Das Internationale Bonn nternationale Bonn nternationale
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Das Internationale Bonn nternationale Bonn nternationale
Ringvorlesung: „Das Internationale Bonn Migration, Integration und Entwicklung“ ZEF Mittwochs, 18:15 – 19:45 Uhr Universitätshauptgebäude, Hörsaal III Veranstaltet von Bonn International Model United Nations (BIMUN/SINUB) e.V. In Kooperation mit mit Stadt Bonn, Studium Universale der Universität Bonn, Bonner Büro der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, Internationales Konversionszentrum Bonn, Zentrum für Entwicklungsforschung und Akademie für Sozialethik und Öffentliche Kultur 08 / 04.06 04.06.2008 Migration als Motor von... Entwicklungszusammenarbeit ...als Motor von Integration? Bevor mit dem eigentlichen Thema der Vorlesung begonnen wurde, wurde auf die am 17.06.2008 stattfindende BIMUN-Sonderveranstaltung, die im Rahmen des World Day to Combat Desertification in Kooperation mit der UNCCD (United Nations Convention to Combat Desertification) durchgeführt wird, hingewiesen. Stattfinden wird diese im Alten Rathaus am Markt in Bonn. Sie beginnt um 18:00 mit einer Eröffnungszeremonie. Zwischen 18:15 und 20:00 finden im Gobelinsaal die englischsprachigen Vorlesungen mit den folgenden zwei Referenten statt: Dr. Koko Warner (United Nations University, Bonn): “Human security, climate change, and environmentally induced migration” Dr. Anneke Trux (GTZ, Bonn): “Desertification, Migration and Security“ Die reguläre Sitzung der Vorlesungsreihe am 18.06.2008 entfällt aufgrund dieser Sonderveranstaltung. Die achte Sitzung der BIMUN-Vorlesungsreihe hat sich thematisch dem Zusammenhang von Migration, Entwicklungszusammenarbeit und Integration gewidmet. Hierzu hat Franziska Bührer vom Sektorvorhaben Migration und Entwicklung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn zunächst die Relevanz von Migration als Motor von Entwicklung erläutert und das GTZ-Pilotförderprogramm für Projekte von Migrantenorganisationen vorgestellt. Danach hat Kathrin Zeiske von der Herberge Jesús el Buen Pastor del Pobre y el Migrante in Tapachula/Mexiko ihre Arbeit mit MigrantInnen im Süden Mexikos und ihre eigene Migration dorthin präsentiert. Im Anschluss griff Stefan Haffner vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) in Bonn das Thema „Entwicklungspolitik ist Integrationspolitik“ kritisch auf und erläuterte weitere Unterpunkte, wie Globalisierung, Wirtschaft und Integration, um Herausforderungen und Chancen von Migration und Entwicklungspolitik herauszustellen. Franziska Bührer (Sektorvorhaben Migration und Entwicklung der GTZ, Eschborn): Ihr Vortrag „Migration und Entwicklung – Aktuelle Ansätze im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“ stellte zu Anfang die Relevanz der Aktivitäten von MigrantInnen im Bezug auf ihre jeweiligen Herkunftsländer heraus. Jene MigrantInnen können durch beispielsweise den Transfer von Remittances (Rücküberweisungen) in ihre Heimat, die Tätigung von Investitionen und eine Übernahme von Vermittlerrollen im Bereich der Handelsbeziehungen zu einer Entwicklung in ihrem Heimatland beitragen. Jedoch sind diese Remittances differenziert zu betrachten, denn zum Einen bergen sie Chancen für die Empfänger, doch zum Anderen auch Risiken, denn durch regelmäßige Geldsendungen könnten die Empfänger im Heimatland die Motivation verlieren selber tätig zu werden, sich weiterzubilden und sich zu engagieren. Auch der Know-How-Transfer des im Ausland Erlernten und ein gemeinnütziges Engagement in Vereinen und Zusammenschlüssen im Gastland sind wichtige Motoren für Entwicklung. Auch ist eine Differenzierung von Migration (Hoch- oder Geringqualifizierte, Flucht- oder Arbeitsmigration) wichtig, um die Auswirkungen für das Heimatland bestimmen zu können. Am Beispiel der afghanischen Diaspora in Deutschland erläuterte Frau Bührer, wie solch ein gemeinnütziges Engagement aussehen und Früchte tragen kann. In Deutschland leben ca. 100.000 afghanische MigrantInnen, die einen ziemlich gefestigten Aufenthaltsstatus (häufig sind sie Lehrer, Ingenieure oder Ärzte) haben und zahlreiche Vereine (u.a. Frauenvereine, Berufsverbände) gebildet haben. Darüber hinaus haben die afghanischen MigrantInnen ein großes Interesse an der Entwicklung Afghanistans und fördern deshalb viele kollektive, gemeinnützige Aktivitäten im Bereich der Infrastruktur (Bildung, Gesundheit, Energieversorgung). Diese Aktivitäten erfüllen eine kompensatorische Funktion, angesichts weitestgehend zerstörter Infrastruktur und einem schwachen Staat in Afghanistan. Im Bereich Bildung bezieht sich die Hilfe besonders auf die Förderung von Frauen und Mädchen. Viele Aktionen finden in Regionen Afghanistans statt, in denen die deutsche EZ aufgrund der Sicherheitslage gar nicht tätig ist oder werden kann. Insofern ergänzen sich die konkret geplante Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands und die individuell gestaltete Mithilfe der afghanischen Diaspora und können so als gemeinsamer Motor von Entwicklung dienen. Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Integration und transnationalem Engagement gibt. Das Sektorvorhaben der GTZ untersucht momentan auch weitere Auswirkungen, die diese Art von Entwicklungszusammenarbeit haben kann. Die kamerunische Diaspora in Deutschland, die im Bereich des Brain Gain eine interessante Gemeinschaft darstellt, wurde als weiteres Beispiel von Frau Bührer dargestellt. Von den 14.500 offiziell registrierten MigrantInnen, die aus Kamerun kamen, sind die meisten BildungsmigrantInnen. Die Anzahl der MigrantInnen wächst stetig und bildet heute die größte Gruppe von Studierenden und Absolventen aus Subsahara Afrika mit den Studienschwerpunkten Ingenieur-, Mathematik- und Naturwissenschaften. Besonders auf der Basis ihrer beruflichen und studentischen Orientierung schließen sich viele dieser MigrantInnen zu entwicklungspolitisch tätigen Vereinen und Netzwerken zusammen und unterstützen damit die wirtschaftliche und die entwicklungspolitische Zusammenarbeit Diese Netzwerke der meist jungen und gut ausgebildeten MigrantInnen haben eine gewisse Vorbildfunktion und ermutigen weitere Kameruner zu einem Auslandsstudium in Deutschland. und können so in ihrem Heimatland zu einer positiven Entwicklung und zu Know-How-Transfer beitragen. Im weiteren Verlauf ging Frau Bührer dann auf das GTZ-Pilotförderprogramm für Projekte von Migrantenorganisationen Synergiepotenziale für ein. Ausgangspunkt Aktivitäten der sind hierbei gemeinsame Migrantenorganisationen und der Ziele und deutschen Entwicklungszusammenarbeit und das Zeigen von Eigeninitiative der MigrantInnen. Es findet eine Förderung von Investitionen in die soziale Infrastruktur statt: Bildung und Gesundheit (Beispiele Schulbau, berufliche Qualifizierung) Allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen (Beispiele Energieversorgung, Wasser) Fortbildungsprogramme, Wissenstransfer (Beispiel Ärztefortbildung) Bisher wurden etwas über zehn Projekte gefördert. Des Weiteren nannte Frau Bührer am Ende ihres Vortrags noch Beispiele für weitere Aktivitäten der GTZ im Bereich Migration, Integration und Entwicklung: Erhöhung der Transparenz von Transferkosten für Remittances (Beispiel Webseite GeldtransFAIR) Entwicklung von Finanzprodukten für MigrantInnen und ihre Familien (Beispiel GTZProjekt Honduras) Förderung von privatwirtschaftlichen Investitionen der Diaspora (Beispiel EU/BMZ-Projekt Marokko, D-MADE) Förderung der Rückkehr von Fachkräften (CIM-Programm) Beratung zu regionalen Qualifikationsrahmenwerken Qualifikationsrahmenwerken (Beispiel Projekt Regionale Zusammenarbeit arabischer Staaten im Bereich der beruflichen Bildung). Kathrin Zeiske (Herberge (Herberge Jesús el Buen Pastor, Pastor, Tapachula/Mexiko): Tapachula/Mexiko): Kathrin Zeiske hielt einen Vortrag mit dem Titel „Direkte Hilfe und Lobbyarbeit für MigrantInnen im Süden Mexikos. Eine deutsche Emigration und die zentralamerikanische Migration gen USA“, bei dem sie zum einen auf ihre Arbeit mit MigrantInnen und die Pflege von Kranken in der Herberge Jesús el Buen Pastor und zum anderen auf ihre eigene Migration und Integration in Mexiko einging. Zur Verdeutlichung hatte sie eine Präsentation mit Fotos aus dem täglichen Geschehen der Herberge mitgebracht. Auch hat Kathrin Zeiske das von InWEnt ins Leben gerufene ASA-Programm, über welches sie 2002 im Rahmen eines Süd-Nord-Projekts nach Mexiko kam, kurz vorgestellt. In Tapachula, einer südmexikanischen Stadt nahe der Grenze zu Guatemala, befindet sich ein Abschiebungsgefängnis, in welches MigrantInnen und Flüchtlinge aus Süd- und Mittelamerika gebracht werden, die versucht haben über Mexiko in die USA zu fliehen. Die Herberge Jesús el Buen Pastor, gegründet von Olga Sánchez, bietet den MigrantInnen moralische und finanzielle Unterstützung. Da die Menschen meist das lokale Güterzugsystem nutzen, um Richtung Norden zu fahren und die Reise auf den Dächern der Züge sehr gefährlich ist, ereignen sich regelmäßig schwere Unfälle, bei denen die MigrantInnen nicht selten Arme oder Beine verlieren und andere schlimme Verletzungen erleiden. Diese Menschen kommen zum Großteil aus den zentralamerikanischen Ländern Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua. Sie wollen in die USA migrieren, da sie sich dort ein besseres Leben versprechen (bereits jetzt lebt jeder vierte Salvadorianer in den Vereinigten Staaten). In ihren Heimatländern herrschen Armut und Perspektivlosigkeit. In den 1980er Jahren waren diese Migrationen eher durch die Flucht vor Bürgerkriegen, heute jedoch eher durch einen Verfall der Wirtschaft (ehemalige Exportschlager wie Kaffee, Kakao oder Zucker erlitten einen Preisverfall auf dem Markt) hervorgerufen. In Honduras beispielsweise gibt es eine große Masse junger Leute, die in ihrem Heimatland keinen Job finden und deshalb in die USA migrieren wollen. Ein großes Problem ist auch, dass viele Migranten ohne Papiere unterwegs sind. Sie übernehmen dann im Gastland Arbeiten, die andere nicht machen wollen und die zudem schlecht bezahlt sind und wenig Sicherheit bieten. Oft werden auch die großen Entfernungen, die noch in Mexiko zurückzulegen sind, bis man überhaupt die Nordgrenze zu den USA erreicht, unterschätzt. Viele Menschen verletzen sich und werden krank. Auf dem Weg abgefangene MigrantInnen werden mit Bussen erst zum Abschiebungsgefängnis gebracht und später in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Besonders die USA senden Finanzmittel nach Mexiko, die zwar offiziell dem Kampf gegen den Terrorismus zukommen sollen, jedoch immer häufiger auch in die Unterdrückung der Migrationsströme und der sozialen Bewegungen fließen. Frau Zeiske betonte, dass die lokale Arbeit der Migrantenherberge Buen Pastor und anderer Organisationen enorm wichtig ist, jedoch stößt man schnell an Grenzen (Polizeikontrollen und Schmiergelder, die von der Polizei von den MigrantInnen gefordert werden). Hier ist es wichtig, dass sich große internationale Organisationen der Probleme annehmen und kleinere Projekte unterstützen. Zusätzlich zur Aufnahme von MigrantInnen und der Verpflegung von Kranken und Verletzten bietet die Herberge Jesús el Buen Pastor einige Ausbildungsmöglichkeiten in den Bereichen Englisch, Computer-Nutzung und Handarbeit, damit die BewohnerInnen der Herberge später bessere Chancen haben, auch in ihren Heimatländern eine Arbeit zu erhalten. Danach ging Frau Zeiske, im Rahmen des Themas Integration, noch kurz auf die „Chicano (Sub-) Kultur“ in den USA, speziell in Kalifornien ein. Dort haben die Mexikaner, die bereits in der zweiten oder dritten Generation in den USA leben, durch Musik, Theater, Film, Literatur etc. eine neue, dynamische Kultur, eine Synthese aus mexikanischer und amerikanischer Lebensweise, geschaffen. Viele dieser Menschen studieren auch sehr erfolgreich in den USA, schaffen teils einen schnellen sozialen Aufstieg, sind Empfänger begehrter Hochschulstipendien und haben somit den Integrationsprozess positiv durchlaufen. Abschließend erläuterte Frau Zeiske ihre eigene Migration nach Mexiko und merkte an, dass aus persönlichen Erfahrungen sehr viel entstehen kann und durch Vorträge über die eigene Arbeit und die Weitergabe von Informationen aus dem Gastland eine Art globales Lernen entstehen kann, welches auch ein Motor für die EZ ist. Persönlich hat Kathrin Zeiske einerseits viele Werte aus ihrem Gastland Mexiko mitnehmen können aber andererseits auch dafür gesorgt, dass die Probleme der MigrantInnen und deren Schicksale mehr Beachtung finden. Stefan A. Haffner (ZEF, Bonn): Der provokative Titel seines Vortrags lautete „Entwicklungspolitik ist Integrationspolitik“ und sollte auf die meist falsche Verwendung und Interpretation des Integrationsbegriffs hindeuten. Übergeordnet nutzte Herr Haffner drei Hauptpunkte („Globalisierung“, „Wirtschaft und EZ“ und „Integration – eine globale Herausforderung“) um die Verbindung zwischen Migration und Entwicklungszusammenarbeit, samt Chancen und Problemen, zu verdeutlichen. Laut einer kürzlich von Dirk Messner (Deutsches Institut für Entwicklungspolitik) veröffentlichten Publikation findet momentan eine große globale Transformation in drei Wellen statt, die eine Herausforderung für die gesamte Entwicklungspolitik sein wird, für die die Entwicklungspolitik aber bisher noch keinerlei Instrumente bereit gestellt hat: grenzüberschreitende Prozesse werden zunehmen, es werden Machtverschiebungen in der Welt stattfinden (Bsp. China, Indien) und der drastische Wandel der Energieversorgungssysteme. Zentrale Politikbereiche, die bei der Globalisierung eine tragende Rolle spielen sind die Wirtschafts-, Sicherheits-, Umwelt-/Klima- und die Entwicklungspolitik, wobei es laut Herrn Haffner beim letztgenannten Bereich speziell um die Armutsbekämpfung geht. Beim Punkt Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit gibt es eine große Anzahl derer, die als Akteure wirken und wirken können (u.a. EZ-Institutionen, MigrantInnen, Hochschulen, Finanzinstitutionen). Wirtschaft und EZ haben eine ganze Reihe an Schnittstellen, gemeinsamen Kompetenzen und Stärken (Politischer Einfluss, Know-How, Managementkompetenzen, technische Durchführung, Finanzen und Ressourcen und Innovationsbereitschaft um nur einige zu nennen), die für eine bessere Entwicklungsperspektive ergänzend wirken können. Eine weitere wichtige Rolle spielen hier auch die MigrantInnen, die in Netzwerken als so genannte Agenten mit spezifischen Sprach- und Fachkompetenzen, lokalen Sozialkompetenzen, Kontakten und Integrationspotenzialen als Motor für Entwicklung dienen können. Trotz allem sollten aber die Wirtschaftsunternehmen nicht nur ihre Profite im Auge haben, sondern die Anstrengungen sollten auch mit den entwicklungspolitischen Zielsetzungen übereinstimmen. Ein Problem hierbei ist allerdings, dass nur wenige Foren (für Kooperation und Kommunikation) für Wirtschaft und EZ existieren. Herr Haffner stellte heraus, dass es in der Zukunft eine Herausforderung und eine Chance sein wird, die Informationsflüsse der beiden Bereiche zu bündeln und zu generieren. Wirtschaftsbezogene Verbände und die ins Heimatland zurückkehrende MigrantInnen spielen hier eine große Rolle, denn die MigrantInnen, die in Deutschland studieren, sind in der Zukunft in ihrer Heimat potenzielle Führungskräfte und eliten. Bereits in Deutschland finden zwischen den MigrantInnen und den deutschen Studierenden eine Netzwerkbildung und ein Kontakt zwischen transnationalen Räumen statt. Integration ist ein zweiseitiger Prozess, der Anpassung von beiden Seiten fordert und ein globales Phänomen ist. Die Dimension von Integration betrifft vielerlei Faktoren: die Kommunikation und Rahmenbedingungen Kooperation von (Netzwerke, MigrantInnen (wie Institutionen), können die politisch-rechtlichen MigrantInnen überhaupt in Kooperationen mitwirken?), Fremdenangst und Rassismus als zwei der Schlüsselthemen und das Begreifen von Universitäten als Knotenpunkte im Netz, denn hier beginnt im Grunde genommen die Entwicklungszusammenarbeit.