Vogelschutz contra Fischschutz
Transcrição
Vogelschutz contra Fischschutz
Dienstag, 13.10.2009 Vogelschutz contra Fischschutz Kür des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010 ist unter Naturschützern sehr umstritten Von OTZ-Redakteurin Sabine Bujack-Biedermann Saalfeld. Die Worte der Angler sind deutlich: "dumm", "außerhalb jeglicher Vernunft", "unverfroren", "große Lügen" fallen, wenn sie auf die Kormoran im Anflug. (Fotos: OTZ/Klaus Wahl des Kormorans zum Vogel Moritz) des Jahres 2010 angesprochen werden. Die beiden Dachverbände der Anglervereine, der Deutsche Anglerverband (DAV) und der Verband Deutscher Sportfischer (VDSF), sprechen in einer gemeinsamen Erklärung von "großer Verärgerung der Angler und Berufsfischer" über die Entscheidung des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern (LBV), den umstrittenen Fischräuber mit einem Titel zu ehren, der bisher auf bedrohte Arten und seltene Vögel hinwies. Selbst Ralf Hiller, der Vorstand der Fachgruppe Ornithologie und Artenschutz im Kulturbund Rudolstadt, wirft dem Nabu "Provokation" vor: "Es gibt Arten, für die der Schutz weit wichtiger wäre." Nabu-Kreisvorsitzender Rainer Hämmerling hält dagegen, dass sich die Natur- und die Vogelschützer "damit offensiv für den Schutz einer Tierart einsetzen, die nach ihrer Rückkehr an deutsche Seen, Flüsse und Küsten wieder zu Tausenden geschossen und vertrieben wird." Der Kormoran sollte als natürlicher Bestandteil der Gewässerökosysteme akzeptiert werden, empfiehlt er und belegt an Zahlen, dass erst durch die Vogelschutzrichtlinie der EU von 1979 wieder rund 24 000 Brutpaare in Deutschland heimisch wurden. Er beklagt, dass jährlich etwa 15 000 Kormorane getötet würden, räumt aber ein, dass sich ihre Population in den vergangenen Jahren stabilisiert habe. Das bestätigt auch Ralf Hiller, dessen Fachgruppe seit "über fünf Jahren" in "sehr guter Zusammenarbeit mit den Anglern" die Kormoranbestände zählt. "Dieses Wochenende beginnen wir wieder", kündigt er an und fürchtet: "Für mich wird es nun schwieriger", auch wenn er das Miteinander nicht wirklich gefährdet sieht. An Rückzug aus der gemeinsamen Vogelzählung denkt auch André Pleikies, der Geschäftsführer des Thüringer Landesangelfischereiverbands (TLAV), nicht. Allerdings wirft er den Vogelschützern "reinen Lobbyismus" vor. "Ihnen fehlt es am ernsthaften Bemühen um Zusammenarbeit, Vogelschutz und Fischschutz können sich so nicht auf Augenhöhe begegnen", schimpft er und fordert "Artenschutz als Biotopschutz" zu sehen. Das heißt für die Angler, in den Kormoranbestand "positiv regulierend" und "wissenschaftlich begleitet" einzugreifen. Das lehnt Rainer Hämmerling für den Nabu "grundsätzlich" ab. Er wirft den Anglern "die massenhaften künstlichen Besatzmaßnahmen mit Fischen" vor. Wo viel Futter ist, fallen die Kormorane ein, ist seine Theorie. Dass dieser Besatz die Angler viel Zeit und Geld kostet, führt Pleikies im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Arbeit der Vereine ins Feld. Er PDF wurde mit FinePrint pdfFactory-Prüfversion erstellt. http://www.context-gmbh.de berichtet von ersten Vereinen, die aufgeben müssen, weil ihre Gewässer leer gefressen und die Vereinsgelder ausgegeben sind. Hämmerling fordert Ruhezonen für den Kormoran und beklagt, dass im vergangenen Winter "massives Schießen" die großen Vögel von der Saale in kleine Nebentäler abtrieb. Dieses Problem sieht auch Ralf Hiller: "Wird der Kormoran vertrieben, ist er nicht wirklich weg, und was er im letzten Winter im Schwarzatal angerichtet hat, war schlimm." Der HobbyOrnithologe wundert sich über diese Auseinandersetzungen zweier Gruppen, die sich den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben haben. "Unsere Meere sind überfischt, aber in den deutschen Supermärkten werden jeden Abend sechs bis acht Tonnen Fisch weggeworfen, der am nächsten Morgen nicht mehr frisch wäre", macht er auf gängige Praxis aufmerksam: "Dagegen ist das, was alle Kormorane fressen, ein Fischbrötchen." Kommentar 13.10.2009 OTZ - OSTTHÜRINGER Zeitung Verlag GmbH & Co. KG PDF wurde mit FinePrint pdfFactory-Prüfversion erstellt. http://www.context-gmbh.de