planespotter - ein einblick
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planespotter - ein einblick
k c i l b n i e n i e r e t planespot 1 Inhalt Planespotting? 5 Welche Flugzeuge dürfens denn sein? 7 Was ist ein gutes Foto? 9 Was braucht man dazu? 13 Was sind Planespotter so für Leute? 13 Wie kommt man denn auf Planespotting? 15 Was ist der Reiz daran? 18 Wie lebt man dieses Hobby? 19 Mein Besuch am Flughafen 29 Quiz 35 4 ? g n i t t o p s e n a l P Sie stehen in der Nähe von Flughäfen, auf Besucherterrassen, bei Start- und Landebahnen oder an Flugshows und sind ausgestattet mit Kameras und riesigen Teleobjektiven: Planespotter. Immer auf der Suche nach perfekten Bildern und seltenen Flugzeugen, verbringen sie ganze Tage an diesen Orten. sogar ihre eigene Truppengattung von 1925 bis 1995, die Royal Observer Corps. Aus der Not wurde eine Tugend und so entstand daraus ein Hobby, das heute viele Leute rund um die Welt in seinen Bann zieht. In dieser Arbeit werfe ich einen genaueren Blick auf die Leute mit diesem eher unkonventionellen Hobby. Kindheitserinnerungen Wie bin ich denn nun ausgerechnet auf dieses Thema gekommen? Nun, meine Eltern sind schuld. Als ich noch Klein-Sabrinchen war, kamen sie eines Sonntags auf die Idee, diesen mal auf der Besucherterrasse des Flughafens Kloten zu verbringen. Da wars passiert: Sabrinchen war schwer fasziniert von den riesigen fliegenden Büchsen. Sogleich wurde alles gesammelt, was irgendwie mit Flugzeugen zu tun hatte. Auch heute noch interessiere ich mich für die Technik hinter diesen Maschinen. Ausserdem halte ich Flugzeuge rein optisch für äusserst elegante Erscheinungen, denen ich gerne beim Manövrieren zusehe. Aus der Not wird eine Tugend Der Ursprung dieses Hobbys liegt laut meinen Befragungen vermutlich im Zweiten Weltkrieg. Damals erkundeten Zivilisten mithilfe von Fernrohren die Flugbewegungen der Jagdflugzeuge. Die Sichtungen wurden notiert, bei der Identifikation halfen Kataloge mit Abbildungen der Silhouetten verschiedener Flugzeuge. Selbst während des kalten Krieges bedienten sich manche Länder der Beobachtungen von Zivilisten. Die Briten hatten 5 Auf Recherche Allerdings ist meine Faszination nicht vergleichbar mit der Leidenschaft, die Planespotter in ihr Hobby stecken. Ich kenne keine Spotter persönlich, somit musste ich übers Internet Kontakte knüpfen, um mir einen Überblick verschaffen zu können. Das Flightforum.ch war meine erste Anlaufstelle. Also meldete ich mich an und eröffnete einen neuen Thread, in dem ich um Hilfe bei dieser Arbeit bat. Beinahe im Minutentakt trafen dann die Nachrichten bei mir ein, ich wurde im Forum begrüsst und konnte kaum glauben, wie viele Leute sofort bereitwillig Auskunft gaben. Ich merkte, dass die Spotter gerne über ihre Leidenschaft berichten. Tis , ein Moderator des Forums, nahm sich besonders viel Zeit und lieferte mir eine enorme Menge an Informationen, worüber ich unendlich dankbar bin. Auch Webseiten von Spottern lieferten zusätzliches Material. Ausschliesslich eine beobachtende Position nahm ich während eines Besuchs am Flughafen ein. Die Eindrücke habe ich auf Seite 28 – 33 beschrieben. Auf diese Weise habe ich mir zwei Zugänge zu diesem Thema geschaffen, einmal fragenstellend übers Internet und einmal passiv betrachtend am Ort des Geschehens. Die Fotos von meinem Ausflug an den Flughafen habe ich selbst geschossen, der Rest ist von Planespotting-Portalen entnommen (vorwiegend www.airliners.net). www.flightforum.ch Dieses Forum bietet Platz für Diskussionen über jegliche Themen der Luftfahrt, von der realen Fliegerei über Flugsimulation bis hin zu Reiseberichten. Es wird von der Interessengemeinschaft Luftfahrt Schweiz ILS betrieben. Auch Leute aus anderen deutschsprachigen Ländern besuchen gerne dieses Portal. 24, Jura-Student, aus Zürich, Spotter seit acht Jahren, FlightforumModerator, schreibt und fotografiert für das Aviatik-Magazin «Jetstream», hat eine eigene Website: www.planepics.org 6 In Datenbanken im Internet können anhand der Flugzeugkennzeichen Angaben wie Typ, Baujahr, Auslieferungsdatum, wann das Flugzeug für welche Airline im Einsatz war usw. nachgeschlagen werden. Zwei Beispiele sind: www.airframes.org www.airfleets.net ? n i e s n n e d s n e f r ü d e g u e z g u l F e Welch Was für viele Lebensbereiche gilt, ist auch beim Planespotting nicht anders: Die Geschmäcker sind verschieden. Ich habe im Flightforum eine Umfrage gestartet und die Spottergemeinde zu ihren Lieblingen befragt. Einige fotografieren alle Flugzeuge, die ihnen vor die Linse fliegen. Andere «spezialisieren» sich beispielsweise auf Militärmaschinen, auf Airliner oder auf Business-Jets. Sammler Die «echten» Planespotter, so genannte «Reg-Spotter», haben es sich zum Ziel gesetzt, Fotos von möglichst vielen verschiedenen Flugzeugen zu schiessen. Mittels Kennzeichen (Registration) kann jedes einzelne Flugzeug identifiziert werden. Es gibt auch Spotter, die beispielsweise alle Flugzeuge von bestimmten Airlines «sammeln». Seltene Juwelen Natürlich gibt es auch Motive, die besonders begehrt sind. Alles, was man am angestammten Platz nicht oder nur selten zu Gesicht bekommt, weckt grösseres Interesse. Seien dies Airlines, die normalerweise nicht hier anzutreffen sind oder ältere Flugzeugtypen, die «vom Aussterben bedroht» sind wie beispielsweise alte russische Flugzeugmodelle (die heutzutage kaum noch aus Russland rauskommen) oder die Boeing 727 . 7 Wenn Flugzeuge eine spezielle Weste tragen Eine Spezialität bilden die Sonderbemalungen: Airlines erstellen oftmals Sonder lackierungen zu bestimmten Anlässen. Diese sind dann nur während einer gewissen Zeit zu sehen und dementsprechend ein beliebtes Fotomotiv. Ausserdem werden manchmal Flugzeuge untervermietet oder nach dem Kauf nicht sofort vollständig umbemalt. Diese «Hybrid Paintschemes» existieren nur für eine bestimmte Zeit und sehen dementsprechend speziell aus. Ein gefundenes Fressen für Spotter! Sonderlackierung der SWISS anlässlich der EM 2008. Die holländische Transavia (die eigentlich Flugzeuge mit weissem Rumpf betreibt) hat für die Sommersaison einen blau bemalten Flieger der amerikanischen SunCountry Airlines ausgeliehen. 8 ? o t o F s e t u g n i Was ist e Laut Tis gibt es sogar noch eine Steiger ungsform der strengen RegSpotter, sie lässt sich vom Ursprung des Hobbys ableiten: «Die gänzlichen Puristen (vor allem die Engländer) notieren nur die Kennungen in einem Notizblock. Fotos werden keine oder höchstens als Hilfestellung gemacht.». Diese Art des Spottens sei aber hierzulande kaum verbreitet, in England machen sie jedoch etwa 20–30% aus. Es gibt klare Eigenschaften, welche ein gutes Foto aufweisen muss. Schärfe, Helligkeit und Auflösung beispielsweise sollten möglichst optimal sein. Auch die Lichtbedingungen sollten stimmen. Spotter «gehen mit der Sonne», schauen darauf, dass die Objekte schön beleuchtet sind und wechseln somit zum Teil im Verlaufe des Tages ihre Standorte. Gegenlicht wird vermieden, ausser es wird extra als Stilelement eingesetzt, um dem Foto eine spezielle Stimmung zu verleihen. Hier kommt also bereits wieder der Geschmack jedes einzelnen Spotters ins Spiel. Eine Frage der Perspektive Der Winkel, aus dem fotografiert wird, ist ein wichtiger Faktor. «Reg-Spotter» mögen vielfach den «90-GradShot» : Das Flugzeug streng und exakt von der Seite, alle Beschriftungen und vor allem das Kennzeichen gut sichtbar. 9 Diese Aufnahmeart ist jedoch bei Fotografen, die mehr Wert auf ästhetisch anspruchsvolle und interessante Bilder legen, verpönt. Hier sind spezielle Perspektiven und originelle Bildausschnitte gefragt. «Close-ups» , also Detailaufnahmen, erfreuen sich bei der kreativen Fraktion grosser Beliebtheit. Das kann sogar so weit gehen, dass die Frage, welches Flugzeug überhaupt auf dem Foto abgebildet ist, nur noch zweitrangig ist. Viele Spotter bewegen sich zwischen diesen beiden Extremen. Tis meint dazu: «Ich befinde mich wohl irgendwo zwischendrin – ich möchte zwar auch so viele Flieger wie möglich ‹erlegen› und ‹sammeln›, achte dabei jedoch soweit möglich stets auf einigermassen ansprechende Blickwinkel und Bildkompositionen.». 10 Das Drumherum Beim Bildhintergrund scheiden sich die Geister. Einige Spotter mögen den Himmel als Flugzeugumgebung, da er unauffällig erscheint und keine störenden Gegenstände vorhanden sind. Gemäss meiner Recherche ist ein solcher Hintergrund aber bei den meisten Spottern äusserst unbeliebt, weil diese Fotos keinen Bezug zum Aufnahmeort zeigen. Sie hätten überall in der Welt aufgenommen werden können. Allgemein gilt aber: Der Hintergrund sollte harmonisch wirken und ohne störende Gegenstände auskommen. omenten Auf der Suche nach seltenen M Es spielt eine Rolle, in welchem Flugmanöver sich ein Flugzeug gerade befindet. «90-Grad-Liebhaber» haben grosse Chancen, ihr Motiv während des langsamen Rollens am Boden oder sogar während des Stillstands schön gerade ausgerichtet zu erwischen. Anders sieht es bei «Action-Shots» aus: Flugzeuge im Startprozedere bieten vorteilhafte Posen für Spotter, die beispielsweise den kurzen Augenblick festhalten möchten, wenn die Nase der Maschine schon in der Luft ist, das Fahrwerk hingegen noch am Boden klebt. Bei der Landung gibt es auch eine s pezielle Sekunde, bei der es sich lohnt, sie auf den Chip zu bannen: Dann nämlich, wenn die Räder gerade anfangen, den Boden zu berühren. Die Wolke , die aufgrund der grossen Beschleunigung beim Auftreffen der Reifen auf der Piste entsteht, macht sich sehr gut auf einem Flugzeugfoto. Schiefe Landungen und die Blinklichter genau in dem Augenblick, in dem sie aufleuchten, sind ebenfalls begehrte Raritäten. Viele Spotter gehen auch hier mit dem Motto «je exklusiver und aussergewöhnlicher, desto besser» auf die Pirsch. 11 Die ganz besonderen Bilder Joel habe ich gefragt, ob es denn ein bestimmtes Foto gibt, auf das er besonders stolz ist. Seine Antwort: «Ganz viele. Je spezieller die Geschichte, die hinter einem Bild steckt, desto mehr spielt auch Stolz eine Rolle. Besonders stolz bin ich jedoch auf meine Fähigkeit, die Kamera auch bei schütterem Licht noch einigermassen ruhig halten bzw. mitziehen zu können. Je später es wird, desto tiefer steht die Sonne und irgendwann einmal verschwindet sie hinter den Bergen. Es wird dunkler und die Verschlusszeiten beim Fotografieren werden länger und länger. Im Vorteil ist dann, wer eine ruhige Hand hat und die Kamera genau im richtigen Tempo und auf der richtigen Linie mitziehen kann. Ich finde diese Situationen sehr reizend, hätte aber 2005, ganz zu Beginn meiner ‹Karriere›, nicht gedacht, dass ich sowas gleich hinkriegen könnte». 25, aus Allschwil 12 ? u z a d n a m t h c Was brau Wer Flugzeuge fotografieren will, braucht natürlich erst einmal eine Kamera. Das ist aber noch nicht alles. Tis erklärt es so: «Also die Kamera beinhaltet immer auch einen gewissen Park an Objektiven – meist eines für kürzere und eines für längere Distanzen, je nach Ausrichtung des Hobbys und sonstigen fotografischen Aktivitäten auch noch andere, beispielsweise Super-Weitwinkel, Fischauge etc.». Piloten belauschen Ein Flugfunkscanner ist ein weiteres nützliches Utensil: «So weiss ich z.B. in Zürich 20 Minuten vor dem Start, auf welcher Piste ein Flieger abheben wird, und kann mich unter Umständen speziell dorthin begeben. Bei anderen Flughäfen mit mehreren gleichzeitig benutzten Landepisten ist es noch relevanter als in Zürich.» Das schlaue Buch Schlussendlich sind auch spezielle Bücher erhältlich, die Listen aller Airline-Flotten enthalten. Reg-Spotter können darin jedes Mal ein Häkchen setzen, wenn sie wieder eine neue Kennung «erlegt» haben. ? e t u e L r ü f o s r e t t o p s e n a l P d n i s Was Da gibt es alles: Vom 12-jährigen Schüler bis zum 80-jährigen Pensionär, über alle Berufsgattungen und Altersgruppen hinweg. 45, aus Bad Homburg 21, aus Worms Auch beruflich am Durchstarten? Bei manchen Spottern hat das Hobby die Berufswahl beeinflusst, wie ich im Forum herausgefunden habe. Thomas , der selber als Fluglotse arbeitet, schreibt mir: «Ich hätte nie Lokführer werden können, auch aus dem Grund, weil auf dem Heimatbahnhof nie ein Zug aus dem Kongo eingefahren wäre, auch nicht als Charter oder Cargo, er wäre einfach nie gekommen, nie!». Der andere Thomas (ich nenne ihn mal Thomas2) studiert Aviation Management: «Das ist ein betriebswirtschaftlicher Studien gang mit Schwerpunkt Luftfahrt. Für mich war das eigentlich der einzige Studiengang, der wirklich in Frage kam. Bei der Vorstellung (ich bin an einer Fachhochschule und wir sind in unserem Studiengang nur 30 Leute) habe ich halt erzählt, dass ich Spotter bin, und die meisten fanden das ‹freakig›, unter anderem auch einer meiner Professoren.». Auch Michael könnte sich nach der Schule eine Zukunft in diesem Bereich vorstellen: «Es wäre schön, wenn ich später in der Aviatikbranche arbeiten könnte.». Bei Gerardo wäre es beinahe so weit gekommen: «Zu Beginn interessierte mich vor allem auch der betriebswirtschaftliche und der technische Aspekt der Aviatik. Ich überlegte tatsächlich, mich bei einer Aviatik-Firma zu bewerben (v.a. Swiss, Jet Aviation, ZRH und SR Technics), liess es aber schlussendlich sein. Es sollte ein Hobby bleiben.». 16, Wirtschaftsmittelschüler, aus Reinach Projektleiter, aus Zürich 13 14 Ein Männerhobby? Etwas fällt bei meiner Recherche aber auf: Es wird immer von Planespottern gesprochen. Wo sind denn die Spotterinnen? Tis: «Die Männer dominieren klar, wohl irgendwo zwischen 95 – 98 %. Es gibt einige Spotterinnen – im hiesigen Forum sind mir gerade 3 bekannt, eine davon meine Freundin. Eine weitere kenne ich in Finnland, eine in Australien. Aber es gibt noch ein paar mehr. Habe mal einen Beitrag gelesen, wonach sich Spotterinnen ausgegrenzt und besonders von der älteren Garde misstrauisch beäugt fühlen. War allerdings in England, dem Mutterland des Spottings, wo noch immer zahlreiche ‹alte Käuze› an den Flughafenzäunen regieren. Hier empfinde ich das eher gegenteilig – den so seltenen Spotterinnen wird sehr gerne geholfen, und manchen öffnen sich auch Türen, die für die männlichen Kollegen eher verschlossen bleiben (Besuche im Cockpit beispielsweise).» Ich frage mich sogleich: Ob das wohl einfach am fehlenden Interesse der Frauen an «Maschinen» liegt? Tis meint: «Wohl schon; es scheinen aber in jüngster Zeit anteilsmässig rasant mehr zu werden (wie ja auch in den Cockpits)». ? g n i t t o p s e n a l P f u a n n e d n a m t Wie komm Die Frage, wie man eigentlich in so ein spezielles Hobby reinschlittert, kann man nicht pauschal beantworten. Also verzichte ich an dieser Stelle auf grosse Interpretationen meinerseits, sondern lasse einfach die Forumsteilnehmer ihre Geschichte erzählen: Thomas2: «Also zum Spotten bin ich praktisch über meinen Vater gekommen. Als wir 1998 von Fuerteventura zurück geflogen sind, durfte ich damals ins Cockpit der Boeing 757. Dazu war es noch eine sonderlackierte Maschine. Das war sozusagen das Schlüsselerlebnis für mich. Danach bin ich fast jedes Wochenende mit meinen Eltern an den Flughafen 15 in Stuttgart gefahren. Damals haben noch meine Eltern fotografiert. Na ja, eigentlich immer mein Vater. Und mit 14 habe ich mir dann meine erste eigene Kamera gekauft, eine Kompaktkamera von Kodak. Mit 16 dann von Canon eine digitale Spiegelreflexkamera. Seit Anfang diesen Jahres habe ich nun auch die ersten Bilder auf jetphotos.net.» Adrian: «Ich habe vor etwas mehr als anderthalb Jahren mit dem Spotting begonnen. Das Schlüsselerlebnis war die Erstlandung des Airbus A380 in Kloten. Seit diesem Zeitpunkt bin ich nun regelmässig mit Kamera am Flughafen anzutreffen.» 17, Kantischüler, aus Wallisellen 16 Michael: «Ich spotte noch nicht lange, erst seit März 2011, und bin durch das Flightforum darauf gekommen. Natürlich mit ein paar Umwegen. Es fing an mit Besuchen der Flughafenterrasse in Kloten als kleiner Bub. Als ich ins Schulalter kam, flaute die Liebe zur Aviatik ein wenig ab und führte mich zu Fahrzeugen mit festem Boden unter den Rädern. Gemeint sind Autos und Eisenbahnen. Dann eines Tages bekam ich den ‹Microsoft Flight Simulator› geschenkt. Ich wollte ihn installieren, doch erst ging es nicht. Also blieb er in einer Ecke liegen, bis ich mir einen neuen Computer leisten konnte. Ich installierte das Programm und meine Liebe zur Aviatik kehrte sofort zurück. Dank eines Problems und einer Frage über den Flight Simulator kam ich zum Flightforum. Erst nur als stiller Nutzer (weder Beiträge geschrieben, noch gelesen). Dann aber, Ende 2010, kam ich irgendwie dazu, einmal in den ReiseberichtCorner zu schauen. So ging ich Thema für Thema durch, wechselte dann in den Spottercorner und habe dabei eine neue Leidenschaft entdeckt.» Thomas: «Ich wohnte 1977 unter der Einflugschneise und wollte irgendwann wissen, warum mir so ein Donnervogel nicht auf den Kopf fällt.» 25, aus Allschwil Joel: «Irgendwann mal, ich glaube es war 2003, hat mich ein Kollege auf Umwegen dazu gebracht, dass ich selber Stunden auf Airliners.net verbrachte und den Wahnsinnigen nacheiferte, die weite Wege für die fettesten Kisten gingen und gehen. Inspiriert von den damaligen ‹Spotter-Ikonen› und angetrieben durch eine durchaus schon zuvor vorhandene Begeisterung für Verkehrsmittel (namentlich Eisenbahnen), zog es mich dann 2004 erstmals nur der Spotterei wegen an einen Flughafen. Die Begeisterung ist zwischenzeitlich manchmal fast schon krankhaft, mit knapp sieben Jahren in dem ‹Business› geniesse ich aber mittlerweile auch einmal eine etwas ruhigere Phase, die es mir erlaubt, die etwas seltener gewordenen weiteren Reisen umso mehr auszukosten.» 17 17, Fachmann Betriebsunterhalt, aus Geltwil Alex: «Ich bin durch das häufige und lange Fliegen nach Brasilien und durch meinen Vater, der früher selber gespottet hat und in der Reisebranche tätig war, zu diesem Hobby gekommen und betreibe es seit 2006.» Gerardo: «Der Grundstein wurde im Alter von sechs oder sieben Jahren gelegt. Bei jedem Abflug in die Ferien war ich vom Ambiente am Flughafen, vom Fernweh und vom Kerosin-Geruch fasziniert. Ein Familienfreund brachte uns dann mal ganz nahe an die Landebahn, keine Ahnung wo, aber es sah anders als jetzt aus (ca. 1972–74). Ich kann mich aber noch an die Landung einer afrikanischen DC-8 erinnern. Dann war knapp 25 Jahre nichts. 1997 gings dann wieder los. Wir hatten soeben unsere Flitterwochen gebucht, Hawaii sollte es werden. Plötzlich bekam ich wieder ein mulmiges Gefühl ob der vielen Flüge mit unterschiedlichen Airlines. Zu dieser Zeit hatte ich tatsächlich starke Flugangst. Also informierte ich mich über Flugzeuge und Airlines. Mit zu den Vorbe- reitungen gehörte auch ein Besuch am Heliport. Ich wollte das Flugzeug starten sehen, das uns von hier weg bringen sollte. Das zündete dann den Funken. Somit bin ich seit 1997 Spotter.» 18 ? n a r a d z i e R r e Was ist d Das Wort «Faszination» kommt auffällig häufig in den Antworten vor, als ich meine Auskunftspersonen nach dem Reiz hinter dem Planespotting gefragt habe. Die Faszination für die Luftfahrt allgemein, die Flugzeugtechnik und die Geschwindigkeit wurden genannt. Die Möglichkeit, ein seltenes Flugzeug aus einem fernen Land zu knipsen oder den kompletten Lebenslauf einer Maschine dokumentieren zu können, habe ich ebenfalls als positiven Aspekt vernommen. Auf der Pirsch Dazu kommt die Freude an der Fotografie und, ganz wichtig, der Sammel- und Jagdtrieb. Michael beschreibt es so: «Am Spotten reizt mich vor allem der gewisse Jagdinstinkt, den Fliegern hinterherzujagen. Deshalb bin auch nicht für Museen (selbst wenn aviatisch) zu begeistern. Der Sound der Triebwerke ist zum Beispiel immer ganz etwas Spezielles, vor allem von Maschinen des älteren Semesters. Ansonsten reizen mich auch die schönen Bemalungen, die gewisse Airlines haben oder auch die Geschichte, die hinter einem Flieger steckt. Deshalb sind beim Spotten auch die jeweiligen Immatrikulationen so wichtig. Ein weiterer Grund zum Spotten sind die interessanten Gespräche mit anderen Spottern jeweils am Zaun. Und der Kerosin-Geruch.» Alles andere als langweilig Von aussen betrachtet wirkt das Fotografieren von Flugzeugen vielleicht eher langweilig. Kevin schätzt aber gerade die Abwechslung, die das Spotten bietet: «Ich kann mich an Flugzeugen gar nicht satt sehen. Dieses Hobby bietet für mich immer wieder neue Abwechslung und ich habe stets Spass daran. Zudem könnte man auch sagen, es sei gesund, denn man ist ja schliesslich immer an der frischen Luft.» 18, aus Fürstenwalde ? y b b o H s e s e i d Wie lebt man Ja wie eigentlich? Definitiv nicht nur mit dem Fotografieren von Flugzeugen. Wer denkt, dass Planespotter einsame Wölfe sind, die ganz alleine an der Piste stehen und danach bei sich daheim im stillen Kämmerlein die Fotos sortieren, irrt. Ich war überrascht zu sehen, dass ein riesiges globales Spotter-Netzwerk existiert, und zwar sowohl online als auch in der realen Welt. Vernetzt Einerseits veröffentlichen viele Fotografen ihre Bilder in Onlineportalen wie beispielsweise Airliners.net , Jetphotos.net oder Flugzeugbilder.de. Neben den grossen Portalen, die meistens Kriterien besitzen, nach denen sie Fotos aufnehmen oder ablehnen, gibt es auch unzählige kleinere GalerieSeiten mit schwächeren oder gar keinen Aufnahmeregeln. Daneben kreieren viele Spotter eigene Websites, um ihre kostbaren Stücke ausstellen zu können. Joel meint dazu: «Früher, als ein Foto noch explizit mit Hardware (Dia, Papierbild) gleichgestellt werden konnte, war der Austausch von Bildern (ähnlich wie bei Kaffeerahmdeckeli oder Fussballbildli) sehr verbreitet. Die grossen Bilderdatenbanken, zu denen jeder fähige Fotograf beitragen kann, sind heutzutage eine Art Ersatz dafür, aber halt nicht ganz gleich geschichtet. Ich kann mich erinnern, wie vor ca. fünf Jahren Airliners.net für mich das Nonplusultra war. Ein gutes Bild musste um jeden Preis bei Airliners.net in die Datenbank. Die Zeiten haben sich geändert, ich bin ein wenig älter und weiser geworden und sehe das auch nicht mehr ganz so verbissen.». 19 Airliners.net Auf dieser Website sind mittlerweile beinahe zwei Millionen Fotos von Flugzeugen und Flughäfen aus aller Welt zu finden. Planespotter können hier ihre Bilder hochladen, die anschliessend von so genannten «Screenern» geprüft werden. Entsprechen Inhalt und Qualität den strengen Richtlinien (z.B. bezüglich Bildqualität, Bildaufteilung, Perspektive usw.), wird das Foto in die Daten bank aufgenommen. Der Fotograf muss zusätzlich bei jedem Bild angeben, wann und wo es entstanden ist sowie welcher Flugzeugtyp darauf abgebildet ist. Danach kann das Foto wiederum von anderen Benutzern heruntergeladen werden. Ausserdem gibt es auf airliners.net eine News-Rubrik, eine Flugzeugdatenbank sowie ein Forum, das Platz für Diskussionen bietet. Finanziert wird die Website durch Werbeanzeigen, unter anderem z.B. von Fluggesellschaften oder Herstellern der Luftfahrt- und Reisebranche. 20 Apropos Flugplan: Gibt man bei der Flugsuche auf der Website des Flughafens Zürich das Wort «Spotter» ein, wird der Flugplan plötzlich spotter-freundlich dargestellt. Unbedingt mal ausprobieren! Immer informiert Andererseits findet ein grosser Wissensaustausch in Online-Foren wie beispielsweise dem Flight forum.ch oder auch internationalen Portalen statt. Einige User des Flightforums durchkämmen jeweils den gesamten Flugplan , um die Specials der nächsten Tage bekanntgeben zu können. Des weiteren existieren Websites, auf denen aussergewöhnliche Flugbewegungen angekündigt werden und auch auf Facebook gibt es Gruppen, die aber sogar noch weiter gehen: Dort kann man sich auch über spezielle Privat-, Staats- und Frachtflüge informieren, welche nicht auf dem Online-Flugplan des Flughafens stehen. In guter Gesellschaft Aber auch im richtigen Leben sind für die meisten Spotter die Kontakte zu anderen Spottern wichtig. Tis: «Einige sind sicher einzelgängerischer veranlagt als andere, aber diese starke internationale Vernetzung ist wirklich integraler Teil des Hobbies. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der sich dem völlig zu entziehen versuchen würde. Natürlich sind einige offener und hilfsbereiter als andere. Aber so ganz alleine? Kaum.» Auch Joel ist der gleichen Meinung: «Der Austausch ist wichtig, beispielsweise um zu erfahren, wo und wann es sich in nächster Zeit lohnt, Flugzeuge zu jagen. Ebenso beliebt als Gesprächsthema ist die Ausrüstung (Kamera, Camping-Equipment, Auto, Verpflegung etc.).». Es existieren auch Spotter-Vereine, «Airside Foto Zürich» bietet beispielsweise organisierte Foto rundfahrten am Flughafen Zürich Kloten an. 21 Anschluss gesucht Jemand hat das Spotten neu für sich entdeckt. Kann sich ein «Neuling» denn problemlos in dieses Netzwerk integrieren? Tis: «Kommt darauf an, wie sich der Anfänger verhält. Zeigt er Interesse, zu lernen/sich zu verbessern, und Bereitschaft, sich Mühe zu geben, helfen ihm alle gerne. Zeigt er keinerlei Kritikfähigkeit und lässt sich nichts sagen, hat er es hier im Flightforum mitunter sehr schwer. Das Forum gibt es ja auch schon über zehn Jahre, einige ‹alte Hasen› werden des Helfens langsam etwas müde, und es gibt auch immer mehr junge Spotter, die es zu ‹coachen› gilt. Daher kriegt man wohl heute im Forum nicht mehr so einfach Hilfestellung, wie das vor fünf Jahren noch der Fall war. Man muss sich wohl irgendwie positiv von der Masse abheben, um von den Erfahrenen wahrgenommen und unterstützt zu werden – so hart das vielleicht klingt. Andererseits organisieren sich auch die Anfänger untereinander und entwickeln sich so gemeinsam. Auch Junge geben hier noch jüngeren bereits vielfach ihr Wissen weiter.». Zeitinvestitionen Ein Hobby bedeutet auch Zeitaufwand. Im Forum habe ich nachgefragt, wie viel davon eigentlich ins Planespotting investiert wird. Bei User A330-800 ist es beträchtlich: «Schon alleine das Warten auf DEN interessanten Flieger dauert bei mir teilweise schon zwei Stunden. Ganze Tage und Wochen an Flughäfen verbrachte ich zudem auch schon. Zuhause werden die Bilder natürlich auf den PC geladen und begutachtet. Das anschliessende Bearbeiten raubt je nach dem auch sehr viel Zeit.» Wer zudem noch in Foren oder auf Foto-Websites aktiv ist, verbringt weitere Stunden vor dem Bildschirm. Bei einer grossen Anzahl von Spottern spielt das Wetter eine wichtige Rolle, sie bleiben bei guten Lichtbedingungen länger am Flughafen als wenn es Katzen hagelt. Aber auch ein Studium kann das Hobby beeinflussen, so wie bei Thomas: «Für mein Hobby wende ich unterschiedlich viel Zeit auf. Vor den Klausuren gehe ich mindestens einmal im Monat zum Spotten. Sobald dann die Lernphase beginnt, habe ich leider nicht mehr die Zeit dazu. In den Sommerferien war 15, Bez-Schüler, aus Rüfenach 22 ich sogar jedes Wochenende mindestens einen Tag spotten. Aber da musste ich auch einiges nachholen, was ich im Mai und Juni ‹verpasst› hatte.». Michael hat andere Gründe: «Bisher hält sich meine ‹Sucht› nach Airlinern noch in Grenzen. Somit gehe ich jeweils einmal pro Monat an den Flughafen. Für mich als Schüler ist es sowieso relativ schwer, ‹rumzukommen›, und für jedes Highlight von Basel nach Zürich oder Genf zu fahren. Denn jede Zugfahrt kostet, und mit dem Velo nach Zürich fahren möchte ich auch nicht gerade.». Ungekrönter Spotter-König ist aber Tis ! Tis’ Zeitmanagement: – F otografieren am Heimatflughafen (Zürich): Drei bis sechs Mal pro Monat, je ca. vier bis sechs Stunden. –S potter-Reise: Alle zwei Monate. Meist für ein bis zwei Tage, mal nur Tagestrips, mal länger. –A ufwand Magazin: Im Durchschnitt wohl fünfzehn Stunden pro Monat. –A ufwand fürs Forum: Zwei bis drei Stunden pro Tag, wobei es da nicht nur ums Spotting geht, sondern Aviatik allgemein onstige mit dem Hobby verbundene Aufwände (Präparieren von Bildern für –S Online-Galerien wie airliners.net, Austausch mit Gleichgesinnten, Verkauf von Fotos etc.): Eine Stunde pro Tag. Spotter auf Reisen Andere Länder, andere Flugzeuge. Es ist nicht mehr als logisch, dass Spotter auch in den Ferien auf der Pirsch sind, denn dort sind viele Flieger zu finden, die den angestammten Airport nicht anfliegen. Meine Recherche hat ergeben, dass zum Teil spezielle Spotter-Reisen unternommen werden. Das heisst, dass Spotter alleine oder in organisierten Gruppen an einen Ort fliegen und sich dort einzig dem Fotografieren von Flugzeugen zuwenden. So wie beispielsweise Tis: «Besonders bei kurzen Trips (Genf, Paris, Frankfurt, Amsterdam) kann es gut sein, dass man absolut nur fürs Spotting ausrückt und das Wochenende nur am Flughafen verbringt. Einige Verrückte sind auch schon für ein Wochenende Spotting nach Alaska geflogen, aber das geht mir dann doch etwas zu weit.». Meist ist es aber eher eine Kombination aus Reisen und Spotten: «Da ich sehr gerne reise (und auch sehr gerne mit seltenen und speziellen Flugzeugtypen fliege), ist es meist eine Verbindung von allem – gerade bei weiteren Reisen. Von zehn Reisen sind vielleicht vier Spotting only, fünf Reisen und Spotting, und eine nur Reisen/Ferien, nahezu ganz ohne Spotting.» 23 Angesichts dessen habe ich mich gefragt, ob denn nun beim Buchen explizit darauf geachtet wird, mit möglichst speziellen Maschinen fliegen zu können. Tis meint: «Kommt vor, ja. Allerdings gibt es keine (für mich) speziellen Flugzeuge mehr, die in Zürich starten. Also fliege ich mit normalen Maschinen (bei denen ich auf übliche Kriterien wie Preis, Komfort etc. achte) zu diesen speziellen Flugzeugen hin, ob sie dann auf den Kanalinseln, in Bangladesch, oder in Alaska sind. Aber ja: Ich versuche, solche Erlebnisse in normale Reisen einzubauen, oder plane gar Reisen nur, um im Zielgebiet in speziellen Maschinen zu fliegen. Das hat aber dann nur noch am Rand mit Flugzeugfotografie zu tun, sondern eher mit der Flieger-Faszination an sich.» Einige von Tis’ Reiseabenteuern 2011/12: –S ommer: Ein Monat Alaska, alleine. Hauptaugenmerk: Reisen durch das Land, fliegen mit speziellen Flugzeugen, fotografieren von seltenen Flugzeugen. Spotting dann, wenn möglich (i.e. an grösseren Flughäfen). –S ommer: Gleich anschliessend noch zwei Wochen US-Westküste mit der Familie. Hauptaugenmerk auf der Reise, doch Spotting-Aufenthalte an vier grossen Flughäfen mussten «on the way» noch drinliegen. –H erbst: Wochenend-Trip mit meiner Freundin (auch Spotterin) nach Barcelona. Zeit: 80% am Airport, 20% Sightseeing. –N ovember: Reise an eine Flugschau in Dubai fürs Magazin, vier Tage Flugzeugfotografie, kein Sightseeing (kannte aber Dubai schon, daher). – E nde Jahr: Geplanter Aufenthalt mit der Freundin in Miami; zwei Tage Spotting, zwei Tage Sightseeing. –M ärz 2012: Einwöchige Reise mit Kollegen aus Deutschland und Österreich nach Südafrika, wohl hauptsächlich zur Flugzeugfotografie (seltene Airlines, alte Flieger etc.) und noch etwas Sightseeing. 24 Überall auf der Welt ein Bett parat Laut Tis ist der Kontakt mit Gleichgesinnten äusserst bereichernd, und zwar in vielerlei Hinsicht: «Von Alaska bis Neuseeland, ich habe durch dieses Hobby überall auf der Welt neue Freunde gewonnen, bei denen jederzeit ein Bett für mich bereitstünde. Man hilft sich gegenseitig, zeigt sich die eigenen Flughäfen oder führt einem auch im eigenen Land herum. Gerade im Januar empfange ich einen Kollegen aus Neuseeland, zeige ihm die Schweizer Landschaften, Städte und Flughäfen, und gehe mit ihm dann noch kurz nach Lissabon, Barcelona und Rom für Sightseeing und etwas Spotting. Die ganze Reiserei ist Teil des Spiels, und so kommt man unweigerlich auch an spezielle Orte dieser Welt. Ohne dieses Hobby hätte ich mich wohl kaum nach Alaska, Bangladesch oder nach Nepal verirrt – aber obwohl die Fliegerei der Hauptgrund für den Besuch war, bekam ich auch ganz viel der lokalen Kultur mit, und konnte so meinen Horizont erweitern. Es ist also nicht bloss langweiliges Am-Zaun- Stehen und Knipsen der immergleichen Flieger. Es kann der Schlüssel zu einer ganz neuen und bereichernden Welt sein!» Flughäfen, für die man gerne den Weg auf sich nimmt Besonders beliebte Spotterdestinationen sind Flughäfen mit extrem viel Verkehr wie zum Beispiel London-Heathrow oder Plätze mit idealen Foto-Standorten wie Amsterdam. Miami ist für die seltenen südamerikanischen Maschinen bekannt und asiatische Metropolen wie Singapur, Hong Kong oder Tokio sind stark am kommen. Der Spottertraum schlechthin ist jedoch das karibische St. Maarten! An manchen Plätzen ist jedoch Vorsicht geboten: Nicht an allen Flughäfen darf gespottet werden. Wenn an einem Ort die Sicherheitslage kritisch ist oder das Hobby dort keinen grossen Bekanntheitsgrad aufweist, kann die Fototour im Extremfall sogar im Gefängnis enden. Zum Teil darf sogar in der gleichen Stadt an einem Flughafen foto 25 grafiert werden (Paris Orly) und an einem anderen nicht (Paris Charles-de-Gaulle). Umgekehrt gibt es in England spezielle Telefonnummern, wo Spotter verdächtige Vorgänge melden können. Dort werden die Fotografen also sogar als nützlich betrachtet. Das liebe Geld Ein Vorteil an diesem Hobby ist, dass man nicht zwingend Unmengen an Geld darin investieren muss. Die teuersten und besten Foto-Utensilien sind zwar nützlich, aber kein Muss. Ein Spotter kann seine Leiden schaft so ausleben, dass es auch fürs Portemonnaie stimmt. Falls der Wohnort sich auch noch in der Nähe eines Flughafens befindet, bleiben auch die Kosten für die Fahrt dorthin überschaubar. Umgekehrt kann man theoretisch auch etwas Geld aus dem Spotting schöpfen, sei es weil man Fotograf von Beruf ist oder zufällig angefragt wird, ein bestimmtes Foto verkaufen zu dürfen. Dies ist laut Tis aber die Ausnahme: «Es gibt weltweit vielleicht zwei bis drei Planespotter, die von ihrem H obby leben können (wenn überhaupt), und zwar weil sie von Airlines, Flugzeugherstellern etc. extra gebucht werden, um Fotos zu schiessen. Die ‹normalen› Fotografen verkaufen vielleicht ab und zu mal ein Bild an ein Fliegermagazin – in meinem Fall vielleicht so vier bis sechs Mal im Jahr. Aber das bringt dann nur einen ganz kleinen Zustupf.». 26 Befallen vom Virus Meist zeugt ein Interesse fürs Planespotting auch von einem generellen Interesse an der Aviatik. Wer sich einmal mit dem FliegereiVirus infiziert hat, kommt nicht mehr so einfach davon los. Michael: «Den Alltag beeinflusst es halt dadurch, dass ich sofort an den Himmel schauen muss wenn ich einen Flieger höre.». Auch Joel kennt das: «Wenn ich daheim bin, beeinflusst mich die Fliegerei insofern, als dass mir ständig Flieger übers Haus fliegen. Damit wächst man in Allschwil einfach auf, aber ich glaube, nicht alle sehen das gleich. Mindestens ein Mal täglich muss auch ein Blick in den Flugplan des EuroAirports drinliegen, damit ich wenigstens im Bild bin, was ich gerade verpasse. In den vergangenen Jahren gab es dafür immer mal wieder Zeiten, in denen ich öfter als nötig am Airport war. Da war das Hobby schon fast Alltag.» Weitere Aktivitäten können Besuche von Airshows, das Sammeln von Flugzeug modellen und das virtuelle Fliegen an Flug- simulatoren sein, teilweise kann es sogar bis zur Privatpilotenlizenz führen. Ivo zum Beispiel hat eine Sammlung von Flugzeugteilen: «Ich sammle alles aus der Schweizerischen Militärluftfahrt. Sei es ein komplettes Cockpit, Schleudersitze, Instrumente oder Bewaffnung.». Joel muss letztendlich dann zugeben: «So gründlich wie ich teilweise meinen Kopf in die Spotterei stecke, erstaunt es sogar mich selber, wie kalt mich die Fliegerei manchmal lassen kann. Zu viel mehr als dem einen oder anderen Foto oder selbst geschriebenen Bericht in einer Zeitung hat es bei mir auf alle Fälle nie gereicht.» aus Freiburg 27 Und darüber hinaus Planespotten bedeutet auch, sich Wissen aus diversen Bereichen anzueignen und so vielfältige Einblicke zu erhalten. Die Fotound Kameratechnik sowie die Bildbearbeitung beispielsweise kann man auch bei anderen Motiven als bei Flugzeugen anwenden. Tis: «Ich kenne Kollegen, die als Spotter angefangen haben und nun als Fotografen im Sport-, Model- oder Newsbereich arbeiten.». Es gibt Verbindungen zu weiteren Themen: «Man beginnt sich für Marketing, geographische Zusammenhänge, Wirtschaftsfragen zu interessieren. Wieso setzt Singapore Airlines den Airbus A380 ins kleine Zürich ein? Weil unser Business-Class-Publikum eines der anspruchsvollsten und zahlungskräftigsten weltweit ist. Wann beginnen die russischen Weihnachtsferien, die jedes Jahr Touristen und interessante Maschinen in die Alpenländer spülen?». Was meinen andere? Von Tis wollte ich noch wissen, was NichtSpotter über Spotter denken. Kann die Faszination nachvollzogen werden oder wird dies in die Kuriositäten-Ecke geschoben? «Quer durchs Band. Meistens wohl schon die Kuriositäten-Ecke. Die Faszination Fliegerei kann von den meisten noch nachvollzogen werden – aber für ein paar Flugzeug-Bilder einen Sonntag lang am Flughafenzaun zu stehen, geht dann doch etwas weit. Ist aber auch egal. Es gibt ja weltweit eine grosse Community, man fühlt sich also nie alleine. Und auch rational betrachtet finde ich es ein vernünftiges Hobby, weshalb es mich kalt lässt, wenn es belächelt wird!» 28 n e f a h g u l F m a h c Mein Besu Informationen vom Hörensagen sind gut und recht. Ich wollte aber auch selber mal vor Ort mein Themengrüppchen beobachten. Spotter beim Spotten spotten, sozusagen. Also mache ich mich am Samstag, 3. Dezember auf den Weg nach Rümlang zum Heligrill, einem bekannten Treffpunkt mit Imbissstand und bester Aussicht auf den Flugverkehr. Kurz vor 10 Uhr morgens treffe ich am Bahnhof ein. Bereits dort werde ich vom dröhnendem Motorengeräusch der startenden Flugzeuge begrüsst. Es ist somit nicht allzu schwierig, den Heligrill zu finden: Man muss nur dem Lärm folgen. Der Weg führt an einem Waldstück vorbei, es liegt noch etwas Nebel. Zuerst hört man das ansteigende Geräusch von Triebwerken, danach sieht man die Silhouette des Flugzeugs zwischen den kahlen Ästen aufsteigen, bis es schliesslich über meinen Kopf hinwegdonnert. Irgendwie unheimlich, aber auch sehr eindrücklich. Immer wieder fahren Autos an mir vorbei. Je näher ich dem Heligrill komme, desto mehr Autos stehen links und rechts der Strasse in Reih und Glied parkiert. Als ich schliesslich den Imbissstand erreiche, schaue ich mich mal genauer um. Bei den Autos steht ein älteres Ehepaar, er hört den Flugfunk ab, sie drückt auf ihrem iPhone herum. Sie scheinen sich über den Flugplan zu unterhalten. Vor dem Heligrill sitzen ein paar Leute auf den Bänken. Am Stehtisch hat sich eine Gruppe von Herren mittleren Alters versammelt, zu der je länger je mehr Herren dazustossen. Alle schlürfen Kaffee, und auch hier scheinen sich die Diskussionen um den Flugverkehr zu drehen. Ein paar Schritte weiter, am Absperrgitter, begegne ich einerseits spazierenden Familien und andererseits Leuten mit kleineren oder grösseren Fotoapparaten. Im Zaun selber sind alle paar Meter spezielle «Gucklöcher» für Fotografen eingearbeitet. 29 30 Nach 10 Uhr begeben sich nacheinander gleich drei grosse amerikanische Maschinen auf Piste 16 in die Lüfte. Der Start wirkt äusserst elegant aus dieser Perspektive und der immense Lärm verleiht dem Ganzen eine gewisse Dramatik. Etwas später folgt auf Piste 28 der Take-Off eines winzig kleinen privaten Propellerfliegers. Sofort nimmt ein älterer Herr seinen Feldstecher hervor und beäugt die Maschine gründlich. Ich finde diese Szene amüsant, sie erinnert mich an Ornithologen bei der Vogelbestimmung. Der wahre Grund, wieso viele Leute um diese Zeit diesen Ort aufgesucht haben, setzt sich um kurz vor 11 Uhr in Bewegung: Der Airbus A380 der Singapore Airlines wird aus seiner Parkposition zurückgestossen. Plötzlich begeben sich fast alle Anwesenden zum Zaun. Allmählich rollt der Super- jumbo Richtung Norden, um danach auf Piste 16 einzudrehen und auf die Startfreigabe zu warten. Nun sind alle Objektive auf den Doppelstöcker gerichtet. Die Piloten geben Schub, und obwohl der A380 stetig an Geschwindigkeit gewinnt, wirkt er aufgrund seiner riesigen Ausmasse langsam und schwerfällig. Dann hebt er ab, die Kamera-Objektive zeigen immer in seine Richtung. Nach einer Linkskurve verschwindet die Maschine auch schon in den Wolken. Das wars. Etwa die Hälfte aller Anwesenden begibt sich nun zurück zum Auto und fährt davon. Für mich ist dies ein Indiz, dass nicht viele «echte» Spotter da waren, denn diese interessieren sich für diverse Flugzeuge, nicht nur für den A380. Ich mache mich nun auch bereit für einen Standortwechsel und nehme den Bus zum Flughafen. 31 32 Dort ist erstmals die erneuerte Besucherterrasse auf dem Dock B wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Also nichts wie hin. Bevor man die Terrasse betreten darf, muss jede Person einen Metalldetektor durchschreiten und die Taschen durchleuchten lassen. Bereits in der Warteschlange vor dieser Kontrollstelle stelle ich fest, dass von der Familie über interessierte Einzelpersonen bis hin zu fotografisch aufwändig ausgerüsteten Spottern alles vorhanden ist. Auf der Terrasse selber dann das gleiche Bild: Ein Vater liest seinen Kindern die Texte über die verschiedenen Flugzeugtypen auf den extra am Geländer befestigten Informationstafeln vor. Gleich daneben fotografiert ein junger Mann mit seiner winzigen Kompaktkamera einen Airbus A340 der SWISS. Am westlichen Ende der Terrasse, dort wo man einen guten Ausblick auf die startenden Maschinen hat, ist auch die Winke-Winke-Fraktion anwesend: Leute, die vermutlich ihre reisenden Bekannten an den Flughafen chauffiert haben und nun das betreffende Flugzeug bewinken. Umringt werden sie von etlichen Männern, die die eindeu- tigen Accessoires dabei haben, nämlich grosse Teleobjektive! Meine These ist ja folgende: Je grösser das Objektiv, desto wichtiger ist das SpotterHobby im Leben des Besitzers. Diese Rohre sind nämlich alles andere als günstig. Eine ganze Reihe grosser Maschinen rollen zur Piste 16, schön aufgereiht, wie an einer Perlenkette. Nach und nach schwingt sich eine nach der anderen in die Lüfte, stets begleitet vom schnellen Klappern der Spiegelreflexkameras auf den Zuschauerrängen. Als auch der letzte Airbus A340 in den Wolken hängt, ist der Flughafen wie leergefegt. Es ist Nachmittag. Die Langstreckenairliner befinden sich in der Luft und auch die Kurzstreckenflieger bringen ihre Passagiere an ihre Destinationen, um später gegen Abend wieder zurückzukehren und neue Leute in den Flughafen reinzuspülen. Die Terrasse lichtet sich, der Flughafen wird plötzlich zu einem ruhigen Ort. Viele Besucher ziehen sich ins Restaurant zurück, um sich aufzuwärmen. Für mich ist dieser Ausflug und Einblick nun zu Ende. Aber ich werde bestimmt wiederkommen. 33 34 Quiz Zu guter Letzt nun noch ein kleines Quiz, um die eigenen Flugzeugerkennungs fähigkeiten zu testen! Um welchen Flugzeugtyp handelt es sich bei diesen Maschinen jeweils? 1. a) Boeing 777 b) Airbus A380 c) Fokker 70 2. a) Fokker 100 b) Bombardier Dash 8Q-400 c) Boeing 747 3. a) Avro RJ100 «Jumbolino» b) Airbus A319 c) Boeing 747 35 5. a) Airbus A330 b) Boeing 737 c) Fokker 100 6. a) Airbus A340 b) Boeing 747 c) Avro RJ100 «Jumbolino» Auflösung: 1.b/2.c/3.b/4.a/5.c/6.c 4. a) Bombardier Dash 8Q-400 b) Airbus A321 c) Boeing 767 36