Verwalter
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22. Deutscher Verwaltertag des DDIV am 18. und 19. September 2014 in Berlin » Fachforum: Welche nachwirkenden Pflichten bleiben als ausgeschiedener Verwalter?« Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt, Hamburg S. 1 Themenüberblick • Wie kam es zum Verwalterwechsel? • Pflichten des ausgeschiedenen Verwalters • Rechtsschutz des ausgeschiedenen Verwalters gegen unberechtigten Rausschmiss • Haftungsrisiken des ausgeschiedenen Verwalters bei unberechtigter Amtsniederlegung • Diskussionsrunde Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 2 Verwalterwechsel: Wie kam es dazu? • Ablauf der Amtszeit/Vertragslaufzeit • Einvernehmliche Trennung/Vertragsaufhebung • Abberufung/Kündigung durch die WEG – Form, Verfahren – Frist: Ordentlich, fristlos mit sofortiger Wirkung, außerordentlich zu einem bestimmten Zeitpunkt – Anlass: grundlos, aus wichtigem Grund • Amtsniederlegung/Kündigung durch Verwalter – Form, Verfahren – Frist: Ordentlich, fristlos mit sofortiger Wirkung, außerordentlich zu einem bestimmten Zeitpunkt – Anlass: grundlos, (wichtiger) Grund, zur Unzeit Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 3 Pflichten des ausgeschiedenen Verwalters • Herausgabe des Verwaltungsvermögens – Buch- und Bargeld, – Verwaltungsunterlagen (zB TE, Prot., Beschl.-Samml., Buchh., EListe) und sonstige Sachen (zB Schlüssel) – Anspruchsinhaber ist Verband, nicht neuer Verwalter • • • • Rückgabe der Verwaltervollmachtsurkunde Rechnungslegung zum Stichtag Erstellung/ Korrektur fälliger Jahresabrechnung Auskunftserteilung für Vergangenheit Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 4 Herausgabe Verwaltungsvermögen • Kontenbestände sind herauszugeben, egal ob vom und egal ob auf Verbands- oder Treuhandkonto. • Unterlagen sind beim Exverwalter abzuholen (Holschuld der WEG, keine Bringschuld). Ex muss aber alle Unterlagen auf einmal geordnet und abholfähig bereitstellen. • Bei Weigerung am besten Stufenklage (Stufe 1: Auskunft, Stufe 2: Rechnungslegung, Stufe 3: Herausgabe/Zahlung [Schadensersatz]). Ggf. mit Antrag auf eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit erteilter Auskünfte durch den Ex-Verwalter. • (Fehlende) Unterlagen am besten genau bezeichnen. • Bei Eilbedarf ggf. einstweilige Verfügung (zB Vorlage von Unterlagen für 3x24 Stunden oder in Kopie). Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 5 Schwerpunkt: Geld und Unterlagen • • • • • • • • Wer muss Unterlagen bringen/holen? Wie oft? Geordnet? Bis wann? (Stammdaten für EDV vorab?) Wie weit ist zumutbar? Wer zahlt Kurier? Wann kann der neue Verwalter ein Konto einrichten (schon vor dem Verwalterbeginn?) Darf der Ex einen Abschlag auf das neue Konto einzahlen und bis wann muss er das alte Treuhandkonto auflösen? Muss ein Status übergeben werden? Dürfen Daten als Datei übergeben werden oder muss dies in Papierform geschehen? Was ist mit Mustertexten, die auf PC des Ex gespeichert sind? Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 6 Rückgabe der Verwaltervollmachtsurkunde • Nach Erlöschen der Vollmacht Rückgabepflicht des Ex-Verwalters an die WEG zu Händen des neuen Verwalters ohne ein Zurückbehaltungsrecht (§ 175 BGB) • Bei Nichtrückgabe ggf. Herausgabeklage und ggf. Vertragspartner der WEG verständigen/warnen, dass Vollmacht erloschen (zB Kreditinstitut) • (Fristlose) Abberufung ist idR zugleich als Widerruf der Vollmacht zu deuten Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 7 Rechnungslegung zum Stichtag • Ex-Verwalter muss Rechnung legen, d.h. der WEG – – – – Gesamtabrechnung (ohne Einzelabrechnungen), Verzeichnis Forderungen + Verbindlichkeiten der WEG, Aufstellung der Kontenstände für das lfd. Wirtschaftsjahr bis zum Stichtag (Tag des Ausscheidens) – in vollständiger und verständlicher Weise vorlegen. • Dazu benötigte Unterlagen muss die WEG dem ExVerwalter (ggf. in Kopie) zur Verfügung stellen • Bei unvollständiger/ fehlerhafter Rechnungslegung am besten Stufenklage (1. Auskunft/Rechnungslegung, ggf. eidesstattliche Versicherung, 2. Schadensersatz). Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 8 Fall: Fehlt Geld? • WEG verklagt Ex-Verwalter auf Rechnungslegung und 40.000 € Schadensersatz, da die ihm vom Vorverwalter übergebene Rücklage und die Rücklagenzuführungen gem. Wirtschaftsplänen für vier Amtsjahre fehlen. • Ex hatte den Erhalt der Rücklage damals bestätigt. • Ex wendet ein, keine Unterlagen zu haben (von StA beschlagnahmt), 15.000 € für Dachreparatur und sein WEGTreuhandkonto sei zugleich Mietekonto für parallele Sondereigentumsverwaltung gewesen • Frage: Klagechancen? Wer muss was beweisen? (zur Lösung vgl. BayObLG ZMR 2000, 41, 42; OLG Hamm ZMR 2008, 399; OLG Oldenburg ZMR 2008, 238). Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 9 Erstellung fälliger Jahresabrechnungen • Nach hM muss der Verwalter die JA erstellen, der im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit Amtsinhaber ist, d.h. bei Verwalterwechsel zum 31.12. der neue! • Gesetzliche Fälligkeitsbestimmung fehlt. Vertragliche Fälligkeitsabrede mit neuen bindet nicht Ex-Verwalter. JA wird nach hM spätestens 2. Kalendervierteljahr (bis 30.6.) fällig. • Gerichtlich für ungültig erklärte JA aus Vorjahr muss Ex-Verwalter neu erstellen/ nachbessern – Problem: Anspruchsverjährung gegen Ex während der Dauer des Anfechtungsprozesses der WEer über JA Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 10 Fall (nach BayObLG 29.9.1999 - 2Z BR 29/99) • 2 von 3 Beiräten beschimpfen Verwalter mehrfach deftig. • Verwalter stellt TOP „Abwahl des gesamten Beirats, da keine konstruktive Zusammenarbeit mehr gegeben ist, ggf. Wahl eines neuen Beirats oder Niederlegung der Verwaltung aus wichtigem Grund.“ • Versammlung lehnt Abwahl/ Neuwahl Beirat ab. • Verwalter legt Amt nieder und klagt Resthonorar abzüglich ersparter Aufwendungen ein • Frage: Hat die Klage Erfolgsaussichten? Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 11 BayObLG 29.9.1999 - 2Z BR 29/99 1. In der Amtsniederlegungserklärung liegt in der Regel auch die Kündigung des Verwaltervertrages. 2. Aus dem Abstimmungsverhalten der Eigentümer (Ablehnung des Antrags, den Beirat abzuberufen), kann der Verwalter einen Grund für die außerordentliche Kündigung herleiten, nicht aber einen Schadensersatzanspruch gegen die WEG. 3. Ein Schadensersatzanspruch kann aber gegenüber einzelnen Beiratsmitgliedern bestehen, die die außerordentliche Kündigung des Verwalters durch schuldhaftes vertragswidriges Verhalten ausgelöst haben. Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 12 Fall: Der Verwalter auf der Abschussliste • Verwalter wird 2008 für fünf Jahre bestellt, führt anfangs die Beschluss-Sammlung schlampig und setzt einen Beschluss über die Vergabe der Treppenhausreinigung erst 1,5 Jahre später um. • Wohnungseigentümer W fordert Ende 2009 seine Miteigentümer erfolglos auf, einer ao EV zuzustimmen, um Verwalter vorzeitig abzuberufen und fristlos zu kündigen • W klagt auf sofortige Abberufung • Frage: Hat die Klage Aussicht auf Erfolg? Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 13 BGH 10.2.2012 – V ZR 105/11 1. Ein einzelner Eigentümer kann die Abberufung des Verwalters nicht schon deshalb verlangen, weil ein wichtiger Grund hierfür besteht; den Eigentümern steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint. 2. Der Streitwert einer auf Abberufung des Verwalters gerichteten Verpflichtungsklage ist grundsätzlich am restlichen Verwalterhonorar und dem klägerischen Einzelinteresse daran zu bemessen. Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 14 Rechtsschutz gegen Rausschmiss - Übersicht • Welche Rechtsbeziehung ist betroffen? – Bestellung (Verwalteramt), – Anstellung (Verwaltervertrag) • • Sind Abberufung/Kündigung wirksam zugegangen? Ist die Abberufung/Kündigung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt und – wenn ja – wo? – In der Gemeinschaftsordnung – Im Bestellungsbeschluss – Im Verwaltervertrag • • • Ist ein wichtiger Grund zu bejahen? Wurde der Verwalter abgemahnt? Anfechtungsklage/Feststellungsklage/Zahlungsklage? – (Vorgerichtliche) Verhandlungen sinnvoll? – Abzug ersparter Aufwendungen? Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 15 Welche Rechtsbeziehung ist betroffen? • Bestellungsrechtsverhältnis (Verwalteramt) – Wird begründet durch Bestellung (Mehrheitsbeschluss) – Wird beendet durch Abberufung (Mehrheitsbeschluss), Amtsniederlegung oder Zeitablauf – Setzt keinen Verwaltervertrag voraus! (Trennungstheorie) • Anstellungsrechtsverhältnis (Verwaltervertrag) – Wird begründet durch Vertragsabschluss – Wird beendet durch Aufhebung (einvernehmlich), Kündigung (einseitig) oder Zeitablauf • Beide Rechtsbeziehungen bestehen zwischen Verwalter und WEG (Verband). Die Wohnungseigentümer sind keine Vertragspartner, aber in den Schutzbereich des Vertrages eingebunden. Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 16 Gibt es eine Beschränkung gem. § 26 Abs. 1 S. 3 WEG? § 26 WEG [Bestellung und Abberufung des Verwalters] (1) 1 Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. […] 3 Die Abberufung des Verwalters kann auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden. […] Anmerkungen: • Über den Gesetzeswortlaut hinaus gilt die Möglichkeit einer solchen Beschränkung entsprechend für die Kündigung des Verwaltervertrages. • Möglich ist die Beschränkung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer (Gemeinschaftsordnung), Eigentümerbeschluss, Verwaltervertrag. Hier sind Auslegungsprobleme denkbar. • Weitere Auslegungsprobleme ergeben sich bei befristeter Bestellung und/oder Anstellung Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 17 Befristung = immer Beschränkung auf wichtigen Grund? • • Die Bestellung eines Verwalters auf bestimmte Zeit soll die gleichen Auswirkungen haben wie die ausdrückliche Vereinbarung, dass der Verwalter nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann (so etwa Jennißen in: Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter – Handbuch für Verwalter und Beirat, 2. Aufl. 2010, A Rn. 821 unter Hinweis auf LG Düsseldorf ZMR 2005, 740). Folge ist, dass eine ordentliche (fristgerechte) Abberufung und/oder Kündigung ausscheidet, so wie dies von anderen befristeten Vertragsverhältnissen (z.B. Zeitmietvertrag § 575 BGB) ebenfalls bekannt ist. Und wie behandelt man die gesetzliche Befristung auf maximal 5 bzw. 3 Jahre Bestellungszeit/Vertragslaufzeit (§ 26 Abs. 1 S. 2 WEG)? Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 18 Ist ein wichtiger Grund gegeben? • • • • Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen (fristlosen) Abberufung und/oder Kündigung eines Verwalters ist dann gegeben, wenn den Eigentümern unter Beachtung aller – nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter – Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist. Es kann genügen, dass einem oder einzelnen Eigentümern die weitere Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zuzumuten ist; darauf, ob die (große) Mehrheit der Eigentümer das Verhalten des Verwalters gut heißt oder auch nur toleriert, kommt es nicht an. Ein wichtiger Grund kann auch aus der Summe mehrerer – für sich genommen nicht ausreichend schwerwiegender - Pflichtverletzungen folgen. Ein wichtiger Grund liegt laut Gesetz regelmäßig vor, wenn der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig führt (§ 26 Abs. 1 S. 4 WEG). Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 19 LG Hamburg 08.06.2011 – 318 S 149/10 zur Abmahnung • • • Auch im Wohnungseigentumsrecht gilt der Grundsatz des § 626 BGB, wonach eine Abmahnung entbehrlich ist, wenn das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Daher kann (im dortigen Fall) offen bleiben, was gilt, wenn es um einmalige Pflichtverletzungen oder Verstöße geht, die durch eine Abmahnung behoben werden können. Ferner kann (im dortigen Fall) offen bleiben, ob es für eine wirksame Abmahnung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung oder des Beirats bedarf oder ob die Abmahnung auch durch ein Beiratsmitglied oder einen Wohnungseigentümer ohne einen solchen legitimierenden Beschluss ausgesprochen werden darf. Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 20 Anfechtungs-/Feststellungs-/Zahlungsklage? • Sind Beschlüsse in der Welt, muss der Verwalter die Anfechtungsfrist bedenken (1 Monat ab Versammlung) • Anfechtungsklage gegen den Abberufungsbeschluss, aber in aller Regel nicht gegen den „Kündigungsbeschluss“. • Feststellungsklage, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist und das Anstellungsrechtsverhältnis (Verwaltervertrag) ungekündigt fort gilt. Beklagte ist insoweit der rechtsfähige Verband als Vertragspartner, nicht die WEer. • Ggf. Zahlungsklage auf Resthonorar abzüglich ersparter Aufwendungen (Faustregel: ca. 15 bis 30% Abzug) Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 21 Vielen Dank für Ihre Teilnahme am Fachforum und die Diskussion! Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Rechtsanwalt S. 22