Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung
Transcrição
Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung
Schweizerisc he Ärz tezeitung Bollet tino dei medici svizzeri 6 9. 2. 2011 Bulletin des médecins suisses Editorial 187 Neue Praxen braucht das Land Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum STIZ 19 0 Schweizerisches Antidot-Sortiment für die Präklinik: «Swiss ToxBox» Qualitätssicherung 208 Differenzierte Organisationen – die Zukunft für Spitäler Medizingeschichte 212 Wohl und Weh – eine Ausstellung zur Geschichte des Basler Kinderspitals «Zu guter Let z t» von Jean Mar tin Ethische Fragen ohne einfache Antworten Editores Medicorum Helveticorum Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services 218 I N H A LT FMH FMH Services Editorial 187 Neue Praxen braucht das Land Remo Osterwalder 197 Praxisvermittlung FMH Consulting Services Überlegungen zur Notwendigkeit neuer Praxisformen. Dies können Einzelpraxen, Gruppenpraxen oder aber auch Ärz 198 Assurances du personnel attractives FMH Insurance Services tezentren oder Gesundheitszentren sein. Eine Zwangs lösung führt nicht zum Ziel, aber die Kantone müssen die 199 Stellen und Praxen nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. 189 Personalien Weitere Organisationen und Institutionen Tribüne Qualitätssicherung 208 Differenzierte Organisationen – die Zukunft für Spitäler Christof Schmitz, Peter Berchtold Mit diesem Beitrag endet die Artikelserie, in der wesent liche Aspekte der Einführung von Fallpauschalen im Jahr 2012 erörtert wurden. Zum Abschluss zeigen die Autoren, dass in den Entwicklungen der Medizin selbst Möglich keiten der Prozessoptimierung angelegt sind. Medizingeschichte 212 Wohl und Weh Sabine Braunschweig Eine Ausstellung zur Geschichte des Basler Kinderspitals STIZ 190 Schweizerisches Antidot-Sortiment für die Präklinik: «Swiss ToxBox» H. Kupferschmidt, R. Albrecht, A. S. Feiner, F. Neff, S. Müller, M. Zürcher et al. beleuchtet die Entwicklung der Kindermedizin und Kinder krankenpflege. Das Rahmenprogramm bietet auch Fach kolloquien zu kinderpharmakologischen und pflegerischen Aspekten. Vorgestellt werden die Empfehlungen einer nationalen Expertengruppe der Notfall und Rettungsmedizin für ein einheitliches schweizerisches Antidotsortiment. Damit soll die Verfügbarkeit von Antidoten für Vergiftungen, die eine rasche Therapie erfordern, optimiert werden. Der Beitrag informiert detailliert über Zusammenstellung, Anwen dung und Wirkung der Antidote des Sortiments. Briefe / Mitteilungen 193 Briefe an die SÄZ 196 Mitteilungen 214 Spectrum I N H A LT Horizonte Zu guter Letzt 218 Ethische Fragen ohne einfache Antworten Jean Martin Darf es einen Kaiserschnitt auf Wunsch geben? Darf ein Kaiserschnitt gegen den Wunsch der Frau angeordnet wer den? Das sind die Fragen ohne einfache Antworten. Fest steht, dass sich immer mehr Frauen eine Entbindung durch Kaiserschnitt wünschen. Streiflicht 215 Das Spital am Nil Erhard Taverna Bericht über Markus Knoblauch, Internist und Gastro enterologe im «UnRuhestand». Der Besuch eines Kon gresses über die Lage der Kopten in Ägypten endete damit, dass er nun im Spital der ägyptischen Stadt Naqada Anna regelmässig Konsultationswochen abhält. 217 Das schmucke Nanophon Bernhard Gurtner Es fehlt auf nahezu keinem Bild einer Ärztin oder eines Arztes: das Stethoskop. Lesen Sie Unterhaltsames und Informatives über seinen Siegeszug durch die Medizin und warum es ei gentlich den falschen Namen hat. IMPRESSUM Redaktion Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli (Chefredaktor) Dr. med. Werner Bauer Dr. med. Jacques de Haller (FMH) PD Dr. med. Jean Martin Anna Sax, lic. oec. publ., MHA Prof. Dr. med. Hans Stalder Dr. med. Erhard Taverna lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH) Redaktion Ethik PD Dr. theol. Christina Aus der Au Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz Redaktion Medizingeschichte PD Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff Redaktion Ökonomie Anna Sax, lic. oec. publ., MHA Redaktionssekretariat Margrit Neff Redaktion und Verlag EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56 E-Mail: [email protected] Internet: www.saez.ch, www.emh.ch Herausgeber FMH, Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18, Postfach 170, 3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12 E-Mail: [email protected] Internet: www.fmh.ch Herstellung Schwabe AG, Muttenz Managing Editor Annette Eichholtz M.A. Marketing EMH Thomas Gierl M.A. Leiter Marketing und Kommunikation Tel. 061 467 85 49, Fax 061 467 85 56 E-Mail: [email protected] Delegierte der Fachgesellschaften Allergologie und Immunologie: Prof. Dr. A. Bircher Allgemeinmedizin: Dr. B. Kissling Anästhesiologie und Reanimation: Prof. P. Ravussin Angiologie: Prof. B. AmannVesti Arbeitsmedizin: Dr. C. Pletscher Chirurgie: Prof. Dr. M. Decurtins Dermatologie und Venerologie: PD Dr. S. Lautenschlager Endokrinologie und Diabetologie: Prof. Dr. G.A. Spinas Gastroenterologie: Prof. Dr. W. Inauen Geriatrie: Dr. M. Conzelmann Gynäkologie und Geburtshilfe: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. W. Holzgreve Hämatologie: Dr. M. Zoppi Handchirurgie: PD Dr. L. Nagy Infektologie: Prof. Dr. W. Zimmerli Innere Medizin: Dr. W. Bauer Intensivmedizin: Dr. C. Jenni Kardiologie: Prof. Dr. C. Seiler Kiefer und Gesichtschirurgie: Dr. C. Schotland Kinder und Jugendpsychiatrie: Dr. R. Hotz Kinderchirurgie: Dr. M. Bittel Medizinische Genetik: Dr. D. Niedrist Neonatologie: Prof. Dr. H.U. Bucher Nephrologie: Prof. Dr. J.P. Guignard Neurochirurgie: Prof. Dr. H. Landolt Neurologie: Prof. Dr. H. Mattle Neuropädiatrie: Prof. Dr. J. Lütschg Neuroradiologie: Prof. Dr. W. Wichmann Redaktion Recht Fürsprecher Hanspeter Kuhn (FMH) Inserate Werbung Ariane Furrer, Assistentin Inserateregie Tel. 061 467 85 88, Fax 061 467 85 56 E-Mail: [email protected] EMH Abonnemente EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG Abonnemente, Postfach, 4010 Basel Tel. 061 467 85 75, Fax 061 467 85 76 E-Mail: [email protected] «Stellenmarkt/Immobilien/Diverses» Gisela Wagner, Inserateannahme Stellenmarkt Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56 E-Mail: [email protected] Jahresabonnement: CHF 320.–, zuzüglich Porto «Stellenvermittlung» FMH Consulting Services Stellenvermittlung Postfach 246, 6208 Oberkirch Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86 E-Mail: [email protected] Internet: www.fmhjob.ch Abonnemente FMH-Mitglieder FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15 Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12 Nuklearmedizin: Prof. Dr. J. Müller Onkologie: Prof. Dr. B. Pestalozzi Ophthalmologie: Dr. A. Franceschetti ORL, Hals und Gesichtschirurgie: Prof. Dr. J.P. Guyot Orthopädie: Dr. T. Böni Pädiatrie: Dr. R. Tabin Pathologie: Prof. Dr. G. Cathomas Pharmakologie und Toxikologie: Dr. M. KondoOestreicher Pharmazeutische Medizin: Dr. P. Kleist Physikalische Medizin und Rehabilitation: Dr. M. Weber Plast.Rekonstrukt. u. Ästhetische Chirurgie: Prof. Dr. P. Giovanoli Pneumologie: Prof. Dr. E. Russi © 2011 by EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG, Basel. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, elektronische Wiedergabe und Übersetzung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet. Erscheint jeden Mittwoch ISSN 0036-7486 ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.) Titelbild/Bild Inhalt: Büro für Sozialgeschichte Basel Prävention und Gesundheitswesen: Dr. C. Junker Psychiatrie und Psychotherapie: Dr. G. Ebner Radiologie: Prof. Dr. B. Marincek Radioonkologie: Prof. Dr. D. M. Aebersold Rechtsmedizin: Prof. T. Krompecher Rheumatologie: Prof. Dr. M. Seitz Thorax, Herz und Gefässchirurgie: Prof. Dr. T. Carrel Tropen und Reisemedizin: PD Dr. C. Hatz Urologie: PD Dr. T. Zellweger FMH Editorial Neue Praxen braucht das Land In der aktuellen Diskussion über die Grundversorgung und deren regionale Aus prägungen benötigen wir in naher Zukunft unterschied liche Praxisformen. Oder besser gesagt neue Praxis modelle. Dies können Einzel praxen, Gruppenpraxen oder aber auch Ärztezentren sein. Eine weitere Form der Zusam menarbeit unterschiedlicher Berufe im Gesundheitswesen findet in Gesundheitszentren statt, die neben ärztlichen Leistungen auch eine breite Palette von Therapien anbieten. Eine Universallösung gibt es sicher nicht, aber die ver schiedenen Regionen müssen sich ihrer Bedürfnisse bewusst werden und sich für die eine oder andere Praxisform ent scheiden. Sicher ist, dass eine Zwangslösung nicht zum Ziel führt. Falls eine Randregion sich eine Einzelpraxis wünscht, muss klar sein, ob man sich diese Form überhaupt noch leis ten kann. Denn wenn eine Praxisübergabe wegen mangeln der Interessenten nicht möglich ist, muss man sich fragen, ob das Angebot nicht genügend attraktiv ist oder ob einfach nicht genügend Personal zur Verfügung steht. Einzelpraxen haben den Vorteil, dass der Inhaber eine relativ grosse Unabhängigkeit geniesst. Organisationsentscheide sind unkonventionell umsetzbar und es muss nicht darüber Rechenschaft abgelegt werden. Das unternehmerische Risiko liegt jedoch allein beim Praxisinhaber und die Frage nach Praxisvertretung bei Abwesenheit ist oft schwierig zu regeln. Ebenso sind die Präsenzzeiten zum Teil beträchtlich. Neue Praxisformen sind gefragt. Diesen Umständen kommt die Gruppenpraxis wesent lich entgegen: Durch die Aufteilung der Aufgaben wie Dienste, Notfallkonsultationen und Hausbesuche kann man die Arbeitsbelastung deutlich senken. Einen Schritt weiter geht das Ärztezentrum, welches oft auch die Weiter und Fortbildung innerhalb des Zentrums selbst organisiert und sicherstellt. Fallbesprechungen lassen sich durch eine multi disziplinäre Beurteilung relativ rasch und effizient durchfüh ren. Gerade in Ärztezentren ist oft eine enge Zusammen arbeit zwischen den Grundversorgern und Spezialisten in den verschiedensten Formen möglich. Besonders Aktenkon silien können dadurch gefördert und unnötige Unter suchungen vermieden werden. In vereinzelten Kantonen ist aber aufgrund der Gesetz gebung die Voraussetzung für unterschiedliche juristische Formen der Praxen noch nicht gegeben; diese lassen zum Beispiel Aktiengesellschaften nicht zu, was aber oft eine Voraussetzung ist, damit flexiblere Anstellungsbedingungen Kantone müssen die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. erst möglich sind. Aktiengesellschaften erlauben es, Ärzte mit abgeschlossener Fachausbildung für eine definierte Zeit oder zeitlich unbeschränkt anzustellen. Dies wiederum käme dem oft gehörten Bedarf nach mehr sozialer Absiche rung und weniger administrativer Belastung entgegen. Die ärztliche Behandlungsentscheidung würde so auch nicht beeinflusst.* Eine unkontrollierte Ausweitung der Anzahl Ärzte ist nicht zu erwarten, weil es erstens schon heute ohne Zulassungsstopp nicht so ist und weil zweitens die Kantone auch weiterhin eine Zulassungsbewilligung pro Arbeitsplatz für die Gesundheitszentren vorsehen können. Praxisüber gaben und der Gang in den Ruhestand sind in solchen Fäl len für den Einzelnen sicher einfacher und ohne zusätz lichen Stress durchführbar. Es ist darum höchste Zeit, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für neue Praxis formen kantonal angepasst werden. Die verschiedensten Akteure im Gesundheitswesen wie Gesundheitsdirektoren, Kantonsärzte, die FMH sowie wei tere Player wurden im Rahmen der Gesundheitsdirektoren konferenz in letzter Zeit auf die eine oder andere Art aktiv, um die medizinische Versorgung aus ihrer Region vorzustel len und Erfahrungen auszutauschen. Es geht nun an die Präsentation und Umsetzung der Ideen und Schaffung ent sprechender Rahmenbedingungen für die optimale Gesund heitsversorgung in der Schweiz. Die Zeit drängt, wenn die medizinische Versorgung in der Schweiz gesichert bleiben soll. Und die Grundversorgung steht zur Zeit an erster Stelle! Dr. med. Remo Osterwalder, stv. Verantwortlicher Ressorts Tarife und Verträge sowie Daten, Demographie und Qualität * Der Kanton kann sich bei den Zulassungskriterien für Arztpraxen als AG an den Kriterien orientieren, die für die Anwaltskanzleien als AG entwickelt wurden; diese stellen die fachliche Unabhängigkeit sicher. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 187 FMH Personalien Todesfälle / Décès / Decessi Bruno Maier-Hess (1924), † 17. 6. 2010, Facharzt für Allgemeinmedizin, 8953 Dietikon Augustin Besson (1940), † 23. 11. 2010, Spécialiste en chirurgie et Spécialiste en chirurgie cardiaque et vasculaire thoracique, 1004 Lausanne Beat von Felten (1947), † 18. 1. 2011, Facharzt für Innere Medizin, 6010 Kriens Willy Taillard (1924), † 22. 1. 2011, Spécialiste en chirurgie et Spécialiste en chirurgie orthopédique et traumatologie de l’appareil locomoteur, 1245 Collonge-Bellerive Praxiseröffnung / Nouveaux cabinets médicaux / Nuovi studi medici AG René Geissberger, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Hauptstrasse 77, 5070 Frick BS Niccolò Pellanda, Facharzt für Ophthalmologie, Gerbergasse 1, 4001 Basel GR Svjetlana Vinkovic Glodjajic, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Poststrasse 36, 7000 Chur Fabian Schellenberg Schnyder, Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Innere Medizin, Hauptstrasse 17 B, 7240 Küblis LU Ulrich Bleicher, Praktischer Arzt, Kapfstrasse 1, 6020 Emmenbrücke ZH Eveline Chassé, Fachärztin für Innere Medizin, Klosbachstrasse 123, 8032 Zürich Christina Weber-Chrysochoou, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Fachärztin für Allergologie und klinische Immunologie, Hirschwiesenstrasse 9, 8057 Zürich Wolfgang Kiess, Praktischer Arzt, Bodenstrasse 9, 8623 Wetzikon ZH Aargauischer Ärzteverband Zur Aufnahme in den Aargauischen Ärzteverband als ordentliche praktizierende Mitglieder haben sich angemeldet: Dr. med. Stefan Armance, Rudolfstetten, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Praxisübernahme von Dr. Rudolf Hunziker in Bremgarten seit 10. Januar 2011 Dr. med. Antje Burkamp, Zürich, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Praxiseröffnung in Berikon per 1. Februar 2011 Dr. med. Gregor Müller, Rudolfstetten, Facharzt für Innere Medizin, Praxis in Rudolfstetten seit 1. Januar 2011 Diese Kandidaturen werden in Anwendung von Art. 5 der Statuten des Aargauischen Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen müssen innert 14 Tagen seit der Bekanntmachung schriftlich und begründet der Geschäftsleitung des Aargauischen Ärzteverbandes eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet die Geschäftsleitung über Gesuche und allfällige Einsprachen. Ärztegesellschaft des Kantons Zug Zur Aufnahme in die Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug als ordentliche Mitglieder haben sich angemeldet: Dr. med. Appelt Markus, Facharzt Chirurgie FMH, spez. Viszeralchirurgie FMH, Leit. Arzt, Zuger Kantonsspital, Landhausstrasse 11, 6340 Baar Dr. med. Schwerzmann-Hediger Annette, Fachärztin Ophthalmologie FMH, Artherstrasse 18c, 6300 Zug Mpairaktaridou Berger Salome, prakt. Ärztin FMH, Seestrasse 3, 6300 Zug Einsprachen gegen diese Kandidaturen müssen innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung schriftlich und begründet beim Sekretariat der Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug eingereicht werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über Gesuche und allfällige Einsprachen. Preise / Prix Prix Louis-Jeantet 2011 Le biologiste allemand Stefan Jentsch et les neurobiologistes norvégiens Edvard et MayBritt Moser reçoivent le Prix Louis-Jeantet 2011, le premier pour ses travaux sur certaines modifications de protéines du noyau de la cellule, qui permettent de comprendre les mécanismes de réparation de l’ADN, et les seconds pour leurs travaux sur des neurones spécialisés dans la représentation spatiale. Basée à Genève, la Fondation Louis-Jeantet a pour vocation de faire avancer la médecine. Dans ce but, elle soutient la recherche biomédicale, qu’elle soit fondamentale ou clinique. Elle encourage la poursuite de travaux innovants, et ce à tous les niveaux de la carrière du chercheur. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 189 W E I T E R E O R G A N I S AT I O N E N U N D I N S T I T U T I O N E N STIZ Empfehlung der nationalen Expertengruppe für ein präklinisches Antidot-Sortiment 2010 Schweizerisches Antidot-Sortiment für die Präklinik: «Swiss ToxBox» Da die Verfügbarkeit von Antidoten für Vergiftungen, die eine rasche Therapie erfordern, bei den Rettungsorganisationen in der Schweiz ungenügend und sehr heterogen organisiert ist, hat eine nationale Expertengruppe aus der Notall- und Rettungsmedizin eine Empfehlung für ein einheitliches schweizerisches Antidotsortiment für die Präklinik erarbeitet («Swiss ToxBox»), das den Rettungsdiensten zur Verfügung gestellt werden soll. H. Kupferschmidt a, R. Albrecht b, A. S. Feiner c, F. Neff d, S. Müller e, M. Zürcher f, U. Bürgi c a Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum (STIZ), Zürich b REGA Schweizerische Rettungsflugwacht c Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin SGNOR d Sanitätspolizei Bern e Schutz und Rettung, Zürich f Sanitätsdienstliche Führung Grossereignis (CEFOCA-SFG) Korrespondenz: Dr. med. H. Kupferschmidt Direktor Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum (STIZ) Freiestrasse 16 CH-8032 Zürich Tel. 044 251 66 66 Fax 044 252 88 33 [email protected] Bei den meisten Fällen akuter Vergiftungen ist die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen mit den standardisierten notfallmedizinischen Massnahmen ausreichend. Bei einem Teil dieser akuten Intoxikationen können zur Therapie spezifische Antidote eingesetzt werden. In vielen Fällen besteht für die Anwendung dieser Antidote ein zeitlicher Spielraum, währenddessen sich der Zustand, der die Indikation zum Einsatz eines Antidots darstellt, entwickelt. Dieser Zeitraum lässt meistens auch genügend Raum, das Antidot zu beschaffen. Ein typisches Beispiel für diese Situation sind die Antivenine gegen Bisse giftiger Schlangen. In gewissen Vergiftungssituationen aber ist die Verabreichung eines Antidots zeitkritisch. Dies ist dann der Fall, wenn bei einer Vergiftung sehr schnell lebensbedrohliche Störungen des Zentralen Nervensystems, der Atmung und des Kreislaufes auftreten. In diesen Fällen sind die Beatmung und die Kreislauftherapie mit Flüssigkeit und kreislaufaktiven Medikamenten unzureichend, um gravierende Organschäden oder den Tod zu verhindern. Diese Intoxikationen können nur mit der raschen Applikation eines Antidots sicher behandelt werden. Wenn eines dieser Antidote ohne weitere Laborabklärungen, allein auf der Grundlage der klinischen Beurteilung, angewandt werden kann, sollte dieses Antidot den Rettungsdiensten zur Verfügung stehen. Vergiftungen, auf die diese Voraussetzungen zutreffen, sind in Tabelle 1 aufgeführt. Da die Verfügbarkeit von Antidoten für diese Art Vergiftungen bei den Rettungsorganisationen in der Schweiz ungenügend und sehr heterogen organisiert ist, hat eine nationale Expertengruppe aus der Notfallund Rettungsmedizin eine Empfehlung für ein schweizerisches Antidotsortiment für die Präklinik erarbeitet, das den Rettungsdiensten zur Verfügung stehen soll (Tab. 2). Es enthält zusätzlich Aktivkohle zur gastrointestinalen Dekontamination, die bei potentiell schwe- Tabelle 1 Schwere Vergiftungen, bei denen eine Antidottherapie zeitkritisch ist und von den Rettungsdiensten verabreicht werden können sollte. Vergiftung Antidot Kohlenmonoxidvergiftung Sauerstoff Vergiftung mit Zyaniden (Blausäure) Hydroxocobalamin, Amylnitrit, 4-DMAP, Natriumthiosulfat Rauchgasvergiftung Sauerstoff, Hydroxocobalamin Vergiftung mit Flusssäure (Fluorwasserstoff) Calcium Vergiftungen mit chinidinartigem Effekt auf das Myokard (z.B. trizyklischen Antidepressiva, Neuroleptika, Kokain u. a.) Natriumbikarbonat Vergiftungen mit Methanol und Ethylenglykol Fomepizol, Ethanol Vergiftungen mit Cholinesterasehemmern Atropin, Obidoxim Tabelle 2 Das Sortiment für Rettungsdienste («Swiss ToxBox»). Sauerstoff wird ausserhalb der «Swiss ToxBox» mitgeführt Aktivkohle 100 g Atropin 5–10 mg Natriumbikarbonat (8,4%) 100 mL Calciumglubionat (13,75%) 5–10 Amp. à 10 mL Hydroxocobalamin 5–10 g Fomepizol oder Ethanol 96% 1,5 g Fomepizol bzw. 100 mL Ethanol 96% Naloxon (0,4 mg/mL) 5 Amp. à 1 mL Flumazenil (0,1 mg/mL) 5 Amp. à 5 oder 10 mL Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 190 W E I T E R E O R G A N I S AT I O N E N U N D I N S T I T U T I O N E N STIZ Die «Swiss ToxBox» mit dem vollständigen präklinischen Sortiment für Rettungsdienste (Prototyp). Die Tasche wird ohne Inhalt geliefert und muss selbst bestückt werden. ren Intoxikationen möglichst früh erfolgen soll, sowie Naloxon und Flumazenil, die in Notfallsituationen bei der Therapie mit Opiaten und Benzodiazepinen zur Verfügung stehen müssen. Es wird eine spezielle Tasche angeboten, in der das ganze Sortiment Platz findet (Abb.). Die Tasche «Swiss ToxBox» kann (ohne Inhalt) bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht REGA bestellt werden.* Die Anwendung der Antidote wird in der Tabelle 3 auf der nächsten Seite erklärt. Die Expertengruppe verzichtet auf genaue logistische Vorgaben, insbesondere auf die geographische Festlegung der Lagerungsorte. Sie empfiehlt aufgrund der zeitkritischen Applikation mehrerer Antidote ein nationales Netz, in dem die Distanzen zwischen den Lagerungsorten 50 km nicht überschreiten. Die Rettungsdienste der Städte Bern, Zürich, Basel und Lausanne sowie sämtliche 12 Flachland- und Gebirgsbasen der REGA verfügen zur Zeit über ein Sortiment von «Swiss ToxBox», das bei Bedarf von jedem Rettungsdienst über die Notrufnummer 1414 angefordert werden kann. Das STIZ führt eine Liste mit gemeldeten Lagerorten von «Swiss ToxBox», was den Sanitätsnotrufzentralen (SNZ 144) und Rettungsdiensten den Zugang zur nächstgelegenen «SwissToxBox» erleichtert. of organophosphate poisoning. Toxicol Lett. 1999; 107:233–9. – Baud FJ. Akute Vergiftungen mit Kohlenmonoxid und Zyaniden. Ther Umschau. 2009;66:387–97. – Weaver LK. Carbon monoxide poisoning. N Engl J Med. 2009;360:1217–25. – Hall AH, Saiers J, Baud F. Which cyanide antidote? Crit Rev Toxicol. 2009;39:541–52. – Shepherd G, Velez LI. Role of hydroxocobalamin in acute cyanide poisoning. Ann Pharmacother. 2008;42:661–9. – Baud FJ. Cyanide: critical issues in diagnosis and treatment. Hum Exp Toxicol. 2007;26:191–201. – DesLauriers CA, Burda AM, Wahl M. Hydroxocobalamin as a cyanide antidote. Am J Ther. 2006;13:161–5. – Alcorta R. Smoke inhalation & acute cyanide poisoning. Hydrogen cyanide poisoning proves increasingly common in smoke-inhalation victims. JEMS. 2004;29:suppl 6–15. – Alarie Y. Toxicity of fire smoke. Crit Rev Toxicol. 2002;32:259–89. – STIZ Merkblatt «Vergiftungen durch Flusssäure». www.toxi.ch – STIZ Antidot-Monographie «Natriumhydrogenkarbonat A. Anwendung als Antidot bei Vergiftungen mit trizyklischen Antidepressiva». www.toxi.ch – Kerr GW, McGuffie AC, Wilkie S. Tricyclic antidepressant overdose: a review. Emerg Med J. 2001;18:236–41. – Bodmer M. Intoxikationen mit Antidepressiva. Ther Umschau. 2009;66:335–41. – Brent J. Fomepizole for ethylene glycol and methanol poisoning. N Engl J Med. 2009;360:2216–22. Literatur zum Thema * Bestellung bei Frau Marlis Planzer, Rega-Center, Postfach 1414, CH-8058 Zürich-Flughafen, Tel. 044 654 36 01, E-Mail: [email protected] – Eddleston M, Buckley NA, Eyer P, Dawson AH. Management of acute organophosphorus insecticide poisoning. Lancet. 2008;371:597–607. – Thiermann H, Szinicz L, Eyer F, Worek F, Eyer P, Felgenhauer N, Zilker T. Modern strategies in therapy Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 191 W E I T E R E O R G A N I S AT I O N E N U N D I N S T I T U T I O N E N STIZ Tabelle 3 Anwendung der Antidote im Sortiment für Rettungsdienste («Swiss ToxBox»). Antidot (Präparat, Hersteller) Indikation: Vergiftungen mit … Sauerstoff Kohlenmonoxid, Zyanide, Blausäure, Bei CO-Intoxikationen 100% Sauerstoff Rauchgase und alle Intoxikationen (immer mit Reservoir-Maske!), mit Beeinträchtigung der Vitalfunktionen in den übrigen Fällen nach Bedarf Anwendung und Dosierung Verbesserung der Sauerstoffversorgung im Gewebe, Beschleunigung der COElimination Wirkungsmechanismus Aktivkohle (z.B. Kolsuspension Abigo) bei potentiell schweren Vergiftungen mit allen Noxen (mit Ausnahme von Alkoholen, Lösungsmitteln, Säuren und Laugen sowie Eisen, Lithium und anderen Metallen), innerhalb der ersten 1–2 Stunden nach Ingestion Erw.: 60–100 g, Kinder: 1 g/kg einmalig als Suspension per os gastrointestinale Dekontamination durch Giftadsorption in der Frühphase der Intoxikation (d.h. vor der enteralen Resorption) Atropin (0,5 mg/mL) Cholinesterasehemmer (Organophosphate, Carbamate) Erw.: 2–5 mg, Kinder: 0,05 mg/kg i.v., danach Verdoppelung der Dosis alle 5 bis 10 Min. bis zum Verschwinden der muskarinischen Symptome (Hypersekretion) Blockierung der muskarinartigen Wirkungen an den parasympathischen Nervenendungen Nikotin, Digitalisglykoside Erw.: 0,5 mg i.v., Kinder: 0,02–0,04 mg/kg i.v.; bei Bedarf mehr Antagonismus an den Muskarinrezeptoren, Bekämpfung der Bradykardie und der AVÜberleitungsstörungen Natriumbikarbonat (8,4% = 1000 mM) trizyklische Antidepressiva, alle Vergiftungen mit Hemmung der schnellen Natriumkanäle am Myokard Erw. 50–100 mmol, Kinder 1–2 mmol/kg i.v. als Bolus (über <5 min.) unter engmaschiger Kontrolle der ABGA, kann wiederholt werden, solange der art. pH <7,55 ist antagonisiert die kardiotoxischen Wirkungen der trizyklischen Antidepressiva durch die Alkalinisierung und den Natrium-Load Calciumglubionat (13,75% Injektionslösung) Flusssäure Haut: Wenn kein CalciumglukonatHydrogel vorhanden ist, Gaze mit einer Injektionslösung tränken und auflegen; Auge: Injektionslösung 1:10 verdünnen und wiederholt ins Auge träufeln Bindung der Fluorid-Ionen systemische Therapie (Erw.): 10 mL Calciumglubionat 13,75% (2.2 mmol) i.v. über 5 Minuten zusammen mit Magnesium; in schweren Fällen ohne vorherige Diagnostik (lebensrettend!) Korrektur der Hypokalzämie, Therapie der dadurch bedingten Herzrhythmusstörung Hydroxocobalamin (Cyanokit®) Zyanide, Blausäure, Rauchgase 5 g in Kurzinfusion; Infusion vor Licht schützen! Bildung eines stabilen Cobalt-Komplexes Fomepizol (Fomepizole® 100 mg/20 mL) Methanol, Ethylenglykol Erw./Kinder: 15 mg/kg i.v. initial; Erhaltungsdosis: 10 mg/kg alle 12 Stunden, verdünnt applizieren Verhinderung der Bildung toxischer Metabolite durch kompetitive Hemmung der Alkoholdehydrogenase Ethanol 96% (v/v) (Infusionskonzentrat*) Methanol, Ethylenglykol 0,7 g/kg* initial als verdünnte 10-%-Lösung i.v. = (oder entsprechende Menge p.o.), dann 0,15 g/kg/h; auf etwa 1‰ Alkoholblutspiegel einstellen Verhinderung der Bildung toxischer Metabolite durch kompetitive Hemmung der Alkoholdehydrogenase Naloxon (Naloxon®) Opiate, Opioide Erw.: 0,4–2,0 mg/kg i.v., Kinder: 0,01–0,1 mg/kg i.v., evtl. alle 2–3 Min. mehrmals wiederholen Antagonist an allen Subtypen von Opiatrezeptoren Flumazenil (Anexate®) Benzodiazepine; Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon Erw.: 0,3 mg i.v. initial, dann frakt. in 60-Sek.-Intervallen bis max. 10 mg; Erhaltungsdosis: 0,1–0,4 mg/h als Infusion Kinder: 0,01 mg/kg, Erhaltungsdosis 0,01 mg/kg/h Kompetitive Hemmung der Wirkung am Benzodiazepinrezeptor * 10,5 mL 96%-Lösung, gemischt mit 90 mL Aqua ad inject., ergibt 100,5 mL 10%-Lösung. 0,7 g Ethanol sind in 8,9 mL 10%-Lösung oder in 0,92 mL 96%-Lösung enthalten. Dichte von Ethanol = ca. 0,79 g/mL. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 192 BRIEFE [email protected] Briefe an die SÄZ ebenfalls Veränderungen zugunsten der Grundversorger blockiert haben. Ricardo Torriani, Winterthur Zum Artikel: «Vertragsloser Zustand – Ausstand» [1] Sehr geehrter Herr Meier In Ihrem Artikel schreiben Sie: «Der Ausstandsarzt bewegt sich vollständig ausserhalb des Krankenversicherungsgesetzes. Deshalb muss er mit dem Patienten direkt abrechnen (Tiers garant).» Diese Aussage ist ein Widerspruch. «Tiers garant» heisst «garantierender Dritter». Da hier der Dritte, nämlich die Krankenkasse, eben gerade nichts garantiert, ist sie natürlich kein «Tiers garant», sondern ein «Tiers non garant». Dr. med. Giovanni Bass, Zürich 1 Meier P. Vertragsloser Zustand – Ausstand. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(3):57–61. Gedanken zum Artikel: «Vertragsloser Zustand – Ausstand» [1] Sehr geehrter Herr Meier Ich fühle mich als betroffener Grundversorger von Ihnen vollständig missverstanden. Eine Kündigung des TARMEDs ist eine absolute Notwendigkeit, damit wir Grundversorger überhaupt ernst genommen werden. Es geht in keiner Weise darum, paradiesische Zustände zu erreichen. Als Akademiker mit hoher sozialer Verantwortung und hohen Belastungen bin ich der Meinung, dass ein Bruttoverdienst – nicht ein Umsatz, wie aktuell im TARMED – von 200 Franken pro Stunde weniger als angemessen ist. Um dies zu erreichen, müsste der Taxpunkt-Wert um ein Drittel erhöht werden. In Ihrem Artikel finden Sie schon eine Erhöhung von 5 Rappen paradiesisch. Sie sehen, dass es unmöglich ist, auf der Basis des TARMEDs zu verhandeln, da wir in diesem Rahmen nie ernst genommen werden. Es liegt dies nicht nur an der santésuisse, sondern auch daran, dass die Spitaldirektoren 1 Meier P. Vertragsloser Zustand – Ausstand. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(3):57–61. Vertragsloser Zustand – Ausstand Kommentar zum Beitrag von Peter Meier [1] Besten Dank für den Abdruck der juristischen Ausführungen von Herrn Peter Meier, Rechtsberater der Hausärzte Schweiz, zum vertragslosen Zustand und Ausstand vom KVG. Dies gibt uns Gelegenheit, Anmerkungen und Berichtigungen zu den Ausstandsabsichten des Vereins der freiberuflichen medizinischen Grundversorgerinnen und Grundversorger Schweiz FMGS zu machen. Während sich Herr Meier seit Jahren wörtlich wiederholt, machen wir uns ernsthafte Sorgen um die gefährdete medizinische Grundversorgung. Wir fühlen uns verantwortlich für den bedrohten Grundversorgerberuf. Wir sind weder in Unkenntnis der Gesetze und Verträge, noch wollen wir Kolleginnen und Kollegen in «paradiesische Zustände einer freien Ärzteschaft locken». Eine Argumentation «nach Buchstabe» des KVG bringt uns nicht aus der verfahrenen Situation. Es braucht nun rasche politische Entscheide, und dafür müssen wir entsprechenden Druck aufbauen. Wir wissen sehr wohl, dass wir einen steinigen Weg begehen werden. Wir wissen aber auch, wie die Zukunft der Grundversorger aussieht, wenn wir santésuisse, Politikern und deren Juristen zunehmend das Primat überlassen: Unser Einkommen wird weiterhin sinken, und die unnötige Bürokratie noch mehr zunehmen. Der Notstand in der Grundversorgung ist bereits heute Realität! Illusion ist, weiterhin auf die bis heute ergebnislosen Verhandlungen zu hoffen. Solange wir schweigen und kooperieren, wird nichts geschehen. Daher brauchte es den Verein FMGS, Freiberufliche medizinische Grundversorger Schweiz (fmgs.ch), der mit Hilfe genügender unzufrie- dener Ärztinnen und Ärzte die Bereitschaft signalisiert, ganz banal NEIN zu sagen. Wir verhalten uns in jeder Hinsicht gesetzeskonform. Müsste der Ausstand wirklich umgesetzt werden, würde es keine medizinischen Unterversorgungen geben, weil normal weitergearbeitet würde. Die aktuellen Probleme lassen sich mit Managed Care und ähnlichen Konstruktionen in keiner Weise lösen. In Wirklichkeit braucht es mehr Leute und mehr Geld. Politikerinnen und Politiker, die nicht bereit sind, diese Ressourcen zur Verfügung zu stellen, überlassen unsere medizinische Versorgung dem Zerfall. Wenn Sie, Herr Meier, am Schluss Ihrer Ausführungen meinen, dass der Arzt mit seinem aktuellen Einkommen gut leben könne, wird das von den Grundversorgern nicht goutiert. Es stimmt nicht! Insbesondere, wenn der Arzt keine Medikamente abgeben darf. Sehr geehrter Herr Meier, statt wiederholte Warnungen auszustossen an die mit ihrem Einkommen und ihrer zunehmend bürokratisch definierten Arbeit unzufriedenen Grundversorger, erwarten wir von Ihnen eher einen konstruktiven Vorschlag eines (juristisch) gangbaren Weges, wenn möglich ohne den von Ihnen sehr häufig benützten, aber wenig überzeugenden Ausdruck «meines Erachtens»! Allen Kolleginnen und Kollegen empfehle ich deshalb, in unserem neuen Verein FMGS (www.fmgs.ch) Mitglied zu werden. Mit vereinten Kräften haben wir eine Chance, uns aus der hoffnungslosen Situation zu retten. Lukas Guidon, Winterthur 1 Meier P. Vertragsloser Zustand – Ausstand. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(3):57–61. Antwort auf die vorangegangenen Briefe zu meinem Artikel [1] 1. Sie haben recht, Herr Bass. Die Klammer mit dem Tiers-garant-Hinweis ist unnötig und verwirrt, weil es im Ausstand keinen Tiers gibt! Vielmehr gilt das Auftragsrecht (OR Art. 394 ff). Danach hat der Auftraggeber (Patient) die Honorarforde– Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 193 BRIEFE [email protected] den Wortlaut des Gesetzes, an die Lehre und an die Rechtsprechung zu halten. Und das habe ich in meinem Artikel versucht. rungen des Beauftragten (Arzt) nach den üblichen kaufmännischen Regeln zu bezahlen. 2. Sie, Herr Torriani, möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich in meinem Beitrag nicht mit der Kündigung von TARMED durch die FMH oder die kantonalen Ärztegesellschaften befasst habe, sondern mit dem Rücktritt einzelner Ärzte (Seite 58, linke Spalte). Ob die FMH den TARMED-Rahmenvertrag kündigen sollte, ist eine andere Diskussion, und die Konsequenzen sind auch anders. Was ich geschrieben habe, gilt für den Rücktritt einzelner Ärztinnen oder Ärzte. Zu einer Erhöhung des Taxpunktwertes habe ich mich nie geäussert und möchte dies auch nicht tun. Ich habe ein mögliches Beispiel von Verhandlungen eines Ausstandsarztes über einen höheren Taxpunktwert erwähnt. Viel wichtiger scheint mir – wie auch Ihnen – eine Anpassung der Tarifstruktur, und darüber wird ja zur Zeit verhandelt. Heikel, wie immer, ist die Diskussion über Umsatz, Bruttoverdienst, Nettoverdienst der frei erwerbenden Ärzte. Richtigerweise sollte – wie Sie schreiben – von einem Referenzmindesthonorar ausgegangen werden, und dieses liegt zum Beispiel bei den amtlichen Verteidigern bei CHF 200.– pro Stunde. Davon müssen dann die zu einem Mittelwert errechneten Selbstkosten (inkl. Beiträge für die berufliche Vorsorge, die Sozialversicherung und die Krankentaggeldversicherung) abgezogen werden (bei Anwälten CHF 150.–). Was verbleibt, ist der Verdienst pro Stunde, der dem Arzt bzw. Anwalt übrigbleibt. Würde bei einem Stundensatz von CHF 200.– nach den erwähnten Abzügen dem Arzt z. B. noch ein Stundensatz von CHF 30.– übrigbleiben, wäre dies wohl verfassungswidrig! 3. Sie haben insofern recht, Herr Guidon, wenn Sie schreiben, es brauche nun rasche politische Entscheide. Es ist der Gesetzgeber (Legislative) der das KVG geschaffen und auch revidiert hat bzw. zur Zeit revidiert. Und genau hier muss die Ärzteschaft Einfluss nehmen, durch ein gutorganisiertes politisches Netzwerk, wie es zum Beispiel bei der Revision der Managed-Care-Vorlage oder mit der Eidgenössischen Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin» geschieht oder wie es der AGZ mit der MedikamentenabgabeInitiative gelungen ist. Als Jurist habe ich eine andere Rolle als ein Politiker. Ich habe mich primär an Ob Sie und Ihr Verein FMGS mit Ihrer «ganz banalen Neinsagerrolle» politisch und juristisch weiterkommen, wage ich zu bezweifeln. Lic. iur. Peter Meier, Rechtsanwalt und Notar, Olten 1 Meier P. Vertragsloser Zustand – Ausstand. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(3):57–61. Un NON décomplexé pour ne pas passer l’arme à gauche… La violence est le propre de l’humain. La pensée de gauche, et de la «droite courbe» infantilisante, moralisatrice et légiférante en diable prétend vouloir l’éradiquer par des mesures bureaucratiques et étatiques. Sous le prétexte de bons sentiments, elle oublie le fait qu’elle est largement responsable de la déconstruction des valeurs de responsabilité, de respect, de morale, de civisme et des valeurs religieuses et spirituelles. La violence ne s’éradique pas par des mesures légales mais s’affronte et se gère par un apprentissage, une éducation responsable à l’autocontrôle, à la retenue, au respect d’autrui (protéger les plus faibles) et à la sublimation par des activités sportives ou socialement cadrées (jeux, activités culturelles, concurrence). Malgré des statistiques qui démontrent une large diminution des suicides par armes à feu (dont seulement 9 % par armes d’ordonnance!) et une compensation de cette diminution par d’autres moyens comme l’empoisonnement, certains milieux veulent encore réduire le nombre d’armes en circulation. Et compliquer le fonctionnement de l’armée de milice dont le citoyen soldat disposant d’une arme personnelle est le fondement. Posséder une arme, pour le citoyen d’un Etat de démocratie directe est un droit, avec beaucoup de devoirs et de responsabilités. Ce droit ne doit pas être remplacé par un privilège exclusif ou arbitraire de l’Etat, et bien sûr des criminels. Infantiliser le citoyen, alors que les criminels, ou certains migrants qui ont un rapport culturel décomplexé et impulsif avec les armes (couteaux et pistolets) ne seront pas concernés par les conséquences de cette «défiance» représente une évolution redoutable et négative. La loi actuelle, déjà très cadrée, doit être simplement appliquée. Prévenir le suicide est une mission noble mais les initiants confondent volontairement les causes et les moyens. Le suicide par armes à feu, meurtre de soi et culturellement significatif, est lié à des pathologies psychiques, des maladies incurables, humiliantes et douloureuses, des détresses morales, économiques ou sociales. Soigner la dépression, combattre les pressions de la société de consommation ou se protéger de la délocalisation des entreprises ou du dumping salarial des migrants ou frontaliers, réapprendre dans les familles et les entreprises à être attentif à la souffrance et la solitude de parents, voisins, collègues sera plus efficace qu’éloigner les armes. Doit-on pénaliser tout un groupe d’usagers pour quelques cas individuels tragiques de dimension exceptionnelle? Disposer de droits démocratiques et en faire usage, avoir le droit et la responsabilité d’accéder libéralement aux armes sont des spécificités de la culture politique suisse. L’obsession sécuritaire, infantilisante, bureaucratique, de méfiance systématique et généralisée de la gauche aboutit à une société de plus en plus répressive, régressive et totalitaire (Big Mother se méfie toujours plus de vous!). L’armée de milice comme l’arme à domicile sont prévues pour ne pas devoir servir, mais être fonctionnelle au cas où. La défense nationale, spirituelle, de l’indépendance et des libertés est trop importante pour être laissée exclusivement à l’Etat, à des professionnels ou déléguée à l’Otan. Ne mélangeons pas tout: gardons nos libertés et nos responsabilités, ne nous laissons pas désarmer civiquement et spirituellement. Non le 13 février à la progression de l’idéologie totalitaire de la nurserie gentille et bien-pensante. Dr Dominique Baettig, psychiatre, chasseur, pratiquant la culture du tir, ex-soldat de milice, Conseiller national, Delémont Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 194 BRIEFE [email protected] Schon wieder ein sozialistisches Eigengoal Peitsche und Rübe können mit den modernen Kommunikationsmitteln nicht ausgeteilt werden; Zynismus und Korruption sichern aber weiterhin die Weltherrschaft der neoliberalen Sechssilbenideologie. Auf der ganzen Welt verarmt der Mittelstand und wird die Not der Armen grösser. In der Schweiz ebenso. Dennoch, uns geht es etwas besser. Wir allein können das Referendum ergreifen und wir haben das Sturmgewehr im Schrank. Das erste ist den Politikern aller Parteien bewusst, das zweite ist aber im Unterbewussten verborgen: wird allenfalls den schlimmsten Financiers bewusst. «Jetzt erst begreifen wir, was die Sowjetarmee uns genützt hat; was die sich jetzt erlauben, wagten sie bisher nicht!» Sagte ein ehemaliger Studienfreund Anfang der Neunzigerjahre zu mir. Er war forschender Abteilungsleiter bei einem Basler Pharmaunternehmen gewesen. Die Frauen haben grundsätzlich recht, weil sie gebären und damit dem Schöpfer näher stehen. Wir Männer aber müssen das Ganze schützen. Eidgenossen! Gebt Euere Waffen um Gottes willen nicht aus der Hand! Stimmt Nein zur sozialistischen Mädcheninitiative. Auch wenn es regnen oder schneien sollte. Dr. med. Holger Gelpke, Kippel Zum Brief von Max Geiser: «Kritische Bemerkungen zum NFP53» Sehr geehrter Herr Professor Geiser In Ihren kritischen Bemerkungen[1] Anfang Januar zum NFP53 (Nationalen Forschungsprogramm «Muskuloskelettale Gesundheit – chronische Schmerzen) rechnen Sie zu den «Chiropraktoren und zahlreichen anderen Gesundheitspraktikern wie Homöopathen, Akupunkteuren, Neuraltherapeuten und Handauflegern» neuerdings auch die «besonders spirituell anmutende Spiraldynamik» hinzu. Herzlichen Dank dafür, dass Sie die Spiraldynamik bemerkt haben. Das spricht für Sie. Aber Max Geiser wäre nicht Max Geiser, würde er nicht alles in einen Topf werfen und den Einheitsbrei gleich mit wenig schmeichelhaften Attributen versehen wie z.B.: «…selbsternannte Experten, die gutgläubige Patienten davon überzeugen, … behandlungsbedürftig, arbeitsunfähig oder gar invalid zu sein.» Die Spiraldynamik Med Center AG betreibt in Basel, Bern und Zürich je ein diagnostischtherapeutisches Zentrum mit dem Schwerpunkt der konservativen Orthopädie. Jedes Zentrum steht unter orthopädisch fachärztlicher Leitung. Das Med Center Zürich hat im letzten Jahr 3602 Arztkonsultationen durchgeführt, davon 1544 neue Patienten. Über 200 Ärzte haben uns im letzten Jahr Patienten zugewiesen. Schulthessklinik und Uniklinik Balgrist gehören übrigens zu den regelmässigen Zuweisern. Unsere Standards: – Codierung der Diagnosen gemäss ICD; Funktionsstörungen gemäss ICF – Erfassung des Thurgauer-Morbiditätsindikators [2] bei allen Patienten seit 2005. 92% der Patienten leiden an chronischen orthopädischen Leiden, lediglich 8% sind nicht-chronisch kranke Patienten – Outcome-Messung aller behandelten Patienten mittels Activity Index [3] – Direkte Arztkosten CHF 151.– pro Patient und Jahr; Annova Index 79% – So können wir jährlich rund 200 unnötige Operationen vermeiden – dank «restriktiver Indikation», «Regression to the mean» und unserem «spezifischen Know-how» – publiziert 2009 in der SÄZ [4] Im ambulanten Bereich verfügt m. W. derzeit niemand über einen vergleichbaren Qualitätsstandard, obschon Artikel 58 KVG und Artikel 77 KVV seit Jahren eine systematische wissenschaftliche Kontrolle zur Sicherung der Outcome-Qualität vorschreiben. Der BAG-Bericht [5] vom 9. Oktober 2009 «Qualitätsstrategie des Bundes im Schweizerischen Gesundheitswesen» fordert neben einem datenbasierten Qualitätsmanagement «mehr Fokus auf den Patienten» – in den Spiraldynamik Med Centern seit einer Dekade tagtäglich gelebte Wirklichkeit. Übrigens ganz in Ihrem Sinne [6] von «wirksam helfende Zuwendung für ernsthaft kranke Patienten durch motivierte, der Vernunft verpflichtete Heilkundige und überprüfte Ergebnisse». Wie Sie in Zusammenhang mit Spiraldynamik auf «spirituell» kommen, bleibt unklar. Beleidigend wäre es durchaus nicht, da das Wort neben vielen anderen positiven Eigenschaften auch Empathie gegenüber anderen beinhaltet. Allerdings vermute ich, dass Sie den Begriff spirituell mit esoterisch verwechselt haben, denn in diese Ecke wollen Sie uns doch der Bequemlichkeit halber bugsieren – ein Lapsus, der Ihrem Ruf als scharfzüngiger rhetorisch-differenzierter Dauerkritiker der CAM-Szene nachhaltig schaden würde. Bleiben Sie à jour, Herr Kollege! Dr. med. Christian Larsen, Fachleiter Qualität und Innovation Spiraldynamik, Zürich 1 Geiser M. Kritische Bemerkungen zum Nationalen Forschungsprogramm NFP53. Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(1/2):34–6. 2 Bührer A, Zaugg PY. Der Thurgauer Morbiditätsindikator (TMI). Schweiz Ärztezeitung. 2003; 84(6):264–7. 3 Activity Index Information unter www.qualitouch.ch/html/index.html. 4 Larsen C. Trainieren statt operieren? Nichtoperative Orthopädie und Physiopädagogik. Schweiz Ärztezeitung. 2009;90(38):1476–9. 5 BAG-Bericht vom 9. Oktober 2009 «Qualitätsstrategie des Bundes im Schweizerischen Gesundheitswesen» www.swiss-q.admin.ch/pdf/ Qualitaetsstrategie.pdf. 6 Geiser M. 50 Jahre Randomised Controlled Clinical Trial RCT . Schweiz Ärztezeitung. 2003;84(13):598–601. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 195 MITTEILUNGEN Mitteilungen Schweizerische Gesellschaft für Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie (SGAP) Jean Wertheimer-Preis 2012 Prof. Dr. med. Jean Wertheimer (1933–1999) war ein Pionier in der Alterspsychiatrie. Er wurde 1971 als der erste Lehrstuhlinhaber für Alterspsychiatrie in der Schweiz an die Universität Lausanne berufen, wo er eine weltweit anerkannte Alterspsychiatrie aufbaute. Später war er auch Präsident der Geriatric Psychiatry Section der WHO. Zu seinen Ehren hat die Schweizerische Gesellschaft für Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie einen Förderpreis geschaffen, um herausragende Arbeiten, wichtige innovative Projekte oder ethische Zielsetzungen auszuzeichnen. Dieser wird alle zwei Jahre vergeben. Die Preissumme beträgt 5000 Franken. Geeignete Arbeiten oder Projekte können bis Ende November 2011 bei Prof. Dr. med. Urs P. Mosimann, Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Universitätsklinik und Poliklinik für Psychiatrie, Murtenstr. 21, 3010 Bern, eingereicht werden. Die eingereichten Arbeiten müssen vorwiegend in der Schweiz entstanden sein. Weitere Informationen und das Reglement der Vergabe finden Sie auf der Website der Schweizerischen Gesellschaft für Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie: www.sgapsppa.ch Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie Neues Ehrenmitglied Die Mitgliederversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie hat im November Herrn Prof. Dr. Rolf Gaillard zum neuen Ehrenmitglied erkoren und dankt ihm damit für sein jahrelanges, intensives Engagement für die Fachgesellschaft, für die Nachwuchsförderung und für die Betroffenen. Er war massgeblich am Zusammengehen der Endokrinologen und Diabetologen beteiligt und hat damit unserer noch jungen Disziplin ein Gesicht gegeben. Ebenso war ihm die Förderung des Nachwuchses stets ein grosses Anliegen, unzählige Assistenz- und Oberärzte durften von seinem breiten Wissen profitieren. Schweizer Gesellschaft für Neuroradiologie (SGNR) Neue Zusammensetzung des Vorstands Die Schweizer Gesellschaft für Neuroradiologie arbeitet seit dem 30. Oktober 2010 unter der Leitung des neuen Präsidenten PD Dr. med. Luca Remonda, Kantonsspital Aarau. SGNR-Mitbegründer Prof. Dr. med. Anton Valavanis, UniversitätsSpital Zürich, unterstützt weiterhin als Past-Präsident den Vorstand in der neuen Zusammensetzung: Vizepräsident PD Dr. med. Eberhard Kirsch, Klinik Hirslanden Aarau; Sekretär Prof. Dr. med. Karl Olof Lövblad, HUG, Genf; Kassier Dr. med. Jan Gralla, Inselspital Bern, sowie die beiden Beiräte Prof. Dr. med. W. Wichmann, Klinik im Park, Zürich, und Prof. Dr. med. C. Stippich, Universitätsspital Basel. Weitere Informationen: www.swissneuroradiology.ch Schweizer IBD-Kohorten-Studie Nationale Studie untersucht Darmerkrankungen Immer mehr Menschen in der Schweiz leiden an chronischen Darmerkrankungen. Die Schweizer IBD-Kohorten-Studie untersucht die Gründe dafür und ihre Auswirkungen auf das Schweizer Gesundheitssystem. Anhaltender Durchfall, Bauchschmerzen und völlige Kraftlosigkeit sind die wesentlichen Symptome, wenn sich der menschliche Darm entzündet hat. Treten diese Beschwerden innerhalb kurzer Zeit immer wieder auf, liegt die Diagnose einer chronischen Darmerkrankung nahe. In der Schweiz sind derzeit rund 15 000 Menschen von den chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten «Morbus Crohn» und «Colitis ulcerosa» betroffen. Die Schweizer IBD-Kohorten-Studie erforscht die Faktoren, die diese Krankheiten auslösen oder beeinflussen. Untersucht werden zudem die Konsequenzen der Erkrankungen auf die körperliche, geistige und soziale Verfassung des Patienten sowie die Auswirkungen auf das Schweizer Gesundheitssystem. Mit den gewonnenen Erkenntnissen sollen die Versorgung und die Therapie von Betroffenen sowie das Verständnis für Darmerkrankungen in der Öffentlichkeit verbessert werden. Für die Langzeitstudie konnten bisher über 2000 Betroffene gewonnen werden, davon 150 Kinder. Mehr als 10 000 Proben wurden entnommen und weit über 70 wissenschaftliche Publikationen sind aus der Studie hervorgegangen. Diese Leistungsausweise und die aufgezeigten Perspektiven zur künftigen Entwicklung der Studie haben den Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds SNF überzeugt, weitere Mittel für die Schweizer IBDKohorten-Studie zu bewilligen, und er stellt der Studie für weitere drei Jahre rund 4,7 Millionen Franken zur Verfügung. Weitere Informationen unter www.ibdcohort.ch Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 196 Praxisvermittlung FMH Consulting Services führt die Praxisanbieter und Praxissucher zur richtigen Zeit zusammen Nachfolgesuche Der Schritt, sich zur Ruhe zu setzen und seine Praxis zu verkaufen fällt nicht leicht und die Umsetzung ist komplex. Eine frühzeitig, gewissenhafte Planung dieses aufwendigen Vorhabens ist deshalb besonders wichtig. Ein Erfolg bedingt eine professionelle Abwicklung. “FMH Consulting Services hilft bei der Planung und Realisierung Ihres Vorhabens.” „Wie finde ich einen geeigneten Käufer für meine Praxis?“ Entscheidend für die erfolgreiche Nachfolgesuche sind die genauen Kenntnisse des Marktes, eine professionelle Dokumentation der Praxis, die Ermittlung des Unternehmenswertes, eine gezielte Bearbeitung des Marktes, die vertragliche Abwicklung und die Regelung der Finanzierung mit dem Nachfolger. FMH Consulting Services verfügt über ein breit abgestütztes Beziehungsnetz und über aktuelle, umfassende Datenbanken. Mit unserer langjährigen Erfahrung unterstützen wir Sie in allen Schritten einer gezielten Suche und Auswahl Ihres Nachfolgers. Praxissuche Fortsetzung der Tätigkeit als Spitalarzt oder Selbständigkeit mit eigener Praxis? Jede Ärztin und jeder Arzt steht irgendwann in der Laufbahnplanung vor dieser grundlegenden Entscheidung. Eine Praxisübernahme stellt Käufer und Verkäufer vor grosse Herausforderungen. Die Erarbeitung und Definition der eigenen Ziele, die aufwendige Marktanalyse, die Prüfung von möglichen Objekten – die Praxissuche ist ein sehr kosten- und zeitintensives Projekt und parallel zur 100%igen Berufsausübung nicht machbar. Praxisbewertung Sie benötigen eine professionelle Bewertung und Dokumentation für die Vorbereitung des Verkaufes Ihrer Praxis? Kein Problem! Mit unseren Praxiswertberechnungen verfügen Sie über anerkannte, umfassende und marktgerechte Dokumentationen zur Unterstützung Ihrer Aktivitäten. “FMH Consulting Services bietet Praxisanbietern und Praxissuchern eine anerkannte und professionelle Unterstützung.” Zur erfolgreichen Suche der Praxisnachfolge, des Praxisobjekts und der Durchführung von Praxisbewertungen bietet die FMH Consulting Services: • Nachfolgesuche mit Praxisbewertung (Inventar- und Goodwillbewertung) • Nachfolgesuche mit Goodwill- oder Inventarbewertung • Nachfolgesuche • Praxissuche • Praxisbewertung (Inventar- und / oder Goodwillbewertung) Rufen Sie uns an, gerne offerieren wir Ihnen unsere Dienstleistungen. www.fmhprax.ch – der führende Praxenmarkt Auf unserer Website finden Sie aktuelle Angebote von Praxen und Interessenten. “FMH Consulting Services als erfahrener Partner unterstützt und entlastet Sie in der Suche nach Ihrer Wunschpraxis.” FMH Consulting Services Burghöhe 1 • Postfach 246 • 6208 Oberkirch Telefon 041 925 00 77 • Fax 041 921 05 86 [email protected] • www.fmhconsulting.ch FMH SERVICES Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S Assurances du personnel attractives Afin que vous et vos collaborateurs payiez moins de primes Un rôle important des FMH Insurance Services est de négocier des conditions spéciales auprès des assurances pour le compte de l’association des médecins. Votre statut d’employeur vous oblige à assurer votre personnel. Ayant analysé un grand nombre d’offres, nous avons réussi à négocier un contrat-cadre attractif avec la Visana. Assurance-accidents obligatoire (LAA) Depuis bien deux ans déjà, les primes LAA ne se basent plus sur le tarif unique de l’Association Suisse d’Assurances mais sont fixées par les diverses sociétés elles-mêmes. Nombre d’assureurs n’ont à ce jour pas encore adapté leur taux de primes, ainsi une comparaison avec notre offre s’impose: Notre prime en % du salaire Répartition Accident prof. 0,088 % 100 % employeur Accident non-prof. 1,132 % 100 % employé (en règle générale) IJM – Assurance collective d’indemnités journalières en cas de maladie Selon le code des obligations, vous êtes dans l’obligation de continuer à verser le salaire à vos employés en cas d’incapacité de gain durant une période déterminée (selon la durée du contrat de travail). L’assurance d’indemnités journalières en cas de maladie vous permettrait de transférer ce risque sur un assureur. De plus, vos employés profiteraient ainsi d’une meilleure solution de prévoyance que celle fournie par les prestations légales minimales. Ce cas de figure peut parfois également présenter de grandes variations dans les taux de primes des différentes sociétés d’assurance: Notre prime en % du salaire 14 jours 1,21 % 30 jours 0,74 % 60 jours 0,43 % Talon réponse Répartition en règle générale 50 % employeur et 50 % employé Prière d’envoyer ou de faxer au: 031 959 50 10 Prénom / Nom Adresse NPA / Lieu Date de naissance Téléphone privé / cabinet Atteignable le plus facilement (heure) Adresse e-mail m Veuillez vérifier mes assurances et me faire parvenir une offre comparative. (Merci de nous annexer une copie de vos polices d’assurance actuelles.) m Je désire un conseil personnalisé. Prière de m’appeler. m Je m’intéresse à: m 3e pilier lié a m Planification financière m Planification de la retraite m m Caisse de pension LPP m Responsabilité civile prof. m Assurance protection juridique Roth Gygax & Partner AG n Service de coordination Moosstrasse 2 n 3073 Gümligen Téléphone 031 959 50 00 n Fax 031 959 50 10 [email protected] n www.fmhinsurance.ch Talon-Code: IN0611 / Personalversicherungen " Délai d’attente TRIBÜNE Qualitätssicherung Teil 4 der Reihe «DRG H60Z – aber bitte mit Differenzierung» Differenzierte Organisationen – die Zukunft für Spitäler Dies ist der abschliessende Teil einer Artikelserie, in der wesentliche Aspekte der Einführung von Fallpauschalen im Jahr 2012 beleuchtet wurden. Es zeigte sich, dass innovative Lösungen, auf den Druck des neuen Vergütungssystems zu reagieren, weiter an der Polarität zwischen Medizin und Management auflaufen. Die «Black Box» der Medizin und die «Tool Box» des Managements finden nicht zueinander. In diesem Beitrag wird gezeigt, dass in den Entwicklungen der Medizin selbst Optimierungen angelegt sind, die sich in differenzierten Organisierungen erschliessen. Darin liegt der Schlüssel. Christof Schmitz, Peter Berchtold Korrespondenz: Dr. med. C. Schmitz college M Freiburgstrasse 41 CH3010 Bern Tel. 031 632 30 26 Fax 031 632 30 25 [email protected] Der Entscheid zur Lebertransplantation war für Alfred Koller dann doch eine grössere Belastung, als er anfänglich angenommen hatte. Nicht die Transplan tation selber lag ihm auf dem Magen, sondern das Warten, die Ungewissheit und natürlich die wie derkehrenden Fieberschübe. Als ob das nicht schon genug wäre, meldeten sich zwei ältere Geschichten zurück, die er schon fast vergessen hatte. Vor rund 5 bis 6 Jahren war er mit einer depressiven Störung und später wegen erhöhter Blutdruckwerte in Be handlung. Nach einigem Hin und Her und vor allem vielen Gesprächen liess sich Alfred Koller für eines dieser neuen Betreuungsprogramme für Patienten wie ihn motivieren. Sein Hausarzt überzeugte ihn damit, dass dieses Programm spezifisch auf seine Situation zugeschnitten sei, trotzdem war er anfäng lich eher skeptisch: alle 3 Wochen einen Termin bei der speziell ausgebildeten Pflegefachperson in der Praxis des Hausarztes und viel Gewicht auf Selbst behandlung und Selbstkontrolle. Aber schon nach den ersten paar Wochen war er mehr als zufrieden und fühlte sich gut betreut. Die Pflegefachperson war auch ausserhalb der sonst sehr strukturierten Besuche für ihn da, sie und sein Hausarzt, der bei einigen Terminen zugegen war, sprachen sich offen sichtlich laufend mit der Hepatologin oder den Chir urgen ab, und immer wieder wurde in den Gesprä chen klar, dass Anpassungen in seinem Behand lungsplan aufgrund von Guidelines und Checklisten erfolgten. Gerade kürzlich, an einem gemütlichen Nachtessen mit Freunden, hatte er vertreten, dass dieses differenzierte Miteinander der Behandelnden für ihn ein wesentlicher Faktor für Qualität und Sicherheit sei. Organisations différenciées: l’avenir des hôpitaux Alors que le système SwissDRG va être introduit dans le but d’optimiser les processus et d’améliorer l’efficience – avec le risque que cet objectif ne se réalise pas –, l’avancée des connaissances en médecine offre de véritables moyens d’optimisation. Les multiples possibilités diagnostiques et thérapeutiques de la médecine moderne nécessitent des modes d’organisation différenciée. Seule une médecine qui en tiendra sérieusement compte sera véritablement efficace. La clé est un alignement des systèmes thérapeutiques. Kongruenz Das in Begleitforschungen nachgewiesene Unter bleiben von Prozessoptimierungen unter DRGVer gütung ist so bemerkenswert wie problematisch. Be merkenswert ist, dass eine zentrale, zur Einführung des Systems motivierende Annahme nicht zutrifft – und das folgenlos bleibt. Problematisch ist, dass Kos tendämpfungen wesentlich mit Verdichtung von Arbeit und erhöhter Belastung des medizinischen Personals erreicht werden. Soll mit der Einführung des DRGSystems in der Schweiz das Gleiche gesche hen? Wir haben in den vorherigen drei Artikeln dieser Serie gezeigt, dass Optimierungsversuche in Spitälern nach wie vor an der Polarität zwischen Medizin und Management «kranken». Abgekürzt for Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 208 TRIBÜNE Qualitätssicherung muliert, die «Black Box» der Medizin und die «Tool Box» des Managements finden nicht zueinander und produzieren wechselseitig unangemessene Simplifi zierungen [1]. Das frustriert und führt zu Abwehr schlachten statt zu innovativen Lösungen. Erst ein Vorgehen, das der Komplexität und der Natur der Medizin gerecht wird, kann chancenreich sein. Den Anlass für diesbezügliche Innovationen – um den Terminus «Prozessoptimierung» angemessen zu transzendieren – stellt übrigens nur in zweiter Linie die Einführung eines neuen Vergütungssystems dar. Den primären Anlass bildet der enorme Zuwachs an Wissen in der Medizin. Dieses Wachstum ermöglicht heute, mehr als 14 000 Krankheiten zu erkennen und viele von ihnen zu behandeln. Zur Behandlung all dieser Krankheiten stehen ein paar tausend medizi nische Interventionen und Medikamente zur Ver Es braucht eine kongruente Konfiguration der ver schiedenen Elemente, die zur wirksamen Behandlung spezifischer Krankheiten nötig sind. Darum geht es. Kongruente Konfiguration meint differenzierte Systeme. Offensichtlich macht es einen gravierenden Unterschied, ob es um einen einfachen Harnwegsin fekt geht oder eine komplexe Krebserkrankung. Das eine wie das andere benötigt unterschiedliche Orga nisierungen des erforderlichen Wissens: Grundver sorgung im einen, idealerweise ein Comprehensive Cancer Center an einem Universitätsspital im ande ren Fall. Die Offensichtlichkeit dieses Unterschieds verstellt den Blick auf die Bedeutung der wirksamen Ausgestaltung kongruenter Organisierungen. Zu viel ist hier dem historisch Gewachsenen, den üblichen (Spital)Strukturen mit ihren disziplinären, hierarchi schen und kulturellen Differenzlinien überlassen. Mit Weitverbreitet ist immer noch, möglichst alles mit einem Angebot zu versorgen. fügung. Das hat nicht nur ökonomische Folgen, son dern wesentlich auch Konsequenzen für die Organi sierungen der Krankenbehandlungen. Das vielfältige medizinische Wissen erfordert vielfältige Prozesse des Organisierens, nur dann kann es in adäquater Weise zur Anwendung kommen. Alles Wissen nützt nichts, wenn nicht Patienten, Kompetenzen, Technologie, adäquate Abläufe usw. aufeinander abgestimmt sind. Richard Bohmer zu sprechen: «Without deliberate design, healthcare delivery organisations will conti nue to disappoint [2].» Spitäler als Ganzes wie auch ihre Ärzte haben sich darauf einzustellen. Weitverbreitet ist immer noch, möglichst alles mit einem Angebot zu versorgen, so wie das traditionell der Fall war. Beispielhaft stehen dafür die Universitätsspitäler, die sich – mit Aufnah Abbildung 1 Elemente eines Behandlungssystems. Strategie Versorgungssegmente Therapie-Schwerpunkte Patientenkollektive HR, Personalressourcen Leistungsprozesse Professionelle Qualifikationen Skill-Mix Fortbildungsprogramme traditionell systematisch kollaborativ Funktionen, Rollen Alignment Organisation, Führung Organisationsstruktur Entscheidprozesse Anreizsysteme Staff und Teams Zuständigkeiten Verantwortlichkeiten Infrastruktur Lage, Funktionalität Medizintechnologie Informationstechnologie Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 209 TRIBÜNE Qualitätssicherung mepflicht argumentierend – für alles vom Schnupfen bis zur komplexesten Transplantation als zuständig verstehen. Bei solcher Bandbreite käme es einem Wunder gleich, würde jede Behandlung effizient ge schehen. Viel zu mannigfaltig sind die Organisations erfordernisse der vielen verschiedenen Krankheiten und Patientenprobleme. Das Ergebnis ist ein Ausein anderfallen von Patientenbedürfnissen und Leis tungsprozessen. Diese Kluft birgt – der Punkt ist nicht zu unterschätzen – ein gehöriges Frustrationspoten tial für das Personal. Gleichzeitig hält die hohe Band breite des Angebots strategische Unklarheiten darü ber aufrecht, wohin die Reise des Spitals gehen soll. Strategische Klarheit wäre aber wichtig, um sich mit der speziell von den Ärzten geforderten Autonomie und Selbstbestimmtheit einbringen zu können. Hier beisst sich die Katze gleich mehrfach in den Schwanz. dieser Abstimmung, in diesem Alignment liegt der Schlüssel zum Erfolg [2]. Die einleitende Sequenz aus der Krankenge schichte von Alfred Koller illustriert ein solches, erfolg reiches Alignment. Für die komplexe Erscheinungs form seines Leidens werden sowohl systematische, wie traditionelle wie kollaborative Formen ins Spiel gebracht. Vorhandenes Wissen wird interdisziplinär und systematisch eingebracht und im Netzwerk der Behandelnden genutzt und immer wieder neu abge stimmt. Das Netzwerk passt sich den Entwicklungen an. Es lernt. All das ist zu organisieren – und es ist so zu organisieren, dass es nicht nur wirksam, sondern auch wirtschaftlich ist. Nicht alles muss das Spital machen, nicht alles muss der Hausarzt selber machen. Unterschiedliche Aufgaben können von unterschied lichen Akteuren mit unterschiedlichen Qualifikatio nen und Honorarsätzen wahrgenommen werden. Es geht um die kritische Prüfung dessen, was ist, und die differenzierte Neuausrichtung auf die Möglichkeiten, die die Medizin heute bietet. Alignment als Schlüssel Nimmt man diese Erkenntnis – differenzierte medizi nische Diagnose und TherapieAnsätze benötigen differenzierte Formen des Organisierens – ernst, ist die entscheidende Frage nicht mehr so sehr, wie Ärzte durch finanzielle und andere Anreize dazu gebracht werden können, effizienter zu sein und «einen bes seren Job zu machen». Es geht vielmehr um die Frage, wie medizinische Leistungsprozesse so unterschieden und gestaltet werden können, dass die verschiedenen Elemente eines Behandlungssystems, also alle jene für die Behandlung eines Patienten(kollektivs) nöti gen klinischen Leistungen und Entscheidungen, auf einander abgestimmt und optimiert sind (Abb. 1). In Wird jeder Akteur zum richtigen Zeitpunkt, gut vor bereitet und eingebunden ins Spiel gebracht, dann hat das Qualität und dann ist das ökonomisch. Das ist Prozessoptimierung (ohne dass man sie als solche ausschildern müsste). Dass solches in mehr Qualität und Patientenzufriedenheit mündet, ist in der letzten Nummer des New England Journal of Medicine 2010 an einem eindrücklichen Beispiel – «Collaborative Care» – nachzulesen [3]. Differenzierungen auf mehreren Ebenen Die Medizin auf den Punkt bringen – das vorhandene Wissen adäquat, also differenziert zu organisieren – verlangt, die Elemente eines Behandlungssystems zu Tabelle 1 Leitfragen an ein Behandlungssystem. Element Leitfrage Strategie Auf welche Patientenkollektive, Therapieschwerpunkte und Versorgungssegmente zielen wir als Gesamtspital, als Klinik oder sonstige Einheit? In welcher Kooperation mit wem? Leistungsprozesse Welche Formen (traditioneller Professionalismus, systematisierte und kollaborative Medizin) in welcher Mischung betreiben wir in welchen Patientenprozessen? Was wäre besser zu nutzen? Organisation Welche Organisationsstrukturen, welche (klinischen) Entscheidprozesse und welche Führungssysteme unterstützen? Wie beobachten wir Abweichungen wie Erfolge? Wie sorgen wir für Lernen und Verbesserung? Wie messen wir uns? Personalressourcen Welche (fachlichen) Qualifikationen, welcher Skill-Mix und welche Entwicklungsmöglichkeiten sind nötig? Funktionen, Rollen Welches klinische und Support-Staff, welche Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten braucht es? Infrastruktur Welche Medizintechnologie braucht es? Wie steht es mit unserer Informationstechnologie? Welche anderen Geräte, Einrichtungen, räumliche Ressourcen in welcher Ausgestaltung sind nötig? Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 210 TRIBÜNE Qualitätssicherung identifizieren und aufeinander abzustimmen. Nicht mehr und nicht weniger. Es sind Entscheidungen darüber zu treffen, welche Patienten(kollektive), mit welchen Leistungsprozessen, in welcher Organi sation, mit welchen Funktionen und Rollen, Staff und Infrastruktur behandelt werden sollen. Das ist, für sich alleine genommen, nichts Revolutionäres. Im Gegenteil zutiefst plausibel ist es, dass z. B. Kompe tenzen, Infrastruktur und Steuerungsformen aufein ander bezogen sein müssen, will man erfolgreich Patienten behandeln. Resümiert man etwa die ernst haften Versuche der letzten Jahre, Zentren zu bilden, kann man an ihrem Gelingen wie Scheitern ablesen, wie Alignment erfolgreich Platz greifen konnte oder eben nicht. Und jeder ernsthafte Beteiligte kann konstatieren, wie anspruchsvoll solche Organisie rungen waren und wie viele Lernschritte zu gewärti gen waren. Klinische Wissensflüsse und Entscheid prozesse zu organisieren, liegt rasch quer zu den übli chen und herkömmlichen Funktionen, Territorien, professionellen Selbstverständnissen usw. Nochmals: Keine Revolutionen sind nötig, auch keine völligen Neuerfindungen, sondern konzise, um Kongruenz bemühte Gestaltungsprozesse. Das ist anspruchsvoll genug. Anspruchsvoll darum, weil Alignment bedeu tet, selektiver zu werden, bewusster zu entscheiden, differenzierter zu beobachten und intensiv für Ver bindlichkeiten zu sorgen. Essentiell ist, dass dieses Abstimmen alle Ele mente des Behandlungssystems umfasst. Nötig ist dabei die Differenzierung von sechs Dimensionen (Tab. 1), die übrigens die im letzten Artikel beschrie bene BlackBox der Medizin und ToolBox des Manage ments miteinander verknüpfen. Der Unterschied, der dadurch entsteht, kann am einfachsten im Vergleich mit den berühmtberüchtigten «Behandlungspfaden» verdeutlicht werden. Behandlungspfade versuchen im wesentlichen bereits existierende Abläufe aufzu zeichnen und zu «begradigen». Die «eigentlichen Pro zesse» sollen abgebildet, anschliessend verbindlich erklärt und eventuell mit ökonomischen Werten unter legt werden. Das kann ein sinnvolles Vorgehen sein, aber nur dort, wo es sich um stark standardisierbare Behandlungen handelt. Alignment orientiert sich anders. Auch hier spielen Abläufe, Störungen und Effizienz eine Rolle. Aber diese Thematik ist viel stär ker im Kontext des Behandlungssystems zu sehen und zu entscheiden, also eingebettet in die Fragen, welche Patienten mit welchen Formen der Medizin, mit welcher Organisation, welchem Personal, in wel chen Funktionen und Rollen sowie welcher Infra struktur behandelt werden sollen. Klar, das ist auf wendiger – aber der Natur der Medizin angemessener. Was ist zu tun? Differenzierung spielt sich, das macht das Thema nochmals anspruchsvoll, auf verschiedenen (Versor gungs)Ebenen ab. Entsprechende Beispiele reichen daher von ganzen Spitälern, etwa dem Istituto Cli nico Humanitas in Mailand, das auf seinem Campus drei verschiedene Spitäler, nämlich je eines für Not fall, elektive Eingriffe und Rehabilitation errichtete, weil man der Vermischung der drei unterschiedlichen Anforderungen an Organisation wie Personal begeg nen wollte, bis hin zu Beispielen der Behandlung bestimmter Patientensegmente, z. B. chronisch Kran ker wie im zitierten Artikel zu «Collaborative Care». Typischerweise geht es beim Letzteren um das kon zertierte Zusammenspiel verschiedener Akteure über Organisationsgrenzen hinaus. Ein nächstes, für An spruch sorgendes Thema. Bereits diese wenigen Hin weise machen klar, dass die Erweiterung der Per spektive von der einfachen (betriebswirtschaftlich orientierten) Optimierung hin zum Alignment einen Komplexitätssprung bedeutet. Einfacher ist das nicht zu haben, denn viel mehr Entscheidungen sind zu treffen. Und genau das ist der Punkt, Entscheidungen sind zu treffen: Welche Patienten(Kollektive) meinen wir? Mit welchen Prozessen wollen wir diese behandeln? Mit welchen Ressourcen? Mit welcher Steuerung? Mit welchem Staff? Natürlich ergeben sich Einschränkungen der Entscheidungen durch existierende finanzielle, räumliche, personelle und andere Gegebenheiten, die zu berücksichtigen sind. Aber genau darum geht es: kritische Prüfung dessen, was ist, und differenzierte Neuausrichtung auf die Möglichkeiten, die die Medizin heute bietet. Sind die Behandlungssysteme, die wir meinen, kongruent konfiguriert? Mit dieser Frage beginnt die Reise. Rich tung Alignment. Literatur 1 Berchtold P, Schmitz C. Anatomie der (stationären) Behandlungsprozesse. Schweiz Ärztezeitung. 2010;92(3):84–6. 2 Bohmer R. Designing Care. Harvard Business Press; 2009. 3 Keaton WJ, Lin EHB, Von Korff M et al. Collaborative Care for Patients with Depression and Chronic Illnesses. New Engl J Med. 2010;363(27):2611–20. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 211 TRIBÜNE Medizingeschichte Wohl und Weh Eine Ausstellung zur Geschichte des Basler Kinderspitals beleuchtet die Entwicklung der Kindermedizin und Kinderkrankenpflege. Sabine Braunschweig Historikerin, Projektleiterin Korrespondenz: Sabine Braunschweig Büro für Sozialgeschichte Dornacherstrasse 192 CH-4053 Basel Tel. 061 331 18 00 braunschweig@ sozialgeschichte-bs.ch Im Jahr 1862 wurde in Basel das Kinderspital am Rhein als «Musteranstalt» eröffnet. Nun ist es Ende Januar in einen mustergültigen Neubau umgezogen. Bevor das alte Gebäude neuen Wohnblöcken weichen muss, öffnet es nochmals seine Tore und zeigt die Ausstellung «Wohl und Weh. Vom Kinderspitäli zum UKBB (Universitäts-Kinderspital beider Basel)». Auf vielfältige Weise wird die fast 150-jährige Geschichte dieses für die Region Nordwestschweiz bedeutsamen Areals illustriert. Viele Jahrzehnte war das auf Privatinitiative gegründete Kinderspital ein familiär geführter Betrieb, der von Hauseltern verwaltet und von einem Arzt medizinisch geleitet wurde. Zunächst waren Diakonissen aus Riehen in der Pflege tätig, die dann all- Seit den 1940er Jahren arbeiteten Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland am Kinderspital in Basel und trugen zu einem regen wissenschaftlichen Austausch bei. Hier ein Arzt aus dem Kongo 1963 (Fotoabteilung UKBB). Während der Polioepidemie 1954 in Basel waren zahlreiche Kinder hospitalisiert (Privat). mählich von freien Kinderkrankenschwestern abgelöst wurden. Mit den Veränderungen in der Medizin, Chirurgie und Orthopädie sowie neuen pflegerischen und pädagogischen Erkenntnissen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Kinderspital zu einer professionell geführten staatlichen Institution. Immer wieder waren Kinderärzte und -ärztinnen aus Basel an wichtigen Forschungen beteiligt. So erwies sich für Basel 1939 die Wahl von Ernst Freudenberg (1884–1967), Professor für Kinderheilkunde an der Universität Marburg an der Lahn, der wegen der jüdischen Abstammung seiner Frau zwangsweise in den Ruhestand versetzt worden war, als grosse Chance. Seine Forschungen über Rachitis und Tetanie, über die Ernährung des Kindes oder über Stoffwechselkrankheiten verliehen ihm einen internationalen Ruf und brachten ihm zahlreiche Ehrungen ein. Er leitete die Redaktion des «Jahrbuchs für Kinderheilkunde», der ältesten kinderärztlichen Zeitschrift, die er zu den international anerkannten «Annales Paediatrici» umgestaltete. Eine Pionierrolle nahm das Basler Kinderspital bei der Öffnung der Besuchszeiten ein. 1968 wurden sie von zweimal wöchentlich einer Stunde auf täglich Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 212 TRIBÜNE Medizingeschichte «Wohl und Weh» Die Ausstellung findet vom 17. Februar bis 17. April 2011 in der Poliklinik des alten Kinderspitals an der Römergasse 8 in Basel statt. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 13.00 Uhr–17.00 Uhr, Samstag und Sonntag, 10.00–17.00 Uhr. Freier Eintritt. Öffentliche Führungen werden jeden Sonntag um 11.00 Uhr angeboten. Private Führungen und Stadtrundgänge vom alten zum neuen Kinderspital können auch ausserhalb der Öffnungszeiten gebucht werden. Das Begleitprogramm bietet pädiatrische, kinderpharmakologische und pflegerische Fachkolloquien an. Sie finden alle in der Aula des neuen UKBB, Spitalstrasse 33, statt: 3. 3. 2011, 16.00 Uhr–18.00 Uhr Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Spital 1. Kolloquium des Fachbereichs Pflegeentwicklung Was für ein Spital brauchen Kinder? – Die Entwicklung der Kinderrechte im Gesundheitswesen Netty Fabian, Pflegeexpertin BScN, UKBB Kinder gestalten ihr Spital: Partizipative Projekte im UKBB Zeno Steuri, Geschäftsleiter Kinderbüro Basel Kinderhospiz – ein Baustein in der Versorgungskette kranker Kinder in der Schweiz Sabine Kraft, Geschäftsführerin Stiftung Kinderhospiz Basel Patienten- und Familienedukation: Modischer Trend oder Notwendigkeit? Ulrike Emmenegger, Pflegeexpertin BScN, UKBB 22. 3. 2011 18.30 Uhr–20.00 Uhr Kinder – Medikamente – Gift: Neues und Altes zum Thema Kolloquium zur Kinderpharmakologie Medikamente und Kinder: eine Geschichte mit zwei Gesichtern Markus Lampert, Dr. phil. II, Spitalapotheker Bruderholz Vergiftungsfälle in der Geschichte der Kinderpharmakologie Michael Kessler, Dr. phil. II, Leiter des Pharmazie-Historischen Museums der Universität Basel 29. 3. 2011, 18.30–20.00 Uhr Medizinische Entwicklungen – früher und heute Kolloquium des Fachbereichs Pädiatrie Wohl und Weh in der Geschichte der Kindermedizin Iris Ritzmann, PD Dr. med., lic. phil., wissenschaftliche Mitarbeiterin des Medizinhistorischen Instituts der Universität Zürich Infektionskrankheiten 2011 – von banal bis fatal Ulrich Heininger, Prof. Dr. med., leitender Arzt des UKBB Hasenscharte – Wolfsrachen? Die moderne ganzheitliche Behandlung angeborener Spaltbildungen des Gesichts Katja Schwenzer-Zimmerer, PD Dr. med., Dr. dent., leitende Ärztin des Universitätsspitals Basel Magenspiegelungen im aktuellen Spiegelbild Raoul I. Furlano, Dr. med., Leiter der Pädiatrischen Gastroenterologie des UKBB 5. 4. 2011, 16.00–18.00 Kinderkrankenpflege – ein Berufsbild im Wandel 2. Kolloquium des Fachbereichs Pflegeentwicklung Vom Mutterersatz zur professionellen Kinderkrankenpflege Sabine Braunschweig, Historikerin, Büro für Sozialgeschichte Netzwerkkinder – ein Generationenvergleich Miriam Engelhardt, Dr. phil., USB Gesundheits- und berufspolitische Perspektiven Isabel Kym, dipl. Pflegefachfrau – Intensivpflege, UKBB, Präsidentin der IG KJFF des SBK Ärzte unterrichteten die Schwesternschülerinnen an der eigenen Schule für Kinderkrankenpflege. Hier ein Arzt im Unterricht um 1965 (Fotograf: Peter Hemann). vier Stunden ausgeweitet, und 1975 wurde die 24-stündige Besuchszeit eingeführt. Möglich machten diese Änderungen einerseits Erkenntnisse über das geringere Infektionsrisiko als angenommen, andererseits das Wissen um psychologische Bindungstheorien, die Anfang 1960er Jahre bekannt wurden. Auch Eine Pionierrolle nahm das Basler Kinderspital bei der Öffnung der Besuchszeiten ein. die Rolle der Kinderkrankenschwestern hatte sich verändert. So wurde nun die Behandlung und Pflege der kranken Kinder eine gemeinsame Aufgabe und ein gemeinsames Ziel des ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Personals sowie der Familienangehörigen. Diese und zahlreiche weitere Themen greift die Ausstellung «Wohl und Weh» auf. Grundlage sind historische und aktuelle Objekte und Fotos aus der bedeutenden Sammlung von Vreni Kuhfuss, pensionierter Kinderkrankenschwester und Berufsschullehrerin. Bereichert wird die Ausstellung durch Hörstationen mit ehemaligen Patienten und Familienangehörigen, Pflegepersonen, Ärzten und Forscherinnen sowie historischen Filmsequenzen. Ein Begleitprogramm während der Ausstellung umfasst Führungen und Stadtrundgänge, Fachkolloquien und Aktivitäten für Kinder. Weitere Informationen beim Verein Geschichte Kinderspital Basel, Dornacherstrasse 192, 4053 Basel, Tel. 061 331 18 00, [email protected], www.sozialgeschichte-bs.ch Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 213 TRIBÜNE Spectrum Eulen-Award 2011: une qualité de vie meilleure pour les seniors La troisième édition du Eulen-Award 2011 récompensera avec des prix d’un montant total de 25 000 francs des projets novateurs fondés sur la pratique et promouvant le bien-être physique, social et mental des seniors. Les thèmes principaux sont la mobilité des seniors, la promotion de la santé pour les personnes âgées, l’approche créative concernant l’encadrement et les soins, les concepts pour une nouvelle orientation professionnelle à partir de 50 ans, les formes de communication et de rencontre appropriées à l’âge avancé ainsi que la sécurité. La participation est ouverte aux organisations et aux personnes individuelles. Plus d’informations: http://stiftung- generationplus.ch (Promotion Santé Suisse) Neuer Fragebogen zu prämenstruellen Beschwerden Vier von fünf Frauen leiden in den Tagen vor ihrer Monatsblutung an Beschwerden. Die meisten sind dadurch kaum eingeschränkt, doch Raucherkinder: zu hoher Blutdruck Mitrauchen erhöht bereits bei Kindergärtlern den Blutdruck. Dies weist eine neue Studie nach. Studien-Leiter Giacomo Simonetti von der Universitätsklinik für Kinderheilkunde des Inselspitals Bern: «Die Vorsorge gegen Hirn- und Herzschlag beginnt beim Kind.» Nieren- und Bluthochdruckspezialist Simonetti und sein Team massen im deutschen Landkreis Heidelberg bei 4236 Buben und Mädchen im Durchschnittsalter von 5,7 Jahren den Blutdruck. Gleichzeitig wurden weitere Risikofaktoren erhoben, darunter auch das Rauchverhalten der Eltern. Nach Auswertung aller Daten steht fest: Kinder mit rauchenden Eltern haben ein um 21 Prozent höheres Risiko zu Blutdruck im oberen Bereich (15 Prozent über dem Normwert) als Nichtraucherkinder. Und vom kindlichen Blutdruck führt laut Giacomo Simonetti eine direkte Linie zum Herz- und Hirnschlag-Risiko beim Er- wachsenen. Das Fazit ist für Simonetti klar: «Jedes vermeidbare Risiko sollte vom Kind ferngehalten und auf das Rauchen zu Hause verzichtet werden.» (Universitätsspital Bern) Für die Kinder wäre es am besten, wenn Eltern im Beisein der Kinder nicht rauchen würden. Marianne Sommer reçoit le Prix Latsis national 2010 Marianne Sommer a reçu le Prix Latsis national 2010. Professeure boursière du FNS au Centre de recherche en sciences sociales et économiques de l’Université de Zurich, la lauréate se voit récompensée pour sa recherche interdisciplinaire dans le domaine des sciences de la vie. Dans sa thèse de doctorat, Marianne Sommer a démontré comment le singe est passé, selon l’air du temps, du statut de bête sauvage à celui d’ami et de parent proche dans le magazine populaire «National Geographic». Dans son habilitation, elle s’est notamment penchée sur la manière dont le monopole d’interprétation de la religion a subi la concurrence de l’anthropologie et de l’archéologie. Doté de 100 000 francs, le Prix Latsis national est décerné par le Fonds national suisse (FNS), sur mandat de la Fondation Latsis. Il est considéré comme l’une des distinctions scientifiques les plus renommées de Suisse. (FNS) Organspende-Bereitschaft besser dokumentieren Zur Kampagne «Pro Organspende» der Stiftung «Pro Gesellschaft» erklärt der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery: «Wir müssen die Menschen abholen, die sich für die Organspende aussprechen, aber ihre Bereitschaft noch nicht dokumentiert haben. Denn fast 70 Prozent der Menschen in unserem Land sind bereit, nach ihrem Tod Organe oder Gewebe zu spenden. Aber nur 17 Prozent haben ihre Entschei- dung in einem Organspendeausweis dokumentiert. So versterben von den 12 000 Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, jedes Jahr etwa 3000 Menschen.» Gemäss der vorgeschlagenen Lösung solle die Information so intensiviert werden, dass möglichst jeder Bürger die Pflicht erkenne, sich zur Organspende bereit zu erklären. (BÄK) wäre bei rund jeder zehnten Frau eine Therapie angezeigt. Forscher der Universität Basel haben nun mit Kollegen aus Kanada einen Fragebogen entwickelt, mit dem sich diese Frauen schneller erkennen und früher behandeln lassen. Ein Bericht zum neuen Screening-Instrument für prämenstruelle Symptome (SIPS) ist im Fachmagazin «Der Nervenarzt» erschienen. (Universität Basel) Wer nach seinem Tod Organe spenden will, sollte dies in Deutschland auch in einem Ausweis dokumentieren. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 214 Horizonte Streiflicht Das Spital am nil Die ägyptische Stadt Naqada, 60 Kilometer nördlich von Luxor. Erhard Taverna Viele Schweizer sind in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Ägypten ausgewandert. Eine blühende Baumwollindustrie im Deltagebiet des Nils machte Alexandrien zum Zentrum eines internationalen Textilhandels. Markus Knoblauch kam hier 1935 zur Welt und verbrachte die ersten 13 Lebensjahre in der Metropole am Mittelmeer. Wie für alle Ausländer war damals für ihn Französisch die Hauptsprache. Das «Küchenarabisch» der Kinderjahre ist ihm heute eine nützliche Grundlage beim Erlernen der Hochsprache. Ende der 40er Jahre fuhr die ganze Der erste Besuch 2006, der bloss als eine Kontaktnahme gedacht war, dauerte zwei Wochen, weil bereits 60 ambulante Patienten eingeschrieben waren. [email protected] Familie mit einem Truppentransporter nach Neapel und von dort aus mit einem Bus des Roten Kreuzes zu seinem ersten Urlaub in die Schweiz. Den Jahren am Nil folgten die Zeit am Gymnasium und das Medizinstudium in Bern. Da die Eltern im Ausland blieben, mussten alle vier Söhne schon sehr früh selbständig werden. Markus Knoblauch war als Internist und Gastroenterologe Chefarzt am Spital Männedorf und wurde Titularprofessor an der Universität Zürich. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 beschäftigte ihn zusätzlich das Amt des Vizepräsiden- ten im Vorstand der Kantonalen Zürcher Ärztegesellschaft. Mit dem Rücktritt aus diesen Funktionen begann keineswegs der vielzitierte Ruhestand. Denn kaum war er seine Kaderposten los, beschäftigen ihn bis zum heutigen Tag Vertretungen in Spitälern und Privatpraxen. Dabei wäre es vermutlich geblieben, hätte Markus Knoblauch nicht als Präsident der Kirchgemeinde Jona-Rapperswil an einem Kongress über die Lage der Kopten in Ägypten teilgenommen. Nicht ganz zufällig erzählte ihm der Tischnachbar von einer christlichen Organisation mit Schulen, Spitälern und landwirtschaftlichen Einrichtungen entlang des Nils. Ein Landspital mit 24 Betten in Naqada, 60 Kilometer nördlich von Luxor, stehe kurz vor der Vollendung, ob er da nicht einmal …? Der erste Besuch 2006, der bloss als eine Kontaktnahme gedacht war, dauerte zwei Wochen, weil bereits 60 ambulante Patienten eingeschrieben waren. Mit einer langen Wunschliste ist der Gastroenterologe zurückgekehrt. Seither sind jährliche Konsultationswochen ausgeschrieben, die unter den Kopten und Muslimen der Nachbardörfer einen grossen Zulauf finden. Der Leiter des Spitals, ein Neonatologe, ist wie das übrige Personal ein Ägypter, unter ihnen auch ein Kollege, der alle drei Monate vom Konsiliararzt aus der Schweiz im Endoskopieren unterrichtet wird. Kopten haben es im Lande nicht leicht, wie die jüngsten Ereignisse auf tragische Weise in Erinnerung gerufen haben. Politisch ist es heikel, als christliches Unternehmen aufzutreten. Die Organisation mit Sitz Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 215 Horizonte Streiflicht in der Schweiz nennt sich im Lande «Services along the Nile» und finanziert ihre Einrichtungen über eine Finanzgesellschaft an Ort und Stelle. Das Angebot geniesst im Einzugsgebiet der rund 100 000 Einwohner einen sehr guten Ruf. Zur Zeit werden jährlich 500 Patienten aufgenommen und vielseitig versorgt. Seit das Gesundheitsministerium Operationen in Privatpraxen etwa 20 % der Bevölkerung infiziert. Markus Knoblauch sah in den ersten zwei Wochen mehr Patienten in einem Praecoma hepaticum als in seiner ganzen Spitalzeit in Männedorf. Doch trotz verbesserter Hygiene bleibt die Infektionshäufigkeit auch unter den 20bis 30-Jährigen hoch. Die Gründe sind unklar, meist fehlt ganz einfach das Geld für eine ausreichende Be- zu den häufigsten täglichen Problemen zählen die weitverbreitete Bilharziose und die Hepatitis C. untersagt hat, sind einheimische Belegärzte an einer vermehrten Zusammenarbeit interessiert. Mittlerweile finanziert sich das Spital zu 50 % selbst, am Restbetrag ist auch das Schweizer Departement für Entwicklung und Zusammenarbeit beteiligt. Zu den häufigsten täglichen Problemen zählen die weitverbreitete Bilharziose und die Hepatitis C, die handlung, da nur Beamte krankenversichert sind. Mit dem neulich von den Kirchgemeinden Jona-Rapperswil und der politischen Gemeinde finanzierten Colonoskop fand Markus Knoblauch bei den ersten vier Untersuchungen zwei Rectumcarcinome, eine Colitis ulcerosa und ein solitäres Ulkus. Die Arbeit wird nicht ausgehen. Neu hinzugekommen ist sein Bruder, Andreas Knoblauch, Pulmonologe am Kantonsspital St. Gallen, ferner zählt auch der Neurologe Dieter Ferrer aus Basel zum Team. Erwünscht wären noch Pädiater und Allgemeinchirurgen. Die Familie Knoblauch sucht das Ungewöhnliche. So ist auch der älteste Sohn, Gastroenterologe und Chefarzt in Stans, an einem Projekt in Malawi engagiert. Erstaunlicherweise hat Markus Knoblauch immer noch etwas Freizeit. Bereits hat ihn die Kirchgemeinde für weitere vier Jahre im Amt bestätigt, und auch der Zürcher Konzertchor mag nicht auf seinen Bass verzichten. Gerne würde der vitale Ägyptenreisende auch noch musizieren, doch das überlässt er seiner professionell ausgebildeten Ehefrau. Dafür besucht der vielseitig Interessierte einen Arabischkurs für Fortgeschrittene an der Volkshochschule, wenn er nicht gerade eine Museumsausstellung besucht, ein neues Buch liest oder mit der Kirchenpflege ein Projekt für psychisch belastete Menschen auf die Beine stellt. Für Spenden dankt herzlich: Mission am Nil, Postfach 52, 8934 Knonau / Konto 80-22156-1 Professor Markus Knoblauch (rechts) mit ägyptischen Kollegen bei der Untersuchung eines Patienten. Kontakt: Prof. Dr. med. Markus Knoblauch, Sonnenbergstrasse 11, 8645 Rapperswil-Jona Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 216 Horizonte Streiflicht Das schmucke nanophon Bernhard Gurtner Korrespondenz: Dr. med. Bernhard Gurtner Eggstrasse 76 CH-8620 Wetzikon [email protected] Das Stethoskop hat seit seiner Erfindung im 19. Jahrhundert einen falschen Namen. Das inzwischen als Statussymbol glorifizierte Gerät wird neo-altgriechisch als «Brustglotze» bezeichnet, obwohl es keine optischen, sondern akustische Wahrnehmungen vermittelt und nicht nur dem Brustkasten aufgesetzt wird. Es erfasst auch sehr diskrete Schallphänomene und könnte deshalb Nanophon heissen, seine sprachlichen Geschwister wären Mikrophon und Megaphon. Seit dem Siegeszug der bildgebenden Verfahren ist das Sehen viel wichtiger als das (Zu-)Hören geworden. Diesem Zeitgeist entsprechend sind die Stethoskope nur noch in flüchtigen Momenten dazu da, einen Befund zu erheben. Ihre haupt- bzw. halssächliche Verwendung besteht nun darin, lässig um den Hals geschlungen die Professionalität der Medizinalpersonen augenfällig zu bezeugen, sei es im realen beruflichen Alltag oder in einer der herrgottweissen TV-Serien. Mit gerunzelter Stirne und andächtig geschlossenen Augen setzen die Schauspieler ihre akustischen Saugnäpfe auf wohlgeformte Busen und diagnostizieren in Sekundenschnelle gar manches Herzeleid. Dann hängen sie sich das Stethoskop wieder um den Hals, wie sie es den echten Medizinern abgeguckt haben. Wer genau hinschaut, wird bemerken, dass die einen Schlauch und Schallkopf von hinten über die linke Schulter werfen, die Ohrbügel baumeln rechts unter dem Schlüsselbein; andere bevorzugen es seitenverkehrt. Das weist laut einer Feldstudie darauf hin, ob jemand Rechts- oder Linkshänder ist oder zu jenen Querköpfen gehört, die ihr Mobiltelefon mit der rechten Hand an das linke Ohr halten, wenn sie einhändig durch den dichten Morgenverkehr steuern. Bei Nichtgebrauch stopfte man einst das Stethoskop in eine der Seitentaschen der Arztschürzen oder hatte es im Untersuchungszimmer irgendwo verlegt. Allzeit bereite Kardiologen, die alle Finessen der Auskultation beherrschten, klemmten sich die beiden Bügel mit den ohrenschmalzschmierigen Oliven in den Nacken und liessen den Schallkopf vor dem Sternum pendeln. Bei Ärztinnen bot sich an gleicher Stelle ein anatomisch vorgegebenes Versteck an, wo der Trichter und die Membran patientenfreundlich vorgewärmt wurden. Feinfühlige Kollegen pflegten ihre eiskalten Instrumente vor dem Aufsetzen mehrmals anzuhauchen, bis diese Bio-Bedampfung von der Hygienefachfrau in Frage gestellt wurde. Sie verteilte auch Feuchttüchlein, mit denen die Stethoskope wöchentlich einmal zu reinigen waren, so wie die Telefonapparate und die vielbenützten PC-Tastaturen im Ärztebüro. Der offensichtliche Effekt dieser nosokomialen Prophylaxe liess alle Spötter verstummen. Mit seinem ursprünglich röhrenförmigen Stethoskop hat Laennec (1781–1826) das direkte Abhorchen durch ein Instrument ergänzt, das zwischen Arzt und Patientin einen zunächst nur sittlich erwünschten kleinen Abstand schuf [1,2]. Seither behindern immer voluminösere und kompliziertere Apparate die direkte Begegnung zwischen den Behandelnden und den Behandelten. Manche diagnostischen oder therapeutischen Eingriffe erfolgen sogar ferngesteuert und werden auf Monitoren in eine virtuelle Welt ausgelagert. Da bleibt das Stethoskop für die Patienten ein gut vertrautes «Telefon», mit dem der Arzt ihr Inneres abhorchen kann. Sie lieben diesen «Lauschangriff» und merken nicht, dass die Ärztin gleichzeitig die Bauchdecken-Abwehrspannung prüft, wenn sie das Hörgerät intensiv auf den rechten unteren Quadranten presst. Rentner danken dem Doktor, wenn er ihnen bei der Prüfung der Fahrtüchtigkeit nach kurzem Abhorchen eine robuste Gesundheit attestiert. Sie notieren gewissenhaft, dass ihr Blutdruck auskultatorisch erfasst genau 152/94 mm betrage, obwohl die Untersuchenden in Kenntnis der Ungenauigkeit der unblutigen Messmethode auf- oder abrunden dürften, wie es die Franzosen vernünftigerweise seit jeher tun. Das sei ungehörig, wird uns hierzulande von nanophilen Experten beschieden. Tant pis! Literatur 1 Markel H. The stethoscope and the art of listening. NJEM. 2006;354:551–3. 2 Gurtner B. Feinblasig klingend. Schweiz Ärztezeitung. 2003;84(17):839. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 217 ZU GUTER LETZT Thema Kaiserschnitt Ethische Fragen ohne einfache Antworten Kaiserschnitt auf Wunsch? Kaiserschnitt auf Anordung? Beide Positionen beinhalten erhebliche ethische Herausforderungen. 1 Martin J. Biomédecine et procréation. Revue médicale suisse. 2005; 1:453–8. 2 Les césariennes de la discorde. 24 Heures (Lausanne), 21 décembre 2010. p. 33. 3 Martin J. Können Patienten auf ärztlichen Leistungen bestehen? Schweiz Ärztezeitung. 2010, 91(38):1504. 4 Minkoff H, Drapkin Lyerly A. Samantha Burton and the rights of pregnant women. Hastings Center Report. Nov./Dec. 2010; 40. No. 6. p. 13–5. 5 Kolder VE, Gallagher J, Parsons MT. Court-ordered obstetrical interventions. New England Journal of Medicine. 1987; 316:1192–6. 6 Appel JM. Medical kidnapping: rogue obstetricians vs. pregnant women. Huffington Post. January 24; 2010. 7 Da mir diese Frage gelegentlich von Studierenden oder Kollegen/-innen gestellt wird, möchte ich bei dieser Gelegenheit betonen, dass es andererseits in unseren Rechtsordnungen keine Situation gibt, in der eine Frau zu einem Schwangerschaftsabbruch gezwungen werden kann. [email protected] Jede dritte Schwangerschaft in der Schweiz wird heute mit einem Kaiserschnitt beendet. Zu meiner Studienzeit lag die Zahl bei unter 10 %. Die Zeiten ändern sich, die Medizin entwickelt sich, und alle Fortschritte sollen den Patientinnen und Patienten zugute kommen, um bestmögliche Lebensqualität und geringstmögliche Beschwerden zu gewähren. Dennoch stellt sich die Frage, wie weit sich die neuen technisierten Methoden der Kinderzeugung ausdehnen werden [1]. Hebammen-Organisationen reagieren alarmiert auf diese Abkehr von der natürlichen Geburt. Ich erinnere mich an Plakate englischer Kliniken, auf denen mit dem Slogan «Saving the love channel» für den Kaiserschnitt geworben wurde. Kürzlich musste ich zu meiner grossen Überraschung erfahren, dass in einer deutschen Universitätsklinik dem Wunsch der Patientin nach Kaiserschnitt stattgegeben wird, wenn sie darauf besteht, auch wenn die medizinische Notwendigkeit fehlt. Dazu ein übersetzter Auszug aus einem Interview in 24 Heures: «Bevor ich schwanger wurde, habe ich mich vergewissert, dass eine Geburt per Kaiserschnitt möglich ist. Ausgeschlossen, dass ich ein Kind vaginal auf die Welt bringen würde.» Einige vergleichen die vaginale Entbindung mit einer Art grausamem Ritual [2]! Nun … ich muss gestehen, dass ich merke, einer älteren Generation anzugehören. Zwar habe ich mich stets für die Anerkennung und gesetzliche Verankerung der Patientenrechte stark gemacht, aber es scheint sich immer mehr die Frage aufzudrängen, ob die Patienten auch das Recht haben, Leistungen von ihrem Arzt zu fordern [3]. Dieselbe Frage, nämlich Kaiserschnitt Ja oder Nein, kann umgekehrt gestellt werden. Sie wird in der jüngsten Ausgabe der Zeitung für Bioethik, dem Hastings Center Report, diskutiert [4]. In diesem Fall geht es darum, ob und wann es gerechtfertigt ist, dass ein Gericht die Entbindung per Kaiserschnitt gegen den Willen der Frau anordnet. Ich habe mich aus meiner Sicht als Kantonsarzt mit dieser Frage befasst, denn in einigen US-Staaten besteht die Möglichkeit, z.B. bei drogenabhängigen Frauen, die kurz vor der Entbindung stehen, einen Kaiserschnitt gerichtlich anzuordnen, wenn eine schwere gesundheitliche Gefährdung des Kindes zu befürchten ist [5]. Auf unserer Seite des Atlantiks gestattet allerdings kein Land einen derartigen Eingriff in die körperliche Integrität, wenn die betroffene Person dies ablehnt – auch zum Wohle des ungeborenen Kindes nicht. Dazu eine weitere Anmerkung: Kolder et al. haben festgestellt, dass am häufigsten Frauen zu einem Kaiserschnitt gezwungen wurden, die aus armen Verhält- nissen stammten, Minderheiten angehörten und häufig kein Englisch sprachen. Dies ist ein weiteres Beispiel für eine Konstante in Public Health: Die den Menschen zugänglichen Gesundheitsleistungen hängen von ihrem Status ab und die sozio-ökonomischen Disparitäten finden ihren Ausdruck in Ungleichbehandlung (dies gilt im übrigen ebenfalls für die Wunsch-Schnittentbindung, die wahrscheinlich häufiger Frauen aus der mittleren oder gehobenen Schicht gewährt wird). Minkoff und Dryerly beschreiben, dass in Sachen des «Zwangskaiserschnitts» in den USA derzeit eine Gegenbewegung zu beobachten ist, und führen mehrere Berufungsfälle an, in denen höhere Gerichte der Rechtfertigung eines angeordneten Kaiserschnitts widersprachen. Ihre Sorge ist allerdings, dass, obgleich die Geburtshelfer das Recht der Frauen auf Ablehnung medizinischer Massnahmen respektieren, diese Rechte in den letzten zwei Jahrzehnten ausgehöhlt worden sind. Dafür gebe es unter anderem zwei Gründe: den unaufhörlichen Kampf um die Abtreibung und die Einstellung, dass Frau und Fötus in einem grundsätzlichen Konfliktverhältnis zueinander stünden. Nach Ansicht der Autoren würden «die Rechte schwangerer Frauen heutzutage häufig mehr beschnitten als die Rechte von Eltern an ihren bereits geborenen Kindern». Dies erinnert an einen Gedanken, der einst in den Debatten um die Fristenregelung zu hören war. Man fragte sich, ob diejenigen, die sich grundsätzlich gegen einen Schwangerschaftsabbruch aussprachen, auch bereit wären, ebenso viel Energie und Mittel aufzuwenden, um sich angemessen um die in desolate Verhältnisse hineingeborenen Kinder zu kümmern. Zum Abschluss ein Rat eines anderen amerikanischen Autors an die Frauen: Sie sollten ihrem Gynäkologen einmal die Frage stellen, ob es Umstände geben könnte, unter denen er ihnen verweigern würde, selbst über eine mögliche Behandlung zu entscheiden [6]. Interessante Frage; ich vertrete die Ansicht – wie sicherlich alle, die sich mit ethischen Fragen befassen – dass das Recht der Frau auf Ablehnung eines Kaiserschnitts unteilbar und massgebend ist, unabhängig davon, wer diesen Eingriff anordnen sollte [7]; dagegen bin ich im Hinblick auf ihr Recht, einen Kaiserschnitt fordern zu können, skeptisch und fühle mich bei dem Gedanken unwohl. Sollte ich mich einmal selbst befragen, ob ich in meiner Haltung von patriarchalischen oder chauvinistischen Tendenzen geleitet bin? Jean Martin, Mitglied der Nationalen Ethikkommission und Mitglied der Redaktion der SÄZ Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum 218 ANNA www.annahartmann.net Die letzte Seite der SÄZ wird von Anna frei gestaltet, unabhängig von der Redaktion. Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 6 Editores Medicorum Helveticorum