finden Sie den Artikel aus dem "Industrie Anzeiger"

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finden Sie den Artikel aus dem "Industrie Anzeiger"
Sonderdruck aus Industrieanzeiger 32/33 2008
Optisch könnte es eine massive Aluminiumplatte sein, doch der Kern solcher SandwichHalbzeuge besteht in der Mitte aus Aluminiumschaum. Außen ist ein Aluminiumblech als
Deckschicht aufgebracht Bild: LMpv
ALUMINIUMSCHAUM: LEICHTBAU-WERKSTOFF MIT VIELEN VORTEILEN
Schall- und Crashtests
sind bestanden
Das hergestellte Bauteil aus Aluminiumschaum ist im Vergleich zu einem gegossenen Produkt wesentlich leichter. Die Dichte des Materials und die Verteilung der Poren
richten sich nach den Bedingungen während
des Schäumungsprozesses. Die mechanischen Eigenschaften eines Aluminiumschaumbauteils sind ebenfalls abhängig von
den Prozesszeiten.
Vor allem im Leichtbau macht man sich die
Vorteile des Aluminiumschaums zu Nutze,
da der Werkstoff aufgrund des hohen LuftVolumentanteils im Vergleich zu Monomaterialien gleich bleibende Festigkeit verspricht.
Vor allem im Leichtbau ist Aluminiumschaum als Werkstoff erste Wahl. Doch sein Einsatz beschränkt sich immer
noch auf spezielle Anwendungen. Der Grund sind fehlende
Konstruktionsrichtlinien und Fertigungstechniken.
Als formschöner Leisetreter macht Sonys
Heimkino-Projektor Qualia 004 seit drei Jahren Furore. Bei diesem designorientierten
Highend-Beamer stört kein Surren des Lüfters den Filmgenuss. Denn sein bedampftes
Metallgehäuse ist mit Aluminiumschaum
verkleidet und minimiert so die Geräuschentwicklung. Umrandet von silbrigen Aluminiumprofilen befindet sich unter dem durchsichtigen Gehäuse eine eingefärbte Aluminiumschaum-Platte.
An diesem Beispiel wird die Funktionsintegration von Aluminiumschaum deutlich: Der
Werkstoff wird als Dämmmaterial, als Designwerkstoff, als Wärmeleiter und als
Leichtbauelement zur Reduzierung der Deckenlast gleichzeitig eingesetzt. Dies zeigt:
Der Einsatz von Aluminiumschaum ist vielseitig und birgt in vieler Hinsicht Vorteile.
Dennoch ist die Bereitschaft, den Werkstoff
in der Industrie einzusetzen, immer noch relativ gering. Dies liegt nicht zuletzt an mangelnden Informationen: Für die meisten
Werkstoffe gibt es heute umfangreiche Datenbanken oder Nachschlagewerke, mit de-
ren Hilfe sich der Anwender gezielt informieren kann. Dies ist bei Aluminiumschaum
nicht der Fall. Ein Taschenbuch (siehe Kasten
rechts) soll diese Lücke nun schließen.
Bauteile aus Aluminiumschaum sind im Inneren porig, außen zeigt sich eine geschlossene Oberfläche. Durch das Mischen von
Aluminiumpulver mit einem Treibmittel – in
der Regel handelt es sich um Hybride, vor allem um Titanhydrid (TiH2) – wird ein Material
hergestellt, das bei entsprechenden Temperaturen „aufgebacken“ wird. Bei diesem
Prozess kann der Aluminiumschaum in einer
Form geschäumt werden, so dass er sich der
Werkzeugkontur anpasst.
Nach dem Schäumungsvorgang wird das
Bauteil entsprechend endbearbeitet. So lässt
sich der Werkstoff problemlos spanend
durch Fräsen oder Drehen bearbeiten. Das
Sägen stellt dabei die einfachste Methode
zum Beschneiden eines ebenen Aluminiumschaum-Sandwiches dar. Ein präzises
Bohren ist allerdings nur möglich, wenn der
Bohrer eine hohe Eigenbiegesteifigkeit (ab ca
12 mm Durchmesser) besitzt.
Bei diesem Beamer wird Aluminiumschaum
nicht nur als Design-Element eingesetzt, sondern auch zur Geräuschdämmung Bild: Sony
So hat der Glashersteller Pilkington durch
den Einsatz des geschlossenporigen Aluminiumschaums Alporas der Gleich GmbH,
Kaltenkirchen, das Gewicht einer Werkzeugaufnahme für Pkw-Frontscheiben von 82 auf
30 kg reduzieren können. Vorher nutzte sie
eine komplette Aluminiumkonstruktion für
den Transport der Frontscheibensegmente in
der Fertigungslinie. Diese 82 kg schwere
Werkzeugaufnahme wurde ohne mechanische Hilfsmittel bewegt.
Daneben bringt der Werkstoff Vorteile für
das Schwingungsverhalten von Produkten:
Schwingende Konstruktionen und Bauteile,
die zum Beispiel aus Hohlprofilen bestehen,
erreichen nämlich mit Hilfe von gefüllten
Strukturen eine höhere Steifigkeiten und größere Dämpfung. Bei solchen geschäumten
Hohlprofilen handelt es sich allerdings noch
um angedachte Standardmaterialien, die
heute nur in verschiedenen Einsatzgebieten
Einzelanwendung finden. So hat die Firma
Gleich Alporas-Schaum für den Tragbalken
einer Spinnereimaschine eingesetzt. Die optimierte Konstruktion wiegt mit 21 kg zwar
etwa genau so viel wie das Original. Doch
wurde die Vibration bei Frequenzen unter
370 Hz um 60 % reduziert.
Auch als Crash-Elemente eignen sich solche
gefüllten Hohlprofile, da sich der Aluminiumschaum gut verformen lässt und somit sehr
gut Energie absorbieren kann. Erste Anwendungen im Automobilbau reichen von Seitenschwellern für zwei Ferrari-Modelle bis
hin zur Gepäckablagerungselementen im
Audi Q7.
Sollen Hohlräume mit Aluminiumschaum
gefüllt werden, so ist dies allerdings nicht bei
Kostenneutralität erreichbar. In einem solchen Anwendungsfall muss eine Steigerung
der Leistung ganz klar einhergehen. Das können verbesserte Crasheigenschaften oder
Bei hohen Stückzahlen ist die
Wirtschaftlichkeit gesichert
Schalldämpfung sein, aber auch erhöhte
Festigkeitswerte oder Biegesteifigkeiten könne die Zusatzkosten aufwiegen. Generell lassen sich Produkte auf Basis von Aluminiumschaum durchaus wirtschaftlich herstellen. Bei ausreichenden Stückzahlen, das
heißt mehreren tausend Stück pro Jahr, sind
bei Schaumteilen mit einem Volumen zwischen 0,25 bis 1 dm3 Kosten zwischen 17
und 20 Euro pro kg realisierbar. In der Großserie und bei geeigneter Automatisierung
des Prozesses sind nach Einschätzung von
Experten schon heute 12,50 Euro pro kg vorstellbar.
Zum Vergleich: Großserien in Aluminiumguss kosten 4 bis 9 Euro pro kg. Allerdings ist
der Vergleich auf Gewichtsbasis nicht ganz
korrekt, das das spezifische Gewicht von Aluminiumschaum zwischen 0,5 und 0,8 kg/
dm3 liegt und daher nur 20 bis 35 % von Aluminium oder Sandkernen beträgt. Deshalb
müssen die Herstellkosten eigentlich in Relation zum Volumen gesetzt werden.
■ Dr. René Poss
LMpv GmbH, Oranienbaum
Dem Leichtbau auf der Spur
Know-how eines Start-up
Die LMpv GmbH ist das jüngste
Tochterunternehmen der MTW
GmbH, Metalle und technische
Werkstoffe. Das Start-up-Unternehmen, gegründet im Januar dieses
Jahres in Oranienbaum, entwickelt
den Markt für Leichtbau, selektiert
technologische Aufgaben und bündelt internes sowie externes unternehmerisches Handeln mit wissenschaftlicher Kompetenz. Es entwickelt MMC-Legierungen (Metal
Matrix Composites) und stellt Metall-Schäume auf Basis von Aluminium und Magnesium her. Das Unternehmen bietet in diesem Umfeld
Konstruktion, Beratung und Produktion an.
Aluminiumschäume systematisch
zusammengetragen. Das Buch
deckt die Herstellung, die Berechnung und auch die Anwendung
von Aluminiumschäumen ab. Fragestellungen zu ihren Festigkeiten,
mechanischen Kennwerten sowie
Vorteilen in der Anwendung werden hier verständlich erklärt. Dazu
gehören auch Informationen über
Fügetechniken, Bearbeitungsverfahren, Prüfverfahren, Metallografie sowie Korrosion und Verschleiß.
Thomas Hipke, Günther Lange,
René Poss: Taschenbuch der Aluminiumschäume, Aluminium-Verlag, 81 Euro. Weitere Informationen: www.alu-verlag.de
Leichtbau-Lehrgang
Fachliteratur
Das „Taschenbuch der Aluminiumschäume“ aus dem Düsseldorfer
Aluminium-Verlag ermöglicht es
Konstrukteuren und Ingenieuren,
Fasst erstmals den
aktuellen Stand des
Wissens über Aluminiumschäume
zusammen: Das
Taschenbuch aus
dem AluminiumVerlag Bild: Alu-Verlag
sich mit den
zellularen metallischen
Werkstoffen intensiv auseinander zu
setzen. Ein solches Kompendium
mit allen Informationen über den innovativen Werkstoff fehlte bislang.
Damit haben die Autoren – neben
dem LMpv-Vertriebsleiter René Poss
zwei Wissenschaftler der TU Clausthal sowie des Fraunhofer-Instituts
für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) Chemnitz – erstmals das allgemeine Wissen über
LMpv bietet gemeinsam mit externen Fachleuten des AluminiumVerlags und der Weisensee Warmpressteile GmbH ein Seminar für
Ingenieure an, die mehr über den
Umgang mit Aluminiumschaum
und Magnesium lernen wollen.
Dieser Leichtbau-Lehrgang soll die
Einsatzmöglichkeiten von neuartigen, innovativen und energiesparenden Materialien aufzeigen.
Denn der Einsatz neuer Materialien
bedarf Schulung von Mitarbeitern.
In diesem eintägigen Seminar vermitteln fachkundige Referenten
die Grundlagen der Werkstoffkenntnisse und geben Konstruktionshinweise. In einer offenen Fragerunde im Anschluss der Veranstaltung werden Fragen der Teilnehmer beantwortet und diskutiert. Das Seminar wird mehrmals im Jahr in verschiedenen
Städten Deutschlands angeboten.
Die Termine 2008:
17. September 2008 in Bremen
26. November 2008 in Düsseldorf
Weitere Informationen und Anmeldung unter [email protected].