Die Insel Borneo ist eines der letzten tropenwald paradiese der Erde

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Die Insel Borneo ist eines der letzten tropenwald paradiese der Erde
Fokus
Die Insel Borneo ist eines der
letzten tropenwaldparadiese der
Erde und heimat der orang-utans.
Gemeinsam mit der lokalen
Bevölkerung setzt der wwf projekte
zum schutz bedrohter arten um.
Text: Corina Gyssler
rEttuNGsaktIoN
tropENwaLD
N
och vor der Morgendämmerung
hallen die markanten Schreie des
Gibbonaffen durch den Tropenwald.
Seine Rufe wirken wie ein Wecker. Als erstes
flattert ein Nashornvogel mit grossem, ge­
bogenem Schnabel durch die Wipfel. Dann
tappt ein Nashorn durch den Dschungel.
Massive Bäume ragen in den Himmel, oft
dreissig Meter hoch bis zum ersten Ast, dick
umschlungen von Lianen. Neben fliegenden
Eichhörnchen leben hier auch fliegende Eid­
echsen und Frösche. Das ist noch nicht alles.
Es gibt hier – für manche Besucher ein Alp­
traum – auch fliegende Schlangen.
Heimat der weltgrössten Blume,
der weltgrössten Orchidee
und des weltgrössten Falters:
Dschungel auf Borneo
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WWF
MAGAZIN
© MAURi RAUTkARi/WWF­cANoN
Tipps
• Nur Tropenholz mit
fsc-Gütesiegel kaufen
• Unternehmen ermuntern,
nachhaltiges palmöl zu
verwenden
• weniger fleisch essen:
importierte Futtermittel zerstören
Regenwälder
Das ist Borneo, eines der letzten Tropen­
waldparadiese der Erde. Neben unzähligen
Tierarten wachsen hier über 15 000 verschie­
dene Pflanzenarten, darunter mehr als 2500
Orchideen. Eine Region der Superlative: Die
südostasiatische Insel ist Heimat der welt­
grössten Blume, der weltgrössten Orchidee,
der weltgrössten fleischfressenden Pflanze
und des weltgrössten Falters.
DEr rotE
waLDMENsch
Aber es gibt ein weitaus charismatischeres
Lebewesen, das zum Symbol von Borneo
wurde: Der Orang­Utan, mit seinen aus­
drucksstarken Augen und der charakteris­
tisch rötlichen Farbe, dessen malaiischer
Name «Waldmensch» bedeutet. Fast 90 Pro­
zent der Orang­Utans in ganz Asien leben auf
Borneo, die restlichen 10 Prozent im Norden
der Insel Sumatra. Die Männchen werden bis
zu 1,4 Meter gross und 85 Kilogramm schwer.
Trotz dieser beachtlichen Körpermasse ver­
bringen Orang­Utans die meiste Zeit in den
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Meist in den Wipfeln:
Orang-Utan
Der Nashornvogel
braucht grosse Bäume
zum Brüten
Caesalpinie
Die Projekte durchbrechen den Teufelskreis von Armut und
illegalem Holzschlag.
oberen Baumwipfeln und steigen
nur selten zum Waldboden herab.
Die Zahl der auf Borneo lebenden
Orang­Utans ist seit Anfang 1990
um zwei Drittel geschrumpft – auf
heute nur noch rund 55 000 Tiere.
Der Bestand auf Sumatra beschränkt sich
auf etwa 7000 Tiere. Einst erstreckte sich das
Verbreitungsgebiet von Java über die Malai­
ische Halbinsel bis nach Südchina. «Schuld
an diesem Rückgang sind Abholzungen und
vor allem grossflächige Umwandlungen
der Wälder in Plantagen aus Ölpalmen und
Akazien», sagt Hermayani Putera vom WWF
Indonesien.
Dazu kommen Waldbrände, wie jene in
den Neunzigerjahren, die in Indonesien eine
Fläche von fünf Millionen Hektaren vernich­
teten. Alleine in den letzten dreissig Jahren
verkleinerte sich der Lebensraum der Orang­
Utans auf Borneo um über 80 Prozent.
Doch es gibt auch gute Nachrichten. Und
sie haben sogar ein Datum: Der 12. Februar
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WWF
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2007 ist ein ganz besonderer Tag für Herma­
yani Putera. An diesem Tag unterzeichneten
die Forstminister der drei Staaten Brunei, In­
donesien und Malaysia eine Deklaration zum
Schutz des «Herzens von Borneo». Im Innern
der drittgrössten Insel der Welt soll ein rund
220 000 Quadratkilometer grosses Netzwerk
aus Schutzzonen und nachhaltig genutzten
Wäldern entstehen. Das entspricht nahezu
der Fläche von Grossbritannien.
schrIttE ZuM
ErfoLG
«Der WWF hat diese Vereinbarung initiiert;
für uns ist der Entscheid der drei Regierungen
ein historischer Schritt», sagt Putera. Doch
eine Deklaration ist vorerst im­
mer eine Willenserklärung, die
einfach auf dem Papier steht.
Putera weiss das: «Nun geht es
darum, die Absicht in die Rea­
lität umzusetzen.»
Die Regierungen einigten sich zuerst auf ei­
nen Aktionsplan. Erste Erfolge zeigen sich
bereits: So konnte eine riesige Ölpalmen­
Plantage im Herzen Borneos, für die sich zu
Beginn des Jahres 2006 noch verschiedene
Ministerien, das Militär und chinesische
Investoren stark gemacht hatten, auf einen
Zehntel der ursprünglichen Fläche verklei­
nert werden. Unmittelbar entlang der Gren­
ze Malaysias hätten 1,8 Millionen Hektaren
Bergregenwald, eine Fläche von mehr als
einem Drittel der Schweiz, abgeholzt wer­
den sollen.
Ein weiterer Erfolg ist die Absicht der
malaysischen Regierung, den Holzschlag in
mehreren Gebieten der Provinz Sabah einzu­
stellen. Wenn sich der Wald dort regeneriert
© g E T T y i M A g E S , A l A i N c o M P o S T / W W F ­ c A N o N , P h o T o l i B R A R y. c o M , A l A i N c o M P o S T / W W F ­ c A N o N , R A F F i N E R i E A g
Fokus
Waldbrände:
Gefahr für Mensch
und Tier
hat, wird sich der WWF an der Ausarbeitung
der Bewirtschaftungspläne für eine umwelt­
und sozialverträgliche Waldwirtschaft nach
den Kriterien des Forest Stewardship Council
(FSC) beteiligen.
Es GIBt vIEL
Zu tuN
Schon seit vielen Jahren ist der WWF im Ge­
biet des Betung­Kerihun­Nationalparkes im
Zentrum der Insel tätig. Das Projektgebiet ist
mit 800 000 Hektar der zweitgrösste Natio­
nalpark Borneos und gehört zu den wichtigs­
ten Zentren biologischer Vielfalt auf dieser
Erde. Dort beobachten Experten des WWF
die Orang­Utans und versuchen durch eine
gute Zusammenarbeit mit der Parkbehörde,
illegale Abholzungen zu verhindern – und da­
mit auch den Schmuggel nach Sarawak. Die­
ser benachbarte malaysische Bundesstaat ist
vor allem durch die Arbeit von Bruno Manser
bekannt geworden.
WWF-Projektgebiete
auf Borneo
Regenwälder
weltweit
Ein Drittel der Erdoberfläche ist mit Wäldern bedeckt. Besonders gefährdet
sind die artenreichen
tropischen Regenwälder entlang des
Äquators, denn dort
findet der grösste
Waldverlust statt.
Hauptursachen sind
die Expansion der
Landwirtschaft, Infrastrukturprojekte sowie
die Holznutzung. Zu
den unrühmlichen
Spitzenreitern bezüglich Waldverlust gehören Brasilien, Indonesien, der Sudan,
Burma und die Demo-
kratische Republik
Kongo. Indonesien
verlor seit 1990 knapp
einen Viertel seiner
Waldfläche – hier ist
fast 75 prozent
des holzeinschlags illegal.
Abholzung und
Waldbrände haben
Indonesien zum weltweit drittgrössten
Produzenten von CO2
gemacht. Denn
tropische Bäume speichern um die Hälfte
mehr Kohlenstoff als
jene ausserhalb der
Tropen. Sie sind
deshalb wichtige
Klimaregulatoren.
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Der Wald als
Rohstoff-Lieferant:
Einheimische gewinnen Stärke
aus Sagopalmen
Dickhäutiger
Waldbewohner:
Nashorn
beim Frühstück
Persönlich
Hermayani
Putera, Projektkoordinator
WWF Indonesien
Um die illegale Abholzung zu bekämpfen, gibt
es gemeinsame Patrouillen von staatlichen
Park­Rangern und lokalen Bewohnern. Eine
sehr erfolgreiche Massnahme: Seit Juni 2005
konnte der kriminelle Holzschlag praktisch
gestoppt und drei wichtige Holzmafiabosse
zu langen Haftstrafen verurteilt werden.
Die Vernichtung der Wälder gefährdet
nicht nur die Artenvielfalt, sondern bedroht
auch die indigene Bevölkerung. Für die Be­
wohner dieser Insel ist der Wald nicht nur
eine Quelle von lebensnotwendigen Rohstof­
fen, sondern eng mit ihrer Kultur und ihrem
Glauben verknüpft.
Diese enge Verbindung nutzt der WWF,
denn wer die lokale Bevölkerung unterstützt,
der leistet damit auch einen Beitrag zum Er­
halt der Wälder. Um die Ernährungs­ und
Einkommenssituation zu verbessern, entwi­
ckelte der WWF gemeinsam mit der lokalen
Bevölkerung landwirtschaftliche Projekte für
ertragreicheren Gemüse­ und Reisanbau, für
die Fischzucht, die Kautschukgewinnung
und den Anbau von Edelhölzern. Ausserdem
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WWF
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werden illegal abgeholzte Wälder wieder auf­
geforstet. Der WWF half auch beim Aufbau
eines Ökotourismus­Programmes mit. Dafür
wurden geeignete Wander­ und Wildwas­
serrouten ausgesucht, Personal ausgebildet,
Unterkünfte in Dörfern geschaffen und ein
Reiseführer herausgegeben.
Diese Projekte sollen den Teufelskreis
von Armut und illegalem Holzschlag durch­
brechen, da vielen Dorfbewohnern bislang
keine andere Wahl blieb, als auf Taglöhnerba­
sis für die Holzmafia zu arbeiten. Damit auch
der Orang­Utan eine Überlebenschance hat,
werden mit der einheimischen Bevölkerung
abgeholzte Flächen mit Fruchtbäumen auf­
geforstet. Eine Win­win­Situation für Men­
schen und Menschenaffen im wilden Herzen
Borneos, denn nur dank solchen Massnah­
men wird Hermayani Putera auch in Zukunft
Orang­Utans beobachten können. Und dar­
auf möchte er auf keinen Fall verzichten: «Ich
hoffe für alle Orang­Utans, dass das Herz die­
ser Insel nie aufhört zu schlagen.»
© gETTy iMAgES, AlAiN coMPoST/WWF­cANoN, RAFFiNERiE Ag
Fokus
Als Junge verliebte ich mich in
das WWF­logo. heute bin ich
37 Jahre alt, vater von drei kin­
dern und seit zehn Jahren für
den WWF im Einsatz. grosse Teile
meiner Arbeit bestehen darin,
mich bei der Regierung für den
schutz der Natur stark zu
machen. Seit dem Abgang von
Präsident Suharto wurde meine
Arbeit schwieriger. Während
Suhartos Amtszeit gab es eine
starke Zentralregierung, doch das
ist geschichte. heute verhandle
ich mit zig verschiedenen Provin­
zen, ihren Distriktregierungen und
Ministern. Zwar nimmt die Zent­
ralregierung noch immer Einfluss,
doch überschneidet sich dieser oft
mit jenem der Provinzen. gelegent­
liche Aufenthalte im Wald und die
Sichtung von orang­Utans geben
mir die kraft, unter schwierigen
Bedingungen um eines der letzten
Naturparadiese zu kämpfen.
www.wwf.ch/tropenwald
WWF
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