Musik - evangelische gemeinde klosterneuburg
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Musik - evangelische gemeinde klosterneuburg
1/2007 Musik und Singen macht ... “Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.” (Victor Hugo, 1802-1885) „Sie ist die Sprache der Engel“ oder „die Kurzschrift des Gefühls“ (Leo Tolstoi, 18281910) Aber es gibt auch solche humorigen Zitate: “Musik wird oft als störend empfunden, ist sie doch mit Geräusch verbunden!” (Wilhelm Busch, ) Musik reißt Menschen aus der Einsamkeit, erfüllt mit Sehnsucht und Innigkeit, bringt Ausgleich, Hoffnung, Lebensmut und -lust. Klänge verbinden zu allen Zeiten Menschen verschiedener Nationen und Rassen, sie ist eine eigene Sprache. Nüchtern-analytisch betrachtet, besteht Musik bekanntlich aus den drei Bausteinen Melodie, Harmonie und Rhythmus. Die Melodie beschreibt dabei die horizontale Linienführung, die Harmonie den vertikalen Zusammenklang und der Rhythmus regelt die zeitliche Abfolge der beiden. Das wahre Wesen der Musik aber lässt sich nicht so einfach analytisch beschreiben: Es ist die Gesamtwirkung, die Stimmung (die erzeugt wird als auch diejenige Stimmung, in der man sich selber befindet), die darüber entscheidet, ob man sich beim Hören wohlfühlt. Die Hörgewohnheiten werden ja schon in den frühen Jahren geprägt: Ich bin überzeugt, dass ich heute mit 42 Jahren einen anderen Musikhorizont, ein anderes Musikverständnis hätte, wenn meine Eltern nicht schon damals so viel Klassik (Bach, Bruckner, Dvorak, Smetana) gehört hätten. Noch dazu hat mich mein Vater als Organist sehr beeindruckt, als ich mit 8 Jahren zur Orgelempore hinauf durfte (wir lebten damals in Schleswig-Holstein). Selber musizieren! Früher haben Eltern mehr mit ihren Kindern gesungen und auch bei der Arbeit und auf Wanderungen wurde oft gesungen. Heutzutage ist es vielen Menschen sogar peinlich, einfach mal ein Lied zu trällern. Leider spielen nur ca. 5% aller Menschen ein Instrument - Musik ist großteils zum manipulativen Hintergrundrauschen degeneriert: In TV-Werbung und Konsumtempeln dient sie zur Hebung der (Kauf-)Laune. Musik beeinflusst umfassend und tatsächlich jeden Menschen. Selbst im Tierreich gibt es ungeahnte Chöre großartiger Sänger und Interpreten – ich denke da zB. an die kunstvollen Abend-Arien der 6 Amseln. „Singen ist wohl die natürlichste Weise, selbst Musik zu machen“, oder „faule Musiker werden Sänger“, meint bzw. schmunzelt so mancher Chorleiter. Immer weniger Menschen greifen auf einen aktiven Liedschatz zurück. Dabei schärft Musik das Gedächtnis, macht gesund, diszipliniert und stärkt Gemeinschaften. Jedoch ist für musikalische intellektuelle Reife ein längerer Zeitraum notwendig – es braucht viel Geduld (von seiten der Eltern als auch der Kinder)! Ist selber Musik machen nicht mehr „in“, „uncool“, weil es nicht sofort auf Knopfdruck geht? Liegt es vielleicht an den Schulen, an der Erziehung? 1 Früh übt sich! Lange, bevor Kinder Worte verstehen oder selbst sprechen können, erkennen sie Sprachmelodien und ahmen diese nach. Kinderlieder fördern den Einstieg in die Sprachentwicklung sehr: Sie helfen ihnen, durch den Klang eines Satzes die Sinn-Einheiten zu durchschauen. „Musik entsteht im Kopf“ stellen Musikpsychologen fest. Passive Berieselung, erst recht theoretischer Musikunterricht, bewirken da wenig. Musizierende Volksschulkinder sind sensibler, seelisch stabiler, sozial engagierter und geistig beweglicher. Sie lernen sogar besser als Gleichaltrige ohne musikalische Alltagserfahrung. Die wissenschaftlich vermutete Ursache dahinter: Selbstgemachte Musik aktiviert das so genannte limbinische Selbstbelohnungssystem im Hirn: Die Ausschüttung glücksspendender Hormone ist stärker als bei jeder Sportart. Singen führt zu einer messbaren Stärkung des Immunsystems. Menschen, die vor ihrem 7. Lebensjahr mit dem Musizieren begonnen haben, verfügen über messbar stärkere Verbindungen zwischen der rechten und der linken Hirnhälfte – und später funktioniert der Austausch besser. Ergebnis: Bessere Analysefähigkeiten. Ob Pflege heimischen Musikschatzes mit Stimme & Instrument (gemeint ist die echte Volksmusik, nicht die “volksdümmliche”) oder Nachsingen von Popsongs & Schlagern, egal, es sollte viel mehr gesungen und musiziert werden. Es muss ja nicht gleich zu einem TV-Auftritt bei “Starmania” kommen! Allerdings will es studiert, geübt und vorgetragen sein in Familie, Schule und Vereinen. 1 Ganz so schlecht schaut es nicht aus: Es gibt zahlreiche Chorwettbewerbe, internationale a-cappella-Festivals (zB die “voicemania” in Wien jedes Jahr) und die Szene der “mouth-drummer” mit ihrer “vocal percussion” bis hin zum beat-boxing (Klangeffekte nur mit Mund, Körper und Mikrofon) 1/2007 ... Spaß und intelligent Wie stand es zu Luthers Zeiten mit der Musik? Die Reformation war sicher auch eine Singbewegung. Durch das Singen neuer Lieder erreichte die Reformation all diejenigen, denen theologische Diskussionen nicht so viel bedeuteten, die aber einen Mund zum Singen und ein offenes Herz für die Frohe Botschaft hatten. „Singet dem Herrn ein neues Lied. Denn Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünden, Tod und Teufel. Wer solches mit Ernst gläubet, der kanns nicht lassen, er muss fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, dass es andere auch hören und herzukommen.“ Mit diesen Worten beschreibt Martin Luther die verkündigende, die missionarische Kraft christlichen Singens. Er zeigt uns damit, dass wir immer eine Kirche sein werden, die aus ihrem Singen die Kraft gewinnt, sich für das Heil der Welt aktiv einzusetzen. Darum: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wun- der.“ (EG 287 nach Psalm 98) Luther spielte selbst Laute. Quasi als Musiktherapie drückten ihm seine Freunde die Laute in die Hand, wenn er traurig war. Dadurch konnte er wieder frischen Mut fassen. Auch Gospels und Spirituals waren ursprünglich Musiktherapie, da sie während der mühseligen Sklavendienste als Arbeitslieder gesungen wurden und somit als Ventil für die Unterdrückung dienen konnten. Die Quintessenz: Musik gehört zum Menschen von der Geburt bis zum Tod (und sicher darüber hinaus!). Und zwar Musik möglichst in der aktiven Form. Singen aber ist in der Entwicklung des Menschen der natürliche Einstieg und der direkteste Zugang zum Musizieren. Die evang. Gemeinde bietet den Chor und den Jugendchor an - kommen Sie einfach mal vorbei! Christian Bauer weiterführende links im internet: www.chormusik.at | www.vokalakademie.at www.musikfabrik.at | www.musikschulmanagement.at zum Orgelumbau Nachdem die beiden Christians (Bauer & Stiegler) schon längere Zeit damit liebäugelten, die Orgel den geänderten akustischen Verhältnissen anzupassen, bot sich heuer mit der 100-Jahr-Feier die ideale Gelegenheit: Das Anbot von Orgelbaumeister Hradetzky beinhaltet neben dem Wechsel von zwei Registern zusätzlich Reinigung und Stimmung (Neu-Intonation). Die folgenden Argumente konnten das Presbyterium bei der Entscheidung für den Orgelumbau überzeugen: 1) Stimmlich war die Orgel für den ehemaligen Gemeindesaal konzipiert; die Kirche als jetziger Klangraum verträgt mehr Fülle. 2) daher die Anfrage nach einem Prinzipal 8‘, der der Orgel eine bessere Basis als bisher bietet. Auch solistisch verwendet, gibt er unserer Orgel mehr Farbe und Abwechslung. 3) die Trompete im Pedal als einziges Zungenregister verstimmt sich relativ zu allen anderen Registern und muss ständig angepasst werden, insb. in den Übergangszeiten Herbst/Heizperiode/Frühling. Meist wird sie daher überhaupt nicht verwendet. 4) das Pedal wird durch das neue 4‘-Register eigenständiger. Damit lässt sich mehr Literatur als bisher klanglich optimal darstellen. 5) unsere Orgel wurde seit mehreren Jahren nicht mehr gründlich gewartet (= gereinigt, intoniert, repariert). Dieses Service ist im vorliegenden Angebot inkludiert. 6) das Angebot wurde auch dem Orgelsachverständigen für Österreich, Dr. Wolfgang Reisinger, mit der Bitte um Begutachtung vorgelegt. Er stimmte in allen Punkten zu und empfiehlt dieses Projekt. 7) zur 100-Jahr-Feier sollten wir schon eine ordentlich klingende und raumfüllende Orgel zur Verfügung haben. Solche Dienstleistungen werden Orgel-Eingeweide für Eingeweihte im Lauf der Jahre nicht billiger; wir haben das Glück, dass der „Vater“ unserer Orgel diese handwerkliche Leistung gerne und gewissenhaft erbringen kann. Das Instrument wird uns und künftigen Generationen noch viel Freude bereiten! Christian Bauer 7