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IM FOKUS: GAMING
IM FOKUS Die
wollen nur spielen? Zielorientierte
Gamingkonzepte in Öffentlichen Bibliotheken
IM FOKUS Warum Gaming in Bibliotheken noch
nicht funktioniert
IM FOKUS Gaming – Beispiele aus Krefeld,
Münster, Neuss, Paderborn
IM FOKUS „Biparcours“ – per App die Bibliothek
erkunden
IM FOKUS Gamified
Teaching Library –
spielerisch lernen in der Bibliothek
VERBAND vbnw-Mitgliederversammlung 2015
ENTDECKUNGEN Besichtigungen und Terrorgefahr
– die KBG in Paris
KONZEPTE Qualifizierungsprogramm „Lernort
Bibliothek“ – die Fünfte
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EDITORIAL
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,
dass die digitale Landschaft unserer Bibliotheken große Umbrüche erlebt und sich die bekannten Geschäftsmodelle und Verfahrensweisen mit oder ohne unser Zutun gleichsam unter
der Hand oder hinter unserem Rücken verändern, ist mittlerweile ein Gemeinplatz. Nolens
volens müssen sich die Bibliotheken neuen Medienkulturen öffnen und ein sich laufend änderndes Medienverhalten akzeptieren, verstehen und wertschätzen lernen. Gaming in
Bibliotheken – »Noch so ein Flitz«?* Oder eine
ernsthafte Sache? Dieser Frage gehen die Beiträge in diesem Heft nach.
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Weniger spielerisch ist es um das Thema »bibliothekspolitische Handlungsfelder und bibliothekarische Dienstleistungen in NordrheinWestfalen« bestellt. Dazu finden Sie in diesem
Heft auf Seite 128 einen kurzen Text. Er spiegelt das Ergebnis einer kollegial geführten Diskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus
Hochschulbibliotheken und kommunalen Bibliotheken sowie des Landes, zu der der vbnwVorstand im Frühjahr 2014 in die Stadt- und
Landesbibliothek Dortmund eingeladen hatte.
Was die Diskutierenden bewegte: Ist angesichts
der digitalen Entwicklung, die einerseits Globalisierung der Anbieterstrukturen und andererseits Individualisierung der Abnehmerseite
bedeutet, die Kategorie »Bundesland«, wie sie
unsere Verfassung sanktioniert − z. B. neben
der Nationalisierung von Datennachweisen,
sprich Cloud-Lösung an Stelle von Verbünden
− überhaupt noch eine relevante Kategorie und
ein relevantes Aktionsfeld für Bibliotheken?
HARALD PILZER
Vorsitzender vbnw
Ohne der Lektüre des Textes vorzugreifen, lautet die Antwort, wenn auch verhalten, ja. Einige der Themen betreffen die im Interesse der
Bibliotheken liegende mittelbare und unmittelbare Einflussnahme auf nationale Prozesse,
wie z. B. die Ausgestaltung des Urheberrechts,
und auf den Umbau der Verbundstrukturen.
Andere wiederum zielen ganz praktisch auf
die Landespolitik, z. B. den Erhalt und Ausbau von Dienstleistungen des Hochschulbibliothekszentrums in Köln. Der spartenübergreifende Bedarf an zentraler Unterstützung, auf
die vor allem auch die Öffentlichen Bibliotheken in Ermangelung eigener Strukturen im Bereich der sogenannten »kommunalen Familie«
Nordrhein-Westfalens angewiesen sind, und
die Co-Finanzierung der Bereitstellung relevanter Inhalte sind kein ganz neues Thema. Es
gibt bereits erste Signale aus dem politischen
Raum, sich (wieder) mit diesem Handlungsfeld
beschäftigen zu wollen. Somit folgten die Teilnehmer des Workshops einer durchaus bekannten Idee, nämlich der eines gemeinsam von
den Bibliotheken getragenen, qualitativ hochwertigen und urheberrechtlich geschützten Informations- und Bildungsangebots, an dem
möglichst viele Bürger partizipieren können.
Ein Thema ist in dieser Runde nicht behandelt
worden: das eines allgemeinen Bibliotheksgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Es hätte den
gegebenen Rahmen gesprengt und muss der
weiteren Diskussion vorbehalten bleiben.
*Laut Duden: Flitz = Fimmel, Marotte, Masche
UWE STADLER
Vorsitzender vbnw
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INHALTSVERZEICHNIS /
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3/15
IMPRESSUM
prolibris
Mitteilungsblatt hrsg. vom Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen e.V. und
der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Bezirksregierung Düsseldorf * V. i. S. d. P.:
vbnw-Vorsitzende Harald Pilzer, Uwe Stadler. * issn 1430-7235 * Jahrgang 20, Heft 3-2015
herausgebergremium
Petra Büning
Dr. Alwin Müller-Jerina
Uwe Stadler
Andrea Stühn
layout
Nieschlag + Wentrup, Münster
redaktion und anzeigen
Susanne Larisch
t 02102 /70 54 19
m [email protected]
102
108
120
135
DENKANSTÖSSE
107 Gaming in der Stadtbibliothek
Paderborn – »Games on!«
VERBAND
KONZEPTE
120 vbnw-Mitgliederversammlung
Kollegiales Treffen mit angeregten
Gesprächen und spannender
Bibliotheksführung
137 Qualifizierungsprogramm »Lernort
Bibliothek« – die Fünfte
Ende August trafen sich Bibliotheksleitungen zum Auftakt-Workshop des
Qualifizierungsprogramms 2015 bis
2017, das die Fachstelle für Öffentliche
Bibliotheken NRW ausgeschrieben hat.
Das Programm hat das Thema »Digitale Kommunikation für Öffentliche
Bibliotheken«.
PC einmal ganz anders
druck und verlag
Druckerei und Verlag Peter Pomp, Bottrop
abonnementbestellungen, reklamationen, adressenänderungen
Druckerei Peter Pomp, Jasmin Kikillis
t 02041 /747120 * f 02041 /747160 * m [email protected]
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Verfasser bzw. der Verfasserin. © vbnw und Fachstelle Öffentliche Bibliotheken bei der
Bezirksregierung. Alle Rechte vorbehalten; Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung. Fotos wurden, wenn nicht anders angegeben, von
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der 15. 02. für Heft 1, der 15. 05. für Heft 2, der 15. 08. für Heft 3 und der 15. 11. für Heft 4.
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100 Regionalkonferenzen nehmen das
neue Kulturfördergesetz unter die
Lupe
Was kann das neue Gesetz für die
Bibliotheken in NRW bewirken? Dieser
Frage geht vbnw-Vorsitzender Harald
Pilzer nach.
IM FOKUS: GAMING
102 Die wollen nur spielen?
Zielorientierte Gamingkonzepte in
Öffentlichen Bibliotheken
Gaming liegt im Trend. Doch wissen
Bibliotheken wirklich schon, wohin
die Reise geht? Robin Horn von der
Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken
NRW macht sich Gedanken über Ziele
und strategische Ansätze.
106 Warum Gaming in Bibliotheken
noch nicht funktioniert
Falsche Zielgruppen? Fehlendes
Wissen? Problematische Ansätze?
Christoph Deeg, Berater für Social
Media, Gamification und Digitale
Strategien, sieht die Gefahr, dass das
Thema zunehmend zum Missverständnis wird.
Gaming funktioniert nicht
nur digital.
108 »Play it!« – das Gaming-Angebot
der Mediothek Krefeld
Spannende Führung durch
die O.A.S.E. Düsseldorf
110 Die »Spielunke« – Gaming in der
Stadtbibliothek Neuss
121 Berichte der Vorsitzenden
112 Gaming in Münster – das soziale
Lernen funktioniert!
124 Jahresabschluss 2014/
Kassenvoranschlag 2016
114 »Biparcours« – per App die
Bibliothek erkunden
Die Initiative Bildungspartner NRW
ließ eine App entwickeln, die es ermöglicht, multimediale Bibliotheksrallyes für Smartphone und Tablet zu
erstellen.
125 World-Café zur Info-Kompetenz
bot Anlass zur Diskussion
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
kamen zu den Themen Bildungspartnerschaft mit Schulen, Qualifizierung
und Berufsbild sowie DiscoverySysteme ins Gespräch.
116 Gamified Teaching Library –
spielerisch lernen in der Bibliothek
Passen Videospiel und Lernen zusammen? Die Hochschul- und Kreisbibliothek Bonn-Rhein-Sieg sammelte erste
Erfahrungen zum Thema Gamification.
128 Positionspapier der Bibliotheken
Nordrhein-Westfalen
ENTDECKUNGEN
Prachtvoll: die Bibliothèque
nationale de France
138 Stadtbibliothek Bergheim – lokale
Allianz für Menschen mit Demenz
KURZ & KNAPP
140 Statistische Übersicht über das kommunale Bibliothekswesen in NRW
141 »Die Heilige Schrift des Christentums und ihre Bilder«
142 Meldungen
130 Kolumne: Neues vom Alten Buch
135 Besichtigungen und Terrorgefahr –
die KBG in Paris
AUSBLICK
Heft 4-2015
IM FOKUS »Konzepte neuer Kinder- und
Jugendbibliotheken in NRW«
Titelfoto: Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW, CC-BY-2.0 de
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DENKANSTÖSSE /
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3/15
REGIONALKONFERENZEN NEHMEN
DAS NEUE KULTURFÖRDERGESETZ
UNTER DIE LUPE
HARALD PILZER
Vorsitzender vbnw
Am 17. Dezember 2014 hat der Landtag
in Düsseldorf das neue Kulturfördergesetz
(KFG) der rot-grünen Regierungskoalition
beschlossen. Aus der abschließenden Beratung nur ein kurzes Zitat aus den Ausführungen des Kulturpolitischen Sprechers der
SPD-Fraktion und Präsidenten unseres Bibliotheksverbandes: »Das Kulturfördergesetz schafft Fundamente für kulturpolitisches Handeln. Es schafft Begründung für
dieses. Es benennt die Ziele, die Aufgaben, die Grundlagen der Förderung, und es
schafft neue Instrumentarien, unter anderem den Förderplan. Ich verhehle auch an
dieser Stelle nicht, dass ich mir ruhig den
einen oder anderen ordnungspolitischen
Hammer mehr hätte wünschen können.
Aber hier geriet das Gesetz sehr schnell immer wieder in Konflikt mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht und – machen
wir uns nichts vor – in Konflikt mit dem Gedanken, dass weiterhin ein Korridor für die
Konsolidierung der Haushalte offen stehen
solle.«(1)
Im Frühjahr dieses Jahres nun lud Ute Schäfer als Chefin des MFKJKS, des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und
Sport, eben auch Kulturministerin dieses
Landes, unter dem Motto »Das neue Kulturfördergesetz des Landes Nordrhein-Westfalen – Perspektiven und Chancen seiner Um-
setzung« in den fünf Regierungsbezirken zu
fünf Regionalkonferenzen ein, die der Vorstellung und Diskussion des Gesetzes und
seiner Instrumente dienen sollten. Alle fünf
Veranstaltungen folgten dem gleichen Schema aus Vorträgen, Workshops und gemeinsamer abschließender Diskussion. Man
muss dem Ministerium viel Respekt dafür
zollen, den gesamten Prozess um die Erarbeitung des Gesetzes und die Berücksichtigung unterschiedlichster Aspekte – siehe
dazu die im März 2012 veranstalteten Regionalkonferenzen – nunmehr erneut mit diesem Instrument abzuschließen. Protokolle
der Treffen liegen noch nicht vor, ihnen soll
auch nicht vorgegriffen werden. Hier soll
kurz beispielhaft von der Veranstaltung am
15. Juni 2015 in Detmold für den gleichnamigen Regierungsbezirk berichtet werden.
Eine bekannt bunte Truppe aus rund 100
Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus nahezu allen Sparten der beamteten Kultur bis
hin zur freien Szene waren der Einladung
in die Hallen der »Kulturfabrik Hangar 21«
gefolgt. Dem entsprechend bunt war die
Debatte, waren die Anliegen und Nachfragen. Doch zuvor ein kleiner Exkurs.
EIN GESETZ?
Als 1955 das Berliner Abgeordnetenhaus
die später als »Berliner Bibliotheksgesetz«
bekannt gewordene Rahmenregelung für
die Volksbüchereien in Berlin (West) nebst
einem Wiederaufbauplan beschloss, wurde die rechtssystematische Kritik laut, dass
es sich bei der besagten Regelung mitnichten um ein Gesetz, sondern nur um eine
Selbstverpflichtung des Gesetzgebers für
100
das Land Berlin, repräsentiert durch den
Senat von Berlin, handele, nicht aber um
eine über dessen unmittelbare Befugnisse
hinausgehende Regelung. Die Stadtbezirke,
die das kommunale Element in der Berliner
Verfassung repräsentieren, würden nicht zu
besonderen Regelungen und auf spezifische
Leistungen verpflichtet.
gesehen. Aber einiges, und darüber gibt
die der Druckfassung beigegebene umfangreiche Kommentierung deutlich Auskunft,
war aus verfassungsrechtlichen Gründen –
Stichwort kommunale Selbstverwaltung –
nicht umsetzbar, anderes vermutlich nicht,
weil andere Ressorts »nicht mitspielten«.(3)
WAS KANN DAS GESETZ BEWIRKEN?
Zudem sei daran erinnert, dass sämtliche kulturellen Aufwendungen des Landes NRW bei rund 182 Millionen Euro liegen, die Kommunen jedoch ein Vielfaches
hiervon aufwenden.(2) Insofern sei das Gesetz auch kein ernstzunehmendes Förderinstrument, weil es keinen Aufwuchs der Landeskulturförderung bedeute, ja diese nicht
einmal absichere, sondern alles unter Finanzierungsvorbehalt stelle. So z. B. die
Formulierungen im § 22 Abs. 2 KFG.
So fokussierte sich die Veranstaltung schon
von der Planung her auf die Frage nach den
im Gesetz vorgesehenen Instrumenten wie
dem »Kulturförderplan« (§ 22) und dem
»Landeskulturbericht« (§ 25). Ein weiteres
Instrument, die »Fördervereinbarungen«
nach § 30 KFG, wurden in Detmold ebenfalls umfänglich thematisiert. Deshalb hier
zunächst einige Sätze zu diesem Komplex.
Wenn man nur den Formulierungen in § 30
»Fördervereinbarungen« folgt, dann könnte man vermuten, dass es den Kommunen
frei stehe, Fördervereinbarungen für nahezu jede institutionalisierte Kulturform abzuschließen bis hin zur Erschöpfung der
Landesmittel. In den Ausführungen hierzu, die namentlich von Peter Landmann, einem der Autoren des Gesetzes und vormaligem Leiter der Kulturabteilung im MFKJKS
vorgetragen wurden, sei hier jedoch vor allem an den Substanzerhalt (»Zementierung
von Strukturen«) von Theatern und Museen in Haushaltssicherungskommunen gedacht. Die Fördervereinbarungen bedeuteten ein sogenanntes, »vor die Klammer
ziehen« von Ausgabepositionen, die dann
nicht mehr in Kürzungsbetrachtungen einbezogen würden. Und ja, für diese Offenheit sei hier gedankt, es könne dieser besonderen Behandlung der unter dem Schutz
einer Fördervereinbarung stehenden Institution, nennen wir es einmal »Landesgarantie«, geschuldet sein, dass andere Institutionen der kommunalen Kultur unter dieser
»Landesgarantie« leiden könnten.
Nun, die Autorinnen und Autoren des Gesetzes hätten sicherlich auch gerne mehr aus
der skizzierten Kritik im Gesetz verwirklicht
Der »Landeskulturbericht« ist ein durchaus sinniges und interessantes Instrument
der Landeskulturpolitik. Im § 25 heißt es
Eine ähnliche Kritik ließe sich gegenüber
dem Kulturfördergesetz entfalten und wurde auch so geäußert. Ein Gesetz sei es nicht,
weil der Landesgesetzgeber keine weitere
Ebene als sich selbst und die Landesregierung zu Leistungen verpflichte, und keine
Regelungen für die so wichtige, die Kultur
tragende Ebene der Kommunen erlasse. Die
von vielen erhoffte Funktion eines »Kulturschutzgesetzes«, das Kultur als gleichsam
bedrohte Spezies zur »Pflichtaufgabe« erhebe oder zumindest einen »Kulturschutzkorridor« (Ute Schäfer) für kulturelle Belange in Haushaltssicherungskommunen
vorschreibe, sei nicht erfüllt worden.
hierzu, dass er einmal in jeder Legislaturperiode durch das zuständige Ministerium
vorgelegt werde. Er nehme Stellung »zur
Umsetzung des zu Beginn der Legislaturperiode aufgestellten Kulturförderplans, zur
Angebots- und Nachfrageentwicklung und
zur Lage der Kultur in Nordrhein-Westfalen
insgesamt«. Das Besondere hieran ist, dass
damit eine parlamentarische Befassung mit
Fragen der Kultur angestoßen wird. Denn
die Wahrnehmung trügt nicht – kulturelle
Fragestellungen und Themen beschäftigen
in der Regel die Kommunal- und Landespolitik in geringem Maße.
Das für die unten in der kulturellen Praxis
– da wo das Leben real ist – Tätigen wichtigste Instrument ist neben der tatsächlichen Förderung vermutlich der Kulturförderplan. Laut Gesetz (§§ 22, 23) bildet er
die inhaltliche Grundlage der Kulturförderung und soll »ein hohes Maß an Transparenz und Planungssicherheit« schaffen. Er
konkretisiert die Ziele der Landesförderung, benennt Entwicklungsperspektiven,
Schwerpunkte und Handlungsfelder. In der
Kommentierung wird ausgeführt: »Der Kulturförderplan stellt eine Selbstbindung des
Regierungshandelns dar. Der vorgesehene Planungszeitraum von fünf Jahren entspricht der Dauer einer Legislaturperiode.
Die ‚Förderperiode’ wird allerdings nicht
identisch mit der Legislaturperiode, sondern jeweils um ein Jahr versetzt sein. Der
Förderplan leitet die Förderpolitik des Landes für die jeweilige Förderperiode.«(4)
gebe es bereits einen Fahrplan: Im Oktober
und November sollen in sogenannten Großgruppenkonferenzen Ziele und Themenfelder definiert werden, gegen Ende 2015 soll
der Entwurf eingebracht, diskutiert und ein
Einvernehmen mit dem Landtag erzielt sein.
Gelten solle er bis 2018 und damit das Ende
der Legislaturperiode in NRW überdauern. Wie zu hören war, soll einer der Förderschwerpunkte die Öffentlichen Bibliotheken und die digitale Modernisierung betreffen. Dies wäre neben den in den §§ 8
und 10 des Gesetzes getroffenen Aussagen
nach unserer, fachspezifisch voreingenommenen Position sicherlich angemessen, stehen doch gerade die Öffentlichen Bibliotheken in Fragen ihres Angebotes in scharfer
Konkurrenz zu gewerblichen Anbietern und
prinzipiell vor der Frage einer Neubestimmung ihres Selbstverständnisses, ihres Portfolios und ihrer Kompetenzen.
Dem Landtag und der Landesregierung ist
Anerkennung zu zollen für einen wichtigen
Schritt bei der Systematisierung der Kulturförderung. Aus der erwähnt voreingenommenen, fachspezifisch gefärbten Sicht heraus ist aber neben diesem Fördergesetz
durchaus noch Platz für ein eher ordnungspolitisch angelegtes allgemeines Bibliotheksgesetz für Nordrhein-Westfalen.
ENDNOTEN
1. Landtag NRW. 16. Wahlperiode. Plenarprotokoll 16/75,
75. Sitzung, 17.12.2014. www.landtag.nrw.de/portal/WWW/
dokumentenarchiv/Dokument/MMP16-75.html
Auch dieses Instrument will sensibel gehandhabt werden, denn der Förderplan
»berücksichtigt wesentliche kulturelle Entwicklungen in den Gemeinden und Gemeindeverbänden«. Dementsprechend, so
die dankenswert klaren Ausführungen im
Gesetz wie in Detmold, kann ein Kulturförderplan nur in enger Abstimmung mit den
kommunalen Spitzenverbänden, den Verbänden der Kultur und sogenannten »Anspruchsgruppen«, Vertreter unterschiedlichster kultureller Sparten, erstellt werden.
Hierfür, so die Ausführungen in Detmold,
101
2. Der Kulturbericht 2010 der NRW-Staatskanzlei weist für
2009 Aufwendungen von rund 141 Mio. Euro aus (Kulturbericht NRW. Landeskulturförderung 2009. Düsseldorf: Staatskanzlei 2010, S. 65). Aggregierte Werte für die
Kommunen liegen im Kulturfinanzbericht 2012 vor. Danach wendeten die NRW-Kommunen rund 1,12 Mill. Euro
für kulturelle Zwecke auf (Kulturfinanzbericht 2012. Statistische Ämter des Bundes und der Länder. Dezember
2012, S. 39).
3. M FKJKS (Hrsg.): Kulturfördergesetz NRW. Gesetz zur
Förderung und Entwicklung der Kultur, der Kunst und der
kulturellen Entwicklung in NRW. Düsseldorf 2015, S. 22–99
4. Ebd. S. 78
IM FOKUS /
3/15
3/15
›› IM FOKUS: GAMING
ROBIN HORN
Fachstelle für
Öffentliche Bibliotheken
NRW
DIE WOLLEN NUR SPIELEN?
ZIELORIENTIERTE GAMINGKONZEPTE
IN ÖFFENTLICHEN BIBLIOTHEKEN
Das konnte ich im letzten Jahr bei einem
Besuch auf der Next Level Conference in
Dortmund selbst feststellen. In der Tat wäre
es bei einer über 50 Jahre langen Entwicklungsgeschichte vermessen, von Gaming
als einer wirklichen Neuheit zu sprechen.
Relativ neu ist allerdings, dass auch Bibliotheken beginnen, mit digitalen Spielen als
Teil ihres Angebotes zu experimentieren;
meiner Meinung nach eine richtige und
wichtige, allerdings auch längst überfällige Entwicklung, denn für das Experimentieren haben wir eigentlich keine Zeit mehr.
Gerade in dieser Situation ist es für uns als
Fachstelle für die Öffentlichen Bibliotheken
wichtig, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen, um eine kompetente Beratung für
die Bibliotheken anbieten zu können.
Digitale Spiele − oder Games − sind heute wichtiger Teil der Medienlandschaft. Mehr als 30
Millionen Menschen in Deutschland spielen regelmäßig an Computer, Konsole oder Smartphone.
Die Spieleindustrie ist mit mehreren Milliarden Euro Jahresumsatz in Deutschland längst zu
einem relevanten Wirtschaftszweig geworden. Daneben steigt auch die Relevanz von Games für
Kunst und Kultur.
Fotos: Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW, CC-BY-2.0 de
ANGEBOTE EXTREM HETEROGEN
Faszination Gaming
102
Die Angebote, die Öffentliche Bibliotheken
in NRW heute im Bereich digitaler Spiele
machen, zeigen eine extrem heterogene
Landschaft von Konzepten, unterschiedlichen Zielsetzungen und diverser Qualitätsstufen. Kurz gesagt, wissen Bibliotheken eigentlich nicht so genau, wohin die Reise
geht. In einigen – vorwiegend, aber nicht
ausschließlich in Großstädten − gibt es zumindest für die Zielgruppe der Kinder und
Jugendlichen bereits relativ breite Maßnahmenkataloge. Diese umfassen unter anderem meist Konsolenspiele und Konsolen in
der Bibliothek, Veranstaltungsreihen und
Kooperationen mit Medienpädagogen und
anderen Kultureinrichtungen. Viel häufiger findet man auch in kleineren Bibliotheken immerhin eine Übertragung des Datenträger-Ausleihgeschäftes aus dem Buchbereich auf PC- und Konsolenspiele. Dennoch gibt es auch heute noch Bibliotheken,
die noch keine Berührungspunkte mit Gaming haben.
Diese Qualitätsvielfalt resultiert meiner
Meinung nach nicht aus der Tatsache, dass
Bibliothekare mit digitalen Spielen
persönlich nichts anzufangen
wissen. Warum sollte es
auch Gamer benötigen,
um ein gutes Angebot mit bibliothekarischer Zielsetzung
im Bereich digitaler Spiele zu realisieren? Bibliothekarinnen und
Bibliothekare müssen ja auch nicht gerne Romane lesen, um
eine gute Arbeit mit Literatur zu machen, auch wenn
das gängige Klischee anderes vermuten lässt.
Ursächlich für die derzeitige Situation
ist vielmehr, dass Bibliotheken digitale
Spiele − anders als die Literaturvermittlung − noch nicht als ihr Hauptaufgabenfeld sehen, und für »Nebenschauplätze« eigentlich keine Ressourcen erübrigt werden
können. Das Problem liegt demnach in der
historisch gewachsenen grundsätzlichen
Konzeption von Öffentlichen Bibliotheken.
verfügbar. Öffentliche Bibliotheken haben
das Ziel, möglichst allen Bürgern Zugang
zu relevanten Medien bzw. durch die Medien zu den Medieninhalten zu schaffen. Die
Strategie musste also zwangsläufig lauten,
eine möglichst umfangreiche Literaturversorgung
orientiert
am Bedarf der jeweiligen
Nutzer zu realisieren
und Leseförderung
als
Zugangsqualifikation zu Texten zu betreiben.
So ist auch nachvollziehbar, wie
sich in Öffentlichen Bibliotheken
letztendlich
jener
Maßnahmenkatalog
ausprägte, den wir bis
heute in den meisten Einrichtungen kennen. Physischer Zugang
durch Bestand und Verleih, inhaltlicher Zugang durch Erschließung und Vermittlung,
kultureller Zugang durch Veranstaltungsformate. Wie aber passen digitale Spiele in
dieses Modell?
LOCKANGEBOT FÜRS BUCH
In der Theorie beginnt eine Konzeption
bei der Ausgangssituation bzw. den Rahmenbedingungen und der Formulierung
von Zielen. Auf der Basis dieser Ziele können dann Strategien abgeleitet werden, die
letztendlich in der Umsetzung bestimmter
Maßnahmen münden.
Was Bibliotheken heute mit ihren GamingAngeboten tun, ist, sie auf der Ebene der
Maßnahmen einzusortieren und sich nur
diejenigen Aspekte digitaler Spiele herauszunehmen, die geeignet sind, die bestehende Strategie der Literatur- bzw. Buchvermittlung zu unterstützen. Aus diesem Grund
werden die bisherigen Gaming-Angebote
vorzugsweise mit Leseförderung oder als
Frequenzbringer für die vermeintlich wirklich wichtigen Angebote von Bibliotheken
gerechtfertigt; quasi als eine Art Lockangebot fürs Buch.
Traditionell ist die Strategie Öffentlicher Bibliotheken relativ eindeutig. Reduziert man
die Ausgangssituation einmal auf die dominante Medienart, so waren alle relevanten,
recherchierbaren Informationen in Printform, als Monographie oder Zeitschrift etc.
In Wirklichkeit aber sind digitale Spiele
nicht nur eine Maßnahme zur Leseförderung, sondern Teil einer neuen Ausgangslage, in der neben Printmedien und Games
natürlich noch viele weitere Medien Relevanz haben können. Der Unterschied mag
WAS SIND DIE ZIELE?
103
auf den ersten Blick klein erscheinen, doch
sind die Konsequenzen für die Arbeit Öffentlicher Bibliotheken sehr groß. Diese
können sich nun entscheiden, ihre Strategie um die »neuen« Medien zu erweitern,
oder ihr Ziel zu ändern und fortan nicht
mehr für alle Bürger Zugang zu allen relevanten Medien zu schaffen, sondern nur
noch für literaturinteressierte Bürger Zugang zu Literatur. Meiner Meinung nach
müssen Institutionen, die ihr Ziel derart
drastisch ändern, Diskussionen über Notwendigkeiten zu Recht erdulden.
Ausgangslage und Ziel sind relativ klar. Die
Ausgangslage bezogen auf die Medienlandschaft, in der digitale Spiele für viele Menschen Relevanz besitzen, ist recherchierbar,
und man kann sie Tag für Tag selbst erleben. Das Ziel Öffentlicher Bibliotheken −
Zugang zu schaffen − hat sich nicht geändert und ist nach wie vor höchst relevant.
Was uns fehlt, ist ein strategischer Ansatz
für digitale Spiele und die Bereitschaft, unsere Ressourcen dementsprechend einzusetzen. Es reicht jedoch auch nicht, einfach
alles beim Alten zu belassen und Bücher
durch Spiele zu ersetzen.
3/15
DREI STRATEGISCHE ANSÄTZE
Man muss sich die Frage stellen, welche Strategien und Maßnahmen geeignet
sind, Zugang zu digitalen Spielen zu ermöglichen. Dabei sind die speziellen Eigenschaften des Mediums
zu beachten, die es von anderen unterscheidet. Die Antwort auf diese Frage sollte
auch nicht jede Bibliothek
selbst finden müssen, sie
sollte am besten bibliotheksübergreifend beantwortet werden. Dafür benötigen wir einen fachlichen
Diskurs, der bisher aber leider
eher zaghaft bis gar nicht stattfindet.
Ich denke, es gibt im Wesentlichen drei relevante strategische Ansätze, die geeignet
sein könnten, Zugang zu digitalen Spielen
zu schaffen.
›› Physischer Zugang
Der physische Ansatz ist wohl der Naheliegende und vermutlich auch der Grundgedanke beim Verleih von Konsolenspielen. Jedoch gilt es zu bedenken, dass mit
dem Verleih eines Konsolenspiels nicht derselbe Grad an Zugang erreicht wird,
wie mit dem Verleih eines Printmediums. Der große Vorteil
von Büchern ist, dass sie
kein weiteres Endgerät zur Nutzung benötigen. Bei digitalen Spielen
ist das anders.
Hier benötigt
man
immer
auch ein Endgerät, also die
entsprechende
Cosplayer lieben
es, sich in die
Helden ihrer Spiele
zu verwandeln.
104
3/15
zu einzelnen Titeln bis hin zu Informationen zu kontroversen Diskussionen über digitale Spiele als gesellschaftliches Phänomen.
Konsole oder einen PC. Nur Konsolenspiele
zu verleihen, ist in etwa so, als würde man
von Büchern nur die Buchdeckel verleihen
und hoffen, dass der Nutzer den Rest
zu Hause hat. Bibliotheken
sollten zumindest für
die Spiele, die sie
verleihen, immer
auch das entsprechende
Endgerät zur Nutzung
in der Bibliothek
zur
Verfügung
stellen. Im besten
Falle
beschränkt
man dies auch nicht
nur auf aktuelle Konsolen, sondern versucht, eine
möglichst vollständige Sammlung
von Konsoleninfrastruktur in der Bibliothek
vorzuhalten.
Zur inhaltlichen Beschäftigung mit Games
gehört es auch, Verbindungen zu anderen
Mediengattungen darzustellen und aufzuzeigen. Zu vielen Spielen gibt es Filme, Comics und Bücher. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass Bibliotheken auch in
den ihnen vertrauten Mediengattungen nur
selten Medien mit Spielebezug anschaffen.
Physischer Zugang kann aber auch bedeuten, das Nutzungserlebnis digitaler Spiele
durch Zubehör zu erweitern. Virtual und
Augmented Reality, die computergestützte
Wahrnehmung, bei der sich reale und virtuelle Welt vermischen, bieten als innovative Technologien Bibliotheken die Chance,
auch für jene Nutzer relevante Angebote
zu machen, die selbst eigene Spielekonsolen besitzen.
›› Inhaltlicher Zugang
Der physische Zugang zu digitalen Spielen kann nicht in allen Fällen erfolgen. Die
auf Lizenzen basierenden Geschäftsmodelle von Spieleverlegern lassen dies nicht immer zu, und nicht jeder Inhalt steht überhaupt zum Erwerb zur Verfügung. Vor einer
ähnlichen Situation stehen Bibliotheken
vor allem auch im E-Book-Bereich. Meiner
Meinung nach ist der inhaltliche Zugang zu
digitalen Spielen aber mindestens ebenso
wichtig. Öffentliche Bibliotheken können
zum Beispiel auf Bezugsquellen von digitalen Spielen hinweisen. Dies ist vor allem
bei älteren Spielen interessant. Eine weitere Dimension ist die Information über Spiele, angefangen bei Informationsangeboten
Neben einer Auseinandersetzung mit dem
Medium und seinen Eigenschaften ist auch
das Nachdenken über die Zielgruppe wichtig. Denn die besteht, anders als viele Bibliotheksmitarbeiter glauben, nicht vorwiegend aus Kindern und Jugendlichen. In der
FAZIT
Bibliotheken müssen ihre Strategie anpassen, um trotz geänderter Rahmenbedingungen ihr Ziel nicht aus den Augen
zu verlieren und weiterhin eine relevante Funktion zu erfüllen. Das gilt nicht nur
Zum inhaltlichen Zugang gehört außerdem
die Bedienkompetenz für Spiel und Endgerät und parallel dazu die Leseförderung.
Diese ist natürlich auch für den Zugang zu
digitalen Spielen weiterhin sehr wichtig, da
viele ohne die Fähigkeit, Texte zu lesen und
zu verstehen, nicht spielbar sind.
Fotos: Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW, CC-BY-2.0 de
IM FOKUS /
›› Kultureller Zugang
Ein kultureller Zugang zu digitalen Spielen ist zwar keine eigenständige bzw. eigenständig wirksame Strategie, aus angebotspolitischen Gründen aber derzeit für
Bibliotheken obligatorisch. Heute sind viele Bibliotheken optisch so gestaltet, als wären sie für die Bücher und das Lesen gemacht. Sie laden nicht oder nur wenig dazu
ein, sich mit anderen Medien oder gar Gaming zu beschäftigen. Kulturelle Angebote
im Bereich digitaler Spiele können helfen,
dieses Image aufzuweichen und moralische
Barrieren abzubauen, die die Nutzer davon
abhalten, Bibliotheken zum Spielen zu nutzen. Beispiele für kulturelle Angebote im
Bereich Gaming kann jeder selbst erleben,
der Veranstaltungen wie die Gamescom
besucht. Als Schlagwörter möchte ich hier
einmal E-Sports, Casemodding(1) und Cosplay(2) in den Raum werfen, die eigentlich
schon reichlich Material für Angebotsformate für Bibliotheken liefern und mit denen sich zu beschäftigen ich sie an dieser
Stelle ermutigen möchte. Auch die raumgestalterischen Konzepte Öffentlicher Bibliotheken müssen sich in punkto Mediennutzung deutlich liberaler zeigen.
Beim Casemodding werden PCs verändert und in neuer,
überraschender Art genutzt.
Tat ist der durchschnittliche Gamer zwischen 32 und 34 Jahre alt. Für viele vielleicht überraschend: etwa die Hälfte davon ist weiblich. Dass sich dies nicht bei
den Nutzern von Angeboten der Bibliotheken wiederspiegelt, ist logisch, denn die
Zielgruppe »Gamer« ist so groß, dass sie
in sich sehr heterogen ist. Auch innerhalb
dieser Gruppe gibt es differenzierte Vorlieben bei der Nutzung des Mediums sowie
der Wahrnehmung von Veranstaltungsangeboten. So sind z. B. einer Statistik zum
E-Sport nach zu urteilen 81 % aller Besucher dieser Art von Veranstaltung männlich. Spielerinnen neigen eher zum alleinigen und kürzeren Spielen, sie bevorzugen
aber nicht immer grundlegend andere Spiele. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass
es pauschale Veranstaltungen für den »Gamer« nicht geben kann, ebenso wenig wie
für den »Leser« oder den »Filmegucker«.
105
im Hinblick auf digitale Spiele. Was Bibliotheken brauchen, sind medienunabhängige
Ziele, medienübergreifende Strategien und
medienspezifische Maßnahmen. Am dringendsten benötigen sie aber einen inhaltlichen Austausch über die Gestaltung zeitgemäßer Bibliotheksarbeit unter Einbezug
eines veränderten Angebotsbedarfes bei
den Menschen, die ihre Nutzer sind.
ENDNOTEN
1. Als Casemodding bezeichnet man das Verändern der äußeren Erscheinungsform des PCs zur optischen Aufwertung.
2. Beim Cosplay stellt der Teilnehmer eine Figur aus Manga,
Animé, Computerspiel oder Film durch Kostüm und Verhalten möglichst originalgetreu dar.
IM FOKUS /
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WARUM GAMING IN BIBLIOTHEKEN
NOCH NICHT FUNKTIONIERT
der klassischen Bestandsarbeit sind Spiele auf mobilen Devices
wie Smartphones sowie Online-Games. Benötigt werden also
völlig neue Bestandskonzepte, die Retro-Games, in der Bibliothek entstandene Games und reine digitale Games berücksichtigen. Noch wichtiger: Beim Thema Gaming geht es nicht um ein
Medium, sondern um einen Inhalt, d.h. es geht auch um Filme,
Bücher etc. die aus der Gaming-Kultur stammen.
3.Ein besonderes Problem stellt die Idee dar, Games wären nur
ein weiteres Medium bzw. ein gutes Lockmittel, um junge Menschen in die Bibliothek zu holen, um sie dann an Bücher heranzuführen. Gaming in Bibliotheken kann aber nur funktionieren,
wenn das Thema als gleichbedeutend zu Büchern betrachtet
wird. Es gibt keinen Konkurrenzkampf zwischen Games und
Büchern. Beide Kulturformen haben ihre eigenen Charakteristika und ihre eigene Relevanz.
4.Bibliotheken bieten heute eine Vielzahl an unterschiedlichen
Aktivitäten und Services an. Aber sie sind Orte der Buch-Kultur.
Das Buch ist quasi die Basis für die kulturelle Identität der
Bibliotheken. Diese Identität sorgt dafür, dass Bibliotheken ein
»Zuhause« für all diejenigen sind, die sich mit Büchern und
Lesen beschäftigen. Um im Bereich Gaming erfolgreich zu sein,
ist es notwendig, ebenso ein Ort der Gaming-Kultur zu werden.
5.In den meisten Bibliotheken gibt es kaum Wissen und Erfahrungen zu Game Design und Game Based Learning. Dies ist
aber wichtig, um z. B. neue Formen der Bibliotheksführungen
und der Leseförderung zu entwickeln und umzusetzen. Zudem
kann dieses Wissen helfen, um neue Oberflächen für OPACs sowie neue Formen der Kulturvermittlung anzubieten. Besonders
wichtig ist der Bereich Bildung. Hier können Themen wie Gaming und Gamification Bibliotheken zu einem Innovationsträger in Sachen Bildung machen. Auch mobile Angebote wie Actionbound oder Espoto, Apps für »interaktive Schnitzeljagden«,
machen dann wirklich Sinn, wenn die darin vermittelten Inhalte ein grundständiges Game-Design beinhalten.
CHRISTOPH DEEG
Berater und Speaker für Social Media,
Gamification und Digitale Strategien
Bevor Sie jetzt wutentbrannt das Heft zerreißen, möchte ich eines
vorweg klarstellen: Ich freue mich sehr, dass Gaming in Bibliotheken an Relevanz gewinnt. Und wenn es in diesem Artikel darum
geht, warum das Thema nicht bzw. nicht richtig funktioniert, dann
verschließe ich nicht die Augen vor den vielfältigen guten Projekten und Aktivitäten, die wir überall in Deutschland finden können.
D. h., ich sehe die tollen Aktivitäten von Öffentlichen Bibliotheken
wie z. B. in Borken, Geldern, Greifswald, Hamburg, Köln, Krefeld,
Lüdinghausen, Minden, Neuss, Ochtrup, Raesfeld etc. Hier passiert
so einiges – aber trotzdem besteht die Gefahr, dass das Thema zunehmend zu einem Missverständnis wird. In diesem Artikel geht es
also um die Frage, was das Thema Gaming für Bibliotheken bedeuten könnte/sollte, und warum dies meiner Meinung nach bis jetzt
nicht umgesetzt wird.
Betrachtet man die aktuelle Situation im Detail, so kann man die
folgenden Erkenntnisse ziehen:
1. In vielen Fällen werden die Zielgruppen falsch definiert. Viele Bibliotheken nutzen Gaming, um vermeintlich junge Zielgruppen anzusprechen. So wird das Thema sehr oft in der Kinder- und/oder Jugendarbeit verortet. Aber Gaming ist ebenso
ein Thema für Erwachsene. Dies betrifft sowohl die Games an
sich als auch die damit verbundenen Services inklusive der intergenerationellen Arbeit. Eine Anbindung des Themas an die
Kinder- und Jugendarbeit macht deshalb zukünftig wenig Sinn.
Gaming sollte vielmehr als Querschnittsfunktion der Bibliotheksarbeit verstanden werden.
2.Ebenso risikoreich ist die Konzentration auf den klassischen
Bestand. In den nächsten fünf bis acht Jahren wird ein physischer Bestand in der Form, dass man aktuelle Titel anbieten
kann, nur in geringem Ausmaß funktionieren. Die Digitalisierung der Medien ist in diesem Sektor besonders stark zu spüren.
Schon heute ist es kaum noch möglich, PC-Games anzubieten,
und auch Konsolenspiele werden zunehmend nur noch digital zum Download angeboten werden. Ebenso wenig nutzbar in
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass zwar immer mehr Bibliotheken sich des Themas Gaming annehmen und zudem spannende
Kooperationen z. B. im Bereich Medienpädagogik entstehen, dass
aber die Chancen und Möglichkeiten, welche sich durch das Thema ergeben, noch nicht ansatzweise genutzt werden. Auf dem Weg
in die digital-analoge Bibliothekswelt sollte Gaming nicht nur eine
größere, sondern vor allem eine umfassendere Rolle spielen.
106
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GAMING IN DER STADTBIBLIOTHEK
PADERBORN − „GAMES ON!“
se strömten dann zum Familientag auch zahlreich in die Kinderund Computerbibliothek. Doch
auch das Selber-Ausprobieren hat beim »Games On!« einen hohen Stellenwert. Ob bei
der interaktiven Rallye, an der
Tablet-Station oder beim Ausprobieren einer Virtual-RealityBrille − die Kinder und auch Erwachsenen hatten viel Spaß.
ANNA DRILLER
Stadtbibliothek Paderborn
Bereits seit 1990 hat die Stadtbibliothek Paderborn mit der
Computerbibliothek eine Abteilung, die sich tagtäglich mit
neuen Angeboten im Bereich
Technik und Computer auseinandersetzt und diese stetig verbessert. PC-Spiele sind dort
schon lange im Angebot. Seit
2008 werden auch Konsolenspiele angeboten. Die Medien
Tatsächlich mögen nicht nur Kinder
sind für zwei Wochen ausleih- daran schnell ihren Spaß.
bar und gebührenpflichtig. Das
Angebot wird sehr gut angenommen. Aktuell gibt es Medien für die
PSP, PS2, PS3, PS4, Xbox 360, XboxOne, Nintendo DS und 3Ds, Nintendo Wii und Wii U. Der Medienetat der Computerbibliothek beinhaltet immer ausreichend Geld für die Anschaffung der Spiele, so
dass die Medien aktuell gehalten werden können.
Besonderer Andrang herrscht
bei den aktuellsten Angeboten,
finanziert durch Landesdigitale Spiele. Auch Eltern haben
mittel im Rahmen des Projekts
»Lernort Bibliothek«. Das mobile Konsolenmöbel beinhaltet eine XboxOne, eine PS4 und eine Wii
U. Zusätzlich zu den Gaming-Events gibt es jetzt täglich die Möglichkeit, an dem neuen Gaming-Möbel zu spielen. Und auch »alte«
Projekte leben wieder auf.
KOOPERATION MIT „SPIELERATGEBER NRW“
LET’S-PLAYER DANIEL FEITH ZU GAST
Parallel zur Einführung der Konsolenspiele wurden auch Konsolen
angeschafft. Da sich die Kinder- und Computerbibliothek als Vermittler im Bereich Medienkompetenz versteht, kam die Idee auf,
dies auch bei den Konsolen zu ermöglichen. Der Fokus ist zunächst
auf das Gaming für Eltern gelegt worden. Begonnen wurde mit Eltern-Kind-Nachmittagen, bei denen die Teilnehmer gemeinsam
Konsolen und Spiele testen konnten. Die Kollegen der Computerbibliothek stehen dabei mit Rat und Tat zur Seite. Dieser Spielenachmittag entwickelte sich zu einem Spielesamstag, bei dem in der Kinder- und Computerbibliothek alles im Zeichen von Gaming steht.
Unter dem Motto »Games On!« haben Kinder und ihre Eltern die
Möglichkeit, kostenlos die neuesten Konsolen und Spiele zu testen
und selbst aktiv zu werden. Der Spieletag findet in Kooperation mit
der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
(GMK) statt. In diesem Jahr nahm als besonderes Highlight Let’sPlayer Daniel Feith daran teil, der Tipps und Tricks zum Spiel verriet und einen Einblick in die Welt eines YouTubers gab. Zielgruppe
waren hier vor allem Jungen im Alter von 9 bis 15 Jahren, und die-
Bereits 2010 bestand eine Kooperation mit dem »Spieleratgeber
NRW«. Diese wurde im März 2015 erneut eingegangen. 2010 waren die »Paderspieletester« ins Leben gerufen worden.(1) In Zusammenarbeit mit dem Paderborner Jugendamt und zwei HOTs (Jugendtreff »Haus der offenen Tür«) traf sich die Gruppe regelmäßig,
um Spiele zu testen und die Rezensionen auf einem Blog zu veröffentlichen. Mit Anschaffung des neuen Gaming-Möbels soll die
Gruppe im Herbst 2015 wieder aktiviert werden. Es ist geplant, einen Kreis zu etablieren, der sich regelmäßig trifft, Spiele testet etc.
Auch hier soll wieder mit dem »Spieleratgeber NRW« zusammengearbeitet werden, zusätzlich wird ein Medienpädagoge die Gruppe anleiten. Ab August 2015 wird in der Stadtbibliothek Paderborn
ein Mitarbeiter im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes die neuen Angebote in diesem Bereich unterstützen.
ENDNOTE
1. https://paderspieletester.wordpress.com/wer-kann-mitmachen
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IM FOKUS /
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„PLAY IT!“ − DAS GAMING-ANGEBOT
DER MEDIOTHEK KREFELD
BETTINA SCHÜREN
Mediothek Krefeld
Natürlich gibt es schon lange − wie in vielen anderen Bibliotheken auch − Spielangebote in der Mediothek Krefeld. Vornehmlich handelt es sich dabei bislang um
Brettspiele, die zur Vor-Ort-Nutzung in der
Kinderabteilung angeboten werden. Auch
PC- und Konsolenspiele sind seit Jahren
in Krefeld fester Teil des Ausleihbestandes. Der Trend des Gaming hin zur international anerkannten Kulturform und die
Tatsache, dass digitales Spielen ein immer größer werdender, somit gesellschaftlich relevanter Teil der Medienlandschaft
ist, legte nahe, sich in der Bibliotheksarbeit intensiver damit zu beschäftigen. Sehr
schnell war klar, dass es in diesem Bereich
nicht ausschließlich um Medienerwerb und
Steigerung von Ausleihzahlen gehen würde. Deshalb sollte ein Projekt vor allem die
Mediothek als Ort der Begegnung und des
gemeinsamen, kreativen und auch lernenden Spielens in den Fokus nehmen.
GEFÖRDERT VOM BUND
2014 konnte, gefördert durch Bundesmittel, ein zunächst auf zwei Jahre angelegtes Gamingprojekt gestartet werden. In der
Mediothek formierte sich ein Team von sieben Mitarbeitern, das die Projektkonzeption entwickelte. Dabei waren die GamingErfahrungen der Handelnden durchaus
heterogen. Als Zielgruppe wurden die in
der bisherigen Bibliotheksarbeit schwer erreichbaren 13- bis 18-Jährigen formuliert,
darunter vor allem finanziell und kulturell
Benachteiligte. Es sollten auch Eltern und
Pädagogen einbezogen werden. Verschiedene Eckpfeiler wurden generiert:
››Anschaffung von Hardware-Komponenten wie Spielekonsolen (Wii U, PS4,
XboxOne) und Zubehör mit einem ausgebauten Ausleihbestand an Konsolenspielen und passendem Mobiliar für die
Einrichtung einer flexiblen Gaming-Zone
››Veranstaltungen, die auch theoretisches
Hintergrundwissen zum Thema vermitteln
››vielfältige Spielangebote, die sich durch
eine pädagogische Begleitung vom
häuslichen Spielumfeld der Zielgruppe
abheben und somit ein Alleinstellungsmerkmal für die Mediothek als Spielort
schaffen.
Vor dem Projektstart gab es zwei Schulungen für die Mitarbeitenden der Mediothek
zum Thema Computer- und Konsolenspiele durch Daniel Heinz vom »Spieleratgeber
NRW«. Dabei wurde in die Theorie dieser
Spiele eingeführt und anschließend praktische Spielerfahrung gesammelt. Es wurden die Faszinationskraft und die Möglichkeiten von digitalen Spielen erläutert, aber
ebenso auf Gefahren und Bindungsfaktoren hingewiesen.
Als Auftaktveranstaltung für die Öffentlichkeit diente der »Play-It!«-Tag. An einem
Sonntag im September öffnete die Bibliothek außerplanmäßig und lud die Bevölkerung zum Spielen ein. Dank ehrenamtlich
tätiger Kooperationspartner existierte ein
großes Spielangebot: Neben Schachpartien
gab es ein Badmintonfeld und eine Präsentation verschiedener Tabletop-Spiele. Eine
Rollenspielvereinigung zeigte Einblicke in
ihr Genre. Hinzu kam das Angebot an neu
angeschafften Holz-, Brett- und Kartenspielen sowie die Spielekonsolen XboxOne,
PS4 und Wii U, auf denen Fußball-, Autorennspiele und Mario Kart liefen. Vor dem
108
Rund 1.200 Besucherinnen
und Besucher kamen zum
»Play-It!«-Tag. Bei Fußballspielen und Autorennen wurden
die Sieger digital ermittelt.
Gebäude fanden Outdoor-Spiele statt. Mit
knapp 1.200 Besuchern war der Tag ein erfolgreicher Projektstart. Für 2015 laufen
derzeit die Vorbereitungen für einen weiteren »Play-It!«-Tag.
Zum Thema »Risiken und Chancen von
Computer- und Konsolenspielen« wurden
bislang zwei Elternabende mit dem »Spieleratgeber NRW« angeboten. Eltern, aber
auch Kinder und angehende Pädagogen
erfuhren, welche Spiele sinnvoll sind und
was ihre Faszination ausmacht. Es wurden pädagogische Aspekte wie Spieldauer
und das Setzen von Grenzen erörtert. Neben dem Fachvortrag fand ein reger Austausch von Eltern und Jugendlichen statt –
auch über das Know-how von Jugendlichen
im Umgehen elterlicher Vorsorgestrategien.
Eine Fortsetzung dieser Abende ist geplant.
SPIELETESTER
Die Einrichtung regelmäßiger, betreuter
Gaming-Nachmittage als offenes Angebot
sollte Menschen aller Altersstufen zum gemeinsamen Spielen an Konsolen, mit Tablets oder Laptops sowie mit Brett-, Kartenoder Holzspielen einladen. Neben einem
freien Spielenachmittag an Konsolen wird
einmal im Monat ein Thema vorgegeben,
so dass möglichst viele Aspekte des Spielens und auch unterschiedliche Zielgruppen
berücksichtigt werden. Auch hierbei wird
nicht einfach das Material gestellt, sondern
den Spielern ein Spieleleiter mit pädagogischer Erfahrung zur Seite gestellt. Gefunden wurde hierfür eine Honorarkraft durch
Vermittlung des Krefelder Jugendamtes.
Etabliert ist seit Herbst 2014 der erste und
dritte Dienstagnachmittag des Monats als
»Gamingday«. Es hat sich mittlerweile ein
»harter Kern« von Nutzern gebildet − zu-
Brett- und Kartenspiele
wurden ausprobiert,
und sogar ein Badmintonfeld
war aufgebaut worden.
meist männliche Jugendliche. Die Ansprache von Mädchen erweist sich trotz gezielter Angebote als schwierig.
Um eine pädagogisch geleitete, fundierte
Beschäftigung mit Spielen hinsichtlich ihrer
gestalterischen Qualität, Spielbarkeit und
Eignung für bestimmte Altersstufen geht
es in der Gruppe der »Spieletester«. Seit
Dezember 2014 werden von einer festen
Gruppe von zehn Jugendlichen zwischen
12 und 15 Jahren nach Vorgaben des »Spieleratgeber NRW« zweimal im Monat Konsolenspiele getestet und bewertet. Die von
der Gruppe erstellte Rezension wird auf
den Webseiten des »Spieleratgeber NRW«
veröffentlicht. Die Plätze waren schnell
belegt, so dass eine Warteliste mit weiteren Interessenten angelegt werden musste. Schwierig gestaltete sich die Suche nach
einem geeigneten, leitenden Pädagogen.
Wünschenswert wäre eine deutlich größere Zahl an frei verfügbaren Medienpädagogen mit Kenntnissen im Bereich Gaming
und Affinität zu Konsolenspielen. Nach lan-
ger Suche konnte als Leiter der »Spieletester« ein Lehramtsstudent der Fächer Sport
und Physik mit entsprechenden Skills gewonnen werden.
gebot auch Mädchen. Zum Projekt gehörte
auch die Ausrichtung einer Veranstaltung
für Multiplikatoren (Bibliotheksmitarbeiter
und Pädagogen) in der Mediothek, die sich
im September 2015 anschloss.
ELTERN-LAN-PARTY
Auch wenn im kommenden Jahr für die
Mediothek die Förderung des Projektes
ausläuft, so ist die Fortführung einzelner
Bausteine wünschenswert und umsetzbar.
Der »Play It!«-Tag soll eine jährliche, feste Größe sein. Die begleiteten Spielangebote sollen möglichst fortbestehen oder sogar
mit neuen Kooperationspartnern ausgebaut
werden. Eine Verzahnung mit anderen Projekten aus dem Bereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) ist vorstellbar. In jedem Fall gilt, dass
in Krefeld die Implementierung des Gaming in die Bibliotheksarbeit ein lohnendes
Unternehmen ist, das neue Nutzerschichten eröffnet und den Blickwinkel auf unsere Bibliothek als einen vielfältig nutzbaren,
medialen Ort erweitert.
In Kooperation mit der Bundeszentrale für
politische Bildung und dem »Spieleratgeber NRW« bot die Mediothek eine ElternLAN-Party an, bei der Eltern praktische Erfahrungen mit den Spielwelten ihrer Kinder
sammeln konnten. Nach kurzer theoretischer Einführung wurden ein Auto-Rennspiel und ein Ego-Shooter zum Spielen angeboten. Nach der Spielphase gab es einen
Erfahrungsaustausch über das Erlebte.
Als mehrtägiges Sommerferienangebot
wurde 2015 mit dem ComputerProjekt
Köln e. V. ein Medienprojekt im Bereich Gaming angeboten. Dabei wurden mittels des
Spiels »Minecraft« die kreativen Ideen der
teilnehmenden 12- bis 16-Jährigen umgesetzt. Erfreulicherweise nutzten dieses An-
109
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DIE „SPIELUNKE“ − GAMING IN DER
STADTBIBLIOTHEK NEUSS
Das Spielen ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Lange bevor die
Menschen lesen und schreiben konnten,
spielten sie. Durch den Titel des gleichnamigen Buches von Johan Huizinga ist der Begriff »Homo
ludens« (1938/39) bekannt geworden.(1) Der
»Homo ludens« ist ein
Erklärungsmodell, wonach der Mensch seine
Fähigkeiten vor allem
über das Spiel entwickelt: Er entdeckt im
Spiel seine individuellen Eigenschaften
und wird über die
dabei
gemachten
Erfahrungen zu der
in ihm angelegten Persönlichkeit. Das Modell besagt: Der Mensch braucht das Spiel
als elementare Form der Sinn-Findung, er
lernt dadurch Grundkategorien menschlichen Verhaltens (u. a. Regeln akzeptieren,
Umgehen mit Sieg und Niederlage, Organisation, strategisches Denken, Geduld).
WARUM SPIELEN IN DER BIBLIOTHEK?
Die Bibliothek bietet die Möglichkeit, Menschen das Erlebnis »Spiel« nahezubringen.
Nach Zahlen des »Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware«
e.V.
(BIU)
spielen
rund 30 Millionen Deutsche mehrmals
pro
Monat Computer- und
Videospiele.
Das Interesse
ist also groß,
das Potenzial ebenso –
eine Chance
für die Bibliothek, ihre
Funktion als
»Freizeitort«
zu stärken. Die
Neusser Bibliothek gab ihrem
Gaming-Bereich
den Namen »Spielunke«.
WAS BIETET DIE STADTBIBLIOTHEK AN?
››Fest installierte Konsolen, um in der Bibliothek zu spielen: Die Playstation 4
und die XBoxOne sowie das entsprechende Zubehör wie Controller, Kopfhörer und Fernseher wurden gekauft.
Konsolen und Zubehör sind in abschließbaren Schränken untergebracht.
Wer spielen möchte, kommt zur Information, das gewünschte Spiel wird eingelegt, das Zubehör herausgegeben. Es
wird auf den Bibliotheksausweis des
Spielers verbucht und nach dem Spielen
zurückgebucht. Seit Beginn im Februar
2015 wurden die Controller der beiden
Konsolen rund 1.000 Mal ausgeliehen.
Die tatsächliche Anzahl der Spieler dürfte weit höher liegen, da die Controller
innerhalb einer Gruppe weitergegeben
werden. Während der Öffnungszeiten
dürfen nur Spiele gespielt werden, die
eine USK 0 oder USK 6 Kennzeichnung
haben. Neben den Jugendlichen, die an
den Konsolen spielen, finden sich immer
mehr junge Besucher in der »Spielunke«
ein, die lesen, sich treffen, auf eigenen
mobilen Geräten spielen oder sich einfach nur unterhalten.
››»Portables Gaming«: Neben den Konsolen wurden auch mobile Endgeräte
(Tablets) angeschafft. Sie wurden von
Mitarbeitern der Bibliothek mit Spielen
sowie mit Bilderbuch-Apps bestückt
und können zum Gebrauch in der Bibliothek ausgeliehen werden (»portables Gaming«).
››Um auch den »klassischen« Spielen
einen Raum zu geben, gestaltete eine
Neusser Künstlerin Spieltische mit Motiven von Brettspielen, die ebenfalls in
der Bibliothek genutzt werden können.
››Verleih von Konsolenspiele: Schon länger bietet die Stadtbibliothek PC- und
Foto oben: Müller-Jerina
EVA MÜLLER
Stadtbibliothek Neuss
Konsolenspiele an (Nintendo Wii und
Nintendo DS). Es folgten Konsolenspiele
für Nintendo 3DS, XBox 360, XBoxOne,
Wii U und Playstation 3 und 4. Im Rahmen des vom Land NRW geförderten
Gamingprojektes wurden circa 230 neue
Spiele gekauft. Bei der Auswahl der
Spiele orientieren wir uns an den Zahlen des Handels (u. a. BestsellerListen auf amazon.de, Spiele-Charts von
Gamestop).
››Veranstaltungen: Es werden verschiedene Veranstaltungen rund ums Thema Gaming angeboten. Einmal im Monat findet für Jugendliche ab 12 Jahren
ein Gaming-Club statt. Hier können die
Teilnehmer auch Spiele ab USK 12 spielen, sich austauschen und Spiele-Bewertungen schreiben. Für die Zukunft sind
weitere Aktivitäten geplant, wie beispielsweise die Entwicklung eines eigenen Spiels. Auch Eltern wurden eingeladen. Beim Workshop »Vorlesen mit
Apps« wurde ihnen gezeigt, was interaktive Bilderbücher auf Tablet-PCs bieten können. Dieses Veranstaltungsformat
wird auch von Kindertagesstätten in Anspruch genommen. Zusätzlich wurde die
Veranstaltung »Eltern-LAN« der Bundeszentrale für politische Bildung gebucht.
Darüber hinaus gab es »Väter-gegen-Kinder-Turniere«. Sie stieß auf sehr große
Resonanz. Für den Herbst 2015 sind zwei
Elternabende geplant, bei denen aktuelle Spiele ausprobiert werden können sowie ein Spiele-Marathon
mit Konsolen- und analoX
gen Spielen.
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LERNEN MIT GAMES
Ein besonderes Projekt im
Bereich Gaming gab es mit
der Realschule Südstadt in
Neuss. Hier ging es um die
medienübergreifende Vermittlung von Unterrichtsstoff durch Games, aber
auch durch Bücher und einen Film sowie die damit
verbundene »andere Art«
zu lernen. Zwei 9. Klassen
verbrachten jeweils einen
Tag in der Bibliothek und
beschäftigten sich mit den
Themen Erster Weltkrieg,
Gewalt und autoritäre Regime, Inhalt ihres
Geschichtsunterrichts. Nach einer Vorbesprechung mit den Lehrern machten wir
uns an die Auswahl von Spielen und Film.
Dabei war es uns wichtig, neben den digitalen Spielen auch Brettspiele anzubieten.
Wir entschieden uns für »Valiant Hearts«
für Konsolen und Tablets, »Paper´s please«
für den PC, die Brettspiele »Risiko« und
»Bürokratopoly« sowie den Film »Das Leben der Anderen« von Florian Henckel von
Donnersmarck.
Die Bücher hatten sich die Lehrer aus einer von der Bibliothek zusammengestellten Auswahl ausgesucht, um sie vor dem
Projekttag in der Klasse zu lesen. Aufgrund
der Kürze der Zeit waren es vor allem Graphic Novels oder jugendgerechte Sachbücher. Am Projekttag selber startete ein Teil
A
der Klasse mit dem Film,
während der andere
sich den Spielen widmete. Es wurde darauf
geachtet, dass jeder jedes Spiel zumindest »anB
spielte«. Nach der Mittagspause wurde gewechselt. Der
Tag kam bei Lehrern und Schülern
sehr gut an. Die Schüler waren aufmerksam und arbeiteten hervorragend mit. Bemerkenswert war, dass sie die Bi-bliothek
durch dieses Projekt völlig anders wahr-
111
Die Gestaltung der Spielbretter übernahm die
Neusser Künstlerin Claudia Ehrentraut.
nahmen als zuvor. Wie in Gesprächen deutlich wurde, galt die Bibliothek nun als
»cooler« Ort. Einen nachhaltigen Eindruck
hinterließen vor allem das Spiel »Bürokratopoly« sowie der Film. Bei der Abschlussrunde wurde deutlich, dass die Schüler ein
Gefühl für die historischen Ereignisse bekommen hatten. Einigen schien das Gesehene und Gespielte noch eine ganze Weile »nachzuhängen«. Aufgrund der positiven
Resonanz soll dieses Format auch im nächsten Schuljahr angeboten werden.
Gezeigt hat dieses Projekt, dass die Erlebnishaftigkeit des Spielens eine sehr gute Ergänzung zum rein kognitiven Erfassen von
(Unterrichts-)Stoff ist. Im Spiel wird der
Schüler aktiv, greift in das Geschehen ein,
spürt unmittelbare Konsequenzen seines
Tuns. So erfährt er einen direkteren Zugang
zum Thema und erlangt einen nachhaltigeren Lernerfolg.
ENDNOTE
1. Huizinga, Johan: Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur
im Spiel. Zuletzt Reinbek 2009
IM FOKUS /
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GAMING IN MÜNSTER − DAS SOZIALE
LERNEN FUNKTIONIERT!
Wie in den meisten Bibliotheken zeichnete sich auch in der
Stadtbücherei Münster bereits
zu Beginn dieses Jahrzehnts
ab, dass Ausleihen tendenziell
rückläufig sind, während die
Inanspruchnahme der Bibliothek als Aufenthaltsort zunimmt. Besonders eng war es in der Kinderbücherei, wo der Trend durch die
Konzentration der Familienbesuche auf den späten Nachmittag und
die Samstage noch verschärft wurde. Abhilfe wurde zunächst darin
gesehen, einen anderen Ort für die Jugendbücher und -medien zu
finden, die bisher ihren Platz in der Kinderbücherei hatten. Zu dem
Zeitpunkt nahm die Stadtbücherei Münster an dem NRW-Projekt
»Lernort Bibliothek« teil, im Rahmen dessen Christoph Deeg, Berater für Social Media, Gamification und digitale Strategien, intensiv
für Gaming in Bibliotheken warb. Eher zaghaft wurde daraufhin ein
Games-Angebot für die Ausleihe angeschafft.
ARNE GERAEDTS
MONIKA RASCHE
ULRIKE SCHÖNHERR
Stadtbücherei Münster
VON DER JUGENDECKE ZUM „JUWEL“
Im laufenden Prozess entwickelten die Planungen für den Jugendbereich jedoch eine ganz eigene Dynamik. Was zunächst als Jugendecke mit Büchern und Medien gedacht war, wurde zu einem
attraktiven und multimedialen Freizeitbereich für Heranwachsende
– der »Jungen Welt« oder kurz »JuWel«, einer eigenen Marke unter
dem Dach der Stadtbücherei. Eröffnung war im August 2014. Hier
ist auch das Gaming verortet; mit zwei Spiele-PCs an einem großen
Tisch und einem Gaming-Raum für Konsolenspiele. Zurzeit werden
an den PCs u. a. Hearthstone, Track Mania Canyon, Lego − The
Hobbit und Worms Clan Wars angeboten. Mit ihrem eigenen Account können Jugendliche außerdem Minecraft und League of Legends spielen. Für Konsolenspiele sind die XboxOne bzw. Wii U und
PS4 an zwei Großbildschirmen im Einsatz.
Für die Nutzung der PCs und des Gaming-Raums wurden von Anfang an klare Regeln aufgestellt. Zugelassen werden Jugendliche ab
zwölf Jahren, weil hier in erster Linie Spiele angeboten werden, die
eine entsprechende Altersfreigabe der USK (Unterhaltungssoftware
Selbstkontrolle) haben. Wer spielen möchte, muss im Besitz eines
gültigen Büchereiausweises sein. Die Anmeldung an den Spiele-PCs
läuft über das Programm »netloan«, die Controller werden an der
Auskunftstheke ausgeben, als Pfand wird der Büchereiausweis einbehalten. Die Spieldauer ist auf eine Stunde begrenzt.
Um dem gesellschaftlichen Auftrag der Stadtbücherei Rechnung zu
tragen, sollte das »JuWel« mehr sein als ein Ort, an dem man Computer spielen kann. Hier soll Medienkompetenz vermittelt und Partizipation ermöglicht werden. Es soll ein Raum für Begegnungen
sein, an dem man gemeinsam Erfahrungen sammeln kann – beim
Spielen, aber auch im Umgang miteinander.
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gischen Ansatz zu verfolgen. Vielmehr sollen die Heranwachsenden durch Stärkung ihrer Fähigkeiten in die Lage versetzt werden,
eigenverantwortlich mit Gaming umzugehen. Computer- und Konsolenspiele werden als Kulturgut betrachtet und nicht verteufelt. In
diesem Sinne wurden Argumentationshilfen für das Bibliotheksteam entwickelt, falls Eltern, Pädagogen oder auch politische Vertreter Gaming als Aufgabe der Stadtbücherei in Frage stellen.
Im täglichen Ablauf ist der Medienpädagoge regelmäßig nach
Dienstplan und darüber hinaus im »JuWel« anwesend. Er baut eine
Beziehung zu den Jugendlichen auf, indem er mit ihnen spielt oder
einfach ins Gespräch kommt. Dabei geht es nicht nur um Spielinhalte. Auch auffälliges Verhalten wird thematisiert, so z. B. exzessives
Spielen oder der Verdacht, die Schule zu schwänzen.
MEDIENPÄDAGOGE MIT HALBER STELLE
Es war ein hehres Ziel für Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die
ihren Beruf in den wenigsten Fällen mit dem Ziel ergriffen haben,
mit Jugendlichen pädagogisch zu arbeiten, und deren Herz eher für
das Buch schlägt. Es war ein Glücksfall, dass zu dem Zeitpunkt eine
halbe Stelle vakant war und sich so die Möglichkeit eröffnete, einen
Medienpädagogen einzustellen. Bei der Auswahl wurde Wert auf
eine Person gelegt, die bereits erfolgreich mit Jugendlichen zusammen gearbeitet hatte. Erfahrungen
mit Gaming wurden nicht vorausgesetzt, da diese bei den Jugendlichen in der Regel vorhanden sind.
Von Anfang an nahm der Stelleninhaber verschiedene Rollen wahr:
Zunächst einmal ist er als Medienpädagoge jemand, der sich professionell mit den Themen Erziehung,
Bildung und Medien auseinandersetzt. Sein Ziel ist es, sowohl Bezugsperson für die Jugendlichen
zu sein als auch ihr »Anwalt«. Er
hat ein offenes Ohr für die Wünsche, Geschichten und Probleme
und setzt sich andererseits auch
für ihre Belange ein, indem er ihre
Kultur vermittelt und auch verteidigt. Und natürlich ist er für die Bibliotheksmitarbeiterinnen, die ebenfalls im »JuWel« tätig sind, ein
wichtiger Kollege, mit dem sie sich austauschen sowie die gemeinsame Arbeit gleichermaßen reflektieren und voranbringen können.
So wurde ein medienpädagogisches Konzept für das »JuWel« entwickelt. Es geht vom Ansatz der Lebensweltorientierung aus, d. h.
die Jugendlichen werden akzeptiert, ihre Interessen und Vorlieben
ernst genommen. Es wird weniger versucht, einen bewahrpädago-
112
gezielte Werbung wichtig war, d. h. Jugendliche ansprechen, auch
versuchen, sie über ihre Eltern zu erreichen. Hilfreich war die Vernetzung des Medienpädagogen in der Stadt, so dass zusätzlich über
Schulen und Jugendeinrichtungen geworben werden konnte.
DOMÄNE DER JUNGEN
Außerdem organisiert er Veranstaltungen im »JuWel« mit Schwerpunkt Gaming. Turniere wie Fifa 15, Mario Kart 8 und Minecraft
sind in der Regel Selbstläufer. Zu Beginn eines jeden Turniers werden die Jugendlichen aufgefordert, sich auf Regeln zu einigen, sie
gemeinsam aufzuschreiben und mit ihrer Unterschrift anzuerkennen. So geht es nicht nur um spielerische Fähigkeiten, sondern vor
allem um soziales Lernen. Diese Turniere sind in der Regel eine Domäne der Jungen.
Gelegentlich wird ein »Girls’
Gaming«-Nachmittag angeboten. Eine starke Nachfrage ist
hier jedoch noch nicht zu verzeichnen, was nicht nur darin seinen Grund hat, dass
die Jungen den Bereich erobert haben, sondern auch darin, dass Mädchen in dem Alter wenig an Wettbewerben
zum »Kräftemessen« interessiert sind.
Beide Geschlechter sind demgegenüber bei Veranstaltungen
vertreten, die auf den kreativen Prozess abzielen, wie MachinimaWorkshops, Kodu- und Let’s-Play-Veranstaltungen. Hier entwickeln
die Heranwachsenden selbst Spiele oder setzen sich kreativ damit
auseinander. Diese Veranstaltungen werden von der Initiative Creative Gaming durchgeführt und finden im Lernstudio der Stadtbücherei statt. Den Teilnehmenden macht es sehr viel Spaß, wobei
Jungensache: Fifa-Turnier im Gaming-Raum und Minecraft-Turnier
(Foto oben) ziehen sogar die Zuschauer in ihren Bann.
Ein Jahr lang wurden bisher Erfahrungen mit dem »Gaming« gesammelt. Am Anfang wurde erfolglos versucht, die Zielgruppe über
Facebook zu Veranstaltungen einzuladen. Jugendliche sind nicht
mehr bei Facebook, sie bevorzugen mittlerweile WhatsApp für die
Kommunikation. Aus diesem Grund hat das »JuWel« eine eigene
WhatsApp-Nummer und nutzt diese für die Kommunikation mit
den Jugendlichen und um sie auf Veranstaltungen aufmerksam zu
machen. Außerdem ist die Anmeldung für Workshops etc. über diese Nummer möglich und wird nicht nur von Jugendlichen, sondern
auch von Eltern rege genutzt.
FAZIT
Der Einsatz des Medienpädagogen lohnt sich! Es ist ihm gelungen,
eine Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen, was man daran
erkennen kann, dass er für sie »der Arne« ist, den sie schmerzlich
vermissen, wenn er Urlaub hat.
Das soziale Lernen funktioniert. Befördert wird dies dadurch, dass
die Spiele im Gaming-Raum im Mehrspielermodus angeboten werden. Immer wieder ist zu beobachten, dass Jugendliche sich hier
kennenlernen und beim gemeinsamen Spiel Freundschaften auch
über Grenzen hinweg schließen. Im »JuWel« spielt der Hauptschüler mit dem Gymnasiasten, Hautfarbe, Herkunft und Religion spielen keine Rolle. Man hilft einander und gibt gern seine Kenntnisse
weiter bis dahin, dass zwei Jungen auf freiwilliger Basis Turniere für
Gleichaltrige organisieren.
Gaming in der Stadtbücherei Münster ist ein Beziehungsangebot
für junge Menschen. Dabei geht es neben der methodisch durchdachten Vermittlung lebensrelevanter Inhalte auch um anregende
Begegnung, Austausch und gemeinsames Lernen an einem einladenden Ort.
113
IM FOKUS /
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mit konkreten Orten
verknüpfen und so
selbst ein Lernangebot schaffen, das auch
für Dritte nutzbar ist.
Darüber hinaus soll
sie zukünftig im Unterricht verschiedener
Fächer und an außerschulischen
Lernorten der Initiative Bildungspartner
NRW
zum Einsatz kommen: Zu Fragestellungen aus Fächern wie
z. B. Geschichte, Biologie, Geografie und
„BIPARCOURS” − PER APP DIE
BIBLIOTHEK ERKUNDEN
TOBIAS DÜTTMANN
Bildungspartner NRW
Die App »Biparcours« der Initiative Bildungspartner NRW ermöglicht die Erstellung multimedialer Themenrouten für Smartphones
und Tablets. Bibliotheksrallyes und Stadtrundgänge lassen sich auf
einfache Weise anlegen. In den Stadtbüchereien Mülheim und Warendorf ist die App bereits im Einsatz.
MÖGLICHKEITEN DES SMARTPHONES WERDEN GENUTZT
»Bei unseren Kooperationen mit Schulen möchten wir Informations- und Recherchekompetenz vermitteln. Daher suchen wir stets
nach Angeboten, bei denen die Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden können. Dass sie Smartphones und Tablets zum Lernen
nutzen können, holt die Kinder und Jugendlichen in ihrer Lebenswelt ab und motiviert sie zusätzlich«, freut sich Bibliothekarin Birgit Lücke von der Stadtbücherei Warendorf.
»Zu den gefundenen Lösungen sofort Rückmeldung zu erhalten,
sowohl inhaltlich als auch in Form von Punkten, motiviert durch
den ganzen Parcours hindurch«, erläutert Vera Tscheschlok von der
Stadtbibliothek Mülheim die Vorteile dieser optionalen Quizelemente. In Mülheim kommt die App bei der Bibliotheksrallye zum
Einsatz, die sich gerade an junge Nutzer wendet. Um die Aufgaben zu lösen, müssen sie an verschiedenen Stationen in Büchern,
CDs und Filmen stöbern, so dass sie das ganze Angebot der Bibliothek kennenlernen. Anders als bei der alten Rallyevariante mit Papier und Stift können Hörbuchausschnitte und Videos direkt integriert werden, weshalb kein Bibliothekspersonal bei der Bedienung
der Audio- und Videoplayer behilflich sein muss. »Die Kinder gehen
schon allein dadurch motiviert an die Sache heran, dass sie mit Medien arbeiten, die ihnen aus der eigenen Lebenswelt bekannt sind«,
ist die Mülheimer Bibliothekarin überzeugt.
INTERAKTIVES LERNWERKZEUG FÜR ALLE ALTERSKLASSEN
Die Stärken von Smartphone & Co. lassen sich bei einem Stadtrundgang voll ausspielen. Bilder, Texte und sogar Videos können punktgenau für bestimmte Orte zur Verfügung gestellt werden, dank
Die Einsatzmöglichkeiten der »Biparcours«-App sind sehr vielfältig – innerhalb und außerhalb der Räumlichkeiten einer Bibliothek. Schüler können Rechercheergebnisse aus einer Bibliothek
114
Fotos: Helene Claußen, Laura Bohn (Autorenbild)
GPS-Navigation fällt sogar die Orientierung an unbekannten Orten
leicht. Zusätzlich können Nutzern Aufgaben gestellt werden, die es
an bestimmten Wegpunkten zu lösen gilt: vom Finden bestimmter
Punkte, der Beantwortung von Quizfragen bis hin zum Aufnehmen
eigener Fotos und Videos.
vielen
weiteren
lassen sich mit
ihr leicht aktivierende
Lernangebote erstellen.
Vom Rundgang
zur Geschichte
bestimmter Orte
über die Gestaltung von Naturrouten zu ökologischen
Themen bis hin zum
Rechtsschreibquiz sind die
Einsatzmöglichkeiten der App
sehr vielfältig. In außerschulischen
Lernorten wie Museen, Gedenkstätten, Archiven und natürlich Bibliotheken kann sie das bestehende didaktisch-mediale Angebot ergänzen.
Bei Kooperationen zwischen Bibliotheken und Schulen lässt sich die
App auf vielfältige Weise nutzen: Ein Parcours, der über Recherchemöglichkeiten bei der Erstellung einer Facharbeit nach wissenschaftlichen Standards informiert, ist z. B. in Zusammenarbeit mit
den Warendorfer Gymnasien in Planung. Die eingebaute Quizfunktion wird dabei genutzt, um die Schüler für die Thematik des richtigen Zitierens zu sensibilisieren. »Wir als Bibliothek können hier
nicht nur als Rechercheort, sondern auch als kompetenter Unter-
stützer und Dienstleister auftreten«, so Lücke.
Für Grundschulkinder gestaltet die Bibliothekarin gerade einen Bildungsparcours, der unter dem Titel »Bücherrausch« einen Blick
hinter die Kulissen der Bücherei erlaubt. Dabei soll ein Buch exemplarisch über dessen Anschaffung, Katalogisierung, Ausleihe,
Rückgabe und Reparatur begleitet werden. Auch wird erläutert, wie
das Mahnsystem funktioniert, wenn der Ausleihende die Rückgabe
vergessen hat. Stationen dieses Bildungsparcours sind die Räume
der Bibliothek und auch der örtliche Buchladen. »So kann ich auch
endlich die Frage beantworten, was Bibliothekare den ganzen Tag
über so machen«, schmunzelt Birgit Lücke.
EIGENE BILDUNGSPARCOURS GESTALTEN
Grundschullehrer Andreas Röhl, der schon in der Testphase mit der
App arbeitete, schätzt die Möglichkeiten, die das Lernen mit dem
Tablet bietet. »In so einem Bildungsparcours lassen sich die Inhalte und Fragestellungen vieler Fächer miteinander verknüpfen. Die
Schüler lieben es, das Klassenzimmer zu verlassen und vor Ort tätig zu werden.« Zudem fördere die Zusammenarbeit mehrerer
Kinder am Tablet-PC den Kooperationsgeist. Die Überprüfung der Antworten und Ergebnisse ist dabei für Lehrende ebenfalls möglich. Am besten gefällt dem Pädagogen
aber, dass die Schüler nicht nur bestehende Parcours
nutzen, sondern auch selbst eigene erstellen können.
Sie lernten so zu recherchieren und erlangten Medienkompetenz, indem sie eigenständig ein multimediales Lernangebot schafften. »Oft sind die jungen
Leute so stolz auf den selbstgestalteten Bildungsparcours, dass sie ihn auch Freunden, Eltern und
Verwandten zeigen.«
Dass privat vorhandene Smartphones benutzt werden
können, minimiert die Kosten für die Bildungseinrichtungen. Die App kann im Google Play Store (Android) und im
Apple App Store (iOS) kostenlos heruntergeladen werden. Eine
Informations- und Schulungsveranstaltung für Interessierte findet
am 28. Oktober 2015 im LVR-Zentrum für Medien und Bildung in
Düsseldorf statt. Alle Informationen zur App und dieser Veranstaltung finden sich auf www.bildungspartner.nrw.de.
Schülerinnen und Schüler motiviert die Arbeit mit der neuen
»Biparcours«-App.
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GAMIFIED TEACHING LIBRARY –
SPIELERISCH LERNEN IN DER
BIBLIOTHEK
Games können noch viel mehr, als nur zu unterhalten, zum Beispiel
in Form von digitalen Lernspielen, sogenannten »Serious Games«
oder als »News Games«, das sind Spiele mit journalistischem Inhalt. Auch Kunst in Videospielen wird immer häufiger gewürdigt.
(2)
Gaming ist also ein durchaus ernstzunehmendes Thema, das gerade bei 13-/14-jährigen Jungen einen sehr hohen Stellenwert hat.
Deshalb wollten wir es in unsere Veranstaltung einbeziehen. Außerdem wollten wir die Jugendlichen so zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit unseren Inhalten bewegen.
Es ist ein Donnerstagvormittag im April 2015.
Acht Jungen im Alter zwischen 13 und 14 Jahren
haben sich beim Boys’ Day
entschieden, den Beruf
des Bibliothekars kennenzulernen. Der Boys’ Day
ist ein bundesweites Event, das Schülern die Möglichkeit bietet, in
Tätigkeitsfelder hineinzuschnuppern, an die Jungen bei ihrer Berufswahl häufig nicht denken.
Was sie in der Bibliothek wohl erwartet haben? Ein ungewöhnliches
Projekt vielleicht? Oder doch »ganz normalen« Unterricht? Wir, die
Betreuer dieser Bibliotheksveranstaltung, wissen das
natürlich nicht. Tatsächlich haben wir »normalen« Unterricht vorbereitet. Im Sinne der »Teaching Library«
haben wir Lerninhalte und -ziele festgelegt, Methoden
und Medien ausgewählt und den Ablauf der Veranstaltung geplant.(1)
GAMING IN BIBLIOTHEKEN
Ein Thema, bei dem die einen ins Schwärmen geraten, während
bei anderen die Alarmglocken schrillen. In den vergangenen Jahren gab es viele Diskussionen über den Sinn und Unsinn, über den
Nutzen und Schaden, den Videospiele angeblich mit sich bringen.
Natürlich ist es vernünftig, sich weiterhin konstruktiv kritisch mit
Games auseinanderzusetzen. Aber ganz gleich, wie man ihnen gegenüber eingestellt sein mag, eines lässt sich festhalten: Games sind
heute für viele genauso wichtig wie Bücher, Filme oder andere Medien. Und das trifft bei weitem nicht nur auf junge Menschen zu.
Videospiele sind für sie eine selbstverständliche Kulturform. Das
zeigen alleine schon die Umsatzzahlen der Games-Industrie oder
die jährlich wachsenden Besucherzahlen der Gamescom. Und
GAMIFICATION
Was ist mit Gamification gemeint? Ein Beispiel: Man nehme eine gewöhnliche Verkehrsüberwachungsanlage, also eine Radarfalle, und
mache daraus eine »Speed Camera Lottery«. Jeder, der sich an das
Geschwindigkeitslimit hält, nimmt an der Lotterie teil. Der Preis:
die Bußgelder der Verkehrssünder. Diese Idee wurde im Rahmen
eines Wettbewerbs in Stockholm 2010 umgesetzt.(4) Eine herkömmliche Situation, die an
sich nicht viel mit Spielen zu tun hat, wurde
»spielifiziert«.
Foto: Behnke
Daneben wollten wir aber auch die Gelegenheit nutzen, etwas in die Veranstaltung miteinzubeziehen, das
zumindest für uns etwas ungewöhnlich war. Deshalb
wählten wir ein Thema, das die verschiedenen Inhalte
einrahmen sollte und das unseren Teilnehmern in ihrem Schulunterricht bis dahin wahrscheinlich nicht so
häufig begegnet war, in ihrem sonstigen Lebensalltag
dafür umso häufiger: Videospiele!
Passen gut zusammen: Gaming und die Teaching Library
116
VON PUNKTEN, BADGES UND LEADERBOARDS
Zu den mit am meisten verwendeten Spielelementen gehören wohl
Punkte, Badges und Leaderboards. Punkte werden vergeben, wenn
Natürlich ist es nicht damit getan, Videospiele nur als »Lockmittel«
man eine bestimmte Tätigkeit ausgeführt hat, zum Beispiel den Abeinzusetzen, um auf andere Inhalte aufmerksam zu machen. Wer
wasch im Haushalt. Badges – das sind Auszeichnungen in Form von
das versucht, wird unter Umständen schnell
Abzeichen – sind eine weitere Form, die dem
entlarvt. Es ist hilfreich, wenn man selbst spielt
Spieler und den Mitspielern zeigen, dass etNatürlich
ist
es
nicht
damit
und sich ernsthaft mit Games auseinandersetzt.
was erreicht wurde, etwa wenn man eine
Das lohnt sich schon allein deshalb, weil VideoTätigkeit besonders oft ausgeführt hat. Leagetan, Videospiele nur als
spiele als eigenständige Kunst- und Kulturform
derboards mit Highscores – das sind Rang»Lockmittel« einzusetzen. listen mit den besten Punktzahlen – sind
das Bibliotheksangebot auf vielfältige Weise bereichern können. Christoph Deeg hat in seinem
ebenfalls beliebt. So erhält man ein FeedBuch »Gaming und Bibliotheken« hierzu viele Möglichkeiten und
back zur eigenen Leistung, man fühlt sich bestätigt oder man ist
Anregungen zusammengetragen.(3) Außerdem bietet sein Buch ei- motiviert, es erneut zu versuchen.
nen hervorragenden Einstieg in das Thema.
Punkte, Badges und Ranglisten sind aber bei weitem nicht die einziZurück zu unserer Veranstaltung. Wir hatten also zum einen Video- gen Elemente, mit denen man Inhalte gamifizieren kann. Da wären
spiele als Rahmenthema gewählt. Doch das war uns nicht genug, zum Beispiel auch dramatische Elemente, wie eine packende Story.
denn wir wollten Videospiele auch methodisch in unserer Veranstal- Diese kann dann wiederum aus einzelnen Quests (Abenteuern, Aufträgen) bestehen, in denen die Spieler mit Avataren, ihren Spielfitung nutzen, also »spielerisches Lernen« ermöglichen. Wir wollten
guren, nach und nach unterschiedliche Herausforderungen meisunsere Veranstaltung »gamifizieren«.
tern. Das gesamte Spiel beziehungsweise die gesamte Aufgabe kann
so in überschaubaren Teilen gespielt werden.
Videospiele gehören heutzutage für viele Menschen einfach dazu. Meistens dienen sie der Unterhaltung, aber immer öfter tauchen sie auch in anderen Zusammenhängen auf, zum Beispiel als
Fitness-Games, als Lernspiele oder sogar in Kunstausstellungen. Außerdem gibt es immer mehr
Ansätze, die versuchen, Videospiel-Elemente in andere Kontexte einzubeziehen. Wir zeigen dies am
Beispiel einer Informationsveranstaltung der Hochschul- und Kreisbibliothek Bonn-Rhein-Sieg.
DANIEL BEHNKE
Hochschul- und
Kreisbibliothek
Bonn-Rhein-Sieg
Denn mit Gamification wird versucht, Tätigkeiten und Inhalte einnehmender und spannender zu gestalten. Es geht dabei vorwiegend
darum, Menschen für etwas zu motivieren. Und wie bei der »Speed
Camera Lottery« wird häufig angestrebt, dass die Spieler ein bestimmtes Verhalten zeigen oder ihr Verhalten ändern.
Der Begriff Gamification steht allgemein für
die unterschiedlichsten Ansätze, bei denen
Spielelemente in spielfremden Kontexten Anwendung finden. So wie im Beispiel mit der
»Speed Camera Lottery«. Elemente wie Spieler,
Spielregeln und die Möglichkeit zu gewinnen
kommen hier zum Einsatz. All das soll zu einem spielähnlichen Erlebnis führen und vor allem eines bewirken: Es soll Spaß machen!
Durch diese und viele weitere Spielelemente kann dann letztlich
aus langweiliger Hausarbeit ein episches Abenteuer werden, bei
dem man fürs Staubsaugen Punkte erhält, seinen Avatar »hochleveled« und sich so mit seinen Mitspielern misst.(5) Und nicht nur
im Privatleben oder in der Freizeit, auch in der Arbeitswelt hat Gamification bereits Einzug gehalten. Letztlich
lassen sich sehr viele verschiedene Aufgaben
und Inhalte gamifizieren. Allerdings gibt es dabei auch Grenzen.
HERAUSFORDERUNGEN UND GRENZEN
Badges müssen nicht immer ernsthaft
daherkommen.
117
Nicht immer ist Gamification von Erfolg gekrönt. Bisweilen kommt auch Kritik auf. Denn
gerade das Wettbewerbselement, das in Spielen
selbstverständlich ist, kann in anderen Kontexten problematisch werden. Es gibt Szenarien,
bei denen Arbeitnehmer auf großen Bildschirmen über ihre aktuelle Arbeitsleistung infor-
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Eine wichtige Voraussetzung war zudem, dass die Rahmenbedingungen passten. Die Zielgruppe konnte mit der spielerischen Methode etwas anfangen. Ungleich schwerer wäre es gewesen, wenn
unsere Teilnehmer kein grundlegendes Spielverständnis mitgebracht hätten. Außerdem konnten wir auf LEA zurückgreifen, die
Lern- und Arbeitsplattform der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die
von unserer Bibliothek betreut wird. Basierend auf dem Lernmanagement-System ILIAS können dort Kurse eingerichtet, betreut und
mit einer Vielzahl an E-Learning-Tools durchgeführt werden.
Quests, Badges, Level, Punkte und
sonstige Spielelemente kann man über
eine Lernplattform einbinden.
FALLBEISPIEL: BOYS’ DAY 2015
Zurück zum Boys’ Day: Die Schüler haben inzwischen einiges über
die Aufgaben eines Bibliothekars erfahren, die Bibliothek erkundet
und den Umgang mit dem Katalog geübt. Nach einer kurzen Pause sollen sie nun eine Ausstellung zum Thema Videospiele erstellen.
Damit beginnt der gamifizierte Teil der Veranstaltung. Das kündigen wir nicht groß an, stattdessen präsentieren wir die Quests. In
Teams sollen die Jungen Medien recherchieren, die Titel aus dem
Bestand der Bibliothek herbeischaffen und die Ausstellung aufbauen. Die Quests finden sie auch auf der E-Learning-Plattform, den aktuellen Punktestand, die Level und Badges ebenso.
miert werden. Wer die Erwartungen des Managements erfüllt, der
findet seinen Namen grün hervorgehoben. Wer zurückfällt, leuchtet
hingegen rot auf. In einem Fall in den USA sprachen Journalisten
diesbezüglich sogar von einer »elektronischen Peitsche«.
Auch die Tatsache, dass Spielen an sich eine freiwillige Aktivität ist,
wird immer wieder angemerkt. Bei gamifizierten Angeboten, bei
denen man mitmachen muss, kann das zum Problem werden. Genauso problematisch ist es, wenn Gamification nicht nur zur Motivation, sondern mit manipulativen Absichten eingesetzt wird. Und
es kommen immer wieder Bedenken hinsichtlich des Umgangs mit
gesammelten persönlichen Daten auf.
GAME(FUL) DESIGN
Die Jungen sind sehr konzentriert bei der Arbeit. Wir Betreuer helfen hin und wieder bei Fragen. Wir sind überrascht, wie effektiv die
Schüler arbeiten und wie zielgerichtet sie ihre Fragen stellen. Nach
circa einer Stunde sind die Quests abgeschlossen. Alle Teams haben
das dritte von fünf möglichen Level erreicht. Die Ausstellung steht.
Es kommt also nicht nur auf die Absichten an, mit denen etwas gamifiziert wird, sondern auch auf die Qualität des »Game(ful) Design«. Das spielerische Angebot sollte durchdacht gestaltet sein, damit es funktioniert. Wie erwähnt, eine bloße Anhäufung einfacher
Spielelemente wie Punkte, Badges und Ranglisten reicht in den wenigsten Fällen für ein gelungenes Ergebnis.
BOYS’ DAY RELOADED
Als der Boys’ Day sich dem Ende neigt, füllen die Teilnehmer noch
einen Evaluationsbogen aus, anschließend verabschieden sie sich.
Wir sind mit der Veranstaltung zufrieden: Die Ausstellung ist mit
zahlreichen Medien bestückt, die Teilnehmer haben gut mitgearbeitet und beim abschließenden Meinungsbild größtenteils bekundet,
dass es sich für sie gelohnt habe. Positiv fielen auch die Evaluationsergebnisse aus: Die Jungen waren durchweg sehr zufrieden. Ob
dies nun an dem gamifizierten Teil unserer Veranstaltung lag, wissen wir nicht genau. Aber das ist uns fürs Erste auch nicht so wichtig. Die Veranstaltung war erfolgreich, und wir sind motiviert. Motiviert, den »Boys’ Day Reloaded« vorzubereiten. Etwas ausgiebiger
gamifiziert, vielleicht ja sogar mit einer Story und Avataren.
GAMIFICATION IN BIBLIOTHEKEN
Für uns hat sich die Mühe gelohnt, Gamification in einer Schulungsveranstaltung auszuprobieren. Und es gibt noch viele andere Einsatzmöglichkeiten. In Wissenschaftlichen Bibliotheken kann man
die Lehrenden mit Materialien zum Thema unterstützen. In Öffentlichen Bibliotheken können andere Angebote gamifiziert werden, Veranstaltungen zur Leseförderung etwa. Und wer möchte,
der kann sich an den gamifizierten OPAC wagen, zu dem Christoph
Deeg in seinem Buch Überlegungen anstellt. Gamification kann
also auf unterschiedlichste Weise in Bibliotheken zum Einsatz kommen. Etwas Fantasie und der Wille, Gameful Design auszuprobieren, das sind die notwendigen Voraussetzungen. Und wer sich damit schwertun sollte, für den ist es vielleicht mal wieder an der Zeit,
ein gutes Game zu spielen.
Dennoch braucht man sich auch nicht zu schnell abschrecken zu
lassen. Erste Versuche können auch mit den vermeintlich einfachen
Spielelementen angegangen werden, sofern man ein stimmiges
Konzept hat. Die gesammelten Erfahrungen sind dann bei weiteren
Gamification-Projekten hilfreich.
ENDNOTEN
1. Einen guten Einblick bietet: Sühl-Strohmenger, Wilfried: Teaching Library. Förderung von
Genauso problematisch ist es, wenn
Gamification nicht nur zur Motivation,
sondern mit manipulativen Absichten
eingesetzt wird.
Ohnehin ist es für Gamer normal, Fehler zu machen. In Spielen ist
dies mitunter sogar hilfreich, da man so herausfinden kann, wie
man die Herausforderungen im Spiel meistert. Für unser Projekt
sollte sich diese Einstellung auszahlen.
Informationskompetenz durch Hochschulbibliotheken. München 2012
2. Zum Beispiel bei der Ausstellung „The Art of Video Games“ im Smithsonian American Art
Museum
3. Deeg, Christoph: Gaming und Bibliotheken. Berlin 2014, www.degruyter.com/viewbooktoc/
product/205480
4. Dieses und weitere Beispiele sind auf www.thefuntheory.com zu finden.
5. Ein Beispiel dafür ist www.chorewars.com
Mit der Informationsveranstaltung zum Boys’ Day wollten wir ein
einfaches Lernsetting gamifizieren. In einer Lernsituation macht
Gamification insbesondere deshalb Sinn, weil es leichter ist, Lerninhalte erfolgreich zu verarbeiten, wenn man motiviert ist.(6) Viele
hilfreiche Hinweise zur Gamifizierung unserer Veranstaltung fanden wir bei Karl M. Kapp und Lee Sheldon.(7)
6. Weitere Zusammenhänge zwischen Videospielen und Lernen beschreibt Gee, James Paul:
118
What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy. Revised and Updated
Edition. New York u. a. 2007
Fotos Behnke
Ein letzter Kritikpunkt, der gelegentlich angebracht wird, soll hier
noch erwähnt werden. Denn er bezieht sich auf die Art und Anzahl
der eingesetzten Spielelemente. Wenn man zum Beispiel nur die besagten Punkte, Badges und Ranglisten einsetzt, dann führt dies allein nicht unbedingt zu einem großartigen Spielerlebnis.
GAMIFIED TEACHING
7. Kapp, Karl M.: The Gamification of Learning and Instruction. Game-based Methods and Stra-
Wissenschaftliche Bibliotheken können zum Beispiel Literatur,
Schulungen und Beratung zu Gamification anbieten.
tegies for Training and Education. San Francisco 2012; Sheldon, Lee: The Multiplayer Classroom. Designing Coursework as a Game. Boston 2011
119
VERBAND /
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›› VBNW-MITGLIEDERVERSAMMLUNG 2015
KOLLEGIALES TREFFEN MIT
ANGEREGTEN GESPRÄCHEN UND
SPANNENDER BIBLIOTHEKSFÜHRUNG
BERICHT DES VORSITZENDEN HARALD PILZER (ÖBS)
Der Berichtszeitraum ist eher kurz. Zwischen der letzten MV Mitte Dezember
2014 in Hamm und der jetzigen liegen gerade einmal acht Monate. Eine Formalie ist zu ergänzen. Die geänderte Satzung
– Einführung der Doppelspitze – ist vom
Amtsgericht Köln als zuständigem Registergericht beanstandungsfrei akzeptiert worden. Damit hat der Beschluss der
MV vom 11. Dezember 2014 auch seinen formal korrekten Abschluss erfahren.
Der neue Präsident des vbnw ist der alte: Ohne Gegenstimmen wählte die Mitgliederversammlung
(MV) Andreas Bialas, Mitglied des NRW-Landtags für die SPD-Fraktion, für weiter drei Jahre zum
Präsidenten. Rund 60 Mitglieder hatten sich am 19. August 2015 in der O.A.S.E., Teilbibliothek
Medizin der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, anlässlich der MV zusammengefunden.
Im Anschluss an die Vorträge der Vorsitzenden sowie die Entlastung von Kassenwart und Vorstand
begleitete Ulrike Brunenberg-Piel, Leiterin der Stabsstelle Gebäudemanagement der
ULB, die Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf einer hochinteressanten FühBeteiligung bei den
rung durch diese neue Bibliothek.(1) Erfreulich groß war die
nachmittäglichen Workshops zum Thema »Info-Kompetenz
reloaded«.(2)
120
Foto: sla
Die Vorsitzenden Harald Pilzer (links) und Uwe Stadler
››Eines der zentralen Themen der Landeskulturpolitik, das Kulturfördergesetz
(KFG), hat den Vorstand bereits in der
letzten Vorstandsperiode bis Ende 2014
beschäftigt und nun auch in 2015. Zur
Erinnerung: Im Mai 2014 wurde der Referentenentwurf zum Gesetz vorgelegt,
zu dem der vbnw schriftlich Stellung bezog. Im Oktober 2014 fand eine umfangreiche Anhörung im Landtag statt. Das
Plenum des Landtages verabschiedete das KFG am 17. Dezember 2014. Im
Frühjahr 2015 fanden in den fünf Regierungsbezirken auf Veranlassung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Kultur
und Sport (MFKJKS) Regionalkonferenzen statt, an denen sich die Vorstandsmitglieder beteiligten.(3) Dabei ging es
vor allem um die Vorstellung der Instrumente des KFG: Kulturförderplan, Fördervereinbarungen und Landeskulturbericht.
››Die »Nacht der Bibliotheken« (NdB), die
sechste am 6. März 2015, stand unter
der Schirmherrschaft der Kulturministerin des Landes Ute Schäfer. Das Motto
»eMotion – Bibliotheken bewegen!« war
nicht nur Anlass zu unterschiedlichsten
Events der Bibliotheken vom Crossboccia-Spiel zwischen den Regalen bis hin
zu Break Dance und Online Games, sondern zog auch rund 50.000 Besucherinnen und Besucher in die 200 teilnehmenden Bibliotheken. Der anlässlich der
NdB produzierte Imagefilm ist auf Youtube zu sehen. Bemerkenswert auch
das breite Presseecho vor und nach der
»Nacht«. So warb die Deutsche Bahn
AG in ihrem Kundenmagazin TAKT, das
in einer Auflage von 70.000 Stück erscheint.
››Der Vorstand hat die bestehenden Kooperationsprojekte weitergeführt. Mit
der Landeszentrale für politische Bildung sind mehrere Lesereisen für Bibliotheken im ländlichen Raum organisiert
worden, so mit Jennifer Teege, Peter
Wensierski und Yvonne Hofstetter.
Weitere Finanzmittel
für das Projekt
»Schreibland NRW«
sind beantragt.
››Zusammen mit der Landesanstalt für
Medien (LfM), deren eines Geschäftsfeld die Vermittlung von Medien- und
Informationskompetenz ist, wurde unter
dem Titel »Suchen & Finden im Netz«
ein gemeinsames Projekt aufgelegt. Die
LfM ließ eine »schlüsselfertige« Handreichung zur Durchführung von Veranstaltungen in Öffentlichen Bibliotheken erarbeiten, die sich an erwachsene
Netznutzer wendet. In mehreren Workshops wurde die Handreichung vorgestellt und geschult und, so der aktuelle,
nicht systematisch gewonnene Eindruck,
bereits mehrfach erfolgreich in Bibliotheken umgesetzt. Die nach dem KFG
neu entstandene Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken hat diesen Prozess mit
der Schulung von Multiplikatoren unterstützt.
›› Neue Wege ging der vbnw in Kooperation mit dem »Literaturbüro NRW Düs-
121
seldorf« und finanziell unterstützt vom
Land bei der Förderung des literarischen
Nachwuchses. Ausgehend von der Idee
der Schreibwerkstätten und dem Anspruch, jungen schreiblustigen Menschen die Gelegenheit einer professionellen Anleitung zu bieten, wurde die
Aktion »SchreibLand NRW« gestartet.
Die Aktion soll auf zwei Standbeinen
stehen. Das eine ist das Angebot von
Schreibkursen unter fachlicher Anleitung von Autorinnen und Autoren durch
Bibliotheken, die finanziell gefördert
werden. Der erste Durchgang 2014/15
konnte erfolgreich mit acht Bibliotheken und rund 70 jungen Leuten abgeschlossen werden. Für einen Durchgang
2015/16 sind Mittel beantragt. Das zweite Standbein ist eine Website, auf der
Schreibwerkstätten landesweit eingetragen werden können. Hierzu brauchen
wir die Mitarbeit der Öffentlichen Bibliotheken, da sie am besten über die örtliche Szenerie informiert sind.
››Das zuletzt hier zu erwähnende Thema
passt gut zum Motto der diesjährigen
Mitgliederversammlung »Info-Kompetenz reloaded«. Der vbnw-Vorstand unterstützt einen Prozess, in dem zusammen mit dem MFKJKS und dem HBZ die
Praktikabilität und Umsetzbarkeit eines
herstellerunabhängigen, jedoch in Interaktion mit dem lokalen Bibliothekssystem arbeitenden Tools geprüft wird, das
unter Verwendung von Suchmaschinentechnologien nicht nur die »klassischen«
Bibliotheksmedien ausweist, sondern relevante digitale Quellen auswertet und
präsentiert. Suchmaschinenindex und
Ein-Schlitz-Suchfeld sind in diesem Zusammenhang die immer wieder genannten Begriffe, »Schnellsuche NRW« oder
auch »Discovery ÖB NRW« gleichsam
die Arbeitstitel.
VERBAND /
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Die O.A.S.E., der Ort des Studiums, des Austauschs
und der Entwicklung, verfügt über sehr viele unterschiedliche
Arbeitsplätze und erstaunlich wenig Bücher. Ulrike Brunenberg-Piel
(ganz rechts), Leiterin der Stabsstelle Gebäudemanagement der
ULB Düsseldorf, erläuterte das Konzept.
Der dbv hat daraufhin auf seiner Mitgliederversammlung 2015 in
Nürnberg eine stufenweise Erhöhung der Mitgliedsbeiträge um jeweils zehn Prozent in den Jahren 2016 bis 2020 mit einer nicht
wirklich komfortablen Mehrheit (49 Ja-Stimmen, 37 Nein-Stimmen, 9 Enthaltungen) beschlossen. Aufgrund der vertraglichen Situation ist der vbnw de facto verpflichtet, die Beitragsordnung des
dbv nachzuvollziehen. Bei der wie üblich durchgeführten »Pro-Forma-Abstimmung« per Handzeichen im Rahmen der MV des vbnw
in Düsseldorf sprachen sich immerhin 33 Anwesende für und nur 4
Anwesende (bei 4 Enthaltungen) gegen die Beitragserhöhung aus.
Harald Pilzer ergänzte in diesem Zusammenhang, dass natürlich
auch der vbnw von den Beitragserhöhungen profitiert und somit
ebenfalls seine Handlungsfähigkeit mittelfristig sicherstellen kann.
BERICHT DES VORSITZENDEN UWE STADLER (WBS)
Die Bibliothek der privaten Universität Witten-Herdecke, die Öffentliche Bücherei Raesfeld, die Bibliothek des Heinrich-HeineInstituts Düsseldorf und die Bibliothek der Robert-SchumannHochschule Düsseldorf wurden in den vergangenen Monaten als
neue Mitglieder in den vbnw aufgenommen. Die im Land ansässigen Kunst- und Musikhochschulbibliotheken haben sich
zu einer neuen, der damit zehnten, Arbeitsgemeinschaft (AG)
des vbnw zusammengeschlossen. Wie alle anderen AGs kann
auch die neue unter Beachtung der Verwendungsusancen jährlich bis zu 1.000 Euro für ihre Zwecke beim Vorstand abrufen.
››Anlässlich der Diskussionen beim Politischen Frühstück im
Landtag 2014 hat sich am 19. Mai 2014 eine spartenübergreifende Gesprächsrunde in Dortmund getroffen. Aus den dort diskutierten Themen und Forderungen wurde Ende 2014 ein Papier
erstellt. Dieses neue Positionspapier benennt schwerpunktmäßig sechs wichtige Handlungsfelder, deren Bearbeitung der
vbnw bei der Politik einfordert.(4) Es handelt sich um die Themen Urheberrecht, Lizenzen und Informationsangebote, Langzeitarchivierung, bibliothekarische Verbundstrukturen, IT-Infrastruktur und Bibliothekspolitik. Einige Punkte finden sich
bereits in einem Positionspapier der AG UB aus dem Jahr 2010,
zum Beispiel die Forderung nach einer erneuten Förderung von
Landeslizenzen sowie der Hinweis auf die rechtlichen Rahmenbedingungen im föderalen Kontext.
Mit der Einladung zum diesjährigen Politischen Frühstück am
19. März 2015 wurde dieses Papier an die Mitglieder der relevanten Ausschüsse für Wissenschaft und Kultur sowie an die
Fraktionsspitzen der im Landtag vertretenen Parteien versandt.
In einem Antrag der Landtags-CDU (Drs. 16/8454) wird nun eines der Themen von der Opposition im Landtag aufgegriffen.
Gefordert werden unter anderem ein »koordiniertes Vorgehen«
und »bessere Konditionen beim Einkauf von Lizenzen«. Nach der
ersten Behandlung im Landtag am 17. Juni 2015 wurde der Antrag in den hauptsächlich zuständigen Ausschuss verwiesen und
soll dort am 21. Oktober 2015 unter Hinzuziehung von Sachverständigen in Form einer Anhörung behandelt werden.
››Ausgehend von Beschlüssen der dbv-Mitgliederversammlung
am 14. März 2013 in Leipzig hat mehrfach eine eigens eingerichtete AG Lobbyarbeit (neue Benennung: AG Interessenvertretung) getagt. Aufgrund des damals vorliegenden Zwischenberichts wurde in der MV des dbv am 5. Juni 2014 in Bremen
die Fortführung der AG beschlossen. Die vorläufig letzte und
abschließende Sitzung fand am 16. Januar 2015 in Hannover
statt. Die dort vorgelegten Ergebnisse wurden auch beim Treffen des Bundes- und der Landesverbände am 14. April 2015 in
Berlin diskutiert. Schließlich wurde das am Ende fünfseitige Papier am 26. Mai 2015 zur Berichterstattung im Beirat vorgelegt.
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Es wird als Tendenzpapier bezeichnet und gibt Entwicklungsempfehlungen sowohl für den Gesamtverband wie auch für die
Landesebene (Landesverbände und vbnw). Neben dem Wunsch
nach Erstellung einer verbandsübergreifenden Strategie und
der Stärkung der verbandlichen Kommunikation wird vor allem
auf die Aufwertung der Treffen zwischen Landesverbänden und
Bundesvorstand zur gemeinsamen Strategiefindung Wert gelegt. Ein Nachdenken über eine Regionalisierung der Geschäftsführung in den Landesverbänden wird ausdrücklich als Diskussionsanregung bezeichnet.
Die Vorsitzenden bedanken sich bei den Vorstandskolleginnen und
-kollegen sowie bei Frau Larisch, Frau Kolberg und Herrn Löschner
für die sehr gute Zusammenarbeit.
Fotos: sla, Stühn
Veränderungen im Vorstand sind zu vermelden: Herr Jeucken (ÖB)
und Herr Prof. Hohenberg (WB) wurden als stellvertretende Vorsitzende gewählt. Die Mitgliederversammlung schließt sich den guten
Wünschen der Vorsitzenden an.
››Mitgliedsbeiträge 2016 (bis 2020): Laut Wirtschaftsplan 2015
standen dem dbv nur noch minimale freie Rücklagen zur Verfügung, der Verband hätte zuletzt keinerlei unvorhersehbare
Engpässe finanziell meistern können. Die 2014 eingesetzte AG
Konsolidierung hatte die Aufgabe, sich mit den Optionen der
Etatkonsolidierung zu befassen. Hierzu gehörten nach Auffassung der AG und des dbv-Vorstands unvermeidlich auch weitere
Beitragserhöhungen. Stadler betonte, dass er die Einschätzung
in den bezeichneten Gremien, weitere Beitragserhöhungen seien unproblematisch und leicht vermittelbar, nicht geteilt habe.
Nach einer auch im vbnw-Vorstand kritischen Diskussion wurde versucht, einen Kompromissvorschlag zu lancieren, was aber
nicht gelang.
vbnw-Vorstand mit Palme: Die Möblierung der O.A.S.E. ist nicht
nur auf der Terrasse ein Hingucker. Von links: Bernd Jeucken,
Karin Michalke, Birgit Trogemann, Eva Schmelnik (vorne), Harald
Pilzer, Prof. Dr. Gregor Hohenberg, Uwe Stadler, Monika Kolberg.
ENDNOTEN
1. Für die Veröffentlichung des Protokolls der Mitgliederversammlung gilt laut Satzung eine
Einspruchsfrist von acht Wochen. Das Protokoll wird deshalb Anfang November 2015 unter
www.bibliotheken-nrw.de/verband-vbnw/mitgliederversammlung veröffentlicht. Hier finden Sie
auch die Berichte der Arbeitsgemeinschaften.
2. Mehr dazu s. S. 125 ff.
3. Mehr dazu s. S. 100 ff.
4. Mehr dazu s. S. 128 ff.
123
VERBAND /
3/15
JAHRESABSCHLUSS 2014
Stand Girokonto 01. 01. 2014
Festgeldkonto 01. 01. 2014
WORLD-CAFÉ ZUR INFO-KOMPETENZ
BOT ANLASS ZUR DISKUSSION
KASSENVORANSCHLAG 2016
26.020,64
2.500,00
Business Spar Card
52.533,50
GESAMT
81.054,14
AUFWAND
3/15
in Euro
AUFWAND
in Euro
Aushilfslöhne
5.340,00
Aushilfslöhne
5.640,00
Sozialversicherungsbeiträge
1.148,04
Sozialversicherungsbeiträge
1.200,00
Öffentlichkeitsarbeit
6.729,46
Öffentlichkeitsarbeit
Reisekosten
1.854,90
Reisekosten
Honorare
Steuerberatungskosten
Beiträge DBV
0,00
3.064,92
7.250,00
3.000,00
Honorare
1.000,00
Steuerberatungskosten
3.000,00
66.119,44
Beiträge DBV
84.735,00
Redaktion ProLibris
11.900,00
Redaktion ProLibris
11.900,00
Druckkosten ProLibris
25.240,08
Druckkosten ProLibris
23.100,00
Portokosten ProLibris
2.046,60
Portokosten ProLibris
3.200,00
Portokosten
EDV-Kosten
Arbeitsgemeinschaften
Versicherungen
Berufsgenossenschaft
Büromaterial
425,73
Portokosten
393,96
EDV-Kosten
Arbeitsgemeinschaften
1.576,00
Versicherungen
226,94
Berufsgenossenschaft
49,08
630,80
Mitgliederversammlung
Nacht der Bibliotheken
98,54
Sonstige Aufwendungen
10.191,81
GESAMT
151.160,22
ERLÖSE
in Euro
300,00
Kontoführungsgebühren
Etat Öffentlichkeitsarbeit
Sonstige Aufwendungen
GESAMT
0,00
100,00
0,00
167.425,00
112.120,09
Landeszuschüsse
13.500,00
Mitgliedsbeiträge
134.500,00
Anzeigen ProLibris
4.190,00
Landeszuschüsse
17.750,00
Abonements ProLibris
9.792,40
Anzeigen ProLibris
4.200,00
Abonnements ProLibris
7.300,00
Zinserlöse
Spenden
Sonstige Erlöse
GESAMT
1,86
16.000,00
75,70
0,00
Spenden
0,00
Entnahme Rücklagen
Festgeldkonto 31. 12. 2013
167.425,00
2.500,00
Business Spar Card
52.734,29
GESAMT
85.774,76
SALDO 01. 01. 2014 – 31. 12. 2014
GESAMT
30.540,47
0,00
3.675,00
Foto: sla
Stand Girokonto 31. 12. 2013
in Euro
Zinserlöse
Sonstige Erlöse
155.680,05
WENN ICH EINE HOHE INFO-KOMPETENZ HABE, KANN ICH ...
3.000,00
Mitgliedsbeiträge
ERLÖSE
4.720,62
124
Nach dem Vorbild des World-Cafés wurde ein Diskussionsprozess angestoßen, der
von Katja Feld, der stellvertretenden Leiterin des Instituts für soziale Innovation Solingen, angeleitet und zum Teil moderiert
wurde. Für das World-Café teilte sich das
Plenum in drei Gruppen auf, die an drei Stationen – die Info-Kompetenz im Kopf – ihre
Gedanken zu folgenden Themen-Schwerpunkten austauschten: Bildungspartnerschaft mit Schulen, Qualifizierung und Berufsbild, Discovery-Systeme. Jeweils zwei
Moderatorinnen bzw. Moderatoren luden
zur Diskussion ein und notierten Kernaussagen auf farbigen Karten. Nach jeweils ca.
25 Minuten wechselten die Gruppen, so
dass am Ende alle Teilnehmer jede Station
durchlaufen hatten. Nach jedem Wechsel
fassten die Moderatoren die Kernaussagen
zusammen, so dass die Diskussionen aufeinander aufbauen konnten. Als die Moderatoren nach drei Durchläufen mit angeregten
Gesprächen die Ergebnisse im Plenum zusammenfassten, wurde deutlich, dass sich
die Ergebnisse der Gruppen aufeinander bezogen und gut ergänzten.(1)
QUALIFIZIERUNG UND BERUFSBILD:
AM ENDE ALLER WÜNSCHE?
100,00
8.000,00
3.974,89
10.149,03
Kontoführungsgebühren
400,00
ellen Umsetzung sowie dem zukünftigen
Bedarf gefragt.
10.000,00
1.000,00
Nacht der Bibliotheken
Zehn Jahre später wurde nun beim Jahrestreffen unter dem Motto »Info-Kompetenz
reloaded« das Thema erneut in den Fokus
gerückt und unter anderem nach der aktu-
500,00
Büromaterial
Mitgliederversammlung
Beginnen wir mit einem Rückblick: Am 15.
Juni 2005 stand die vbnw-Mitgliederversammlung in Bochum ganz im Zeichen der
»Info-Fitness«. Zwei Gruppen beschäftigten sich damals mit unterschiedlichen Facetten des Themas, das die Arbeitsgruppe
»Informationskompetenz« der AG UB schon
seit dem Jahr 2002 umtrieb. Die Ergebnisse wurden im Plenum von den etwa achtzig
Teilnehmern rege diskutiert.
»Wir haben die interessante Erfahrung gemacht, dass die Gruppen unterschiedlich in das Thema ,Berufsbild‘ einstiegen, je nachdem, ob sie sich vorher mit dem Thema ,Discovery System‘ beschäftigt hatten oder nicht«, erläuterte Moderatorin Birgit Trogemann,
vbnw-Vorstand und Leiterin der Bibliothek/Mediathek der Kunsthochschule für Medien Köln. Zur Frage »Was ist ein informationskompetenter Bibliothekar? Was kann er?« sammelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der drei Gruppen folgende Antworten:
Der informationskompetente Bibliothekar kann beraten, betreuen
und vermitteln. Er kann vor allen Dingen die richtigen Fragen stellen und das Problem eingrenzen. Er besitzt grundsätzlich eine professionelle Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus kennt er die
Informationsmittel, die ihm zur Verfügung stehen. Er kann sie richtig einsetzen, um ein Problem oder eine Fragestellung zu bearbeiten. Er kann den Nutzern Lösungswege aufzeigen und ihnen dieses
Wissen z. B. in Schulungen auch vermitteln. Betont wurde, dass Informationskompetenz auch darin besteht, seine Grenzen zu akzeptieren und souverän mit ihnen umgehen zu können. So ist der Bibliothekar in der Lage zu erkennen: Bis hier hin berate ich, von da
an nutze ich mein Netzwerk und gebe Fragen weiter.
Katja Feld, Organisatorin des World-Cafés (rechts stehend), mit
einer der Workshop-Gruppen
ICH HÄTTE GERNE MEHR INFO-KOMPETENZ, ABER ...
Der informationskompetente Bibliothekar kennt die RechercheInstrumente, die ihm zur Verfügung stehen. Ganz wichtig dabei:
seine Motivation. Er sollte sich ständig selbst dazu motivieren, auf
dem Laufenden zu bleiben. Das sollte selbstverständlich zu seinem
Tagesgeschäft gehören, auch wenn es ihn Zeit kostet, die er vermeintlich nicht hat. Darüber hinaus sind regelmäßige Fortbildungen notwendig, weil sich die Tools verändern und die Informati-
125
VERBAND /
3/15
onsflut ständig wächst.
Im Alltagsgeschäft, merkten Teilnehmer an, fehle
zum Erlangen größerer
Informationskompetenz
nicht nur die Zeit, sondern nicht selten auch
die regelmäßige Praxis. Auch der Mangel an
nötigen Informationsmitteln wurde beklagt.
»Manchmal«, so hieß es,
»würde ich gerne mehr
machen, aber ich habe
in meiner Bibliothek
bestimmte Informationsmittel nicht. Die Tools, die mir zur Verfügung stehen, sind nicht
gut genug.« Interessant, so erläuterte Moderatorin Karin Michalke, vbnw-Vorstand und Leiterin der Universitätsbibliothek Hagen,
3/15
WAS KÖNNEN DISCOVERY-SYSTEME LEISTEN?
sei in diesem Zusammenhang die Bemerkung gewesen: »Ich gebe
zwar Auskunft, aber mir fehlt das Feedback der Nutzer. Ich weiß
nicht: Hat ihm das jetzt geholfen, ist er damit weitergekommen?«
THESE: DISCOVERY-SYSTEME WERDEN DIE VERMITTLUNG
VON INFO-KOMPETENZ VOLLSTÄNDIG ERSETZEN.
UM GUT AUSKUNFT GEBEN ZU KÖNNEN, BRÄUCHTE ICH …
»Die These, mit der wir starteten, ging davon aus, dass DiscoverySysteme (DS) und ähnliche Recherche-Tools den Auskunfts- oder
Schulungsbibliothekar auf Dauer ersetzen«, leitete Moderator Uwe
Stadler, vbnw-Vorsitzender und Leiter der Bibliothek der Bergischen Universität Wuppertal, seine Erläuterung der Ergebnisse des
Workshops ein. Einig waren sich alle drei Teilnehmergruppen darüber, dass Bibliotheken um moderne Suchlösungen nicht herumkommen. Diese werden von Nutzerinnen und Nutzern gewünscht
und für notwendig gehalten. Der Druck aus der Universität und
ähnlichen Kontexten sei groß. Man könne Kunden, die sich im Alltag in Google bewegen, in der Bibliothek nicht an den üblichen,
20 Jahre alten Katalog setzen. Einschlitz-Suche werde nicht nur
erwartet, sie sei zum Teil auch ein Marketinginstrument − und dies
durchaus unabhängig von der Frage, ob diese Suchinstrumente
vielleicht nur eine trügerische Sicherheit bieten, basierend auf der
Suggestion: »Bei mir findest Du alles.«
Der informationskompetente Bibliothekar, da waren sich die Teilnehmer weitgehend einig, braucht eine bestimmte Haltung. Er
muss »Service mit Fingerspitzengefühl« bieten. Er muss einschätzen können: Wie weit kann man beraten? Von welchem Punkt an
ist etwas nicht mehr mein Fachgebiet oder Thema? Wie weit überlagern wir Fragestellungen? Bibliothekare benötigen Managementkompetenzen, weil ihr Tagesgeschäft schnelllebig und vielfältig ist.
Sie müssen entscheiden, was wichtig ist. Sie müssen sich organisieren und mehrere Arbeiten parallel ausführen können. Und was sie
schließlich vor allen Dingen brauchen, wenn sie ihre Grenzen im
Blick behalten: Sie sind auf die Vernetzung mit Kollegen und anderen Einrichtungen angewiesen, um Informationsanfragen, wenn
nötig, weiterzugeben.
Die Teilnehmer zeigten sich überzeugt, dass sie, was Informationskompetenz angeht, etwas zu bieten haben. »Wenn wir davon
ausgehen«, so Stadler, »dass unsere Informationskompetenz auch
künftig unverzichtbar ist – und das tun wir −, an welcher Stelle geben wir sie dann künftig in das System hinein?« Bisher habe
man immer über Produkte informiert: Es gebe heute eine Informationslinie, an deren Ende die teuren Datenbanken, Bibliografien
o. ä. stehen. Diese Produkte werden dem Nutzer angeboten. Der
Auskunftsbibliothekar informiert ihn darüber, in welchem Index er
was am besten findet. Mittlerweile, und darüber sei man sich mehrheitlich einig gewesen, recherchieren Nutzer per Internet zeit- und
BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN MIT SCHULEN: LUST AUF MEHR?(2)
WAS KENNZEICHNET EINE ERFOLGREICHE
ZUSAMMENARBEIT MIT SCHULEN?
GIBT ES BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN IN DER
KOOPERATION MIT SCHULEN?
Zur Ausgangsfrage »Wie definieren wir erfolgreiche Zusammenarbeit mit Schulen?« herrschte übereinstimmend die Meinung, dass
eine ausgeprägte Kommunikationskultur das Rezept zum Erfolg ist.
Wichtig sei es, die Schulleitung und auch einzelne Lehrkräfte für
die Kooperation zu gewinnen, erläuterte Moderator Bernd Jeucken,
stellvertretender vbnw-Vorsitzender und Leiter der Stadtbibliothek
Hattingen, ein wichtiges Ergebnis des Workshops. Schriftliche Vereinbarungen hätten durchaus ihren Wert, garantierten allein jedoch
noch keine gelungene Partnerschaft. Mit Bedauern wurde konstatiert, dass generell die Bibliotheken die aktiveren Partner seien. Sie
gehen auf die Schulen zu. Dass Schulen an die Bibliothek herantreten, ist eher die Ausnahme. Je mehr die Bibliothek als Bildungseinrichtung in der Kommune wahrgenommen werde, desto kontinuierlicher könne die Zusammenarbeit mit den Schulen gestaltet
werden. Krönung der Kooperation sei es, wie z. B. in Oberhausen,
als Bibliothek im Bildungsplan der Kommune verankert zu sein.
Kommunikation als wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen von
Kooperation mit Schulen wurde zugleich auch als größte Herausforderung gesehen. Moderatorin Konstanze Sigel von der Koordinierungsstelle Bildungspartner NRW fasste die Fragen zusammen,
die sich für Bibliotheken in diesem Zusammenhang immer stellen:
Welche Kommunikationskanäle gibt es? Welche sind wichtig? Wie
geht man das als Bibliothek am besten an?
126
Was über allem schwebe, so der Moderator, sei die Frage der Finanzierung. Es gibt große und kleine Bibliotheken, arme und reiche
und es gibt auch große arme und kleine reiche. Sie alle fragen sich:
Müssen wir in den sauren Apfel beißen und eine weniger passende
Verbund- oder zentrale Lösung akzeptieren oder können wir uns
etwas Teures, Maßgeschneidertes leisten? »Umgekehrt gewendet
lautet die Frage: Müssen nicht gerade Verbundlösungen her, um
die nicht hinreichenden Mittel und Entwicklungskompetenzen z. B.
der kommunalen Bibliotheken zu kompensieren?«, ergänzte Moderator Harald Pilzer, vbnw-Vorstand und Leiter der Stadtbibliothek
Bielefeld. Die Kostenfrage sei prinzipiell nicht wegzudiskutieren.
THESE: SUCHSYSTEME ERGÄNZEN DIE ANGEBOTE SINNVOLL,
MÜSSEN JEDOCH KOMPETENT VERMITTELT WERDEN.
ENDNOTEN
1. Die Vorstellung der Ergebnisse wurde protokolliert und wird hier nur leicht stilistisch angepasst wiedergegeben.
2. Seit mehr als zehn Jahren verstehen sich Öffentliche Bibliotheken und Schulen im Land als
»Bildungspartner NRW«. Die gemeinsame Förderung von Medien- und Informationskompetenz ist eines der zentralen Ziele aller Kooperationen. Aktuell sind 176 Bibliotheken PartFoto: sla
Für Großstädte, in denen neben der Öffentlichen Bibliothek auch
Wissenschaftliche und Universitätsbibliotheken angesiedelt sind,
sei entscheidend, im Austausch miteinander die Angebote für
Schulen zu koordinieren. Wissenschaftliche Bibliotheken führen
hier häufig Schüler ans Recherchieren für die Facharbeiten heran.
THESE: DISCOVERY-SYSTEME SIND ZU TEUER UND WERDEN
IN QUALITÄT UND WIRKUNG ERHEBLICH ÜBERSCHÄTZT.
Unter der Annahme, dass man unter kompetenter Vermittlung
auch die Systempflege und Integration von Datenpools usw. versteht, lautete das Fazit der Workshop-Teilnehmer: Die neuen Suchsysteme ergänzen das Angebot sinnvoll, müssen aber ständig kompetent gepflegt und bereitgestellt werden. Sie brauchen unbedingt
die bibliothekarische Feinjustierung und damit informationskompetente Bibliothekare.
STICHWORT: MEDIENBILDUNG IN DER SCHULBIBLIOTHEK.
BEWERTEN SIE DIE AKTUELLE ENTWICKLUNG!
Die Forderung des dbv, die Medienbildung in einer fachlich betreuten Schulbibliothek zu verankern (»Frankfurter Erklärung«),
lieferte Stoff für den letzten Diskussionspunkt. Aufgrund der ungeklärten Zuständigkeits- und Finanzierungsfragen wurde die Umsetzbarkeit dieser Forderung mit Skepsis betrachtet. Nichtsdestotrotz würde der Aufbau von Schulbibliotheken auch eine Chance
für Öffentliche Bibliotheken bedeuten. Sie könnten − Stichwort
Rollenwechsel − in der Kommune als Koordinator der Schulbibliotheken fungieren und darüber hinaus den Schulen wertvolle Daten
(»Munzinger« u. ä.) sowie Informationen liefern.
ortsunabhängig – Stichwort: Nutzerautonomie – und seien nicht
mehr grundsätzlich daran interessiert, der Auskunftsperson von
Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Aus diesem Grund und
wegen des Einsatzes neuer Suchsysteme werde nach Ansicht mehrerer Teilnehmer künftig weniger Auskunfts- und Schulungspersonal benötigt. Dessen Informationskompetenz aber sei weiterhin
vonnöten, müsse künftig aber bei der Generierung, Anpassung und
Facettierung der Suchsysteme in den Workflow eingebracht werden. »Das war«, betonte Stadler, »einer der spannenden Gedanken
der Diskussion. Wir machen uns nicht überflüssig, sondern bringen
unsere Kompetenz künftig einfach an anderer Stelle ein.«
nerschaften mit insgesamt 830 Schulen eingegangen. www.bibliothek.schulministerium.nrw.de/
Bildungspartner/Bildungspartnerinitiativen/Bibliothek-und-Schule/index.html
127
3/15
VERBAND /
3/15
POSITIONSPAPIER DER BIBLIOTHEKEN
NORDRHEIN-WESTFALEN
Am 19. Februar 2014 veranstaltete der Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen
e.V. (vbnw) vor dem Hintergrund des Entwurfs zum Hochschulzukunftsgesetz (HZG) mit dem
Thema „Möglichkeiten und Grenzen einer hochschulübergreifenden Kooperation im Bereich der
Bibliotheks-IT“ ein „Politisches Frühstück“ im Landtag NRW. Im Verlauf der Diskussion wurde von
politischer Seite der Wunsch nach einer genaueren Positionierung durch die Bibliotheken und den
Verband geäußert. Die ebenfalls thematisierte und erbetene Stellungnahme zu den Bedürfnissen
der Bibliotheken für das anstehende Kulturfördergesetz wurde im Zuge der Verbändeanhörung im
Oktober 2014 schriftlich geliefert und im Rahmen der mündlichen Anhörung im Kulturausschuss
abschließend erläutert.
Die Stellungnahme brachten 16 Vertreterinnen und Vertreter Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bibliotheken sowie der
vbnw-Vorstand auf den Weg. Sie
trafen sich am 19. Mai 2014 in
Dortmund und vereinbarten, vier
identifizierte Handlungsfelder (Interessenvertretung, Koordinierung,
flächendeckende Literatur- und Informationsversorgung, Kompetenz und Innovation) zu konkretisieren und mit beispielhaften Themen und Forderungen zu
versehen. Diese wurden dargestellt und
ohne Anspruch auf Vollständigkeit ausgeführt.
Anwesend bei dem Treffen waren
Albert Bilo, Brigitte Blockhaus, Petra
Büning, Dr. Norbert Kamp, Dr. Uwe
Kersting, Dr. Bruno Klotz-Berendes,
Monika Kolberg, Dr. Joachim Kreische,
Michael Nelißen, Jan Neumann, Harald
Pilzer, Frank Salmon, Uwe Stadler,
Birgit Trogemann, Dr. Renate Vogt und
Hans-Christian Wirtz.
DAS POSITIONSPAPIER
1. Urheberrecht: Die Ausgestaltung des
Urheberrechts bleibt, auch wenn es sich
um Bundesrecht handelt, weiterhin ein
bedeutendes Thema für die nordrheinwestfälischen Bibliotheken. Dies zeig-
te sich nicht zuletzt in der am 29. Oktober 2014 durchgeführten öffentlichen
Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft und Forschung zum
Thema Open Access. Die weitere Ausgestaltung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen für Wissenschaft und
Hochschulen sowie deren Vergütungsfragen müssen weiterhin auf der Agenda des Landes stehen und mit den betroffenen Bibliothekssparten diskutiert
werden.
2.Lizenzen und Informationsangebote: In diesem Zusammenhang sind die
Fragen zu nennen, die sich mit spartenspezifischen, aber Wissenschaftliche und
Öffentliche Bibliotheken gleichermaßen
betreffenden Lizenzfragen und Konsortialverhandlungen bei der Beschaffung
von E-Medien beschäftigen. Das Land
128
CIB-Projekts) sollten von den zuständigen politischen und ministeriellen Stellen des Landes im Dialog mit den Bibliotheken intensiv begleitet werden.
Hiervon hängen nicht nur die Zukunft
des Hochschulbibliothekszentrums in
Köln, sondern in ganz erheblichem Umfang die Effizienz und Leistungsfähigkeit
der nordrhein-westfälischen Wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken insgesamt ab.
5.IT-Infrastruktur: Die Qualität bibliothekarischer Angebote aller Sparten
korrespondiert unmittelbar mit einem
hohen Niveau technologischer Mindeststandards in der Bibliotheks-IT. Mit Unterstützung der Politik sollte es gelingen,
die in NRW beispielhaft entwickelten
Portale wie die Digibib weiter zu entwickeln. Die Möglichkeiten des zentralen
Hostings von Lokalsystemen sowie insgesamt die technische Weiterentwicklung von lokalen Bibliothekssystemen in
Cloud-Umgebungen sollte gemeinsam
gefordert und angestrebt werden.
6.Bibliothekspolitik: Insgesamt gesehen
wollen wir – die Öffentlichen und Wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes
– den Gedankenaustausch mit den in
NRW verantwortlichen politischen und
ministeriellen Stellen fortsetzen. In diesem Kontext wäre insbesondere zu identifizieren, in welchen bibliothekarischen
Kompetenz- und Themenfeldern sich
sollte mit Blick auf den Wissenschafts-,
Bildungs- und Kulturstandort NRW unverzichtbare Informationsangebote zentral finanzieren und bereitstellen.
Grundlage hierfür ist ein mit allen Bibliothekssparten und Versorgungsbereichen abgesprochenes
politisches Konzept. Der freie Zugang zu digitalen und Netzressourcen sollte unter Berücksichtigung der
E-Book-Kampagne der EBLIDA geprüft
werden.
3.Langzeitarchivierung: Das Thema
Langzeitarchivierung ist derzeit sowohl
im Kultur- wie im Wissenschaftsministerium in Bearbeitung, gleichwohl ist hier
noch weiterer, erheblicher Klärungsbedarf. Insbesondere Art und Umfang der
Beteiligung wissenschaftlicher Bibliotheken und die Möglichkeiten zusätzlicher Zentraler Dienste sollten diskutiert
werden.
4.Bibliothekarische Verbundstrukturen: Die durch die Empfehlungen des
Wissenschaftsrats und der Deutschen
Forschungsgemeinschaft angestoßenen
Veränderungsprozesse der deutschen
Verbundstruktur (vor allem in Form des
129
das Land auch bundesweit positionieren
möchte. Die Sichtbarkeit eigener Positionen kann nicht alleine durch das Engagement der Bibliotheken gelingen.
Der Verband der Bibliotheken des Landes
Nordrhein-Westfalen möchte die oben aufgeführten Themen und Positionen als Anregung für einen weiteren, konstruktiven
Dialog insbesondere mit der Landespolitik
verstanden wissen. Der Vorstand des vbnw
steht jederzeit für Gespräche zur Verfügung.
Die Vorsitzenden des vbnw im Februar 2015
Harald Pilzer (StB Bielefeld)
Öffentliche Bibliotheken
Uwe Stadler (UB Wuppertal)
Wissenschaftliche Bibliotheken
ENTDECKUNGEN /
3/15
3/15
›› KOLUMNE: NEUES VOM ALTEN BUCH
ISLÄNDISCHE AUTOREN ZU GAST IN
DER USB KÖLN
FORTBILDUNGEN
MICHAEL HERKENHOFF
Universitäts- und
Landesbibliothek Bonn (1)
Dr. Michael Herkenhoff (ULB Bonn) und
Reinhard Feldmann (ULB Münster) führten Ende Januar 2015 in der Katholischen
Akademie »Die Wolfsburg« in Mülheim/
Ruhr eine zweitägige ZBIW-Fortbildung zur
Provenienzverzeichnung durch. Am ersten
Tag berichteten Michaela Scheibe (SB Berlin) und Monika Denker (HeBIS-Verbundzentrale) über den aktuellen Stand der Provenienzerschließung auf nationaler Ebene
sowie in den beiden Pica-Verbünden GBV
und HeBIS. Am Nachmittag kam es zu einem Erfahrungsaustausch über den aktuellen Stand der Provenienzverzeichnung
in nordrhein-westfälischen Altbestandsbi-
bliotheken. Berichtet wurde aus der ULB
Bonn, der LLB Detmold, der ULB Düsseldorf, der EDDB Köln, der USB Köln und
der ULB Münster. Bei dieser Gelegenheit
stellte Christiane Hoffrath (USB Köln) ein
neu entwickeltes Modell zur Provenienzerfassung in SISIS vor, das bei den Teilnehmern auf große Resonanz stieß und
von der ULB Bonn, der USB Köln und der
ULB Münster gemeinsam weiterverfolgt
wird. Am zweiten Tag der Veranstaltung
führten Michael Herkenhoff und Reinhard
Feldmann Leseübungen anhand von deutschen und lateinischen Provenienzeinträgen des 15. bis 20. Jahrhunderts durch.
Die „Société des Bibliophiles liégois“ besuchte im Juni 2015 die USB Köln.
Als besonders entgegenkommende Geste wurde begrüßt, dass die
Besucher in Exemplaren wie der Koehlhoffschen Chronik »Cronica
van der hilliger Stat van Coellen«, 1499, der »Cosmographia« von
Sebastian Münster, Ausgabe 1598, oder auch in der o. g. dickleibigen Kölner Bibel blättern durften.
Die USB Köln besitzt eine im deutschen Sprachraum einzigartige
Sammlung von Islandica. Sie umfasst etwa 10.000 Titel und beinhaltet Literatur aus fast allen Bereichen.(2) Von daher ist es eine
Tradition, isländische Autorinnen und Autoren in der USB zu begrüßen (2014: Guðmundur Andri Thorsson, 2011: Andri Snær Magnason). Am 12. Juni 2015 fand eine Lesung mit zwei isländischen
Kinder- und Jugendbuchautorinnen statt. Kristjana Friðbjörnsdóttir
aus Reykjavík, Autorin der Kinderbuchreihe Fjóli Fífils und der Jugendbuchreihe Ólafía Arnalds, las aus ihrem Buch »Dagbók Ólafíu
›› UNIVERSITÄTS- UND STADTBIBLIOTHEK KÖLN
Als Beispiele des frühen Kölner Buchdrucks wurden Heiligenlegenden gezeigt. Das Typische dieser schmalen, einfach gestalteten Passionen, die für den Verkauf an Pilger vorgesehen waren, ist die
Reimform in ripuarischer (»kölscher«) Sprache. Die Illustration der
Heiligen (darunter Barbara, Ursula, Margarete) zeichnet sich da-
Als weitere Exponate der Kölner Druckgeschichte wurde eine sogenannte Kölner Bilderbibel von 1478/79 präsentiert. Für die Bibliophilen besonders interessant war die Tatsache, dass die reichhaltigen Illustrationen dieser Bibeln in späteren Werken Nachahmung
fanden, und dass die Forschung heute belegen kann, dass der lange
Zeit Heinrich Quentel zugeschriebene Druck in der Offizin (Werkstatt mit Verkaufsraum) von Bartholomäus von Unckel geschaffen
wurde. Neben weiteren Zeugnissen kölnischer Buchdruckkunst, darunter auch Reformationsschriften, konnte den belgischen Freunden anhand der Werkausgaben von Franz Hogenberg (1535 Mechelen, 1590 Köln) und Georg Braun (1541–1622 Köln) »Urbium
praecipuarum mundi theatrum« eine belgisch-kölnische Druck-Kooperation zur Anschauung vorgelegt werden.
130
Studenten aus dem Institut für Skandinavistik/Fennistik der Kölner
Universität hatten vorab Textpassagen aus den Büchern übersetzt
und trugen die gelesenen isländischen Texte in deutscher Sprache
vor. Trotz der tropischen Temperaturen in Köln von über 35 Grad
(die isländischen Autorinnen waren bei 7 Grad in Reykjavík abgeflogen) war die Lesung sehr gut besucht und fand großen Anklang.
Zusätzlich wurde eine Auswahl isländischer Kinder- und Jugendbuchliteratur aus dem Bestand der USB präsentiert.
›› UNIVERSITÄTS- UND LANDESBIBLIOTHEK MÜNSTER
durch aus, dass für die Frauenfigur stets die gleiche Vorlage genutzt wurde und man lediglich den Holzstock um die jeweiligen
Attribute ergänzte.
Fotos: Rickmann-Üçgüler
Am 21. Juni 2015 beehrte die altehrwürdige »Société des Bibliophiles liégeois« (gegr. 15. März 1863) die USB Köln mit ihrem Besuch. Die freundschaftliche Verbindung der Lütticher Bibliophilen
mit der »Kölnischen Bibliotheks-Gesellschaft« erfuhr 2014 beim Besuch der KBG in Belgien neue Impulse. Die USB nahm den Gegenbesuch zum Anlass, nach einem Rundgang durch das Haus einige
der Schätze aus den Tresoren der Bibliothek auszustellen, darunter
die beiden frisch restaurierten Blockbücher. Es handelt sich dabei
um eine vollständig illustrierte Armenbibel (»Biblia pauperum«)
und eine Ausgabe der »Apocalypsis«. Beide Werke sind wahrscheinlich in der Zeit von 1462 bis 1470 entstanden.
Arndísar« (»Das Tagebuch von Ólafía Arndís«). Ragnheiður Gestsdóttir aus Reykjavík stellte ihren letzten Roman »Gegnum glervegginn« (»Durch die Glaswand«) vor. Die Autorin erhielt mehrere
wichtige isländische Literaturpreise. Ihr erstes Kinderbuch erschien
1985. Sie hat viele isländische Märchen illustriert und herausgegeben.
Im »Museum in der Kellnerei« in Clarholz
zeigte die ULB Münster die Ausstellung »Illustrierte Bibeldrucke«. Dabei wurden alle
Epochen zumindest gestreift: Zeitalter von
Reformation und katholischer Reform (Bibelausgaben Hieronymus Emser, Johannes
Dietenberger und Caspar Ulenberg), Barock
und Rokoko (»Deutschordensbibel«, »Catholische Straßburger Bibel«) sowie Historismus und Jugendstil (Julius Schnoor von
Carolsfeld oder Gustav Doré).(3)
Aus dem Nachlass des verstorbenen Günter
Raabe gab Reinhard Feldmann die Schrift
»Polyphonia Musica omnibus mortalibus
utilissima est. Musikalien in der historischen Bibliothek des Gymnasium Arnoldinum in Burgsteinfurt. Münster 2015« heraus.
Darüber hinaus konnten zahlreiche Nachlässe erschlossen werden. Exemplarisch sei
an dieser Stelle nur auf die folgenden zwei
Sammlungen hingewiesen: Die Sammlung
Pohlschmidt, welche die großen Zerstörungen der Stadt Münster nach den alliierten Luftangriffen gegen Ende des Zweiten
Weltkrieges illustriert (Fotografien und Negative aus den Jahren 1941 bis 1946), sowie der Teilnachlass Clausewitz.(4)
131
Alle Webseiten zu den Handschriften, historischen Drucken, Nachlässen, Sammlungen
und Altkarten wurden einem kompletten
Relaunch unterzogen.(5) Auch die Digitalisierung der Kartensammlung des Freiherrn
August von Haxthausen konnte abgeschlossen werden.(6)
Reinhard Feldmann wurde in die neu gegründete Kommission für Bestandserhaltung des Deutschen Bibliotheksverbandes
berufen.(7)
ENTDECKUNGEN /
3/15
3/15
›› UNIVERSITÄTS- UND LANDESBIBLIOTHEK BONN
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat
im Januar einen Antrag der ULB Bonn zur
Erschließung und Teildigitalisierung des
Nachlasses von Karl Lamprecht (1856–
1915) bewilligt. Die ULB besitzt seit 1957
den Nachlass des berühmten Historikers,
der 2010 und 2012 durch zwei bedeutende Ergänzungen noch einmal angereichert
worden ist. Im Rahmen des Projektes soll
der gesamte Nachlass, ca. 13.000 Dokumente, elektronisch im HANS-Katalog der
ULB Bonn katalogisiert werden. Knapp
9.000 Dokumente werden zusätzlich digitalisiert und in den Digitalen Sammlungen
der ULB Bonn online gestellt.(8) Auf Metadatenebene wird mit zwei Standards gearbeitet, und zwar mit dem Archivformat
EAD für die Struktur und die verbale Beschreibung der einzelnen Hierarchieebenen
und mit METS/MODS für die bibliographische Beschreibung der einzelnen Dokumente. Projektstart war am 22. Mai 2015.
Bei der Digitalisierung der historischen
rheinischen Zeitungen ist die ULB Bonn im
letzten Jahr weiter vorangekommen. 2014
sind 15 weitere Zeitungen mit über 500.000
Seiten bei einem Dienstleister vom Mikrofilm gescannt worden. Die Zeitungen werden zurzeit bearbeitet und nach und nach
für die Benutzung freigegeben. Besonders
hervorzuheben ist die Anfang Juli offiziell
erfolgte Freischaltung des Bonner General-Anzeigers für die Jahre 1889 bis 1950
durch Helge Matthiesen, den Chefredakteur der Zeitung, sowie durch die Leitende
Direktorin der ULB Bonn Dr. Renate Vogt.(9)
Der Verlag – die Bonner Zeitungsdruckerei und Verlagsanstalt H. Neusser GmbH –
hat für die Digitalisierung Masterfilme zur
Verfügung gestellt. Gleichzeitig hat die ULB
›› LANDESBIBLIOTHEKSZENTRUM RHEINLAND-PFALZ/PFÄLZISCHE
LANDESBIBLIOTHEK SPEYER
für ihr Zeitungsportal eine Kalenderfunktion eingeführt. Dadurch können alle in dem
Portal vorhandenen Zeitungsausgaben zu
einem bestimmten Erscheinungsdatum parallel aufgerufen werden.(10)
Die Bibliothek des Priesterseminars in Trier hat dem LBZ/Rheinische Landesbibliothek Koblenz 20 historische Karten geschenkt. Sie
stammen zum großen Teil aus dem 19. Jahrhundert und beziehen
sich auf die Region zwischen Trier und Koblenz. Beispielsweise finden sich hier topographische Karten von Andernach, Koblenz und
Simmern. Besonders erwähnenswert sind drei Karten des 17. Jahrhunderts, die auf den französischen Kartographen Guillaume Sanson (1633–1703) zurückgehen. Er war der Sohn von Nicolas San-
Die ULB Bonn beabsichtigt, ihr Angebot an
digitalisierten historischen rheinischen Zeitungen systematisch auszubauen und dazu
im verstärkten Umfang auch Bestände externer Einrichtungen einzubeziehen. Sie
hat deshalb Mitte Mai einen Fragebogen
zu Zeitungsbeständen in Kommunalarchiven und anderen Kultureinrichtungen der
ehemaligen preußischen Rheinprovinz verschickt. Rücklauffrist für den Fragebogen
war der 31. Juli 2015. Auf Basis der gesammelten Informationen soll ein Masterplan
zur Zeitungsdigitalisierung im Rheinland
erstellt werden.
Das vergangene Jahr sowie noch die erste Hälfte des Jahres 2015 stand im St. Nikolaus-Hospital/Cusanusstift in BernkastelKues ganz im Zeichen des 550. Todestages
seines Stifters, des Kardinals, Theologen
und Philosophen Nikolaus von Kues (1401–
1464). Aus diesem Grund wurden in Kooperation mit dem Cusanus-Institut in Trier die
drei folgenden Ausstellungen organisiert:
Freischaltung des Bonner General-Anzeigers
durch den Chefredakteur Helge Matthiesen
und die Leitende Direktorin der ULB Bonn
Dr. Renate Vogt
132
Foto: Bonner General-Anzeiger
Zudem gelang im März die Ersteigerung eines eigenhändigen Notenmanuskripts Lortzings, die Vertonung des »Türmerliedes« aus
Faust II. Daneben freut sich die Bibliothek über die Neuerwerbung
von Freiligrath-Briefen und -Dokumenten, die das im letzten Frühjahr erworbene Konvolut Briefe an den Brockhaus-Verlag ergänzen,
sowie einen Brief Malwida von Meysenbugs.
Als Vorgeschmack auf die »Weltvermesser«-Ausstellung, die im September im Weserrenaissance-Museum Schloss Brake mit zahlreichen Leihgaben der Bibliothek zu sehen war, zeigte die Lippische
Landesbibliothek im Juni/Juli eine Kabinett-Ausstellung rund um
Georg Brauns und Franz Hogenbergs Städteatlas »Civitates Orbis
Terrarum«. Die vier Bände aus der fürstlichen Bibliothek Simons VI.
zur Lippe konnten jüngst mit Spendenmitteln des Lions Club Detmold restauriert werden.
Begonnen wurde mit der Erschließung der Privatbibliothek von
Max Slevogt, die einen Umfang von 4.312 Bänden hat. Neben dem
künstlerischen Nachlass Slevogts im Landesmuseum Mainz und
dem schriftlichen Nachlass in der Pfälzischen Landesbibliothek stellt
seine Büchersammlung ein drittes wichtiges Quellensegment dar.
›› BIBLIOTHEK DES CUSANUS-STIFTES, BERNKASTEL-KUES
›› LIPPISCHE LANDESBIBLIOTHEK DETMOLD
Gustav Albert Lortzing (1801–1851) ist als Komponist von Spielopern bekannt, die auch heute noch ihren Platz im Repertoire haben. Sein erstes Engagement führte ihn als Schauspieler und Sänger 1826 bis 1833 ans Detmolder Hoftheater. Daher sammelt die
Bibliothek Dokumente zu Leben, Werk und Rezeptionsgeschichte
des Künstlers. Im Frühjahr konnte ein ausdrucksvolles farbiges Porträt erworben werden. Die Gouachemalerei des Porträtisten und Lithographen Caspar Scheuchzer entstand um 1840 in Leipzig, vermutlich als Vorlage für die bei Johann Lier in Zürich erschienene
Porträtlithographie.
son d’Abbéville (1600–1667), erster königlicher Kartograph und
Begründer des Verlagshauses Sanson.
››Von der Handschrift zum gedruckten
Buch – ausgewählte Werke der CusanusBibliothek aus dem 15. und 16. Jahrhundert (Dezember 2013 bis Juli 2014)
››Das Erbe des Cusanus – Ausstellung
zum 550. Todestag des Nikolaus von
Kues (August 2014 bis November 2014)
››Der Mensch als Kosmograph – kartographische Werke aus dem Umfeld des
Nikolaus von Kues und aus der CusanusBibliothek (Dezember 2014 bis Juli 2015).
Aus Anlass des Jubiläums hat das Hospital
darüber hinaus eine wertvolle mittelalterliche Sammelhandschrift aus dem 15. Jahrhundert mit einer Abschrift der deutschsprachigen Vaterunser-Auslegung (Sermo
XXIV) des Nikolaus von Kues erworben. Die
entsprechende Handschrift entstand vermutlich zwischen 1460 und 1485 im Franziskanerkloster St. Agnes ad Olivas in Köln
und wurde somit evtl. noch zu Lebzeiten
des Nikolaus von Kues angefertigt. Die darin enthaltene Abschrift der VaterunserAuslegung konnte bislang in der CusanusForschung nicht hinreichend berücksichtigt
werden. Die Handschrift enthält darüber
hinaus noch eine Vielzahl weiterer volkssprachlicher Erbauungstexte, so z. B. eine
deutsche Übersetzung der »Ars bene mori-
133
endi« (»Kunst des rechten Sterbens«), eine
Kurzvita der Elisabeth von Thüringen sowie das erste Buch der »Nachfolge Christi«
von Thomas von Kempen.
Bei der Neuerwerbung, die mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der
Länder realisiert werden konnte, handelt
es sich nicht nur um den ersten bedeutenden Kauf einer mittelalterlichen Handschrift durch das St. Nikolaus-Hospital in
Bernkastel-Kues seit 1838, sondern auch
um das erste im Cusanusstift vorhandene
theologische Werk des Nikolaus von Kues
in deutscher Sprache. Die wissenschaftliche Auswertung der Handschrift, die eine
Neuedition der Vaterunser-Predigt ermöglicht, erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Cusanus-Forschung in Trier. Die
Cusanus-Bibliothek in Bernkastel-Kues umfasst nunmehr 316 Handschriften vom 9.
bis 18. Jahrhundert, von denen noch etwa
270 aus dem Besitz von Nikolaus von Kues
selbst stammen.
Aus der Bibliothek des St. Nikolaus-Hospitals:
der Cod. Cus. 220a mit der deutschsprachigen
Vaterunser-Auslegung, Sermo XXIV, des Nikolaus
von Kues
ENTDECKUNGEN /
3/15
›› WISSENSCHAFTLICHE STADTBIBLIOTHEK MAINZ
Magenza, das jüdische Mainz, hat eine bis in das hohe Mittelalter
zurückreichende Geschichte. In den Jahren 2004 bis 2014 wurden
im Zuge der Rara-Erschließung und der systematischen Durchsicht
der Altbestände in der Stadtbibliothek Mainz zahlreiche neue mittelalterliche hebräische Einbandfragmente entdeckt. Diese Funde
werfen auf die lange Geschichte des Judentums in Mainz ein interessantes Licht.
Als Ergebnis einer zehnjährigen Kooperation zwischen dem Lehrstuhlinhaber für Judaistik an der Mainzer Johannes GutenbergUniversität, Professor Dr. Andreas Lehnardt, und der Leiterin des
Bereichs Handschriften, Rara, Alte Drucke in der Mainzer Wissenschaftlichen Stadtbibliothek, Dr. Annelen Ottermann, konnte nun
als Forschungsunterstützung eine Gemeinschaftspublikation zu he-
bräischen Fragmenten in und an Handschriften und Druckwerken
der Stadtbibliothek vorgelegt werden, die neue Einblicke in die literarische Vielfalt jüdischen Lebens im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit eröffnet.(11)
In Bild und Text werden die erstmals identifizierten Fragmente beschrieben, übersetzt und in einen breiten kulturgeschichtlichen
Kontext gestellt. Der Vorstellung der Trägerbände und ihrer Provenienzen wird breiter Raum gegeben. Die Veröffentlichung versteht sich als Beitrag zu dem gemeinsam von der Stadt und dem
Land Rheinland-Pfalz unterstützten Antrag auf Verleihung des Titels UNESCO-Weltkulturerbe an die sogenannten ShUM-Städte,
den mittelalterlichen jüdischen Städteverbund Mainz, Worms und
Speyer.
ENDNOTEN
›› UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK
1. Die Kolumne ist von Dr. Michael Herkenhoff (ULB Bonn) im Auftrag des Arbeits-
3/15
BESICHTIGUNGEN UND
TERRORGEFAHR − DIE KBG IN PARIS
JEAN-MARIE REDING, ANDRÉ WELTERS
Bibliothek der Universitäts- und
Stadtbibliothek Köln
1822 wurde in Frankreich erstmals der Posten eines Bibliotheksgeneralinspektors geschaffen. 1866 bekam Paris seinen gesonderten »Inspecteur de bibliothèques«. Eine
Inspektion der anderen und netteren Art
fand vom 20. bis zum 24. April 2015 statt,
nämlich durch 18 Mitglieder der Kölnischen
Bibliotheksgesellschaft (KBG), dem Förderverein der Universitäts- und Stadtbibliothek
Köln. Es ist nicht unwichtig zu wissen, dass
sämtliche Planungen durch KBG-Reiseleiter
André Welters vor dem Charlie-Hebdo-Attentat des 7. Januar durchgeführt worden
waren. In der französischen Hauptstadt waren Polizei und Militär allgegenwärtig.
Am Dienstag, dem ersten Besichtigungstag,
stand ein Besuch der »Bibliothèque Mazarine« auf dem Programm. »Vigipirate – Alerte Attentat«: Dieses Schild beim Eingang bekamen wir während der Woche mehrmals
zu sehen. Tasche und Ausweis vorzuzeigen,
war die Regel. Die Gruppe wurde vom Direktor Yann Sordet persönlich empfangen.
Da sich die »Mazarine« im Gebäudekom-
kreises „Historische Bestände in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz“ redigiert worden. Ständige Mitglieder des Arbeitskreises sind zur Zeit: Irene Bischoff
DORTMUND
plex des »Institut de France« befindet, zeigte Sordet der Gruppe zunächst die Kapelle mit dem Grabmal Kardinal Mazarins und
der berühmten Kuppel, in der feierliche Versammlungen des Instituts abgehalten werden. An die Bibliotheksführung schloss sich
eine Zimelienschau an. Zusätzlich konnten
sich die KBG-Besucher die aktuelle Ausstellung »De l'argile au nuage« zu historischen
Katalogen der »Mazarine« anschauen. Dort
war unter anderem der erste Bestandskatalog des »British Museum« zu bewundern,
in dem die damaligen Bibliothekare der
»Mazarine« handschriftlich vermerkt hatten, wenn ein Buch auch in ihrer Bibliothek
zu finden war. Ein frühes Beispiel für eine
Fremddatenübernahme!
(USB Köln), Dr. Marco Broesch (Bibliothek des Cusanus-Stiftes, Bernkastel-Kues),
Am Nachmittag besuchte die Kölner Gruppe das Deutsche Historische Institut (DHI)
Paris. Das im »Hôtel Duret-de-Chevry« untergebrachte, im mit Soldaten »über-überwachten« »Marais«, dem jüdischen Viertel
von Paris, gelegene DHI ist eines der sechs
deutschen historischen Auslandsinstitute.
Hier übernahm der Bibliothekar des Hauses, Andreas Hartsch, die Führung. Dessen Enthusiasmus, Ironie und Gestik ließen keine Sekunde Langeweile aufkommen.
Im Namen der KBG überreichte Dr. Hubertus Neuhausen, Direktor der USB Köln, Andreas Hartsch ein Buchpräsent, das dieser
wahrlich verdient hatte.
Dr. Hans-Joachim Cristea (BPS Trier), Dr. Joachim Eberhard (LLB Detmold),
Reinhard Feldmann (ULB Münster), Barbara Fischer (UB Trier), Dr. Michael
Die Revision wie auch das Konzept zur Neustrukturierung des Rara-Bestandes werden voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen
sein. Weitere Bestandskonzepte zu den modernen Sammlungen,
wie zum Beispiel zur »Bibliothek der ehemaligen Forschungsstelle für Politische und Soziale Geschichte der Schule«, konnten in der
ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden. Diese mit Stand 1985
abgeschlossene Sammlung umfasst rund 10.000 Bände und deckt
alle geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Fächer ab, zudem
befinden sich darin auch kleinere Bestände zu den Naturwissenschaften. In der Hauptsache handelt es sich um historische Lehrund Unterrichtswerke zu den einzelnen Fächern und den jeweiligen
Schulformen und -stufen. Daneben umfasst der Bestand auch einen
größeren Anteil an allgemeinen wie regionalen Quellentexten und
Sekundärwerken zur Entwicklung von Schulformen, Unterrichtsfächern sowie zur Ausbildung und Entwicklung des schulischen Lehrberufs. Der älteste Buchtitel datiert von 1754, der jüngste von 1986.
Rara-Werke des 18. bis 19. Jahrhunderts sind in einer geringen Anzahl von 173 Titeln vertreten. Die unter anderem für die Bildungsgeschichte interessante Phase der NS-Zeit ist mit einem Bestand an
insgesamt 668 Titeln vertreten.
Herkenhoff (ULB Bonn), Christiane Hoffrath (USB Köln), Harald Horst (EDDB
Köln), Dr. Anne Liewert (ULB Düsseldorf), Dr. Stephanie Marra (UB Dortmund),
Dr. Annelen Ottermann WStB Mainz, Martina Pauly (Martinus-B. Mainz),
Dr. Armin Schlechter (LBZ/RLP), Dr. Eva Seidenfaden (StB Trier).
2. USB Köln: Sammlung Islandica; www.ub.uni-koeln.de/bibliothek/profil/ssg/islandica
3. Siehe S. 141 f.
4. U
LB Münster: Teilnachlass Carl von Clausewitz; www.ulb.uni-muenster.de/
sammlungen/nachlaesse/teilnachlass-clausewitz.html
5. ULB Münster: Sammlungen; www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/index.html
6. U
LB Münster: Kartensammlung August von Haxthausen; http://sammlungen.ulb.unimuenster.de/nav/classification/116654
7. d
bv - Deutscher Bibliotheksverband e.V. : dbv-Kommission Bestandserhaltung;
www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/bestandserhaltung.html
8. ULB Bonn: NL Lamprecht; http://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/ulbbn/nav/
Am Mittwoch wurde vormittags die »Bibliothèque de la Sorbonne« besucht, die altehrwürdige Bibliothek der Pariser Universität. Hier wurde die Gruppe ebenfalls vom
Bibliotheksdirektor, Philippe Marcerou,
durch die Räumlichkeiten geführt. Beson-
classification/1961936
9. U
LB Bonn: General-Anzeiger: unabhängige Tageszeitung für Bonn; Bonner
Stadtanzeiger; http://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/ulbbnz/periodical/titleinfo/
3712608
10. ULB Bonn: Zeitungen, Jahre; http://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/ulbbnz/
date/list/229854
134
Foto: Reding
11.Lehnardt, Andreas; Ottermann, Annelen: Fragmente jüdischer Kultur in der Stadtbi-
In Bearbeitung ist derzeit zudem die Sichtung und Bewertung der
Bestände der »Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte«
(DGEG) mit rund 30.000 Bänden.
bliothek Mainz. Entdeckungen und Deutungen. Mainz 2015 (Veröffentlichungen der
Bibliotheken der Stadt Mainz 62) 276 S., Abb., Bezug über die Stadtbibliothek
Mainz; http://bit.ly/1EeZ96e
135
Einen prachtvollen Anblick bietet der große
Lesesaal der Bibliothèque nationale de
France, Richelieu.
ENTDECKUNGEN /
Am Nachmittag stand ein Besuch in der »Bibliothèque Richelieu« an, dem ursprünglichen Standort der Nationalbibliothek
Frankreichs (Bibliothèque nationale de
France, BnF). Ein eher an ein Patchwork
erinnerndes architektonisches Ensemble,
denn viele Architekten hatten im Laufe der
Geschichte Erweiterungen vorgenommen.
Da der Standort zurzeit umfangreich umgebaut wird, waren leider nicht alle Bereiche
bei der Führung zugänglich. So konnte der
berühmte große Lesesaal mit der Eisenarchitektur von Henri Labrouste aus dem späten 19. Jahrhundert nicht besichtigt werden.
Als Entschädigung stand jedoch das »Cabinet des Médailles« offen, die umfangreiche
Münz- und Antikensammlung der BnF. Eine
Nationalbibliothek mit solchen großen musealen Sammlungen ist doch recht selten
anzutreffen. Ein Prunkstück war hier sicher
das »Grand Camée de France«, das mit 31 x
26,5 cm Fläche und 24 abgebildeten Figuren größte erhaltene Kamee der Antike.
Tags darauf in der Hotel-Lobby, ein Schock:
Die Zeitungen berichteten von einem missglückten Attentat auf eine Kirche im Pari-
ser Viertel »Villejuif«.
Mit sehr gemischten
Gefühlen verließ die
Gruppe die französische Hauptstadt und
machte sich mit einem Regionalzug ins
50 Kilometer nordöstlich gelegene Chantilly auf. Dort stand am Vormittag eine Führung durch die Bibliothek des »Château de
Chantilly« auf dem Programm. Der Konservator Olivier Bosc war nur 24 Stunden vorher über eine »sehr bibliophile Besuchergruppe« informiert worden und stand nun
als Führer bereit. Das im barocken Stil errichtete Schloss beherbergt die 700 Handschriften und 12.000 Drucke umfassende
Sammlung von Henri d’Orléans, dem Herzog von Aumale. Dieser hatte die Sammlung samt »Château« Ende des 19. Jahrhunderts dem »Institut de France« (nicht: dem
Staat) vermacht. Nach Berichten über bisherige geradezu phantastische Bibliotheksbesichtigungen in Paris durch KBG-Übersetzer Jean-Marie Reding entschied Olivier
Bosc spontan, der KBG nach der für jeden
Touristen einsehbaren Bibliothek auch nicht
zugängliche Bereiche zu zeigen. Die Gruppe bekam eine exklusive Führung durch die
Kellergeschosse, die »andere« Schlossbibliothek und sogar das Archiv. Das Highlight
war sicher ein von Gutenberg
gedruckter Ablassbrief. Dieser
sah aus, als käme er frisch aus
der Druckpresse. Den Nachmittag nutzte die Gruppe, um den
umfangreichen
Schlosspark
und die Stallungen in Chantilly
zu besichtigen.
Am letzten Tag stand der Besuch der Senatsbibliothek im
Palais du Luxembourg an. Dabei handelt es sich um eine
nicht öffentliche Dienstbiblio-
136
3/15
QUALIFIZIERUNGSPROGRAMM
„LERNORT BIBLIOTHEK“ – DIE FÜNFTE
Gruppenbild vor der
Bibliothèque Mazarine
mit Direktor
Yann Sordet (3.v.l.)
PETRA BÜNING
Fachstelle für Öffentliche
Bibliotheken NRW
thek des Oberhauses des französischen Parlaments, so dass die Gruppe am Eingang
umfangreiche Sicherheitskontrollen über
sich ergehen lassen musste. Michael Moore,
US-Amerikanischer Filmregisseur, meinte im Vorwort seines Buches «Stupid white
men«: »Hmm, I thought, librarians are certainly one terrorist group you don’t want
to mess with.« Nun besteht die KBG glücklicherweise nicht nur aus Bibliothekaren.
Die Teilnehmer der Gruppe mussten auch
sichtbar Anstecker tragen, die sie als »délégation allemande« auswiesen. Die überwältigende und luxuriöse Ausstattung des
Palastes entschädigte jedoch mehr als genug für diese Mühen. Der Lesesaal der Senatsbibliothek, mit herrlichem Blick auf
den Jardin du Luxembourg, reiht sich mühelos in dieses Bild ein. Die wunderbaren
Deckenfresken wurden von Eugène Delacroix gemalt. Die KBG, überwältigt von dieser Schönheit, wurde anschließend von ihrem »guide« Jacques Briquet gebeten, den
nun wirklich schönen Bibliothekssaal zu besuchen! In der sogenannten »Annexe de la
Bibliothèque«, einer Bibliotheksgallerie aus
dem frühen 17. Jahrhundert, erwartete die
KBG eine Auswahl an Raritäten. Darunter
ein historisch enorm wichtiger Akt, nämlich
das Originalprotokoll, also handgeschrieben, der Senatssitzung, in der Napoleon
Bonaparte offiziell für abgesetzt erklärt
wurde. Nicht zum ersten Mal während dieser Reise stockte manchen KBG-Mitgliedern
der Atem. Am Nachmittag fuhr die Gruppe
wieder mit dem Thalys zurück nach Köln
und diskutierte eifrig und voller Begeisterung über das Erlebte.
Im April dieses Jahres hat die Fachstelle für
Öffentliche Bibliotheken NRW zum fünften
Mal ein Qualifizierungsprogramm im Rahmen der Initiative »Lernort Bibliothek« ausgeschrieben. Dass sich im Laufe der Zeit
auch beim Thema Social Media vieles weiterentwickelt hat, sieht man am Titel. Ging
es 2009 noch um Web 2.0, so trägt das Qualifizierungsprogramm 2015 bis 2017 den
Titel »Digitale Kommunikation für Öffentliche Bibliotheken«.
WORKSHOP IN DUISBURG
Fotos: Reding
ders der prächtige und bis auf den letzten
Platz mit Studenten gefüllte Lesesaal (Salle
Saint-Jacques) beeindruckte die Besucher.
Am Ende schloss sich auch hier eine kleine Schau von Spitzenstücken an. Der Höhepunkt war sicher die Gründungsurkunde
der Sorbonne-Universität aus dem Hochmittelalter, die im Original vorgelegt wurde.
KONZEPTE /
3/15
Die teilnehmenden Bibliotheken kommen
aus allen Landesteilen Nordrhein-Westfalens. Von der Großstadt bis zur Kleinstadt
sind alle Bibliotheksgrößen vertreten. Am
25. August war es dann soweit. Die Bibliotheksleitungen aus Bad Salzuflen, Bielefeld,
Detmold, Dinslaken, Eschweiler, Espelkamp,
Leverkusen, Lüdinghausen, Oberhausen,
Ochtrup, Plettenberg, Recklinghausen und
Steinfurt trafen sich zum zweitägigen Auftakt-Workshop in der Sportschule Duisburg-Wedau. Zum Einstieg sollte noch einmal deutlich werden, in welchem Umfeld
sich Bibliotheken mit ihren Social-MediaAktivitäten bewegen. Wibke Ladwig nahm
die Teilnehmer auf eine Studienreise durch
den Kosmos Social Web mit. Sie wird die
13 Bibliotheksteams bei der Entwicklung ihrer Content Strategie in den kommenden
zwei Jahren begleiten. Christoph Deeg bot
Anregungen zum Thema »Digitale Strategi-
en für Bibliotheken«. Er führt alle Teams in
den kommenden Wochen in die Grundlagen von Social Media ein und wird ihnen
das Themenfeld Monitoring näher bringen.
In den vergangenen fünf Jahren konnten 40
Bibliotheken im Rahmen der Lernort-Initiative Erfahrungen mit Social Media sammeln.
Unter dem Motto »Aus der Praxis für die
Praxis« kamen sechs Kollegen nach Duisburg, um den Bibliotheksleitungen Tipps
mit auf den Weg zu geben. Stephan Schwering (Stadtbüchereien Düsseldorf) berichtete über die Rolle der Bibliotheksleitung im
Rahmen des Coaching-Programms. Hierbei
konnte er von seinen Erfahrungen in Emsdetten und Düsseldorf berichten. Welche
Anknüpfungspunkte es für Social Media im
Team geben kann, stellte Andrea Kreuzheck
(Stadtbücherei Münster) dar. Nicht jedes
Teammitglied kann sich mit der Arbeit im
Facebook-, Twitter- oder Blogteam anfreunden. Ein internes Wiki als Wissensspeicher
für das gesamte Team wurde in Münster jedoch zur Erfolgsstory.
Dass eine gute technische Ausstattung unerlässlich ist, wenn man gute Social MediaArbeit leisten möchte, erläuterte Roland Dicke (Stadtbibliothek Paderborn). Er wies
darauf hin, dass die Bibliothek allen Teammitgliedern Tablets und Smartphones für
eine Testphase mit nach Hause geben sollte. Auf diese Weise entstehen Offenheit und
Verständnis für die Entwicklungen im Social Media-Bereich. Von ihrer Kooperation
untereinander und mit dem Jugendhaus
in Raesfeld berichteten Jutta Weber (Stadtbücherei Raesfeld) und Angela Hoves (Remigius Bücherei Borken). Gerade für sehr
kleine Bibliotheken sind Kooperationspartner für ihre Social-Media-Aktivitäten häufig die einzige Möglichkeit, in diesem Be-
137
reich dauerhaft aktiv zu bleiben. Zu guter
Letzt erzählte Claudia Büchel (Stadtbücherei Hilden) von der Social Media-Kampagne anlässlich des 100-jährigen Bestehens
der Stadtbücherei Hilden. Bei ihrem Vortrag wurde deutlich, wie reale und digitale
Welt verknüpft werden können.
NET(Z)WORKING
Nach zwei spannenden Tagen sind alle Teilnehmenden mit der Aufgabe in ihre Bibliotheken zurückgekehrt, im Team über ein
Kampagnenthema nachzudenken. Ziel dieses Coaching-Programms ist es, Social Media-Aktivitäten für einen Bereich oder ein
aktuelles Thema der Bibliotheksarbeit zu
entwickeln. Für ca. 100 Kollegen in den
Projektbibliotheken hat die Social MediaArbeit bereits am 31. August begonnen. Die
Schulung rund ums »Handwerkszeug« findet im Rahmen des Online-Kurses Net(z)working statt, den die Fachstelle für das
Coaching-Programm erneut aufgelegt hat.
In acht Lektionen macht es mit verschiedenen Plattformen im Social Web vertraut.
Wer die weiteren Aktivitäten im Rahmen des
Programms verfolgen möchte, sollte ab und
zu einen Blick in das Reisetagebuch werfen, das in den kommenden beiden Jahren
als Projektdokumentation geführt wird.(1)
Und natürlich gibt es immer wieder Neuigkeiten über das Programm auf dem Blog(2)
und der Facebook-Seite(3) der Fachstelle für
Öffentliche Bibliotheken NRW.
ENDNOTEN
1. www.bibreise.wordpress.com
2. https://oebib.wordpress.com
3. www.facebook.com/Fachstelle.Offentliche.Bibliotheken.NRW
KONZEPTE /
Liederbuch, Kochtopf, Rhythmusinstrumente:
Für die Koffer wurden Gegenstände und
Medien zusammengestellt, die Erinnerungen
wecken können.
3/15
3/15
STADTBIBLIOTHEK BERGHEIM −
LOKALE ALLIANZ FÜR MENSCHEN
MIT DEMENZ
Mit mehr als 100.000 Besuchern und knapp 300.000 Ausleihen 2014 erfreut sich die Stadtbibliothek Bergheim wachsender Beliebtheit. Neben einem breiten Kultur- und Bildungsangebot für Kinder und Erwachsene lassen die Bergheimer aber auch die Belange der Älteren nicht aus dem Blick
und schmieden unter dem Dach ihrer Bibliothek eine Lokale Allianz für Menschen mit Demenz.
ANDREA FLOSS
freie Journalistin
Mit dem Umzug ins neu errichtete Veranstaltungszentrum Medio.Rhein.Erft am
Konrad-Adenauer-Platz im Stadtzentrum
begann für die Kunden und Mitarbeiter
am 6. Juni 2004 eine neue Ära. Seit diesem Tag hat sich die Institution mitten im
Herzen der nordrhein-westfälischen Kreisstadt im Westen von Köln nicht nur zur
festen Größe im Bergheimer Kulturleben
entwickelt, sondern auch mit viel Sachverstand und Engagement ein solides Fundament für ihr vielseitiges Angebot geschaffen. »Bibliotheken müssen heute mehr sein
als reine Ausleihe und der veränderten Medienlandschaft Rechnung tragen«, ist Biblio-
theksleiter Werner Wieczorek überzeugt.
Mit einem Team aus elf Mitarbeitern steuert er den Wandel des Hauses zum Treffpunkt, Bildungspartner und Lernort.
Heute bietet die Stadtbibliothek mit einem
breit gefächerten Bestand von über 50.000
Medien für jede Altersgruppe etwas. Viele
Besucher sind der Einrichtung seit Jahren
treu. Die modernen und offenen Räumlichkeiten sprechen alle Generationen, Kulturen und sozialen Schichten an. Die Jugend
ist auf einer eigenen Etage unter sich.
„VERGISS MEIN NICHT“
Bei allem Engagement für den Lese-Nachwuchs verliert die Stadtbibliothek Bergheim ihre Senioren nicht aus dem Blick und
stellt sich den Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft. In enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung
und dem Rhein-Erft-Kreis gleich
nebenan hat sich die Bibliothek
im November 2014 dem bundesweiten Projekt »Lokale Allianzen
für Menschen mit Demenz« angeschlossen. Ziel des vom Bundesministerium für Familie, Se-
Das Kulturzentrum
Medio.Rhein.Erft in Bergheim
138
nioren, Frauen und Jugend geförderten
Programms ist es, den Alltag von Demenzkranken und ihren Angehörigen dauerhaft zu verbessern, für mehr Akzeptanz zu
werben und das Tabu »Demenz« zu brechen. Fachleute aus der Verwaltung, örtliche Seniorenzentren, Gesundheitseinrichtungen, Vereine, Initiativen und freiwillig
Engagierte treffen sich regelmäßig am Runden Tisch in der Stadtbibliothek, die allein
schon durch ihre zentrale Lage dafür prädestiniert ist.
Als Dach des Netzwerks stellt die Einrichtung unterschiedliche Medien, Informationen und Materialien zum Thema bereit und
bietet Akteuren und Betroffenen Raum für
Aktionen, Austausch und niederschwellige
Angebote. Zielgruppengerechte Medienangebote wie Großdruckbuch, Hörbücher und
E-Books sind ebenso selbstverständlich wie
die Barrierefreiheit in allen Räumen.
Unter dem Titel »Vergiss mein nicht« haben die Mitarbeiter umfangreiche Materialien zum Thema »Demenz und Alzheimer«
zusammengestellt, die allen Besuchern zur
Verfügung stehen – Geschichten zum Vorlesen, Biografien, Ratgeber, Liedersammlungen, Filme, Koch- oder Kinderbücher sowie
Filme und Hörbücher. Antworten gibt es
hier auf viele Fragen: Auf welchen Krankheitsverlauf muss man sich einstellen, wel-
che Therapieformen sind möglich, welche
rechtlichen Fallstricke sind zu beachten,
und welche Betreuungsform ist ratsam?
deshalb als »Demenz-Begleiter« geschult,
die ehrenamtlichen Vorlesepaten sollen folgen.
Zur Ausleihe gibt es auch sechs »Erinnerungskoffer« zu verschiedenen Themenbereichen, die Betreuungspersonen zahlreiche
Inspirationen für die aktive Biografie-Arbeit geben. Gefüllt mit Gegenständen aus
Kindheit und Jugendzeit von Senioren ist
die Materialsammlung ein idealer Türöffner,
weckt Erinnerungen, regt zu Gesprächen an
und eignet sich als Gedächtnistraining für
Einzelne und in der Gruppe.
Vorlesen im klassischen Sinne funktioniert
beispielsweise nur unter bestimmten Voraussetzungen – die Konzentrationsspanne
mancher Zuhörer ist kurz, und viele können sich nicht mehr in der Handlung und
Sprache orientieren. Kleine Geschichten,
Gedichte, Lieder und Bilder mit »Wiedererkennungswert« sind gefragt, alles was Erinnerungen weckt und biografische Bezüge
ermöglicht. Praxisbücher und Beschäftigungsanregungen erlauben neben der verbalen Kommunikation auch die sinnliche
Ansprache.
Das Seniorenportal Bergheim dient dabei als Online-Plattform der Lokalen Allianz und bündelt Informationen und Veranstaltungstipps für die breite Öffentlichkeit
und Fachleute aus der Seniorenarbeit.(1) In
einem passwortgeschützten Raum können
sich die Teilnehmer direkt miteinander austauschen, Partner für gemeinsame Aktionen und Angebote finden und auf eine umfassende Materialsammlung zugreifen.
„HERZENSSPRECHSTUNDEN“
Der Umgang mit demenziell veränderten
Menschen, ihren Einschränkungen, aber
auch ihren besonderen Ressourcen erfordern spezielle Kenntnisse und fachliche Begleitung. Das Bibliothekspersonal wurde
Eine »Herzenssprechstunde« für Angehörige ist nur eines der neuen kostenfreien Angebote, die unter dem Schirm der Lokalen Allianz entstanden sind. Seit Mai lädt
die Bergheimer Alzheimer Gesellschaft jeden ersten Mittwoch im Monat am späten
Nachmittag in die Räume der Stadtbibliothek. Angehörige und Erkrankte können
hier ihre Fragen und Sorgen loswerden und
gemeinsam nach Lösungen suchen. »Vielfach lasten dicke Steine auf den Betroffenen«, sagt die Vorsitzende Anni Wilbertz.
Im persönlichen Gespräch lassen sich viele Fragen klären und mögliche Hilfestellungen erörtern. »Es ist wichtig, dass sich An-
139
gehörige Freiräume schaffen und sich vor
Überlastung schützen«, betont sie.
»Erzähl doch mal« nennt die Stadtbibliothek ihre neue Veranstaltungsreihe mit Literaturexpertin Claudia Bambach. Sie will
Betroffenen und Angehörigen eine Auszeit
vom Alltag bieten. Vorgestellt werden Vorlesebücher und Ratgeber zum Thema Demenz. »Das Konzept ist offen, wir wollen
erst einmal schauen, was von den Teilnehmern gewünscht wird«, erklärt Claudia
Bambach, die sich selbst als »Seelsorgerin« versteht. Als lockere Gesprächsrunde
geplant, dient der Termin dazu, in Kontakt
zu kommen, das umfangreiche Medien-Angebot der Stadtbibliothek kennenzulernen
und zu testen, »was in Bergheim überhaupt
gebraucht wird«. Angehörige von Demenzkranken wissen am besten, wie gut es Betroffenen tut, von früher zu erzählen oder
altbekannte Geschichten zu hören. Auch
eine biografische Schreibwerkstatt könnte sich aus dem Versuchsballon entwickeln.
Für die Stadtbibliothek Bergheim ist das innovative Projekt jedenfalls eine gute Gelegenheit, bürgerschaftliches Engagement
und ein lebendiges Miteinander der Generationen unter ihrem Dach zu fördern.
ENDNOTE
1. www.unser-quartier.de/stadt-bergheim
KURZ & KNAPP /
STATISTISCHE
ÜBERSICHT ÜBER
DAS KOMMUNALE
BIBLIOTHEKSWESEN
IN NRW
3/15
Regierungsbezirke
Einwohner
gesamt
Zahlder
Bibliotheksgemeinden
Einwohnerin
Bibliotheksgemeinden
Zahlder
Bibliotheken
davon
Fahrzeuge
Haltepunkte
Arnsberg
Kreisfreie Städte
1.489.712
5
1.489.712
29
2
68
Kreise
2.136.837
58
1.843.332
73
1
137
3.626.549
63
3.333.044
102
3
205
Summe
Detmold
Kreisfreie Städte
Jahresstatistik 2014 –
Zusammenstellung aller
fünf Regierungsbezirke
3/15
324.970
1
324.970
9
-
-
1.695.538
45
1.281.770
64
1
73
2.020.508
46
1.606.740
73
1
73
3.155.690
10
3.155.690
76
2
49
Kreise
Summe
Düsseldorf
Kreisfreie Städte
Kreise
Summe
2.012.312
40
1.746.986
59
-
-
5.168.002
50
4.902.676
135
2
49
1.793.770
4
1.793.770
36
2
41
Köln
Kreisfreie Städte
Kreise
Summe
2.644.603
65
2.241.146
78
-
-
4.438.373
69
4.034.916
114
2
41
669.559
3
669.559
14
2
56
Münster
Kreisfreie Städte
Kreise
Summe
Land NRW 2014
Regierungsbezirke
1.928.530
42
1.538.320
52
1
21
2.598.089
45
2.207.879
66
3
77
17.851.521
273
16.085.255
490
11
445
Stellen insgesamt
lt. Stellenplan
Fachbibliothekare
Vollzeitäquivalente
(VZÄ)
Bestand,
Medieneinheit (ME)
Entleihungen (ME)
Personalkosten
Erwerbungskosten
für ME
(einschl. Einband)
Finanzielle
Aufwendungen
insgesamt
282
70
2.003.748
6.284.534
14.192.305
1.914.533
23.662.979
Arnsberg
Kreisfreie Städte
Kreise
226
66
2.070.824
6.070.136
11.867.312
1.829.899
18.326.326
507,47
136,06
4.074.572
12.354.670
26.059.617
3.744.432
41.989.305
44
10
516.317
1.503.730
2.312.571
361.350
5.542.531
Kreise
172
53
1.570.163
5.752.362
8.966.046
1.692.899
13.801.232
Summe
216
63
2.086.480
7.256.092
11.278.617
2.054.249
19.343.763
Summe
Detmold
Kreisfreie Städte
Düsseldorf
Kreisfreie Städte
655
182
4.012.442
17.459.656
33.520.428
4.905.046
52.319.974
Kreise
247
82
2.155.973
8.623.488
12.850.222
2.073.607
18.811.371
901,91
263,07
6.168.415
26.083.144
46.370.650
6.978.653
71.131.345
Summe
Köln
Kreisfreie Städte
279
91
1.765.033
7.503.957
14.594.350
2.006.055
22.751.743
Kreise
228
74
2.203.238
6.618.415
11.298.558
1.749.448
16.912.075
507,67
164,30
3.968.271
14.122.372
25.892.908
3.755.503
39.663.818
126
31
638.784
3.569.414
7.216.568
1.069.579
9.208.526
Summe
Münster
Kreisfreie Städte
Kreise
Summe
Land NRW 2014
199
64
2.010.782
7.564.084
10.834.802
1.943.562
15.753.320
325,21
94,96
2.649.566
11.133.498
18.051.370
3.013.141
24.961.846
2.457,86
721,37
18.947.304
70.949.776
127.653.162
19.545.978
197.090.077
140
„DIE HEILIGE SCHRIFT DES
CHRISTENTUMS UND IHRE BILDER“
REINHARD FELDMANN
Universitäts- und Landesbibliothek Münster
JOHANNES MEIER
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Ausstellungen mit Büchern, von Museumsfachleuten oft auch despektierlich »Flachware« genannt, sind schwierig. Doch der Aufwand lohnt, denn trotz Digitalisierung und einem Überangebot an
Bildern vermögen Bücher den Blick auf das Authentische und oftmals Auratische zu lenken.
Schon des Öfteren haben das kleine, aber feine »Museum in der
Kellnerei« in Clarholz und die historische Bibliothek des ehemaligen Praemonstratenserklosters Clarholz mit Veranstaltungen, Kolloquien und Ausstellungen auf sich aufmerksam gemacht. Der
Reigen dabei ist weit gespannt: Eine Würdigung des Richters, Revolutionärs und Abgeordneten der Frankfurter Paulskirchenversammlung Jodokus Temme und eine vielbeachtete Ausstellung
über illustrierte Kräuter- und Pflanzenbücher seien stellvertretend für die Aktivitäten genannt. Für die diesjährige Ausstellung
(bis Mitte Juli 2015) wurden illustrierte Bibeldrucke überwiegend
aus den Beständen der Universitäts- und Landesbibliothek Münster ausgewählt.
be von 1556 ist mit zahlreichen farbigen Illustrationen ausgestattet (Erschaffung Evas, Sündenfall, Kain erschlägt Abel u.a. mehr).
Der dritte bedeutende katholische Bibelübersetzer im 16. Jahrhundert ist zweifellos Caspar Ulenberg (1548−1617). Er stammte aus Lippstadt, studierte Theologie in Wittenberg, trat im Alter
von 24 Jahren zur katholischen Kirche über und empfing 1576 die
Priesterweihe. Er war Pfarrer an verschiedenen Kölner Kirchen und
1610/12 Rektor der dortigen Universität. Ulenberg galt als sprachmächtiger Schriftsteller und Prediger.
BAROCK UND ROKOKO
Unter der katholischen Bevölkerung des deutschen Sprachgebietes
waren im 17. und 18. Jahrhundert mehr Bibelausgaben verbreitet
als unter der evangelischen, wo die Luther-Übersetzung eine dominierende Stellung einnahm (mit Ausnahme der Schweiz). Zwei davon seien hier vorgestellt:
››Zum einen die »Catholische Bibel« (Nürnberg 1763), auch
»Deutschordensbibel« genannt. Auf Veranlassung des Fürsten
von Hohenlohe-Waldenburg schuf die Deutschordenskommende Nürnberg eine eigene Übersetzung, die mit über 200 Kupferstichen reich ausgestaltet war.
››Zum anderen die »Catholische Straßburger Bibel Oder Heilige
Schrifft Alten und Neuen Testaments: Auf gnädigsten Befehl ...
Armandi Gastonis von Rohan ... gedruckt« (Straßburg 1734).
REFORMATION UND KATHOLISCHE REFORM
HISTORISMUS UND JUGENDSTIL
Den Anfang machten die Bibelübersetzungen des 16. Jahrhunderts.
Nachdem Martin Luther mit seinen Übersetzungen 1522 (Neues Testament, sog. »Septembertestament«) eine gewisse Vorherrschaft des Protestantismus auf diesem Feld erreicht hatte, zogen
die katholischen Gelehrten schnell nach und legten ihrerseits gut
gelungene Übersetzungen vor, nicht ohne in den Vorreden manchen bösen Seitenhieb gegenüber Luther und den Reformatoren
zu verteilen. So schrieb Hieronymus Emser in seinem »New Testament« (Leipzig 1529) mit deutlicher Kritik an den Reformatoren:
»jhe mehr sie sich auff das Evangelion beruffen, jhe weniger Evangelischer Frücht man bey yhn findet«.
Die Epoche des Historismus ist uns heute weitgehend fremd. Doch
wie innovativ die damaligen Buchgestalter waren, kann man vor
allem an zwei der bedeutendsten Illustratoren dieser Zeit festmachen. Für Deutschland ist hier vor allem Julius Schnoor von Carolsfeld (1794−1872) zu nennen, einer der bedeutendsten Nazarener. Obwohl Lutheraner, malte er häufig Mariendarstellungen.
Berühmt wurden seine »Bilder zur Bibel« (erschienen 1851−1860),
die sich durch über 200 wunderbare Holzstiche auszeichnen und
häufig verlegt wurden. Sein französisches »Gegenstück« war Gustav Doré (1832−1883), der ebenfalls eine Prachtausgabe der Bibel illustrierte (1866) und dessen Graphiken und Zeichnungen sogar noch den Surrealisten Salvador Dali beeinflussen sollten. Auch
die kunstvoll gestalteten Einbände verdienen Beachtung. Sie zeigen in einer Mandorla Moses mit den Gesetzestafeln für das Alte
Testament und den wiederkommenden Christus als Weltenrichter
Berühmtheit erlangte auch die mehrfach aufgelegte »Translation
trewlich verteutscht vnd mit vielen heilsamen Annotaten erleuchte« durch Johannes Dietenberger. Insbesondere die Kölner Ausga-
141
KURZ & KNAPP /
3/15
3/15
für das Neue Testament, beide ausgeführt in moderner Einbandtechnik, nämlich Kaliko mit farbiger Prägung.
›› AKTION „LESEFUTTER“ – WERBUNG AUF BRÖTCHENTÜTEN FÜR
Um 1900 gab es im deutschen Katholizismus eine kulturell moderne Strömung, zu der sich vor allem Akademiker hingezogen fühlten. In der Kunst öffnete sie sich für den »Jugendstil«, der damals
die Plakatkunst und Buchillustration zu erfassen begann. Dieser
geht auf Elemente japanischer Holzschnitte zurück und verschmilzt
ornamentale sowie florale Muster ostasiatischer und orientalischer
Keramik. Die 1912 im Verlag der Joseph Koeselschen Buchhandlung (Kempten und München) in Verbindung mit einem katholischen Verlag in Stuttgart herausgekommene »Volksbibel« ist davon
deutlich beeinflusst. Sie enthält eine Auswahl biblischer Texte in
Übersetzung von Alfons Heilmann und ist mit 40 farbigen Bildern
von Gebhard Fugel (1863−1939) ausgestattet. Der Bucheinband
aus Kaliko stellt den Propheten Jesaja dar mit einem aus der Liturgie des Epiphaniefestes vertrauten Zitat.
Stadtbibliothek und Literarische Gesellschaft Oberhausen sind
2015 Kooperationspartner für die Aktion »Lesefutter«. Mit bedruckten Papiertüten engagiert sich die Energieversorgung Oberhausen
AG (evo) jedes Jahr für die Stadt: 2015 werden auf 80.000 Brötchentüten drei Literaten vorgestellt, die mit Oberhausen in Verbindung stehen. Neben einem Textauszug sind Fotos und eine Kurzbiografie der Autoren abgebildet. Die Autoren und Texte sind ganz
unterschiedlich: Marcel Maas, der jüngste im Bunde, in Oberhausen geboren, fällt mit seiner ungewöhnlichen sprachlichen Form
auf. Nicola Hackenberg, eine in Oberhausen lebende Krankenschwester ist eher bodenständig. Ralf Rothmann, dessen Roman
»Junges Licht« in Oberhausen spielt und zurzeit verfilmt wird, ist
in der deutschen Literaturlandschaft etabliert.
OBERHAUSENER AUTOREN
Kain erschlägt Abel (aus der Bibelübersetzung des Johannes
Dietenberger, 1556).
›› MELDUNGEN
›› NEUER REGELWERKSSTANDARD RDA
Am 1. Oktober 2015 hat die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) mit der Erschließung
nach dem Regelwerk Resource Description
and Access (RDA) begonnen. Die Verbünde und Bibliotheken in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz
folgen innerhalb der nächsten drei Monate. Das deutschsprachige Bibliothekswesen
wendet damit einen gemeinsamen, sprachraumübergreifenden internationalen Standard an. Die Offenheit des Regelwerks ermöglicht seine Anwendung in weiteren
Kulturbereichen wie Museen und Archiven und erleichtert die Zusammenführung
von Metadaten unterschiedlicher Kultureinrichtungen für Recherchen. Die Deutsche
Nationalbibliothek veröffentlicht aus diesem Anlass ein auf die Anforderungen der
Erschließung nach RDA ausgerichtetes Erschließungskonzept. Es ist Grundlage des
Datenangebotes für nachnutzende Bibliotheken des deutschsprachigen Raums.
Die in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichneten Veröffentlichungen werden seit Juli 2015 über die Lizenz CC0 kostenfrei angeboten. Alle von der DNB für die
Deutsche Nationalbibliografie erstellten Datensätze werden künftig durch eine entsprechende Codierung einem von vier Erschließungsniveaus zugeordnet sein. Die
Auslieferung der Codierung erfolgt nach der
technischen Anpassung des Lieferformats in
der ersten Hälfte 2016. Ein ausführliches
Dokument zur Verfahrensweise finden Sie
im RDA-Info-Wiki https://wiki.dnb.de/pages/viewpage.action?pageId=94676205.
142
›› LETZTER BIX
Der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) veröffentlichte die Ergebnisse des Bibliotheksindex BIX 2015, für den sich 209 Bibliotheken freiwillig einer Analyse ihrer Leistungsdaten unterzogen. Knapp über 25 %
der teilnehmenden Bibliotheken erreichten
in allen Leistungsgruppen Bestnoten und
wurden mit vier Sternen ausgezeichnet. In
NRW waren das die Öffentlichen Bibliotheken (ÖBs) Emsdetten, Greven, Hilden und
Moers, bei den Wissenschaftlichen liegt
die ULB Düsseldorf mit 3,5 Sternen vorne,
ebenso viele gingen an die ÖBs in Gladbeck
und Verl. Die detaillierten Ergebnisse werden im Internet unter www.bix-bibliotheksindex.de publiziert. Nach 16 Jahren wird
der BIX zum Ende des Jahres eingestellt,
weil es trotz intensiver Bemühungen, so der
dbv, nicht gelungen sei, ein langfristig tragfähiges Finanzierungsmodell zu finden.
Seit Anfang Mai gehen die Tüten in Bäckereien, Buchhandlungen
und Bioläden über den Ladentisch. Die Einzelhändler freuen sich
über kostenloses Verpackungsmaterial, die evo und ihre Projektpartner erreichen mit den Werbeträgern Aufmerksamkeit. Und
ganz nebenbei werden damit im Alltag das Lesen und die Begegnung mit Literatur gefördert. Hans-Dietrich Kluge-Jindra, Leiter
des Bert-Brecht-Bildungszentrums und der Stadtbibliothek: »Ich
bin von der Aktion begeistert, weil wir damit gemeinsam sozusagen über die Ladentheke viele Menschen erreichen und zeigen,
dass auch aus unserer Region interessante junge und auch arrivierte Autorinnen und Autoren kommen, was viele nicht wissen.«
›› BIBLIOTHEKSLEITERTAG – „WILLKOMMEN! DER WEG ZUM WISSEN“
OCLC lädt für Dienstag, 13. Oktober, zum
11. Deutschen Bibliotheksleitertag 2015 in
die Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main ein. Dieser steht unter dem
Motto »Willkommen! Der Weg zum Wissen«.
Namhafte Referentinnen und Referenten
berichten u. a. zu Themen wie »Interkulturelle Bibliotheksarbeit«, »Neue Bibliotheks-
konzepte in Zeiten knapper Mittel«, »Bildungspartner Bibliothek – Kooperation von
Stadtbücherei und Stiftung in einem Familienbildungsprojekt«, »Können Sie Google? Positionierung der Bibliothek im Web«.
Mit dabei sind u. a. Prof. Dr. Claudia Lux
(Project Director, Nationalbibliothek Katar,
Doha), Dr. Sabine Homilius (Leiterin der
Stadtbücherei Frankfurt a. M.), Gisela von
Auer (Projektleiterin, Diesterweg-Stipendium), Dr. Jan-Pieter Barbian (Stadtbibliothek
Duisburg), Barbara Lison (Leiterin Stadtbibliothek Bremen), Anne Burckow und Sarah
Politt (Bücherhallen Hamburg). Die Teilnahme ist kostenlos. Mehr zur Tagung unter
www.bibliotheksleitertag.de
›› RICHTIGE LINKS ZU „MÖGLICHKEITEN DER WEITERQUALIFIZIERUNG FÜR
FAMIS DER FACHRICHTUNG BIBLIOTHEK“
Im Artikel der letzten ProLibris-Ausgabe 2-2015 (S. 71), der über
»Möglichkeiten der Weiterqualifizierung für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste (FaMIs) der Fachrichtung Bibliothek« berichtete, wurden Links falsch zugeordnet. Richtig ist Folgendes: Aktuell gibt es vier Weiterqualifizierungsangebote für FaMIs in
Deutschland, dabei geht es um FaMIs der Fachrichtung Bibliothek
mit und ohne Hochschulreife, welche neben ihrer Berufstätigkeit
Aufstiegsweiterbildungschancen nutzen möchten. Die Angebote
richten sich auch an Bibliotheksassistentinnen und Bibliotheksassistenten. Für FaMIs gibt es derzeit die Möglichkeit der Weiterqualifizierung zum Fachwirt/zur Fachwirtin in Köln(1) und in Frankfurt(2).
Des Weiteren gibt es an der Fachhochschule Potsdam die Möglichkeit, ein Zertifikat zu erlangen, das Voraussetzung für eine Prüfung
zum Bachelor Bibliotheksmanagement ist.(3) Darüber hinaus besteht
an der Hochschule Hannover die Möglichkeit, ein Bachelor-Studium Informationsmanagement zu absolvieren.(4)
ENDNOTEN
1. www.fh-koeln.de/weiterbildung/fachwirt-fuer-medien--und-informationsdienste_5880.php
2. http://seminare.hvsv.de/details.jsp?ver_id=5957&basket=add&y=1202
3. www.fh-potsdam.de/index.php?id=845
4. http://f3.hs-hannover.de/studium/bachelor/informationsmanagement-berufsbegleitend/index.
html
143
KURZ & KNAPP /
3/15
›› STADTBIBLIOTHEK KÖLN IST
„BIBLIOTHEK DES JAHRES“ 2015
Mut zur Innovation und eine klare Strategie überzeugten die Jury
des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv). Deshalb verlieh sie der
Stadtbibliothek Köln den Preis »Bibliothek des Jahres« 2015. Der
Preis wird am Samstag, dem 24. Oktober 2015, dem »Tag der Bibliotheken« im Historischen Kölner Rathaus überreicht. Die dbv-Jury
sprach außerdem der Westdeutschen Blindenhörbücherei in Münster, die in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feiert, eine besondere Anerkennung für ihre langjährige engagierte Arbeit aus. Letzte
NRW-Preisträger waren die Gefangenenbücherei der JVA Münster
(2007) und die Stadtbüchereien Hamm (2005).
Die Stadtbibliothek Köln habe, so die Begründung der Jury, in den
letzten Jahren mutig mit unkonventionellen Denkansätzen viele innovative Entwicklungen angestoßen. Aktivierende Kundenangebote (»Makerspace«, »Digitale Werkstatt«, »Quellentaucher«) ergänzen den üblichen Bibliotheksservice. Die Bibliothek, so heißt es,
stelle den Menschen in den Fokus all ihrer Planungen und wandele sich so zu einem unverzichtbaren Ort in der Stadtgesellschaft –
und das trotz schwieriger Haushaltslage, ungünstigen räumlichen
Das Team der Stadtbibliothek Köln hatte Grund zur Freude.
Verhältnissen und geringen Ressourcen. Direktorin Hannelore Vogt
gab die Wertschätzung an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
weiter: »Diesen Preis haben wir uns alle gemeinsam verdient. Die
Bibliothek ist nur so gut wie die Summe ihrer Mitarbeitenden. Es
zählt nicht nur das Neue. Auch die tägliche Arbeit ist ein besonderer Baustein zu unserem Erfolg«, betonte sie. Die »ungünstigen
räumlichen Verhältnisse« des Hauses könnten in naher Zukunft besser werden. Für eine Generalsanierung hat der Rat der Stadt die voraussichtlichen Kosten von 38,2 Mio. Euro beschlossen. Zurzeit gibt
es einen Planungsauftrag, der u. a. die Auslobung eines Innenarchitekturwettbewerbs beinhaltet. Der Baubeschluss steht noch aus.
›› NINA JÄCKLE ERHÄLT DEN EVANGELISCHEN BUCHPREIS 2015
In feierlichem Rahmen überreichte der Vorsitzende des Evangelischen Literaturportals
e.V., Bischof Jan Jansen (Oldenburg), Ende
September 2015 im Assapheum in Bielefeld-Bethel den Evangelischen Buchpreis
2015 an die Schriftstellerin Nina Jäckle. Zur
Preisverleihung hatte die Evangelische Kirche von Westfalen eingeladen. Die Autorin
erhielt den Preis für ihren Roman »Der lange Atem«, in dem sie den Leser ins Japan
des Jahres 2011 an die Küste bei Fukushima
führt. Ihr Ich-Erzähler ist ein Phantombildzeichner, der nach der Fukushima-Katastrophe den Auftrag hat, anhand von Fotos
entstellter Opfer Zeichnungen anzufertigen,
die es den Hinterbliebenen ermöglichen,
ihre Verstorbenen zu identifizieren. Mit ihrer vorsichtigen Erzählweise, so die Begründung der Jury, gelinge es Nina Jäckle,
Leid, Schmerz und Trauer in Worte zu fassen und anzudeuten, wie ein Weiterleben
möglich ist. Im Anschluss an die Preisverlei-
hung ging die Autorin auf Lesereise durch
Ostwestfalen. Der Evangelische Buchpreis
wird seit 1979 vom Dachverband evangelischer öffentlicher Büchereien, dem Evangelischen Literaturportal, verliehen. Gesucht werden Bücher, die anregen, über uns
selbst, unser Miteinander und unser Leben
mit Gott nachzudenken. Noch bis zum 31.
Dezember 2015 können Vorschläge für den
Buchpreis 2016 eingereicht werden. Mehr
dazu: www.evangelischerbuchpreis.de.
VON HITZE, SCHWEISS UND ÖFFENTLICHEN BIBLIOTHEKEN
Wir erinnern uns: Es war ein warmer Sommer, ein Sommer mit vielen wirklich heißen Tagen. Aber die halten Kunden (und gemeint
sind diesmal tatsächlich nur die männlichen Vertreter der Gattung
Mensch) zum Glück nicht davon ab, Medien auszuleihen. Die Hitze trieb ihnen und uns den Schweiß auch auf die Stirn. Aus welchem Grund Mitarbeiterinnen Öffentlicher Bibliotheken unter solchen meteorologischen Sperenzchen manchmal ganz besonders zu
leiden haben, macht die folgende Klage − gefunden auf Facebook −
sonnenklar: » … muss nach Hause und oder in psychologische Behandlung!«, stand da. Und: »Bitte, liebe Leser, oder generell, bitte,
liebe Menschen: Wenn ihr vor mir an der Theke steht − ich sitze
− benutzt nicht euer T-Shirt-ENDE(!), um eure Stirn abzutupfen!
Danke!!! (Ausnahme: Sixpack Bäuche ;-)).
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