Bauarten und Funktion der Vorderachse - BFO-net

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Bauarten und Funktion der Vorderachse - BFO-net
Grundwissen/Lernfeld 10 •
Fahrwerkstechn ik
Bauarten und Funktion der Vorderachse
D
ie exakte geometrische Auslegung der Vorder- und Hinterachse ist für die sichere und
stressfreie Fortbewegung im
Kraftfahrzeug wichtig, ganz besonders bei hohen Geschwindigkeiten und unebener Fahrbahn .
Sturz, Spur, Spreizung, Lenkrollhalbmesser und Nachlauf dürfen
sich während des Ein- und Ausfederns nicht oder nur minimal ändern. Wankbewegungen des Aufbaus um die Rollachse müssen
gering sein, da große Änderungen der Radlast ein instabiles
Fahrverhalten verursachen.
Neben der Lenkbarkeit werden
allerdings noch andere Anforderungen an eine Vorderachse gesteilt:
• sie muss, speziell beim Nutzfahrzeug , große Kräfte aufnehmen können ,
• sie soll eine neutrales, vom
Fahrer gut beherrschbares Kurvenverhalten zeigen ,
• sie soll für hohen Fahrkomfort
sorgen ,
• sie soll eine hohe Festigkeit bei
geringer Masse haben.
Während für Nutzfahrzeuge die
starre und sehr robuste Faustach-
se noch immer verwendet wird ,
verfügen Pkw über Federbeinoder Mehrlenkerachsen (Bild 1).
Len kgeometrische
Größen
Bei einer Kurvenfahrt legt das
kurvenäußere Rad einen größeren Weg zurück als das kurveninnere. Werden beide Räder gleich
stark eingeschlagen, beeinflussen sie sich gegenseitig und
zwingen sich , die natürliche Abrollbahn zu verlassen . Beide Räder vollführen neben der Rollbewegung eine Gleitbewegung, die
die Fahrsicherheit (starkes Untersteuern) und den Reifenabrieb
negativ beeinflussen.
Um die Gleitbewegung zu vermeiden, wird das kurveninnere
Rad stärker eingeschlagen als
das kurvenäußere. Die verlängerten Mittellinien beider Achsschenkel treffen sich auf der verlängerten Mittellinie der Hinterachse
und bilden dort einen gemeinsamen Mittelpunkt (Bild 2 ).
Verantwortlich für den unterschiedlichen Radeinschlag ist
das Lenktrapez , gebildet aus der
Vorderachse, den beiden Achs-
Luftfederbein
Führungslenker
Bild 1 Fünflenker-Vorderachse
von Audi.
Spu
schenkeln und der bei Geradeausfahrt parallel zur Vorderachse
liegenden Spurstange .
Weil Achsschenkel und Spurstange nicht senkrecht zueinander stehen , differiert der Radein schlag. Der Fachmann bezeichnet
den Unterschied als Spurdifferenzwinkel. Er ist konstruktiv festgelegt und kann mit Werkstattmitteln nicht verändert werden .
Trotzdem wird er bei einer Achsvermessung überprüft, um Verformungen an Spurstangen und
Querlenkern aufzuspüren.
Aufgaben des Lenktrapezes!
des Spurdifferenzwinkels
• unterschiedlich starkes Einschlagen der Vorderräder,
• verhindert Radieren der Reifen,
• beeinflusst das Untersteuern.
Die Spurweite als Abstand der
Radmitten einer Achse zueinander hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Kurvenverhalten
eines Fahrzeugs. Große Spurweiten ermöglichen hohe Kurvengeschwindigkeiten , eine Tatsache,
die viele Tuner nutzen . Die Grenze für die Spurweite ist dann
überschritten, wenn beim angetriebenen Rad eine Schneekette
keinen Platz mehr im Radhaus
hat. Problematisch, da reifenverschleißfördernd , ist die Spurweitenänderung bei Fahrzeugen mit
Einzelradaufhängung.
Die Vorspur ist die Differenz
der Abstände der Felgenhörner
hinter und vor den Radmittelpunkten einer Achse . Ist er vorne
kleiner als hinten, spricht man
von Vorspur. Bei heckgetriebenen Fahrzeugen beträgt die
Vorspur ungefähr 5 bis 7 Winkelminuten (5' - 7') pro Rad. Die
Spurstangen mit den Spurstangenköpfen werden entlastet, die
Räder fahren geradeaus, ohne
Flattern oder Radieren.
Aufgaben der Vorspur
• verhindert Flattern der Räder,
• entlastet Spurstangen und
Spurstangenköpfe.
Die Spreizung als Neigung des
oberen Federbeins gegenüber
der Senkrechten zur Fahrbahn
nach innen hebt das Fahrzeug
während eines Lenkeinschlags
vorne an . Beim Loslassen des
Lenkrads werden Rückstellkräfte
frei , die Lenkung stellt sich zurück in die Neutrallage (Bild 3 ).
Aufgaben von Spreizung und
Lenkrollhalbmesser:
• Rückstellung der Lenkung
nach Kurvenfahrt,
• Beeinflussung des Lenkrolihalbmessers.
Die Verbindung der oberen und
unteren Lagerpunkte des Achsschenkels und deren virtuelle
Verlängerung auf die Fahrbahn
ergibt in Verbindung mit dem Aufstandspunkt des Rads einen Hebelarm , der als Lenkrolihalbmesser bezeichnet wird (Bild 4 ).
Liegt der Radaufstandspunkt M
in Bezug auf den virtuellen
Durchstoßpunkt zur Fahrzeugmitte, ist der Lenkrollhalbmesser negativ (wie im Bild 4) , umgekehrt
wird Ro positiv.
Ein großer positiver Hebelarm
verringert die Lenkarbeit, beeinflusst Lenkung und Geradeauslauf des Fahrzeugs bei Reibwertschwankungen während
des
Brems- oder Beschleunigungsvorgangs. Ideal ist bei Fahrzeugen
mit Lenkunterstützung ein möglichst kleiner Lenkrollhalbmesser.
Aufgaben des
Lenkrollhalbmessers
• Verringern der Lenkkräfte,
• Stabilisierung des Geradeauslaufs,
• Stabilisierung des Fahrzeugs
bei einseitig wirkender Störkraft.
technik profi
5
Der Neigungswinkel der Rad ebenen zu einer im Radaufstandspunkt errichteten Senkrechten wird als Sturz bezeichnet.
Die meisten Fahrzeuge haben an
den gelenkten Vorderrädern einen positiven Sturz von 10' bis zu
einem Winkelgrad - die Räder
sind also oben leicht nach außen
geneigt. Neuere, sportlich ausgelegte Fahrzeuge haben einen Minussturz von 0,2 bis 0,3 Winkelgraden.
Bei positivem Sturz haben die
Räder das Bestreben, auf einem
Kreisbogen abzurollen . Das Rad
läuft auf dem Achsschenkel auf,
entlastet Radlager und Radmuttern. Minussturz verbessert die
Seitenführung der Räder während der Kurvenfahrt, verstärkt
aber auch den Reifenverschleiß
innen an der Lauffläche und die
Beanspruchung der Radlager.
Der Sturz soll:
• wenn er positiv ist, Radmuttern
und Radlager entlasten ,
• wenn er negativ ist, die Seitenführung bei Kurvenfahrt verbessern .
Das geschobene Rad hat die
Eigenschaft, bei höherer Geschwindigkeit zu flattern. Durch
Schrägstellen der Schwenkachse
oder des Achsschenkelbolzens
(seitlich gesehen: unten nach
vorn , oben nach hinten) entsteht
der Nachlauf (Bild 5 ). Der Aufstandspunkt des Rads läuft der
verlängerten Linie der Schwenkachse nach, das Rad wird gezogen, das Flattern des Rads verhindert und der Geradeauslauf
verbessert. Die Kombination mit
Sturz und Spreizung hebt das
Fahrzeug beim Einschlagen der
Lenkung an . Der Nachlauf unterstützt also das Rückstellen der
Lenkung ebenso wie Sturz und
Spreizung .
Aufgabe des Nachlaufs:
• unterstützt mit Sturz und Spreizung das Rückstellen der Lenkung,
• verhindert Radflattern ,
• verbessert den Geradeauslauf.
Sturz, Spreizung , Lenkrolihalbmesser und Nachlauf sind mittlerweile fest eingestellte Werte und
werden zum Aufspüren eventueller Verformungen optisch vermessen. Lediglich die Spur, (vereinzelt auch der Sturz) kann mit
Werkstattmitteln eingestellt werden.
Das Wanken ist das Rollen des
Aufbaus um eine Gerade. Diese
Gerade ist die Verbindung der
Momentanzentren von Vorderund Hinterachse und wird als
Rollachse bezeichnet. Die Lage
der Momentanzentren wird durch
die Konstruktion von Vorder- und
Hinterachse bestimmt. Ein großer
Abstand zwischen Fahrzeugschwerpunkt und Rollachse führt
zu
starken
Aufbauschwan kungen, da die Fliehkraft im
Schwerpunkt angreift. Abhilfe
schafft der Stabilisator, der für
eine geringere Aufbauneigung
sorgt. Diese Wanksteifigkeit ist
vom Durchmesser des Stabilisators abhängig. Mit zunehmendem
Durchmesser des Stabilisators
an der Vorderachse erhöhen sich
Wanksteifigkeit und untersteuemdes Verhalten des Fahrzeugs
(siehe Artikel im letzten Heft) .
Das Wanken in schnell durchfahrenen Wechselkurven (Wedeln) oder bei abrupten Ausweichmanövern
kann
bei
fehlender Wanksteifigkeit zum
Aufschaukeln des Fahrzeugs mit
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Bild 2 Der Spurdifferenzwinkel V stellt die unterschiedlichen Radeinschlagwinkel (a1'
a) bei langsamer Kurvenfahrt
dar. Gemessen wird bei 20 0
Lenkeinschlag des kurveninneren Rads.
Bild 3 Sturz V und Spreizung
a bilden den Lenkrollradius r.
Bild 4 Spreizungswinkel 6
und Lenkrollhalbmesser Ro
Bild 6 McPherson-Vorderachse
des Audi A1
Bild 5 Nachlaufwinkel e: und
Nachlaufstrecke n
6
technik profi
Bild 8
Vorderachsdämpfer mit
Hubzylindern
des Porsche
911 GT3
Bild 7 Vorderachsbein des Ford
Focus RS 500 mit statischem Federbein
und separater Lenkachse
gleichzeitiger Vorspuränderung
führen. Im Extremfall gerät das
Fahrzeug ins Schleudern und ist
vom Fahrer nicht mehr zu kontrollieren. Der Fachmann spricht von
Wankübersteuern. Bei ungünstigen Bedingungen , z.B. bei besonders griffigem Fahrbahnbelag
und guter Reifenhaftung, kann
das Fahrzeug sogar kippen .
Federbeinachsen
Kontinuierlich verfeinert hat die
McPherson-Federbeinachse
noch immer ihre Daseinsberechtigung. Das Federbein besteht
aus einem Dämpfer, der von einer Schraubenfeder umgeben ist.
Unten wird der Dämpfer durch einen Querlenker geführt, oben ist
das Federbein drehbar im Kotflügel beziehungsweise im Radkasten gelagert.
VW hat beim Polo Jahrgang
2010 gegenüber dem Vorgänger
die Spurweite der McPhersonFederbeinachse um 30 mm verbreitert, gleichzeitig Nachlaufwinkel und damit die Nachlaufstrecke
zugunsten eines stabileren Geradeauslaufs bei verringerter Flatterneigung der Räder vergrößert.
Die trotz leichterer Materialien
höhere Vorderachslast in Verbindung mit dem vergrößerten
Nachlauf verlangt zwingend nach
einer Lenkunterstützung. Serienmäßig wird der Polo deshalb mit
einer elektrohydraulischen Lenkhilfe ausgestattet.
Die Querlenker von Polo und
Audi A3 sind über großvolumige
Gummilager an einem Aggregateträger befestigt. Dieser Träger,
der auch die Zahnstangenlenkung aufnimmt, ist mit Schrauben
an der Bodengruppe des Fahrzeugs befestigt. Antriebs- und
Laufgeräusche werden größtenteils vom Aufbau ferngehalten.
Die Fahrzeuge sind mit einem
Stabilisator zum Verringern der
Aufbauneigung bestückt. Dieser
ist über eine Koppelstange mit
der Feder/Dämpfereinheit verbunden. Der dadurch erzeugte
größere Hebelarm führt zu einem
feineren Ansprechverhalten der
Federwirkung des Stabilisators.
Auch der neue Audi A 1 hat die
McPherson-Achse übernommen
(Bild 6 ). Unten wird das Federbein durch einen einschaligen
Dreieckslenker geführt, mit einem
steifen vorderen Lager für eine
hohe Sturzsteifigkeit und nichtlinearer Kennlinie der hinteren
Lager für weiches Abrollen bei
geringen Geschwindigkeiten.
Die beiden Dreiecksquerlenker
sind an einem Achsträger geräuschisolierend befestigt. Gefertigt wird der Achsträger in Schalenbauweise aus höherfestem
Stahl , seine Masse beträgt nur 10
kg und ist für sämtliche Leistungsvarianten gleich .
Der mit 5,2 Grad große Nachlaufwinkel mit einer Nachlaufstrecke von 33,2 mm sorgt für einen
exzellenten Geradeauslauf des
Fahrzeugs . Die Konstrukteure haben beim McPherson-Federbein
die Stößigkeit und das daraus
resultierende Shimmy-Verhalten
größtenteils beseitigt. Als Shimmy-Effekt bezeichnet man die
Reaktionskräfte in der Lenkung
bei leichter Unwucht der Räder.
Unter Stößigkeit versteht man
den Einfluss der Antriebskraft auf
die Lenkung bei unterschiedlicher Fahrbahnbeschaffenheit.
Sie ist neben der Antriebs- oder
Bremskraft F auch vom Hebelarm
a, dem Störkrafthebelarm abhängig. Er wird von der Mitte der Radaufstandsfläche und der Spreizung gebildet.
Durch Vergrößern der Felgeneinpresstiefe oder Verlegen des
Kugelkopfs vom unteren Querlenker in die Radschüssel können Hebelarm a und Lenkrollradius reduziert werden. Die größere
Einpresstiefe darf den Freigang
zwischen Reifen und Federbein
nicht unzulässig einschränken .
Im Durchmesser vergrößerte Feigen gestatten die Verwendung
leistungsfähiger Bremsscheiben.
In den letzten Jahren statten
Hersteller ihre frontgetriebenen
Fahrzeuge - speziell im sportlichen Segment - mit leistungsund drehmomentstarken Motoren
aus. Die Kraftübertragung erfolgt
durch Breitreifen mit griffigen
Gummimischungen, unterstützt
durch eine elektronische Differen-
zialsperre, die das Durchdrehen
der Räder verhindern soll. Die hohen Antriebsmomente führen bei
unterschiedlichen Haftbeiwerten
der Vorderräder trotz der Differenzialsperre zu ungewollten, störenden Lenkmomenten . Lösbar
ist das Problem nur durch eine
spezielle Vorderachskonstruktion , die den Störkrafthebelarm erheblich reduziert.
Beim Revo-Knuckle-Konzept
von Ford wird der Störkrafthebelarm und damit das störende
Lenkmoment deutlich reduziert.
Während beim konventionellen
McPherson -Federbein die Lenkachse durch das Kugelgelenk
des unteren Querlenkers und das
obere Domlager gebildet wird ,
baut Ford beim Focus RS 500
zwei neue Lager ein, deren Verbindung die Lenkachse bildet.
(Bild 7 ) Das Federbein selbst
wird beim Lenkeinschlag nicht
gedreht.
Der Stabilisator ist am statischen Knuckle befestigt. Beim
Federn bewegt sich der Knuckle
auf einer geraden Bahn , die Stabilisatorenden auf einer Kreisbahn um ihre Lagerpunkte auf
dem Aggregateträger. Eine Anbindung über Koppellenker und
Kugelgelenke ist deshalb nicht
nötig. Das Prinzip ist · mit einer
Mehrlenkerachse vergleichbar,
ohne auf die Vorteile der Federbeinachse zu verzichten.
Mercedes SLK
Die Vorderachse des Mercedes
SLK besteht aus einem Federbein, das durch drei Lenker stabilisiert wird . Der untere Dreieckslenker ist geteilt in eine schräg
nach vorn geriChtete Zugstrebe
und eine in Querrichtung angeordnete Querstrebe, beide aus
einer Aluminium-Schmiedelegierung geformt. Den dritten Lenker
bildet die Spurstange des vor der
Radmitte liegenden Lenkgetriebes. Wie üblich sind alle Bauteile
an einem Integralträger montiert,
der geräuschisoliert mit dem Aufbau verbunden ist.
Vorderachsliftsystem
Die Karosserie des Porsche 911
GT3 ist gegenüber dem 911 Carrera zugunsten eines niedrigen
Schwerpunkts und aus aerodynamischen Gründen um 30 mm
abgesenkt. Problematisch , teilweise unmöglich ist das Befahren
von Rampen , Auffahrten oder
technik profi
7
keit von 50 km/h überschreitet.
Ein von Porsche bezeichneter
"Spielschutz" verhindert das
mehrmalige Anheben und Absenken innerhalb kurzer Zeitabstände, vermeidet dadurch ein Überhitzen des Funktionsmoduls .
Fast selbstverständlich , dass
die Liftfunktion mit der automatischen Leuchtweitenfunktion gekoppelt ist. Eine Blendwirkung im
angehobenen Zustand ist dadurch unterbunden.
Schwenklager
Bild 9 Traglenker der
Fünflenker-Vorderachse
von Audi
untere
Federbeinlagerung
Mehrlenkerachsen
Hydrolager
Bild 10 Führungslenker mit
Hydrolager von Audi
Schwellen bei Hauseinfahrten
oder in verkehrsberuhigten Bereichen. Option al bietet Porsche
das Vorderachsliftsystem für den
997 an, erhöht damit die Alltagstauglichkeit dieses Sportwagens.
Das elektropneumatische
System besteht aus:
• Funktionsmodul,
• Vorderachsdämpfern und
• elektronischer Steuereinheit.
Zum Funktionsmodul gehört der
Kompressor mit Druckspeicher
und Ventilblock (Bild 8 ). Die Vorderachsdämpfer sind mit Hubzylindern versehen , in die Druckluft
einströmt. Das Liftsystem wird
durch die elektronische Einheit
gesteuert und überwacht.
Das Anheben des Fahrzeugs
erfolgt durch Betätigen eines Tas8
technik profi
ters durch den Fahrer. Liegt die
Fahrgeschwindigkeit
unterhalb
50 km/h, öffnet das Hebeventil,
und Druckluft strömt in die Kammern der Vorderachsdämpfer. Ist
der maximale Hebedruck von 15
bar erreicht, schließt das Hebeventil und der Fahrer erhält eine
Mitteilung im Display.
Die Dämpfer sind um 20 mm
ausgefahren , das
entspricht
einem Anheben der Karosserie
von 30 mm . Ein Absenken muss
ebenfalls durch Betätigen des
Tasters eingeleitet werden und
ist nur bei geschlossenen Türen
möglich. Damit ist sichergestellt,
dass die Türen beim Parken an
Überhöhungen durch ein Absenken nicht beschädigt werden . Automatisch abgesenkt wird, wenn
das Fahrzeug eine Geschwindig-
Die im Audi A4 und A8 eingesetzte Fünflenkervorderachse (Bild
1) sorgt für hohen Federungsund Abrollkomfort. Jedes Rad
wird von vier Aluminium-Querlenkern geführt. Der fünfte Lenker ist
die Spurstange, die ebenfalls
Radführungsaufgaben
übernimmt.
Die beiden oberen Lenker sind
im Lagerbock mit Gummi-MetallLagern befestigt. Der mit der Karosserie verschraubte Lagerbock
besteht aus Aluminium-Poralguss
und nimmt zusätzlich die Federund Dämpfereinheit auf. Die unteren Führungs- und Traglenker
sind am Aggregateträger, einem
Hilfsrahmen, als Schweißteil in
Schalenbauweise aus hochfestem Stahl, gelagert. Zum Erreichen einer präzisen Vorderachskinematik
werden
die
Anbindungspunkte der Lenker
erst nachträglich gelocht, der unvermeidliche
Verzug
durchs
Schweißen dadurch ausgeglichen. Zur Erhöhung der Steifigkeit ist der Hilfsrahmen starr mit
der Karosserie verschraubt.
Der vordere der beiden unteren
Lenker - der Traglenker (Bild 9 )
- nimmt die Feder-Dämpfer-Kombination auf und ist über ein Kugelgelenk mit dem Schwenklager
verbunden. Der hintere Lenker
(Führungslenker) ist zum Abbau
von Längsschwingungen durch
ein voluminöses Hydrolager mit
dem
Hilfsrahmen verbunden
(Bild 10). Das Hydrolager verhindert Brummen und unterbindet sogar Klapper- und PoItergeräusche. Der Führungslenker
leitet die beim Bremsen und Beschleunigen auftretenden Kräfte
in den Hilfsrahmen ein.
Die oberen, als AluminiumSchmiedeteil gefertigten Achslenker sind innen am Lagerbock
und außen durch vier reibungsarme
Kugelköpfe
mit dem
Schwenklager verbunden. In das
Schwenklager (ebenfalls ein Aluminium-Schmiedeteil) ist das
Radlager, zur Aufnahme der Rad nabe, eingeschraubt.
Die Verlängerung der oberen
und unteren Lenkerebenen führt
zu einem gemeinsamen oberen
und unteren Schnittpunkt. Die
Verbindung beider Schnittpunkte
entspricht einer virtuellen Lenkachse, um die sich das Rad während des Lenkeinschlags bewegt.
Sie wird als Spreizachse bezeichnet. Der Abstand a zwischen
virtueller Achse und Radmittelpunkt ist der bekannte Störkrafthebelarm, der für die Stößigkeit
- den Einfluss der Antriebs- und
Bremskraft auf die Lenkung - verantwortlich ist.
Fahrwerkmodifikationen
Für manche, vor allem jugendliche Fahrer, lautet die Formel für
eine optimale Fahrwerkseinstellung: tiefer, breiter, härter. Breitreifen sehen einfach besser aus als
die schmalen Serienpneus mit
175 oder 185 Millimetern - obwohl diese auf den Spritsparmodellen werksseitig montiert werden und ihre Vorteile haben.
Tiefer, breiter, härter führt aber
auch nicht selten zu einer deformierten oder sogar abgerissenen
Ölwanne, defektem Radlager,
aufsetzendem Auspuff oder an
Fahrwerks- oder Karosserieteilen
schleifenden Reifen .
Was empfohlen wird, steht in
einem Merkblatt des TÜV oder
verwandter Prüforganisationen.
Auf einer Breite von 80 Zentime-
Prüfungsaufgaben
1 Welche Aufgabe hat das
Lenktrapez?
2 Warum benötigt das Fahrzeug
eine Vorspur?
3 Erläutern Sie die Aufgabe der
Spreizung!
4 Welche Aufgabe hat der Lenkroll halbmesser?
5 Durch welche geometrischen
Einstellungen an der Vorderachse wird das Flattern der
Räder unterbunden und der
Geradeauslauf verbessert?
6 Was versteht der Fachmann
unter dem Begriff "Shimmy"
und wie können die Auswirkungen reduziert werden?
Grundwissen/Lernfeld 2 •
Fahrwerktechnik
Hinterachsen
Bild 1 Die
Raumlenker-Hinterachse
der Mercedes E-Klasse.
ie einfachste Antriebsachse
ist die Starrachse. Beim
gleichseitigen Einfedern bleiben
Sturz und Spur konstant, der
Radstand ändert sich je nach Befestigung nur geringfügig. Nachteilig sind die gegenseitige Beeinflussung
der Räder bei
einseitigem Überfahren eines
Hindernisses und die große ungefederte Masse.
Bei unebener Fahrbahn neigt
die schwere Achse zum Trampeln. Der deshalb schlechte Fahrkomfort ist für Pkw heute nicht
mehr akzeptabel. Die angetriebene Starrachse wird daher nur
noch bei Gelände- und Nutzfahrzeugen montiert.
Eigenschaften der angetriebenen Starrachse:
• Große ungefederte Masse beeinträchtigt Fahrkomfort,
• keine Sturz- und Spuränderung beim gleichseitigen Einfedern ,
• Außenplanetenachse mit zweifacher Momentenverstärkung,
• Portalachse mit seitlich versetztem Tellerradantrieb
• Verbundlenkerachse
Bei Pkw werden heute zumeist
aufwendige Mehrlenkerlachsen
verwendet (Bild 1). Frontgetriebene Pkw bis zur unteren Mittelklasse werden größtenteils mit
einer Achse in Koppellenker- bzw.
D
Bild 2 Verbundlenkerachse
im VW Polo/Fox.
Verbundlenkerbauweise versehen (Bild 2). Vater der Verbundlenkerachse ist die Koppellenkerachse des Audi 100 und des alten
VW Polo. Sie wird auch heute
noch im Fox und Polo verwendet,
während der aktuelle Golf VI eine
Fünflenkerachse hat.
Bei der K- und V-Achse werden
beide Längslenker in Gummibuchsen gelagert und mit der Karosserie verschraubt, sowie mit
einem verdrehweichen V-Profil
etwa in der Mitte beider Längslenker verschweißt. Die Verdrehung des V-Profils ermöglicht das
Aus- und Einfedern ohne spürbare Beeinflussung des gegenüberliegenden Rads.
Bei der Verbundlenkerachse ist
das verdrehweiche V-Profil im
Gegensatz zur Koppellenkerachse ans Ende der rohrförmigen
Längslenker (Lagerstelle der Karosserie) verschoben . Der län-
gere Hebelarm gestattet feinfühliges Ansprechen der Federung
und verbessert den kontinuierlichen Fahrbahnkontakt der Hinterräder.
Bei einseitigem Einfedern wird
das Profil in sich verdreht und unterstützt die Wirkung des Querstabilisators. Das Rad schwingt
senkrecht zur Drehachse des
Längslenkers, es tritt - zumindest
durch das Ein- und Ausfedern keine Sturzänderung auf.
Verantwortlich für eine Sturzänderung ist die Wankbewegung
des Aufbaus. Stark ausgeprägte
Wankbewegungen beeinflussen
das Fahrverhalten negativ. Die
Seitenführungskräfte der Räder
beispielsweise beim Ausweichen
sind geringer, das Fahrzeug neigt
zum Ausbrechen (Schleudern)
über die Hinterachse. Abhilfe
schafft eine straffe Führung des
Aufbaus durch serienmäßig eingebaute Stabilisatoren.
ZF als Lieferant für Hinterach sen geht neue Wege bei der Kon-
zeption von Pkw-Hinterachsen.
Um die Zielvorgabe höhere Wirtschaftlichkeit ohne Abstriche bei
der
Fahrdynamik zu erfüllen,
wurde die Anzahl der Bauteile einer nicht angetriebenen Achse
reduziert. Eine Querblattfeder
aus glasfaserverstärktem Kunststoff übernimmt Federungs-, Stabilisierungs- und Radführungsfunktionen .
Damit
entfallen
Pendelstützen , Querlenker und
konventionelle Schraubenfedern
(Bild 3 ). Eine sehr einfache und
doch funktionelle Achse .
Den Autor dieses Artikels erinnert die Konstruktion an die legendäre Schwebeachse des
DKW 1000 (F94) der Auto Union,
aus der letztendlich die Marke
Audi wieder geschaffen wurde.
Bei diesem Fahrzeug war die
quer eingebaute Feder mittig mit
der Karosserie verbunden . Ein
Ende der Blattfeder war drehbar
mit der Achse verbunden , das andere Ende in einem Gleitschuh
auf der Starrachse. Die Achsfühtechnik profi
5
rung übernahm ein langer, ebenfalls quer liegender Panhardstab.
Dadurch hatte die Achse beim
Aus- und Einfedern einen geringen Seitenversatz.
Ein Beispiel für eine moderne
und gleichzeitig leichte angetriebene Starrachse ist die des VW
Crafter (Bild 4 ). Die aus zwei
Stahl rohren mit dazwischen liegendem Ausgleichgetriebe aus
Grauguss bestehende Achse
wird durch zwei Längsblattfedern
geführt.
Die Gestaltung des vorderen
Federauges und die Federneigung reduzieren das Wanklenken
bei untersteuerndem Fahrverhalten. Damit wird das speziell für
Kleintransporter gefährliche Gierverhalten bei Kurvenfahrten und
einem Wechsel der Fahrspur unterdrückt. Weit außen befestigte
Stoßdämpfer und ein optional
eingebauter Stabilisator verhindern übermäßige Aufbauneigung.
Stoßdämpfer
Querstreben
Bild 3 ZF Hinterachse mit Querblattfeder aus
glasfaserverstärktem Kunststoff.
Bild 4 VW Crafter Hinterachse.
Bild 5 Mehrlenkerhinterachse des Audi TT.
Einzelradaufhängung
Die Schräglenkerachse ist die
mittlerweile schon klassische
Ausführung einer Pkw-Hinterachse. An einem Achsträger, der
durch Gummimetalllager am
Fahrzeugboden geräuschisoliert
befestigt ist, sind die beiden
Schräglenker - ebenfalls mit
Gummimetalllagern
angeschraubt. Beim Aus- und Einfedern der Räder ändern sich Sturz
und Spur geringfügig.
Unangenehm ist das Eintauchen des Fahrzeughecks infolge
der Achslastverlagerung beim
Anfahren aus dem Stand. Durch
SchrägstelIen der Lenker (geringe Pfeilung) entsteht eine Anfahrmomentenabstützung,
die
dafür sorgt, dass die Räder senkrecht aus- und einfedern. So wird
das Eintauchen verhindert.
Eine Weiterentwicklung der
Schräglenkerachse ist die Mehrlenkerachse. Um das Fahrverhalten zu perfektionieren sowie
Sturz- und Spuränderungen fast
vollständig auszuschließen, werden nicht nur die Vorderachse,
sondern auch die Hinterachse inzwischen als Mehrlenkerachse
ausgeführt.
Furore machte bei der Einführung der Mercedes-Benz C-Klasse die neuartige Mehrlenkerachse. Mittlerweile ist sie in fast allen
heckgetriebenen
Personenwagen, wenn auch leicht abgewandelt, zu finden .
6
technik profi
Geräuschisoliert aufgehängt
an einem Hilfsrahmen besteht die
Mehrlenkerachse für den Audi TT
und A3 (Bild 5 ) aus:
• Längslenker,
• Querlenker,
• Spurlenker,
• Federlenker mit
Schraubenfeder,
• Stabilisator.
Der Hilfsrahmen ist ein Stahlteil mit angeschweißten Aufhängungen. Um unkontrollierte Bewegungen
während
starker
Quer- und Längsbelastungen zu
vermeiden, wird der Rahmen direkt mit der Karosserie verschraubt.
Der Längslenker ist karosserieseitig über einen Lagerbock
mit der Unterseite der Karosserie
verschraubt. Das großvolumige,
positioniert eingebaute GummimetalIlager
im
Längslenker,
dämpft Abrollgeräusche und ermöglicht eine genau festgelegte
Elastizität des Lenkers. Die Gummimetalllager und Lenker sind in
Hochrichtung formsteif, in Querrichtung nachgiebig ausgelegt.
Der geschmiedete Radträger
samt Radlager ist mit dem Längslenker verschraubt. Radlager und
Radnabe bilden eine Einheit.
Zum Einstellen der Lagervorspannung wird die Radlagerein heit auf dem Achszapfen des
Radträgers mit einer Dehnschraube befestigt. Der Ring für
die Sensierung der Raddrehzahl
(wichtig für ABS/ESP) ist Bestandteil des Radlagers.
Die Seitenkräfte nimmt der
Querlenker als obere Verbindung
zum Radträger auf und leitet sie
in den Hilfsrahmen. Der Sturz
wird mit der Verschraubung am
Hilfsrahmen eingestellt. Die Steilung des Spurlenkers bestimmt
die Vorspurkurve, gleichzeitig
auch das definierte Eigenlenkverhalten der gesamten Radeinheit.
Im Federlenker, ein stählernes
Tiefziehteil, ist die Schraubenfeder gelagert. Fahrzeuge mit Xenonscheinwerfern haben am lin-
ken Federlenker das Gestänge
des Höhensensors für die automatische Leuchtweitenregelung.
Über die Verschraubung des Federlenkers mit dem Hilfsrahmen
wird die Spur eingestellt.
Die Stahlfeder hat eine lineare
Federrate. Wegen ihrer eingezogenen Enden kann eine ebenflächige Gummiauflage montiert
werden. So entfallen die Querkräfte bei hochstehenden Federenden.
Audi verwendet in beiden Fahrzeugtypen einen Rohrstabilisator.
Karosserieseitig am Hilfsrahmen
gelagert, sind die Enden des Stabis über eine kurze Koppelstange
mit dem Radträger verbunden .
Für Fahrzeuge mit speziellem
Schlechtwegefahrwerk hat der
Rohrstabilisator eine geringere
Federrate, ist also weicher. Da-
Achskörper
Bild 6 Sphärische Parabelachse der Mercedes-Benz A-Klasse
Bild 7 Trapezlenkerachse des Audi A5 mit räumlicher Anord-
mit Wattgestänge.
nung der Lenker.
durch sind stärkere Schränkungen zwischen Achse und Aufbau möglich.
Sphärische Parabelachse
Die Hinterachse der aktuellen
Mercedes A-Klasse verbindet
Traditionelles
(Wattgestänge,
Deichselachse) mit Neuem (parabelförmiger Achskörper) . Die
beiden nicht angetriebenen Räder werden von einem gekrümmten , U-förmigen Achskörper geführt. Dieser ist über ein
großvolumiges, mittig sitzendes
Gummimetalllager mit dem Aufbau verbunden (Bild 6 ).
Der parabelförmige Achsträger
besteht aus einer zweischaligen
Schweißkonstruktion . Die Seitenkräfte werden vom mittig sitzenden Lager und einem am offenen
Teil des U befindlichen Wattgestänge aufgenommen. Die Wattkoppel , ein Schmiedeteil mit Hülsengelenken und einem zentralen
Gleitlager, ist karosseriemittig
verschraubt.
Die geometrische Verbindung
der Radmitten mit dem Aufnahmepunkt des AChsträgers in der
Wagen mitte - dem Zentrallager
- wird in Fachkreisen als Deichsel bezeichnet. Beispielsweise
befestigte MAN nach diesem
Schema die hintere Starrachse
seiner Nutzfahrzeuge. Die Vorzüge liegen auf der Hand: Kosten günstige Herstellung und gute
Isolierung gegenüber Rollgeräuschen durch die Zweipunktbe festigung mit dem Aufbau .
Eine noch kostengünstigere AIternativlösung wäre die Aufnahme der Seitenkräfte durch einen
Panhardstab, der sich ebenfalls
am Fahrzeugaufbau und der
Achse abstützt. Nachteilig, und
deshalb
wahrscheinlich
von
Mercedes verworfen , ist der
leichte Aufbauversatz gegenüber
der Achse beim Aus- und Einfedern .
Hohes Momentanzentrum der
Hinterachse und kleiner Hebelarm zum Fahrzeugschwerpunkt
sorgen für ein geringes Wankmoment. So kann problemlos die
Grundfederung
komfortbetont
weich gestaltet werden , ohne
dass schnelle Slalomfahrten ein
Kippen des Fahrzeugs provozieren. Der Eichtest lässt grüßen .
Eine günstige Anlenkung des
Wattgestänges verhindert den
Bergstützeffekt, das Anheben
des Hecks in schnell gefahrenen
Kurven .
Bezüglich der Sturz- und Spuränderungen ist das Verhalten der
Parabelachse mit der einer konventionellen
Starrachse
vergleichbar. Bleibt nur zu hoffen,
dass übermäßiger Verschleiß
oder Schwergängigkeit im Bereich der Wattkoppel, der Lagerung des Wattgestänges, durch
Korrosion oder Schmutz aufgrund einer effizienten Abdeckung unterbleiben.
Angetriebene Mehrlenkerachsen für Pkw werden entsprechend den auftretenden Kräften
stabiler gestaltet. Beim Audi
Quattro besteht der Hilfsrahmen
aus einer geschweißten Aluminiumkonstruktion . Im Gegensatz
zur nicht angetriebenen Achse ist
der Hilfsträger über großvolumige
Gummimetalllager mit dem Auf-
bau verschraubt. So werden Antriebsgeräusche des Differenzials
nicht ins Fahrzeuginnere übertragen.
Zugunsten höherer Steifigkeit
ist der Hilfsrahmen im unteren
Bereich mit einem verschraubten
Querträger versehen . Geometrisch dem Hinterachsantrieb angepasst wurden Radträger und
Stabilisator. Gleich geblieben
sind die anderen Bauteile. Durch
den Einsatz von Leichtmetall
konnte das Gewicht des Hilfsrah-
mens um 7 kg gesenkt werden .
Die Hinterachse des Audi A5 ist
eine Neuentwicklung. Um ein hohes Kofferraumvolumen bei großer Durchladebreite zu schaffen ,
wurde eine Trapezlenkerachse
konstruiert (Bild 7 ).
Die kinematische Auslegung
der Achse mit einer räumlichen
Anordnung der Lenker erlaubt
die kontrollierte Vorspuränderung
beim Einfedern und beim Auftreten von Seiten- und Längskräften.
Dadurch ist das Fahrzeug sogar
I. Ar!;~~9.~;~~~~.~. r.~~r.~~. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . .
Das bekannte Fahrwerkhandbuch von Vieweg und Teubner gibt es nun in
bewährter Qualität in einer neuen AUflage. Auf über 700 klein gedruckten
Seiten hält es Informationen in Hülle und Fülle parat. Das Buch richtet sich
vornehmlich an Leser mit Fachwissen . Zwar kommen auch die Grundlagen
nicht zu kurz, aber die Zielgruppe bewegt sich
eher zwischen Fahrwerksfachleuten in der
Werkstatt, Kfz-Studenten und Fahrzeugingenieuren.
Was kann der Leser erwarten? Mit Blick auf
die Fahrdynamik werden die konventionellen Elemente und deren Zusammenwirken mit mechatronischen Systemen dargestellt. Dabei werden zunächst Grundlagen
und Auslegung , danach in praxisnaher
Darstellung die Fahrdynamik beschrieben . Es folgen ausführliche Beschreibungen und Erläuterungen der modernen
Fahrwerks-Komponenten .
Ein
eigener Abschnitt widmet sich den Achsen und Prozessen für die Achsenentwicklung . Als Herausgeber fungieren Entwickler, Professoren
und Ingenieure, die allesamt seit vielen Jahrzehnten in der Fahrwerkstechnik zuhause sind. Daher sind die Erwartungen an dieses Fachbuch hoch .
Und sie werden garantiert nicht enttäuscht.
Fahrwerkhandbuch . Vieweg+ Teubner Verlag , 3. Auflage 2011.
Mit 1250 Bildern. 59,95 Euro , ISBN 978-3-8348-0821-9
JoD
technik profi
7
im Grenzbereich auch für ungeübte Fahrer leichter beherrschbar.
Der Hilfsrahmen ist wiederum
eine Stahl-Schweißkonstruktion.
Trapezlenker und Radträger sind
Gussteile aus Aluminium. Neu ist,
dass sich die Schraubenfeder
nicht auf dem Trapezlenker, sondern auf dem Radträger abstützt.
Das schafft Platz für mehr Durchladebreite.
Trapezlenker und Radträger
werden durch Kugel- und Gum mimetalllager mit integrierten
Elastomer-Schubelementen verbunden . Das ermöglicht geringe
Relativbewegungen
zwischen
Trapezlenker und Radträger mit
Änderung der Achsgeometrie.
Im oberen Bereich wird der
Radträger von einem Querlenker
und einer Spurstange geführt.
Der Radsturz wird am Querlenker
eingestellt, die der Vorspur an der
Spurstange. Mittlerweile nahezu
selbstverständlich ist, dass die
Achse mit einem Querstabilisator
ausgestattet ist. Kurze Koppel stangen aus Kunststoff dienen
als Verbindungselement zum Trapezlenker.
Besonderheit: Beim Audi R8
entspricht die Hinterachse der
Vorderachskonstruktion mit Doppelquerlenkern. Um die ungefederten Massen möglichst gering
zu halten, werden die Querlenker
aus Aluminium gefertigt und die
Schwenklager im Coba-PressVerfahren hergestellt. Auch diese
Achse ist raumsparend direkt mit
der Karosserie verschraubt.
Beim
Coba-Press-Verfahren
handelt es sich um die Kombination aus Gießen und Schmieden. Das Bauteil aus einer Aluminiumlegierung wird zuerst im
Schwerkraftgießverfahren in einer Kokille gegossen und danach
bei hohen Temperaturen homogenisiert. Anschließend wird der
Rohling im Gesenk nachgepresst. Die Oberfläche wird also
verdichtet und damit die Festigkeit des Bauteils gesteigert. Die
mechanischen Festigkeitswerte
sind mit geschmiedeten Komponenten vergleichbar - unter Verzicht auf mehr oder weniger umfangreiche
Nacharbeit
des
Produkts.
BMW baut in den 1er und den
3er eine Fünflenker-Hinterachse
ein . Die Achse ist vergleichbar mit
einer Doppel-Querlenker-Ausführung mit zu sätzlicher hinten lie8
technik profi
Bild 8 Die Allradlenkung
4-Control des Renault
Laguna GT.
/'
Q) Steuergerät ABS/ESP
Q) Lenkwinkelsensor
G) Steuergerät Allradlenkung
@) CAN-Bus
® elektrischer Aktuator
Eigenschaften der
Mehrlenkerachse
Bild 9 Elastomer-Lager mit
geschlitztem Rücken.
gender Spurstange. Ersetzt man
den oberen und unteren Querlenker durch je zwei in der Höhe versetzte Einzelstreben , so kann
jede Strebe definierte Kräfte aufnehmen, ohne beim Aus- und
Einfedern die Kinematik nachteilig zu verändern : Beispielsweise
führen beim Durchfahren einer
Kurve die Räder eine genau bestimmte Vorspuränderung aus,
die das Fahrverhalten stabilisiert.
Die geringe Änderung des
Sturzes von -1,5 Grad ist elastokinematisch begründet. Wie bei
modernen Hinterachsen üblich,
sind Federn und Stoßdämpfer
getrennt befestigt. Nur so konnte
eine große Dämpferübersetzung
- wichtig für ein präzises und
feinfühliges
Ansprechen
der
Dämpfer - verwirklicht werden .
• Lenker zur Aufnahme der
Brems- und Beschleunigungskräfte,
• gezielte Vorspuränderung stabilisiert das Fahrverhalten,
• kein ungewolltes Eigenlenkverhalten,
• Hilfsrahmen absorbiert Rollgeräusche,
• Allradlenkung
Ein konstruktionsseitig vorgegebenes Mitlenken der Hinterachse bei Kurven- oder Slalomfahrt soll das Fahrzeug für den
Fahrer auch in kritischen Situationen beherrschbarer machen
und die Agilität steigern .
Versuche, die Räder der Hinterachse mechanisch - je nach
Einschlagwinkel der Vorderräder
gleich- oder gegensinnig einzuschlagen - haben sich nicht
durchgesetzt. In den 90er Jahren
entwickelten BMW (850i mit ak-
Impressum _ _ _ __
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23611 Bad Schwarlau, Telefon: 0451/49999-0,
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Motor Presse Stullgarl GmbH & Co. KG ,
70162 Stultgarl
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tiver Hinterachskinematik AHK) ,
Honda (Prelude) , Mazda (626
4WS) , Mitsubishi (Galant GTi)
und Nissan (300 ZX) Vierradlenkungen und rüsteten vor allem
sportliche Fahrzeuge damit aus.
Die fahrdynamischen Vorteile
aktiver
Hinterradlenkungen
hielten sich seinerzeit im Verhältnis zum technischen Aufwand in
Grenzen . Die Herstellung wurde
nach und nach eingestellt.
Dagegen setzten sich die bei
Auftreten von Seitenkräften mitlenkende Hinterachse mit Hilfe
speziell ausgelegter Achslager
durch und ist mittlerweile Stand
der Technik _ Erster Vertreter dieser Gattung war wohl der Porsche 928 _
Renault hat vor einigen Jahren einen neuen Versuch gestartet und rüstet den Laguna GT mit
einer lenkbaren Hinterachse aus
(Bild 8 )_ Das 4-Control-System
besteht aus:
• Steuergerät,
• elektromotorischem Stellglied
(Aktuator, 5 in Bild 8 ),
• Hinterachsspurstange.
Unter einer Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h schlagen die
Hinterräder mit maximal 3,5 Grad
in entgegengesetzter Richtung
zur Vorderachse ein _ Dadurch
verringert sich der Wendekreis
von ursprünglich 11 ,05 auf 10,3
Meter, günstig beim Manövrieren
in der Stadt.
Oberhalb von 60 km/h schlagen Vorder- und Hinterräder
gleichsinnig ein . Dadurch bauen
sich mit einem Einschlagwinkel
von zwei Grad schon vor der eigentlichen Kurvenfahrt Seitenkräfte auch an den Hinterrädern
auf, die Übersteuerneigung wird
vermindert, eine höhere Kurven geschwindigkeit bei stabilem
Fahrverhalten ist möglich.
Die Lenkradeinschläge werden
vom Lenkwinkelsensor (2 in Bild
8 ) nicht nur dem ESP, sondern
auch dem Active-Drive-Steuergerät (3) gemeldet. Erkennt das
Steuergerät
aufgrund
einer
schnellen Lenkraddrehung ein
plötzlich auftretendes Ausweichmanöver, können die Hinterräder
um maximal 3,5 Grad eingeschlagen werden.
Das ESP-Steuergerät ist mit
dem 4-Control-Steuergerät so
vernetzt, dass Bremseingriffe bei
Kurven- oder Slalomfahrten verzögert erfolgen , damit die Vorzüge des Systems - sportliches
Fahren ohne Beeinträchtigung
der Sicherheit - möglich sind.
Elastomer-Lager
Die Kraftübertragung zwischen
Achslenker
und
Achsträger,
Achsschenkel erfolgt über Elastomer-Lager (Bild 9 ). Die Anforderungen an diese Gummi-Metallverbindungen sind in den letzten
Jahren deutlich gestiegen . Durch
die weit nach außen verlegte Aufhängung des Rads bei knapp bemessenem Einbauraum wird das
1.~~~}1r~ft;h.~.~;t~a~k~~~~. . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Streubomben sind international von über 100 Ländern geächtet. Trotzdem
gibt es weltweit Firmen , die am Geschäft mit dem Massenmord glänzend
verdienen . Auch deutsche Finanzinstitute sind mit im Boot. So sind etwa
die Deutsche Bank, Commerzbank, Unicredit und die Allianz durch Geschäftsbeziehungen - Aktien , Anleihen oder Kredite - mit Streu bombenherstellern verbandelt, obwohl Deutschland die Oslo-Konvention zum Verbot der Streu bomben unterzeichnet hat.
Allein im September 2011 sollen die genannten Firmen Geschäfte im Gegenwert von 1,17 Milliarden Euro mit den Bombenherstellern unterhalten
haben , schreibt der Kölner Stadt-Anzeiger. Streubomben werden von Flugzeugen abgeworfen und zerstören mit ihrem wahllosen Bombenteppich
große Gebiete. Der Anteil ziviler Opfer ist mit etwa 98 Prozent bei diesen
Bomben besonders hoch. Ebenso der Anteil der Blindgänger, die noch Jahrzehnte nach Kriegsende die Bevölkerung bedrohen .
JoD
Lager durch Quer-, Längs- und
Torsionskräfte mechanisch stark
beansprucht. Gleichzeitig werden
bei hohen radialen Steifigkeiten
nur geringe torsionale Rückstelimomente geduldet, um neben
der Fahrzeugfeder nicht noch
eine zusätzliche Federrate durch
das Lager mit nachteiligem Einfluss auf Fahrkomfort und Fahrdynamik zu generieren .
Ein Hersteller von ElastomerLagern ist ZF. Das Lager besteht
aus einer Metallbuchse mit einvulkanisiertem Naturkautschuk.
Nachteilig ist, dass beim Abkühlen des Naturkautschuks von
165°C VUlkanisiertemperatur auf
Raumtemperatur der Kautschuk
wesentlich stärker schrumpft als
die Buchse aus Stahl oder Aluminium. Die Folge: Zugspannungen,
die die Lebensdauer dieser Gummi-Metallverbindung verringern .
Eine Lösung ist, den Rücken
der Buchse ein- oder mehrmals
zu schlitzen. Der geschlitzte
Blechrücken kann der abkühlenden Kautschukmasse folgen ,
ohne dabei Spannungen aufzubauen. Erst beim Einbau des Lagers in den Querlenker wird der
Metallrücken bis auf einen geringen Spalt zusammengedrückt,
die Buchse definiert vorgespannt.
Toleranzen der Lageraufnahme
im Querlenker haben keine nennenswerten Auswirkungen auf
die guten Eigenschaften der
Gummi-Metallverbindung. Zur direkten Übertragung hoher radialer Lenkerkräfte werden zusätzliche Blechlagen einvulkanisiert
mit dem Ergebnis einer radialen
Härte bei komfortbetonter Verdrehweichheit.
Außenplanetenachse
die Achsen höher werdende Eingangsdrehmomente aufnehmen.
Beim Lkw und Bus wird zumeist
eine Außenplanetenachse mit
zweifacher Übersetzung verwendet: Im Mitteltrieb mit Kegel- und
Tellerrad, im Außentrieb mit dem
Planetensatz (Bild 10). Damit
besteht die Möglichkeit, große
Übersetzungen auf kleinstem
Raum unterzubringen. Das im
Durchmesser kleine Tellerrad erlaubt ein kleines Übersetzungsverhältnis im Mitteltrieb.
Die geringe Vergrößerung des
Motordrehmoments verlangt im
Durchmesser nur mäßig dimensionierte Seitenwellen zum Antrieb
des Sonnenrads im Planetentrieb
und senkt die nur schwer beherrschbare
Geräuschentwicklung im Kegelradtrieb.
Eine Drehmomenterhöhung erfolgt im Planetengetriebe. Die Anordnung der Planetenräder um
das mittige Sonnenrad erzeugt
eine gleichförmige, über den gesamten Umfang verteilte Momentenabgabe vom Planetenträger
an die Bremstrommel oder die
Bremsscheibe. Die Planetenräder wälzen sich am innenverzahnten mit der Achsbrücke fest
verbundenen Hohlrad ab.
Das kleine Tellerrad ermöglicht
eine akzeptable Bodenfreiheit
des gesamten Bauteils. ZF hat
den Kegel-Tellerradantrieb bei
der Portalachse so weit seitlich
versetzt , dass bei Stadtbussen
zur Verbesserung des Einstiegs
ein breiter abgesenkter Mittelgang geschaffen wurde.
Friedhelm Hoffmann
Entsprechend der ständig steigenden Motorleistungen müssen
Prüfungsaufgaben
1 Welche Vorteile hat die Starrachse gegenüber einer Mehrlenkerachse?
2 Erläutern Sie die Vorteile der
Außenplanetenachse .
3 Wie kann das Eintauchen des
Fahrzeughecks bei der Einzelradaufhängung unterbunden
werden?
4 Nennen Sie eine Aufgabe des
Bild 10 Außenplanetenachse für Niederflurbusse mit kleinem Mitteltrieb.
Wattgestänges bei der sphärischen Parabelachse der
Mercedes A-Klasse.
5 Erläutern Sie die Vorteile der
Allradlenkung gegenüber einer Vorderradlenkung .
technik profi
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