Graswurzelbewegung
Transcrição
Graswurzelbewegung
LEBEN & GENIESSEN Die GraswurzelBewegung High-Tech-Geräte im schicken Studio? Das war gestern. Heute treffen sich Trendsetter mit Seilen und Medizinbällen im Morgengrauen im Dreck H erbstbraun leuchtet die Buche im Halogenlicht, morgens um sechs. TRXBänder hängen von einem Ast, ein langes schwarzes Tau ist am Stamm befestigt, auf dem Rasen liegen Medizinbälle und ein Traktorreifen. Die Luft ist noch klamm von der Nacht, doch schon tropft der Schweiß. "Fast durch, noch, fünf, vier, drei, zwei eins - geschafft." Daniel Ebert tigert im Zirkel, beobachtet an sechs Stationen zwölf Schwitzende, korrigiert Haltungen, motiviert Schnaufende: "gleich geschafft". Ebert ist Drill-Instructor mit Mütze und Jogginghose und treibt Sportverrückten morgens den Schweinehund aus. "Lass uns doch mal draußen Fitness machen", hatte Eberts Freundin zu ihm gesagt, "quäl mich mal." Zurück in den Dreck, Graswurzeltraining statt HighTech-Studio. Damit trafen Ebert und seine Freundin einen Nerv. Zu zweit haben sie im Juli angefangen, dann kamen ein paar Freunde dazu, heute sind über 250 Leute in der Facebook-Gruppe. "Leute sehen uns hier im Park und fragen, ob sie mal mitmachen können oder hören über Freunde von uns", sagt Ebert. Der Münchner ist zwar diplomierter Sportwissenschaftler und Fitnesstrainer, sein Bootcamp bietet er aber noch gegen etwas Trinkgeld an. Im neuen Jahr wird auch er aus dem 146 Trend ein Geschäft machen, achtwöchige Kurse gegen Bezahlung. Heute trainieren nur Freunde von Ebert unter der Buche. "Das ist der harte Kern", sagt Ebert. Neun Männer und drei Frauen, Studenten, Barkeeper, Asset-Manager. So motiviert, dass sie an einem kalten Novembermorgen um 5.30 Uhr aus dem Bett klettern, um ihren Körper zu quälen. Zu Beats von N.E.R.D und Jay-Z Traktorreifen umschmeißen und Liegestütze mit den Füßen auf Medizinbällen durchziehen. Welche Übungen er vorgibt, entscheidet Ebert spontan. "Je nachdem, wie viele wir sind, machen wir zwei oder drei Zirkel und danach Challenges. Ziel ist, den ganzen Körper zu trainieren", erklärt er. Wie lange die einzelnen Übungen dauern, hänge vom Schwächsten ab: "Wenn es bei einem eng wird, zähle ich runter: drei, zwei, eins." Es gehe nicht darum, sich mit den anderen zu vergleichen, sondern sich in seinem persönlichen Tempo zu verbessern. Mit diesem Ansatz und den teils archaischen Geräten grenzt sich Eberts Bootcamp nicht nur von modemen Studios ab, sondern auch vom Hype Freeletics, dem Hunderttausende in den Parks deutscher Städte frönen. Fitnessübungen to go, für die man nichts braucht als eine Matte, sein Handy und eine halbe Stunde Zeit. Wo jede Trainingseinheit gegen die Die Bäume des Englischen Garten stehen im Dunkeln, schwarze Silhouetten vor dem Leuchten der Stadt. Eine Buche aber wird von Halogenlicht angestrahlt, sie ist das Zentrum des Bootcamps Uhr geht und gegen die Freunde im sozialen etzwerk der App. "Als Motivationsspritze ist der Druck nicht verkehrt", findet Ebert. "Aber die Gefahr ist, die Übungen nicht sauber auszuführen, weil man die Bestzeit von seinem Kumpel schlagen will. " Auf ein bisschen sozialen Druck will jedoch auch Ebert nicht verzichten. Heute lässt er seine Truppe gegeneinander im Sitzen antreten: Rücken an Rücken, in die Knie gehen, 90-Grad-Winkel, und jetzt - halten. Wer zuerst zusammenbricht, verliert. Sechs Pärchen, 24 zitternde Oberschenkel. Als die ersten liegen, jubelt der Rest. Und weiter geht's, erst Huckepacklauf, dann Tauziehen, dann noch ff vier, drei, zwei, eins. Ende. (;eschafft. • t ~ ~ ~ ~ E ~ ~ ~ ~ >- ;,; ANANT AGARWALA FOCUS 52/1 2014/15 s ~ FITNESS Zum TraInIngsabschluss lisst Drill-Instructor Danlei Ebert (M.) seine Kadetten noch Tauziehen Auf und niederImmer wieder: Das schwarze Tau, das um die Buche gespannt ist, trainiert Oberarme und Schultern Wer den TraktorreIfen nicht hebenunn, darf auch auf ihn springen 147