Alpiq hat Mühe mit dem Verkauf der Wasserkraftwerke 05. 06. 2016

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Alpiq hat Mühe mit dem Verkauf der Wasserkraftwerke 05. 06. 2016
Wirtschaft45
sonntagszeitung.ch | 5. Juni 2016
Alpiq hat Mühe mit dem Verkauf
der Wasserkraftwerke
Vor allem Investoren aus der Romandie zieren sich
Pierre Veya und Jürg Meier
Olten/Lausanne Im März gab der
Unrentable
Wasserkraft:
EmossonStausee
im Wallis
Stromriese Alpiq bekannt, er wolle 49 Prozent seines Wasserkraftportefeuilles verkaufen. Interessenten gibt es zwar, doch zumindest die Rückmeldungen aus der
französischen Schweiz sind eine
Enttäuschung. Die Forces Motrices Valaisannes aus dem Wallis,
die Groupe E aus Fribourg und die
Industriellen Werke Genf geben
nicht einmal ein Angebot ab. Nur
Romande Energie aus der Waadt
und die Industriellen Werke Lausanne interessieren sich offenbar.
Die fünf Unternehmen besitzen
via die EOS Holding über 31 Prozent an der Alpiq.
Foto: Keystone
Der Verkauf löst das
Schuldenproblem nicht
Wasserkraftwerke werden noch
jahrelang Verlust schreiben
Etwas anders sieht es in der
Deutschschweiz aus. Die Genossenschaft Elektra Baselland, die
7 Prozent an Alpiq hält, hat eine
Offerte eingereicht, wie Firmenchef Urs Steiner bestätigt. Details
will er nicht nennen. Auch die Genossenschaft Elektra Birseck prüft
laut Sprecher Jo Krebs einen Kauf
von Anteilen. Sie hält 13 Prozent
an Alpiq. Die nicht direkt an der
Alpiq beteiligten Industriellen
Werke Basel sollen ebenfalls eine
Offerte abgegeben haben. Alpiq
erklärt, man habe bereits um die
zwanzig Angebote erhalten. Der
Verkaufsprozess dauere an.
Trotzdem erscheint es unwahrscheinlich, dass der Verkauf der
Anteile zu einem vollen Erfolg für
Alpiq wird und dem Unternehmen
aus der Krise hilft – auch wenn
nicht auszuschliessen ist, dass ein
grosser ausländischer Fonds doch
noch in die Bresche springt.
Die abschlägigen Antworten
aus der Westschweiz überraschen
jedenfalls nicht. Denn die Käufer
gehen eine sehr riskante Wette ein,
wenn sie Anteile an der «Hydroco» übernehmen würden – so der
Codename der von der UBS betreuten Transaktion.
Die Kraftwerke der Alpiq werden laut verschiedenen Experten
noch jahrelang Verluste schreiben,
weil die Produktionskosten deut-
nicht zufrieden ist, wie Alpiq die
Kraftwerke betreibt, oder wenn
man aussteigen will?» Solche Fragen stellen sich offenbar viele
Stromversorger. Die Angebote von
Romande Energie und der Industriellen Werke Lausanne sollen laut
Kennern des Geschäfts nicht allzu
attraktiv sein.
lich über den Grosshandelspreisen
liegen. Nur Unternehmen, die den
Strom an ihre sogenannten gefangenen Kunden abgeben können –
Private und KMU, die den Lieferanten nicht wechseln dürfen –, erzielen kostendeckende Preise.
«Eines Tages wird der Markt aber
vollständig geöffnet», warnt Paul
Michellod, Chef der Forces Motrices Valaisannes. Dann können alle
Kunden zu einem günstigeren Lieferanten wechseln. Michellod ist
dieses Risiko zu hoch.
Kurt Hess, Energiespezialist der
Zürcher Ratingagentur Independent Credit View, zeigt sich skeptisch, ob sich Stromverteilunter-
nehmen an den Wasserkraftwerken von Alpiq beteiligen sollen.
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass
es sich für diese Unternehmen lohnen wird.» Mit dem Kauf von Anteilen binde man sich an die Alpiq,
bleibe aber in der Minderheit und
habe ein beschränktes Mitbestimmungsrecht. «Doch was, wenn man
Independent Credit View schätzt
den Wert des Alpiq-WasserkraftPortfolios zwar auf 1,5 Milliarden
Franken. Dies aber nur, wenn man
einen Marktpreis für Strom von
5 Rappen pro Kilowattstunde zugrunde legt. Heute liegt dieser
Preis bei rund 2,5 Rappen, ein Anstieg ist nicht in Sicht. Würde Alpiq dennoch 49 Prozent zu diesem
Preis loswerden, könnte sie ihre
Verschuldung um rund 750 Millionen Franken abbauen.
Doch allein die Schulden des
zum Verkauf stehenden Wasserkraftportfolios betragen laut Kreditanalyst Kurt Hess 1,2 Milliarden Franken. Dazu kommen weitere 1,3 Milliarden an Nettoschulden auf Ebene der Holding und
eine Milliarde an sogenanntem
Hybridkapital – eine Mischung aus
Fremd- und Eigenkapital. Dieses
nahm Alpiq 2013 bei ihren Eigentümern und am Kapitalmarkt auf,
um die Bilanz zu entlasten.
Es blieben also Schulden von
rund 2,7 Milliarden Franken. «Ein
Verkauf brächte Alpiq eine Entlastung. Ihr Schuldenproblem wäre
damit aber nicht gelöst», sagt Hess.
Auch die am Freitag von Alpiq bekannt gegebene Veräusserung
eines weiteren Unternehmensteils
für 312 Millionen Franken ändert
dieses Bild nicht grundsätzlich.
Eine Rekapitalisierung oder gar
eine Zerschlagung der Alpiq erscheint damit immer unausweichlicher. Laut Christian Brunier, Chef
der Industriellen Werke Genf, sind
finanzielle Beiträge für den Kauf
von Kraftwerksanteilen nicht die
richtige Strategie, um die Wasserkraft zu unterstützen. Besser wäre
es, schmutzige Energiequellen wie
Gas- und Kohlekraftwerke mit
einer CO2-Steuer zu belasten.
Swiss setzt Prestige-Jet 777 auf
anderen Routen ein als geplant
Streit ums digitale Grundbuch
kommt ins Parlament
Statt nach São Paulo und San Francisco geht es nach Singapur und Genf
Hauseigentümer fordern Verstaatlichung – Economiesuisse wehrt sich
Zürich/São Paulo Die Swiss wird
ihre neuen ­
Boeing-777-Jets anders einsetzen als ursprünglich geplant. In die brasilianische Metropole São Paulo fliegt die Fluggesellschaft mit ihren Prestigefliegern nur im August, während der
Olympischen Spiele. Ab September steuern sie statt Brasilien Singapur an. «Der Entscheid fiel aufgrund der Nachfrage, wie sie sich
heute darstellt und wir sie für die
Zukunft erwarten», sagt eine
Swiss-Sprecherin.
Die neuen Flugzeuge sind mit
340 Passagierplätzen deutlich grösser als die bisher eingesetzten Airbus-Maschinen, die Platz für 236
Fluggäste boten. Offenbar zeigten
die bisherigen Buchungen für São
Paulo, dass die grösseren Jets nur
ungenügend ausgelastet wären.
Die Swiss-Tochter EdelweissAir, die seit April zweimal wöchentlich nach Rio de Janeiro fliegt,
spricht von verhaltenen Buchungen nach Brasilien. Es brauche eine
gewisse Zeit, bis die Strecke im
Markt bekannt sei, sagt ein Sprecher. Zudem habe das grosse
­Medienecho zum Zika-Virus einen
Einfluss gehabt. Die Buchungen
für die nächsten Wochen hätten
aber stark angezogen.
Swiss ändert auch die Pläne für
USA-Flüge. Vorgesehen war, die
neuen Jets ab August für Flüge
nach San Francisco einzusetzen.
Stattdessen steuern die Maschinen
vorerst Destinationen in Europa
an. Unter anderem bedient die
Langstreckenmaschine den Kurzflug von Zürich nach Genf. Ab Oktober werden die Jets nach Miami
fliegen. San Francisco stehe für die
777 erst ab kommendem Jahr auf
dem Programm.
Diese Verschiebung erfolge aus
«flugbetrieblichen Gründen», begründet die Swiss kryptisch. Aus
Swiss-Kreisen verlautet, dass auch
die Auslastung nach San Francisco zu wünschen übrig lässt. Erich Bürgler
Bern Staatsabbau ist normalerwei-
se das Kerngeschäft der SVP. Jetzt
soll ausgerechnet unter Anführung
von SVP-Nationalrat Hans Egloff,
Präsident des Hauseigentümerverbands, eine offensichtlich gut funktionierende private Dienstleistung
zerstört und stattdessen dem Staat
neue millionenteure Aufgaben aufgebürdet werden. Es geht um den
digitalen Zugang zum Grundbuchamt, der nach dem Willen Egloffs
nächste Woche im Nationalrat faktisch verstaatlicht werden soll.
Unter dem Namen Terravis benutzen immer mehr Kantone ein
elektronisches Auskunftsportal für
Grundbuchdaten. Betreiberin ist
die Börsenbetreiberin SIX Group,
die den Schweizer Banken gehört.
Gegenwärtig werden vorab von
Banken und Behörden etwa 80 000
Abfragen pro Monat getätigt. Weil
der elektronische Zugriff effizienter ist, rechnen die Betreiber mit
Einsparungen für die Kunden von
jährlich 50 Millionen Franken.
Obwohl die Kantone des Lobes
voll und Datenschützer zufrieden
sind, spricht Egloff von Datenschutzproblemen und einer zu verhindernden «schleichenden Privatisierung». So brachte er eine Kommissionsmehrheit aus bürgerlichen
und linken Nationalräten dazu,
die nötige Rechtsgrundlage zu ver-
weigern und stattdessen vom Bundesrat den Aufbau eines eigenen
Systems zu verlangen.
Inzwischen machen aber Economiesuisse und die IT-Branche
gegen den Plan mobil. FDP-Nationalrat Ruedi Noser, Präsident
des Verbandes ICT Switzerland:
«Es ist völlig absurd, dass gerade
jene Kreise, die sonst immer weniger Staat verlangen, ein funktionierendes Public-Private-Partner­
ship-Projekt killen und dem Staat
Aufgaben in Millionenhöhe aufbürden wollen.» Ein neues System
könnte gemäss Branchenkennern
einen dreistelligen Millionen­
betrag kosten. Denis von Burg

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