aus Kapitel 1

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aus Kapitel 1
EINE KURZE GESCHICHTE DER TECHNIK
2. Wer zahlt, schafft an – Auftraggeber
bestimmen die technische Entwicklung
Das Märchen vom Erfinder, der in seinem Zimmer vor sich hin
träumt und dem „ein Licht aufgeht“ hören wir gerne. In der
Realität bestimmen aber handfeste wirtschaftliche Interessen
die technische Entwicklung
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Vom Wagenrennen in die Formel 1 –
Der Sport als Technikmotor
Archiv Ed. Hölzel
„Panem et circenses“ (Brot und Zirkusspiele) müsse man dem Volk geben,
wenn man Wahlen gewinnen will, lautete ein beliebter Spruch bei Politikern des antiken Rom. Wahlberechtigt in der römischen Demokratie waren
lediglich die Bürger der Stadt Rom. Die Ruinen des Kolosseums zeigen,
welcher Aufwand betrieben wurde, um die Wahlberechtigten bei Laune
zu halten. Auch heute noch eröffnen Politiker gerne Fussball-Stadien und
Sport-Arenen. Wenn der z. B. der Münchner Oberbürgermeister gekonnt
das Bierfass auf dem Oktoberfest anschlägt, so erhöht das seine Wiederwahlchancen beträchtlich. Zeigt er doch nicht nur, dass er sich mit dem
„Grundnahrungsmittel des Volks“ identifiziert, sondern auch, dass er den
Menschen Nahrung spendet.
Abb. 12.1 : Griechischer Rennwagen
auf einer antiklen Vase
Die olympischen Spiele der Neuzeit
i
Die olympischen Spiele der Neuzeit wurden erstmals 1896 in Athen abgehalten.
Als ihr Schöpfer gilt der französische Pädagoge Pierre de Coubertin. Winterspiele wurden erstmals 1924 in Chamonix durchgeführt. Erst seit 1992 werden
Winter- und Sommerspiele zeitversetzt durchgeführt.
Auch in der Antike waren die Sportler (zugelassen waren nur Männer!) Profis,
die sich ausschließlich ihrer Sportart widmeten. 1912 wurde der US-amerikanische Olympiasieger Jim Thorpe (Fünf- und Zehnkampf) nachträglich
ausgeschlossen, da er gegen – geringfügige – Bezahlung Basketball gespielt
hatte. 1972 durfte der Österreicher Karl Schranz wegen Verstoß gegen den
Amateurstatus (Werbung) nicht bei den Winterspielen in Sapporo antreten.
Archiv Ed. Hölzel
Im Hintergrund standen (und stehen) wirtschaftliche Interessen: Brauereien
sponserten (wie auch heute) Großereignisse. Wenn römische Patrizierfamilien Vermögen in Wahlkampagnen investierten, so war dies meist eine
gute Investition. Wer sich durch die Ämterlaufbahn durchgearbeitet und als
Krönung ein Konsulnamt bekleidet hatte, erhielt als Prokonsul eine Provinz
zur Verwaltung. Diese konnte dann nach Belieben ausgebeutet werden.
Abb. 12.2: Römischer Rennwagen bei
der „Ehrenrunde“ nach dem Sieg,
abgebildet auf einem Mosaik.
Wagenrennen waren in der Antike beliebte Spektakel, durchaus vergleichbar mit den heutigen Formel-1-Rennen. Mit den leichtesten Wagen, die
trotzdem stabil gegen Rempeleien von Gegnern waren, hatte man die
besten Gewinnchancen. Die Konstruktion der Achsen, der Deichseln oder
eine ergonomische Form der Aufbauten, damit die Fahrer nicht herausgeschleudert werden konnten, wurde von eigenen Werkstätten betrieben.
Geheimhaltung und Betriebsspionage waren genauso Themen wie heute.
Die Summen, die aufgewendet wurden, waren und sind enorm. Das Budget
eines einzelnen Formel 1-Teams übersteigt in der Gegenwart häufig die
Summen, die der Staat in Österreich in einem Jahr für die Instandhaltung
seiner Schulen aufwenden kann.
Formel 1-Fahrer werden gerne als „moderne Gladiatoren“ bezeichnet.
Tatsächlich gibt es viele Parallelen. Siege, die sie meist in „Zweikämpfen“
erringen, machen sie zu „Helden“. Fallen sie in Ungnade, so werden sie
Kapitel 1
zwar nicht mehr den Löwen zum Fraß vorgeworfen, aber sie verlieren
ihren Platz im Team, Sponsoren und damit ihre Existenzgrundlage. Ihre
Ausbildung, die sie brauchten, um ihren Teams Informationen zur Weiterentwicklung der Wagen zu geben, hat sich gewandelt. Ein Wagenlenker der
Antike blickte auf eine relativ einfache Technik hinab. In den frühen Jahren
der Formel 1 waren die Fahrer meist Mechaniker, dann Renningenieure
mit Technikerausbildung. Über einen „shooting star“ des Formel 1-Jahres
2007 berichten die Medien aber, dass er seine Formel 1-Kenntnisse am
Fahrsimulator des Mercedes-Centers erworben habe.
Zu 1:
mauritius images, Wien/Sporting Pictures
A 1: Der Sport war häufig Entwicklungsmotor. Nicht nur in der ehemaligen DDR
wurden die besten Materialien für Sport
und Militär entwickelt. Dazu brauchte es
auch Vollprofis als Sportler. Diskutieren
Sie die hohen Gagen von Spitzensportler/innen? Erheben Sie die Verdienste
von aktuellen Top-Sportler/inne/n.
Abb. 13.1 : Modernes „Wagenrennen“ – ein Formel 1-Bewerb
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Erfindungen können massive soziale Auswirkungen
haben
akg-images, Berlin
Abb. 13.2 : Die „Spinning Jenny“, eine mit Handkurbel betriebene
Spinnmaschine, erfunden 1764 von James Hargreaves. Besonders im
Textilbereich veränderten technische Neuerungen die Lebensumstände vieler
Menschen.