".
Mit der Festschreibung einer kulturellen Nutzung würde faktisch eine neue Spielstätte eine durch die Stadt subventionierte Spielstätte - errichtet, die sich die Stadt Leipzig in
ihrer derzeitigen Finanzsituation nicht leisten kann.
Die Verwaltung hat es sich mit Ihren Verwaltungsstandpunkten wieder einmal sehr leicht
gemacht. Fraktionsanträge wurden in gewohnter Weise zusammengefasst und mit dem
Verwaltungsvotum „Zustimmung mit Änderung“ versehen.
So werden beispielsweise bei den Schulbauinvestitionen aus beantragten 6,7 Mio. Euro
ganz schnell 2,5 Mio – siehe Verwaltungsmeinungen Seite 4.
Das ist kein Kompromissvorschlag der Verwaltung, sondern ein Versuch, den Rat hinters
Licht zu führen. Wir werden das so nicht mittragen.
Ähnliches gilt bei den beantragten Mitteln für Straßen- und Brückenbau. Ich habe den
Eindruck, die Stadtverwaltung will den Autoverkehr in erster Linie durch planmäßigen
Verschleiß der Straßen reduzieren. Anders lässt sich die Zurückhaltung der Verwaltung bei
den Ausgaben für Straßenunterhaltung und -erneuerung nicht erklären.
Insgesamt fällt es schwer, bei den Verwaltungsmeinungen einen roten Faden zu finden. Es
fehlt die innere Logik. Nehmen wir das Beispiel Sportinternat. Es liegen zwei Anträge
gleichen Inhalts von den beiden stärksten Fraktionen dazu vor. Ohne besondere
mathematische Fähigkeiten kann man sich ausrechnen, dass es eine Mehrheit im Rat gibt.
Die Verwaltung aber zeigt sich mit ihrem VSP bockig. Die Verwaltung schreibt als erstes
Argument für die Ablehnung auf: Die Betreibung des Internats ist eine freiwillige Aufgabe.
Die Verwaltung zeigt keine Lösung auf, sondern wieder mit dem Finger nach Dresden.
Das löst aber das Problem nicht. Also muss der Stadtrat das Problem lösen und die Mittel
beschließen. Genau so wird es kommen.
Die CDU-Fraktion hat auch eine Aufstockung der investiven Mittel für das
Nordraumkonzept beantragt. Die Verwaltung folgt dem Vorschlag und will mehr Mittel im
Haushalt bereitstellen. Mangels eigener Ideen schlägt die Stadtverwaltung auch gleich vor,
mit den erhöhten Mitteln die Haushaltsanträge der Ortschaftsräte aus dem Nordraum
gegen zu finanzieren. Das war so nicht gedacht. Und das wollen wir so auch nicht haben.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu den Bürgereinwendungen sagen. Es wäre
Aufgabe der Verwaltung gewesen, dem Stadtrat den konkreten Handlungsbedarf bei den
Schulen aufzubereiten. Nun hat der Arbeitskreis Grundschulen des Stadtelternrates die
Arbeit der Verwaltung gemacht und eine erste Bestandsaufnahme der Mängel vorgelegt.
Die große Menge der Einwendungen lässt aus Sicht der CDU-Fraktion nicht zu, eine
Wertung vorzunehmen. Damit sind wir ehrenamtlichen Stadträte überfordert. Auch wenn
die Liste der Einwendungen möglicherweise nicht vollständig ist:
Die CDU-Fraktion wird allen Bürgereinwänden des Arbeitskreises Grundschulen
zustimmen. Wir fordern außerdem die Verwaltung auf, endlich eine Prioritätenliste mit
einer konkreten Kostenschätzung sowie einen zeitlichen Ablauf der erforderlichen
Sanierungsmaßnahmen vorzulegen. Das fordern wir schon lange. Oder ist es etwa auch
für die Gymnasien und Oberschulen nötig, dass die Elternvertreter die Arbeit der
Verwaltung übernehmen? Die Verwaltung macht es sich jedenfalls zu einfach, wenn sie
als Standpunkt zu diesen Bürgereinwendungen knapp zwei Dutzend mal schreibt: „Eine
Einordnung von Mitteln zur Planung und Realisierung der Maßnahme ist aufgrund anderer
Prioritäten im Schulbau momentan nicht möglich.“
Und eins will ich noch mal deutlich sagen: Der Zustand der Leipziger Schulen ist ein
Ergebnis der Arbeit sozialdemokratischer Schulbürgermeister. Für die verfehlte Politik in
diesem Bereich stehen von 1992 bis 1998 Wolfgang Tiefensee, von 1999 bis 2006
Burkhard Jung und seither Prof. Fabian.
Liebe Kollegen, sie haben mir jetzt knapp 20 Minuten mehr oder weniger aufmerksam
zugehört. Und sie saßen dabei – wie wir aus einem Verwaltungsstandpunkt erfahren
haben – auf unbedingt erhaltenswerten denkmalgeschützten Sitzmöbeln aus den 60er
Jahren. Es liegen mehrere Anträge zur Erneuerung der Bestuhlung und Verbesserung der
Technik vor.
Meine Fraktion hat dazu einen zusammenfassenden Änderungsantrag eingebracht, für
den ich sie schon heute um Zustimmung bitte. Wir Stadträte wollen und sollen
Entscheidungen für die Zukunft treffen. Dazu benötigen wir zeitgemäße
Arbeitsbedingungen. Und in diesem Saal wird gearbeitet. Es handelt sich nämlich nicht um
ein Museum.
Dann ist es vielleicht wieder sexy, hier zu sitzen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!