Die Leistungserfassung – ein unverzichtbares Instrument
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Die Leistungserfassung – ein unverzichtbares Instrument
betriebswirtschaft Die Leistungserfassung – ein unverzichtbares Instrument Die Leistungserfassung wird in der grafischen Branche oft immer noch nicht als Standard akzeptiert. Zum Funktionieren braucht die Betriebsbuchhaltung neben den Urs Baumgartner Kosten auch die Leistungen, Wirtschaftstechniker SVTS; denn diese sind letztendlich in viele Jahre für der Form von Verkaufsleistundie Betriebsbuchhaltung bei gen die Kostenträger. Da die der «Basler Zeimengenmässigen Leistungen tung» verantwortlich; heute Geschäftsführer der Birk(Auflagen) in allen Zweigen der häuser+GBC AG, Reinach Druckindustrie unterschiedlich sind, kann die produzierte Menge als Leistungsmassstab nur in Ausnahmefällen Verwendung finden. An ihre Stelle tritt die Arbeitszeit. Tagesarbeitsrapport TAR autor glossar Arbeitszeit Für die Lohnzahlung wichtige Zeit. Die Arbeitszeit besteht aus Fertigungszeit, Hilfszeit und bezahlter Ausfallzeit. Hilfsstunden Sie werden gebraucht, um die Erhaltung der Betriebsbereitschaft herbeizuführen. Hilfsstunden stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Herstellung eines Auftrags. Nachkalkulation Auflistung aller direkt mit dem Auftrag (Kostenträger) verbuchten Kosten (Material, Fremdkosten, betriebliche Leistung bzw. Kosten). Nutzungsgrad Der Nutzungsgrad drückt aus, wie viel von der täglichen Arbeitszeit Fertigungsleistungen sind. 10 ■ Verrechnen von Leistung Leistungserfassung und -verrechnung verfolgen das Ziel, die in Fertigungs- und Hilfsstunden ausgedrückte betriebliche Leistung für die Zwecke der Betriebsbuchhaltung und die Nachkalkulation aufzubereiten. Darüber hinaus weist die gesamte Leistungsverrechnung eine gewisse Zwangsläufigkeit auf. Für die Leistungsverrechnung sowohl über Kostenstellen als auch über Aufträge besteht ein Massstab zur Feststellung der Angemessenheit der Leistungsnotierungen. Bei der kostenstellenweisen Leistungsverrechnung ist dies der Nutzungsgrad Leistungserfassung A-Nr. A-Bez. KST ET Std. Menge Mit Hilfe der Leistungserfassung kann einerseits festgestellt werden, wie lange für einen Auftrag produziert worden ist. Zudem wird auch ermittelt, wie lange die Anlage produziert hat. A-Nr. = Auftragsnummer; A-Bez. = Auftragsbezeichnung; KST = Kostenstelle; ET = Einzeltätigkeit; Std. = aufgewendete Stunden; Menge = produzierte Nettomenge PRODUKTION&PRINT 9/2001 personalbezogen kostenstellenbezogen auftragsbezogen Wie viel Lohn hat die Kostenstelle verbraucht? Wie lange hat die Kostenstelle in der Abrechnungsperiode gearbeitet? An welchem Auftrag hat die Kostenstelle wie lange gearbeitet? KST 051 KST 052 KST 053 KST 054 KST 055 KST 056 Nachkalkulation Löhne Fremdkosten Abschreibungen Zinsen Umlagen Total Kostensatz Stunden Der TAR (Tagesarbeitsrapport), ein Beispiel für eine Art der Leistungserfassung, hat immer noch Gültigkeit. Er erfüllt folgende drei Zwecke (nach Dr. Fritz Hofer): – Grundlage für die richtige Leistungszurechnung in der Kostenstellenrechnung – Grundlage für die Auftragsnachkalkulation – Grundlage für die Lohnzurechnung auf die leistenden Kostenstellen und bei der auftragsweisen Leistungsverrechnung die vorkalkulierte Fertigungszeit (Zeitvorgabe oder Richtzeit). Wird versucht, einen dieser Massstäbe in Abweichung von der wirklichen Leistung günstig zu beeinflussen, so ist stets eine ungünstige Veränderung der anderen Grösse die Folge. Frisierte Leistungen, mit denen beabsichtigt wird günstige Auftragszeiten auszuweisen, bewirken zwangsläufig einen schlechten Nutzungsgrad, denn die günstigen Auftragsleistungen führen zu einer entsprechenden Erhöhung der Hilfszeit. Wird dagegen versucht, den Nutzungsgrad durch eine künstliche Drosselung der Hilfszeiten in einer der Realität nicht entsprechenden Weise in die Höhe zu treiben, so wird sich das in der Auftragsabrechnung zwangsläufig durch entsprechend lange Fertigungszeiten und Zeitüberschreitungen im Vergleich zur Vorkalkulation auswirken. Diese Zwangsläufigkeit der Leistungsverrechnung mit ihren Wechselwirkungen gestattet, die Leistung von zwei Seiten auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Die gesamte Leistungsrechnung, die in grösseren Druckereien recht zeitaufwendig sein kann, wird in zunehmendem Masse nur noch unter Verwendung der EDV durchgeführt. Aufgaben der Leistungsrechnung – Analyse der Arbeitsabläufe – Systematische Gliederung der Arbeitsabläufe in Tätigkeiten – Planung der Kapazität und der Leistung – Erfassung der Fertigungszeit bzw. Menge je Kostenstelle und Kostenträger – Kontrolle der Fertigungs-, Hilfs- und Ausfallzeiten sowie der Leistungsmengen – Analyse der Auftragsabwicklung – Datenlieferant für andere Abteilungen Aus den oben erwähnten Aufgaben können zwei wichtige Hauptgebiete der Leistungsrechnung definiert werden: – Kontrolle der Wirtschaftlichkeit von Kostenstellen, Betriebsmitteln und Fertigungsverfahren – Erarbeitung von Datenmaterial zur Erstellung eines Leistungskatalogs Papier: Novatech, matt, 135 g/m2. Erhältlich bei betriebswirtschaft Fertigungs-, Hilfs- und Ausfallzeit Die anfallende Arbeitszeit muss für die Zwecke der Betriebsbuchhaltung qualifiziert werden. Hier ist zwischen Fertigungsund Hilfszeit zu unterscheiden. Ferner muss die während der betrieblichen Arbeitszeit anfallende Ausfallzeit festgehalten werden. Fertigungszeit ist der Zeitaufwand, der in unmittelbar ursächlichem Zusammenhang mit der Herstellung der anfallenden Aufträge steht. Man unterscheidet Rüstzeiten und Ausführungszeiten. Die Rüstzeit dient der Vorbereitung der Ausführung eines Auftrags (Einrichten der Produktionsanlagen). Die Ausführungszeit dient der Herstellung des Produkts (Setzen, Drucken, Schneiden, Falzen usw.). Hilfszeit ist die aufgewendete Zeit, die der Herbeiführung und Erhaltung der Betriebsbereitschaft dient und in keinem F e rtig ungssz e i t Hilfszeit Ausfallzeit Die Arbeitszeit wird in drei Zeitarten unterschieden: Ausfallzeit, Hilfszeit, Fertigungszeit. direkten Zusammenhang mit der Herstellung von Aufträgen steht. Die Hilfszeit unterteilt sich in: – Organisatorische Störungen (vermeidbare Hilfszeit) entstehen durch die Betriebsabläufe (Organisation) und müssen vermieden werden (z.B. Warten auf Papier, Warten auf Druckplatten usw.). – Technische Störungen (unvermeidbare Hilfszeit) werden durch Reparaturen, Instandhaltung der Anlagen sowie durch den Einsatz von minderwertigem Material verursacht (z.B. Materialstörungen, Reparaturen usw.). – Arbeitsplatzbedingte Hilfszeit (unvermeidbare Hilfszeit) fällt in unterschiedlicher Höhe an und ist abhängig vom jeweiligen Arbeitsplatz (z.B. Archivarbeiten, Ablegen, An- und Auslaufen der Produktionsanlagen usw.). Papier: Novatech, matt, 135 g/m2. Erhältlich bei glossar Planung Korrekturen / Verbesserungen Ermittlung der Ist-Zahlen Analyse Mit Hilfe des Regelkreises können aufgrund der ermittelten Ist-Zahlen und der nachfolgenden Analyse die notwendigen Korrekturmassnahmen eingeleitet werden. Ausfallzeit sind bezahlte Arbeitsstunden während der betrieblichen Arbeitszeit ohne Fertigungs- und Hilfszeitcharakter. Sie entsteht aufgrund gesetzlicher Vorschriften, tariflicher Vereinbarungen oder innerbetrieblicher Gegebenheiten. Hierzu zählt die bezahlte Abwesenheit (Feiertagsstunden, Urlaubsstunden, Krankheitsstunden usw.), Zeit für Grossreparaturen oder Servicearbeiten (Reparaturen von mehr als acht Stunden; Störungen bis zu sechs Minuten sind Ausführungszeiten, Störungen bis acht Stunden sind technische Störungen) und der Stillstand von Produktionsanlagen (Auftragsmangel). Bei der Qualifizierung der Arbeitszeit, wie sie in den Begriffen Fertigungs- und Hilfszeit zum Ausdruck kommt, geht es nicht darum, ob eine Arbeitsleistung einem Kunden verkauft werden kann oder nicht. Kriterium ist vielmehr die rechnungsmässige Zurechenbarkeit, d. h. die Tatsache, ob die aufgewendete Arbeitszeit und damit die hinter ihr stehenden Kosten einem Auftrag direkt zugerechnet werden können oder nicht. Direkt zurechenbar (Fertigungszeit) sind immer nur Arbeitsleistungen, die in unmittelbar ursächlichem Zusammenhang mit einem Auftrag stehen. Nicht direkt zurechenbar (Hilfszeit) sind demnach Arbeitsleistungen bzw. Zeitaufwendungen, welche die Folge von Fehldispositionen sowie von nicht auftragsbedingten Mängeln und Störungen an den Einrichtungen sind. Ein Beispiel für solche Hilfszeiten aus der grafischen Branche ist die Wartezeit des Druckers auf die noch nicht fertig gestellte Druckform oder das noch nicht verfügbare Papier. Einerseits kann man sich ein Bild über die produzierten Aufträge (Nachkalkulation) verschaffen. Es wird etwa ersichtlich, wie die Aufträge abgeschlossen haben, wo die Abweichungen gegenüber der Vorkalkulation liegen oder was für Schlüsse sich aus diesem Resultat ziehen lassen. Viele Druckereien, die bis heute noch keine taugliche Leistungserfassung betreiben, würden staunen, wenn sie anhand der Nachkalkulation das effektive Auftragsergebnis vor Augen hätten. Es könnte durchaus sein, dass anhand der erbrachten und dokumentierten Leistung wesentliche Verbesserungen in der Produktivität oder den betrieblichen Abläufen realisiert werden. Vor allem lässt sich auf einfache Weise aufzeigen, bei welchen Produkten Gewinn herausschaut (Cashcow) oder welche Produkte Verlust bringen. Die Leistungserfassung ist somit also ein wesentlicher Bestandteil zur Produktesteuerung im Unternehmen. Andererseits ist die Leistungserfassung ein Spiegelbild der produzierenden Anlagen (Kostenstellen). Aufgezeigt werden der erreichte Nutzungsgrad und warum unproduktive Zeiten entstehen. Die Höhe der organisatorischen Störungen bleibt nicht verborgen; sie helfen bei der Entscheidungsfindung, wo anzusetzen ist, um produktiver zu werden. ■ Fertigungszeit Steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung eines Auftrags. Es ist der Zeitaufwand, der für die Produktion eines Auftrags benötigt wird. Kostenstellen Orte bzw. Einheiten, an denen Kosten entstehen; meistens Produktionsanlagen oder Abteilungen. Cashcow Produkte, die den wesentlichen Ertrag für das Unternehmen bringen. Nutzen der Leistungserfassung Schon durch eine rudimentäre Leistungserfassung lassen sich über den Betrieb wesentliche Aussagen herleiten. PRODUKTION&PRINT 9/2001 ■ 11