MA-Thesis «Design Think Your Wedding
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MA-Thesis «Design Think Your Wedding
Des gn Think Your Wedding! Inwiefern die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess zum Ziel einer Hochzeit – der authentischen Inszenierung der Paaridentität – beitragen kann und dabei der Einsatz von Service Design-Methoden die Komplexität der Hochzeit herunterzubrechen vermag. Master-Thesis an der Hochschule Luzern | Design & Kunst | Major Product Design & Management | Track Service Design Verfasserin: Patricia Schlienger Betreuer Kolloquium: Prof. Dr. Axel Vogelsang & Dr. Andrew Polaine HSLU Mentor: Dr. Andrew Polaine Externe Mentorin: M Sc UZH Denise Ineichen Einreichung Master-Thesis: 10. Oktober 2012 Einreichung Master-Thesis inkl. Reflexion: 11. Januar 2013 Abstract Durch mehrjährige Auseinandersetzung mit den beiden Themenfeldern Hochzeit und Design habe ich Ähnlichkeiten in deren Planungs- bzw. Konzeptionsabläufen festgestellt. In der vorliegenden schriftlichen Arbeit sollen diese nun mittels disziplinübergreifender Vergleiche der beiden Prozesse wissenschaftlich überprüft werden. Diesbezüglich soll die Arbeit Aufschluss darüber geben, inwiefern die Behandlung der Hochzeitsplanung als Designprozess dem festgestellten Bedürfnis nach authentischer Hochzeitsgestaltung entsprochen werden kann. Aus den Ergebnissen soll ein Idealtypus einer designorientierten Hochzeitsplanung definiert werden, wobei der Ansatz dabei zudem auch aus psychologischer Sicht hinterfragt wird. Die schriftliche Abhandlung soll zudem veranschaulichen, inwiefern dabei Service Design-Methoden den Prozess der Hochzeitsplanung vereinfachen können, womit der häufig auftretenden Überforderung vorgebeugt wird. Inhaltsverzeichnis Einleitung Ausgangslage der schriftlichen Abhandlung9 Thema und Eingrenzung der Arbeit9 Fragestellung und Zielsetzung9 Abgrenzung10 Vorgehen und Struktur der Arbeit10 Methodik & Quellen10 Aufbau der Arbeit11 Kulturgeschichtlicher Abriss der Inszenierung der Hochzeit12 Veränderungen der Inszenierung Hochzeit12 Entwicklung des Hochzeitsmarkts13 1. Hochzeitsplanung im Gesamtkontext des Designs 1.1. Der Designprozess14 1.1.1 Relevanz der Prozessanalyse14 1.1.2 Definition des Begriffes «Designprozess»14 1.1.3 Struktur des Designprozesses15 1.1.4 Vergleich von Designprozessmodellen16 1.1.5 Konsensmodell Designprozess18 1.2 Die Hochzeitsplanung19 1.2.1 Definition des Begriffes «Hochzeitsplanung»19 1.2.2 Struktur und Dauer der Hochzeitsplanung19 1.2.3 Vergleich von Hochzeitsplanungsmodellen20 1.2.4 Konsensmodell Hochzeitsplanung22 1.3 Schnittstellen Designprozess & Hochzeitsplanung22 1.3.1 Vergleich der beiden Prozess-Strukturen22 1.3.2 Vergleich der beiden Prozesse im Umgang mit Iteration24 1.3.3 Zusammenfassung des Vergleichs der Konsensmodelle25 1.4. Erreichung des Ziels einer Hochzeit durch designprozessorientierte Hochzeitsplanung26 1.4.1 Struktur des Modells26 1.4.2 Inhalt der einzelnen Schritte26 1.4.3 Vor- und Nachteile des entwickelten Idealtypus28 1.4.3.1 Vorteile einer breiteren Recherchephase28 1.4.3.2 Vorteile der Iteration im Prozess28 1.4.3.3 Vorteile einer Prozessdokumentation29 1.4.3.4 Weitere Vorteile aus psychologischer Sicht29 1.4.3.5 Nachteile der Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess30 2. Hochzeitsplanung im Kontext des Spezialgebietes Service Design 2.1 Schnittstellen Hochzeitsplanung und Service Design31 2.2 Vereinfachung der Hochzeitsplanung durch Service Design-Methodik33 2.2.1 Methodik Service Design allgemein33 2.2.2 Service Design-Methoden in der Hochzeitsplanung34 2.2.2.1 Methode Service Ecology Map:34 2.2.2.2 Methode Personas36 2.2.2.3 Methode Blueprinting38 2.2.3 Anwendung der vorgestellten Methoden & weitere Methoden41 3. Schlussfolgerung 3.1. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse42 3.2. Kritische Würdigung und Ausblick45 3.2.1 Relevanz der Arbeit im grösseren Kontext45 3.2.2 Anmerkungen für weitere Untersuchungen45 Reflexion Kontext der Arbeit und persönliche Ziele47 Erkenntnisverwertung in der gestalterischen Arbeit47 Persönliche Herausforderungen50 Zusammenfassung der Reflexion52 Danke52 Verzeichnisse Quellennachweis53 Abbildungsnachweis56 Anhang I. Eidesstattliche Erklärung57 II. Entwickelte Prozessmodelle58 «Idealtypus designorientierte Hochzeitsplanung» 58 «Konsensmodell Designprozess» 59 «Konsensmodell Hochzeitsplanung»60 III. Angesprochenes psychologisches Modell: «Lösungen finden» 61 IV. Zusammenfassung der Paar-Interviews 62 V. Experteninterview mit Denise Ineichen 64 VI. Quellennachweis Anhang72 Design Think Your Wedding! Inwiefern die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess zum Ziel einer Hochzeit – der authentischen Inszenierung der Paaridentität – beitragen kann und dabei der Einsatz von Service Design-Methoden die Komplexität der Hochzeit herunterzubrechen vermag. Master-Thesis von Patricia Schlienger | 10. Oktober 2012 Einleitung Ausgangslage der schriftlichen Abhandlung Die Masterarbeit von Patricia Schlienger beschäftigt sich mit dem zurzeit boomenden Schweizermarkt für Hochzeitsplanung. Nebst ausführlicher Marktanalyse und Feldforschung wurden qualitative Interviews mit fünf Verlobten bzw. frisch verheirateten Paaren durchgeführt (vgl. Paar-Interviews, 18.02.201215.03.2012). Aus den Untersuchungen ging hervor, dass authentisch gestaltete Hochzeiten stark gefragt sind, wobei die Komplexität von Hochzeiten eine der Hauptschwierigkeiten bei der Planung darstellt. Die vorliegende schriftliche Auseinandersetzung soll nun Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit diesbezüglich eine Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess hilfreich ist und inwiefern dabei Service Design-Methoden den Prozess vereinfachen können. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im gestalterischen Teil der Masterarbeit in einem Dienstleistungsangebot zur Entwicklung von «charakterstarken» Hochzeiten umgesetzt. Thema und Eingrenzung der Arbeit Fragestellung und Zielsetzung Da die Hochzeitsplanung bisher noch nicht im wissenschaftlichen Gesamtkontext von Design untersucht wurde1, wird der Analyse im spezifischen Kontext des Service Designs eine allgemeine Fragestellung vorangestellt. In der vorliegenden Arbeit sollen demnach folgende beiden Thesen überprüft werden: «Die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess kann zum Ziel einer Hochzeit – der authentischen Inszenierung der Paaridentität – beitragen» und «Der Einsatz von Service Design-Methoden vermag die Komplexität der Hochzeit herunterzubrechen». Ziel der Arbeit ist es, eine praxistaugliche Definition zu erarbeiten, wie ein idealtypischer Ablauf einer Hochzeitsplanung als Designprozess auszusehen hätte und anhand von Beispielen den Nutzen von Service Design-Methoden in der Hochzeitsplanung darzulegen. Angestrebt wird auf diese Weise die Überprüfung von designorientierter Vorgehensweise zur Erreichung des Ziels einer Hochzeit einerseits und die Minderung der Hauptschwierigkeit bei der Hochzeitsplanung – der Komplexität – anderseits. 1 Es konnten keine Hinweise auf eine stattgefundene wissenschaftliche Auseinandersetzung diesbezüglich gefunden werden. 9 Abgrenzung Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, eine ganzheitlich umfassende Theorie oder eine Anleitung mit garantiertem Erfolg zu sein. Sie versteht sich lediglich als nachvollziehbar hergeleitete Empfehlung zur Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess. Die schriftliche Abhandlung bietet jedoch praxisorientierte Vorschläge, indem die verwendeten Literaturstudien von marktorientierten Quellen wie Hochzeitsratgebern ergänzt werden, da leider bezüglich Hochzeitsplanung keine wissenschaftlich fundierten Quellen aufgefunden werden konnten. Vorgehen und Struktur der Arbeit Methodik & Quellen Aus einschlägiger Literatur gesammelte unterschiedliche Prozessschemas der Designtheorie werden vorgestellt und miteinander verglichen. Eine Aufspaltung der Prozesse in eigens charakterisierte Teilschritte verhilft dabei zur Definition eines Konsensmodells, welches die Untersuchung erweitert. Ebenfalls aus Literaturstudien abgeleitet wird ein allgemein üblicher Ablauf der Hochzeitsplanung, wobei sich die Darstellung an praxisorientierten Quellen wie Hochzeitsratgebern orientiert. Mittels Gegenüberstellung der beiden abgeleiteten Konsensmodelle werden deren Schnittstellen empirisch definiert und die Modelle kritisch beleuchtet. In einem weiteren Schritt soll ein idealtypisches Prozessschema entwickelt werden, welches die Hochzeitsplanung im Sinne eines Designprozesses ausgestaltet. Anschliessend werden Vor- und Nachteile einer Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess diskutiert. Auf die Unteruchung im Gesamtkontext Design folgt in einem zweiten Teil der Arbeit die Überprüfung der Analyse im Spezialgebiet Service Design. Hierbei werden Service Design-Methoden zielgerichtet in Bezug auf Hochzeitsplanung vorgestellt und angewendet. Visuelle Darstellungen und praxisorientierte, fiktive Kurzberichte sollen dabei eine mögliche Anwendung und deren Nutzen beispielhaft darlegen. Da es sich bei der Heirat oftmals um eine emotional stark geladene Veränderung in der Beziehung eines Paares handelt, werden die Untersuchungsquellen durch ein Experteninterview mit Psychologin und Paartherapeutin Denise Ineichen ergänzt. Weitere Anmerkungen aus psychologischer Sicht werden dem Beziehungsratgeber «Was Paare stark macht» vom Schweizer Beobachter-Buchverlag sowie Artikeln der Fachzeitschrift «Psychologie Heute compact» entnommen. 10 Auf zusätzliche intensive Auseinandersetzungen mit Fachpersonen aus dem Bereich der Hochzeitsplanung wird bewusst verzichtet, da die Hochzeitsplanung in dieser Untersuchung grundsätzlich als Designprozess behandelt und analysiert wird. Auf ein von Bohlmann beschriebenes Hochzeitsplanungsmodell, wie es von marktorientierten Hochzeitsplanern verwendet wird, wird dennoch Bezug genommen. Aufbau der Arbeit Im Vorspann wurde bereits auf Ausgangslage, Fragestellung und Abgrenzung eingegangen. In der Einleitung folgt eine Einführung in die Thematik Hochzeit, wobei Hintergrund und gesellschaftliche Veränderungen im Hochzeitsritus als kulturgeschichtlicher Abriss kurz vorgestellt werden, womit auf die Relevanz der Inszenierung Hochzeit aufmerksam gemacht werden soll. Im ersten Kapitel wird die Hochzeitsplanung als Designprozess untersucht. Es werden unterschiedliche Designprozesstheorien und Definitionen vorgestellt und miteinander verglichen. Gleichfalls wird anschliessend die Hochzeitsplanung portraitiert. Die beiden vorgestellten Bereiche Design und Hochzeitsplanung werden in einem zweiten Schritt miteinander verglichen, wobei Schnittstellen in den Prozessabläufen aufgezeigt und diskutiert werden. Basierend auf den erhaltenen Erkenntnissen, wird die Hochzeitsplanung in einen Designprozess eingeordnet und so ein idealtypischer Prozess in Form einer Empfehlung abgeleitet. Vor- und Nachteile werden diesbezüglich erläutert und diskutiert. Im zweiten Kapitel wird untersucht und beispielhaft dargelegt, inwiefern Service Design-Methoden den komplexen Prozess der Hochzeitsplanung unterstützen bzw. vereinfachen können. Ein Vergleich des Fachgebietes Service Design und der Hochzeitsplanung zeigt dabei Schnittstellen der beiden Felder auf und leitet in das Kapitel ein. Kapitel drei fasst die Ergebnisse zusammen und bietet ein kurzes Resümee. Weiterführende Themen und offene Fragen werden zum Abschluss diskutiert. Danach folgen Literaturverzeichnis und Anhang samt Eidesstattlicher Erklärung, Zusammenstellung erwähnter Modelle, eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Paar-Interviews sowie das redigierte Experteninterview. 11 Kulturgeschichtlicher Abriss der Inszenierung der Hochzeit Veränderungen der Inszenierung Hochzeit2 Durch Veränderungen in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Lebensformen wurde aus der vormals ökonomischer Gründe wegen vollzogenen Heirat eine Inszenierung zwecks symbolischer Festigung der Partnerschaft (vgl. Peuckert 2008, S. 45, 326, 339, Remberg 1995, S. 94, in: Bohlmann, 2010, S. 15 / Nave-Herz 1994, S. 7 f. in: Bohlmann, 2010, S. 134 / Trost 1989, in: Scheider/ Rüger, 2007, S. 133 f.). Stand die Hochzeit im 16. Jahrhundert noch im Verantwortungsbereich der Kirche, so wurden bis heute verschiedene Rituale aus der Kirche auf die zivile Eheschliessung übertragen (vgl. Nave-Herz 1994, S. 7 f., in: Bohlmann, 2010, S. 134 / Centlivres, 2011 / Schmidt, 1976, S. 5, Remberg 1995, S. 211, 128, in: Bohlmann, 2010, S. 17)3. Diesbezüglich ist seit Anfang des 21. Jahrhunderts ein Trend zur Re-Ritualisierung von Trauungen festzustellen (vgl. Reichertz 2009, S. 36 f. in: Bohlmann, 2010, S. 17), wobei Rituale die Demonstration der Zusammengehörigkeit gegenüber der Öffentlichkeit bezwecken (vgl. Scheider/ Rüger, 2007, S. 136)4. Dadurch, dass die Inszenierung der Hochzeit durch Symbole an Bedeutung gewonnen habe, würden Hochzeiten zunehmend aufwändiger, vielseitiger und öffentlicher gestaltet (vgl. Isemeyer 1998, S. 2, 5, Remberg 1995, S. 14, in: Bohlmann, 2010, S. 20). Individuelle Wertvorstellungen und Charakteristikas spielen dabei eine leitende Rolle (vgl. Bohlmann, 2010, S. 17). Welche Wichtigkeit der Inszenierung einer Hochzeit zukommt, zeigt Bohlmanns Verweis auf die Entwicklung, Hochzeiten aufgrund ihres Inszenierungspotentials zu veranstalten (vgl. Bohlmann, 2010, S. 75). Allgemein sei eine Theatralisierungstendenz der Gesellschaft festzustellen, wobei Hochzeitsinszenierungen Identitäten und Einstellungen ausdrückten, welche durch Zeichen wie Kleidung, Handlungen etc. unterstützt würden (vgl. Reichertz 2009, S. 37 ff., in: Bohlmann, 2010, S. 17 f.). Darin würden Bedürfnisse wie Differenzierung und individuelle Darstellung befriedigt (vgl. Bohlmann, 2010, S. 78). Eine Fokussierung auf Individualität und Exklusivität bestätigt auch Evelyne Schärer, Gründerin und Präsidentin des Verbandes Unabhängiger Schweizer Hochzeitsplaner. Laut Schärer sei es ein grosses Bedürfnis, dass die eigene Hochzeitsgestaltung anders sei als alle anderen (vgl. Kohler, 2011). Die aus den gesellschaftlichen Veränderungen resultierenden lückenhaften 12 2 Als Hochzeit wurden laut dem Historischen Lexikon der Schweiz ursprünglich alle hohen kirchlichen Feiern bezeichnet. Erst seit dem 13. Jahrhundert verstehe man unter Hochzeit die Eheschliessung (vgl. Centilivres, 2011). 3 Laut dem Historischen Lexikon der Schweiz ist in unserer vom Individualismus dominierten Gesellschaft allgemein ein verstärktes Bedürfnis nach Ritualen ausserhalb des institutionellen Rahmens von Kirchen und politischen Körperschaften festzumachen (vgl. Centilivres, 2011). 4 Gemäss Ineichen wird die Wichtigkeit von Ritualen oft unterschätzt. Auf den Wegfall von Ritualen würde häufig ein Verlorensein und eine Sinnlosigkeit wahrgenommen, weshalb Ineichen empfiehlt, Ritualen wieder mehr Platz zuzugestehen (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Nach Levend helfen Rituale gar, die eigene Identität zu wahren und sich gleichzeitig die Paaridentität zu bestätigen (vgl. Levend, 2012). Strukturierungsvorgaben und der Wegfall konstitutioneller Handlungsvorgaben bzw. die Nicht-Existenz eines modernen Hochzeitsmodelles bringen laut unterschiedlicher Meinungen grosse Eigenverantwortung und dementsprechend auch Unsicherheiten mit sich (vgl. Remberg 1995, S. 13, 210, in: Bohlmann, 2010, S. 21 / Reichertz 2009, S. 47 f., in: Bohlmann, 2010, S. 21 / Bohlmann, 2010, S. 77). Trotz vielfältiger Individualisierungsmöglichkeiten stellt Keene eine Homogenisierung der modernen Hochzeit fest, was auf grossen kulturellen Druck zurückzuführen sei (vgl. Keene, 2012, S. 2, 5). Mögliche Gründe dafür sind Hochzeitsmagazine oder Etiketten-Ratgeber, welche sich auf vermeintliche Traditionen und Regeln beziehen (vgl. Keene, 2012, S. 3) bzw. allgemein der Einfluss der Medien auf Hochzeiten (vgl. Reichertz 2009, S. 39, 41, in: Bohlmann, 2010, S. 17 f.). Auch Ineichen sieht Hochzeitsmedien als mögliche Beeinflussungsquellen (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Einen weiteren Grund könnten in der mobilen Gesellschaft von heute die teilweise langen Anreisewege der Gäste darstellen. Hieraus könne ein gewisser Druck entstehen, die Hochzeit müsse dies mit erhöhter Qualität entschädigen (vgl. Wallace, zit. n. Keene, 2012, S. 61). Entwicklung des Hochzeitsmarkts Den erläuterten neuen Anforderungen entspricht die Wirtschaft bzw. der Schweizer Markt für Hochzeitsplanung prompt. Mit unterschiedlichen Angeboten werden Brautleute5 bei der «Inszenierung ihres Lebens» unterstützt. Nebst Hochzeitsmagazinen, -ratgebern und -blogs finden Ehewillige auch auf Hochzeitsmessen Inspiration und Kontaktmöglichkeiten mit Anbietern. Bohlmann beschreibt den Hochzeitsmarkt6 als jungen und potentiellen Wachstumsmarkt mit einer grossen Branchenvielfalt (vgl. Bohlmann, 2010, S. 78). Auch für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) ist das Berufsfeld der Hochzeitsplanung ein aufsteigendes Geschäft. Von fünf Anbietern im Jahr 2004 sei die Zahl auf achtzig Anbieter im Jahr 2011 gestiegen (vgl. Kohler, 2011). Die steigenden Zahlen bekräftigen die Vermutung, dass sich Unsicherheit und Überforderung im Hochzeitsmarkt ausbreitet. 5 Heiraten versteht sich als stets aktuelles und gesellschaftlich relevantes Thema. Jährlich heiraten gemäss dem Bundesamt für Statistik Schweiz (BFS, 2012) rund 42 000 Paare. 6 Bohlmann bezieht sich auf den deutschen Hochzeitsmarkt. 13 1. Hochzeitsplanung im Gesamtkontext des Designs In diesem ersten Kapitel wird untersucht, inwiefern dem festgestellten Wunsch nach authentisch gestalteten Hochzeiten durch die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess Rechnung getragen werden kann. Vorab wird eine Definition der beiden Begriffe «Hochzeitsplanung» und «Designprozess» entwickelt, welche im Anschluss mit verschiedenen Modellen diskutiert wird. Durch die Erarbeitung zweier Konsensmodelle werden Schnittstellen der beiden thematisch fremden Prozesse unter verschiedenen Aspekten systematisch untersucht. Im Anschluss daran werden Erkenntnisse in einem idealtypischen Modell der Hochzeitsplanung als Designprozess verarbeitet und der Nutzen einer solchen Anschauung kritisch diskutiert. 1.1. Der Designprozess 1.1.1 Relevanz der Prozessanalyse Die Diskussion um die Definition des Designprozesses begann laut Dubberly bereits nach dem zweiten Weltkrieg. Während neu entstandene Disziplinen basierend auf militärischen Errungenschaften die Gesellschaft faszinierten, annektierten akademische Designer Methoden aus der Militär-Forschung, der Kybernetik und dem Ingenieurswesen (vgl. Dubberly, 2004, S. 7)7. Der Begriff «Designprozess» wurde von Forschern aus unterschiedlichen Bereichen bis heute nicht einheitlich definiert. Eine mögliche Erklärung dafür bietet Dubberly. Er geht davon aus, dass Entwicklungsprozesse nicht wiederholbar seien und daher stets erneut erfunden werden müssten (vgl. Dubberly, 2004, S. 6). Auch Kathryn Best verweist auf eine permanente Neugestaltung und Abstimmung von Prozessen, wobei diese bei kundenorientierten bzw. dynamischen Prozessen als erstes und vor der Ausführung zu definieren sei (vgl. Best, 2010, S. 31). Das Fokussieren auf Prozesse sei insofern hilfreich, als die Skalierung des Prozesses die Verständigung im Team bzw. in grösseren Organisationen vereinfache. Unterschiedliche Anschauungspunkte würden so möglicherweise weniger übersehen. Zudem helfe es, den Designprozess mit Prozessen anderer Disziplinen zu vergleichen (vgl. Dubberly et al., 2008, S. 5). 1.1.2 Definition des Begriffes «Designprozess» 14 Beschrieben werden Designprozesse – simplifizierend ausgedrückt – u. a. als das, was zwischen Input und Output passiere (vgl. Dubberly, 2004, S. 12). Nach Best sind sie die personenzentrierte Problemlösung in Form von stufenweiser Durchführung von Tätigkeiten mit dem Resultat eines bestimmten Endergebnisses (vgl. Best, 2010, S. 12, 31). 7 Design Methods Bewegung: 1962 bis 1972 (vgl. Dubberly, 2004, S. 7) In der Fachliteratur zur Thematik des Designprozesses finden sich diverse Theorien und Schemas. Es werden sowohl lineare als auch zyklische Modelle vorgestellt, aber auch Doppelmatrixen oder Trichterschemas (vgl. Dubberly, 2004, S. 22, 24, 84 ff., 114 ff. / Dubberly et al. 2008, 1 ff.). Ihnen allen gemeinsam ist die Iteration bzw. die Non-Linearität, was somit als eindeutiges Merkmal von Designprozessen beschrieben werden kann (vgl. Best, 2010, S. 46 / Stickdorn, 2010, S. 124 / Dubberly et al., 2008, S. 4 / Dubberly, 2004, S. 12). Als weiteres Charakteristikum des Designprozesses lässt sich die Subjektivität bezeichnen. So können laut Kolko gleiche Daten bei Bearbeitung und Synthese8 von zwei unterschiedlichen Designern zu völlig unterschiedlichen Resultaten führen (vgl. Kolko, 2011, S. 60). Ein weiterer wichtiger Bestandteil von Designprozessen ist laut Stickdorn das Fällen von Entscheidungen (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 127) bzw. laut Dubberly das Wechselspiel von Divergenz und Konvergenz (vgl. Dubberly et al., 2008, S. 22). Radikal zusammengefasst ist ein Designprozess somit die schrittweise Entwicklung und Optimierung einer Lösung auf der Basis von Erkenntnissen und Entscheidungen, die aus einer analysierten Ausgangslage gewonnen und gefällt werden. Das Vorgehen ist dabei subjektiv, iterativ und in sich ein sich ständiges Abwechseln von Konvergenz und Divergenz, wobei der Prozess selbst nicht wiederholbar ist. 1.1.3 Struktur des Designprozesses Um Prozessmodelle miteinander vergleichen zu können, müsse der Gemeinsame Nenner gefunden werden, so zitiert Dubberly Koberg und Bagnall (vgl. Koberg/ Bagnall, 1990, in: Dubberly, 2004, S. 14). In der nachfolgenden Analyse sollen daher verschiedene Prozesse miteinander verglichen werden, damit «Gemeinsame Nenner» in einem Konsensmodell definiert werden können. Für die Problemlösung bzw. das Designen seien, so Koberg und Bagnall, mindestens zwei Schritte notwendig. Das archetypische Modell9 zerlegt die Ausgangslage in einzelne Stücke («Analyse») und baut sie mit dem jeweiligen Verständnis von Verbesserung anschliessend wieder zusammen («Synthese») (vgl. Koberg/Bagnall, 1990, in: Dubberly, 2004, S. 14 ff.). In diversen neueren Modellen wurde der Zwei-Schritt Prozess auf weitere Phasen heruntergebrochen. Am häufigsten sei, so Dubberly und Stickdorn, eine Unterteilung in drei bis sieben Schritte, sogenannte Hauptschritte (vgl. Dubberly, 2004, S. 82 / Stickdorn/Schneider, 2011, S. 126). 8 Synthese bezeichnet laut Kolko den Aspekt des Designs, bei welchem der Designer noch nicht das Problem löst, aber nach wie vor etwas tun muss, um die Komplexität zu verstehen. Sie sei ein Sinnmachungs-Prozess, der Designern hilft, von Daten zu Information und weiter zu Wissen zu gelangen (vgl. Kolko, 2011, S. 40). 9 Das Modell wurde bis zu einem siebenstufigen, spiralförmigen Modell (accept, analyze, define, ideate, select, implement, evaluate) weiterentwickelt (vgl. Koberg/Bagnall, 1990, in: Dubberly, 2004, S. 14 ff., 114). 15 1.1.4 Vergleich von Designprozessmodellen «To use any theory or model of the design process, designers need to be critical, rather than adopting it completely.» (vgl. Hegeman, 2008, S. 19). In diesem Sinne werden im Folgenden unterschiedliche Prozessmodelle kritisch miteinander verglichen. Die Darstellung orientiert sich dabei an Koberg und Bagnalls Beschreibung eines Designprozesses: Zuerst werden die unterschiedlichen Prozessmodelle hinsichtlich der Abfolge einzelner Teilschritte gesichtet und mit eigenen Stichwörtern charakterisiert (siehe Abb. 1). Danach werden die einzelnen Schritte tabellarisch aufgelistet. Schliesslich werden die einzelnen Steps mit persönlichem «Verständnis von Verbesserung» in einem Konsensmodell wieder zusammengeführt. Untersucht werden vier Modelle aus den Bereichen Design, Service Design und Design Thinking. Es handelt sich dabei um Modelle aus den Jahren 1972 bis 2010, die wegen ihrer unterschiedlichen Anzahl an Schritten oder Phasen (3-7) herangezogen werden: ----- Design Thinking Model nach Harris und Ambrose (2010) Universal Traveler Model nach Koberg und Bagnall (1972) Service Designprozess nach Mager (2009) Universal Traveler Model nach Koberg und Bagnall (1972) eigene Charakterisierung bzw. Teilschritte: 7 Schritte 5 Schritte 4 Schritte 3 Schritte Harris & Ambrose (2010) Koberg & Bagnall (1972) 4-Mager (2009) Koberg & Bagnall (1972) (Auftrag) → 1. Definition - - - Forschung → 2. Recherche 1. Exploration 1. Analyse Auswertung → Lösungssuche → Bewertung, → Auswahl Entwicklung → Reflexion, → Testing Umsetzung → Kontrolle → (Hintergrundinformationen, Einstellung und Verhalten der Zielgruppe) 3. Ideenfindung (Lösungen generieren) 4. Prototyping (Modelle entwickeln) 1. Analyse (Rund um das Problem) 2. Definition (Fragen und Ziele definieren) 3. Ideen Generierung (Mögl. Lösungen entwickeln) 4. Selektion 2. Definition 2. Kreation (Entwerfen, ordnen, bewerten, ausarbeiten) 3. Synthese (Mögl. Lösungen auswählen) 3. Reflexion 5. Selektion (Lösungen vergleichen und bewerten bzw. auswählen) (Planung, Ausrüstung, Exploration, Erkenntnisverdichtung) 5. Implementierung (Der Idee physikalische Form geben) (Service-Portfolios und SWOT, konzeptionieren, durchführen, prototypieren, testen) 6. Implementierung (Lösung ausführen) 7. Lernen (Rückmeldungen einholen) 4. Implementierung - (Touchpoints ausgestalten) - Abb. 1: Vergleichstabelle Designprozessmodelle 16 Vergleicht man die vier Prozessmodelle miteinander (siehe Abb. 1), so ist augenfällig, dass sich die Modelle hauptsächlich in ihrer Detaillierung unterscheiden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es sich bei allen Modellen um die Bestimmung eines Problemes einerseits und um die Entwicklung einer Lösung andererseits handelt. Als erster Schritt eines Designprozesses ist die Bestandesaufnahme der aktuellen Situation bzw. eine Problemsuche zu nennen. Im Gegensatz zu Mager (vgl. Mager/Gais, 2009, S. 66 ff.) und Harris und Ambrose (vgl. Harris/Ambrose, 2010, S. 11, 22, 29) gliedern Koberg und Bagnall (vgl. Koberg/Bagnall, 1990, in: Dubberly, 2004, S. 16 / Koberg/Bagnall, 1981, in: Rapid Injection, 2001) diese erste Phase in zwei Schritte. Der erste Schritt kann also in zwei Teilschritte unterteilt werden: -- Bestandesaufnahme (Wo könnte das Problem zu finden sein? ) -- Problemdefinition (Was ist das Problem?) Es wird angemerkt, dass davon ausgegangen wird, dass meist ein Grund für die Auseinandersetzung mit einer Problematik (Auftrag, Idee, Gedanke) vorliegt. Deshalb wird hier nicht auf die von Harris und Ambrose (vgl. Harris/Ambrose, 2010, S. 11) dem ersten Schritt vorangestellte Auftragsdefinition eingegangen, da diese als implizite Voraussetzung gesehen wird. Basierend auf den Ergebnissen der ersten Phase, wird in einer zweiten Phase eine Lösung gesucht. Mager unterteilt diesen zweiten Hauptschritt in Kreation und Reflexion. Es wird entworfen und anschliessend bewertet bzw. konzipiert und getestet. Ebenfalls eine Unterteilung in zwei Schritte nimmt das Fünf-SchrittModell vor. Hier findet zunächst eine Ideengenerierung und sodann eine Selektion statt. Harris und Ambrose unterteilen hier gar in drei Schritte, wobei das Erstellen von Prototypen separiert aufgezählt wird. Koberg und Bagnalls Drei-Schritt-Modell fasst hier als einziges Modell im Vergleich sämtliche genannten Schritte nach Analyse und Problemdefinition als Synthese zusammen und schliesst damit den Prozess bereits ab. Zusammengefasst werden nach der Problemdefinition Ideen generiert bzw. anschliessend ausgewählte Ideen weiterentwickelt und erneut reflektiert. Daraus können folgende vier Teilschritte abgeleitet werden: ----- Ideengenerierung (Wie könnte man das Problem lösen?) Ideenbewertung / Auswahl (Welche Ideen eignen sich am besten?) Weiterentwicklung der Lösung (Wie sieht eine Lösung aus?) Reflexion (Wo muss die Lösung verbessert werden?) Die Modelle schliessen mit Ausnahme vom kompaktesten Modell mit der Implementierung bzw. Umsetzung. Hier werden der Idee Form gegeben und Konzepte ausgeführt. Lediglich Harris & Ambrose schliessen den Prozessdurchlauf erst mit dem zusätzlichen siebten Schritt «Lernen» ab, in welchem erneut eine Reflexion statt findet. Es folgen somit die beiden letzten Teilschritte: -- Umsetzung der Lösung (Die Lösung für das Problem wird umgesetzt.) -- Evaluation (Kann die Umsetzung verbessert werden?) 17 1.1.5 Konsensmodell Designprozess Im vorhergehenden Vergleich wurden acht Teilschritte festgestellt, wobei jeder zweite davon ein Reflektieren oder Bewerten eines vorangegangenen Schrittes bezeichnet. Demnach werden zuerst Daten, Informationen und Möglichkeiten möglichst breit gesammelt. Anschliessend wird wie durch einen Trichter hindurch auf Problemdefinition, Lösungen und Verbesserungsmerkmale fokussiert. Es ist somit ein Schema von Divergenz und anschliessender Konvergenz zu erkennen. Inkludiert man diese Bewertung bzw. Fokussierung nun in die vorangehenden Schritte, so ergibt sich folgendes Konsensmodell: ----- Schritt 1: Recherche & Auswertung Schritt 2: Ideengenerierung & Fokussierung Schritt 3: Lösungsentwicklung & Reflexion Schritt 4: Umsetzung & Evaluation Die Reduktion auf 4 Schritte ermöglicht für die weitere Arbeit in dieser Untersuchung eine Verdeutlichung und Vereinfachung des Prozesses und übersieht die verästelnde Entwicklung der Designprozesstheorien keineswegs. 18 1.2 Die Hochzeitsplanung Anhand des erarbeiteten generalisierenden Modells des Designprozesses soll nun die Prozesshaftigkeit der Hochzeitsplanung überprüft werden. 1.2.1 Definition des Begriffes «Hochzeitsplanung» Die Hochzeitsplanung wird in der Fachliteratur als aufregende, aufwändige und entscheidungsgeladene Zeit (vgl. Dionisio, 2008, S. 9) oder als das Fällen von einer Serie von Entscheidungen und Sicherstellen der Erledigung einiger Dinge (vgl. Farrell, o. J. zit. n. Keene, 2012, S. 115) beschrieben. Laut Bohlmann birgt die Hochzeitsplanung zudem funktionale, soziale und finanzielle Risiken (vgl. Bohlmann, 2010, S. 77). Auf Risiken bzw. Schwierigkeiten in der Hochzeitsplanung verweist auch Keene. Sie spricht von einem der kompliziertesten und emotional geladensten Prozesse des Erwachsenseins10. Als schwierigsten Punkt der Hochzeitsplanung bezeichnet sie die Erwartungen11: Es gebe immer einen Konflikt zwischen dem Erhofften und dem, was machbar sei (vgl. Keene, 2012, S. 2 ff., 145). Dazu komme die Herausforderung, dass die meisten Paare noch nie zuvor einen vergleichbaren Event organisiert hätten (vgl. Keene, 2012, S. 115 / Dionisio, 2008, S. 9). Die Hochzeitsplanung ist zusammenfassend die Entwicklung und Organisation einer Inszenierung auf der Basis von abgeglichenen Erwartungen und Entscheidungen. Der Prozess ist normalerweise linear, einmalig und emotional stark geladen. 1.2.2 Struktur und Dauer der Hochzeitsplanung Uneinig ist sich die Fachliteratur, wie der Ablauf der Hochzeitsplanung zu gestalten ist. So finden sich kaum Strukturierungsmodelle des Prozesses Hochzeitsplanung. Auffällig ist jedoch, dass das Vorgehen nach Checklisten aufgrund des grossen Umfanges eines solchen Projektes in der Ratgeberliteratur stark verbreitet ist. Laut Bohlmann arbeiten auch Experten mit standardisierten Checklisten und Ablaufplänen. Gesprächsprotokolle, Planungsübersichten, Projektmanagementtools wie Netzplantechnik und Tabellenkalkulationsprogramme ermöglichen Transparenz (vgl. Bohlmann, 2010, S. 56). Betreffend Dauer der Planungpshase ist ein Konsens einfacher auszumachen: Die meisten Checklisten beginnen sechs (vgl. Mahrenholtz/Parisi, 2007, herausnehmbar / Flüe, 2009, S. 34 f.) bis zwölf Monate vor dem Event (vgl. Dionisio, 2008, S. 9 / Bohlmann, 2010, S. 55), wobei dennoch meistens von einem Jahr Planungsphase gesprochen wird (Mahrenholtz/Parisi, 2007, S. 34 / Bohlmann, 2010, S. 55)12. 10 Anforderungen wie Glauben, Geld, Familie und Tradition in Einklang zu bringen, sei auch unter besten Voraussetzungen schwierig, zumal das Ganze sehr öffentlich geschehe (vgl. Keene, 2012, S. 2 ff., 145). 11 Gemeint sind eigene Erwartungen und Erwartungen der Gesellschaft, der Familie und des Umfelds. 12 Laut Bohlmann benötigt ein professioneller Hochzeitsplaner für eine Hochzeitsplanung im Schnitt 40-150 Stunden (Bohlmann, 2010, S. 55). Bei Privatpersonen wird von 250 Stunden gesprochen (Silberschmidt-Muriset, 2011). 19 Sowohl der Fachliteratur als auch den vorausgegangenen empirischen Untersuchungen ist zu entnehmen, dass bei der Planung der Hochzeit grundsätzlich mit dem Datum begonnen wird, dicht gefolgt von der Gästeliste (vgl. Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012). Hierbei wird deutlich, dass das Paar im Normalfall direkt mit der Gestaltung der Hochzeit beginnt und sich nicht zuerst bewusst und im Sinne einer Recherche mit sich selbst auseinandersetzt, obwohl als Ziel eine authentische Hochzeitsfeier genannt wird. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass die Hochzeitsplanung nicht als iterativer Designprozess strukturiert wird, vor allem aber die unüberprüfte Annahme des Paares, einander bereits in- und auswändig zu kennen13. Es wird darauf hingewiesen, dass ein Paar, welches mit Designprozessen vertraut ist oder gar im Berufsfeld Design tätig ist, seine Hochzeit möglicherweise intuitiv designprozessorientiert plant. Dass Paare sich aber mit ihrer Hochzeit zielstrebig designprozessorientiert auseinandersetzen, ist unüblich und keineswegs der «Normalfall». Die Interviews zeigten zudem auf, dass in vielen Fällen eine Hochzeitsplanung aufgrund immenser Verästelung von Beteiligten und unzähliger Aufgaben14 und Entscheidungen zu einem Gefühl der Überforderung führt (vgl. Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012). Diesbezüglich wird später noch auf die nicht stattfindende bewusste Iteration in der Hochzeitsplanung eingegangen. 1.2.3 Vergleich von Hochzeitsplanungsmodellen Im Folgenden werden drei unterschiedliche Hochzeitsplanungsmodelle kritisch miteinander verglichen und wie bereits im Vergleich der Designprozesse in eigene Teilschritte unterteilt. Untersucht werden folgende drei Modelle: -- Allgemein verbreitetes Planungsmodell nach Dionisio (2008) -- Expertenmodell nach Bohlmann (2010) -- Psychologisch orientiertes Modell nach Keene (2012) 13 14 20 2 Schritte 4 Schritte 5 Schritte Es wird im Verlaufe der schriftlichen Abhandlung nochmals auf die erwähnte Annahme eingegangen. Durch persönliche Gespräche mit Paaren und Literaturstudien (vgl. Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012 / Dionisio, 2008, S. 229 ff.) wurden folgende Planungsgebiete einer Hochzeit eruiert: -Rahmenbedingungen & Ablauf -Gäste -Lokalitäten -Verpflegung & Torte -Dekoration -Drucksachen & Web -Bekleidung & Accessoires -Musik & Unterhaltung -Geschenke & Gastgeschenke -Flitterwochen eigene Charakterisierung bzw. Teilschritte: Dionisio (2008) Vorbereitung, → Austausch - Definition → Vorstellungen - Inspiration, → Brainstorming - Definition → Eckpunkte 1. Eckpunktdefinition (Zeit, Datum, Ort, Budget) Reflexion → Ausgestaltung → Details Organisation → - Keene (2012) 1. Vorbereitung (Vorstellungsaustausch, Verlobtsein geniessen) Expertenmodell n. Bohlmann (2010) 1. Erstgespräch (Briefing, Recherche) 2. Kreation 2. Konzeptentwurf (Brainstorming, Inspiration, Planung) (Thema, Budget, Prüfung Umsetzbarkeit) 3. Festlegung Fix-Entscheidungen 3. Verhandlung und Festlegung (Einbringung Familien) 4. Reflexion (Location, Dienstleister) - (Fokussierung auf das Wichtige) 4. Detailplanung 2. Detailausarbeitung (nach Checklisten) 5. Organisation (Accessoires, Dekoration) (System für Planungsinfos entwickeln) Abb. 2: Vergleichstabelle Hochzeitsplanungsmodelle Die Fachliteratur verweist als Empfehlung häufig darauf, vor der Abarbeitung von Checklistenpunkten bzw. der Ausarbeitung der Details einige Anhaltspunkte zu klären (vgl. Dionisio, 2008, S. 9 f.). Daraus abzuleiten ist ein stark vereinfachtes Zwei-Schritt-Modell (siehe Abb. 2: Spalte Dionisio): -- Eckpunktdefinition -- Detailausarbeitung Als wichtigste und zuerst zu klärende Anhalts- bzw. Eckpunkte nennt Dionisio dabei Zeit, Datum, Ort und Budget (vgl. Dionisio, 2008, S. 9 f.)15. Es ist zu erkennen, dass diejenigen Eckdaten, welche die Gestaltung anderer Punkte massgebend beeinflussen16, als erstes definiert werden (Keene, 2012, S. 36). Detaillierter unterteilen Hochzeitsplanungsexperten die Planung einer Hochzeit laut Bohlmann (vgl. Bohlmann, 2010, S. 55). Im Vergleich zum erstgenannten weit verbreiteten Privatmodell findet im Expertenmodell nach einer ersten Bedürfnisabklärung eine kreative Phase statt. Hierbei wird ein Thema definiert und die Umsetzbarkeit geprüft. Anschliessend wird die Planung in «Verhandlungen mit Dienstleistern» und «Detailplanung» aufgetrennt. Daraus kann abgeleitet werden, dass Planung und Umsetzung separiert aufzuführen sind. Es sind daraus folgende zusätzliche Teilschritte abzuleiten: -- Bedürfnisabklärung, Definition Vorstellungen -- Konzeption (kreative Phase) -- Organisation, Umsetzung Konzept Es wird darauf hingewiesen, dass die von Hochzeitsplanern für die Bedürfnisabklärung verwendeten Begriffe «Briefing17 und Recherche» (siehe Abb. 2: Spalte Expertenmodell) dem Fachbereich Design entliehen sind. 15 Diese vier Eckpunkte werden in anderen Modellen auf drei Punkte reduziert bzw. durch Rahmenprogramm, Zeremoniegestaltung, Atmosphäre, Verpflegung oder Gästeliste ergänzt (vgl. Flüe, 2009, S. 34 / Kuprecht, 2008, in: Swiss Wedding, 3/2008, S. 160-162 / Mahrenholtz/Parisi, 2007, 35 ff. / Seutter, 2011, S. 225). 16 Einigen dieser Eckpunkte wird zudem grosser Einfluss auf den Stil einer Hochzeit zugeschrieben. Laut Keene sind das Jahresund Tageszeit, sowie die Verpflegungsart (vgl. Keene, 2012, S. 37, 48). Dionisio beschränkt sich hier in ihrer Aussage auf die Tageszeit (vgl. Dionisio, 2008, S. 10). 17 Briefing bedeutet gem. Duden u. a. eine kurze Einweisung, Lagebesprechung, Informationsgespräch, Schriftstück (Duden, 2007, S. 153). 21 Dem Expertenmodell sehr ähnlich, jedoch noch detaillierter gliedert Keene den Prozess (vgl. Keene, 2012, S. 7 ff., 116). So beinhaltet Keenes Modell als ersten Schritt den gemeinsamen Austausch von Wünschen und Werten, wobei zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich Bedürfnisse und Wünsche weiterer Familienmitglieder in die Planung miteingebracht werden sollen. Ebenfalls ergänzt sie den Prozess bezüglich Detailplanung, in welcher eine Fokussierung auf das Wichtigste vorgenommen wird. Überforderung soll so durch Orientierung an Wünschen, Bedürfnissen und Werten vermieden werden18. Daraus abgeleitet werden die beiden möglichen Zusatzschritte, welche vor dem Schritt Detailplanung einzugliedern wären: -- Vorbereitung, Austausch Wünsche, Ziele, Werte, Bedürfnisse -- Einbringung Familien -- Fokussierung 1.2.4 Konsensmodell Hochzeitsplanung Aus der Untersuchung geht hervor, dass die Hochzeitsplanung üblicherweise als Vier-Schritt-Prozess vollzogen und definiert wird. In einem ersten Schritt werden Vorstellungen und Wünsche eruiert. Daraus werden anschliessend bestimmende Eckpunkte definiert. An diesen orientiert sich die darauf folgende Planungsphase, in welcher Details ausgearbeitet werden und die Hochzeitsinszenierung entwickelt wird. Im letzten Schritt erfolgt die Organisation, die das Planungskonzept umsetzt, gegebenenfalls indem Anbieter für eine Umsetzung gesucht und gebucht werden. Der Hochzeitsplanungsprozess ist somit in folgendem Konsensmodell zu beschreiben: ----- Schritt 1: Vorstellungsdefinition Schritt 2: Eckpunktbestimmung Schritt 3: Planung Schritt 4: Organisation 1.3 Schnittstellen Designprozess & Hochzeitsplanung Es folgt eine Gegenüberstellung der erarbeiteten Konsensmodelle zur Sichtung möglicher Schnittstellen sowie Unterschiede. 1.3.1 Vergleich der beiden Prozess-Strukturen Vordergründig fällt auf, dass es sich bei beiden Schemas um Abläufe bzw. Planungsprozesse handelt, welche stufenweise zu einem Endergebnis führen sollen (vgl. Keene, 2012, S. 2 / Best, 2010, S. 12, 31). Beide Prozesse weisen vier Hauptschritte auf, welche sich grösstenteils in jeweils zwei Teilschritte19 unterteilen lassen. Die nachfolgend dargestellte Tabelle soll ein Verständnis der Untersuchung erleichtern. 22 18 Auch Dionisio verweist in ihrem Ratgeber darauf, dass möglichst vor der Planungsphase Standpunkte und Werte bzw. für die Zukunft wichtige Fragen ausgetauscht werden sollten, wobei dies nicht wie bei Keene als tatsächlicher Schritt in der Planung aufgeführt wird. Dabei bezieht Keene – ungewöhnlich in der Fachliteratur und einer leistungsorientierten Gesellschaft – bereits das «Geniessen» des Verlobtseins in den Prozess mit ein (vgl. Keene, 2012, S. 6 f., 13 / Dionisio, 2008, S. 210). 19 Es werden die selben Teilschritte wie beim Vergleich der Designprozesse verwendet. eigene Charakterisierung bzw. Teilschritte: (Auftrag) Forschung → Auswertung → Lösungssuche → Hochzeitsplanung (gem. Konsensmodell) Designprozess (gem. Konsensmodell) - - - - Bewertung, → Auswahl Schritt 2: Eckpunktbestimmung Entwicklung → Schritt 3: Planung Reflexion, → Testing Auslieferung → Kontrolle → Schritt 1: Recherche & Auswertung Schritt 1: Vorstellungsdefinition Schritt 2: Ideengenerierung & Fokussierung Schritt 3: Lösungsentwicklung & Reflexion Schritt 4: Organisation Schritt 4: Umsetzung & Evaluation Abb. 3: Vergleichstabelle Konsensmodelle Sowohl der Designprozess als auch die Hochzeitsplanung beginnen mit einer Bedürfnisabklärung bzw. Situationsanalyse. Beim Designprozess gehört zu dieser ersten Phase eine breitgefächerte Recherche, welche die Basis für die weitere Projektentwicklung bildet. Es werden Situation, Umfeld, Motivation und Bedürfnis des künftigen Nutzers (User) erkundet, um ihn und seine Handlungen verstehen zu lernen, woraus sich eine Problemstellung oder Zielsetzung ableiten lässt. Der Nutzer wird dabei ins Zentrum des Prozesses gerückt, was laut Stickdorn der einzig richtige Weg sei, ein nutzerorientertes Endergebnis zu erzielen (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 36 f.). Je besser der Nutzer verstanden würde, desto besser sei auch das Ergebnis, so Steve Jobs in einem Interview mit dem Online Magazin Wired 1996 (vgl. Jobs, 1996). Beim Hochzeitsplanungsprozess hingegen ist diese erste Auseinandersetzung deutlich weniger breit und auch weniger tief. Hier findet zwar eine Auswertung bzw. Vorstellungsdefinition statt, jedoch ohne dass vorgängig in einer Recherche oder Bedürfnisanalyse die Basis dazu gelegt worden wäre. Dementsprechend wird bei der Hochzeitsplanung der erste Teilschritt «Forschung» (siehe Abb. 3) ausgelassen und direkt bei «Auswertung» begonnen. Im zweiten Hauptschritt der beiden Konsensmodelle werden Lösungsmöglichkeiten definiert. Im Designprozess werden hier aufgrund der vorangegangenen Problemdefinition mögliche Lösungen generiert, die anschliessend bewertet werden. Es folgt eine Fokussierung auf eine oder mehrere weiterzuverfolgende Ideen. Die Hochzeitsplanung startet auch bei diesem Schritt erneut gleich mit dem zweiten Teilschritt «Bewertung, Auswahl». Die «Lösungssuche» wird dement- 23 sprechend übersprungen und sofort werden Eckpunkte bestimmt, ohne vorgängig unterschiedliche Ideen generiert zu haben, wie dies im Designprozess erwartet wird. Phase drei startet bei beiden Prozessen mit dem selben Teilschritt, nämlich der «Entwicklung». Hier werden zuvor ausgewählte Lösungen weiterentwickelt und Konzepte erstellt. Im Designprozess wird anschliessend reflektiert, um die zu entwickelnde Lösung hinsichtlich vorgängig bestimmter Absichten und Ziele zu überprüfen. Das Konsensmodell der Hochzeitsplanung verzeichnet jedoch auch hier wiederum einen Teilschritt weniger: es findet keine Kontrolle oder Reflexion statt. Den Abschluss der beiden Prozesse bildet die Organisation bzw. die Umsetzung. In beiden Modellen wird das Konzept in diesem Schritt umgesetzt. Der Designprozess sieht hier in der Umsetzung eine Kontrolle vor, die nachfolgende Evaluation, in der Feedbacks von Nutzern eingeholt werden und die Umsetzung nach Möglichkeiten nochmals optimiert wird. Im Gegensatz dazu ist die Planung einer Hochzeit nach Erledigung der geplanten ToDos abgeschlossen. 1.3.2 Vergleich der beiden Prozesse im Umgang mit Iteration Iteration wurde im Kapitel A als eines der Hauptmerkmale von Designprozessen beschrieben. Während diese in der Designtheorie ausnahmslos empfohlen wird, finden sich in der Hochzeitsratgeber-Literatur keine vergleichbaren Hinweise. Iteration als Wiederholung des gesamten Prozesses, als erneutes oder mehrmaliges Durchlaufen des Prozesses ist angesichts der erwarteten Einmaligkeit der Hochzeit zumindest missverständlich. Untersucht man jedoch Iteration im Sinne einer Wiederholung der einzelnen Phasen, so würde nichts dagegen sprechen, den Hochzeitsplanungsprozess bewusst iterativ zu gestalten. So könnten auch bei der Planung einer Hochzeit gewisse Prototypen (z. B. Testdrucke) gestaltet werden oder in Probedurchläufen z. B. das Zeitmanagement überprüft werden. Festzuhalten ist, dass im Kontext dieser Arbeit zwischen einer Iteration im Sinne von Entscheidungen treffen und überdenken, Kompromisse eingehen und Erwartungen anpassen einerseits und einem bewussten Umgang mit Iteration wie Entscheidungen reflektieren und Ziele überprüfen anderseits unterschieden wird. 24 Die erläuterte Nicht-Wiederholbarkeit der Hochzeitsplanung (vgl. Bohlmann, 2010, S. 77) kann jedoch auch als Schnittstelle zum Designprozess betrachtet werden: Wie bereits im Kapitel A dargelegt, ist auch der Designprozess nicht wiederholbar (vgl. Dubberly, 2004, S. 6 / Kolko, 2011, S. 60). So wiederholt sich zwar der Planungsprozess einer Hochzeit bei professionellen Hochzeitsplanern oder bei Personen, die sich wiederverheiraten, bei jedem Durchlauf jedoch verändern sich die Inhalte. 1.3.3 Zusammenfassung des Vergleichs der Konsensmodelle Der bisherigen Untersuchung kann entnommen werden, dass die Hochzeitsplanung aufgrund ihrer Struktur grundsätzlich mit dem Designprozess übereinstimmt und somit als Designprozess bezeichnet werden kann. Gegen eine Einordnung in den Designbereich spricht jedoch das Fehlen der Iteration in der Hochzeitsplanung. Die beiden Prozesse unterscheiden sich hier deutlich im Zusammenspiel von Kongruenz und Divergenz. So verzichtet der übliche Hochzeitsplanungsprozess sowohl auf breite Informations- und Ideensuche als auch auf die Reflektion einzelner Schritte oder Entscheidungen. 25 1.4. Erreichung des Ziels einer Hochzeit durch designprozessorientierte Hochzeitsplanung Aufgrund der geschilderten Erkenntnisse wird nachfolgend ein idealtypisches Modell vorgestellt, welches die Hochzeitsplanung als Designprozess behandelt. Hierbei werden die beiden erarbeiteten Konsensmodelle sinngemäss zusammenführt bzw. ergänzt und optimiert. Der Nutzen einer solchen Anschauung wird im Anschluss kritisch diskutiert. 1.4.1 Struktur des Modells Die entwickelte Struktur beinhaltet die folgenden vier Schritte, welche im Verlauf des Kapitels erläutert werden: ----- Schritt 1: Recherche & Wunschdefinition Schritt 2: Ideenfindung & Eckpunktdefinition Schritt 3: Planung & Reflexion Schritt 4: Organisation & Erinnerung Es ist festzuhalten, dass der Planungsprozess als gemeinsame Projektarbeit eines heiratswilligen Paares konzipiert ist und dass er somit beide Partner aktiv in den Prozess involviert. Auf eine Konzeption durch eine Drittperson wird in der nachfolgenden Darstellung nicht eingegangen, obwohl eine Begleitung des Prozesses durch eine Fachperson aus dem Bereich Design wünschenswert wäre. 1.4.2 Inhalt der einzelnen Schritte Schritt 1 – Recherche als Basis und Grundstein der Hochzeitsplanung: Der idealtypische Prozess startet mit einer umfangreichen Recherche, wie dies auch im Designprozess üblich ist. Hier sollen im Gegensatz zum herkömmlichen Hochzeitsplanungsprozess (vgl. Konsensmodell Hochzeitsplanung) jedoch nicht nur vorschnell Wünsche und Vorstellungen definiert werden. So soll stattdessen ein Austausch zwischen den Partnern erfolgen und eine intensive Auseinandersetzung jedes einzelnen Partners mit sich selbst angeregt werden. Es gilt, Bedürfnisse und Charaktere zu erkennen, Heiratsmotive, Standpunkte und Werte in Erfahrung zu bringen und die gemeinsame Beziehung und ihr Umfeld zu erforschen. Das Paar nimmt hierbei sowohl die Position der zu entdeckenden Zielgruppe als auch die des forschenden Designers ein. Ziel der ersten Phase ist es, den Nutzer (Brautpaar20) zu verstehen, um dadurch eine Basis zu bilden, auf welcher ein stimmiges Endergebnis entwickelt werden kann. Diesbezüglich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Paare für die gemeinsame Auseinandersetzung Offenheit und kommunikatives Rüstzeug benötigen (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Schritt 2 – Ideengenerierung und Fokussierung: Im zweiten Schritt des neu entwickelten Prozessschemas werden möglichst viele unterschiedliche Ideen bezüg26 20 Es wird darauf hingewiesen, dass als weitere Nutzer einer Hochzeit auch geladene Gäste betrachtet werden könnten. Diesbezüglich wäre eine Ausweitung der Recherche denkbar (vgl. Kapitel 2). lich Inszenierung der Hochzeit generiert. Hier können abstrakte Gestaltungsthemen, Sinnbilder, Analogien oder auch konkrete Ideen kreiert werden. Diese werden gesammelt und visualisiert. Kolko sieht in der Visualisierung einen Akt der Externalisierung. Dieser bilde die Möglichkeit, eine umfangreiche Anzahl an Ideen miteinander zu vergleichen, zu konkretisieren, zu speichern, zu reflektieren und zu teilen (Kolko, 2011, S. 54 ff.). Der Prozess sieht vor, dass zuerst Ideen des Partners an und für sich betrachtet und anschliessend eigene Vorlieben diesen gegenübergestellt und dem Partner mitgeteilt werden. Dabei muss laut Ineichen beachtet werden, dass dies nicht mit einer Abwertung der Bedürfnisse des Partners gleichzusetzen ist. Gemeinsam wird so auf mögliche Lösungen fokussiert, wodurch ein iterativer Prozess der Konfiguration stattfindet (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Schritt 3 – Konzeption und Detailausarbeitung: Im dritten Schritt folgt die Weiterentwicklung einer oder mehrerer zuvor ausgewählter Ideen 21. Das visuelle Erscheinungsbild der Hochzeit wird ausgearbeitet und ein stimmiger Ablauf geplant. Die Hochzeit wird auf ihre Einzelteile heruntergebrochen und im Detail ausgestaltet. Resultat des Schrittes ist ein ganzheitliches Hochzeitskonzept, welches während und nach seiner Erstellung auf Übereinstimmung mit Bedürfnissen und Zielen überprüft wird. Schritt 4 – Konzeptumsetzung und Prozessverarbeitung: Zuletzt soll das erarbeitete Konzept umgesetzt bzw. bei entsprechenden Anbietern in Auftrag gegeben werden. Ausserdem wird abschliessend eine Prozessdokumentation erstellt, was laut Dubberly in jeglichen Prozessen wichtig sei (vgl. Dubberly, 2004, S. 13). In der Dokumentation sollen entwickelte Ideen als Lösungsweg festgehalten und erarbeitetes Material zur Erinnerung gesammelt werden. Festzuhalten ist, dass die Erstellung einer Dokumentation lediglich als optional gilt. Im Gegensatz zum Designprozess findet nach der Durchführung der Hochzeit keine Erfolgskontrolle im eigentlichen Sinne statt. Die Erinnerung an das gemeinsame Erlebnis kann jedoch mitunter als Reflexion und somit als Prozessverarbeitung gelten. Es wird darauf hingewiesen, dass im Falle einer Betreuung des Prozesses durch Drittpersonen eine Erfolgskontrolle zur Optimierung des Vorgehens bei Betreuung eines zukünftigen Paares sinnvoll wäre. 21 Die Entwicklung eines Grundkonsens bzw. einer Leitidee hilft laut Keene bei der späteren Fokussierung auf das Wichtigste. Der Grundgedanke soll schriftlich festgehalten und während der Planungsphase gut sichtbar aufbewahrt werden (vgl. Keene, 2012, S. 20 f.). (z. B. «Eine ehrliche, helle, bescheidene Feier im Wald») 27 1.4.3 Vor- und Nachteile des entwickelten Idealtypus 1.4.3.1 Vorteile einer breiteren Recherchephase Psychologin und Paartherapeutin Denise Ineichen befürwortet eine solche entwicklungsorientierte Prozess-Struktur, wie sie im Idealtypus geschildert wurde. Ineichen sieht in der Betonung des «Wer bin ich? Wer sind wir? Was möchte ich? Was möchten wir miteinander?» einen klaren Vorteil gegenüber der herkömmlichen Hochzeitsplanung. Nach Ineichen sind Auseinandersetzungen mit sich selber und seinem eigenen Entwicklungsprozess zentral und unabdingbar bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse bzw. Erreichung seiner Wünsche22 (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Laut Empfehlungen der Hochzeitsratgeberliteratur soll die Hochzeit das Leben des Paares authentisch reflektieren (vgl. Keene, 2012, S. 65 ff. / Bohlmann, 2010, S. 56). bzw. den Charakter und die Vorlieben des Paares widerspiegeln (vgl. Dionisio 2008, S. 36). Als allgemein angestrebtes Ziel der Hochzeitsplanung kann somit eine authentische Inszenierung der Paaridentität23 bezeichnet werden. Das Bedürfnis nach Differenzierung und individueller Darstellung bestätigen auch Bohlmann (vgl. Bohlmann, 2010, S. 78) sowie die Ergebnisse aus vorangehenden empirischen Untersuchungen (vgl. Paar-Interviews, 18.02.201215.03.2012). Eine mögliche Erklärung dafür könnte bei Levend gefunden werden. Laut Levend zwingt die heutige Gesellschaft Paare dazu, individuelle Bedürfnisse und eine Autonomie zu wahren und parallel dazu ein Wir-Gefühl24 zu entwickeln (vgl. Levend, 2012, S. 55 f.). Laut Bodenmann/Fux Brändli ist dieses Wir-Gefühl das Fundament jeder Beziehung und Basis für eine «Glückliche Partnerschaft» (vgl. Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 32 f., 44). Dem dargelegten Ziel einer authentischen Inszenierung der Paaridentität kann mit einer breiten und ausführlichen Paar-Recherche entsprochen werden, da sie als Basis für die Entwicklung eines nutzerfreundlichen und stimmigen Endergebnisses funktioniert (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 36). 1.4.3.2 Vorteile der Iteration im Prozess Das angestrebte iterative Vorgehen in der Hochzeitsplanung sowie das Einbringen von Konvergenz und Divergenz hält Ineichen für sehr sinnvoll, weil damit «eine Konfiguration zum Optimum der eigenen Wünsche» ermöglicht würde (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Auf die Vorteile einer Reflexion verweist auch Keene: Sie rät, aus den Ideen Schlüsselelemente zu ziehen, welche die wichtigsten Punkte oder Ziele der Wunsch-Hochzeit beschreiben. Darauf könne während des Prozesses laufend Bezug genommen werden, was dabei helfe, 28 22 Erlebnisorientierte und imaginative Techniken wie z. B. Analogien bilden, könnten bei der Entdeckung eigener Wünsche und Vorstellungen helfen, empfiehlt Ineichen (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). 23 Mit Paaridentität bezeichnen Psychologen sowohl die empathische Bezogenheit als auch das Auftreten als Paar gegenüber Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis bzw. im Berufsalltag (vgl. Levend, 2012, S. 55 f.). 24 Ineichen versteht dieses Wir-Gefühl als eigene Identität bzw. als etwas, das neu entsteht und das mehr ist als die Summe seiner Teile. Sie verweist diesbezüglich auf das therapeutische Konzept des Paarwesens, wobei durch Externalisierung der Beziehung bzw. der Betrachtung der Beziehung in einem anderen Kontext Blockaden gelöst werden können. Ein Paarwesen erfordere Zeit, Aufmerksamkeit und Bezogenheit (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, was vor Überforderung schütze (vgl. Keene, 2012, S. 20 f.). Dass die Gefahr einer Überforderung besteht, wurde im Übrigen in den Interviews bestätigt. Als Gründe dafür wurden das umfangreiche Marktangebot, aber auch Unsicherheit bezüglich angemessener Entscheidungen genannt (vgl. PaarInterviews, 18.02.2012-15.03.2012). 1.4.3.3 Vorteile einer Prozessdokumentation In der Gestaltung einer Prozessdokumentation sieht Ineichen einen weiteren Vorteil der Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess. So könne die Dokumentation zum einen als Andenken an die Hochzeit noch Jahre später hervorgenommen werden, und zum anderen würden bei der dokumentarischen Bearbeitung unterschiedliche Modalitäten eingeschaltet, mittels derer der Prozess psychologisch gesehen auf unterschiedlichen Ebenen verarbeitet würde (vgl. Ineichen, 2012). 1.4.3.4 Weitere Vorteile aus psychologischer Sicht Allgemein kann behauptet werden, dass das gemeinsame Entwickeln des Projektes Hochzeit in der geschilderten Form zu einem positiven Beziehungsklima beiträgt. So berücksichtigt der Prozess in seinem Ablauf die zentralen Begriffe einer Beziehung, also laut Ineichen Zeit, Aufmerksamkeit und Bezogenheit (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Das Paar widmet einander durch die Konzentration auf die Beziehung Aufmerksamkeit, orientiert sich an gemeinsamen Verbindungen und verbringt, banal gesehen, gemeinsam Zeit, wodurch das WirGefühl gestärkt wird (vgl. Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 34). Einen weiteren Vorteil in psychologischer Hinsicht bietet die Tatsache, dass der Prozess das Verständnis für die Bedürfnisse des Partners fördert, was laut Bodenmann/Fux Brändli neben Teamgeist für eine dauerhafte, glückliche Beziehung unabdingbar ist. Der regelmässige Austausch über Träume, Sorgen und Wünsche sorge dafür, dass sich ein Paar trotz eigenständiger Entwicklung nahe bleibe. Die Annahme, den Partner nach einigen Beziehungsjahren in und auswendig zu kennen, sei schlichtweg falsch. Begegnungen dieser Art sollten dazu genutzt werden, sich immer wieder neu kennen zu lernen (vgl. Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 32, 35, 120 ff.). Zudem ähnelt das entwickelte idealtypische Prozessmodell in seinem Aufbau dem von Guy Bodenmann entwickelten Problemlösungsmodell (vlg. Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 52 f.). Aufgrund dieser Ähnlichkeit wird davon ausgegangen, dass das Kennenlernen des Prozesses Paaren möglicherweise bei zukünftigen Problemen zu einer gemeinsam entwickelten Lösung verhelfen könne. Die Struktur des Prozesses kann so in zukünftigen Problemsituationen übernommen werden und inhaltlich angepasst werden, wobei beispielsweise eine Prozessdokumentation entfällt. 29 1.4.3.5 Nachteile der Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess Als Nachteil lässt sich ein zeitlicher Mehraufwand in der Recherchephase feststellen. Die erarbeitete Basis kann aber in späteren Stadien der Hochzeitsplanung als Orientierungs- bzw. Entscheidungshilfe genutzt werden und vermöchte somit einen möglichen Zeitverlust aufzuholen. Ein zweiter Nachteil könnte die Anforderung sein, welche ein Paar bei einer solchen Auseinandersetzung erfüllen sollte, meint Ineichen. So sind eine Bereitschaft zum offenen Umgang mit Bedürfnissen und Wünschen und gewisse kommunikative Fertigkeiten grundlegend. Zudem sollte die gemeinsame Auseinandersetzung als positiv wahrgenommen werden können (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). Da im Falle einer Eheschliessung aber eine stimmige Partnerschaftsqualität vermutet wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Rahmenbedingungen dafür in vielen Fällen gegeben sind. Bezüglich Prozessdokumentation merkt Ineichen an, dass in einigen Fällen diese zusätzliche Aufgabe eine Überforderung hervorrufen könnte oder im Streitfall die Planungsdokumentation gar als belastendes Beweisstück wahrgenommen bzw. missbraucht werden könnte (vgl. Ineichen, Interview, 07.08.2012). In kritischen Fällen sollte gegebenenfalls von einer Fertigung einer Dokumentation abgesehen werden, wobei diese allgemein als optional gesehen werden darf. 30 2. Hochzeitsplanung im Kontext des Spezialgebietes Service Design Wie bereits erläutert, wurde in den der Arbeit vorausgehenden Interviews nebst dem Ziel einer authentischen Hochzeit auch die Problematik der Komplexität einer Hochzeit und der damit einhergehenden Überforderung geschildert (vgl. Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012). Es soll nun im zweiten Teil der schriftlichen Abhandlung herausgefunden werden, inwiefern Service Design-Methoden (Tools)den Prozess der Hochzeitsplanung vereinfachen können. Auf das Fachgebiet Service Design wird deshalb fokussiert, weil sich der Bereich laut Mager mit der Gestaltung von komplexen Prozessen, Strukturen oder Verhaltensweisen beschäftigt (vgl. Mager/Gais, 2009, S. 38, 60 ff.), wozu auch die Hochzeit gezählt werden darf. So handelt es sich auch bei der Hochzeit um einen Prozess oder Ablauf unterschiedlicher Tätigkeiten, dessen Komplexität durch diverse involvierte Personen, Interaktionen und Objekte geschaffen wird (vgl. Stakeholders). Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Service Design rechtfertigt sich zudem durch die Spezialisierung der Autorin der vorliegenden Arbeit in der Studienvertiefungsrichtung Service Design. 2.1 Schnittstellen Hochzeitsplanung und Service Design Bevor im Folgenden die Service Design-Methodik genauer untersucht werden soll, wird zunächst überprüft, ob die Hochzeitsplanung dem Fachgebiet Service Design zugesprochen werden kann: Nebst der einleitend genannten Ähnlichkeit der Aufgabenbeschreibung der Hochzeitsplanung und des Service Designs kann die Hochzeit als Service bezeichnet werden, da sich die Charaktereigenschaften von Dienstleistungen – wie sie Mager und Polaine beschreiben – auf den Event Hochzeit übertragen lassen. So sind Services immaterielles, nicht lagerfähiges, ortsgebundenes und begrenzt standardisierbares Gut, welches vor den Augen des Kunden im Laufe einer bestimmten Zeit entstehe, wobei verschiedene Touchpoints benutzt würden, welche unter anderem auch zufällig entstanden sind (vgl. Mager/Gais, 2009, S. 36 ff./ Polaine, 2010, S. 10 ff.). Services müssen durch Touchpoints sichtbar bzw. augenfällig gemacht werden, da sie im Moment der Inanspruchnahme entstehen und durch diese Abstraktheit ansonsten schwierig greifbar wären (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 42). Vergleichsweise ähnlich muss auch die Handlung des Heiratens sichtbar gemacht werden, was sich bereits durch die Unterzeichnung der Hochzeitsdokumente ver- 31 deutlicht. Auch in Bezug auf die Feierlichkeiten wird der Prozess des Heiratens üblicherweise visualisiert: Einladungen und Dankeskarten werden verschickt, Platzkarten und Gastgeschenke bereitgestellt. Nebenbei sei bemerkt, dass in gewissem Sinne auch Gästebücher und Erinnerungsfotos den genutzten Service «Hochzeit» protokollieren. Eine weitere Schnittstelle besteht darin, dass laut Stickdorn/Schneider und Mager/Gais durch diese Touchpoints hindurch ein konsequentes, ganzheitliches Erlebnis geschaffen werden soll, wobei einzelne Touchpoints25 und Interaktionen Service-Momente bilden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 34 ff./ Mager/Gais, 2009, S. 38, 60 ff.). Diesen Ansatz bzw. diese Zieldefinition kann man bei Hochzeiten mit dem Anstreben eines einheitlichen und harmonischen Gesamtbildes vergleichen, wobei einzelne Elemente auch hier mit Bedacht aufeinander abgestimmt werden sollen (vgl. Dionisio 2008, S. 36). Weiter stehen sowohl bei Service Design-Projekten als auch bei Hochzeiten Menschen und ihre Beziehungen zueinander bzw. ihre Interaktionen im Mittelpunkt. Nach Polaine werden Services durch Menschen kreiert und vervollständigt (vgl. Polaine, 2010, S. 9). So sind in eine Hochzeit neben dem Brautpaar verschiedene andere Teilnehmer (Gäste, Familien) und Dienstleister (Florist, Fotograf, Standesbeamte, Pfarrer, etc.) involviert, welche in der Service Design-Theorie als Stakeholders bezeichnet werden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 38). Diesbezüglich müssen sowohl zur Gestaltung von Services als auch einer Hochzeit unterschiedliche Erwartungen miteinander abgeglichen werden. Es empfiehlt sich daher, die im vorherigen Kapitel vorgestellte Nutzer-Recherche zu Beginn der Hochzeitsplanung auf sämtliche Stakeholders auszudehnen (siehe «Methoden Service Design»), wobei natürlich ein angemessener Umfang anzusterben ist. Die Service Design Theorie spricht zudem von Service-Anbieter und ServiceNutzer bzw. -Kunde (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 35). Die Begrifflichkeiten können auch bei der Beschreibung einer Hochzeit angewendet werden, wobei die Zuteilung dieser auf unterschiedliche Weise erfolgen kann. So kann z. B. das Brautpaar als Service-Anbieter, Gäste als Nutzer und involvierte Dienstleister als weitere Stakeholders bezeichnet werden, wobei dem Brautpaar zusätzlich ebenfalls die Rolle des Nutzers zugesprochen werden kann. Ausserdem ist eine strukturelle Ähnlichkeit zwischen dem im ersten Kapitel erarbeiteten idealtypischen Designprozess der Hochzeitsplanung26 und dem von Stickdorn/Schneider beschriebenen Service Designprozess auffällig: Laut Stickdorn/Schneider bezeichnet der Service Designprozess folgende vier Schritte: Exploration, Kreation, Reflektion und Implementierung. (Stickdorn/ Schneider, 2010, S. 124 ff). 25 32 Touchpoints: Jeder Kontaktpunkt zwischen Kunde und Service-Anbieter (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 35) 26 Struktur des erarbeiteten idealtypischen Designprozesses: -Schritt 1: Recherche & Wunschdefinition -Schritt 2: Ideenfindung & Eckpunktdefinition -Schritt 3: Planung & Reflexion -Schritt 4: Organisation & Erinnerung Zu beachten ist, dass auch im Bereich Service Design Iteration als wichtiger Bestandteil des Designprozesses angesehen wird, wobei in diesem Kapitel jedoch nicht weiter darauf eingegangen wird. Den Vergleich abschliessend kann behauptet werden, dass die Kern-Prinzipien des Service Design Thinkings nach Stickdorn/Schneider allesamt auf die Hochzeitsplanung übertragen werden können, wie bereits durch die vorangegangenen Erläuterungen dargelegt wurde. So stellt Service Design Menschen ins Zentrum, welche mit dem Service interagieren, wobei unterschiedliche Stakeholders berücksichtigt und in den Gestaltungsprozess involviert werden. Service Design behandelt zudem auf ganzheitliche Weise Sequenziertes27 und macht mit Hilfe von Touchpoints den Service sichtbar (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 34 ff.). 2.2 Vereinfachung der Hochzeitsplanung durch Service Design-Methodik Aufgrund der dargelegten Ähnlichkeiten wird die Hochzeitsplanung dem Fachgebiet Service Design zugesprochen, weshalb angenommen wird, dass sich Methoden des Service Designs auch auf die Hochzeitsplanung anwenden lassen. Nachfolgend werden drei ausgewählte Service Design-Methoden vorgestellt, und ihr Nutzen zur Ergänzung des bereits vorgestellten Idealtypus der Hochzeitsplanung als Designprozess untersucht. Im ersten Kapitel wurde bereits ausführlich auf den Nutzen einer Recherchephase bezüglich authentischer Inszenierung eingegangen, weshalb im zweiten Kapitel bei der Auswahl der Methoden auf die Vereinfachung des Prozesses fokussiert wird. Die Tools korrespondieren zudem auf anschauliche Weise mit den bereits vorgestellten Kern-Prinzipien des Service Design Thinkings. 2.2.1 Methodik Service Design allgemein Um Services kreieren zu können, deren Art, Nutzen und Benutzung klar verständlich sind, muss ein echtes Verständnis für den Nutzer, seine Bedürfnisse und Wünsche erlangt werden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 36 f. )28. Um dies zu erreichen, nutzt Service Design observierende, analysierende, dokumentierende, experimentierende, entwerfende und kreierende Methoden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 148 ff.)29. Als zentrales Element der Service DesignPhilosophie darf dabei das kollaborative Arbeiten bzw. das interdisziplinäre Arbeiten als Prinzip betrachtet werden, wobei dieses in Verbindung mit verschiedensten Service Design Tools angewendet werden kann (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 198)30. 27 Gemeint sind z. B. Abfolgen von Handlungen oder Interaktionen. 28 Diesbezüglich wurde bereits im vorherigen Kapitel der Nutzen einer intensiven Nutzer-Recherche zu Beginn der Hochzeitsplanung ausführlich dargelegt. 29 Bekannte Service Design-Methoden sind u. a. Blueprints, Customer Journeys, Personas, Service Ecology Maps und das Experience Prototyping (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 148 ff.). 30 Stickdorn/Schneider verweisen auf die Wichtigkeit, mögliche Anfangsbarrieren der Teilnehmer zu überwinden (z. B. Angst etwas 33 2.2.2 Service Design-Methoden in der Hochzeitsplanung 2.2.2.1 Methode Service Ecology Map: Das komplexe Netzwerk, welches sich durch die verschiedenen Stakeholder einer Hochzeit bildet, kann auf das Brautpaar sehr überfordernd wirken, zumal eine Hochzeit emotional stark belastet ist (vgl. Paar-Interviews, 18.02.201215.03.2012). Verbindungen in diesem Netzwerk und daraus resultierende Aufgaben festzuhalten und so die Komplexität des Prozesses herunterzubrechen, kann bei Überforderung helfen. Hier empfiehlt sich die Methode der Service Ecology: Service Ecology Maps stellen in systematischer Weise alle von einem Service Betroffenen und ihre Beziehungen zueinander in einem gewissen Kontext ausgehend von einem spezifischen Blickwinkel dar (vgl. Tassi, 2009b). Für die Anwendung in der Hochzeitsplanung eignen sich diesbezüglich sowohl skizzenhafte Darstellungen als auch systematischere Techniken wie die Eingliederung sämtlicher Stakeholders und Beziehungen in einer Zielscheibe bis hin zu abstrakten Mindmaps31. In allen Darstellungen wird die Hochzeit in einzelne Sequenzen (z. B. Trauung, Apéro, Feier) unterteilt und dazugehörige Aktivitäten, Lokalitäten und Personen etc. mit einer Interaktion verbunden. So führt beispielsweise ein Pfeil mit der Beschriftung «Einladung» von «Brautpaar» zu «Gäste» und ein weiterer Pfeil mit «Zusage, Absage» in die entgegengesetzte Richtung (siehe Abb. 4). Vorteile der Anwendung der Methode im Kontext Hochzeitsplanung sind zum einen der gewonnene Überblick über die einzelnen involvierten Personen und Prozesse und zum anderen das Sichtbarmachen von Interaktionen zwischen diesen, wodurch verschiedene zu erledigende Aufgaben in ihrem Kontext deutlich werden. Als möglicher Nachteil kann die nicht sonderlich detailliert ausfallende Darstellung gesehen werden, da aufgrund starker Verästelung des Netzwerkes möglicherweise Platzprobleme entstehen. Beispiel: Lea und Paul haben eine Service Ecology Map für ihre Hochzeit erstellt. Gemeinsam haben sie so in kürzester Zeit einen Überblick über diverse anstehende Arbeiten gewonnen. Zudem ist ihnen durch die Darstellung aufgefallen, dass sie die Mitglieder der Band sowie den Fotografen bei der Menübestellung versehentlich nicht mitgezählt haben (siehe Abb. 5). Ausserdem konnten die beiden aufgrund der aufgelisteten Involvierten mühelos eine Adressliste zusammenstellen, durch welche sämtliche Kontaktdaten stets griffbereit stehen. 34 falsches zu sagen). Zudem solle die Session von einer Leitperson moderiert werden, um so die gewünschte Art von Resultaten zu erlangen (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 198). 31 Es eignet sich sowohl eine digitale als auch analoge Herstellung. Abb. 4: Skizzenhafte Service Ecology Map einer Hochzeit (vereinfacht) Abb. 5: Lea und Pauls Service Ecology Map ihrer Hochzeit als Zielscheibe 35 Abb. 6: Service Ecology Map einer Hochzeit als Mindmap (stark vereinfacht) 2.2.2.2 Methode Personas Nach Stickdorn sollten – wenn möglich – Vertreter sämtlicher Stakeholders in den Gestaltungsprozess miteinbezogen, wodurch Lösungen in einer Zusammenarbeit entstehen sollen (vgl. Stickdorn/Schneider, 2011, S. 124 ff). Ein solcher empfohlener Miteinbezug findet in Hochzeiten üblicherweise bereits insofern statt, als dass für die Hochzeit engagierte Dienstleister durch ihre Dienstleistung zwangsläufig zum Gesamtbild einer Hochzeit beitragen. Beispiel: Tortenbäckerin Marta hat mit viel Liebe zum Detail eine dreistöckige, lilafarbene Buttercreme-Torte kreiert. Die seidenmatte Kreation hat Marta mit einem weissen Taubenpaar aus Marzipan geschmückt, welches optimal zum gewählten Thema der Leichtigkeit passt. Hier kann von einer tatsächlichen Integrierung in den Gestaltungsprozess gesprochen werden, da die Torte zum Gesamtbild der Hochzeit massgeblich beiträgt. Ein weiteres Beispiel: Roberto, stadtbekannter Pizzeria-Besitzer und langjähriger Freund des Brautpaares, und sein Catering Team wurden von Lea und Paul für die grosse Feier im Schlosspark engagiert. Auch hier trägt der Dienstleister (Roberto und sein Team) faktisch zur Gestaltung der Feier bei, da die Gäste mit dem «Service» Hochzeit durch Robertos Bewirtung unausweichlich in Berührung kommen. 36 Nicht als Normalfall zu betrachten, jedoch häufig anzutreffen ist nebst dem Mitwirken der Dienstleister zudem der allfällige Miteinbezug von Gästen. Hierbei gilt es zu beachten, dass es sich dabei meist um Familienmitglieder oder Trauzeugen handelt, welche direkten Einfluss auf die Gestaltung der Feierlichkeit nehmen. Somit handelt es sich dabei um eine Unterkategorie der Gäste (Gäste mit spezieller Beziehung zum Brautpaar), womit der Miteinbezug aller Stakeholders reduziert wird. Es ist an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Miteinbezug von Familienmitgliedern und Trauzeugen in die Hochzeitsplanung nicht als Normalfall, sondern als optional angesehen werden muss32. Ein gemeinsames Planen der Feier als Familienerlebnis ist heute nicht mehr üblich, was sowohl Interviews als auch die ansteigenden Zahlen extern geplanter Hochzeiten verdeutlichen (vgl. Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012 / Kohler, 2011). Zudem ist auch nicht allgemein anzunehmen, dass Familien zum Zeitpunkt einer Hochzeit noch vollständig sind, gerade bei stets steigendem Heiratsalter der Brautpaare (vgl. BFS, 2012). Wird also eine Hochzeit beispielsweise vom Brautpaar alleine gestaltet und geplant, bietet sich die Methode Personas an, mit welcher auch ohne Mitwirken von Gästen oder zusätzlichen Stakeholdern auf unterschiedliche Bedürfnisse aufmerksam gemacht werden kann: Personas sind fiktive Personen-Profile, welche eine bestimmte Gruppe mit geteilten Interessen repräsentieren sollen. In der Recherche gesammelte Erkenntnisse (aus Stakeholder Maps, Interviews, Shadowing etc.) werden in Personas zu Charakteren entwickelt. Personas helfen, Bedürfnisse und Motivationen zu verkörpern, wobei die Abstraktheit gebrochen wird. (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 178). Es wird hinzugefügt, dass die Methode durchaus auch in Kollaboration mit Stakeholdern bzw. als Ergebnis-Visualisierung einer vorausgehenden Recherche entstehen kann und keinesfalls zwangsläufig den Miteinbezug von Stakeholdern ausschliesst. Eine möglichst frühe Anwendung im Prozess wird in beiden Fällen empfohlen. Zu bedenken ist, dass nicht alle Besonderheiten aller Involvierten in einzelnen wenigen Personas festgehalten werden können, weshalb darauf hingewiesen wird, dass Personas kein Garant für eine vollständige Zufriedenheit aller Beteiligten sind. Beispiel: Lea und Paul planen ihre Hochzeit ausschliesslich zusammen mit ihren beiden Trauzeugen. Sie haben nun aufgrund ihrer Service Ecology Map sowohl für unterschiedliche Gästegruppen als auch für Dienstleister Personas erstellt. Entwickelt wurden dabei z. B. «Oskar» und «Lilly». Oskar ist 78 Jahre alt, hat 32 Es wird davon abgesehen, auf gesellschaftlich weitverbreitete Klischeedarstellungen wie z. B. das sich penetrant einmischende «Schwiegermonster» einzugehen (siehe Einfluss Medien Einleitung). 37 Verdauungsprobleme und steht nicht gerne lange auf den Beinen. Lilly ist 6 Jahre alt, mag keine Suppen, ist relativ schnell gelangweilt und kreischt überdurchschnittlich oft. Aus den Personas abgeleitet haben Lea und Paul benötigte Sitzgelegenheiten und diverse Digestifs für Senioren sowie Malstifte, Betreuung und Kindermenüs für die kleinen Gäste (siehe Abb. 7). Abb. 7: Lea und Pauls Personas «Lilly» und «Oskar» 2.2.2.3 Methode Blueprinting Eine Integration aller beteiligten Stakeholders in den Gestaltungsprozess ist, wie bereits erläutert, heute nicht immer grundsätzlich erwünscht und auch nicht zwangsläufig machbar. Ist jedoch die Mitarbeit von Gästen, Familienmitgliedern oder gar Dienstleistern wie Caterer, Transportunternehmen etc. möglich und gefragt, eignet sich ein Miteinbezug dieser im Sinne einer Kollaboration zur Ergänzung der Hochzeitsplanung optimal. Diesbezüglich wird die Methode Blueprint vorgestellt: 38 Blueprinting wird laut Stickdorn/Schneider und Tassi als operatives Instrument beschrieben, welches die Eigenschaften von Service-Interaktionen detailliert aufzeigt. Normalerweise beinhalte es das schematische Visualisieren der Beziehungen zwischen Nutzer, Anbieter und anderen relevanten involvierten Parteien. Hierbei würden aber auch im Hintergrund ablaufende Prozesse dargestellt, wodurch Überlappungen und Überschneidungen aufgezeigt werden könnten. Blueprints würden zudem helfen, Personen und Ressourcen zu koordinieren. Eine periodische Überarbeitung und Erweiterung des Blueprints während des Prozesses wird von Stickdorn/Schneider empfohlen (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 204 f. / Tassi, 2009b). Dargestellt werden Blueprints häufig in tabellenähnlicher Form. In einer obersten Zeile werden einzelne Service-Momente bildhaft symbolisiert. Jeweils darunter die Nutzertätigkeit, Berührungspunkte zwischen dem Nutzer und dem Service sowie Backstage-Prozesse und die dafür benötigten Infrastrukturen bzw. Systeme vermerkt. Unterteilt werden die Zeilen durch Linien (siehe Abb. 7) (vgl. Schneider/Stickdorn, 2010, S. 206 f.)33. Für die Hochzeitsplanung heisst das, dass die oberste Zeile z. B. den Erhalt der Einladungskarte zeigt, die Zusage bzw. Anmeldung des Gastes, sein Eintreffen, seine Aktivitäten an der Feier sowie die Dankeskarte, welche er im Anschluss an die besuchte Feier zugeschickt bekommt. Es wird angemerkt, dass das geschilderte Beispiel aus der Sicht des Gastes konzipiert ist, wobei das Blueprint auch aus der Sicht eines anderen Stakeholders entwickelt werden kann. Blueprinting in der Hochzeitsplanung bietet den Vorteil, die Prozesshaftigkeit der Hochzeit einfach und visuell darzustellen, wodurch gemeinsames Arbeiten ermöglicht wird und die Optimierung des Ablaufs des Events unterstützt wird. Durch Herunterbrechen der Komplexität auf einzelne Service-Momente verhilft ein Blueprint zudem dazu, den Überblick zu wahren. Da dadurch der Blick fürs Ganze nicht verloren geht, unterstützt Blueprinting die Gestaltung als ganzheitliches Erlebnis und kann zusätzlich einer Überforderung entgegenwirken. Als Kollaboration bzw. als Teamwork kreiert, kann durch Blueprinting zudem das Bewusstsein für unterschiedliche Verantwortungsbereiche gefördert werden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 204 f. / Tassi, 2009b). Vergleicht man Blueprints mit Checklisten, welche wie bereits erläutert in der Hochzeitsplanung häufig verwendet werden, so bietet das Blueprinting den Vorteil, Zusammenhänge und Kontext sichtbar zu machen, wodurch der Ablauf mit mehreren Personen angeschaut und entwickelt werden kann. Das Blueprinting in der vorgestellten Form eignet sich optimal zur Anwendung in der Kreationsphase der Hochzeitsplanung (siehe Idealtypus), wobei Details fortwährend ergänzt und ausgearbeitet werden können. Nachteile konnten während der Untersuchung keine festgestellt werden. Beispiel: Lea und Paul haben Gefallen an Service Design Tools gefunden und nach Service Ecology Map und Personas auch ein Blueprint ihrer Hochzeit erstellt. Durch das Blueprinting konnten sie den Ablauf direkt mit ihren Trauzeugen besprechen, wobei sie den sauber aufgelisteten Support Prozessen einen kompletten Überblick anstehender Arbeiten verdanken. Durch die einfache Aufspaltung der Hochzeit in einzelne Service-Momente wurden sie u. a. darauf aufmerksam, dass sie bereits beim Standesamt für ausreichend Parkplätze sorgen müssen. 39 33 Polaine empfiehlt zudem das Einbringen von Emotionen (vgl. Polaine, 2010, S. 40). 40 Abb. 8: Blueprint von Lea und Pauls Hochzeit wedo! (Backstage) Touchpoints (Frontstage) Support Prozess Gästelistenmanager & Tätschmeister, Dienstleister, Parkplätze & Wegbeschilderung, Programme, Namensschilder, Dekoration, Kleidung & Accessoires, Geschenketisch & Sitzgelegenheiten Gästeliste aktualisieren, Programme&Namensschilder verteilen, Parkplätze reservieren, Band 1 richtet sich ein Einladungen erstellen & versenden, Dienstleister buchen, Webseite aufschalten, Geschenkwünsche definieren, Ablauf planen Dienstleister, Tätschmeister Standesamt, Lokalität,Termin, Zeit, Ablauf, Thema, Motto, Vis. Gestaltungs-element, Webseite & Einladungen, Antwortkarten, Geschenkliste, Gästeliste, aktuelle Kontaktdaten Gäste Tätschmeister weist Gästen Parkplätze zu Gäste finden Dienstleisterinfos auf Homepage von DL und/oder Brautpaar Brautpaar Drucksachen, Web, Dekoration Gäste werden durch Brautpaar begrüsst Wegbeschilderung zeigt Gästen den Weg, Programme liegen auf, Namensschilder werden an Gäste verteilt Einladung enthält: Datum, Zeit, Ort, Dresscode, Link zur Webseite, Antwortkarte, Schleife fürs Auto, Webseite enthält: Programm, Anfahrtsweg,Wunschliste Kundenaktivität Brautpaar empfängt Glückwünsche u. a. per Telefon, Brautpaar steht für Fragen bezüglich Feier zur Verfügung Gäste verfolgen Trauung und Programm, unterhalten sich u. a. mit dem Brautpaar, stossen beim Apéro vor dem Standesamt an Gäste treffen am gegebenen Tag vor Ort ein und begrüssen das Brautpaar Gegebenenfalls überreichen Gäste dem Brautpaar Geschenke Gäste erhalten die Einladung (ev. vorab Save-the-date-Karten) und melden sich an Trauzeugen & Dokumente zur Trauung, Rede & Unterhaltungsprogramm, Bedruckte Servietten & Apérobuffet, Notfallset, Band 1, Deko div. (Fahrzeug inkl. Schmuck für Brautpaar) Reden halten, Unterhaltung bieten, Essen zubereiten, Apérobuffet eröffnen Standesbeamte vermählt das Paar, Tätschmeister informiert über Programm, Musik wird gespielt Gäste verfolgen die Trauung und stossen anschliessend mit dem Brautpaar an, Bräutigam hält kurze Rede Bedruckte Servietten liegen beim Apéro auf, Eingang Standesamt und Buffet ist geschmückt use join aware Parkplätze & Wegbeschilderung, 4-Gang-Menü & Torte, Menükarte, Tischordnung & Beschriftung, Band 2, Songs, Tanz oder Choreografie, Feuerwerk, Deko div. Gästebuch& Fotograf, Verpflegung Dienstleister, Chauffeur Links Dienstleister & Fotos auf Webseite, Gastgeschenk & Dankeskarte Dienstleister bezahlen inkl. Trinkgeld Dankeskarten versenden Fotos zugänglich machen, Webseite aktualisieren, Namensänderung Gäste erinnern sich an Dienstleister und empfehlen diese ev. weiter (Rabatt?) Caterer serviert Menü, Band 2 spielt Tanzmusik, Fotograf macht Fotos, Tätschmeister kümmert sich um Gästebuch, Dienstleister verpflegen sich Gäste werden auf Gästebuch hingewiesen, Menüs werden serviert, Band 2 richtet sich ein und spielt Brautpaar bedankt sich handschriftlich Gäste erhalten Dankeskarte Gäste nehmen Erinnerung an Hochzeit und Gastgeschenk mit nach hause leave Brautpaar wird in Limousine zu Lokalität gefahren, Brautpaar verpflegt sich, Bräutigam hält Rede, Brautpaar tanzt Hochzeitstanz und schneidet Torte an Gäste stehen für Fotos bereit und füllen das Gästebuch, Menükarten stehen auf Tischen bereit, Feuerwerk bildet Abschluss, Gäste nutzen geschmückte Erfrischungsräume Hochzeitsgesellschaft wechselt von Standesamt zu Schlosspark, Gäste feiern mit dem Brautpaar bei einem 4-Gang-Menü, es wird getanzt develop internal interaction visibility interaction 2.2.3 Anwendung der vorgestellten Methoden & weitere Methoden Eine Anwendung der vorgestellten Methoden ist sowohl vom Brautpaar bzw. von der Hochzeitsgesellschaft selbst als auch von externen Planungshelfern wie Hochzeitsplanern denkbar, wobei die Betreuung durch einen Service Designer oder eine Service Designerin zu bevorzugen wäre, da vernetztes Denken geschult wurde. Es wird angemerkt, dass die vorgestellten Methoden lediglich eine Auswahl darstellen. Weitere Service Design-Methoden wären in diversen Prozessstadien denkbar, insbesondere in der Recherche-Phase. So könnte sich das Paar beispielsweise über einen gewissen Zeitraum hinweg beobachten (Shadowing) und ein Portrait des jeweiligen Partners erstellen. Dies könnte auch als Cultural Probe von den Gästen übernommen werden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 148 ff.)34. Der Nutzen von Prototypen wurde zudem bereits im letzten Kapitel erläutert. 34 Beispiele weiterer denkbaren Methoden (vgl. Stickdorn/Schneider, 2010, S. 148 ff.) : -Shadowing -Cultural Probes -A Day in the Life -Expectation Maps 41 3. Schlussfolgerung Die vorliegende Untersuchung hat zwei kontextfremde Prozessabläufe miteinander verglichen sowie spezifische Design-Methoden auf ihren Nutzen in der Hochzeitsplanung untersucht und daraus Empfehlungen abgeleitet. Es folgt ein kurzes Resümee der Untersuchung und deren Ergebnisse. Im Anschluss daran wird die Arbeit abschliessend im grösseren Kontext betrachtet und ein Ausblick auf offene Fragen und Erkenntnisverwertung in der Praxis geboten. 3.1. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse In der Einleitung wurden kulturgeschichtliche Veränderungen bezüglich Heiratsmotivation und Inszenierung der Hochzeit aufgezeigt. So konnten individuelle Darstellung und Differenzierung als starke Bedürfnisse heutiger Brautpaare festgestellt werden. Gleichzeitig wurde dargelegt, dass der Wegfall von konstitutionellen Vorgaben, der stetig wachsende Markt und die daraus resultierenden, immer vielfältiger werdenden Gestaltungsmöglichkeiten zu Überforderung bei der Hochzeitsplanung führen können. 42 Im ersten Kapitel wurden zunächst Begriff und Struktur des Designprozesses untersucht, woraus sich die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit Entwicklungsprozessen ergab. Verstärkung der Team-Verständigung, disziplinübergreifende Mustererkennung und Einbezug unausgesprochener Ansichten konnten als relevante Aspekte beschrieben werden. Definiert wird der Designprozess als schrittweise Entwicklung und Optimierung einer Lösung, welche auf Erkenntnissen und Entscheidungen basiert, die aus einer analysierten Ausgangslage gewonnen wurden. Subjektivität, Iteration und die Wechselwirkung von Divergenz und Konvergenz wurden als Charakteristika des Designprozesses genannt. Mittels Vergleichs unterschiedlicher Designprozessmodelle wurden übereinstimmende Elemente ermittelt und als Konsensmodell weiterentwickelt. Das entwickelte Vier-Schritt-Modell weist die Schritte Recherche & Auswertung, Ideengenerierung & Fokussierung, Lösungsentwicklung & Reflexion sowie Umsetzung & Evaluation auf. Sodann wurde die Hochzeitsplanung hinsichtlich ihrer Bestandteile untersucht. Sie konnte als schrittweise Entwicklung und Organisation einer Inszenierung, die ebenfalls nach Analyse der Ausgangslage auf Erwartungsabgleich und Entscheidungen basiert, definiert werden, wobei allerdings Einmaligkeit und Emotionalität ins Spiel kommen. Auch die Hochzeitsplanung wurde in Form eines Konsensmodelles veranschaulicht, wobei die vier Schritte Vorstellungsdefinition, Eckpunktbestimmung, Planung sowie Organisation bezeichnet wurden. Die beiden vierstufigen Konsensmodelle wurden anschliessend einander gegenübergestellt und kritisch verglichen. Die Untersuchung zeigte, dass die beiden Schemas klare Schnittstellen in Bezug auf ihre Struktur aufweisen. Festgestellt wurde jedoch auch eine Differenz der beiden Prozesse im Verhältnis von Konvergenz und Divergenz. Im Gegensatz zum Designprozess findet in der Hochzeitsplanung wegen der fehlenden Breite der sogenannten Recherche, bzw. Ideen- und Lösungsgenerierung, aber auch mangels Reflexions- und Bewertungsschritten kein eigentliches Expandieren mit anschliessendem Fokussieren statt. Auch bezüglich bewusster Iteration konnte keine wirkliche Übereinstimmung festgestellt werden. Die Hochzeitsplanung ist nicht zuletzt wegen des erwähnten Fehlens von Reflexion als linear zu bezeichnen. Abgeleitet aus den Ergebnissen der Untersuchung wurde ein Idealtypus der designprozessorientierten Hochzeitsplanung entwickelt. In diesem wurden die beiden definierten Konsensmodelle sinngemäss zusammengeführt und vormals definierte Unterschiede überarbeitet bzw. aufgehoben. Das entwickelte Modell enthält die vier Schritte Recherche & Wunschdefinition, Ideenfindung & Eckpunktdefinition, Planung & Reflexion sowie Organisation & Erinnerung. Als wichtigste Neuerungen sind hier das Einbringen einer Recherchephase sowie die bewusste Reflexion einzelner Schritte bzw. der bewussten Iteration zu vermerken. Offensichtliche Vorteile sowie die mutmasslichen Nachteile dieser Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess wurden herausgearbeitet oder aber weitgehend entkräftet. Der entwicklungsorientierte Idealtypus einer designprozessorientierten Hochzeitsplanung berücksichtigt dabei sowohl designspezifische Aspekte wie z. B. Recherche und Reflektion zur Erlangung eines stimmigen Endergebnisses, als auch die inhaltlichen Anforderungen einer gelungenen Hochzeit, nämlich eine authentische Inszenierung der Paaridentität. Da die neu entwickelte Prozessform zudem eine starke Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen eigenen Bedürfnissen, aber auch denjenigen des Partners erfordert, kann das Vorgehen zudem aus unterschiedlichen psychologischen Aspekten als wertvoll bezeichnet werden. So trägt diese zur persönlichen Entwicklung, zur Stärkung des Wir-Gefühls und zur Übung im Umgang mit Problemlösungen bei. Als möglichen Nachteil musste der durch eine vertieftere Recherche bedingte Mehraufwand aufgezeigt werden. Die daraus resultierende Entscheidungshilfe, welche einen möglichen Zeitverlust aufzuholen vermag, relativiert diesen Nachteil jedoch. Die für eine intensive persönliche Auseinandersetzung erforderliche Offenheit und das nötige kommunikative Rüstzeug eines Paares wurden als zweite mögliche Einschränkung vermerkt. Es wird aber vermutet, dass auch dieser Nachteil nicht generell gilt, weil von einer gewissen Offenheit in stimmigen Beziehungen, welche in einer Heirat gefestigt werden, auszugehen ist. Als dritter und letzter Nachteil wurde die Dokumentation bezeichnet, die mehrheitlich jedoch nur als optional gesehen werden soll. Sie könnte in einem ernst- 43 haften Streitfall während der Planungsphase als negatives Erinnerungsstück missbraucht werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall von einer Fertigung einer Dokumentation abgeraten wird. Im zweiten Kapitel wurde die Hochzeitsplanung im Kontext des Fachbereichs Service Design untersucht. Hier konnten Übereinstimmungen der beiden Gestaltungsfelder in Aufgabenbereich, Prozessstruktur und Zieldefinition sowie einzelner Bestandteile wie Touchpoints und Stakeholdern beschrieben werden. Zudem konnte dargelegt werden, dass die Kernprinzipien des Service Design Thinkings auf die Hochzeitsplanung übertragbar sind. Die Hochzeit konnte zudem als Service bezeichnet werden, weshalb die Hochzeitsplanung dem Fachgebiet Service Design zugesprochen wurde. Im Anschluss daran wurden drei ausgewählte Service Design-Methoden vorgestellt und im Kontext der Hochzeitsplanung beispielhaft angewendet. In der Untersuchung konnte schliesslich dargelegt werden, dass Service Design-Methoden die Hochzeitsplanung vereinfachen. Diesbezüglich konnten die Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse sowie das Ermöglichen eines kollaborativen Arbeitens als Vorteile genannt werden. Ebenfalls für die Verwendung von Service Design-Methoden in der Hochzeitsplanung sprechen der durch Herunterbrechen der Komplexität gewonnene Überblick, welcher die Gestaltung eines ganzheitlichen Erlebnisses ermöglicht und zudem einer Überforderung entgegenwirken kann. Zusammenfassend hat die vorliegende theoretische Arbeit dargelegt, dass die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess zum Ziel einer Hochzeit – der authentischen Inszenierung der Paaridentität – beitragen kann. Insbesondere wurde aufgezeigt, dass dabei der Einsatz von Service Design-Methoden die Komplexität der Hochzeit herunterzubrechen vermag. Es wird aufgrund der dargelegten Ergebnisse bzw. der designspezifischen und psychologischen Vorteile einer solchen Betrachtung abschliessend die Empfehlung abgegeben, die Hochzeitsplanung bewusst als Designprozess zu handhaben und der Komplexität der Hochzeit mit Service Design-Methoden zu begegnen. 44 3.2. Kritische Würdigung und Ausblick 3.2.1 Relevanz der Arbeit im grösseren Kontext Die in der Einleitung erläuterten gesamtkulturellen Verschiebungen gehen mit erheblichen Verunsicherungen und unterschwelligen Zwängen einher. Zudem steht die fehlende Konzentration auf das Paar in herkömmlichen Planungsmodellen klar im Widerspruch zum Wunsch nach einer besonders authentischen und individuellen Hochzeitsgestaltung. Mit der abgegebenen Empfehlung zur Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess wird den genannten Unsicherheiten und dem Bedürfnis nach Inszenierung der Paaridentität sowie den beschriebenen Schwierigkeiten, ausgelöst durch die Komplexität des Events, Rechnung getragen. Die Bedürfnisbefriedigung einerseits und die erläuterten zusätzlichen positiven Auswirkungen auf das Beziehungsklima heiratswilliger Paare anderseits lassen die Entwicklung eines Leitsystems zur Unterstützung des Brautpaares bei der Hochzeitsplanung als methodisch sinnvoll, subjektiv relevant und gesamtkulturell aktuell erscheinen. Zudem bringt der disziplinübergreifende Prozessvergleich und die daraus resultierende Mustererkennung laut Dubberly die Designpraxis voran. (vgl. Dubberly et al., 2008, S. 5). So gesehen ist anzunehmen, dass die vorliegende Untersuchung der These «Die Hochzeitsplanung ist ein Designprozess» mit der Entwicklung der Designpraxis korrespondiert. Diesbezüglich ist zu vermerken, dass aufgrund des momentan in unterschiedlichen Gebieten (Wirtschaft, Management, etc.) stattfindenden Einzugs des Design Thinkings zudem der Aktualitätsbezug der Arbeit gewährleistet wird. Die durch den Prozess exemplifizierte Form der kreativen Problemlösung könnte bestenfalls längerfristig zu einer Senkung der Scheidungsrate führen, wobei hier eine zugegebenermassen optimistische Vision dargelegt wird. 3.2.2 Anmerkungen für weitere Untersuchungen Anzumerken ist, dass die Untersuchung im Kontext Design auf unterschiedlichen Gebieten noch ausgebaut werden könnte. So könnten z. B. die bereits erwähnte Rollenzuweisung (Service-Nutzer, Service-Anbieter) genauer untersucht werden. Bezüglich Verwendung von Service Design-Methoden wäre zudem die Frage spannend, inwiefern diese im Beziehungsalltag integriert werden könnten bzw. im Bereich Paartherapie eingesetzt werden könnten35. Weiter könnte es sich lohnen, in anschliessenden empirischen Untersuchungen die tatsächlichen Auswirkungen der Handhabung der Hochzeitsplanung als Designprozess anhand von Fallbeispielen zu überprüfen. Ausdrücklich darauf hin35 Gemäss Bodenmann erfordern Beziehungen immer wieder Anpassungen, da sich Menschen und ihre Bedürfnisse, Ansichten, Einstellungen, Ziele und Ansprüche im Laufe der Zeit verändern (vgl. Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 21, 48). Davon kann abgeleitet werden, dass eine Beziehung einen Prozess darstellt, womit der Bezug zum Service Design erneut gegeben wäre. 45 gewiesen wird, dass bei der Hochzeitsplanung als Designprozess die Einmaligkeit des Events und die Nichtvergleichbarkeit von Paaren zu beachten ist. Interessieren dürfte auch eine weitere Untersuchung zu weiteren Design-Methoden und deren Nutzen im Kontext der Hochzeitsplanung. Aufschlussreich wäre es wohl ebenfalls, andere Spezialgebiete im Fachbereich Design auf Schnittstellen zur Hochzeitsplanung zu überprüfen. Bezüglich dem dargelegten Ziel einer Hochzeit böte sich hierbei z. B. die Überprüfung dieser im Kontext von Corporate Identity oder Branding ausserdem an. Ausserhalb des Design-Kontexts müssten speziell Untersuchungen bezüglich der Verwendung von psychologisch-therapeutischen Methoden in der Hochzeitsplanung ergiebig sein. Spannend wäre auch die Frage, ob anhand der Inszenie- rung einer Hochzeit Rückschlüsse36 auf eine Beziehung gezogen werden könnten. 46 36 Zurzeit läuft an der Universität Zürich ein Forschungsprojekt, welches die Beziehungsanalyse durch die Sprache erforscht. (Universität Zürich, 2012) Reflexion Kontext der Arbeit und persönliche Ziele Nach ausführlicher persönlicher und beruflicher Auseinandersetzung mit meinen Interessen und Fähigkeiten, in der sich als Schwerpunkte Tradition, Konzeption, Ideenfindung sowie Analysefähigkeit abzeichneten, habe ich mich für den Themenbereich Hochzeitsplanung entschieden. Einerseits hat die auffällig hohe emotionale Gewichtung des Anlasses bei unübersehbarem Missverhältnis zwischen Planungsdauer und der Dauer des eigentlichen Events mein spezielles Interesse geweckt, andererseits aber auch das steigende Angebot an Dienstleistern im Schweizer Hochzeitsplanungsmarkt. Durch eingehende Markt- und Feldrecherche konnte ich hier verschiedene Marktlücken aufdecken, weshalb ich mir als Ziel für meine Masterarbeit vornahm, eine der zentralen Angebotslücken mit markttauglicher und psychologisch sinnvoller Dienstleistung zu füllen. Der in der Recherche aufgedeckte Widerspruch zwischen dem weitverbreiteten Wunsch nach authentischer Hochzeit und der in herkömmlichen Hochzeitsplanungsmodellen weitgehend fehlenden Konzentration auf das Paar reizte mich dabei besonders. Um dieses Missverhältnis konstruktiv lösen zu können, konzentrierte ich mich bei meinem Projekt «we do!» auf die Konzeptentwicklung von Hochzeiten, wofür ich eine neue Form erarbeiten musste. Dieses neue Angebot sollte es dem Paar ermöglichen, sich gemeinsam und intensiv mit seinen Bedürfnissen und Ideen auseinanderzusetzen; aber zugleich sollte es der häufig angetroffenen Überforderung der Paare entgegenwirken, welche durch die Komplexität einer Hochzeit verursacht und durch den der Hochzeitsplanung anhaftenden Arbeitscharakter verstärkt wird. Aufgrund einer disziplinübergreifenden Mustererkennung in Prozessabläufen der beiden Bereiche Hochzeitsplanung und Designprozess gewann ich den Eindruck, dass sich die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess zum Ansatz für die neue Form nehmen lasse. Dafür bot sich ein systematischer Vergleich der beiden kontextfremden Themenfelder als wissenschaftliche Methodik an. Bezüglich schriftlichem Teil der Thesis war mir wichtig, die Zeit konstruktiv nutzen und daraus für die gestalterische Praxis umsetzbare Erkenntnisse generieren zu können. Insofern hat die gestalterische Praxis den schriftlichen Teil thematisch durchaus mitbestimmt und gewissermassen auch eingeengt. Erkenntnisverwertung in der gestalterischen Arbeit Durch kritischen Umgang mit unterschiedlichen Theorien der beiden Prozesse und daraus resultierender Entwicklung eigener Modelle konnte ich in der schriftlichen Auseinandersetzung fundierte Erkenntnisse erzielen. Insbesondere liess 47 sich dabei auch aufzeigen, inwiefern die Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess zum Ziel einer Hochzeit – der authentischen Inszenierung der Paaridentität – beitragen und wie dieser Prozess dabei durch den Einsatz von Service Design-Methoden vereinfacht werden kann. Die subjektive wie auch die gesellschaftliche Relevanz dieser Betrachtung wurde im Kapitel «Kritische Würdigung und Ausblick» bereits dargelegt. Zugleich wurden aus der Untersuchung praxisnahe und umsetzbare Empfehlungen bezüglich Konzeption authentischer Hochzeitskonzepte hergeleitet, wobei diese in einem non-linearen Leitsystem zusammengefasst wurden. Basierend auf diesem in der Theorie definierten Prozessmodell wurde im gestalterischen Teil der Masterarbeit ein Workshop konzipiert, in welchem Paare mit Hilfe kreativer Methoden angeleitet werden, ihr ganz persönliches authentisches Hochzeitskonzept zu entwickeln, weshalb der Prozess von einer Fachperson aus dem Bereich Service Design zu begleiten ist. Inhalt und Inszenierung dieses Workshops bilden den praktischen Teil der Master-Thesis. Der Aufbau des entwickelten Workshops entspricht den vier in der theoretischen Untersuchung definierten Schritten des Idealtypus einer Hochzeitsplanung, wobei sich der letzte Schritt aber auf die Vorbereitung der Konzeptumsetzung konzentriert und somit verkürzt wurde. Die in der schriftlichen Auseinandersetzung angesprochene optionale Dokumentation wird dabei insofern in der Dienstleistung miteingebunden, als dass das Paar bei den diversen Übungen selber umfangreiches Material zusammenstellt und der Prozess ausserdem von der Workshopleitung fotografisch dokumentiert wird. Auf zusätzliche weitergehende Dokumentationen wird zum einen aus Zeit- und zum anderen aus KostenGründen verzichtet. Nebst der grundsätzlich theoriebasierten Einstellung, die Hochzeitsplanung als Designprozess zu betrachten und meiner daraus abgeleiteten Weiterentwicklung des neuartigen Prozessmodells konnte auch bezüglich Ausgestaltung des Workshops von Erkenntnissen der theoretischen Untersuchung profitiert werden. Wie im Ausblick als mögliche Erweiterung vorgeschlagen, wurde eine Vielzahl an unterschiedlichen Methoden auf ihre Anwendbarkeit im Kontext der Hochzeitsplanung überprüft, wobei diese sinngemäss angepasst, durch eigens entwickelte Methoden ergänzt und in spezifische Übungen integriert wurden. So gesehen darf man zu recht feststellen, dass die im schriftlichen Teil eingenommene Arbeitshaltung bzw. die kritische Betrachtung von Modellen und Methoden sowie die disziplinübergreifende Arbeitsweise im gestalterischen Teil der Arbeit weitergeführt wurde. Hierbei inspirierten für die Gestaltung der erwähnten Übungen unter anderem Methoden aus Design, Marketing, Kreativitätstechnik und Projektmanagement. 48 Um der in der These definierten Problematik der Komplexität einer Hochzeit und der daraus resultierenden Überforderung entgegenzuwirken, soll sich das Paar durch Fokussierung auf die eigene Authentizität als Paar im Dschungel der heu- tigen Gestaltungsmöglichkeiten von Hochzeiten zurechtfinden. Schwerpunkt der konzipierten Übungen liegt daher jeweils auf einer bewussten Auseinandersetzung mit Bedürfnissen sowie deren Hinterfragung zwecks Konkretisierung von Wünschen. Ganz im Sinne von Designprozessen organisiert der Workshop somit bewusst reflektierende und bewertende Schritte, womit auch der von Psychologin und Paartherapeutin Denise Ineichen empfohlene «entwicklungsorientierte Ansatz» aufgenommen wird. Dieser iterative Ansatz wird jedoch nicht nur in dem als Endprodukt angestrebten Workshop verfolgt, er wurde bereits auch bei dessen Entwicklung praktiziert. So wurden beispielsweise in Testdurchläufen mehrfach Workshopaufbau und Übungen überprüft und überarbeitet. Das angesprochene Prinzip der Iteration soll zudem auch bei einer eventuellen Umsetzung des Projektes im Markt Anwendung finden, wo die fortlaufende Optimierung der Übungen unumgänglich sein würde. Ein weiterer Fokus der Übungen liegt auf dem Ausbrechen aus Erwartungshaltungen und brauchtümlich verankerten Hochzeitsmustern, wozu die in der These angesprochenen gesellschaftlichen und persönlichen Erwartungen behutsam thematisiert werden sollen. So wird beispielsweise in einer Übung alles aufgelistet, «…was unbedingt zu einer Hochzeit gehört», um anschliessend sämtliche Stichworte wieder durchzustreichen, welche nicht tatsächlich ein Muss sind, um einander zu heiraten. Das Paar soll sich nicht mit blossem Entsprechen gängiger Erwartungen begnügen, sondern eigene Ideen entwickeln: in der genannten Übung sammelt das Paar anschliessend weitere Aktivitäten, die es sich für seine eigene Hochzeit wünscht. Ebenfalls folgenreich sind die Auswirkungen der schriftlichen Auseinandersetzung auf die gestalterische Praxis dadurch, dass die Hochzeitsplanung dem Fachbereich Service Design zugesprochen wurde. Der Einfluss dieser Betrachtungsweise hat sich bereits auf die Form des Workshops, also das kollaborative Arbeiten an sich ausgewirkt, insbesondere aber entstammen auch einzelne Methoden und Ansätze dem Aufgabenbereich von Service Design. So wird im Workshop auf Bedürfnisse sämtlicher Beteiligter eingegangen, wobei allerdings auf den direkten Miteinbezug aller Stakeholders, wie ihn die Service Design Theorie verlangt, aus organisatorischen Gründen verzichtet werden muss. Klar dem Service Design Aspekt zugeordnet ist auch die starke Konzentration der Übungen auf die Gestaltung eines ganzheitlichen Erlebnisses, wobei die Sequenzierung des Events und die darauf wiederholten Bezugnahmen darauf eine einheitliche Gestaltung vereinfachen. Zudem wird der geschilderte Ansatz visuell in der Darstellungsform der Konzeptteile umgesetzt, welche sich an derjenigen eines vereinfachten Blueprints orientieren. So wird im entwickelten Hochzeitsworkshop ein mehrseitiges Konzept erarbeitet, wobei dessen A2-Bögen, welche Storyboard, einzelne Touchpoints sowie Support-Prozesse beinhalten, übereinander gelegt werden können. Dadurch wird dem Paar eine Kontrolle zwecks Stimmigkeit sowohl innerhalb 49 einzelner Touchpoints und Sequenzen als auch betreffend dem gesamten Konzept ermöglicht. Eine weitere Fokussierung auf den Bereich Service Design findet selbstverständlich in der Einbettung des Workshops in eine markttaugliche Dienstleistung statt, worauf an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden muss. Persönliche Herausforderungen Abgesehen von den für die Produktion genutzten Erkenntnissen hat die theoretische Arbeit die gestalterische Entwicklung des Projektes aber auch durch die zeitaufwändige Ausarbeitung behindert. So war es mir nicht möglich, wie geplant zusätzlich am praktischen Teil der Umsetzung weiterzuarbeiten, womit ich meine Erwartungen an mich selbst und an mein Masterstudium herunterschrauben musste. 50 In persönlichen Clinch versetzte mich zudem das Feedback auf die erste Fassung der These, wobei ich hier lediglich den einen Punkt hervorheben möchte: Das ursprüngliche Konzept meiner theoretischen Arbeit konzentrierte sich auf die grundlegende Disziplinübergreifung der beiden disziplinfremden Kontexte, doch es stiess auf Unverständnis, weil die Hochzeitsplanung sowieso klar dem Designprozess zugewandt sei und auch so behandelt werde. Diese Kritik widersprach jedoch zum einen ganz klar meinen Recherchen, die in Breite und Tiefe ausführlich dokumentieren und darlegen, dass die Hochzeitsplanung in der Praxis von Brautpaaren nicht als Designprozess behandelt wird und zum anderen dem grossen Interesse, auf welchen mein Ansatz in Gesprächen z. B. mit Brautpaaren und einer Hochzeitsplanerin stiess. Im Feedback wurde aber eine Fokussierung auf die Methodik und insbesondere auf die des Service Designs gefordert. Dadurch sah ich mich gezwungen, eine grundsätzlich komplett neue These zu erarbeiten, was meiner ursprünglichen Absicht – die Hochzeitsplanung aufgrund bisher fehlenden Anschauungen überhaupt erst einmal in den Kontext Design zu bringen und die beispielhafte Methodik erst in der Praxis vertieft zu behandeln – stark widersprochen hätte. Nachdem ich die Situation zuerst analytisch betrachtet und anschliessend mögliche Lösungen aufskizziert habe, entschied ich mich, dem Konvergenz-Divergenz Schema folgend, die These in zwei Teile aufzusplitten bzw. die These um eine zweite These zu ergänzen. So wurde dem bereits verfassten ersten grundlegenden Vergleich der beiden Prozesse eine vertiefte und beispielhaftere Anschauung im Methodik Bereich des Service Design angefügt. Trotz anfänglichen Schwierigkeiten konnte ich die beiden Teile so in ein sinnvolles Gleichgewicht bringen, wovon ich – auch das sei hervorgehoben – insofern profitieren konnte, als dass ich in meinem Vorhaben, Service Design-Methoden in der neu entwickelten Form einzubinden, durch die zusätzliche vorausgehende wissenschaftliche Untersuchung bestärkt wurde. Insofern konnte ich schlussendlich von beiden Teilen der These etwas profitieren, wobei der Gewinn an Erkenntnissen für meine praktische Arbeit deutlich im ersten Teil der These liegt. Profitieren konnte ich dabei vor allem von einer wegweisenden Situation zu Beginn der Auseinandersetzung: gestandene Designmodelle als Studentin zu hinterfragen und zu wagen, gar ein Konsensmodell daraus zu erarbeiten, kostete mich anfänglich sehr viel Überwindung. Diese Entscheidung hat mich aber darin bestärkt, weiterhin mutig eigene Modelle und Methoden zu definieren, und eigene Wege zu suchen, um zu gewünschten Ergebnissen zu gelangen. Die Untersuchung und Neuentwicklung von Modellen und Methoden hat mich nämlich derart zu interessieren begonnen, dass ich im Anschluss daran in der Praxis eine Vielfalt an eigenen Techniken und Übungen entwickeln konnte, die in den Testdurchläufen nicht nur freudig erprobt, sondern auch wegen ihrer Originalität und Anwendbarkeit mehrfach gelobt wurden, die vor allem aber auch zu den geplanten Ergebnissen führten. Besonders motiviert hat mich unter diesen positiven Rückmeldungen speziell die ermunternde Begeisterung für das Projekt von meiner externen Mentorin Denise Ineichen. Belastend für mich aber war über den gesamten Prozess hinweg die wiederkehrende Belächelung der Thematik Hochzeit, hauptsächlich durch im Designbereich tätige Personen. Das Thema scheint im Fachbereich Design zum einen noch gänzlich unangetastet zu sein, zum anderen aber auch als irrelevant betrachtet zu werden. Hier hatte ich zum ersten Mal in meinem Designstudium persönlich mit den Gefühlen von Unverständnis und Ablehnung zu kämpfen. Ich vertrete die Ansicht, dass Design erstens eine Dienstleistung ist und dass somit subjektive Wertungen dem Kundenbedürfnis unterzuordnen sind; zweitens gehört es zur Professionalität, sich der Relativität subjektiver Wahrnehmungen von Ästhetik auch im alltäglichen Handeln bewusst zu sein, besonders wenn die gesellschaftliche Relevanz einer Thematik nicht zu übersehen ist und eine nachweislich stark wachsende Industrie die Thematik aufgreift. Die theoretische und gestalterische Arbeit hat mir jedenfalls geholfen, eine optimierte Praxis der Hochzeitsplanung zu schaffen und mit der vorgelegten Konzeptionsform ein Angebot für tatsächlich bestehende Bedürfnisse zu schaffen, indem der im Markt zu eng gewichtete psychologische Aspekt einer Hochzeit ins Zentrum gerückt wird. Ohne die wissenschaftliche Untersuchung, deretwegen es zur elementaren Unterstützung meines Vorgehens durch Frau Ineichen kam, hätte ich kaum den Mut aufgebracht, als Design-Studentin eine derart starke Gewichtung der psychologischen Aspekte in meinem Projekt anzustreben. Zudem konnte ich durch diese Auseinandersetzung die wesentlichen Faktoren der zu entwickelnden Dienstleistung erarbeiten, in welcher Orientierung und Fokussierung auf eigene Bedürfnisse, die Nutzung der Authentizität als Orientierungshilfe und die gemeinsame Zielsetzung von zentraler Bedeutung sind. 51 Zusammenfassung der Reflexion Es darf zusammenfassend hervorgehoben werden, dass die wissenschaftliche Untersuchung und die gestalterische Praxis sich in meiner Master-Thesis sinnvoll ergänzt haben. Der schriftliche Teil meiner Masterarbeit trug als vertiefte Recherche massgebend zur Entwicklung des Projektkerns des gestalterischen Teils der Master-Thesis bei. Insbesondere wurden dabei aus dem Angebot einschlägiger Fachtheorie neue Handlungsmöglichkeiten für die Praxis abgeleitet, wobei die Struktur einer neuen Hochzeitsplanungsform geschaffen wurde, welche den Angebotskern und die Basis für die gestalterische Umsetzung bildeten. Insofern wurden sowohl Haltung der Betrachtung der Hochzeitsplanung als Designprozess, als auch das entwickelte Leitsystem samt Konzentration auf vereinfachende Service Design-Methoden übernommen. Abgeleitete Empfehlungen konnten aufgrund der Praxisnähe der wissenschaftlichen Untersuchung ohne Umwege in die gestalterische Arbeit umgesetzt, dort überprüft und weiterentwickelt werden. Zudem wurden sämtliche Empfehlungen des Experteninterviews mit Psychologin und Paartherapeutin Denise Ineichen in der theoriegeleiteten Praxis aufgenommen und umgesetzt. Danke Im Sinne des kollaborativen Arbeitens bedanke ich mich an dieser Stelle für die Zusammenarbeit im Projekt «we do!» herzlich bei Frau Denise Ineichen, deren positive Rückmeldung auf das Projekt mich sehr motivierte. Ebenso bedanke ich mich für die spannenden Gespräche und Feedbacks bei den Brautpaaren Janine und Mirco, Annina und Tobias, Veronika und Philip, Irina und Björn und der lieben Maja. Im Speziellen geht ein grosses Dankeschön an Veronika und Philip, welche sich für Testdurchläufe und Feldrecherche zur Verfügung stellten. Ein ganz spezieller Dank geht zudem an Christian, der unentwegt für sämtliche weitere Testversuche kritisch und aufmerksam durchlaufen hat. Danke auch an meine Mentoren Andrew Polaine und Axel Vogelsang, sowie meine Service Design Mitstudenten. Ein weiteres grosses Merci gilt Armin und Bernadette für die hilfreiche und anspornende Unterstützung. «we did». 52 Verzeichnisse Quellennachweis -- Best, 2010 Best, Kathryn (2010), Grundlagen des Designmanagements, Stiebner Verlag GmbH, München. -- Bodenmann/Fux Brändli, 2010 Bodenmann, Guy/Fux Brändli, Caroline (2010), Was Paare stark macht: Das Geheimnis glücklicher Beziehungen, 3. 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Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Datum: Unterschrift: Luzern, den ...................................... .................................................................... 57 II. Entwickelte Prozessmodelle «Idealtypus designorientierte Hochzeitsplanung» (P. Schlienger, 2012) 1. Recherche & Wunschdefinition -- Heiratsmotivation ergründen, Bedürfnisse klären -- Werte & Standpunkte definieren, Charakter, Beziehung & Paaridentität erforschen, Wir-Gefühl stärken -- Wichtigstes Merkmal Paar und Hochzeit definieren, Leitsatz -- Wünsche & Vorstellungen definieren und austauschen 2. Ideenfindung & Eckpunktdefinition -- Inszenierungsthemen suchen, Ideen sammeln, visualisieren, austauschen -- Realitätscheck, Reflexion: Leitsatz, Ideen einzeln reflektieren, Gedanken austauschen -- Auf Idee fokussieren, Eckpunkte definieren 3. Planung & Reflexion ----- Inszenierung entwickeln, Details ausarbeiten, Konzept entwickeln Visualisierung, Moodboards, Ablauf kontrollieren und planen Realitätscheck, Reflexion: Leitsatz, Gedanken austauschen Anpassen, überarbeiten 4. Organisation & Erinnerung -- Konzept umsetzen, organisieren, in Auftrag geben, reservieren -- Konzept umsetzen, Prozessdokumentation -- Zurückblicken, Erinnerung an Planungs-Prozess und Event 58 «Konsensmodell Designprozess» (P. Schlienger, 2012) 1. Recherche & Auswertung ----- Auftrag erhalten, definieren Forschen, Entdecken, Recherchieren Auswerten Problem & Ziel definieren 2. Ideengenerierung & Fokussierung -- Ideen kreieren -- Ideen beurteilen und bewerten -- Auf Idee fokussieren, Idee(n) auswählen 3. Lösungsentwicklung & Reflexion ----- Lösung weiterentwickeln Lösung testen Lösung reflektieren Lösung verbessern 4. Umsetzung & Evaluation -- Lösung ausführen, implementieren -- Lösung präsentieren, dokumentieren -- Umsetzung reflektieren, kontrollieren 59 «Konsensmodell Hochzeitsplanung» (P. Schlienger, 2012) 1. Vorstellungsdefinition -- konkrete Wünsche austauschen -- Vorstellungen erläutern 2. Eckpunktbestimmung ----- Datum (inkl. Tageszeit) Ort Gäste / Grösse Budget 3. Planung -- Ablauf definieren -- Dekoration & Details 4. Organisation -- Reservationen -- Buchungen -- Umsetzung 60 III. Angesprochenes psychologisches Modell: «Lösungen finden» (Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 52f ) 1. Bedürfnisse klären -- Was? -- Warum? 2. Lösungen vorschlagen -- möglichst viele Vorschläge entwickeln 3. Lösungen bewerten -- inkl. kurz- und langfristiger Konsequenz -- Entscheidung treffen 4. Vorgehen planen -- einzelne Schritte planen 5. Durchführen -- Lösung ausprobieren 6. Bewerten des Erfolgs -- überprüfen -- Lösungsprozess erneut durchleben 61 62 • Themenfindung / Hochzeitskarte gestalten • Zeitaufwand • unerwartete Auslagen / Kommunikation bezüglich Kostenbeteiligung • Lokalität und Traulokal (inkl. Termin) finden • Weddingplanner, Band und Fotograf finden • Spiele-Ideen finden (Fremdplanung) • Zurechtfinden in unübersichtlichem Markt • Bedürfnisse erfragen & Entscheidungen fällen • Gästeliste definieren • Nicht eingehaltene von Abmachungen Festgestellte Schwierigkeiten Hilfsmittel zur Gestaltung fehlen Hochzeit soll einzigartig und authentisch sein Themenfindung macht Mühe Planung will gemeinsam erlebt werden Einladungskarte, wird gerne selbst gestaltet Location hat grossen Stellenwert Internet bietet keine perfekte Hilfe Kein Hochzeitsplaner wegen Budget oder aus Angst vor unpersönlicher Hochzeit • Hochzeitsmarkt wird als überteuert wahrgenommen • Anbieterübersicht fehlt • • • • • • • • Erkenntnisse Die Paare haben sehr gerne und ehrlich auf meine Fragen geantwortet. Lücken im Angebot waren klar erkennbar. Vielfach wurde eine traditionelle Feier als langweilig bezeichnet und hauptsächlich soll die Feier jeweils anders sein als bei andern. Persönlicher Eindruck: Janine & Mirco, Zofingen, 18.02.12 Annina & Tobias, Birsfelden, 28.02.2012 Maja (& Luca), Bern, 09.03.2012 Veronika & Philip, Aarau, 10.03.2012 Irina & Björn, Basel, 15.03.2012 Interviewpartner: Interviewauswertung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Gestaltungshilfen / Hilfe für Einladungskarte Umsetzungs-Workshops Unterstützung Themenfindung Anbieterüberblick Lokalitätenfinder unabhängige Referenzseite alternativen zu Ratgebern Günstigere Angebote Hinweise auf Kostenfallen Inspirationsseite mit Konzepten (flexible Module) / Styleguide / CH-Inspirationsblog interaktive Spiele-Übersichts-Platform Männerangebote / Unterstützung für Männer Checkliste für amtliche Änderungen spez. Planerinnen (Budget, Land, Regional) CH-Wedding-Guide mit Lokalitäten-Geheimtipps Notizsammelbuch für alle Beteiligten Masterarbeit-Ergebnisse als Magazin (aufklärend, warnend) Umeltfreundliche Angebote Zum Verkauf frei stehende Häuser für 1-3 Tage als Location Mieten pers. Auseinandersetzung mit Paarcharakter Planung als Teil des Heiratens Kreativität ist bei Paaren vorhanden sich Zeit nehmen Konzeptinspiration besuchte Hochzeiten als Inspiration günstigere Angebote Mithilfe von Bekannten Übersicht in den Markt bringen Erfahrung mit Anbietern Bilder als Visualisierung Schweiz als Hochzeitsstandort Professionelle Beratung Genannte Wünsche • • • • • • • • • • • • • Festgestellte Chancen Bloss nicht 0815 und Hauptsache anders als bei allen andern! IV. Zusammenfassung der Paar-Interviews 18. Februar 2012 bis 15. Mär z 2012 (vgl. Paar-Inter views, 18.02.2012-15.03.2012) Datum Standesamt, Dokumente Flitterwochen Budget Thema Gästeliste Location Save The Date-Karten Trauzeugen Ablauf Ringe Coiffeur Blumen Kleidung Einladung Deko Zeremonie Tätschmeister Vorberieitungsgespräch mit STandesamt • • • • • • • • • • • • • • • Datum Ringe Gästeliste Location Ablauf Einladung Tätschmeister Zeremonie Thema Deko Blumen -Budget Kleidung Standesamtstermin Planungsablauf Janine & Mirco (ca. 9Mt.): • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Planungsablauf Annina & Tobias (ca. 12 Mt.): 63 --Datum Einladung, Save The Date Budget Ringe Name, ID & Pass Standesamtstermin Gästeliste, Trauzeugen Location, Flitterwochen Kleidung Ablauf, Zeremonie, Tätschmeister Thema, Deko Coiffeur Blumen Datum, Standesamt Trauzeugen Einladung Gästeliste Ringe Blumen Deko Coiffeur Kleidung Name ID & Pass (Budget immer die Frage) • (eigentlich alles auf einmal und innert 2 Wochen) • Datum • Einladungskarte / Telefonanrufe / Gästeliste • Location Trauung • Feierlokalität • Ringe • Blumen Planungsablauf Irina & Björn (2 Wochen): • • • • • • • • • • • • Planungsablauf Maja & Luca (12 Mt.): • • • • • • • • • • • • • • Planungsablauf Veronika & Philipp(erste Gespräche 2 Jahre im Voraus): V. Experteninterview mit Denise Ineichen 07. August 2012, Lenzburg (vgl. Ineichen, 2012) Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Paartherapie ist ein Bereich meiner Arbeit, wobei dieser aber sicherlich nicht der grösste Teil ist. Hauptsächlich sind die meisten Therapien bei mir aber Einzeltherapien oder dann Familientherapien. […] Was ist Ihre Motivation im Arbeitsalltag? Was ist das Schönste an Ihrem Beruf? Das ist, auf jeden Fall eine Entwicklung zu ermöglichen. Bei Blockaden, welche innerhalb einer Person oder in Beziehungen von Personen stattfinden, wie einen Prozess zu managen, zu begleiten, wobei aber die inhaltliche Verantwortung bei den Patienten oder Klienten bleibt und dadurch auch Wachstum und Lösung ermöglicht. Das ist immer wieder sehr, sehr schön zu sehen, wenn dies gelingt. […] Gibt es bei den Klienten ein Problemmuster, das sich abzeichnet? Ähneln sich hier Fälle? Ja und nein, um diese Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen. Mein eigener therapeutischer Hintergrund ist einerseits von der kognitiven Verhaltenstherapie geprägt, was eigentlich so das analoge, medizinische Modell ist. Man hat ein Problem, ein Symptom, eine Erkrankung, und das behandelt man. Eigentlich wie in der klassischen Medizin. Diese ist sehr lösungsorientiert und fragt in der Regel nicht, warum ein Problem da ist, um dies vereinfacht zu erklären. Die andere Seite ist die systemische Therapie. Sie legt den Fokus hauptsächlich auf das Beziehungsgeflecht, in welchem wir alle drin und aufgewachsen sind. Dies darum, weil dies etwas vom Zentralsten ist bei der Entwicklung eines jeden Einzelnen. Wenn ich mich jetzt während der Arbeit mehr in diesem Bereich bewege, dann geht es halt mehrheitlich darum, wie Menschen zueinander stehen und worum gehts, und weniger um das «Wegtherapieren» eines Problemes. Ein Muster gibt es in diesem Sinne nicht. Es kommt natürlich sehr darauf an, aus welchen Gründen Klienten auch kommen. Patienten werden mir natürlich auch zugewiesen, gerade weil ich diese Ausbildungen habe, dementsprechend habe ich natürlich auch einen verzerrten Ausschnitt! Im Bereich der psychischen Störungen, in welchem ich tätig bin, sind die zu behandelnden Fälle, welche über die Krankenkasse abgerechnet werden, natürlich sehr unterschiedlich. Hier kann man wie keine spezielle Gemeinsamkeit ausmachen. Im Bereich systemische Therapie jedoch gibt es ein solches Muster eher, da wäre dann das Gemeinsame die Beziehungen und Konflikte und das Leid, welches diese Konflikte verursachen können. […] 64 Laut Statistik sind die Heiratszahlen ganz leicht angestiegen, wohingegen weniger Konkubinate geschlossen wurden. Worin würden Sie Gründe suchen? […] Ich denke, dass die Zahlen noch zu wenig aussagen, um von einem Trend sprechen zu können. Wenn man die Zahlen der Statistik auswerten würde, dann wäre das innerhalb der Toleranz. […] Man liest hingegen immer wieder vom Wertewandel und hier kann ich sicher eine Tendenz bestätigen. Ich habe auch Jugendliche bei mir in Therapie, und da ist es auch schön zu sehen, wie sich Ideen entwickeln. Wie sich ein Konzept einer Beziehung entwickelt, wie das dann sein soll, was das Idealbild einer Beziehung ist […] Hier nehmen sicher traditionellere Werte tendenziell wieder zu. Aber ich denke, dass dies im Rahmen einer Pendelbewegung stattfindet. In den letzten paar Jahren zeigte das Pendel eher in Richtung Freiheit und Unverbindlichkeit und jetzt schwappt es leicht zurück, was dann halt eher Sicherheit garantiert. Aber ob man da wirklich von einem Trend sprechen kann, da wäre ich vorsichtig. Welche Rolle spielen da Lebensabschnittsrituale? Meiner persönlichen Meinung nach ist es ein Problem, dass viele dieser Rituale, welche sehr wichtig sind bzw. eine wichtige Funktion in unserem Leben übernahmen, eng mit Religion oder der Kirche als Institution verbunden sind. Hier hat schon seit längerer Zeit eine Ablösung stattgefunden und der Kirche laufen die Schäfchen davon. Ich beobachte da ein grosses Vakuum. Leute sind sich auch der Wichtigkeit solcher Rituale nicht bewusst. Speziell in unserer westlichen Gesellschaft, welche sehr auf Ratio, auf Leistung ausgerichtet ist. Und mit rationalen Argumenten kann dies halt nur schwer erklärt werden. […] Viele merken nicht, was fehlt, nur dass etwas fehlt. Es wird einfach ein Verlorensein und eine Sinnlosigkeit wahrgenommen. […] Es wäre meiner Meinung nach wichtig, dem wieder Platz zu geben. Wie verändert eine Ehe eine Beziehung? Es kommt natürlich immer auf den Einzelfall an und auch unter welchen Vorzeichen eine Heirat stattfindet und welches die Erwartungen sind. Ein Aspekt, der sicher generell betrachtet werden kann, ist, dass es sich um einen Vertrag handelt und dies andere Verbindlichkeiten nach sich zieht. Diese Verbindlichkeit und wie diese wahrgenommen wird bzw. wie mit dieser umgegangen wird, dies ist wahrscheinlich die grösste Veränderung. Wenn man dies auf psychologischer Ebene anschaut, kann dies natürlich ganz unterschiedliche Sachen auslösen. Ich denke es lohnt sich, hier auch die unterschiedlichen Rollen von Männern und Frauen trotz relativ emanzipierter Zeit anzuschauen. Bei vielen Paaren beobachte ich, dass der Wunsch zu heiraten tendenziell eher von der Frau ausgeht. Männer tun sich hier eher schwer, vor allem wenn sie eine höhere, akademische Ausbildung haben, welche sehr lange dauert. Oft möchten sie danach nicht bereits wieder die nächste Verpflichtung eingehen. Hier gibt es dann zwischen konkurrierenden Bedürfnissen Spannungen. […] Bei vielen Männern kommen hier auch Ängste auf. Was tun, wenn es nicht mehr läuft? Viele Männer nehmen das Scheidungsrecht als zu ihren Ungunsten wahr. Dies kann auf einer tieferen Ebene sehr viele Ängste auslösen. Männer haben demnach bezüglich Heiraten mehr Ängste? Meiner Erfahrung nach ja. Es geht halt viel auch um ökonomische und rechtliche Aspekte. Um einer Trennung entgegenzuwirken: was stärkt denn eine Beziehung ganz allgemein? Oder gibt es totale Killer? […] Zu dieser sehr wichtigen Frage gibt sehr viel Forschung. Eine Literaturempfehlung hierzu wäre John Gottmann. Er ist Amerikaner, ursprünglich Mathematiker, der sich später zum Psychologen weitergebildet hat. Er präsentierte in den 90er Jahren und um die Jahrtausendwende wirklich phänomenale Resultate diesbezüglich. Was er gemacht hat: Er hat Mikroanalysen gemacht, indem er Paare zu sich ins Labor bat, eine Art Wohnzimmer, und sie über Alltagsthemen miteinander sprechen liess. Er hat dann die Kommunikation der Paare im Detail analysiert und phantastische Voraussagequoten präsentieren können über die Lebensdauer der Beziehung. Er konnte danach sagen, ob die Beziehung die nächsten zwei Jahre überleben wird oder nicht. Er hat damit herausgefunden, dass Entwertung, permanente Kritik 65 und ungelöste Probleme sehr belastend sind bzw. quasi Gift für eine Beziehung sind (apokalyptische Reiter). Er hat darauf eine Formel aufgestellt: Für eine Entwertung benötigt es sieben wohlwollende Bemerkungen, Kommentare oder Interaktionen. Für Paare lohnt es sich auf jeden Fall, ihr eigenes Interaktions- und Kommunikationsverhalten anzuschauen. In einem Ratgeber vom Beobachter-Buchverlag bin ich auf das Wort Wir-Gefühl gestossen: «Das Wir-Gefühl bedeutet, sich als eine Einheit zu definieren - und nicht als zwei Ichs.» (Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 32). Können Sie mir dieses beschreiben bzw. erläutern? Guy Bodenmann kommt aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Er ist hier einer der bekanntesten Vertreter, welcher sich diese Themas annimmt, und er hat auch seit zwei Jahren einen Lehrstuhl an der Universität Zürich, wo er das Thema erforscht. […] Er fokussiert auch sehr stark auf Kommunikation und Interaktion. Was John Gottmann in seiner Forschug herausfand, wird bei Bodenmann in konkrete Handlungsempfehlungen und vor allem auch Übungen umgesetzt. Wie kann man mit Schwierigkeiten umgehen. […] Ich fasse das Wir-Gefühl so auf: Etwas, das neu entsteht und mehr ist, als die Summe der Teile. Es ist nicht nur, ich und du ergibt zwei und wir sind jetzt ein Paar. Es ist wie wirklich eine eigene Identität. […] Eine Supervisorin hat mal folgende Beschreibung eingeführt, welche im therapeutischen Kontext auch umgesetzt wird. Sie spricht von einem Paarwesen oder -tier. Wie jedes Tier braucht dieses Nahrung, man muss es striegeln und ab und zu mit ihm spazieren gehen. Man muss Zeit mit ihm verbringen und mit ihm Sachen unternehmen. […] Genau darum geht es eben in der Partnerschaft. […] Zeit, Aufmerksamkeit und Bezogenheit sind ganz zentrale Begriffe in Beziehungen. Sie wurden deshalb auch so wichtig, weil unsere Ansprüche an Beziehungen in den letzten hundert Jahren exponentiell angestiegen sind. Von einer ökonomisch bedingten Beziehung zu Seelenverwandtem, Freund, Tröster, feurigen Lover, […] Diese Ansprüche sind häufig sehr unreflektiert und häufig einfach auch schlichtweg nicht zu erfüllen, vor allem dann nicht, wenn das Beziehungstierchen nicht gefüttert wird. Es ist eine riesige Diskrepanz da. Ein Grossteil der Arbeit besteht darin, dies einmal bewusst zu machen und dann auch zu motivieren. […] Denn der Grundsatz, dass halt auch etwas dafür getan werden muss, wird häufig nicht so gerne gehört. Die Externalisierung ermöglicht es, eine andere Beziehung dazu aufzubauen. […] Gemeinsam den Blick auf etwas Äusseres zu werfen, kann Blockaden auflösen. Lässt sich dieses Beziehungstier denn auch beschreiben? Auf jeden Fall. Für mich von der therapeutischen Sicht her ist aber wichtig, dass diese Beschreibung dem Paar überlassen wird. Ich stelle das Angebot der Externalisierung bereit, das eigentlich die Kanäle zu den eigenen Ressourcen öffnen soll. […] Fragen wie «Welches Tier würden Sie denn wählen? Ist es gross, klein, flauschig, stark, schnell,…» lassen Analogieschlüsse zu, wodurch der Charakter des Paares beschrieben werden kann. Es ist eine sehr indirekte und aber auch therapeutische Methode, damit das festgehalten ist. 66 Zeichnet sich bei den Beziehungstieren ein Muster ab? Beziehungen gründen auf unterschiedlichen verbindenden Merkmalen, wodurch die Beziehungstierchen natürlich sehr unterschiedlich sind. Zwei Prototypen: Eine Beziehung kann eher intellektuell betont sein, wobei der verbale Diskurs sehr wichtig ist. Hier wird sowohl über eigene Erlebnisse als auch über Ideen und Themen gesprochen. Ein solches Paar würde wahrscheinlich gut miteinander reden können als Gemeinsames angeben. Austausch kann aber auch auf einer anderen Ebene und ohne Worte stattfinden. Es kann z. B. sein, dass ein Paar stark darin ist, gegenseitig Stimmungen zu erspüren und zu wissen, was der Partner in welcher Situation gerade von einem braucht. Hier wird Zuwendung auf einer anderen Art gegeben. Etwas Verbindendes ist etwas sehr Verlässliches, wo man weiss, hier werden meine Bedürfnisse zuverlässig befriedigt, bzw. hier haben wir einen Draht zueinander. […] Das ist sehr heterogen, wobei ich es auch schön finde, dass man das nicht einfach abschliessend beschreiben kann. […] Es gibt in der Psychotherapie bzw. in der Paartherapie Charakterisierungen von Paaren, jedoch sind diese häufig sehr defizitorientiert. […] Wie helfen Sie Paaren dabei, Verbindungen wieder zu finden? Das passiert in der therapeutischen Arbeit hauptsächlich mit Fragen. […] Jedoch wird nicht danach gefragt, was das Paar einmal miteinander verbunden hat, da sonst direkt Blockaden ausgelöst werden können. Sondern es wird direkt nach konkreten Erlebnissen und Erinnerungen gefragt. Es wird also ein anderer Zugang gesucht, wobei auch andere Bereiche im Hirn aktiviert werden. Stark emotionsgeladene Erinnerungen brennen sich richtig gehend im Hirn ein. Dies ist auch der Grund zur Entstehung von Traumatas. Zum Beispiel wird nach dem Kennenlernen gefragt und da speziell auf Details eingegangen. […] Das sind dann sensorischen Eindrücke in unterschiedlichen Modalitäten. Gerade der Geruchssinn ist für Erinnerungen sehr zentral. Das Riechzentrum im Hirn ist vorne im Frontalkortex und ist eigentlich das einzige Hirngebiet, welches von den Riechzellen aufgenommene Signale nicht zuerst durch ein Verschaltungszentrum führt, sondern diese direkt und ungefiltert aufnimmt. Dies ist auch der Grund dafür, dass beim Wahrnehmen bestimmter Gerüche plötzlich ganze Szenen vor dem inneren Auge wieder auftauchen. Die Aktivierung dessen ist etwas sehr Kraftvolles und benötigt natürlich die richtigen Fragen. […] Wo sehen Sie im Projekt Relevanz, was finden Sie speziell gut? Ich finde das Projekt spannend, weil es eine Lücke schliesst. Ein Paar, welches heiraten möchte und nicht weiss, wie es seine Hochzeit planen soll, kommt nicht zu mir in die Paartherapie. In die Paartherapie kommen Leute in der Regel erst, wenn das Dach oder bereits die obersten Stockwerke brennen. Das ist leider nach wie vor so. Spannend finde ich, dass das Projekt in einem Grenzgebiet mit vielen Schnittstellen operiert. […] Für Sie ist es wichtig, Ihre Rolle zu definieren und genau zu definieren, was angeboten wird und was nicht, genau wegen diesen Schnittstellen. […] Eine Unterstützung beim Herausfinden vom «Wer bin ich? Wer sind wir? Was möchte ich? Was möchten wir miteinander?» aus einer entwicklungsorientierten Perspektive finde ich sehr gut und vertrete ich ja auch. […] Als Psychotherapeutin muss ich natürlich auch fast für Auseinandersetzungen mit sich selber plädieren! (lacht) […] Diese Aspekte und auch das «Wie stehe ich in meinem Entwicklungsprozess?» sind ganz zentral. […] Es braucht Auseinandersetzungen mit sich selber, sonst weiss man nicht, wer man ist und was man möchte. Und dann kann man auch nicht dafür sorgen, dass es einem gut geht und man bekommt, was man braucht. […] Erlebnisorientierte und vielleicht auch immaginative Techniken, z. B. das Bilden von Analogien, könnten bei der Entdeckung eigener Wünsche und Vorstellungen helfen. Häufig ist es nämlich so, dass uns das, was wir in den Ma- 67 gazinen etc. sehen, derart stark beeinflusst, dass ein Norm-Anspruch auftaucht. Also total paradox eigentlich: Es wird eine individuelle Hochzeit gewünscht und gleichzeitig soll sie dann doch so und so sein. Das kann mit externalisierenden Techniken umgangen werden. […] Habe ich etwas, das mir vorgelebt wurde, einfach wiederholt, weil ich dachte, dass es so sein müsse? […] Zu heiraten soll eine Entscheidung sein und nicht eine Wiederholung oder ein Getriebenwerden. Das ist der wichtige Punkt. […] Dieses Fokussieren auf das Paar und seine Auseinandersetzung mit seinen Bedürfnissen ist im Falle dieses Projektes im Kontext Hochzeitsdienstleistungen etwas Neues. Bezüglich dem Prozess des Lebensphasenübergangs von Paar zu Ehepaar wäre der Workshop eine gute Möglichkeit, dem den Raum und den Platz zu geben und das bewusst zu machen. Aus der Forschung weiss man, dass die gelebte Lebenszeit, je nachdem wie die Zeit verbracht wird, als bereichernd, als vorhanden, als identitätsstärkend erlebt wird oder aber auch ein Gefühl von «Wo sind meine Jahre hin?» entstehen kann. Dies kommt sehr häufig vor, wenn man bei der Arbeit sehr viel Stress hat (Hamster im Rad) und die kontemplative Zeit (hinsetzen und nichts machen / geistiges Verdauen / Kuh mit mehreren Mägen) zu kurz kommt. Diese Zeit ist sehr, sehr wichtig. Mit Ihrem Workshop würden Sie dem eine Plattform bieten und zusätzlich dazu noch eine Struktur, einen Rahmen und eine Anleitung. […] Ich denke auch, dass von ökonomischer Seite her auch ein Markt dafür da ist. […] Was halten Sie vom Lösungsmodell aus dem Ratgeber «Was Paare stark macht» (Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 52f)? Das ist jetzt ein Vorgehen, welches ganz stark in der kognitiven verhaltenstherapeutischen Tradition verwurzelt ist. Problemanalyse, Lösungsgenerierung und Durchführung. […] Nach meiner Erfahrung birgt bereits der erste Punkt einen Stolperstein. Denn die Bedürfnisabklärung ist ungemein wichtig, aber wichtig ist auch, wie es gemacht wird. Wenn man nämlich Leute direkt danach fragt, stehen diese an. Da kommt es darauf an, wie man dies tut und welche Methoden man einsetzt. Ich finde das Schema aber grundsätzlich sehr brauchbar und sehr sinnvoll. […] Gerade für Sie als Gestalterin ist es sicher sehr sinnvoll, einen Leitfaden zu haben. Was die einzelnen Schritte dann aber beinhalten und mit welchen Methoden sie durchgeführt werden, da lohnt es sich dann sicher, auch etwas zu öffnen und kreative Methoden miteinzubeziehen. […] Was halten Sie von einer Vorbereitungszeit? Ich fände eine Vorbereitungszeit im Sinne einer Einstimmung oder eines Appetitanregers für sinnvoll, wo aber nicht das Pulver verschossen wird. Wo also nicht alles schon vor dem Treffen eine Hausaufgabe aufgegeben wird und es dann vor Ort heisst: «Jetzt wird gearbeitet!». […] Eine Aufgabe, die in sich repräsenativ ist für den Workshop und wenn möglich auch die unterschiedlichen Aspekte miteinbringt bzw. etwas Sinnliches beinhaltet und auf die Auseinandersetzung einstimmt. […] Eine sehr gute Idee. 68 Welche Gefahren sehen Sie bei Schritt 1, der Konzentration auf das Paar? In der Therapie würde das unter Auftragsklärung laufen. Wofür sind Sie als Anbieter verantwortlich und was kann ich als potentieller Kunde erwarten und was nicht. […] Der Dreh und Angelpunkt ist eigentlich das Dafür-offen-sein und das haben Sie in Ihrer Zielgruppenbestimmung ja beschrieben. […] Das muss einfach von vornherein sehr klar definiert werden, dass zu diesem Angebot eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst notwendig ist, und es muss auch klar definiert werden, wo Ihre Verantwortung aufhört. Dann denke ich, gibt es keine Gefahr bei der Konzentration auf das Paar, denn das braucht es ja für eine authentische Hochzeit. […] Eine vorausgängige Information bzw. Eingangsbedingungen, sei das bereits auf der Webseite oder einem vorgängigen Telefongespräch, sollte Enttäuschungen und Verunsicherungen verhindern. […] Ich würde Ihnen empfehlen, dem Paar in schwierigen Fällen zu raten, sich noch einmal mit der Entscheidung auseinanderzusetzen und allenfalls auch an anderweitige, externe Angebote weiterverweisen. Was mache ich, wenn totaler Streit ausbricht?` Das ist der kritischste Punkt in Ihrem Projekt. Da müssen Sie vielleicht herausfinden, was Sie allenfalls bräuchten, um mit dieser Situation umgehen zu können, da Sie ja keinen psychologischen Hintergrund haben. Wenn Sie spüren, dass es nicht mehr weiter geht, wäre es am sinnvollsten, wenn Sie das ansprechen und mit dem Paar zusammensitzen und gemeinsam eine Entscheidung treffen. Das würde ich dann aber sehr stark dem Paar überlassen, was Sie auch können, da das am Anfang ja so abgemacht wurde. […] Gefährlich wird es, wenn Sie beginnen sich verantwortlich zu fühlen und versuchen wollen, etwas zu kitten. Davon würde ich ganz stark abraten. […] Diese Entscheidung abzubrechen kann einerseits von Ihnen kommen, indem Sie sagen, dass Ihnen dabei unwohl ist bzw. Sie dies nicht mehr tragen können oder aber auch vom Paar, weil es so nicht mehr weitermachen kann. […] Es sollten auch Pflöcke eingeschlagen werden bzw. definiert werden, was benötigt wird, um weitermachen zu können. […] Passen Sie hier stark auf sich auf und schützen Sie sich durch Abgrenzung. Gerade wenn man vom Typ her jemand ist, der gerne Verantwortung übernimmt, zuverlässig ist und auch zu etwas stehen möchte. […] Vielleicht wäre es gut, wenn Sie sich überlegen werden, welches Kritierien wären,um die Arbeit mit einem potentiellen Kundenpärchen auch auszuschlagen. Und wie würden Sie das kommunizieren? […] Was ist bei der Bewertung der Schritte bei Schritt 2 wichtig? Beim Bewerten fände ich wichtig, dass beide erstmal die Chance haben, das für sich selbst zu machen bzw. ungestört. Auch auf einer allfälligen Anleitung sollte darauf hingewiesen werden, dass das halt etwas ganz Individuelles ist und Menschen halt grundsätzlich auch unterschiedlich sind. Also die Gefahr einer «Wenn dir das nicht gefällt, liebst du mich nicht»-Situation vorwegnehmen. Dass eine Atmosphäre erzeugt wird, in welcher man seine eigenen Wünsche und Vorlieben kundtun darf, und das ist nicht mit einer Abwertung anderer Bedürfnissse gleichzusetzen. Hier können Sie mit Ihrer Haltung sicherlich viel dazu beitragen. […] Potenziell sind Stärken-Schwächen Themen heikel. Ein möglicher potentieller Gewinn muss überdacht werden. […] Es ist eine Auseinandersetzung mit sich selber, mit dem «Was will ich?» und dann auch eine Priorisierung.[…] Was helfen kann herauszufinden, was man wirklich möchte, ist die Unterschiedsbildung. Das haben Sie in Ihrem Workshop eigentlich schon gemacht: Sie hatten Bilder und Wünsche und haben dazwischen eine Diskrepanz entdeckt. Sich widersprechende Wünsche sind normal, sie gehören zum Menschen. Hier würde dann wieder ein iterativer Prozess folgen, um immer näher an das zu kommen, was man möchte. Eine Konfiguration zum Optimum seiner Wünsche eigentlich. […] 69 Eine bunte Pallette von Bildern kann ein wichtiger Teil der Auseinandersetzung sein und dabei helfen, seine eigene Position leichter zu finden. […] Plus minus 80 Prozent läuft über das Sehen, weshalb wir uns Bilder auch gewohnt sind. Eine möglichst bunte Auswahl an Bildern sollte also helfen und nicht beeinflussen. […] Die Motivation, das Warum wir heiraten, ist eigentlich auch ein bisschen das, was uns ausmacht. Dies sind dann sicherlich auch wieder ähnliche Gründe, wieso Paare heiraten. Aber in der Konstellation dieser Gründe ist es dann eben doch wieder einzigartig. Diese dann auch hervorbringen und etwas daraus zu machen, finde ich sehr spannend. […] Was soll ich tun, wenn das Paar sich in Details verliert? Hier sind sicher Grenzen und Abbruchkriterien ein Thema. Je nach Typ besteht die Gefahr, sich zu verlieren im Prozess, und wie damit umgegangen werden soll, sollte bedacht werden. Die Rolle als Workshopleitung ist hier sehr wichtig, um die Leute auch wieder zurückzuholen, was klar ein Vorteil vom Workshop gegenüber Tools für zuhause ist. […] Was halten Sie von der im Beispiel angewendeten Übungen? (Skizzen, Texte, etc.) Ich finde das wunderschön, mir gefällt das sehr gut. Aber man muss halt wirklich auch der Typ dafür sein. Man sollte sich vielleicht überlegen, ob es Alternativen zu diesen kreativen Werkzeugen gibt. Dies könnte dann auch den Anwenderkreis vergrössern. Ich denke diese Flexibilität bräuchte es. […] Sehen Sie Vorteile in einer Prozessdokumentation? Es gibt Dafür und Dawider. Ein Dafür wäre zum Beispiel, dass man ein Andenken für später hat, das man wieder hervorholen kann. Die Ver- und Bearbeitung ist ja auch wie ein Verdauungsprozess, es werden andere Modalitäten eingeschaltet. Beim Schreiben von Hand werden andere Teile im Hirn aktiviert als bei der Arbeit am Computer, wodurch das Ganze nochmals anders gesetzt und gespeichert wird. Ein Nachteil ist wahrscheinlich, dass es für viele Leute überfordernd wäre, eine solche Dokumentation während des Prozesses herzustellen. Eine mögliche Lösung wäre, dass Sie als Workshopleiterin ev. periodisch das Ganze aufnehmen und wie ablegen und zusammenstellen, wobei dies aber auch vom Paar individuell übernommen werden könnte. Falls ein Paar das gerne selber machen möchte, wäre es kontraproduktiv, wenn ihnen dieser Teil weggenommen würde. Auch hier wäre eine Flexibilität sicher von Vorteil. […] Grundsätzlich denke ich, dass höchstens im Fall einer Krise eine Dokumentation negativ angesehen werden könnte. Und zwar dann, wenn das wie als Korpus Delicti im Raum liegen würde. Da müsste man sich dann überlegen, ob man davon absehen sollte, die Dokumentation mitzugeben. […] Grundsätzlich denke ich aber, dass eine Dokumentation ein Vorteil wäre. 70 Wieviel Zeit würden Sie für einen solchen Workshop einsetzen? Rein aus dem Bauch heraus hätte ich drei Tage gesagt. Wenn ich mir das aber so überlege, dann finde ich drei Tage sehr lang. Ein wichtger Aspekt hierbei wären Pausen dazwischen, in welchen man nichts tut. Zeit, damit sich das setzen kann, damit man nicht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Es gibt beim Lösen von Problemstellungen einen Prozess, der Name ist mir entfallen, eine Inkubationszeit. […] Man hat bei psychologischen Forschungen he- rausgefunden, dass durch Pausen Aufgaben signifikant häufiger gelöst werden können. Dies hat zum Begriff der Inkubationszeit geführt, da die Aufgabe dann doch im Hintergrund prozessiert und verarbeitet wird und dann zu mehr Kreativität in der Lösungssuche führt […] Möglich wäre zum Beispiel ein Tag mit ein paar Tagen Pause dazwischen und dann nochmals ein Tag. […] Etwas zwischen ein und drei Tagen. […] Auch vom Arbeitsalltag der meisten Leute her. […] Auch optionale Verlängerung wären denkbar. […] Von den Grundlagenforschungsergebnissen aus psychologischer Sicht macht das durchaus Sinn. Macht eine Reflektion des Prozesses nach der Heirat Sinn? Das Überprüfen und das Bewerten macht in vielen Fällen Sinn. Da es jetzt ja aber um Heiraten geht, kommt es stark darauf an, wie das geleitet wird. Grundsätzlich kann das Revuepassierenlassen des Prozesses sehr wertvoll sein. Es kommt aber darauf an, wie das bei den Leuten verarbeitet wird. Wenn das jetzt beispielsweise ein Paar ist, welches mit sich selbst sehr kritisch ist, gibt es Unzufriedenheit. Wenn da eine Diskrepanz zwischen dem, was das Paar machen wollte und dem was tatsächlich gemacht wurde festgestellt wird, dann hätte das einen sehr negativen Effekt, obwohl die Hochzeit vielleicht eigentlich ganz schön war. […] Es sollte eher ein Rückblick auf die Planungszeit als Teil der Hochzeit stattfinden als eine Bewertung. […] Bewertung ist hier ein heikler Begriff. Spielt die Reihenfolge der Phasen eine Rolle? Der Ablauf spielt zwar eine Rolle, aber die Position ist nicht determinierend für eine Gewichtung. Gerade wenn eine Workshopleitung vorort ist, spielt massgeblich die Präsentation und Einführung eine Rolle. […] Beim Primingeffekt geht es darum, dass Informationen, welche zuerst aufgenommen werden, besser abgespeichert werden als nachfolgende. Hier geht es aber um z. B. einen Rahmen von zehn Wörtern. […] Wie würden Sie meine Rolle definieren? Sie sind nicht Konfliktlöserin eines Paares und übernehmen keine Verantwortung dafür, was bei einem Paar allenfalls aufbrechen kann. Das liegt in der eigenen Verantwortung eines Paares, wenn es sich auf diesen Prozess einlässt. Sie bieten dem Paar aber, damit es diese Entscheidung treffen kann, einen guten Überblick darüber, was hier etwa passieren wird. […] Dann sind Sie authentisch, ehrlich und auch geschützt. […] Sie müssen aber auch aushalten können, was emotional bei Ihnen passiert. Sie kommen mit diesen Themen dann auch in Berührung. Das kann unglaublich schön sein, wenn da etwas aufgeht, blüht und entsteht. Wenn es dann harzig geht, ist dies natürlich schwieriger. […] Was bräuchten Sie, um das machen zu können und in welchen Abständen? Das wäre sicher auch ein wichtiger Teil der Reflexion. […] Wenn man nicht therapeutisch damit arbeitet, kommt dieses Thema selten auf den Radar, daher betone ich dieses so. 71 Literaturtipps? Weitere Tipps und Anregungen? Spannend wäre sicher auch, wenn Sie sich etwas umschauen, was es so gibt an kreativen Techniken. Sie haben selber schon viele entwickelt und getestet, das ist super und sowieso das Beste, wenn man selber Erfahrungen damit macht. Schauen Sie aber auch, wer was schon umgesetzt hat und was Sie dazunehmen können bzw. was auch womit erreicht wird. […] Welche Technik macht Sinn, um was zu erreichen? Hier kann sicher auf Literatur zurückgegriffen werden. […] Das wäre dann eher die Methodenkiste der systemischen Therapie, grob gesagt.[…] -- Jürg Willi (bekannter schweizer Paartherapeut): Kollosionskonzept, pathologische Konzepte von Paarkonstellationen, defizitorientierte Paartherapie -- Helm Stierlin (deutscher Analytiker bzw. jetzt Systemiker): Konzept von bezogener Individuation, spannend bezüglich Weiterentwicklung vom Individuum in einer Beziehung -- John Gottmann: populärwissenschaftlich und gut lesbar VI. Quellennachweis Anhang -- Bodenmann/Fux Brändli, 2010, S. 52 f. Bodenmann, Guy/Fux Brändli, Caroline (2010), Was Paare stark macht: Das Geheimnis glücklicher Beziehungen, 3. Auflage, Beobachter-Buchverlag, Zürich -- Ineichen, Interview, 07.08.2012 Ineichen, Denise (2012), Die Hochzeitsplanung als Designprozess: Vor- und Nachteile einer solchen Anschauung, [Interview], Praxis Dr. Karli, Lenzburg, 07.08.2012. -- Paar-Interviews, 18.02.2012-15.03.2012 Paar-Interviews (2012), Eure Hochzeitsplanung: Vorgehen und Schwierigkeiten, [Interviews], jeweils beim Paar zuhause, 18.02.2012-15.03.2012. 72 Master-Thesis von Patricia Schlienger | Oktober 2012 Hochschule Luzern | Design & Kunst | Major Product Design & Management | Track Service Design