planespotter - ein einblick

Transcrição

planespotter - ein einblick
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planespot
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Inhalt
Plane­spotting?
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Welche Flugzeuge dürfens denn sein?
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Was ist ein gutes Foto?
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Was braucht man dazu?
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Was sind Planespotter so für Leute?
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Wie kommt man denn auf Planespotting?
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Was ist der Reiz daran?
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Wie lebt man dieses Hobby?
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Mein Besuch am Flughafen
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Sie stehen in der Nähe von Flughäfen, auf Besucherterrassen,
bei Start- und Landebahnen oder an Flugshows und sind ausgestattet mit Kameras und riesigen Teleobjektiven: Planespotter.
Immer auf der Suche nach perfekten Bildern und seltenen Flugzeugen, verbringen sie ganze Tage an diesen Orten.
sogar ihre eigene Truppengattung von 1925 bis 1995, die Royal
Observer Corps.
Aus der Not wurde eine Tugend und so entstand daraus ein
Hobby, das heute viele Leute rund um die Welt in seinen Bann
zieht.
In dieser Arbeit werfe ich einen genaueren Blick auf die Leute
mit diesem eher unkonventionellen Hobby.
Kindheitserinnerungen
Wie bin ich denn nun ausgerechnet auf dieses Thema gekommen? Nun, meine Eltern sind schuld. Als ich noch Klein-Sabrinchen war, kamen sie eines Sonntags auf die Idee, diesen mal
auf der Besucherterrasse des Flughafens Kloten zu verbringen.
Da wars passiert: Sabrinchen war schwer fasziniert von den
riesigen fliegenden Büchsen. Sogleich wurde alles gesammelt,
was irgendwie mit Flugzeugen zu tun hatte.
Auch heute noch interessiere ich mich für die Technik hinter
diesen Maschinen. Ausserdem halte ich Flugzeuge rein optisch
für äusserst elegante Erscheinungen, denen ich gerne beim
Manövrieren zusehe.
Aus der Not wird eine Tugend
Der Ursprung dieses Hobbys liegt laut meinen Befragungen
vermutlich im Zweiten Weltkrieg. Damals erkundeten Zivilisten mithilfe von Fernrohren die Flugbewegungen der Jagdflugzeuge. Die Sichtungen wurden notiert, bei der Identifikation
halfen Kataloge mit Abbildungen der Silhouetten verschiedener Flugzeuge.
Selbst während des kalten Krieges bedienten sich manche
Länder der Beobachtungen von Zivilisten. Die Briten hatten
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Auf Recherche
Allerdings ist meine Faszination nicht vergleichbar mit der
Leidenschaft, die Planespotter in ihr Hobby stecken. Ich kenne
keine Spotter persönlich, somit musste ich übers Internet Kontakte knüpfen, um mir einen Überblick verschaffen zu können.
Das Flightforum.ch war meine erste Anlaufstelle. Also meldete
ich mich an und eröffnete einen neuen Thread, in dem ich
um Hilfe bei dieser Arbeit bat. Beinahe im Minutentakt trafen
dann die Nachrichten bei mir ein, ich wurde im Forum begrüsst
und konnte kaum glauben, wie viele Leute sofort bereitwillig
Auskunft gaben. Ich merkte, dass die Spotter gerne über ihre
Leidenschaft berichten. Tis , ein Moderator des Forums, nahm
sich besonders viel Zeit und lieferte mir eine enorme Menge an
Informationen, worüber ich unendlich dankbar bin.
Auch Webseiten von Spottern lieferten zusätzliches Material.
Ausschliesslich eine beobachtende Position nahm ich während
eines Besuchs am Flughafen ein. Die Eindrücke habe ich auf
Seite 28 – 33 beschrieben.
Auf diese Weise habe ich mir zwei Zugänge zu diesem Thema
geschaffen, einmal fragenstellend übers Internet und einmal
passiv betrachtend am Ort des Geschehens.
Die Fotos von meinem Ausflug an den Flughafen habe ich selbst
geschossen, der Rest ist von Planespotting-Portalen entnommen (vorwiegend www.airliners.net).
www.flightforum.ch
Dieses Forum bietet Platz für Diskussionen über jegliche Themen der
Luftfahrt, von der realen Fliegerei
über Flugsimulation bis hin zu Reiseberichten. Es wird von der Interessengemeinschaft Luftfahrt Schweiz
ILS betrieben. Auch Leute aus
anderen deutschsprachigen Ländern
besuchen gerne dieses Portal.
24, Jura-Student, aus
Zürich, Spotter seit acht
Jahren, FlightforumModerator, schreibt und
fotografiert für das Aviatik-Magazin «Jetstream»,
hat eine eigene Website:
www.planepics.org
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In Datenbanken im Internet
können anhand der Flugzeugkennzeichen Angaben wie
Typ, Baujahr, Auslieferungsdatum, wann das Flugzeug für
welche Airline im Einsatz war
usw. nachgeschlagen werden.
Zwei Beispiele sind:
www.airframes.org
www.airfleets.net
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Welch
Was für viele Lebensbereiche gilt, ist auch
beim Planespotting nicht anders: Die
Geschmäcker sind verschieden. Ich habe
im Flightforum eine Umfrage gestartet
und die Spottergemeinde zu ihren Lieblingen befragt. Einige fotografieren alle
Flugzeuge, die ihnen vor die Linse fliegen.
Andere «spezialisieren» sich beispielsweise
auf Militärmaschinen, auf Airliner oder auf
Business-Jets.
Sammler
Die «echten» Planespotter, so genannte
«Reg-Spotter», haben es sich zum Ziel gesetzt, Fotos von möglichst vielen verschiedenen Flugzeugen zu schiessen. Mittels
Kennzeichen (Registration) kann jedes
einzelne Flugzeug identifiziert werden.
Es gibt auch Spotter, die beispielsweise
alle Flugzeuge von bestimmten Airlines
«sammeln».
Seltene Juwelen
Natürlich gibt es auch Motive, die besonders begehrt sind. Alles, was man am
angestammten Platz nicht oder nur selten
zu Gesicht bekommt, weckt grösseres
Interesse. Seien dies Airlines, die normalerweise nicht hier anzutreffen sind oder
ältere Flugzeugtypen, die «vom Aussterben bedroht» sind wie beispielsweise alte
russische Flugzeugmodelle (die heutzutage
kaum noch aus Russland rauskommen) oder
die Boeing 727 .
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Wenn Flugzeuge eine spezielle Weste
tragen
Eine Spezialität bilden die Sonderbemalungen: Airlines erstellen oftmals Sonder­
lackierungen zu bestimmten Anlässen.
Diese sind dann nur während einer gewissen Zeit zu sehen und dementsprechend ein
beliebtes Fotomotiv.
Ausserdem werden manchmal Flugzeuge
untervermietet oder nach dem Kauf nicht
sofort vollständig umbemalt. Diese «Hybrid
Paintschemes» existieren nur für eine bestimmte Zeit und sehen dementsprechend
speziell aus. Ein gefundenes Fressen für
Spotter!
Sonderlackierung der SWISS anlässlich der EM 2008.
Die holländische Transavia (die eigentlich Flugzeuge
mit weissem Rumpf betreibt) hat für die Sommersaison einen blau bemalten Flieger der amerikanischen
SunCountry Airlines ausgeliehen.
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Laut Tis gibt es sogar noch eine
Steige­r ungsform der strengen RegSpotter, sie lässt sich vom Ursprung
des Hobbys ableiten: «Die gänzlichen
Puristen (vor allem die Engländer)
notieren nur die Kennungen in einem
Notizblock. Fotos werden keine oder
höchstens als Hilfestellung gemacht.».
Diese Art des Spottens sei aber hierzulande kaum verbreitet, in England
machen sie jedoch etwa 20–30% aus.
Es gibt klare Eigenschaften, welche ein gutes Foto auf­weisen muss. Schärfe, Helligkeit und Auflösung beispielsweise sollten möglichst optimal sein. Auch die
Lichtbedingungen sollten stimmen. Spotter «gehen
mit der Sonne», schauen darauf, dass die Objekte schön
beleuchtet sind und wechseln somit zum Teil im Verlaufe
des Tages ihre Standorte. Gegenlicht wird vermieden,
ausser es wird extra als Stilelement eingesetzt, um dem
Foto eine spezielle Stimmung zu verleihen. Hier kommt
also bereits wieder der Geschmack jedes einzelnen
Spotters ins Spiel.
Eine Frage der Perspektive
Der Winkel, aus dem fotografiert wird, ist ein wichtiger
Faktor. «Reg-Spotter» mögen vielfach den «90-GradShot» : Das Flugzeug streng und exakt von der Seite,
alle Beschriftungen und vor allem das Kennzeichen gut
sichtbar.
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Diese Aufnahmeart ist jedoch bei Fotografen, die mehr
Wert auf ästhetisch anspruchsvolle und interessante
Bilder legen, verpönt. Hier sind spezielle Perspektiven
und originelle Bildausschnitte gefragt. «Close-ups» , also
Detailaufnahmen, erfreuen sich bei der kreativen Fraktion grosser Beliebtheit. Das kann sogar so weit gehen,
dass die Frage, welches Flugzeug überhaupt auf dem
Foto abgebildet ist, nur noch zweitrangig ist.
Viele Spotter bewegen sich zwischen diesen beiden Extremen. Tis meint dazu: «Ich befinde mich wohl irgendwo
zwischendrin – ich möchte zwar auch so viele Flieger wie
möglich ‹erlegen› und ‹sammeln›, achte dabei jedoch soweit
möglich stets auf einigermassen ansprechende Blickwinkel
und Bildkompositionen.».
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Das Drumherum
Beim Bildhintergrund scheiden sich die
Geister. Einige Spotter mögen den Himmel
als Flugzeugumgebung, da er unauffällig erscheint und keine störenden Gegenstände
vorhanden sind. Gemäss meiner Recherche
ist ein solcher Hintergrund aber bei den
meisten Spottern äusserst unbeliebt, weil
diese Fotos keinen Bezug zum Aufnahmeort
zeigen. Sie hätten überall in der Welt aufgenommen werden können. Allgemein gilt
aber: Der Hintergrund sollte harmonisch
wirken und ohne störende Gegenstände
auskommen.
­ omenten
Auf der Suche nach seltenen M
Es spielt eine Rolle, in welchem Flugmanöver sich ein Flugzeug gerade befindet.
«90-Grad-Liebhaber» haben grosse Chancen, ihr Motiv während des langsamen
Rollens am Boden oder sogar während des
Stillstands schön gerade ausgerichtet zu
erwischen.
Anders sieht es bei «Action-Shots» aus:
Flugzeuge im Startprozedere bieten vorteilhafte Posen für Spotter, die beispielsweise
den kurzen Augenblick festhalten möchten,
wenn die Nase der Maschine schon in der
Luft ist, das Fahrwerk hingegen noch am
Boden klebt.
Bei der Landung gibt es auch eine s­ pezielle
Sekunde, bei der es sich lohnt, sie auf den
Chip zu bannen: Dann nämlich, wenn die
Räder gerade anfangen, den Boden zu
berühren.
Die Wolke , die aufgrund der grossen
Beschleu­nigung beim Auftreffen der Reifen
auf der Piste entsteht, macht sich sehr gut
auf einem Flugzeugfoto.
Schiefe Landungen und die Blinklichter
­genau in dem Augenblick, in dem sie aufleuchten, sind ebenfalls begehrte Raritäten.
Viele Spotter ­gehen auch hier mit dem
­Motto «je exklusiver und aussergewöhnlicher, desto besser» auf die Pirsch.
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Die ganz besonderen Bilder
Joel habe ich gefragt, ob es denn ein
bestimmtes Foto gibt, auf das er besonders stolz ist. Seine Antwort: «Ganz viele.
Je spezieller die Geschichte, die hinter einem
Bild steckt, desto mehr spielt auch Stolz eine
Rolle. Besonders stolz bin ich jedoch auf
meine Fähigkeit, die Kamera auch bei schütterem Licht noch einigermassen ruhig halten
bzw. mitziehen zu können. Je später es wird,
desto tiefer steht die Sonne und irgendwann
einmal verschwindet sie hinter den Bergen. Es
wird dunkler und die Verschlusszeiten beim
Fotografieren werden länger und länger. Im
Vorteil ist dann, wer eine ruhige Hand hat und
die Kamera genau im richtigen Tempo und
auf der richtigen Linie mitziehen kann. Ich
finde diese Situationen sehr reizend, hätte
aber 2005, ganz zu Beginn meiner ‹Karriere›,
nicht gedacht, dass ich sowas gleich hinkriegen
könnte».
25, aus Allschwil
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Was brau
Wer Flugzeuge fotografieren will, braucht natürlich erst einmal
eine Kamera. Das ist aber noch nicht alles. Tis erklärt es so: «Also die
Kamera beinhaltet immer auch einen gewissen Park an Objektiven – meist
eines für kürzere und eines für längere Distanzen, je nach Ausrichtung
des Hobbys und sonstigen fotografischen Aktivitäten auch noch andere,
beispielsweise Super-Weitwinkel, Fischauge etc.».
Piloten belauschen
Ein Flugfunkscanner ist ein weiteres nützliches Utensil: «So weiss ich
z.B. in Zürich 20 Minuten vor dem Start, auf welcher Piste ein Flieger
abheben wird, und kann mich unter Umständen speziell dorthin begeben.
Bei anderen Flughäfen mit mehreren gleichzeitig benutzten Landepisten
ist es noch relevanter als in Zürich.»
Das schlaue Buch
Schlussendlich sind auch spezielle Bücher erhältlich, die Listen aller
Airline-Flotten enthalten. Reg-Spotter können darin jedes Mal ein
Häkchen setzen, wenn sie wieder eine neue Kennung «erlegt» haben.
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Was
Da gibt es alles: Vom 12-jährigen Schüler bis
zum 80-jährigen Pensionär, über alle Berufsgattungen und Altersgruppen hinweg.
45, aus Bad
Homburg
21, aus
Worms
Auch beruflich am Durchstarten?
Bei manchen Spottern hat das Hobby die
Berufswahl beeinflusst, wie ich im Forum
herausgefunden habe. Thomas , der selber
als Fluglotse arbeitet, schreibt mir: «Ich
hätte nie Lokführer werden können, auch aus
dem Grund, weil auf dem Heimatbahnhof nie
ein Zug aus dem Kongo eingefahren wäre, auch
nicht als Charter oder Cargo, er wäre einfach
nie gekommen, nie!».
Der andere Thomas (ich nenne ihn mal
Thomas2) studiert Aviation Management:
«Das ist ein betriebswirtschaftlicher Studien­
gang mit Schwerpunkt Luftfahrt. Für mich
war das eigentlich der einzige Studiengang,
der wirklich in Frage kam. Bei der Vorstellung
(ich bin an einer Fachhochschule und wir sind
in unserem Studiengang nur 30 Leute) habe
ich halt erzählt, dass ich Spotter bin, und die
meisten fanden das ‹freakig›, unter anderem
auch einer meiner Professoren.».
Auch Michael könnte sich nach der Schule
eine Zukunft in diesem Bereich vorstellen:
«Es wäre schön, wenn ich später in der Aviatikbranche arbeiten könnte.».
Bei Gerardo wäre es beinahe so weit
gekommen: «Zu Beginn interessierte mich vor
allem auch der betriebswirtschaftliche und
der technische Aspekt der Aviatik. Ich überlegte tatsächlich, mich bei einer Aviatik-Firma zu
bewerben (v.a. Swiss, Jet Aviation, ZRH und SR
Technics), liess es aber schlussendlich sein. Es
sollte ein Hobby bleiben.».
16, Wirtschaftsmittelschüler,
aus Reinach
Projektleiter,
aus Zürich
13
14
Ein Männerhobby?
Etwas fällt bei meiner Recherche aber auf: Es wird
immer von Planespottern gesprochen. Wo sind
denn die Spotterinnen? Tis: «Die Männer dominieren klar, wohl irgendwo zwischen 95 – 98 %. Es gibt
einige Spotterinnen – im hiesigen Forum sind mir
gerade 3 bekannt, eine davon meine Freundin. Eine
weitere kenne ich in Finnland, eine in Australien. Aber
es gibt noch ein paar mehr.
Habe mal einen Beitrag gelesen, wonach sich Spotterinnen ausgegrenzt und besonders von der älteren
Garde misstrauisch beäugt fühlen. War allerdings
in England, dem Mutterland des Spottings, wo noch
immer zahlreiche ‹alte Käuze› an den Flughafenzäunen regieren. Hier empfinde ich das eher gegenteilig – den so seltenen Spotterinnen wird sehr gerne
geholfen, und manchen öffnen sich auch Türen, die
für die männlichen Kollegen eher verschlossen bleiben
(Besuche im Cockpit beispielsweise).»
Ich frage mich sogleich: Ob das wohl einfach am
fehlenden Interesse der Frauen an «Maschinen»
liegt? Tis meint: «Wohl schon; es scheinen aber in
jüngster Zeit anteilsmässig rasant mehr zu werden
(wie ja auch in den Cockpits)».
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Wie komm
Die Frage, wie man eigentlich in so ein spezielles Hobby reinschlittert, kann man nicht
pauschal beantworten. Also verzichte ich
an dieser Stelle auf grosse Interpretationen
meinerseits, sondern lasse einfach die Forumsteilnehmer ihre Geschichte erzählen:
Thomas2: «Also zum Spotten bin ich praktisch
über meinen Vater gekommen. Als wir 1998
von Fuerteventura zurück geflogen sind, durfte
ich damals ins Cockpit der Boeing 757. Dazu
war es noch eine sonderlackierte Maschine.
Das war sozusagen das Schlüsselerlebnis
für mich. Danach bin ich fast jedes Wochenende mit meinen Eltern an den Flughafen
15
in Stuttgart gefahren. ­Damals haben noch
meine Eltern fotografiert. Na ja, eigentlich
immer mein Vater. Und mit 14 habe ich mir
dann meine erste eigene Kamera gekauft, eine
Kompaktkamera von Kodak. Mit 16 dann von
Canon eine digitale Spiegelreflexkamera. Seit
Anfang diesen Jahres habe ich nun auch die
ersten Bilder auf jetphotos.net.»
Adrian: «Ich habe vor etwas mehr als anderthalb Jahren mit dem Spotting begonnen. Das
Schlüsselerlebnis war die Erstlandung des Airbus A380 in Kloten. Seit diesem Zeitpunkt bin
ich nun regelmässig mit Kamera am Flughafen
anzutreffen.»
17, Kantischüler,
aus Wallisellen
16
Michael: «Ich spotte noch nicht lange, erst seit März
2011, und bin durch das Flightforum darauf gekommen. Natürlich mit ein paar Umwegen.
Es fing an mit Besuchen der Flughafenterrasse in
­Kloten als kleiner Bub. Als ich ins Schulalter kam, flaute die Liebe zur Aviatik ein wenig ab und führte mich
zu Fahrzeugen mit festem Boden unter den Rädern.
Gemeint sind Autos und Eisenbahnen.
Dann eines Tages bekam ich den ‹Microsoft Flight
Simulator› geschenkt. Ich wollte ihn installieren, doch
erst ging es nicht. Also blieb er in einer Ecke liegen, bis
ich mir einen neuen Computer leisten konnte. Ich installierte das Programm und meine Liebe zur ­Aviatik
kehrte sofort zurück. Dank eines Problems und einer
Frage über den Flight Simulator kam ich zum Flightforum. Erst nur als stiller Nutzer (weder Beiträge
geschrieben, noch gelesen). Dann aber, Ende 2010,
kam ich irgendwie dazu, einmal in den ReiseberichtCorner zu schauen. So ging ich Thema für Thema
durch, wechselte dann in den Spottercorner und habe
dabei eine neue Leidenschaft entdeckt.»
Thomas: «Ich wohnte 1977 unter der Einflugschneise
und wollte irgendwann wissen, warum mir so ein
Donnervogel nicht auf den Kopf fällt.»
25, aus Allschwil
Joel: «Irgendwann mal, ich glaube es war 2003, hat
mich ein Kollege auf Umwegen dazu gebracht, dass
ich selber Stunden auf Airliners.net verbrachte und
den Wahnsinnigen nacheiferte, die weite Wege für die
fettesten Kisten gingen und gehen. Inspiriert von den
damaligen ‹Spotter-Ikonen› und angetrieben durch
eine durchaus schon zuvor vorhandene Begeisterung
für Verkehrsmittel (namentlich Eisenbahnen), zog es
mich dann 2004 erstmals nur der Spotterei wegen an
einen Flughafen. Die Begeisterung ist zwischenzeitlich
manchmal fast schon krankhaft, mit knapp sieben
Jahren in dem ‹Business› geniesse ich aber mittlerweile auch einmal eine etwas ruhigere Phase, die es
mir erlaubt, die etwas seltener gewordenen weiteren
Reisen umso mehr auszukosten.»
17
17, Fachmann
Betriebsunterhalt,
aus Geltwil
Alex: «Ich bin durch das häufige und lange Fliegen
nach Brasilien und durch meinen Vater, der früher
selber gespottet hat und in der Reisebranche tätig
war, zu diesem Hobby gekommen und betreibe es seit
2006.»
Gerardo: «Der Grundstein wurde im Alter von sechs
oder sieben Jahren gelegt. Bei jedem Abflug in die
Ferien war ich vom Ambiente am Flughafen, vom
Fernweh und vom Kerosin-Geruch fasziniert. Ein
Familienfreund brachte uns dann mal ganz nahe an
die Landebahn, keine Ahnung wo, aber es sah anders
als jetzt aus (ca. 1972–74). Ich kann mich aber noch
an die Landung einer afrikanischen DC-8 erinnern.
Dann war knapp 25 Jahre nichts. 1997 gings dann
wieder los. Wir hatten soeben unsere Flitterwochen
gebucht, Hawaii sollte es werden. Plötzlich bekam
ich wieder ein mulmiges Gefühl ob der vielen Flüge
mit unterschiedlichen Airlines. Zu dieser Zeit hatte
ich tatsächlich starke Flugangst. Also informierte ich
mich über Flugzeuge und Airlines. Mit zu den Vorbe-
reitungen gehörte auch ein Besuch am Heliport. Ich
wollte das Flugzeug starten sehen, das uns von hier
weg bringen sollte. Das zündete dann den Funken.
Somit bin ich seit 1997 Spotter.»
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Was ist d
Das Wort «Faszination» kommt auffällig häufig in
den Antworten vor, als ich meine Auskunftspersonen nach dem Reiz hinter dem Planespotting
gefragt habe. Die Faszination für die Luftfahrt
allgemein, die Flugzeugtechnik und die Geschwindigkeit wurden genannt.
Die Möglichkeit, ein seltenes Flugzeug aus einem
fernen Land zu knipsen oder den kompletten
Lebenslauf einer Maschine dokumentieren zu
können, habe ich ebenfalls als positiven Aspekt
vernommen.
Auf der Pirsch
Dazu kommt die Freude an der Fotografie und,
ganz wichtig, der Sammel- und Jagdtrieb. Michael
beschreibt es so: «Am Spotten reizt mich vor allem
der gewisse Jagdinstinkt, den Fliegern hinterherzujagen. Deshalb bin auch nicht für Museen (selbst wenn
aviatisch) zu begeistern. Der Sound der Triebwerke
ist zum Beispiel immer ganz etwas Spezielles, vor
allem von Maschinen des älteren Semesters. Ansonsten ­reizen mich auch die schönen Bemalungen, die
­gewisse Airlines haben oder auch die Geschichte, die
hinter einem Flieger steckt. Deshalb sind beim Spotten auch die jeweiligen Immatrikulationen so wichtig.
Ein weiterer Grund zum Spotten sind die interessanten Gespräche mit anderen Spottern jeweils am Zaun.
Und der Kerosin-Geruch.»
Alles andere als langweilig
Von aussen betrachtet wirkt das Fotografieren
von Flugzeugen vielleicht eher langweilig. Kevin
schätzt aber gerade die Abwechslung, die das
Spotten bietet: «Ich kann mich an Flugzeugen gar
nicht satt sehen. Dieses Hobby bietet für mich immer
wieder neue Abwechslung und ich habe stets Spass
daran. Zudem könnte man auch sagen, es sei gesund,
denn man ist ja schliesslich immer an der frischen
Luft.»
18, aus Fürstenwalde
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Wie lebt man
Ja wie eigentlich? Definitiv nicht nur mit
dem Fotografieren von Flugzeugen.
Wer denkt, dass Planespotter einsame
­Wölfe sind, die ganz alleine an der Piste
­stehen und danach bei sich daheim im
­stillen Kämmerlein die Fotos sortieren, irrt.
Ich war überrascht zu sehen, dass ein riesiges globales Spotter-Netzwerk existiert,
und zwar sowohl online als auch in der
realen Welt.
Vernetzt
Einerseits veröffentlichen viele Fotografen
ihre Bilder in Onlineportalen wie beispielsweise Airliners.net , Jetphotos.net oder
Flugzeugbilder.de. Neben den grossen Portalen, die meistens Kriterien besitzen, nach
denen sie Fotos aufnehmen oder ablehnen,
gibt es auch unzählige kleinere GalerieSeiten mit schwächeren oder gar keinen
Aufnahmeregeln. Daneben kreieren viele
Spotter eigene Websites, um ihre kostbaren
Stücke ausstellen zu können.
Joel meint dazu: «Früher, als ein Foto noch
explizit mit Hardware (Dia, Papierbild) gleichgestellt werden konnte, war der Austausch von
Bildern (ähnlich wie bei Kaffeerahmdeckeli
oder Fussballbildli) sehr verbreitet.
Die grossen Bilderdatenbanken, zu denen jeder
fähige Fotograf beitragen kann, sind heutzutage eine Art Ersatz dafür, aber halt nicht ganz
gleich geschichtet.
Ich kann mich erinnern, wie vor ca. fünf Jahren
Airliners.net für mich das Nonplusultra war.
Ein gutes Bild musste um jeden Preis bei Airliners.net in die Datenbank.
Die Zeiten haben sich geändert, ich bin ein
wenig älter und weiser geworden und sehe das
auch nicht mehr ganz so verbissen.».
19
Airliners.net
Auf dieser Website sind mittlerweile beinahe
zwei Millionen Fotos von Flugzeugen und
Flughäfen aus aller Welt zu finden.
Planespotter können hier ihre Bilder hochladen, die anschliessend von so genannten
«Screenern» geprüft werden. Entsprechen
Inhalt und Qualität den strengen Richtlinien
(z.B. bezüglich Bildqualität, Bildaufteilung,
Perspektive usw.), wird das Foto in die Daten­
bank aufgenommen. Der Fotograf muss
zusätzlich bei jedem Bild angeben, wann und
wo es entstanden ist sowie welcher Flugzeugtyp darauf abgebildet ist. Danach kann
das Foto wiederum von anderen Benutzern
heruntergeladen werden.
Ausserdem gibt es auf airliners.net eine
News-Rubrik, eine Flugzeugdatenbank sowie
ein Forum, das Platz für Diskussionen bietet.
Finanziert wird die Website durch Werbeanzeigen, unter anderem z.B. von Fluggesellschaften oder Herstellern der Luftfahrt- und
Reisebranche.
20
Apropos Flugplan: Gibt man
bei der Flugsuche auf der
Website des Flughafens
­Zürich das Wort ­«Spotter»
ein, wird der Flugplan
plötzlich spotter-freundlich
dargestellt. Unbedingt mal
ausprobieren!
Immer informiert
Andererseits findet ein grosser Wissensaustausch
in Online-Foren wie beispielsweise dem Flight­
forum.ch oder auch internationalen Portalen
statt.
Einige User des Flightforums durchkämmen
jeweils den gesamten Flugplan , um die Specials
der nächsten Tage bekanntgeben zu können. Des
weiteren existieren Websites, auf denen aussergewöhnliche Flugbewegungen angekündigt werden
und auch auf Facebook gibt es Gruppen, die aber
sogar noch weiter gehen: Dort kann man sich auch
über spezielle Privat-, Staats- und Frachtflüge informieren, welche nicht auf dem Online-Flugplan
des Flughafens stehen.
In guter Gesellschaft
Aber auch im richtigen Leben sind für die meisten
Spotter die Kontakte zu anderen Spottern wichtig.
Tis: «Einige sind sicher einzelgängerischer veranlagt
als andere, aber diese starke internationale Vernetzung ist wirklich integraler Teil des Hobbies. Ich habe
noch nie jemanden erlebt, der sich dem völlig zu
entziehen versuchen würde.
Natürlich sind einige offener und hilfsbereiter als
andere. Aber so ganz alleine? Kaum.»
Auch Joel ist der gleichen Meinung: «Der Austausch
ist wichtig, beispielsweise um zu erfahren, wo und
wann es sich in nächster Zeit lohnt, Flugzeuge zu
jagen. Ebenso beliebt als Gesprächsthema ist die
Ausrüstung (Kamera, Camping-Equipment, Auto,
Verpflegung etc.).».
Es existieren auch Spotter-Vereine, «Airside Foto
Zürich» bietet beispielsweise organisierte Foto­
rundfahrten am Flughafen Zürich Kloten an.
21
Anschluss gesucht
Jemand hat das Spotten neu für sich entdeckt.
Kann sich ein «Neuling» denn problemlos in dieses
Netzwerk integrieren? Tis: «Kommt darauf an, wie
sich der Anfänger verhält. Zeigt er Interesse, zu lernen/sich zu verbessern, und Bereitschaft, sich Mühe
zu geben, helfen ihm alle gerne.
Zeigt er keinerlei Kritikfähigkeit und lässt sich nichts
sagen, hat er es hier im Flightforum mitunter sehr
schwer. Das Forum gibt es ja auch schon über zehn
Jahre, einige ‹alte Hasen› werden des Helfens langsam
etwas müde, und es gibt auch immer mehr junge
Spotter, die es zu ‹coachen› gilt. Daher kriegt man
wohl heute im Forum nicht mehr so einfach Hilfestellung, wie das vor fünf Jahren noch der Fall war.
Man muss sich wohl irgendwie positiv von der Masse
abheben, um von den Erfahrenen wahrgenommen
und unterstützt zu werden – so hart das vielleicht
klingt.
Andererseits organisieren sich auch die Anfänger
untereinander und entwickeln sich so gemeinsam.
Auch Junge geben hier noch jüngeren bereits vielfach
ihr Wissen weiter.».
Zeitinvestitionen
Ein Hobby bedeutet auch Zeitaufwand. Im Forum
habe ich nachgefragt, wie viel davon eigentlich ins
Planespotting investiert wird. Bei User A330-800
ist es beträchtlich: «Schon alleine das Warten auf
DEN interessanten Flieger dauert bei mir teilweise
schon zwei Stunden. Ganze Tage und Wochen an
Flughäfen verbrachte ich zudem auch schon. Zuhause
werden die Bilder natürlich auf den PC geladen und
begutachtet. Das anschliessende Bearbeiten raubt je
nach dem auch sehr viel Zeit.»
Wer zudem noch in Foren oder auf Foto-Websites
aktiv ist, verbringt weitere Stunden vor dem
Bildschirm.
Bei einer grossen Anzahl von Spottern spielt das
Wetter eine wichtige Rolle, sie bleiben bei guten
Lichtbedingungen länger am Flughafen als wenn
es Katzen hagelt.
Aber auch ein Studium kann das Hobby beeinflussen, so wie bei Thomas: «Für mein Hobby wende
ich unterschiedlich viel Zeit auf. Vor den Klausuren
gehe ich mindestens einmal im Monat zum Spotten.
Sobald dann die Lernphase beginnt, habe ich leider
nicht mehr die Zeit dazu. In den Sommerferien war
15, Bez-Schüler,
aus Rüfenach
22
ich sogar jedes Wochenende mindestens einen Tag
spotten. Aber da musste ich auch einiges nachholen,
was ich im Mai und Juni ‹verpasst› hatte.».
Michael hat andere Gründe: «Bisher hält sich meine
‹Sucht› nach Airlinern noch in Grenzen. Somit gehe
ich jeweils einmal pro Monat an den Flughafen.
Für mich als Schüler ist es sowieso relativ schwer,
‹rumzukommen›, und für jedes Highlight von Basel
nach Zürich oder Genf zu fahren. Denn jede Zugfahrt
kostet, und mit dem Velo nach Zürich fahren möchte
ich auch nicht gerade.».
Ungekrönter Spotter-König ist aber Tis !
Tis’ Zeitmanagement:
– F otografieren am Heimatflughafen (Zürich): Drei bis sechs Mal pro Monat,
je ca. vier bis sechs Stunden.
–S
potter-Reise: Alle zwei Monate. Meist für ein bis zwei Tage, mal nur Tagestrips,
mal länger.
–A
ufwand Magazin: Im Durchschnitt wohl fünfzehn Stunden pro Monat.
–A
ufwand fürs Forum: Zwei bis drei Stunden pro Tag, wobei es da nicht nur ums
Spotting geht, sondern Aviatik allgemein
onstige mit dem Hobby verbundene Aufwände (Präparieren von Bildern für
–S
Online-Galerien wie airliners.net, Austausch mit Gleichgesinnten, Verkauf von
Fotos etc.): Eine Stunde pro Tag.
Spotter auf Reisen
Andere Länder, andere Flugzeuge. Es ist nicht mehr
als logisch, dass Spotter auch in den Ferien auf der
Pirsch sind, denn dort sind viele Flieger zu finden,
die den angestammten Airport nicht anfliegen.
Meine Recherche hat ergeben, dass zum Teil spezielle Spotter-Reisen unternommen werden. Das
heisst, dass Spotter alleine oder in organisierten
Gruppen an einen Ort fliegen und sich dort einzig
dem Fotografieren von Flugzeugen zuwenden. So
wie beispielsweise Tis: «Besonders bei kurzen Trips
(Genf, Paris, Frankfurt, Amsterdam) kann es gut sein,
dass man absolut nur fürs Spotting ausrückt und das
Wochenende nur am Flughafen verbringt.
Einige Verrückte sind auch schon für ein Wochenende
Spotting nach Alaska geflogen, aber das geht mir
dann doch etwas zu weit.».
Meist ist es aber eher eine Kombination aus Reisen
und Spotten: «Da ich sehr gerne reise (und auch sehr
gerne mit seltenen und speziellen Flugzeugtypen fliege), ist es meist eine Verbindung von allem – gerade
bei weiteren Reisen. Von zehn Reisen sind vielleicht
vier Spotting only, fünf Reisen und Spotting, und eine
nur Reisen/Ferien, nahezu ganz ohne Spotting.»
23
Angesichts dessen habe ich mich gefragt, ob denn
nun beim Buchen explizit darauf geachtet wird,
mit möglichst speziellen Maschinen fliegen zu
können. Tis meint: «Kommt vor, ja. Allerdings gibt
es keine (für mich) speziellen Flugzeuge mehr, die in
Zürich starten. Also fliege ich mit normalen Maschinen (bei denen ich auf übliche Kriterien wie Preis,
Komfort etc. achte) zu diesen speziellen Flugzeugen
hin, ob sie dann auf den Kanalinseln, in Bangladesch,
oder in Alaska sind. Aber ja: Ich versuche, solche Erlebnisse in normale Reisen einzubauen, oder plane gar
Reisen nur, um im Zielgebiet in speziellen Maschinen
zu fliegen. Das hat aber dann nur noch am Rand
mit Flugzeugfotografie zu tun, sondern eher mit der
Flieger-Faszination an sich.»
Einige von Tis’ Reiseabenteuern 2011/12:
–S
ommer: Ein Monat Alaska, alleine. Hauptaugenmerk: Reisen durch das Land, fliegen
mit speziellen Flugzeugen, fotografieren
von seltenen Flugzeugen. Spotting dann,
wenn möglich (i.e. an grösseren Flughäfen).
–S
ommer: Gleich anschliessend noch zwei
Wochen US-Westküste mit der Familie.
Hauptaugenmerk auf der Reise, doch Spotting-Aufenthalte an vier grossen Flughäfen
mussten «on the way» noch drinliegen.
–H
erbst: Wochenend-Trip mit meiner
­Freundin (auch Spotterin) nach Barcelona.
Zeit: 80% am Airport, 20% Sightseeing.
–N
ovember: Reise an eine Flugschau in
Dubai fürs Magazin, vier Tage Flugzeugfotografie, kein Sightseeing (kannte aber Dubai
schon, daher).
– E nde Jahr: Geplanter Aufenthalt mit der
Freundin in Miami; zwei Tage Spotting,
zwei Tage Sightseeing.
–M
ärz 2012: Einwöchige Reise mit Kollegen
aus Deutschland und Österreich nach Südafrika, wohl hauptsächlich zur Flugzeugfotografie (seltene Airlines, alte Flieger etc.)
und noch etwas Sightseeing.
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Überall auf der Welt ein Bett parat
Laut Tis ist der Kontakt mit Gleichgesinnten
­äusserst bereichernd, und zwar in vielerlei
Hinsicht: «Von Alaska bis Neuseeland, ich habe
durch dieses Hobby überall auf der Welt neue
Freunde gewonnen, bei denen jederzeit ein Bett
für mich bereitstünde.
Man hilft sich gegenseitig, zeigt sich die eigenen Flughäfen oder führt einem auch im
eigenen Land herum. Gerade im Januar
empfange ich einen Kollegen aus Neuseeland,
zeige ihm die Schweizer Landschaften, Städte
und Flughäfen, und gehe mit ihm dann noch
kurz nach Lissabon, Barcelona und Rom für
Sightseeing und etwas Spotting.
Die ganze Reiserei ist Teil des Spiels, und so
kommt man unweigerlich auch an spezielle
Orte dieser Welt. Ohne dieses Hobby hätte ich
mich wohl kaum nach Alaska, Bangladesch
oder nach Nepal verirrt – aber obwohl die
Fliegerei der Hauptgrund für den Besuch war,
bekam ich auch ganz viel der lokalen Kultur
mit, und konnte so meinen Horizont erweitern.
Es ist also nicht bloss langweiliges Am-Zaun-
Stehen und Knipsen der immergleichen Flieger.
Es kann der Schlüssel zu einer ganz neuen und
bereichernden Welt sein!»
Flughäfen, für die man gerne den Weg auf
sich nimmt
Besonders beliebte Spotterdestinationen
sind Flughäfen mit extrem viel Verkehr wie
zum Beispiel London-Heathrow oder Plätze
mit idealen Foto-Standorten wie Amsterdam. Miami ist für die seltenen südamerikanischen Maschinen bekannt und asiatische
Metropolen wie Singapur, Hong Kong oder
Tokio sind stark am kommen. Der Spottertraum schlechthin ist jedoch das karibische
St. Maarten!
An manchen Plätzen ist jedoch Vorsicht
geboten: Nicht an allen Flughäfen darf
gespottet werden. Wenn an einem Ort die
Sicherheitslage kritisch ist oder das Hobby
dort keinen grossen Bekanntheitsgrad aufweist, kann die Fototour im Extremfall sogar
im Gefängnis enden. Zum Teil darf sogar in
der gleichen Stadt an einem Flughafen foto­
25
grafiert werden (Paris Orly) und an einem
anderen nicht (Paris Charles-de-Gaulle).
Umgekehrt gibt es in England spezielle
Telefonnummern, wo Spotter verdächtige
Vorgänge melden können. Dort werden die
Fotografen also sogar als nützlich ­betrachtet.
Das liebe Geld
Ein Vorteil an diesem Hobby ist, dass man
nicht zwingend Unmengen an Geld darin
investieren muss. Die teuersten und besten
Foto-Utensilien sind zwar nützlich, aber
kein Muss. Ein Spotter kann seine Leiden­
schaft so ausleben, dass es auch fürs
Portemonnaie stimmt. Falls der Wohnort
sich auch noch in der Nähe eines Flughafens
befindet, bleiben auch die Kosten für die
Fahrt dorthin überschaubar.
Umgekehrt kann man theoretisch auch etwas Geld aus dem Spotting schöpfen, sei es
weil man Fotograf von Beruf ist oder zufällig
angefragt wird, ein bestimmtes Foto verkaufen zu dürfen. Dies ist laut Tis aber die
Ausnahme: «Es gibt weltweit vielleicht zwei bis
drei Planespotter, die von ihrem H
­ obby leben
können (wenn überhaupt), und zwar weil sie
von Airlines, Flugzeugherstellern etc. extra
gebucht werden, um Fotos zu schiessen. Die
‹normalen› Fotografen verkaufen vielleicht ab
und zu mal ein Bild an ein Fliegermagazin – in
meinem Fall vielleicht so vier bis sechs Mal
im Jahr. Aber das bringt dann nur einen ganz
kleinen Zustupf.».
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Befallen vom Virus
Meist zeugt ein Interesse fürs Planespotting
auch von einem generellen Interesse an der
Aviatik. Wer sich einmal mit dem FliegereiVirus infiziert hat, kommt nicht mehr so
einfach davon los. Michael: «Den Alltag
beeinflusst es halt dadurch, dass ich sofort
an den Himmel schauen muss wenn ich einen
Flieger höre.».
Auch Joel kennt das: «Wenn ich daheim bin,
beeinflusst mich die Fliegerei insofern, als dass
mir ständig Flieger übers Haus fliegen. Damit
wächst man in Allschwil einfach auf, aber ich
glaube, nicht alle sehen das gleich.
Mindestens ein Mal täglich muss auch ein Blick
in den Flugplan des EuroAirports drinliegen,
damit ich wenigstens im Bild bin, was ich gerade verpasse. In den vergangenen Jahren gab
es dafür immer mal wieder Zeiten, in denen
ich öfter als nötig am Airport war. Da war das
Hobby schon fast Alltag.»
Weitere Aktivitäten können Besuche von
Airshows, das Sammeln von Flugzeug­
modellen und das virtuelle Fliegen an Flug-
simulatoren sein, teilweise kann es sogar
bis zur Privatpilotenlizenz führen. Ivo zum
Beispiel hat eine Sammlung von Flugzeugteilen: «Ich sammle alles aus der Schweizerischen Militärluftfahrt. Sei es ein komplettes
Cockpit, Schleudersitze, Instrumente oder
Bewaffnung.».
Joel muss letztendlich dann zugeben: «So
gründlich wie ich teilweise meinen Kopf in die
Spotterei stecke, erstaunt es sogar mich selber,
wie kalt mich die Fliegerei manchmal lassen
kann. Zu viel mehr als dem einen oder anderen
Foto oder selbst geschriebenen Bericht in
einer Zeitung hat es bei mir auf alle Fälle nie
gereicht.»
aus Freiburg
27
Und darüber hinaus
Planespotten bedeutet auch, sich Wissen
aus diversen Bereichen anzueignen und so
vielfältige Einblicke zu erhalten. Die Fotound Kameratechnik sowie die Bildbearbeitung beispielsweise kann man auch bei
anderen Motiven als bei Flugzeugen anwenden. Tis: «Ich kenne Kollegen, die als Spotter
angefangen haben und nun als Fotografen im
Sport-, Model- oder Newsbereich arbeiten.».
Es gibt Verbindungen zu weiteren Themen:
«Man beginnt sich für Marketing, geographische Zusammenhänge, Wirtschaftsfragen zu
interessieren. Wieso setzt Singapore Airlines
den Airbus A380 ins kleine Zürich ein? Weil
unser Business-Class-Publikum eines der
anspruchsvollsten und zahlungskräftigsten
weltweit ist. Wann beginnen die russischen
Weihnachtsferien, die jedes Jahr Touristen und
interessante Maschinen in die Alpenländer
spülen?».
Was meinen andere?
Von Tis wollte ich noch wissen, was NichtSpotter über Spotter denken. Kann die
Faszination nachvollzogen werden oder
wird dies in die Kuriositäten-Ecke geschoben? «Quer durchs Band. Meistens wohl schon
die Kuriositäten-Ecke. Die Faszination Fliegerei
kann von den meisten noch nachvollzogen
werden – aber für ein paar Flugzeug-Bilder
einen Sonntag lang am Flughafenzaun zu stehen, geht dann doch etwas weit. Ist aber auch
egal. Es gibt ja weltweit eine grosse Community, man fühlt sich also nie alleine. Und auch
rational betrachtet finde ich es ein vernünftiges Hobby, weshalb es mich kalt lässt, wenn es
belächelt wird!»
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Mein Besu
Informationen vom Hörensagen sind gut und
recht. Ich wollte aber auch selber mal vor Ort mein
Themengrüppchen beobachten. Spotter beim
Spotten spotten, sozusagen.
Also mache ich mich am Samstag, 3. Dezember
auf den Weg nach Rümlang zum Heligrill, einem
bekannten Treffpunkt mit Imbissstand und bester
Aussicht auf den Flugverkehr.
Kurz vor 10 Uhr morgens treffe ich am Bahnhof
ein. Bereits dort werde ich vom dröhnendem Motorengeräusch der startenden Flugzeuge begrüsst.
Es ist somit nicht allzu schwierig, den Heligrill zu
finden: Man muss nur dem Lärm folgen.
Der Weg führt an einem Waldstück vorbei, es liegt
noch etwas Nebel. Zuerst hört man das ansteigende Geräusch von Triebwerken, danach sieht man
die Silhouette des Flugzeugs zwischen den kahlen
Ästen aufsteigen, bis es schliesslich über meinen
Kopf hinwegdonnert. Irgendwie unheimlich, aber
auch sehr eindrücklich.
Immer wieder fahren Autos an mir vorbei. Je näher
ich dem Heligrill komme, desto mehr Autos stehen links und rechts der Strasse in Reih und Glied
parkiert.
Als ich schliesslich den Imbissstand erreiche,
schaue ich mich mal genauer um.
Bei den Autos steht ein älteres Ehepaar, er hört
den Flugfunk ab, sie drückt auf ihrem iPhone
herum. Sie scheinen sich über den Flugplan zu
unterhalten.
Vor dem Heligrill sitzen ein paar Leute auf den
Bänken. Am Stehtisch hat sich eine Gruppe von
Herren mittleren Alters versammelt, zu der je
länger je mehr Herren dazustossen. Alle schlürfen
Kaffee, und auch hier scheinen sich die Diskussionen um den Flugverkehr zu drehen.
Ein paar Schritte weiter, am Absperrgitter, begegne ich einerseits spazierenden Familien und
andererseits Leuten mit kleineren oder grösseren
Fotoapparaten. Im Zaun selber sind alle paar
­Meter spezielle «Gucklöcher» für Fotografen
eingearbeitet.
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Nach 10 Uhr begeben sich nacheinander gleich
drei grosse amerikanische Maschinen auf Piste 16
in die Lüfte. Der Start wirkt äusserst elegant aus
dieser Perspektive und der immense Lärm verleiht
dem Ganzen eine gewisse Dramatik.
Etwas später folgt auf Piste 28 der Take-Off eines
winzig kleinen privaten Propellerfliegers. Sofort
nimmt ein älterer Herr seinen Feldstecher hervor
und beäugt die Maschine gründlich. Ich finde diese Szene amüsant, sie erinnert mich an Ornithologen bei der Vogelbestimmung.
Der wahre Grund, wieso viele Leute um diese Zeit
diesen Ort aufgesucht haben, setzt sich um kurz
vor 11 Uhr in Bewegung: Der Airbus A380 der
Singapore Airlines wird aus seiner Parkposition zurückgestossen. Plötzlich begeben sich fast alle Anwesenden zum Zaun. Allmählich rollt der Super-
jumbo Richtung Norden, um danach auf Piste 16
einzudrehen und auf die Startfreigabe zu warten.
Nun sind alle Objektive auf den Doppelstöcker
gerichtet. Die Piloten geben Schub, und obwohl
der A380 stetig an Geschwindigkeit gewinnt, wirkt
er aufgrund seiner riesigen Ausmasse langsam und
schwerfällig.
Dann hebt er ab, die Kamera-Objektive zeigen
immer in seine Richtung. Nach einer Linkskurve
verschwindet die Maschine auch schon in den
Wolken.
Das wars. Etwa die Hälfte aller Anwesenden begibt
sich nun zurück zum Auto und fährt davon. Für
mich ist dies ein Indiz, dass nicht viele «echte»
Spotter da waren, denn diese interessieren sich für
diverse Flugzeuge, nicht nur für den A380.
Ich mache mich nun auch bereit für einen Standortwechsel und nehme den Bus zum Flughafen.
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32
Dort ist erstmals die erneuerte Besucherterrasse
auf dem Dock B wieder für die Öffentlichkeit
zugänglich. Also nichts wie hin.
Bevor man die Terrasse betreten darf, muss jede
Person einen Metalldetektor durchschreiten und
die Taschen durchleuchten lassen. Bereits in der
Warteschlange vor dieser Kontrollstelle stelle
ich fest, dass von der Familie über interessierte
Einzelpersonen bis hin zu fotografisch aufwändig
ausgerüsteten Spottern alles vorhanden ist.
Auf der Terrasse selber dann das gleiche Bild: Ein
Vater liest seinen Kindern die Texte über die verschiedenen Flugzeugtypen auf den extra am Geländer befestigten Informationstafeln vor. Gleich
daneben fotografiert ein junger Mann mit seiner
winzigen Kompaktkamera einen Airbus A340 der
SWISS. Am westlichen Ende der Terrasse, dort
wo man einen guten Ausblick auf die startenden
Maschinen hat, ist auch die Winke-Winke-Fraktion
anwesend: Leute, die vermutlich ihre reisenden
Bekannten an den Flughafen chauffiert haben und
nun das betreffende Flugzeug bewinken. Umringt
werden sie von etlichen Männern, die die eindeu-
tigen Accessoires dabei haben, nämlich grosse
Teleobjektive! Meine These ist ja folgende: Je grösser das Objektiv, desto wichtiger ist das SpotterHobby im Leben des Besitzers. Diese Rohre sind
nämlich alles andere als günstig.
Eine ganze Reihe grosser Maschinen rollen zur
Piste 16, schön aufgereiht, wie an einer Perlenkette. Nach und nach schwingt sich eine nach
der anderen in die Lüfte, stets begleitet vom
schnellen Klappern der Spiegelreflexkameras auf
den Zuschauerrängen. Als auch der letzte Airbus
A340 in den Wolken hängt, ist der Flughafen
wie leergefegt. Es ist Nachmittag. Die Langstreckenairliner befinden sich in der Luft und auch
die Kurzstreckenflieger bringen ihre Passagiere
an ihre Destinationen, um später gegen Abend
wieder zurückzukehren und neue Leute in den
Flughafen reinzuspülen. Die Terrasse lichtet sich,
der Flughafen wird plötzlich zu einem ruhigen Ort.
Viele Besucher ziehen sich ins Restaurant zurück,
um sich aufzuwärmen.
Für mich ist dieser Ausflug und Einblick nun zu
Ende. Aber ich werde bestimmt wiederkommen.
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Quiz
Zu guter Letzt nun noch ein kleines Quiz, um die eigenen Flugzeugerkennungs­
fähigkeiten zu testen!
Um welchen Flugzeugtyp handelt es sich bei diesen Maschinen jeweils?
1.
a) Boeing 777
b) Airbus A380
c) Fokker 70
2.
a) Fokker 100
b) Bombardier Dash 8Q-400
c) Boeing 747
3.
a) Avro RJ100 «Jumbolino»
b) Airbus A319
c) Boeing 747
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5.
a) Airbus A330
b) Boeing 737
c) Fokker 100
6.
a) Airbus A340
b) Boeing 747
c) Avro RJ100 «Jumbolino»
Auflösung: 1.b/2.c/3.b/4.a/5.c/6.c
4.
a) Bombardier Dash 8Q-400
b) Airbus A321
c) Boeing 767
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