xiù cai - sju tsai

Transcrição

xiù cai - sju tsai
[xiù cai - sju tsai]
秀才遇到兵有理说不清
Einblicke in die Welt der Chinesen für die Freunde des Ostasieninstuts der FH Ludwigshafen
第1号, 2002 年11月8日
China=s New Rulers - The Secret Files
大好消息 XVI. Parteitag - Wer tritt ab? Wer tritt an?
m 8. November beginnt in
Peking (offiziell) der XVI.
Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Seit vielen Monaten fragt sich die Welt mit
Blick auf dieses Großereignis, ob 江
泽民 Jiang Zemin, 李鹏 Li Peng, 朱
镕基 Zhu Rongji und einige andere
höchste Funktionäre bei dieser Gelegenheit womöglich ihre Posten räumen
und dem in den 50ern und 60ern stehenden Nachwuchs wie 胡锦涛 Hu
Jintao, 曾庆红 Zeng Qinghong, 温家宝
Wen Jiabao und anderen eine Chance
geben, denn die können -mit 孔子
Konfuzius- von sich sagen: "Mit fünfzig war mir das Gesetz des Himmels
kund" bzw. "mit sechzig war mein Ohr
aufgetan".
Andererseits könnten Jiang, Li und
Zhu aus dem gleichen Wort des Meisters zitieren: "Mit siebzig kann ich
meines Herzens Wünschen folgen,
ohne das Maß zu übertreten"... und
deshalb ihre Pateiämter behalten.
Warum auch sollten drei so erfolgreiche Parteiführer abtreten? Nur weil
sie vor Jahren mal der Ansicht waren,
70jährige gehörten aufs Altenteil? Der
Fortschritt Chinas unter ihrer Herrschaft ist doch nicht zu übersehen:
Erstmals in der über 80j ährigen
Parteigeschichte wußte die Welt schon
Wochen vor dem Kongreß, wann er
eröffnet würde! Mehr noch: Sogar, daß
er von ursprünglich Oktober auf den
November verschoben wurde, war
bekannt; und ein Bundeskanzler, der 400
A
Milliarden US-Dollar Auslandsinvestitionen
ins Land holte, würde schließlich auch nicht
zurücktreten. Überdies ist der Rentner-
status in China immer schlecht, weil
man so gänzlich abgeschnitten ist von
allem, was das Leben interessant macht.
Vor allem aber: Was soll aus den
überaus erfolgreichen Unternehmerkindern wie 江绵恒 Jiang Mianheng,
李小勇 Li Xiaoyong und anderen
werden?
Nicht zuletzt wegen solcher Überlegungen ist es immer noch ein bißchen
unsicher, was in Peking um den 8.11.
herum geschehen wird. Noch weniger
bekannt ist freilich über die (möglicherweise) nachfolgenden Funktionäre. Hu
Jintao? Der war wenigstens schon
einmal in Deutschland (November
2001) - Rau, Schröder, Fischer und
Thierse kennen ihn seither gut, denn sie
haben sich damals mit ihm unterhalten
können. Aber was ist mit den anderen
Kadern?
Abhilfe verspricht nun ein neues
Buch des bekannten Politik-Professors
der Columbia University, Andrew J.
Zwei glückliche Männer: Zhu Rongji begrüßt
Jiang Zemin nach dessen Rückkehr aus
Amerika - gerade noch rechtzeitig zum
Parteitag.
Foto: Erling.
Nathan, und seines Mitautors Bruce
Gilley. Ihr Werk, China's New Rulers The Secret Files, erscheint dieser Tage
in den USA. 秀才 Xiu Cai verfügt
natürlich über eine Vorab-Kopie und
könnte nun zum Beispiel alle Geheimnisse lüften, denn die Autoren versichern:
This book will be published in the
US just before the Chinese
Communist Party Congress in early
November, and describes events
that the authors anticipate will take
place during the congress.
Nathan und Gilley können das versprechen, weil sie -wie bei den Tian'anmen
Papers (2001)- schon wieder über
Geheimunterlagen aus dem ZentralSekretariat d e r KPCh verf ügen.
Diesmal ist es freilich nicht der
chinesische Geschichtsheld 张良
Zhang Liang, der die Papiere beschaffte, sondern ein unbekannter Zong Hairen. Dessen chinesische Unterlagen
erscheinen diesen November im
H o n gko n ger Verlag 明镜出版 社
Mirror Books, der auch die phantastische Geschichte d es 赖昌星 Lai
Changxing herausbrachte, über die wir
weiter hinten berichten.
Wenn alles stimmt, was in dem
Geheim-Buch steht, dann können sich
die Deutschen ganz besonders auf die
Nach-Jiang-Zeit freuen. Mit 罗干 Luo
Gan wird jemand in den Ständigen
Ausschuß des KP-Politbüros einziehen
(S. 13), der ihr alter Freund ist: Luo
kam bereits 1954 nach DDR-Deutschland, um hier zu studieren. und er blieb,
weil es ihm so gut gefiel, ganze acht
Jahre in Leipzig und studierte anschließend sogar noch in Freiberg/Sachsen
(und nicht: Freiburg West Germany,
wie Nathan meint, S. 106). Eile ist aber
geboten: Luo ist 67.
Die Frage ist allerdings, ob Professor Nathans neue Geheim-Quelle genauso gut ist wie Zhang Liang, der die
天安门 Tian'anmen-Papiere zusammenstellte und uns so einen tiefen Blick
in das Innere der Politbüro-Entscheidungsmaschinerie gewährte. Leider
geben uns gerade hier Ereignisse der
letzten Tage Anlaß, an Nathan zu
zweifeln. Am 22. Oktober verkündete
nämlich 新华 Xinhua, daß zwei alte
Freunde Jiang Zemins -sogar während
dessen Abwesenheit aus China (Amerika-Reise)- von ihren bisherigen hohen
Positionen abberufen worden seien, um
in noch höhere der Zentralen Parteiführung aufzusteigen. Welche das sind,
sagte die Agentur nicht, aber es steht zu
vermuten, daß es nur der Ständige
Ausschuß des Politbüros sein kann.
Die Rede ist vom Pekinger Parteichef 贾庆林 Jia Qinglin und seinem
Shanghaier Kollegen 黄菊 Huang Ju.
Ob Huang Ju auch ein Freund der
Deutschen ist? Sein öffentliches Bekenntnis zum Transrapid steht noch aus
und bekannt ist leider auch, daß er den
秀才 [xiù cai - sju tsai]
-neben Premier Zhu- größten Fan des
Schwebezuges, Ex-Bürgermeister 徐
匡迪 Xu Kuandi - Ende 2001 auf ein
Abstellgleis in Peking verdrängte.
Besser ist es da vielleicht um Jia Qing-
2002年11月8日
lin bestellt, neben dem sich eine große
deutsche Firma schon im März 2001
zum gemeinsamen Foto aufstellte. Die
Secret Files aber listen weder Jia noch
Huang als neue Mitglieder des Stän-
统一祖国
digen Politbüro-Ausschusses. Wir sind
gespannt, wie uns die nicht-englischen
Ausgaben des Buches, die nach dem
Parteitag erscheinen sollen, dies
erklären.
鲁
Business China
Deutsche U-Boote nach Taiwan?
ls er noch Ministerpräsident in
Hannover war, hatte Kanzler
Schröder einmal die brilliante
Idee, ein paar U-Boote aus
niedersächsischen Werften nach
Taiwan liefern zu lassen und auf diese
Weise deutsche Arbeitsplätze zu
sichern. Der lao peng you 老朋友
Helmut Kohl, seinerzeit Kanzler,
erstickte dieses Vorhaben im Keim,
noch bevor es in Peki n g r i c h tig
aufgefallen war. Der Bundessicherheitsrat verbot dann im Januar 1993
grundsätzlich solche Verkäufe, obwohl
es ein schönes Geschäft gewesen wäre,
dessen Umsatz allein den damaligen
Gesamtexporten nach China entsprochen hätte.
Im Frühjahr 2001, George W. Bush
war noch nicht lange im Amt, die
Zwillingstürme standen noch, es gab
keine Allianz gegen den Terrorismus,
zu der auch China gehören konnte, da
genehmigte der Präsident im ersten
Schwung des Amtsantritts umfangreiche Waffenverkäufe an Taiwan, darunter auch acht dieselgetriebene U-Boote
für Taiwans Marine. In Berlin wunderte
man sich: Solche Schiffe stellen doch
A
nur die Deutschen her, die Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) in Kiel.
Wie können die Amerikaner etwas
liefern, was sie gar nicht haben?
Schnell wie einst Kohl verlautete
die Bundesregierung: Ohne uns! Keine
deutschen U-Boote nach Taiwan!
HDW-Chef Rohweder sekundierte:
"Daran halten wir uns." Dann hörte
man lange nichts von dem Vorhaben.
Erst im Mai diesen Jahres ging es
wieder los - aus unvermuteter Ecke. Ein
US-Investor (One Equity Partners,
OEP, Investment-Gesellschaft der
Chikagoer Bank One Corporation)
kungelte mit HDW und schien dort
"einzusteigen", wie es so schön heißt.
Wollten die Amerikaner etwa durch
diese Hintertür die Diesel-U-BootTechnik aus Deutschland abziehen, und
die Boote für Taiwan selber bauen?
Steckte der US-Rüstungskonzern
General Dynamics dahinter? "Nicht mit
uns", sagte Schröder, der mittlerweile
selbst ein lao peng you in Peking
geworden war und vor allem: bleiben
wollte.
Mittlerweile ist es passiert. OEP
übernahm im Jui die 75 Prozent HDW-
无中生有
Anteil von Babcock. Das Wall Street
Journal meldete am 11. Juni (unter
deutscher Überschrift Das Boot): Alles
klar, wir haben die Technik. Und: some
Germans are not pleased.
Aber was kann die Bundesregierung
tun? Sofern die acht Boote in Deutschland hergestellt und dann nachTaiwan
verbracht werden, kann sie dies unterbinden, denn das Exportverbot gilt auch
für amerikanische Firmen in Deutschland. Doch wenn die Blaupausen nach
Amerika kommen und dort in U-Boote
für Taiwan umgesetzt werden? Spielen
die Deutschen ein doppeltes Spiel?
könnten die Chinesen sich fragen.
Stand der Dinge im Moment: Die
Bundesregierung warnt die HDW, UBoote nach Taiwan zu liefern: Die
deutsche Regierung wird ihre guten
Beziehungen zu China nicht wegen der
Industriepolitik der USA aufs Spiel
setzen, heißt es offiziell und drohend.
Aber eigentlich wäre es doch ein
schönes Geschäft, das immer noch über
die Hälfte der gegenwärtigen ChinaExporte ausmachen würde.
鲁
Consulting-news
Der China-Aktien-Tip
ir haben einmal unsere 关系 guan xi spielen lassen und gefragt, wie sich eigentlich die Aktie der chinesischen
Autofirma 华晨中国汽车 Brilliance entwickelt hat, die das Münchner Autohaus BMW im Frühjahr als JointVenture-Partner gewann. In New York war Brilliance einst die erste chinesische Notierung (1992!), später kamen,
weil es so schön war, noch Hongkong und Shanghai (H) dazu (s.u.). Jahrelang war BMW hinter diesem TopUnternehmen her gewesen, um sich ihm als Partner anzudienen und gemeinsam in Shenyang BMW-Autos zu bauen. Schon
Kanzler Kohl hatte dieses Ansinnen in seinem Gepäck, als er 1993 nach Peking kam. Also, BMW, aufgepaßt, hier die tolle
performance des Partners :
W
# New York
# Hongkong
# Shanghai (A)
Ausgabe 1992: 13,42
Ausgabe 1999: 1,45
Ausgabe 1992: 0,30
Stand 9/2002: 13,82
Stand 9/2002: 1,06
Stand 9/2002: 3,83
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秀才empfielt: Halten
秀才empfielt: Halten
秀才empfielt: Verkaufen
/
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Mittlerweile wurde leider bekannt, daß der Brilliance-Vorstandsvorsitzende 仰融 Yang Rong, laut vorletzter Forbes-Liste No.
3 unter den reichsten Chinesen (aus der ganz neuen Liste jedoch bereits gestrichen!), aus unerfindlichen Gründen das Weite
gesucht hat. Er hält sich scheint=s in den USA auf und will vorerst offenbar nicht mehr China zurück. Nicht nur die chinesische
Führung, auch BMW sei schockiert, heißt es.
鲁
Eine schöne Geldquelle ...
... für die chinesische Regierung waren bislang Erlöse, die
ihre Firmen durch IPOs in Hongkong, New York oder
anderswo einfuhren. Leider ziehen es die Firmenmanager
nicht selten vor, diese Dollar-Beträge auf undurchsichtigen
Konten im Ausland zu belassen und damit ebenso
undurchsichtigen Geschäften nachzugehen. Das soll sich
ändern, weshalb die China Securities Regulatory Commission
und die State Administration of Foreign Exchange Control
(SAFE) nun strenge Richtlinien herausgegaben, die dafür
sorgen sollen, daß die Devisen innerhalb von 30 Tagen auf
chinesischen Bankkonten landen.
Wieviel Kapital da zusammenkam ist selten ausgerechnet
worden. Das Hong Kong Trade Development Council
behauptet auf seiner website, im Jahre 2000 hätten
chinesische Firmen allein in Hongkong 44 Milliarden USDollar erlöst! Erhebliche Summen nahmen die im Grunde
insolventen Staatsfirmen da ein. Wir haben einmal aus
unseren Quellen eine Übersicht der letzten J ahre
zusammengestellt. Hier ist sie:
# Immobilien (Shanghai Forte, Soho China, Beijing Capital Land, 2002, hoffen auf:
400 Mio. US-Dollar
# China Telecom, global, 2002, hofft auf:
3,6 Milliarden US-Dollar
# Bank of China, in Hongkong, Jul 2002:
2,8 Milliarden US-Dollar
# Sina.com, in New York, 2000:
68 Millionen US-Dollar
# 88 chinesische Firmen, Hongkong 2002:
3,25 Milliarden US-Dollar
# Clear Media, in Hongkong, 2001:
ca. 100 Millionen Dollar
# CNOO, in Hongkong & NY, Okt. 2000:
3,4 Milliarden US-Dollar
# China Unicom, New York, Juni 2000:
5,65 Milliarden US-Dollar
# PetroChina, Hongkong, Apr 2000:
3,1 Milliarden US-Dollar
# Alle IPOs 2000:
60 Milliarden US-Dollar
# Chinadotcom, New York, Jan 2000:
296 Millionen US-Dollar
# Chinadotcom, New York, Jul 1999:
85 Millionen US-Dollar
# TCL, Hongkong, Nov 1999:
133 Millionen US-Dollar
# China.com, Hongkong, 1999:
42 Millionen US-Dollar
# China Telecom (HK), Hongkong, 1997:
4,2 Milliarden US-Dollar
Am 31. Oktober mußte nun China Telcom ihre IPO über 3,6 Milliarden Dollar vorerst absagen - kein Interesse. Die wenige
Tage zuvor verkündete drastische Erhöhung der Gebühren für Ferngespräche hatte offenbar nicht den gewünschte Effekt: Statt
an höhere Einnahmen zu glauben, vermuteten die Investoren wohl, die Firma brauche Geld.
鲁
Werbung, die wir erst durch langes Nachdenken verstanden
eulich fiel uns diese Anzeige der
Sachsen LB in der FAZ auf. Sie
zeigt im Osten der leeren Erde
eine dreistöckige P agode.
China!
Im buddhistischen Verständnis ist ein
solches Bauwerk Heimstadt der Knochen
toter Menschen - ein Totenhaus. Das
kann die Bank ja wohl nicht meinen, hält
sie den Turm doch für einen der bedeutendsten Plätze der Welt.
Also nur irgend so ein dreistöckiger
楼 Turm in China? Aber dann kann das
(vornehm ausgedrückt) auch Vagina
bedeuten (erläuerte einst der Sinologe
Wolfram Eberhard, Lexikon chinesischer
Zeichen, S. 287). Das meinen die Sachsen ja wohl auch nicht, oder?
N
Warum steht der Turm eigentlich so schief? Ist das eine
Anspielung auf die Lage der Partner-Banken im Zentralreich? Auf
die politische Situation vor dem XVI. Parteitag? Soll das Bauwerk
gar den Schuldenturm von Zhu Rongji symbolisieren?
Oder ist alles ganz egal, und will die Bank uns nur sagen, daß sie
da hinten erfolgreich arbeite? Was macht sie eigentlich in China?
Website anklicken, da steht ja auch die Andresse: Sachsenlb.de.
China in das Suchfenster eingeben. Zwei Treffer! Und einer löst ein
großes Geheimnis: Forschung auf höchstem Niveau: Institut für
Textiltechnik der TU Dresden packt aus. Dort heißt es klipp und
klar:
... sind die Chinesen im Moment die besten Kopierer der Welt.
... Eine Maschine wird gekauft, analysiert und nachgebaut. ...
Und wir bilden viele der Ingenieure auch noch aus B im
eigenen Hause.
Alles klar: Die Sachsen stecken hinter der Kopiererei. Wer jetzt noch
Beschwerden hat, weiß an wen er sich wendet.
鲁
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2002年11月8日
中国通
Old China Hands
ls Hobby-Historikerin ist die Justizministerin Herta
Däubler-Gmelin kürzlich gescheitert: Hitler hatte gar
keine innenpolitischen Probleme, von denen er mit
einem Krieg ablenken mußte. Aber was ist mit Recht
& Gesetz? Auch da legte die Spezialistin einen strengen
Maßstab an die USA und sagte, das amerikanische Rechtssystem sei lausig.
Als deutsche Justizministerin war Frau Däubler-Gmelin
oberste Zuständige für den von Kanzler Schröder Ende 1999
mit Premier Zhu Rongji vereinbarten sogenannten Rechtsstaatsdialog, mit dem die Deutschen etwas für chinesische
Bürger und die Menschenrechtslage im Allgemeinen in
China tun wollen.
Als die Justizministerin im Juli 2001 dieserhalb in Peking
war, hatte ein chinesisches Gericht in einem Schnellverfahren, gerade die (in Amerika lebende) Sozialforscherin
高詹 Gao Zhan wegen Spionage für Taiwan zu zehn Jahren
Gefängnis verurteilt. Auch ein anderer in den USA lebender
Chinese, 覃光广 Qin Guangguang, wurde wegen Spionage
just zur Eröffnung des Symposiums zu ebenfalls zehn Jahren
verurteilt. Lausig fand die Ministerin das damals nicht.
A
llianz sei der größte Vermögensvernichter im Dax,
stellte neulich die Frankfurter Allgemeine fest, und
unterlegte die Meldung mit einem Bild von Henning
Schulte-Noelle (Der Absteiger). Ein paar Tage
später nannte das Blatt Die drei Irrtümer des Allianz-Chefs,
die dazu geführt hätten, daß ungefähr 30 Milliarden Euro im
Orkus gelandet seien. Nicht genannt wurden dabei jedoch die
China-Aktivitäten des Vorstandsvorsitzenden, der schon seit
1992 Geschäfte im Mittelreich machen will, und deshalb ein-,
zweimal pro Jahr persönlich dort nach dem Rechten sieht.
Schon 1995 wähnte er seine Firma gut im Rennen. Im Frühjahr 2002 sah er gute Wachstumschancen und im Juni sagte
er dem Pekinger Bürgermeister Liu Qi, Allianz sei auf der
Suche nach noch mehr Investitionsmöglichkeiten.
Lebens- und andere Versicherungen sucht die Allianz seit
Jahren in Shanghai unter die dortigen Chinesen zu bringen allerdings in Konkurrenz mit 14 weiteren namhaften
ausländischen Versicherern (und etlichen chinesischen natürlich). Im Jahre 2001 nahm Allianz in China 35 Millionen
Euro Prämien ein, 2,6 Prozent der Gesamteinnahmen in der
Region Asien-Pazifik. (Im Vorjahr waren es noch 3,2 Prozent
gewesen.) Freilich dürften das nicht Gelder von vorsichtigen
Chinesen sein, die sich lebensversichern. Das meiste kommt
aus Geschäften mit lokalen Versicherungsfirmen. 35
Millionen Euro - das ist auch fast die Summe, die SchulteNoelle als Lizenzgebühr (Einlage) aufbringen muß, um
überhaupt die Erlaubnis zu bekommen, ein Geschäft in China
aufzumachen.
Jetzt gibt es aber endlich eine gute Nachricht: Der
schärfste deutsche Konkurrent der Allianz, Gerling, hört
auf. Im August fiel die Entscheidung. Was aus dem von
Gerling einst gesponsorten Institut für Versicherungswesen
an der 外贸大学 MOFTEC-Universität in Peking wird, ist
unklar. Vielleicht übernimmt Allianz die laufenden
A
Kosten?
n den letzten Wochen ließ die chinesische Führung
einige bislang als sehr wichtig und steinreich geltende
资本家 Unternehmer verhaften. Einer davon war 杨斌
Yang Bin, der Chef der 欧亚实业有限公司 Euro Asia
in der schönen Stadt 沈阳 Shenyang in Nordchina, der
Orchideen züchtete und kleine holländische Windmühlen aufstellte. Weil das für die Hamburgische Landesbank attraktiv
war, investierten die Staatsbankiers auch in Yangs Firma.
Aber zum Glück nur 30 Millionen Hongkong-Dollar (3,9
Mio. €) - peanuts. Trotzdem forderten sie den Schuldner am
17.10. plötzlich auf, die Summe innerhalb von acht Tagen
zurückzuzahlen, was er aber wohl nicht getan hat, denn sein
Unternehmen bekam auch in Hongkong kürzlich cash-flowProbleme.
I
er Transrapid in China hat drei Feinde: das Pekinger
Eisenbahnministerium, Leute, die Premier Zhu nicht
mögen (wie 李鹏 Li Peng) und eine PressePhalanx in Deutschland: Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Spiegel, FAZ und FAZ-Sonntagszeitung (vom 29.
September), ja selbst die Badische Zeitung.
Schon vor zwei Jahren beklagte einmal ein Editorial der
großen Fachzeitschrift für die deutsche China-Wirtschaft
(China Contact), es sei einfach ein Jammer, daß dieses
deutsche High-tech-Produkt nicht in der Heimat gebaut werde
und verwies auf China: Dort zeige sich, wie mit etwas
weniger Demokratie und etwas mehr starker Hand so ein
Projekt zügig umgesetzt werde.
D
Ausgerechnet mit einem toten Bahngleis in der Ex-DDR (rechts)
und einem ebenso toten Transrapid-Ständer im Emsland
illustriert die FAZ-Sonntagszeitung einen Artikel zum toten
Osten. So redet man deutsche high-tech noch weiter runter!
Derzeit berichten nun hiesige Medien immer wieder, daß
es auch dort nichts werde. Die Technik sei schon in der Hand
der chinesischen Ingenieure, und die Japaner mit ihrem
Shinkansen auf gutem Weg, die geplante Peking-ShanghaiStrecke zu bauen Wo bleibt die starke Hand? Kann der
neue/alte Bundeskanzler es wieder richten? Einmal hat er ja
schon eine Exportsubvention von 200 Millionen öffentlichen
DM an Siemens und andere überweisen lassen.
鲁
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2002年11月8日
七三开
Aus informierten Kreisen
Worum geht's wirklich im Falle 远华 Yuan Hua?
n Kanada sitzt seit fast drei Jahren Herr 赖昌星 Lai
Changxing fest. Er war 1999 aus China geflohen, illegal
nach Kanada eingereist und schließlich von den
Mounties erwischt worden. Seither steht er unter
Hausarrest, bis sein Asylantrag entschieden ist. Die erste
Runde hat er kürzlich verloren, aber die Berufung kann sich
noch lange hinziehen. Sollt er die aber verlieren, wird es sehr
kritisch für ihn, denn die chinesische Regierung hat einen
Auslieferungsantrag gestellt. Lai soll nämlich in China vor
Gericht gestelt werden,
weil er, so die Beschuldigung, als Anführer eines
Schmuggel-Unternehmens
m i t d e m N a me n 远 华
Yuan Hua zwischen 1996
und 1999 Güter im Werte
von vielen Milliarden
Dollar ins Land gebracht
habe, ohne sie so zu
verzollen, wie es vorgeschrieben ist. Nun ist
Schmuggel nicht Neues im
Mittelreich, doch dieser
Fall, so heißt es unisono in
der Staatspresse, übersteige alle anderen der
5000jährigen chinesischen Bestseller in Hongkong: Shen Xue
Unveiling the Yuan Hua Case
Geschichte. Lai sei ein
Schwerverbrecher sondergleichen und gehöre unverzüglich
ausgeliefert.
Im September 2001 waren 84 angebliche Kumpane des
Geflüchteten von Gerichten der Provinz, wo sich alles
zugetragen haben soll, abgeurteilt worden - elf davon zum
Tode, unter ihnen der Vize-Minister 公安部 für Chinas
Sicherheit, 李纪周 Li Jizhou. Diese Gruppe stellt indes nur
einen kleinen Teil der in die Affäre verwickelten Beamten
und Funktionäre dar. Wer den offiziellen Berichten glaubt,
muß von weit über tausend beamteten Mittätern ausgehen,
manche meinen, auch der Pekinger Bürgermeister 贾庆林 Jia
Qinglin und seine Frau, ja, sogar noch höhere Mitglieder der
Nomenklatura gehörten dazu, würden aber als besonders gute
Freunde des Partei- und Staatschefs nicht verfolgt.
I
Bestseller in Hongkong
Im Juli 2001 erschien in Hongkong ein 400-Seiten Buch, das
sich binnen kurzem zu einem Bestseller entwickelte: 远华
黑幕 Yuanhua An Hei Mu - Unveiling the Yuan Hua Case.
Verfaßt hat es die chinesische Journalistin 盛雪 Sheng Xue,
die in Kanada lebt. Der Inhalt: ein Marathon-Interview der
Verfasserin mit Lai Changxing über seine geschäftlichen
Aktivitäten in China und seine Verbindungen zur
Nomenklatura. Neben den Dokumenten zum 4. Juni 1989,
The Tiananmen Papers, gehört die chinesische Version 六
四文件 mittlerweile zu den in China gänzlich unerwünschten
Veröffentlichungen.
Der Grund ist einfach: Lai streitet darin zwar nicht ab, ein
höchst ausgedehntes Netzwerk von Konatakten bis in
allerhöchste Kreise Pekings unterhalten zu haben und
berichtet ausführlich darüber. Zum Beispiel wem er wann
wieviele Millionen Yuan oder Dollar ausgereicht habe zinnslos und ohne Anspruch auf Rückzahlung. Aber Lai
bestreitet vehement, irgendetwas Verbotenes getan zu haben.
Schon gar nicht habe er geschmuggelt, und in seiner
Niederlassung in Xiamen, dem 红楼 Roten Haus, sei es
keineswegs zu den saftigen Sex-Orgien zwischen Funktionären und von ihm organisierten Damen gekommen, wie sie
chinesische Boulevardblätter gerne ausmalen.
Der ganze Fall sei eine aus den Fingern gesogene
Geschichte, so Lai. Er sei nichts anderes als ein Sack, auf den
im Rahmen eines intriganten Machtkampfes geschlagen
werde.
Nun hat der Mann sicherlich allen Grund, die kanadischen
Behörden davon zu überzeugen, daß er kein gewöhnlicher
Krimineller sei, der ausgeliefert gehöre, sondern ein Opfer
politischer Intrigen mit Anspruch auf Asyl in Kanada.
Insofern sind seine Angaben zum Thema Schmuggel
vielleicht nicht ganz so ernst zu nehmen. Indessen verbirgt
sich hinter Lai Changxing und Yuan Hua wohl doch etwas
mehr als rein kriminelle Energie. Daß in der chinesischen
Presse niemand danach fragt, sondern im Kampagnenstil nur
in eine Richtung berichtet wird, sollte mißtrauisch machen.
Ein 关系-Experte
packt aus
关系
Vorderhand am interessantesten und zuverlässigsten sind
jedenfalls die Schilderungen Lai Changxings darüber, wie er,
ein einfacher Mann mit nur drei Jahren Grundschule,
innerhalb kürzester Zeit ein gewaltiges 关系 guan xi Netz in
der Provinz und bis in die höchsten Spitzen der Staatsmacht
aufbaute. Der Personenindex des Buches mit mehreren
hundert Namen vermittelt einen anschauliches, beeindruckendes Bild davon. Wie das im einzelnen ablief, sollte
auch für deutsche Firmenmanager nützliches Wissen sein,
denn: Ohne guan xi, das weiß doch jeder, läuft gar nichts in
China.
In diesem Sinne beginnt 秀才 im folgenden mit der Veröffentlichung des Verhörs des ehemaligen Vizeministers für
Öffentliche Sicherheit, Li Jizhou, zu seinen Kontakten mit
Lai Changxing.
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鲁
秀才 [xiù cai - sju tsai]
2002年11月8日
关系 - Tips & Tricks vom Experten aus dem 公安部
m März 2000 verhörten ein Immigrationsbeamter und einige andere offizielle Kanadier den in Peking im Gefängnis einsitzenden, Ex-Minister für Öffentliche Sicherheit 李纪周 Li Jizhou. Ziel der Befragung war es
festzustellen, ob die Angaben Lai Changxings, der in Kanada Asyl begehrt und jedes kriminelle Tun in China
bestreitet, den Tatsachen entsprechen oder ob es sich bei ihm um den schlichten Schmuggler handelt, der
an China auszuliefern ist. Das dreistündige Verhör erfolgte natürlich mit Zustimmung der chinesischen Behörden und wurde von den Kanadiern per Video protokolliert. Das Band gelangte in die Hände der Autorin 盛雪 Sheng
Xue, die es in Unveiling the Yuan Hua Case im Wortlaut wiedergibt (S. 198-227). Wohl erstmals haben wir hier
die Möglichkeit, aus einem authentischen Gespräch mit einem 真正中国通 echten Experten Tips & Tricks zu
lernen, wie man in China guan xi aufbaut. (Oder besser nicht, schließlich flog die Sache ja auf. Allerdings erst
nachdem viel Geld verdient worden war.)
I
Zeit: 24. März 2000, 9.30 Uhr.
unächst stellen sich die Kanadier vor, weisen sich aus
(Li prüft die überreichten Dokumente), klären, ob er
den Dolmetscher verstehe und fragen ihn, ob er mit
dem Filmen einverstanden sei. Li bejaht. Nachdem
alle Präliminarien geklärt sind (auch die, daß Li oder seinen
Angehörigen seitens der Kanadier keine Zusicherungen für
seine Aussagen gemacht wurden etc.) beginnen sie zu fragen.
Zunächst seine Personalien und die seiner Frau.
Z
问 Bitte beschreiben Sie uns Ihren Ausbildungshintergrund.
李 Ich habe ein Universitätsexamen in Wirtschaftswissenschaften.
问 Können Sie uns sagen an welcher Universität?
李 An der 人民大学 Renmin Daxue.
问 Wann haben Sie ihren Abschluß gemacht?
李 1969.
问 Sie waren also von 1964 bis 1969 auf der Universität.
Bitte beschreiben Sie uns Ihren anschließenden Berufsweg.
李 Nach dem Examen trat ich zunächst in die Armee ein und
blieb dort ungefähr zehn Jahre. Im November 1979
wurde ich versetzt und trat in das 公安部 Ministerium
für Öffentliche Sicherheit ein.
问 Welchen höchsten Rang haben Sie in der Armee erreicht?
李 连级 Kompanie. Damals gab es ja keine Ränge in der
chinesischen Armee. Ich gehörte zu den Kadern der
Kompanie-Ebene.
问 Was war Ihre erste Position im Ministerium?
李 Ich war Mitarbeiter in der Abteilung für Brandschutz
问 Wie lange haben dort gearbeitet?
李 Ich war Mitarbeiter des Büros, dann Unter-Abteilungsleiter, dann Büroleiter. Insgesamt bis April 1983.
问 In welcher Stadt war das?
李 In Peking. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit ist
in Peking.
问 Wohin gingen Sie nach 1983?
李 Zum 治安局 Amt für Sicherheit, wo ich stellvertretender
Leiter war.
问 War das auch in Peking?
李 Das Sicherheitsministerium ist in Peking. Sie verstehen
das nicht: Das Ministerium ist doch die höchste Einheit
der Polizei.
问 Wie lange haben Sie in dieser Position gearbeitet?
李 Bis 1989. Danach war ich Leiter des Sicherheitsamtes.
问 Können Sie uns sagen, wie Ihr Verantwortungsbereich
als Büroleiter aussah?
李 Als Büroleiter oblag mir die Zuständigkeit für die
nationale Sicherheit. Entschuldigen Sie, das ist vielleicht
in Kanada anders.
问 Können Sie uns sagen, wer Ihr unmittelbarer Vorgesetzter war? Was war seine Position?
问 Zunächst war das der Sicherheitsminister. Zuständig für
unser Büro war einer der stellvertretenden Minister, er
hieß 俞雷 Yu Lei.
问 Wie lange war er Ihr direkter Vorgesetzter?
李 Insgesamt war ich zehn Jahre stellvertretender und erster
Büroleiter. In dieser Zeit war er mein direkter Vorgesetzter.
问 Wie viele Mitarbeiter hatten Sie?
李 Das kann ich nur schwer beantworten. In unserem Büro
waren über 80 Mitarbeiter. Und zur Abteilung für polizeiliche Sicherheit, die für ganz China zuständig war,
unterstanden etliche hunderttausend Leute. Die nationale
Polizei gliedert sich in viele Abteilungen. Meine war nur
eine darunter.
问 Ich möchte das ganz klar haben: Sie waren zuständig für
alle Polizisten in China?
李 Nein. Meine Abteilung war nur für die gesellschaftliche
Sicherheit zuständig und leitete dementsprechend nur die
Arbeit in diesem Bereich. Am besten gehen Sie mal ins
Ministerium für Öffentliche Sicherheit, die können Ihnen
das konkret erläutern.
问 Können Sie uns sagen, wie hoch Ihr Einkommen war?
李 Welchen Zeitraum meinen Sie?
问 Als Sie Büroleiter waren.
李 Unser Land hat ziemlich häufig Reformen bei den Gehältern vorgenommen, so daß es große Unterschiede vorher
und nachher gab. Ich weiß nicht mehr, wieviel ich damals
hatte, weil sich das so oft änderte. Wahrscheinlich waren
es so um die 700, 800 Yuan.
问 Welches Jahr meinen Sie?
李 Das war vor 1993.
问 Nach 1993 sind Sie dann befördert worden? Oder war es
eine Herabstufung?
李 Ich wurde nach 1993 befördert. Ab März war ich Assistierender Minister des Sicherheitsministers.
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秀才 [xiù cai - sju tsai]
2002年11月8日
问 Können Sie sich noch an Ihr damaliges Gehalt
erinnern?
李 Ungefähr 1.000 Yuan.
问 Was war Ihr höchstes Gehalt als Büroleiter?
李 Da gehörte ich zur obersten Kategorie der polizeilichen
Büroleiter-Ebene. 1995 wurde ich stellvertretender Minister für Öffentliche Sicherheit, und mein Gehalt betrug
so etwa 1.300, 1.400 Yuan. Nach 1998 hat unser Staat
erneut eine Gehaltsreform vorgenommen, und mein
Einkommen müßte noch höher gewesen sein. Wieviel
konkret weiß ich jedoch nicht mehr.
问 Arbeitet Ihre Frau?
李 Meine Frau hat immer eine Anstellung gehabt, bis sie
1993 pensioniert wurde.
问 Sie befinden sich jetzt in Haft. Können Sie uns einmal
erzählen, warum Sie in Haft sind?
李 Weil ich das Gesetz der Volksrepublik China verletzt
habe. Ich habe Bestechungsgeld genommen. Kann ich
mal etwas Wasser trinken?
问 Ja, bitte. Sie sagen, sie seien dafür verurteilt worden, daß
Sie sich haben bestechen lassen. Ist das ein Fall oder
handelt es sich um mehrere?
李 Das Delikt heißt Bestechlichkeit. Aber bei den Leuten,
die mich bestochen haben, handelt es sich um drei Personen.
问 Können Sie uns die Namen dieser Personen nennen?
李 Der erste heißt Lai Changxing.
问 Und die anderen?
问
李
问
李
李
问
李
问
梁耀华 Liang Yaohua.
Und der Dritte?
周民兴 Zhou Minxing.
Bitte erzählen Sie uns, was mit der Lai Changxing-Sache
auf sich hat.
李 Meine Frau ... wie soll ich sagen? Ende des Jahres 1994
war meine Frau bereits pensioniert und zu Hause. Lai
Changxing sagte zu mir, falls sie gerne geschäftlich tätig
sein möchte, so könne er mir helfen. Damals haben das
sehr viele Leute gemacht, daß sie nach der Pensionierung
so Geschäfte gemacht haben. Das war Ende 1994, als er
meiner Frau Geld gab. Aber erwähnt hatte er diese Sache
so im Juli oder August. Er war damals in Peking, und
meine Frau und ich sowie ein Freund haben ihn in einem
Hotel getroffen. Er fragte, was meine Frau arbeite. Ich
sagte, sie sei schon pensioniert.
Wer war der andere dabei?
Ein Freund. Ich möchte nicht sagen, wer es war. Lai
wohnte damals im 王府 Palace Hotel.
Haben Sie Lai Changxing nach 1994 oft gesehen?
Nein, nur wenn er nach Peking gekommen war. Damals
fragte er meine Frau, warum sie nicht ein wenig
Geschäfte machen wolle. Ich sagte, meine Frau habe
keine Ahnung davon, wie das geht. Er sagte, falls meine
Frau es möchte, so könne er ihr helfen. Wie diese Hilfe
konkret aussehen sollte, sagte er damals aber nicht. Ich
verstand jedoch, daß er etwas Kapital zur Verfügung
stellen konnte. Ich habe die Sache aber, nachdem sie
angesprochen worden war, nicht weiter ernst genommen.
Später sagte meine Frau, es gebe eine Freundin, die mit
ihr zusammen ein Geschäft betreiben wolle. Sie wollten
ein Hotel aufmachen. Damals mußte man ein feste
Summe einzahlen, so ungefähr 800 oder 900.000 Yuan.
Sie und ihre Freundin suchten überall nach jemandem,
der ihnen Geld lieh, aber sie fanden niemanden. Ich sagte
deshalb zu ihr, daß Lai Changxing doch gesagt habe, daß
er ihr helfen könne, wenn sie ein Geschäft aufmachen
wolle. Sie könne ihn doch mal fragen, ob er ihr etwas
leihe. Dann hat sie selbst Kontakt mit Lai Changxing
aufgenommen und sich eine Million Yuan von ihm geliehen. Das war so etwa Ende 1994. Später sagte meine
Frau mir das, daß sie sich eine Million von Lai Changxing geliehen habe. Anfang 1995 traf ich Lai Changxing
wieder in Peking, wohin er gekommen war. Ich sagte zu
ihm, daß er meiner Frau eine Million Yuan geliehen
habe, daß meine Frau aber überhaupt keine Ahnung
davon habe, wie man Geschäfte mache. Es könne sein,
daß sie das Geld verliere, weil sie absolut nichts von
Geschäften verstehe. Lai Changxing sagte, wenn sie das
nicht könne, sei das sein Einsatz, sie werde es lernen. Lai
Changxing drückte sich damals nicht klar aus, wie er sich
das mit diesem Geld vorstellte, aber was ich verstand
war, daß er es nicht zurückhaben wollte. So haben wir es
auch nicht zurückgezahlt.
Fortsetzung folgt.
Die Ausstellung chinart - zeitgenössische Kunst aus China, wird
derzeit in Duisburg gezeigt: Museum Küppersmühle Sammlung
Grothe (bis 12.1.2003)
Passend, auch dazu, das neue Buch des China-Experten Johnny
Erling: China - Der Große Sprung ins Ungewisse, HERDER
Verlag, 19,80€, in jeder guten Buchhandlung (aber nicht in China!)
7 von 8
鲁
秀才 [xiù cai - sju tsai]
2002年11月8日
杂记
icht nur die deutsche China-Wirtschaft feierte den 30. Jahrestag der (west-) deutsch-chinesischen
Beziehungen am 11. Oktober in Peking an Jiang Zemins 世纪坛 Jahrtausend-Altar (gut gewählt, wenn
Jiang dran bleibt, aber leider ohne Fachbesucher und mit, wie man hört, Kosten von 20
Mio. € etwas teuer). Preiswerter und viel enthusiastischer ging es hingegen am 11.10. in
Neustadt an der Weinstraße zu, wie das Bild
rechts dokumentiert. Mit einem symbolträchtigen Fest-Wagen-Zug zeigten farbenprächtig gekleidete Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes den einheimischen Zuschauern
die wichtigsten Meilensteine der deutsch-chinesischen Beziehungen 1972 bis 2002 im
Modell. (鲁)
N
mmer mehr deutsche Geschäftsleute bringen sich zur Wiederherstellung ihrer im China-Geschäft
schnell verschlissenen Nerven traditionelle Stärkungsmittel aus dem 中国
Zentralreich mit nach Hause. Abgesehen davon, daß die Einfuhr solcher 中药
China-Medizin nicht immer legal ist (Artenschutz!), schockte die französische
Agentur AFP uns am 15.10.2002 mit folgender Meldung:
I
In Alkohol konservierte Schlange beißt Chinesen
Eine nur scheinbar tote Giftschlange, die ein Jahr lang in einer Flasche mit
Alkohol konserviert war, hat einen chinesischen Bauern gebissen. Als der Mann
während seiner Mittagspause am Samstag die Flasche geöffnet habe, sei das
Tier plötzlich herausgeschossen und habe seine Zähne in den Hals des völlig
überraschten Mannes gebohrt, berichtete die Pekinger Zeitung Xin Bao. Der
geschockte Bauer wurde in ein nahegelegenes Krankenhaus der Stadt Suizhou
in der zentralchinesischen Provinz Hubei gebracht und ist außer Lebensgefahr.
Wie die Zeitung weiter berichtete, war der Verschluß der Flasche aus Holz.
Dadurch gelangte Luft ins Innere des Gefäßes und ermöglichte so der Schlange
zu überleben. Hausgemachte alkoholische Getränke mit eingelegten Schlangen
oder anderen Tieren sind in China weit verbreitet. (鲁)
Auf den Verschluß kommt
es an. Er sollte nicht aus
einem Holzstöpsel
bestehen! Greifen Sie
deshalb -wenn schon- zu
dieser Marke: 龟蛇蛤蚧酒.
Erhältlich zum Beispiel im
百货大楼 in der Pekinger 王
府井 Wangfujing-Straße.
完
秀才 Xiù Cai erscheint monatlich (aus aktuellem Anlaß öfter) und wird herausgegeben vom Ostasieninstitut der FH Ludwigshafen. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Jörg-M. Rudolph.
Anschrift: Ostasieninstitut der Fachhochschule Ludwigshafen, Rheinuferstraße 6, 67061 Ludwigshafen. Tel. 0621-586670, Fax: 5866777, email: [email protected].

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