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Spontan improvisierte Klangkonzeptionen im Grazer Orpheum Konzert des Trio M - Rezension Vergangenen Samstag konzertierten im Zuge der Konzertreihe "open music" Myra Melford (piano), Mark Dresser (bass) und Matt Wilson (drums) – besser bekannt als das dem Avantgarde-Jazz zuzuordnenden Trio M – im Grazer Orpheum, um ihre neue Veröffentlichung The Guest House (2011, Enja/Yellowbird), die ihrem viel gelobten Debutalbum Big Picture (2007) folgte, vorzustellen. Schon die Namen jener Ensemblebesetzung lassen auf ein außergewöhnliches Konzertereignis schließen; Myra Melford, die perkussiv rhythmisch-exaktes Klavierspiel mit ebenso lyrisch-sinnlichem Spiel zu verbinden weiß; Mark Dresser, eine Ikone des Avantgarde-Jazz und der Grammy nominierte charismatische Drummer Matt Wilson. Jene drei visionären Jazzmusiker bilden das abenteuerfreudige und in seiner Spielweise zumeist spontan wirkende Trio M, welches sich an jenem Konzertabend gekonnt von den üblichen Triokonventionen loslöste. So boten sie ein abwechslungsreiches Konzert, wo durchkomponierte Passagen sich in freier Kollektivimprovisation wiederfanden und ekstatisch wirkende Improvisationssoloparts zu leicht hörbaren Melodiefloskeln zurückkehrten. Jene Wechsel von formal freien bzw. freitonalen Elementen, hin zu gängigen Passagen, Themen und Motiven wirkten ausgeklügelt und wohl durchdacht; so folgte im musikalischen Konzept dieses Trios eine überraschende Wendung der nächsten. Das spontane Einbinden von Klängen bzw. Geräuschen in Improvisation und Komposition trug zum Loslösen festgefahrener Genregrenzen bei, die an jenem Abend nicht existent zu sein schienen. Alle drei MusikerInnen verbanden eine erstaunliche Virtuosität mit einer gewissen Affinität an das geräuschhaft-Klangliche, wobei diese musikalische Intention auslotend, sie zu Klangkonzeptionisten avancieren ließ. Melfords rhythmisch exaktes Klavierspiel, welches sie geschickt mit lyrischen Parts verband, verhinderte zumeist ein tiefes Abdriften ins Genre Free Jazz und führte das, sich dem zuvor freien Fluss der Kollektivimprovisation hingebende Ensemble, wieder zurück in "geregelte" musikalische Bahnen. Auch Wilson, als pulsierend-treibendes Element und klanglich innovativstes Mitglied des Trios (da nahezu die ganze klanglich-geräuschhafte Palette des Schlagzeugs nutzend), lenkte die Band in von ihm vorgesehene Richtungen. Dennoch wirkte sein Spiel abschnittsweise zu aufdringlich bzw. vordergründig und übertünchte in gewissen Passagen das gesamte musikalische Geschehen. Dresser, als "Ruhepol" der Band, verstand es, sich den "steuernden Individuen" jenes Ensembles – Melford und Wilson – gekonnt anzupassen und sich jenen auch unterzuordnen, um dann in den Solopassagen mit enorm groovender Virtuosität und improvisatorischer Kreativität zu brillieren. Den HörerInnen wurde hier ein kurzweiliges und abwechslungsreiches Konzerterlebnis geboten, welches nie den Anspruch stellte, übertrieben oder pathetisch zu sein. Im frei improvisierten Raum und spontan klangkonzeptionistischen Treiben der Musiker fanden sich immer wieder leicht hörbare – dennoch nicht einfallslose – Themen, die dem Hörer und wahrscheinlich auch den ausführenden Musikern halfen, nicht im freien Improvisationsfluss unterzugehen. Demgemäß entstanden im formalen Verlauf spannende Brüche, die Melford, Dresser und Wilson zum Anlass nahmen, innerhalb einer Komposition neue Wege zu beschreiten, womit der Kompositionsprozess mit der musikalischen Ausführung stetig einherging. Die hervorragend interagierenden Musiker boten eine herausragende musikalische Leistung, die in der Kombination von Virtuosität, Kreativität und soundkonzeptionistischen Einfallsreichtum im Jazz durchaus seinesgleichen sucht. Michael Bertha terz : Trio M Seite 2 von 2