Muster Laboklin aktuell

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Muster Laboklin aktuell
Mikrobiologische Diagnostik und Therapiemaßnahmen bei
Otitis externa
Einleitung
Otitiden sind insbesondere beim Hund ein
häufig vorkommendes Problem in der veterinärmedizinischen Praxis. Erschwerend kommt
hinzu, daß nicht selten mit Rezidiven zu rechnen ist. Bevor man die Ohrentzündungen therapeutisch angeht, sollte daher eine sorgfältige
Diagnosestellung erfolgen. Ätiologisch kommen beim Hund verschiedene Ursachen in
Betracht; hauptsächlich wären hierbei Infektionen bakterieller Genese, Hefen (Malassezia
spp.), Parasiten (Otodectes cynotis und spezielle im Gehörgang vorkommende DemodexSpezies) sowie Fremdkörper (insbesondere
Grasspelzen und Grannen) zu nennen. Aber
auch Neoplasien, Allergien (v.a. Futtermittelallergien), Autoimmunkrank-heiten, endokrine
Dysfunktionen und Keratinisierungsstörungen
kommen als Ursachen für Otitiden in Betracht
und können durch eine sekundäre bakterielle
Besiedlung noch zusätzlich kompliziert werden. Im Gegensatz zum Hund ist die Katze
eher selten von Otitis externa betroffen. Die
häufigste Ursache von vermehrtem Cerumen
und Pruritus unterschiedlicher Ausprägung
sind Ohrmilben bzw. allergische Reaktionen
auf Ohrmilben. Auch Atopie und Futterallergie
sind bei der Katze eher selten der Grund für
die Entstehung von Otitiden.
Bei Ohrentzündungen handelt es sich in den
meisten Fällen um ein multifaktorielles
Geschehen, welches die pauschale Empfehlung
eines einzigen Antibiotikums praktisch unmöglich macht. Hinzu kommt die Tatsache, daß ein
Großteil der Befunde mykologisch positiv und
somit antibiotisch nicht therapierbar ist. Hieraus wird die Notwendigkeit einer vorausgehenden bakteriologischen und mykologischen
Diagnostik
und
gegebenenfalls
Resistenzbestimmung der ermittelten Keime
deutlich.
Physiologische Ohrflora
Zur Bewertung bakteriologischer Untersuchungsergebnisse ist die Kenntnis über die
Normalflora Voraussetzung, da in geringer
Zahl sowohl bestimmte Keimarten als auch
Malassezien physiologischer Weise im Ohr
vorhanden sind. Zu den Keimen, die am häufigsten aus gesunden Ohren isoliert werden,
die aber auch bei akuten Entzündungen eine
wichtige Rolle spielen, zählen in erster Linie
Staphylokokken (insbesondere Staphylococcus
intermedius). Ihnen kommt somit erst nach
einem eingetretenen Insult eine pathogene
Bedeutung zu. Ebenfalls zur Normalflora gehören u.a. α-haemolysierende Streptokokken
und aerobe Sporenbildner. Andere Spezies wie
Pseudomonas spp., Proteus spp. oder βhaemolysierende Streptokokken werden in der
Regel nicht im gesunden Ohr angetroffen und
sind somit als primär pathogen anzusehen.
Auch bei den Hefen Malassezia spp. handelt es
sich um physiologische Bewohner von Gehörgang und Haut, die sich aber unter gegebenen
Umständen in feuchter und warmer Umgebung
stark vermehren und somit sekundär pathogen
sein können.
Eine pathogene Beteiligung von Malassezia pachydermatis an der Otitis externa war
zwar lange umstritten, gilt aber mittlerweile als
bewiesen.
Ergebnisse eigener Untersuchungen bei
Otitiden
1. Bakteriologische Ergebnisse
Insgesamt wurden 903 Ohrtupferproben, die
dem Labor im Rahmen der Routinediagnostik
über einen Zeitraum von 3 Monaten zugeschickt worden waren, sowohl bakteriologisch
als auch mykologisch untersucht.
Von
Hunden
stammten
93,0
%,
von Katzen 7,0 % dieser Proben.
Mit 79,0 % wiesen gut zwei Drittel aller untersuchten Proben ein positives bakteriologisches Ergebnis auf. Staphylococcus (S.)
intermedius war hierbei mit 38,8 % der weitaus
am häufigsten isolierte Keim, gefolgt von den
β-haemolysierenden Streptokokken und den
Koagulase-negativen Staphylokokken (S. haemolyticus, S. felis, S. epidermidis). In absteigender Reihenfolge wurden weiterhin nachgewiesen: Pseudomonas aeruginosa, Proteus
mirabilis, α-haemolysierende Streptokokken,
Enterococcus spp., Escherichia coli, Enterobacter spp., Pasteurella spp. sowie Pseudomonas spp. (siehe Abb. 1). 38,6 % aller bakteriologisch positiven Proben waren Monokulturen,
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Keime zusammen mit β-haemolysierenden
Streptokokken auf: S. intermedius, Proteus
mirabilis und Pseudomonas aeruginosa.
hauptsächlich von S. intermedius, Koagulasenegativen Staphylokokken und Pseudomonas
aeruginosa dominiert. Bei den Mischkulturen
trat am häufigsten die Kombination folgender
41,80
S.intermedius
15,00
ß-haem. Streptokokken
7,60
Koag.-neg. Staphylokokken
Ps.aeruginosa
6,30
Proteus mirabilis
6,00
a-haem. Streptokokken
5,20
Enterococcus spp.
4,50
Sonstige
3,80
E.coli
3,20
Pseudomonas spp.
2,20
Pasteurella spp.
2,20
Enterobacter spp.
2,20
0
%
10
20
30
40
50
Abb. 1: Häufigkeitsverteilung der Keimisolate bei der bakteriologischen Untersuchung (n = 903) von
Hunden und Katzen gewonnener Ohrtupferproben. Unter dem Begriff “Sonstige“ sind die Keime S.
aureus, Escherichia coli mit haemolysierenden Eigenschaften, Klebsiella spp. sowie Micrococcus spp.
Zusammmengefaßt.
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2. Mykologische Ergebnisse
Bei über der Hälfte aller untersuchten Proben
(61,6 %) konnte ein mykologisch positives Ergebnis verzeichnet werden (siehe Abb. 2). Bei
11,8 % aller untersuchten Ohrtupfer wurde ein
alleiniger positiver mykologischer Befund ohne
Bakterienbeteiligung ermittelt. Malassezia pachydermatis wurde mit 99,3 % am häufigsten
isoliert (zu 46,4 % hochgradiger Gehalt, zu 28,2
% mittelgradiger Gehalt und zu 25,4 % geringgradiger Gehalt). Den restlichen Anteil der
positiven Mykologiebefunde machte Candida
spp. (0,7 %) aus.
Therapiemaßnahmen bei Otitis externa
Die wichtigste Maßnahme vor beginnender Therapie ist die sorgfältige Reinigung der Ohren. Oftmals ist der Gehörgang stenotisch und die Untersuchung somit schmerzhaft für das Tier. In diesen
Fällen ist eine kurzzeitige Gabe von Steroiden
durchaus sinnvoll. Die antipruritische und entzündungshemmende Wirkung der Steroide erleichtert
die Medikation von anderen Wirkstoffen und reduziert zudem die Größe und Aktivität der Cerumen
produzierenden Drüsen. Die Reinigung und Belüftung der Ohren wird dadurch erleichtert.
Die bei einer Otitis externa isolierten Keime zeigen
im Allgemeinen ein sehr unterschiedliches Resis-
80
Häufigkeit in %
70
60
50
40
30
20
10
0
I
II
III
Abb. 2: Häufigkeitsverteilung der bakteriologischen und mykologischen Befunde aus von
Hund und Katze stammenden Ohrtupfern (n =
903).
I:
II:
III:
IV:
V:
VI:
bakteriologisch positive Tupferproben
(79,0%)
mykologisch
positive
Tupferproben
(61,6 %)
bakteriologisch und mykologisch positive Tupferproben (49,8 %)
bakteriologisch positive, mykologisch
negative Tupferproben (29,2 %)
mykologisch positive, bakteriologisch
negative Tupferproben (11,8 %)
bakteriologisch
und
mykologisch
negative Tupferproben (9,2 %)
IV
V
VI
tenzspektrum bezüglich der in den gängigen OtitisPräparaten für Kleintiere enthaltenen Antibiotika
(siehe Tabelle 1 u. 2). Der Großteil der von uns
isolierten Staphylokokken-Stämme wies eine invitro-Empfindlichkeit gegenüber Gentamicin,
Chloramphenicol und Neomycin auf, wohingegen
Polymyxin B nicht besonders wirksam war. Alle
getesteten β-haemolysierenden Streptokokken
zeichneten sich durch eine weitgehende Resistenz
gegenüber Neomycin und Polymyxin B aus, waren
aber zum Großteil empfindlich gegenüber Chloramphenicol. Problematisch wird die Behandlung
insbesondere beim Auftreten von gram-negativen
Keimen wie Pseudomonaden, welche vor allem bei
chronischen Otitiden isoliert werden. Auch Enterokokken erwiesen sich als ausgesprochene Problemkeime. Pseudomonas aeruginosa stellte sich als
sensibel gegenüber Gentamicin heraus, war aber
fast vollständig resistent gegenüber Chloramphenicol. Bei Proteus spp. und Escherichia coli war
ebenfalls Gentamicin das Mittel der Wahl.
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Bakterienspezies
Staphylococcus
intermedius
βhaemolysiere
nde
Streptokokken
Wirksankeit
in %
96,2
69,6
61,9
1,7
94,0
42,6
8,9
4,2
75,9
Pseudomonas 53,5
43,0
aeruginosa
3,8
Proteus
mirabilis
Escherichia
coli
93,2
73,6
63,8
0,6
94,1
77,6
76,6
62,3
potentester
Wirkstoff
Gentamicin
Chlorampheni
col
Neomycin
Polymyxin B
Chlorampheni
col
Gentamicin
Polymyxin B
Neomycin
Gentamicin
Neomycin
Polymyxin B
Chlorampheni
col
Gentamicin
Neomycin
Chlorampheni
col
Polymyxin B
Gentamicin
Chlorampheni
col
Neomycin
Polymyxin B
Tab. 1: Die in den gängigsten lokalen
Ohrpräparaten enthaltenen Antibiotika und ihre
Wirksamkeit gegenüber den am häufigsten bei
Otitis externa isolierten Keime.
Obwohl es schwierig ist, durch systemische
Behandlung im Ohr einen wirksamen
Medikamentenspiegel zu erreichen, ist dieses in
besonders schwierigen Fällen die letzte
Therapiemöglichkeit. Bei S. intermedius und βhaemolysierenden Streptokokken zeigten die
Gyrasehemmer und Amoxicillin/Clavulansäure
in vitro eine sehr gute Wirksamkeit. Diese
Wirkstoffe wären auch bei einer Infektion mit
Proteus mirabilis zu empfehlen. Bei
Pseudomonas aeruginosa und Escherichia coli
ist Gentamicin (cave: ototoxisch) das
Antibiotikum der Wahl, wobei gegen
Amoxicillin/Clavulansäure und Cefalosporine
eine fast vollständige Resistenz herrschte.
Bakterienspezies
Wirksamkeit
in %
Staphylococ 94,9
91,5
cus
intermedius 78,1
β-
97,2
haemolysier 93,4
51,4
ende
Streptokokk
en
Pseudomon 74,9
0,6
as
aeruginosa 0,3
Proteus
mirabilis
89,3
82,2
37,8
91,9
Escherichia 13,4
6,9
coli
potentester
stoff
Wirk-
Gyrasehemmer
Amoxicillin/Clavulan
säure
Cefalosporine
(Cefaclor/Cefalexin)
Gyrasehemmer
Amoxicillin/Clavulan
säure
Cefalosporine
(Cefaclor/Cefalexin)
Gyrasehemmer
Amoxicillin/Clavulan
säure
Cefalosporine
(Cefaclor/Cefalexin)
Gyrasehemmer
Amoxicillin/Clavulan
säure
Cefalosporine
(Cefaclor/Cefalexin)
Gyrasehemmer
Amoxicillin/Clavulan
säure
Cefalosporine
(Cefaclor/Cefalexin)
Tab. 2: Die bei Otits externa systemisch am
häufigsten verwendeten Antibiotika und ihre
Wirksamkeit gegenüber den primär isolierten
Keimen.
Gegenüber Malassezia pachydermatis erwiesen
sich die in den gängigen Topika zur
Otitisbehandlung enthaltenen Antimykotika
Econazol, Miconazol und Ketokonazol als gut
wirksam. Auch Amphotericin B wurde als
sensibel
getestet.
Unsicher
war
die
Resistenzlage von Nystatin und Clotrimazol
(siehe Abb. 3). Resistenzen treten demnach
mittlerweile auch bei den Hefen auf und können
so zu Therapieversagen führen.
Die
ebenfalls
getesteten
Antimykotika
Flucytosin und Natamycin erwiesen sich als
unwirksam
gegenüber
Malassezia
pachydermatis.
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Verwendete
Antimykotika
Sensibel
Resis- Intertent
mediär
Econazol
Ketokonazol
Miconazol
Amphotericin B
Nystatin
Clotrimazol
Flucytosin
Natamycin
164
164
164
164
158
154
0
0
0
0
0
0
0
9
164
164
0
0
0
0
6
1
0
0
Tab. 3: Bei Otitis externa verwendete Antimykotika und ihre Wirksamkeit gegenüber Malassezia pachydermatis (n = 164).
Für eine optimale Therapie ist nicht nur die
Differenzierung zwischen Bakterien und Pilzen
als verursachendes Agens erforderlich, sondern
auch eine genaue Keimdifferenzierung mit Erstellung eines Antibiogramms. Eine antibiotische Therapie ohne vorherige mikrobiologische
Untersuchung birgt die Gefahr eines Keimwechsels und der Besiedlung des Gehörgangs
mit resistenteren Stämmen. Eine genaue Kenntnis der beteiligten Erreger und ihres aktuellen
Resistenzverhaltens ist daher zwingend erforderlich, um das entgleiste Gleichgewicht der
Gehörgangsflora wieder unter Kontrolle zu
bringen.
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