Dietmars Welt der Musik

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Dietmars Welt der Musik
Bericht | Text und Foto: Dietmar H. Buff
Dietmars Welt der Musik
Lyrik in der Rockmusik
Der Sprung vom Theoretischen hinein in
die vorgelebte Rocklyrik vollzieht sich
leicht mithilfe der inhaltlichen Entsprechungen. Ein Griff ins Archiv befördert
zum Beispiel Black Sabbath auf den
Tisch. Bei Durchsicht der Songtitel zeigt
sich die Ansprache ausgefallener Themen durch diese Urgestein–Rockband.
“Paranoid”, wohl das bekannteste
Stück, schlägt eine Thematik an, ähnlich der in “21st Century Schizoid Man”
von King Crimson, mit dem Gitarrenidol
Robert Fripp, die ein Unbehagen äußert,
das bis zur Krankheit anwachsen kann.
Die unmittelbar nahegehende Darstellung legt den Finger auf die Wunden.
Eine düstere Befindlichkeit des Individuums, die der Sänger mit der Band
wie in einem Rollenspiel inszeniert,
beiderseits, bringt in dynamischem
Vortrag, der sich lautstark äußert, wie
unter Leidensdruck mit der Hoffnung
auf Befreiung, eine gesungene Problemanalyse dichterischer Natur ein in
das Szenario einer furios wirkenden
Band. Dieser kritische Biß wird ebenso
sichtbar bei Jethro Tulls “My God”. Es
werden falsche religiöse Vorstellungen
angeprangert in aufrüttelnder Absicht,
damit man sich besinne auf ursprüngliche religiöse Werte oder alternative
Wege. Deep Purple bringen da auch ganz
andere jaulende Klagetöne hervor in
“Love Don't Mean A Thing”, wo es heißt,
dass ihm Liebe nichts bedeute, er wolle
sein Geld. Anders wieder Led Zeppelin in
“Celebration”, ein Jubelgesang, den der
Sänger loslässt: I'm gonna join the band
– er trete der Band bei, es bedürfe einer
Feier. Verschieden gelagerte Inhalte werden sichtbar, Stimmungsgehalte von verstimmt – anklagend über sozialkritisch –
aufrüttelnd bis enthusiastisch – jubilant
zeigen ein starkes, auch intellektuelles,
Engagement der Bands und ihren Willen
zur Authentizität, zu Lebensnähe in ihrer
Vielfalt. Die Besetzung so einer Rockband
ist in ihrer Grundform nur ein Trio wie bei
Jimi Hendrix: Schlagzeug, Bass, Gitarre/
Gesang. Ein Trio ist aber nur die rudimentäre Grundform. Mitte der siebziger
Jahre erregte die US–Band Grand Funk
Railroad als Rocktrio Aufsehen. Der Sänger und Gitarrist spielte zwischendurch
den Synthesizer. Später traten jedoch
weitere Mitglieder bei, um den Live–
Stress zu verringern. The Police wirkten
als Trio. “Bring On The Night” vermittelt
den Eindruck, mit Ungeduld den Abend
herbeizusehnen: I couldn't stand another hour of daylight – Ich könnte keine
weitere Stunde Tageslicht ertragen.
Dieses Gefühl erkennen viele, die abends
gern ausgehen oder am Abend etwas
Spezielles vorhaben. Der Sänger war
Sting, der dazu Bass spielte, wie auch
Brian Adams aus Kanada den Bass spielt
und dazu singt. Die Kleinbesetzung des
Trios erfordert halt rationellen Einsatz.
Von weit verstreut zusammengesucht
scheinen die Richtungen zu sein, aus
denen die anhebende Rockmusik ihre
Impulse sammelte, im Musikalischen
wie im Dichterischen: Eklektizismus, von
griechisch eklegein für “auswählen”,
ein Grundsatz, der auf der Auswahl von
Verschiedenem beruht, ist der vorherrschende, alle Sondermerkmale überragende Zug der Rockmusik: Stilmischung
ist ihr übergreifendes Hauptmerkmal. An
anderer Stelle heißt es, dass “allein das
interessant klingende oder wenigstens
neue Resultat” diese vielen Anleihen
ringsum rechtfertigen könne. (Bernwart
Halbscheffel Sachlexikon Rockmusik.
Instrumente, Technik, Industrie. 2 Bde.
Leipzig: Halbscheffel – Verlag 2013, pp.
246/47.). Black Sabbath liefern Beispiele
aus ihrem Werk, und ein Blick über
“Paranoid” hinaus auf weitere Songtitel
erweist die Themenbereiche. Wie einst
Bad Company, mit dem Sänger Paul Rodgers, einen Titelsong präsentierten, der
halt mit dem Bandnamen identisch war,
so auch diese Band: Es gibt ein Stück
“Black Sabbath”, das ein markantes
Intro besitzt. Man hört Regen rauschen,
es donnert, und im Krachen des Gewitters schlägt eine einsame Turmuhr die
Mitternacht. Da hebt die Band an, die
stark verzerrte Gitarre klingt bald so finster wie die Gewitternacht. Weitere Titel
sind “Wicked World”, “Hole In The Sky”,
“Symptom Of The Universe”, “Sweet
Leaf”, “Hard Road”, “Into The Void” und
“Tomorrow's Dream”. Der Reihe nach liegt
die Thematik wie folgt: “Wicked World”
klingt an an Cat Stevens's Titel “Wild
World”. Stevens sieht die Welt als wild,
neben der Bezeichnung als schlecht. Ein
Loch am Himmel, man schaut nach oben.
Ein Symptom des Universums ist wohl
eine Manifestation dessen. Süßes Blatt,
gemeint ist der Hanf, der süße Träume
gibt. Die harte Straße jedoch lässt keinen
Raum für Träume. Ins Leere aufbrechen,
wo soll das Ziel sein? Aber man denkt an
den morgigen Traum, mit anderen Worten, dass man morgen träumen wird. #
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