Portugal versinkt im Chaos,Portugal: Minister bitten um Verzeihung

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Portugal versinkt im Chaos,Portugal: Minister bitten um Verzeihung
Portugal versinkt im Chaos
Auch Nuno Crato, der schon lange umstrittene Bildungsminister,
hat sich für einen Fehler entschuldigt, der seinem Ministerium
unterlaufen war. Nach drei Jahren Krieg gegen die Lehrer,
Schüler, Eltern und anderes Schulpersonal, oder einfach
gesagt, gegen das staatliche Bildungssystem, war das Resultat
der chaotischste Schulanfang, den Portugal je erlebt hat.
Um die Kürzungen im öffentlichen Bildungssystem zu verstecken
und zu verhindern, daß Tausende Lehrer, die in die
Arbeitslosigkeit abgeschoben werden sollten (bzw. wurden) auf
die Straße gehen, während die Eltern von ihren Kindern
erfahren müssen, daß sie immer noch keinen Mathematiklehrer
haben oder sie beim Spanisch- und Französischunterricht mit
der Parallelklasse zusammengelegt werden und daher 47 Schüler,
teils auf dem Fußboden sitzend, ”bon jour, Madame”, aber nur
16 Schüler ”buenos dias, Señorita” zu ihrer Lehrerin sagen,
wurden die Lehrer einer zusätzlichen Prüfung unterzogen.
Die Lehrerbewertung war den Gewerkschaften von Beginn an ein
Dorn im Auge. Vor allem den in der links gerichteten CGTP
zusammengeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen, die wie die
FENPROF klare Verbindungen zur Kommunistischen Partei (PCP)
haben, konnten sich nicht damit abfinden, bewertet zu werden.
Solange die willkürliche Bewertung beanstandet wurde, war das
ja auch noch nachvollziehbar, aber die Bewertung generell zu
beanstanden? Daher hatten die Proteste noch zu Zeiten der
Vorgängerregierung nur bis zu einem bestimmten Grad die
Unterstützung der breiten Masse. Mario Nogueira ist das
Gesicht der radikalsten aller Lehrergewerkschaften, die oft
ihre Glaubwürdigkeit einbüßt, weil der Vorsitzende der FENPROF
sich einfach zu gerne ins Rampenlicht stellt. Doch seitdem die
neue Regierung an der Macht ist, braucht er nicht groß nach
einem Grund zu suchen, nichts erfinden oder aus einer Mücke
einen Elefanten machen, um gegen die Bildungspolitik
protestieren zu können.
Nuno Crato und seine überbezahlten Staatssekretäre, von denen
João Grancho, der für die Schulen der Klassen 5 – 12 zuständig
war, jetzt aus ”privaten Gründen” zurücktrat, nach dem
Plagiatvorwürfe gegen ihn bekannt wurden, sind allesamt das
beste Beispiel für Inkompetenz. Wenn man in einem
portugiesischem Wörterbuch das Wort Inkompetenz nachschlägt,
dann findet man dort ein Foto von Nuno Crato! Warum? Der
Minister, der versprach, für einen pünktlichen Schulanfang zu
sorgen, hat so sehr herum gemurkst, hat Schulen geschlossen
und Lehrer in lange Listen eintragen lassen, um absolute
Kontrolle über die Plazierung der Dozenten zu erlangen und
jede Lehrerstelle streichen zu können, die ihm nur irgendwie
zu streichen möglich schien. Doch damit hat er nur dafür
gesorgt, daß zum Schulanfang die Schulen ohne Lehrer, die
Lehrer ohne Schule, die Schüler ohne Bücher und Lehrer ein
paar hundert Kilometer ihrer Familie ohne Zimmer da standen.
Ein Chaos, so groß, daß man gar nicht alles aufzählen kann…
Ein Beispiel: Eine Lehrerin aus Vizela (50km NO von Porto)
wurde in Olhão, an der Algarve eingesetzt. Sie zog mit ihrem
arbeitslosen Mann und ihren 2 kleinen Töchtern (6 und 8 Jahre
alt) an die fast 700 Km entfernte Südküste Portugals. Nachdem
sie für die neue Wohnung die Kaution gezahlt und alles was mit
so einem Umzug zu tun hat, hinter sich hatte. Nachdem sie die
Schüler zwei Wochen unterrichtet hatte, hieß es, es sei ein
Fehler unterlaufen und die Stelle wird jetzt dem rechtmäßigem
Lehrer übergeben! Sie machte schweren Herzens die Übergabe und
zog zurück nach Vizela, wo sie ja sowieso unterrichten wollte.
Doch ohne Anstellung war die Familie wieder bei Null
angekommen. Dann bekam sie eine Mail vom Ministerium. Sie möge
sich am kommendem Montag in einer Schule in Faro melden! Also
wieder Koffer packen und wieder die 700 Km an die Algarve!
Diesmal aber blieb die Familie zurück, weil die Ersparnisse
der Eheleute aufgebraucht sind. Solche Fälle gab es viele,
auch wenn einer schon zu viel ist.
Am 20. Oktober 2014 haben die Schulen, nach 6 Wochen
Beschwichtigungen und ”diesmal wird alles gut”, die
Entscheidungskraft über die Einstellung von Lehrern
zurückbekommen. Laut Gewerkschaften und Schulen fehlen noch
immer 2.000 Lehrer. Aber auch jede Menge anderes Personal
fehlt in den Schulen von Nord nach Süd und viele Gebäude, die
Reparaturen vorgesehen hatten, müßen seit 2011 mit
Flickschusterei über die Runden kommen. Theoretisch sollte es,
zumindest für die Asbestbeseitigung Geld geben. Stattdessen
müssen die Kinder in Provisorien unterrichtet werden, wobei
die Container noch zu den besten Lösungen gehören.
Doch wofür hatte sich Nuno Crato jetzt entschuldigt, wenn das
Chaos doch weiter besteht? Dafür, daß seine Leute Lehrer
vermittelt haben, die schlechtere Bewertungen hatten, wobei
besser bewertete Lehrer weiter auf der Warteliste blieben!
Nach dem ganzen Theater, von Prüfungen die boykottiert wurden,
den Lehrern mit Erpressungen und Drohgebärden aufgezwungen,
mit Barrikaden blockiert und mit Polizeigewalt durchgesetzten
Bewertungen, hat das Ministerium also die schlechteren Lehrer
eingestellt und die guten weiter in der Arbeitslosigkeit
gelassen. Als der Fehler bemerkt wurde, hat Nuno Crato sich im
Parlament entschuldigt und versprochen, die aus Versehen
plazierten Lehrer da zu belassen, wo sie sind, während die
besseren Lehrer noch einen Platz bekommen werden. Er hat sich
nicht daran gehalten und meinte, die Lehrer würden “erst mal”
da bleiben, bis die anderen die Stelle übernehmen, da er
gesetzlich gar nicht anders hätte handeln können. Nun ja,
Haare spalten muß man können.
Bei der Einweihung einer neuen, privaten Schule durch PM Pedro
Passos Coelho nahm dieser seinen Bildungsminister in Schutz!
Er habe ihm ”sein Amt zur Verfügung gestellt, auf das er
entscheiden möge, wie er es für richtig halte”. Als der
Regierungschef mit seinem typischem Grinsen, welches die
meisten Portugiesen schon zur Weißglut getrieben hat, Nuno
Crato loben wollte, da er sich nicht vor den Problemen
versteckt, sondern dieses mit Courage angepackt habe,
unterlief ihm ein Freudscher Versprecher: ”Nuno Crato hat
seine Hände in Unschuld gewasch…, ich meine … hat das Problem
angepackt und nicht seine Hände in Unschuld gewaschen…”. So
kann es gehen. Manchmal rutscht auch dem bestem Lügner (und
Politiker sind Profis auf dem Gebiet) mal die Wahrheit heraus.
Daß einer seiner Staatssekretäre aus heiterem Himmel mit
Plagiatvorwürfen konfrontiert wurde, ist an diesem Punkt
äußerst verdächtig.
Doch woran liegt es, daß der Regierungschef und der Präsident
der
Republik,
Cavaco
Silva,
genauso
wie
beide
Regierungsparteien, diese Inkompetenz, das Chaos und damit die
Zerstörung des öffentlichen Bildungssystems nicht nur
hinnehmen, sondern regelrecht vorantreiben? Der Grund ist
genauso einfach wie perfide. Die Privatschulen, Internate,
Eliteuniversitäten, aber auch private Sprachschulen, die
Ketten von Nachhilfeeinrichtungen, die sich nur wenige leisten
können und Berufsschulen, die dann den Firmen Sklaven in Form
von Praktikanten besorgen, erleben einen Boom wie nie zuvor
und bekommen obendrein noch Zuschüsse vom Staat. Es ist ein
riesiges Geschäft, das mit der Angst vor einer ungewissen
Zukunft rechnet. Es ist noch lange nicht das letzte Wort
gesprochen, und der Minister Crato hat noch ein paar schwere
Monate vor sich. Die Schüler, die heute wieder auf der Straße
waren, haben jedenfalls schon viel wertvolle Zeit verloren und
es ist die Zukunft dieser Generation, die hier auf dem Spiel
steht. Aber den Schülern in den privaten Kollegien ist das
egal. Sie haben später weniger Konkurrenz, auch wenn ihre
Zukunft eigentlich schon bei der Geburt vergoldet wurde. Doch
der goldene Löffel ist noch nicht der Garant für eine
glänzende Zukunft.
So viel zur Bildung und im Teil 1 zur Justiz. Doch wenn das
alles schon schlimm ist, was soll man dann vom
Gesundheitssystem sagen oder von den Transportunternehmen, der
Post, den Telekommunikationsunternehmen PT, RTP, RDP usw.
Scheinbar gibt es keinen Bereich des öffentlichen Lebens in
Portugal, der normal funktioniert. Die Banken sind noch mal
eine Kategorie für sich, und selbst die Finanzämter werden
schon von privaten Unternehmen zum Eintreiben der Schulden und
Kommissionen in Mafiamanier benutzt.
Das Volk fühlt sich, wie immer, betrogen und bestohlen und
kann den Tag der Abrechnung kaum erwarten. Daß die Verfassung
die Politiker mehr an ihre Versprechen binden muß, ist dabei
nur eine Bedingung, die das Wahlvolk an die nächste Regierung
stellt. Bis zu den Wahlen, in 10 oder 11 Monaten, heißt es
noch durchhalten.
Im Sinne der freien Information
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Teil 1 – Portugal: Minister bitten um Verzeihung
Portugal: Minister bitten um
Verzeihung
Es mag ja schon ein Fortschritt sein, wenn die sonst so
arroganten Minister der Regierung Passos Coelho / Paulo Portas
für den Schaden, den sie angerichtet haben, um Entschuldigung
bitten. Doch hat das wohl mehr mit dem Schmusekurs der MitteRechts-Koalition zu tun wie mit wahrer Bescheidenheit. Der
Countdown zu den nächsten Wahlen läuft und die PSD/CDS
Regierung rechnet mit der Zerstrittenheit der Linken, die sich
trotz der prekären Lage nicht zusammenraufen kann.
Politikverdrossenheit ist das Resultat.
Inkompetenz! Das Wort beschreibt am besten den Grund für den
aktuellen Zustand des portugiesischen Rechtssystems. Auch wenn
Justizministerin Paula Teixeira da Cruz sich im Parlament
formell entschuldigte, so macht sie keineswegs einen
geläuterten Eindruck. Sie verteidigt ihre Reform nach wie vor
als einzig richtigen Weg, das zu langsame nicht effiziente
Rechtssystem zu verbessern. Doch können die Bürger nur massive
Verschlechterungen verspüren, von denen Paula da Cruz sagt,
daß es die üblichen Anfangsschwierigkeiten wären, wenn man ein
altes System radikal erneuert.
Aber zunächst einmal einige Fakten, die zeigen, in welchem
Zustand sich die Rechtsprechung befindet. Mal abgesehen von
den Problemen, die mit einer löchrigen Gesetzgebung,
übermäßiger Bürokratie und dem schamlosen Ausnutzen aller
legalen Mittel um einen Prozeß in die Länge zu ziehen, durch
schlaue Anwälte, welche es Vielerorts gibt, hat die Ministerin
mit ihrer Reform die bestehenden Probleme noch verschlimmert.
Obwohl es hieß, man würde die Ausgaben des Ministeriums allein
dadurch kürzen, daß man die Effizienz erhöht, hatten die
ersten Maßnahmen genau den gegenteiligen Effekt. Kein Wunder,
wenn man mehr oder weniger willkürlich Personal reduziert,
indem man in Rente gehende Justizbeamte nicht ersetzt und noch
Anreize gibt, in Frührente zu gehen. Berge von Prozessen, ja
ganze Gebirge wurden hin und her geschoben und unter den
übriggebliebenen Beamten aufgeteilt. Aber das war erst der
Anfang.
Als nächstes wurden die regionalen Zuständigkeitsgrenzen neu
gezogen,
Aufgabenbereiche
zusammengelegt
und
eine
Zentralisierung unter dem Deckmantel der Rationalisierung ist
nicht zu übersehen, vor allem wenn im dünner besiedelten
Inland immer wieder die Bevölkerung Protestaktionen
unternimmt, um auf die Schließung kleinerer Gerichte
aufmerksam zu machen. Nicht selten müssen Menschen jetzt einen
ganzen Tag verlieren, gar mit dem Taxi in die
Distrikthauptstadt fahren, weil es keine kompatiblen
öffentlichen Transportmittel gibt, um ihr Recht auf
Gerechtigkeit zu bekommen. Man sieht wieder mal,
realitätsfern die Damen und Herren in Lissabon doch sind.
wie
Denn in Portugals Hauptstadt liegt alles direkt um die Ecke.
Doch in den Bergen Portugals Nordostens oder in der
“Halbwüste” des Alentejo sind die Menschen auf ihre kleinen
Gerichte angewiesen. Jedes Gerichtsgebäude, daß die Türen
schließt, mag ja auf den ersten Blick dem Staat einige
Ausgaben sparen, aber dem Bürger kostet es um so mehr und der
Gerechtigkeit sowieso. Außerdem sind die Kosten für den Umzug,
das Chaos in dem Gericht, in das Beamte mit samt Akten,
Richter, Anwälte usw. einziehen und die vielen Klagen gegen
das Ministerium, so hoch, daß sie aus den Sparplänen eine
Milchmädchenrechnung machen. Doch damit immer noch nicht
genug…
Der “estado de sitio” (Ausnahmezustand) ist ausgebrochen, als
die Internetplattform CITIUS, die seit einigen Jahren ohne
größere Probleme in Betrieb war, mit dem in Kraft treten eines
Updates zum 1. Oktober blockierte und mindestens 3,5 Millionen
Prozesse unzugänglich machte. Anwälte, Richter, allerlei
Justizbeamte, vor allem aber die Bürger, die ein
funktionierendes Rechtssystem brauchen, um ihr Leben
fortführen zu können. Die Angst, daß Verjährungsfristen
überschritten oder gar wichtige Dokumente, Beweise oder ganze
Prozesse für immer verlorengehen, ist groß. Auch wenn es
niemand offen ausspricht, so kommt einem zwangsläufig der
Gedanke, daß manch einer das bestehende Chaos nutzen könnte,
um Probleme aus der Welt zu schaffen, verschwinden zu lassen.
Da stellt sich doch die Frage, ob das ganze Durcheinander nur
Inkompetenz ist oder ob nicht vieleicht eine Absicht dahinter
steckt. Wer weiß, vielleicht sollten ja ein paar Dinge
verschwinden und dabei wurde ein Dominoeffekt in Gang gesetzt,
der zu dem jetzigem Chaos geführt hat und von dem noch nicht
klar ist, in wie weit es sich noch verschlimmern kann.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugals Sozialisten wählen
den neuen Premierminister
In einer nie dagewesenen Primärwahl, bei der nicht nur
Parteimitglieder, sondern auch “Sympathisanten” wahlberechtigt
waren, haben Portugals Sozialisten den zukünftigen
Premierminister gesucht. Generalsekretär António José Seguro
wurde dabei vom derzeitigem Bürgermeister von Lissabon,
António Costa, herausgefordert, was von Seguro als Verrat
gewertet wurde. Costa wiederum sah sich in der Pflicht, Seguro
abzulösen, um die vielen enttäuschten Wähler, die in der PS
nur die Fortsetzung der alten, menschenfeindlichen Politik
sehen, wieder zu gewinnen.
Es wächst eine kleine Blume der Hoffnung in Portugal. Eine
Nelke! Das Symbol der Revolution von 1974 spiegelt das Gefühl
der Sehnsucht nach einer “Guten alten Zeit” wider, daß António
Costa repräsentiert. Doch gehen wir mal ein paar Jahre zurück…
Es war einmal eine Immobilienblase in den USA, die, durch
faule Kredite und gierige Spekulanten u. a., die Welt in eine
weitere Katastrophe führte… So, oder so ähnlich könnte die
Geschichte beginnen. Wie in jedem gutem Märchen gibt es die
Bösewichte, wie den Zauberer, der mit schwarzer Magie in einem
fernen Land die Finanzwelt vergiftet und Banker in aller Welt
verzaubert hat. Er rief die dunklen Mächte an und jeder, der
einen verfluchten Geldschein zu lange betrachtete, verfiel der
Gier. Zauberer Madow wurde überführt und in den Turm geworfen,
doch der Schaden ist angerichtet. Mit seinen Zaubersprüchen
hat er den Euro verflucht und die Gier in die Herzen Tausender
Menschen gezaubert… Doch leider ist es kein Märchen, Madow ist
kein schwarzer Magier, und die Gier ist in den Herzen der
Menschen, die mit den falschen oder gar ganz ohne Werte groß
wurden.
Das aber sei nur am Rande erwähnt. Denn ich möchte hier ein
Beispiel bringen, von Politikern, die ohne ihr Wesen völlig zu
ändern, verstanden haben. Verstanden, daß die Menschen von
ihnen eine Lebensgrundlage fordern. Verstanden, daß sie für
die Menschen da sind und nicht umgekehrt. Verstanden haben,
daß die Menschen es satt haben, ausgequetscht zu werden,
bestohlen, betrogen und dann auch noch verspottet zu werden.
Dann als Begründung folgende Standardsätze gesagt zu bekommen:
“Wir wurden schließlich gewählt…”; “wir konnten ja nicht
ahnen, daß die Lage so schlimm ist…”. Was aber die aktuelle
Opposition noch nicht verstanden hatte, ist der Wunsch einer
Allianz der Linken, die sich nicht zu extrem zeigt, aber sich
auch nicht vom Kapital überrollen oder gar kaufen läßt.
Ungefähr 150.000 Sympathisanten haben sich eingetragen, um
gemeinsam mit 93.000 Mitgliedern der PS ihren Wunschkandidaten
zu nominieren. Das muß man sich erst einmal auf der Zunge
zergehen lassen, denn es klingt wie ein Märchen. Hat die
Partido Socialista sich wirklich dem Wähler geöffnet? Das wäre
revolutionär, ja noch schlimmer, man könnte fast schon meinen,
wir hätten die Demokratie wieder entdeckt. Es sieht fast so
aus, wie ein Schritt in Richtung Mitbestimmung der Bürger.
Zugegeben, ein kleiner Schritt. Doch nach allen Rückschritten,
die unsere westliche Demokratie gemacht hat. Nach allen
Versuchen, die Demokratie nach Amerikas Vorstellung Länder
“aufs Auge zu drücken”, die dafür weder bereit waren noch die
nötige Stabilität hatten, da diese Staaten aus in
Kolonialgrenzen zusammengepferchten Völkern bestehen, die jede
Menge ungelöste Konflikte haben, und nur mit der Gewalt einer
Diktatur unterdrückt werden konnten. Aber das ist nicht der
Weg, nicht in Europa, nicht im arabischen Raum und schon gar
nicht in Portugal. Die Demokratie ist von skrupellosen
Geschäftemachern aufgeweicht und zur persönlichen Bereicherung
mißbraucht worden. Um so wichtiger erscheint da ein Schritt in
die andere Richtung.
Es ist ein Zeichen, trotz des Enthusiasmus einerseits und
andererseits, des Versuchs, diesen Akt des staatsbürgerlichen
Engagements klein zu reden. Wenn fast 250.000 Menschen sich
eintragen, um einen Kandidaten zu wählen, dann ist das ein
Grund zur Hoffnung. Um die 70 Prozent dieser Menschen waren
letztlich auch zur Wahl gegangen und 68 Prozent wollten den
Herausforderer, António Costa, als PM-Kandidaten, und nachdem
schon im Voraus angekündigtem Rücktritt von A. J. Seguro wird
er aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Amt des
Generalsekretärs und somit des Oppositionsführers übernehmen.
Nur schwer nachzuvollziehen wäre es, wenn der Parteikongreß,
wie vorgesehen, erst Mitte Dezember stattfände. Die größte
Oppositionspartei kann nicht zweieinhalb Monate ohne Führung
bleiben, zumal der Leiter der Parlamentsgruppe der PS ebenso
sein Amt niederlegte. Doch das ist nicht der einzige Grund, um
den Parteigänger vorzuziehen.
Denn die Sozialisten sind nicht gerade kameradschaftlich
miteinander umgegangen, und besonders Seguro hat seinem
Gegenspieler Vorwürfe an den Kopf geworfen, als gäbe es kein
Morgen. Von Machtgier, Verbindungen zur Geschäftswelt und ein
Vertreter des “Alten” zu sein, bis hin zum Verrat, war alles
dabei. Ich, und scheinbar auch diejenigen, die sich mit der PS
verbunden fühlen, hatten das Gefühl, daß er dabei von sich
selbst spricht. Wie auch immer, es wurde eine Menge Geschirr
zerschlagen und allen Bekräftigungen der Einheit zum Trotz,
gibt es viel zu kitten.
Was aber bleibt letztlich von alledem? In der Praxis haben die
Demokratien ein Beispiel für die Öffnung einer Partei und die
Rückgabe eines kleinen, aber nicht unwichtigen Teiles der
Macht an das Volk. Normalerweise machen die Parteibonzen unter
sich aus, wer kandidiert, wer welchen Posten bekommt, und oft
gibt es sogar nur einen Kandidaten, da die möglichen
Herausforderer abgespeist oder sonst irgendwie beseitigt
werden. Costa ist erst angetreten, nachdem die PS bei der
Europawahl nur recht knapp gewonnen hatte und immer mehr
Menschen den Wunsch äußerten, daß er die PSD/CDS-Regierung
ablösen sollte, weil mit Seguro keine absolute Mehrheit zu
holen ist.
Aber deshalb ist er noch lange nicht der Messias, der
Heilsbringer, den viele in ihm sehen wollen. Wie das Beispiel
Obama zeigte, ist die Macht der Regierungen begrenzt, wenn
nicht gar ganz eine Farce. Dennoch, mit einem beachtlichen
Teil der Bevölkerung hinter sich kann er sicher einiges
bewirken. Nur wir dürfen das Ausmaß des angerichteten Schadens
nicht vergessen. Also, wer zuviel erwartet, wird eine
Enttäuschung erleben. Der kleine Fortschritt in Sachen
demokratische Mitbestimmung aber muß als Brückenkopf für die
Rückeroberung unserer verlorenen Rechte dienen. Denn die zu
erwartenden Wahlgeschenke der Regierung werden schnell wieder
verschwinden, wenn die Leute darauf reinfallen und den Lügnern
dieser Regierung ein weiteres Mandat erteilen. Bleibt ergo zu
hoffen, denn wie man weiß, stirbt die Hoffnung zuletzt, und
das gibt Grund zur Hoffnung. Hoffentlich, hoffe ich!
Immer im Dienste des Lesers,
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Wetterchaos
setzt
Portugal
unter Wasser
Versichert sein. Aber nur wer die letzten Jahre nicht in
Portugal war und auch sonst nicht informiert ist, kann sich
darüber wundern, daß sich kleine Geschäfte keine Versicherung
leisten können. Aber wer mit der Troika und dieser
verbrecherischen Regierung fertig wird, der legt selbst Hand
an und putzt den Schlamm und Moder, der meterhoch in seinem
kleinen Geschäft steht. Der Klimawandel aber muß von allen
bekämpft werden, wollen wir eine Zukunft für unsere Kinder!
Alarmstufe gelb; Alarmstufe orange! Als am 22. September
zwischen 13:00 und 15:00 Uhr über 40 Liter Regen pro
Quadratmeter in Lissabon fielen, war die Unwetterwarnung nur
auf der geringeren Stufe gelb. Doch der Zivilschutz ist
äußerst zurückhaltend mit seiner Kritik gegenüber den
Wetterfröschen der IPMA (Instituto Português do Mar e da
Atmosfera),
und
generell
sind
die
gegenseitigen
Schuldzuweisungen eher sinnlos, da meist politisch motiviert
und völlig haltlos. Die Mentalität, daß immer irgend jemand
die Schuld trägt, greift hier nur bedingt. Wenn man schon
einen Schuldigen braucht, dann sollte man diese Frage nach New
York weiter schicken, wo derzeit die Weltklimakonferenz
stattfindet.
Portugal liegt seit über einer Woche unter einem Dauerbeschuß,
diesmal nicht von Spekulanten, dem IWF oder der
internationalen Bankenmafia, sondern nunmehr von Blitz und
Donner, Hagel, Regen und Sturm. Warme und zugleich feuchte
Luftmassen liegen stationär vor der portugiesischen
Atlantikküste und machen den Spätsommer, den viele für ihren
Urlaub wählen, zur Katastrophe. Touristen und Einheimische
schimpfen gleichermaßen auf das Wetter, aber es sind vor allem
die Portugiesen, die auf den Trümmern ihrer Existenz sitzen
und sich fragen, wie sie in Zeiten wie diesen einen Kredit
bekommen sollen oder gar eine staatliche Hilfe, von einer
Regierung, die nur Geld für die ihren hat!
Es scheint fast, als hätte Donar, durch Hollywood mehr als
Thor bekannt, beschlossen, seinen Urlaub hier zu verbringen.
Auch wenn die Weinlese gerade erst losgegangen, so scheint mir
die nordische Gottheit schon völlig betrunken. Wenn der Wein
gepreßt wurde, dann geht der Rest in die Brennerei, um den
hochprozentigen Bagaço zu brennen. So kann man sich erklären,
daß mal im Norden, mal weiter im Süden sinnflutartige
Regenfälle herunterkommen, zwischendurch mal ein paar Blitze,
ein Hagelschauer, der ein paar Bauern die Ernte kaputtschlägt
und natürlich die Sturmböen, die manchmal einen kleinen
Tornado provozieren, sich mit strahlendem Sonnenschein
abwechseln und das bei Temperaturen um die 24º / 25º.
Ja, die Götter müssen verrückt sein oder betrunken. Vielleicht
aber, nur vielleicht, gibt es eine wissenschaftliche Erklärung
für diese ungewöhnliche Wetterlage. Einen so verregneten
Sommer gab es schon seit über 50 Jahren nicht mehr, und es
gibt seit einiger Zeit die Erkenntnis, daß der Golfstrom, eine
Meeresströmung, die an der portugiesischen Atlantikküste
vorbeizieht, aus dem Tritt geraten ist. Das Azoren-Archipel
ist im Mittelpunkt der “Wettermaschine Nordatlantik” und
trennt die Meeresströmungen, die vom warmen Wasser der Karibik
angetrieben, zum Nordpol fließen, abkühlen, und wieder gen
Süden strömen.
Dieses warme Wasser sorgt für ein mildes Klima in Europa,
besonders der Iberischen Halbinsel und den Britischen Inseln.
Wir haben zu wenige Daten, um sicher zu sein, welche
langfristigen Auswirkungen der Klimawandel auf unser aller
Leben haben wird. Doch viele Computersimulationen deuten auf
ein rauher werdendes Klimas hin, wenn der Golfstrom aufhört,
Westeuropa mit warmem Wasser zu umspülen. Ein extrem
stürmischer Winter, ein feuchter Sommer und 2013 ein extrem
heißer, trockener Sommer. Der Treibhauseffekt kann also
indirekt für eine kleine Eiszeit im Wilden Westen unseres
Kontinents sorgen, so paradox das auch klingen mag.
Nun haben Portugals sonst so zuverlässige Wetterfrösche das
Ende von Thors Urlaub hierzulande für den 25. September
vorhergesagt. Ob Zufall oder nicht, der Donnerstag ist dem
Gott des Donners, Donar alias Thor, gewidmet. Die Donau ist
übrigens auch nach ihm benannt… Bleibt zu hoffen, daß die
Weltklimakonferenz mehr bringt als leere Worte, und endlich
ein Umdenken stattfindet. Wenn die Nationen nur halb so viel
in erneuerbare Energien investieren würden als in Waffen und
ihre Kriege um Öl und Gas, dann wäre die Welt ein besserer
Ort.
Mit diesen Gedanken verabschiede ich mich für heute, immer auf
der Suche nach der Nachricht Ihres Interesses.
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Privatisierungen,
Konzessionen
oder
Verstaatlichung
Jetzt aber schnell! Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die
Regierung kein neues Mandat bekommt, wenn in einem Jahr das
Wahlvolk
an
die
Urnen
geht.
Außerdem
hat
das
Verfassungsgericht, wieder einmal mehr, einen Großteil des
Nachtragshaushaltsplans für verfassungswidrig erklärt. Zuerst
war mir nicht ganz klar, was die Finanzministerin, Maria Luís
Albuquerque, als Alternative für die nicht genehmigten
Kürzungen und Einschnitte aufbieten würde, doch jetzt vermute
ich, daß sie mit Einnahmen aus den Privatisierungen rechnet.
Es ist ein offenes Geheimnis, daß man in Portugal derzeit gute
Geschäfte machen kann, da die Regierung um Passos Coelho /
Paulo Portas plant, die Haushaltslöcher mit den Einnahmen aus
den Privatisierungen zu stopfen. Auch wenn es offiziell heißt,
die Regierung hätte es nicht eilig, und vor den Wahlen im
nächstem Jahr wäre es unethisch, neue Privatisierungen
einzuleiten. Nun ja, es sei denn, es bietet sich eine
“unwiderstehliche
Gelegenheit”
oder
sonst
eine
unvorhergesehene Situation würde sich ergeben. Was natürlich,
typisch Politiker, eine Sache der reinen Interpretation ist.
Wirtschaftsminister António Pires de Lima sagte gestern, er
habe mindestens drei Angebote für die TAP, Portugals
emblematische Fluggesellschaft. Die Entscheidung, ob die
Fluggesellschaft, die einen strategisch wichtigen Markt
bedient und daher auch sehr begehrt ist, ganz oder teilweise
privatisiert oder, wie die Beispiele in Teil III zeigen,
konzessioniert wird, sei noch nicht getroffen. Die TAP macht
Gewinne, die dem Wohl des Landes, der Bürger und vor allem der
Mitarbeiter des Unternehmens zu gute kommen und nicht für eine
Extraeinnahme des Staates dienen sollten. Piloten und
Bordpersonal haben in letzter Zeit immer wieder gestreikt, um
auf das Problem aufmerksam zu machen. Die Sicherheit der
Passagiere ist immer im Mittelpunkt der Firmenpolitik gewesen,
auch wenn mal eine Maschine am Boden bleibt oder wieder
umkehrt, weil das Wetter oder ein anderer Faktor ein zu hohes
Risiko darstellt.
Doch derzeit wird am falschem Ende gespart, um zukünftige
Aktionäre zu beeindrucken. Ein Pilot, der die Azoren,
Kapverden und ganz besonders Madeira anfliegt, muß große
Erfahrung, viel Ruhe und eine besondere Ausbildung vorweisen.
Ein unerfahrener, unterbezahlter und überarbeiteter Pilot kann
zu einem Desaster führen. Die TAP in Händen eines
südamerikanischen Milliardärs oder einer asiatischen
“Heuschrecke” sind Horrorszenarien, die laut António Pires de
Lima nur der Propaganda der Opposition entspringen. Aber
Tatsache ist, daß es schon vor 2 Jahren solche Angebote gab,
die damals wohl nur an unzureichenden Bankgarantien
scheiterten. Auch wenn die Regierung sagt, daß nur die
wirklich guten Angebote zugelassen werden, so ist doch jedem
klar, daß die Haushaltslöcher bis Monatsende gestopft werden
sollen, da der 30. September als Annahmeschluß für Angebote
bzgl. der TAP angesetzt wurde.
Früher gehörten die Groundforce (Bodenpersonal/Gepäck) und die
ANA – Aeroportos de Portugal, welche die Flughäfen Portugals
verwaltet, praktisch auch zur TAP. Der ganze Bereich des
Luftverkehrs ist strategisch wichtig für den Tourismus, den
Warenverkehr, die sogenannte Diaspora, d. h. die 5 Mio.
Auslandsportugiesen, die 500.000 Ausländer (vor allem
Afrikaner, Brasilianer und andere aus ehemaligen Kolonien,
sowie Ukrainer und Rumänen) und natürlich für die
Geschäftsreisenden, die zur Zeit nach Portugal zum “shoppen”
kommen oder das in Portugal verdiente Geld vor dem Fiskus in
Länder wie Angola, Mosambik, Brasilien oder China (via Macao)
retten und dort investieren. Steuern zahlen ist was für die
Armen, die sich keine Schweizer Nummernkonten, teure Anwälte
und Buchhalter leisten können. Doch das Angebot an (noch)
Staatseigentum ist groß.
Natürlich sind da die vielen Unternehmen der GES – Grupo
Espirito Santo, die mit der BES in die größte Bankenkrise in
Portugals Geschichte gestürzt wurden. Einige davon sind wahre
Leckerbissen,
wie
z.B.
die
ES-Saúde,
aus
dem
Gesundheitssektor, die am 19. August 2014 ein Übernahmeangebot
von der mexikanischen Angeles bekam und die am 11. September
2014 vom Interesse der portugiesischen José de Melo in
Kenntnis gesetzt wurde. Die Portugiesen haben schon einige
Privatkliniken, die hierzulande nicht nur davon leben, daß
Versicherungen oder besonders gut betuchte Menschen, die sich
zu fein sind, in einem öffentlichem Krankenhaus behandelt zu
werden, die teuren aber deshalb nicht automatisch hoch
qualitativen Dienste der Privatärzte in Anspruch nehmen,
sondern auch vom “urbanen Mythos” zehrt, daß man nur privat
vernünftig behandelt wird.
Das öffentliche Gesundheitssystem, SNS, wird die Tage 35 und
hat in dieser Zeit einen Quantensprung vollzogen. Darum
versucht die Lobby des privaten Gesundheitssektors, die SNS
nicht nur schlecht zu reden, sondern ganz aktiv zu
verschlechtern oder aber die unliebsame Konkurrenz zu
verteuern, indem die Regierung einerseits die Abgaben für die
Sozialversicherung erhöht, die Tabaksteuererhöhung ganz
spezifisch dem “viel zu teurem Gesundheitssystem” ankreidet
oder ganz direkt eine Eigenbeteiligung eingeführt hat, für
alle die mehr als den Mindestlohn (485 Euro) verdienen oder
andere Befreiungskriterien nicht erfüllen wie eine chronische
Krankheit, Behinderung oder Schwangerschaft. Die “Taxa
moderadora” war ursprünglich als Anreiz gedacht, um die
chronisch verstopften Krankenhausnotaufnahmen von Leuten zu
befreien, die eigentlich zum Hausarzt gehen könnten.
Dementsprechend sollte es ein Symbolwert sein. Inzwischen hat
die neue Regierung nicht nur die Preise erhöht und die
Befreiungskriterien verschärft, sie hat auch noch
Sparmaßnahmen angeordnet und ist beim Auszahlen der
Beitragsgelder recht selektiv, mit undurchsichtigen Kriterien,
und oft bekommt man das Gefühl, daß bestimmte Lobbys
unterstützt und andere geschädigt werden sollen. Viele
Krankenhäuser, Kliniken und Gesundheitszentren haben Probleme,
ihre Rechnungen zu bezahlen, bekommen keinen Kredit und sind
unterbesetzt. Eine Untersuchungskommission hat jetzt die
Krankenhausleitung im Lissabonner Hospital Santa Cruz
beschuldigt, ganz konkret für 2 Todesfälle verantwortlich zu
sein. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges und obgleich
mir ein gewisser journalistischer Abstand normalerweise
wichtig ist, komme ich nicht daran vorbei, den Tod meiner
Mutter der endlosen Liste der Opfer der Sparpolitik
hinzuzufügen. Das Krankenhaus, in dem meine Mutter Ende
letzten Jahres verstarb, ist eine PPP – ein öffentlichprivates Gemeinschaftsunternehmen, in dem ein privater
Investor das
verwaltet.
mit
öffentlichem
Geld
gebaute
Krankenhaus
Selbst wenn der Fokus immer schon auf Gewinn machen lag, so
hat der Mensch in den letzten Krisenjahren das bißchen
Respekt, was vom Personal noch erhalten wurde, nun auch schon
verloren. Vor kurzem erst haben die Ärzte im Hospital São
Sebastião gestreikt, um die Einstellung der fehlenden 70 Ärzte
zu fordern. In Sachen Pflegepersonal und in der Verwaltung
fehlen natürlich Leute, die aber lieber in England arbeiten,
wo sie in der Woche mehr verdienen wie hier im Monat und noch
deutlich weniger Streß haben als in dem Land, in dem sie trotz
allem lieber leben und arbeiten würden, das aber für seine
eigenen Söhne und Töchter keine Zukunft bietet.
Nunmehr zurück zur Schnäppchenjagd! Wem die Unternehmen der
Gruppe Espirito Santo – GES – zu strähnig, ja gar mit zu
vielen illegalen Mauscheleien bis hin zu handfestem Betrug
verbunden ist, sollte schon gar nicht an eine Übernahme oder
nur an eine Beteiligung an der ehemaligen BES – Banco Espirito
Santo, seit der Verstaatlichung in “Novo Banco” umbenannt und
größtenteils von jeglichem “Giftmüll” befreit, auch nur
denken. Am 13. September 2014 sind Vitor Bento und seine
beiden Mitstreiter, João Moreira Rato und José Onório, die die
Verwaltung und damit die Rettung der Bank übernommen hatten,
geschlossen zurückgetreten. Alle drei waren erst vor zwei
Monaten angetreten, um die Konten der Novo Banco in Ordnung zu
bringen und auf eine Reprivatisierung vorzubereiten. Es geht
schließlich um 4,5 Mrd.Euro, der zirka 7 Mrd. Euro
Troikagelder, die für den einzigen Zweck, einer Bankenrettung,
bestimmt waren und trotz Drängen der Opposition nie zum
Haushaltsausgleich oder Gott bewahre, gar um die Wirtschaft
anzukurbeln, verwendet wurden.
Als hätten die Herren gewußt, daß sie das Geld noch brauchen
würden. Zu behaupten, die 4,5 Mrd. Euro aus dem
Bankenrettungsfonds seien nicht wirklich Geld vom
Steuerzahler, ist Haarspalterei. Sind unsere EU-Gelder nicht
letztendlich auch Steuergelder? Werden die Zinsen und
Kommissionen nicht mit Steuergeld bezahlt? Ja, das kann die
Eile erklären, die letztlich zum Rücktritt des Vorstandes der
Novo Banco führte. Obwohl alle drei Herren hohe Tiere in PM
Passos Coelhos und Präsident Cavaco Silvas PSD sind, war der
Plan von Regierung, Portugals Zentralbank und der anderen
Banker Portugals, die Novo Banco so schnell wie möglich wieder
zu verkaufen, mit ihrer Sicht, die Bank erst wieder in Ordnung
zu bringen und dadurch aufzuwerten, nicht zu vereinbaren.
Vitor Bento hatte die Unterstützung der Angestellten, die
viele Kunden dazu gebracht haben, ihre Einlagen wieder zurück
zu tragen, er hatte aber nicht die Unterstützung von Carlos
Costa, dem Gouverneur der Portugiesischen Zentralbank. Die
Angestellten der Bank haben natürlich Angst um ihre Jobs, denn
auch wenn sie an dem Schlamassel am wenigsten Schuld tragen,
haben sie den Makel der BES an sich haften. Sie ließen über
ihre Gewerkschaft ihre Befürchtung verkünden, daß der
Rücktritt nur aus parteipolitischen Gründen stattfand. Sie
behaupten, daß die Banco de Portugal, Finanz- und
Wirtschaftsministerien und die regierungstreue Bankenlobby,
den Fall BES bis zu den Wahlen im nächstem Jahr erledigt haben
und aus den Schlagzeilen verbannen wollen.
Die Ereignisse überschlagen sich immer wieder, so daß ich
letztlich in Vollzeit für die Buergerstimme schreiben müßte.
Doch dafür bräuchten wir Sponsoren, deren Interesse in
Portugal und im portugiesischem Sprachraum liegt. Denn
eigentlich wollte ich noch über die geplanten Privatisierungen
der öffentlichen Transportmittel in Lissabon und Porto
schreiben. Doch der angekündigte Kampf der Bürgermeister und
Gewerkschaften hat noch Zeit und kann von mir thematisiert
werden, wenn die Angestellten streiken, oder wenn der neue,
parteilose Bürgermeister von Porto, Rui Moreira, seinen
Versuch startet, die Metro do Porto, die Busse und
Straßenbahnen der STCP oder beide Transportunternehmen von der
Stadt kaufen zu lassen. Die Verlagerung der staatlichen
Unterstützung von öffentlichen zu privaten Schulen ist einen
genauen Blick wert, vor allem, weil Deutschlands
Bildungssystem immer wieder als “glänzendes Beispiel” genannt
wird.
Im Grunde gibt es zu viele Studierte, die in der elitären
Wunschgesellschaft derer, die zur Zeit das Sagen haben, keinen
Platz haben. Inzwischen sind Hunderttausende schon
ausgewandert. Aber die Aktualität bestimmt nun mal die
journalistische Arbeit, und es gibt zur Zeit nichts
vergleichbares mit der “Telenovela” BES – Banco Espirito
Santo, alias Novo Banco (Neue Bank). Heute, am 14. September
2014, wurde der 51-jährige Eduardo Stock da Cunha als neuer
Verwalter der Novo Banco bekannt gegeben. Der erfahrene Banker
hat seinen Posten bei der Lloyds aufgegeben, um den Plan der
Regierung, dieses Ärgernis schnellstens aus der Welt zu
schaffen, indem die Bank, wenn nötig auch weit unter Wert
verscherbelt wird, umzusetzen. Jemand der 30 Jahre in der
internationalen Finanzwelt mit Erfolg unterwegs ist, hat mit
Sicherheit keinerlei Skrupel, um die ehemals größte Bank
Portugals fein säuberlich zu zerstückeln, einen großen Teil
der Angestellten im Prozeß in die Arbeitslosigkeit zu
schicken, viele der Kunden aus der Realwirtschaft in die
Pleite zu treiben und damit dem zartem Pflänzchen der Erholung
der Wirtschaft das Wasser abzugraben.
Von allen Privatisierungen ist der Fall BES bzw. Novo Banco
die komplizierteste und wie mir scheint, wird der Skandal und
die ganzen schmutzigen Geschäfte, die nach und nach bekannt
werden, eine Katastrophe für das Land und damit auch für
Europa. Denn die Medien haben angefangen, zu graben, und die
Staatsanwaltschaft bohrt jetzt nach. Immer mehr Leute
denunzieren ihre Vorgesetzten und die Machenschaften einer
arroganten Elite, die sich für unantastbar hält. Die Regierung
dreht sich in den Wind, unterschätzt aber das Wahlvolk, das
immer mehr Transparenz fordert und endlich Werte von der
Politik umgesetzt sehen möchte, die in einer Demokratie
selbstverständlich sein sollten. Es tut sich was, im Staate
Portugal…
… und wie immer schreibe ich im Dienste des Lesers,
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Privatisierungen
Schlüsselsektoren – Teil I
oder
Portugal:
Konzessionen
oder
Schlüsselsektoren – Teil II
Verstaatlichung
Verstaatlichung
von
von
Portugal: Privatisierungen, Konzessionen oder Verstaatlichung
von Schlüsselsektoren – Teil III
Portugal: Privatisierungen,
Konzessionen
oder
Verstaatlichung
von
Schlüsselsektoren
Heerscharen von Anwälten haben sich darauf spezialisiert, mit
staatlichen, städtischen und anderen Behörden Verträge
auszuhandeln, Klauseln einzubringen und bestehende Gesetze und
Bestimmungen zu umgehen. Das öffentliche Interesse hingegen
wird nicht ausreichend vertreten, da einige der sogenannten
Kompensationen (Bedingungen, wie die Schaffung von
Arbeitsplätzen) nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen
oder eben nicht auf, sondern unter dem Tisch vereinbart
werden. So manch ein Unterhändler findet sich später als
Juniorpartner der Anwaltskanzlei wieder, mit der er (schlecht)
verhandelt hat.
Schon in Teil II hatte ich einige Konzessionen erwähnt, wie
die Werft von Viana de Castelo oder die gescheiterten
Versuche, die staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Doch
der größte Skandal liegt bei den sogenannten PPPs. Für einen
Portugiesen klingt das schon fast unanständig, da es sich
anhört wie PQP, welches ein Kürzel für einen unanständigen
Ausdruck ist, in dem der Beruf der Mutter bei der Geburt einer
Person oder Sache in Frage gestellt wird.
Nun ja, diese Allusion auf eine fragwürdige Herkunft kommt
nicht von ungefähr. Eine PPP ist eine ”Parceria PúblicoPrivada”, eine Öffentliche/Private Partnerschaft also. Niemand
weiß so recht, wer diese Büchse der Pandora letztendlich
geöffnet hat. Parteien und Politiker beschuldigen sich
gegenseitig, versuchen die Verträge, die von den anderen
ausgearbeitet wurden, zu beenden, auf Eis zu legen, nach zu
verhandeln, um damit dem Staat Ausgaben zu sparen. Das Fett
des Staates abzuspecken, ist der jetzige PM Passos Coelho
angetreten, was natürlich den Applaus der Menschen fand. Doch
gleichzeitig machen sie neue Verträge, Konzessionen oder
verpachten Staatseigentum. Der Unterschied liegt wie so oft im
Detail. Die Parteigenossen, Sponsoren, Kameraden aus der
Freimaurerloge oder wer auch immer im Interessensbereich der
PSD- und CDS- Regierung ist, sind die neuen Fettpolster des
Staates. Ja, ja, der Jojo-Effekt läßt grüßen.
In welchen Bereichen aber wurden diese Joint Ventures zwischen
Staat und Privat geschlossen? Vereinfacht kann man sagen,
überall da, wo das schnelle Geld zu verdienen ist! Der clevere
Geschäftsmann, der gute Verbindungen zu den Regierungsparteien
pflegt, läßt keine Möglichkeit aus, um dem Staat die schwere
Bürde von Geld verdienen und/oder dem Volke zu dienen,
abzunehmen. Der Staat behält bei diesen Verträgen offiziell
die Kontrolle über strategisch wichtige Bereiche, in denen die
Bedürfnisse der Bürger sichergestellt werden müssen. In
Wahrheit aber wird von staatlicher Seite nur sichergestellt,
daß die privaten Investoren immer Gewinn machen, währenddessen
der Staat sämtliche Verluste übernimmt. Gerne wird auch ein
Mindestgewinn in die Vertragsklauseln mit eingearbeitet. Was
mich zu den konkreten Beispielen bringt.
SCUT – Raubrittertum im 21.
Jahrhundert
Was die Bevölkerung auf die Palme gebracht hat und noch immer
bringt, sind die ehemaligen SCUT-Autobahnen. Ehemalig, weil
SCUT ”sem custos para o utilizador” bedeutet, auf deutsch,
”ohne Kosten für die Benutzer”, und weil die eingeführten
Mautportale auf den mit europäischen Geld gebauten Autobahnen
das Geld der Autofahrer, darunter viele Pendler, Waren- und
Personentransporter, aus den Taschen der Steuerzahler (denen
die Straßen eigentlich gehören) in die privaten Unternehmen
”beamt”. Diese Autobahnen sind ein Teil wichtiger
Infrastrukturprojekte, die für Portugal, aber auch für das
restliche Europa, das damit Waren leichter von und nach der
Atlantikküste bewegen kann, von strategischer Bedeutung sind.
Selbst der Tourismus hat davon profitiert, daß die gesamte
Küste und das Landesinnere über gute Schnellstraßen bzw.
Autobahnen zu erreichen sind.
Nicht nur die Tatsache der Maut an sich oder wer davon
profitiert, ist das Problem, sondern auch die Tatsache, daß
die Instandhaltung der Straßen sowie der Ausbau alternativer,
kostenfreier Landstraßen versprochen, aber nie gemacht wurden.
Das Einzige, was auf diesen Straßen gemacht wurde bzw. wird,
war die Errichtung der Portale mit dem datenschutzrechtlich
fragwürdigen Kennzeichenerkennungssystem und die unerläßliche
Flickschusterei bei größeren Schäden. Die Ex-SCUT Autobahnen
haben seit Einführung der Maut ja eigentlich schon mit der
Konzession an verschiedene Konsortien wie der ASCENDI einen
massiven Einbruch der Benutzerzahlen zu verzeichnen.
Überhaupt waren die Kalkulationen und die Vertraglich
festgelegten Mindestgewinnmargen 3 bis 4 Mal so hoch
angesetzt, wie selbst die größten Optimisten zu hoffen wagen
konnten. Bei Einführung der ersten Mautportale ging eine
Protestwelle durchs Land, die inzwischen abgeflaut, aber alles
andere als tot ist. Auch wenn viele sagten, daß sie die Maut
verweigern würden, haben es nur wenige gewagt. Es kam ihnen
teuer zu stehen genau wie allen, die gar nicht mitbekommen
haben, daß sie auf ihrem Weg zur Arbeit jetzt verpflichtet
waren, einen Apparat zu kaufen, der mit den Portalen
interagiert und immer schön vom Konto abbucht.
Für Besucher aus dem Ausland gibt es Prepaid-Karten. Man kann
auch auf der Post den Betrag begleichen, der auf sein
Nummernschild registriert ist. Doch braucht das System zwei,
drei Tage, bis es eine Fahrt abrechnet und online (Zugang
nicht öffentlich) stellt. Wenn diese Rechnung nicht innerhalb
einer Woche bezahlt wird, wird ein Mahnprozess in die Wege
geleitet, der nur mit Methoden verglichen werden kann, die an
längst vergangene Zeiten erinnern. Wenn man für jedes Portal,
das ca. 0,60 – 1,80 Euro kostet, Mahngebühren von 2,65 Euro
erhebt, kommen Rechnungen im 3-stelligen Bereich dabei heraus.
Darum muß man manchmal mit Mafiamethoden rechnen, wenn man in
Portugal Urlaub macht oder geschäftlich unterwegs ist.
Manchmal kommt einem der Zufall zu Hilfe, wenn man über ein
bestimmtes Thema schreibt und genau in dem Moment etwas Neues
dazu bekannt wird. Die BRISA und die ASCENDI haben damit
begonnen, ca. 300.000 Spanier abzumahnen, wobei die 40.000 aus
Galizien allein schon 11 Mio. Euro ”Schulden” haben sollen.
Das wirft sofort die Frage auf, woher diese privaten
Unternehmen die Anschrift ausländischer Bürger beziehen. Die
EU-Gesetze zum Datenschutz wurden hier mal eben ignoriert. Das
Thema Datenschutz ist den Portugiesen noch viel zu unbekannt,
so daß die Leute von ASCENDI und BRISA wohl dachten, sie
könnten mit den Spaniern genauso umspringen wie mit den
”Tugas”.
Denn in Portugal bedienen sich diese privaten Unternehmen
jetzt des Staates, um die Maut zuzüglich Zinsen horrender
Verwaltungskosten und, wenn man nicht zahlt, kommen noch
Gerichtskosten hinzu, einzutreiben. Wie kann es sein, daß das
Finanzamt private Schulden eintreibt? Das Beispiel macht auch
noch Schule, da die politisch einflußreiche Vermieterlobby,
die Firmen der frisch liberalisierten Strom-, Gas- und
Telekommunikationsmärkte, bereits dasselbe (Un)Recht fordern.
Doch zurück zu weiteren Beispielen.
Deutsche U-Boote torpedieren die
Demokratie
Es sei vorab erwähnt, daß im Bestechungsskandal ”Ferrostahl”,
in dem Portugals Marine zwei U-Boote von den Deutschen
kauften, die Verantwortlichen auf deutscher Seite bereits ihre
Strafe absitzen, weil es ein Münchner Gericht als erwiesen
sah, daß Verantwortliche der portugiesischen bzw. griechischen
Regierungen Bestechungsgelder erhalten haben. Was die Griechen
daraus gemacht haben, weiß ich offen gesagt nicht. Dem
damaligem portugiesischem Konsul in München konnte nicht mit
absoluter Gewißheit nachgewiesen werden, daß die 1 Mio Euro,
die er auf einem Schweizer Konto hatte, aus diesem Geschäft
stammten. Daher mußte er nur die Steuern nachzahlen. Jeder,
der eine hohe Strafe zahlen muß, weil er seine Steuern nicht
zahlen kann, bekommt eine Wut im Bauch, weil der Herr Konsul
keine Strafe zahlen muß, geschweige denn ins Gefängnis geht.
Die offensichtliche Verwicklung des damaligen portugiesischen
Verteidigungsministers
Paulo
Portas,
jetzt
VizePremierminister, wird jedoch ganz unter den Teppich gekehrt.
Wäre da bloß nicht diese lästige Presse und vielleicht noch
lästiger, die Europaabgeordnete Ana Gomes von den Sozialisten.
Ins EU-Parlament abgeschoben, da sie auch kein Problem damit
hat, die schwarzen Schafe in der eigenen Partei anzuprangern,
hat sie sich darauf spezialisiert, die unsauberen Verbindungen
zwischen Wirtschaft und Politik zu bekämpfen. Das Geschäft der
U-Boote hatte von Anfang an einen fauligen Geruch an sich. Für
was um alles in der Welt braucht ein kleines Land wie Portugal
2 von der deutschen Marine ausgemusterte U-Boote? Ein oder
zwei Forschungsunterseeboote könnten ja noch Sinn machen, da
der Meeresboden im gesamten Bereich zwischen Azoren, Madeira
und dem Festland von Portugal beansprucht wird. Aber Militär
U-Boote?
War da jemand in der Admiralität, der zu oft ”Das Boot” oder
”Jagd auf Roter Oktober” gesehen hat? Wollte da ein Admiral
ein neues Spielzeug, oder hat Paulo Portas sich gedacht, daß
er in so einem Fahrzeug wunderbar abtauchen kann, falls ihm
mal der Schleim ausgeht, mit dem er sich immer wieder
herauswindet. Was auch immer die Herren wollten, außer
natürlich ein hübsches Sümmchen nebenher einzufahren, hatten
die Boote doch einen eher unerwarteten Effekt. Die Demokratie
wurde torpediert, und Kapitän Ana Gomes reagiert jetzt mit
Gegenmaßnahmen.
Doch
man
sollte
sich
von
der
Untersuchungskommission im Parlament nicht zu viel erwarten,
da hier der Bock zum Gärtner gemacht wird. Die Klage von Ana
Gomes hat da schon eher Aussicht auf Erfolg, da der Einfluß
der portugiesischen Anwälte auf die europäische Justiz stark
begrenzt ist. Es sei noch erwähnt, daß die BES in die
Finanzierung des Rüstungsauftrags verwickelt, was irgendwie
schlüssig ist.
Die EVC, die Werft von Viana de Castelo, ist genauso ein Sumpf
aus Korruption, Vetternwirtschaft und Amtsmißbrauch wie die
meisten Geschäfte der Regierung Passos Coelho, Paulo Portas
und Konsorten. Die portugiesische Firma Martifer, die unter
anderem Stahlbauten wie die Dächer einiger WM-Stadien in
Brasilien, Windräder für die vielen Windparks Portugals und
Solarpanele baut, hat den Zuschlag für die Werft bekommen.
Auch hier hat das Verteidigungsministerium die Interessen des
Landes und vor allem der Arbeiter der Werft nicht gewahrt,
sondern einzig und allein darauf geachtet, daß die Aktionäre
der Martifer soviel wie möglich aus der Werft rausholen
können. Das Ausschlachten der Werft hat schon begonnen, und
Geräte im Wert von 2 Millionen Euro wurden schon versteigert.
Es wurden alle Arbeiter entlassen, um dann mit einigen
wenigen, neue Verträge abzuschließen, die natürlich
schlechtere Bedingungen haben. Hier hat Ana Gomes Anklage
erhoben und wurde im Gegenzug ihrerseits auf Verleumdung
verklagt.
Nicht etwa, daß die Regierenden in Portugal die einzigen
wären, die sich die Taschen auf Kosten der Bürger vollstopfen,
indem sie die staatlichen Unternehmen, Immobilien und anderes
Staatseigentum verscherbeln. Bei weitem nicht. Dieses Phänomen
hat sich weltweit verbreitet, wie die Viren der Spanischen
Grippe, der Influenza, die nach dem Desaster des 1. Weltkriegs
1918/19 über 20 Millionen Menschen dahinraffte. Aber dieses
kleine Land am Rande Europas ist inzwischen so etwas wie ein
neoliberaler Laborversuch oder eher ein Freilandexperiment,
bei dem geschaut wird, wie weit man gehen kann, bevor die
Bevölkerung richtig rebelliert oder das Land völlig ruiniert
ist.
Die Agenda derer, die angetreten sind, mit Hilfe unserer
„Freunde”, der Troika, die Finanzen des Landes wieder in
Ordnung zu bringen, das Defizit zu senken und schlußendlich
den Schuldenberg abzubauen, den die freizügig Geld ausgebenden
“Sozis” angehäuft haben, wird immer deutlicher sichtbar. Der
Wahlkampf hatte sich darauf konzentriert, die damalige
Regierung für die Krise verantwortlich zu machen, was jedoch
nur ein Ablenkungsmanöver war. Die letzten drei Jahre haben
Portugal zu einer Art Einkaufszentrum für gierige Investoren
aus aller Welt gemacht. Nicht daß die Privatisierungen ein
neues Phänomen wären, aber in diesem kleinen südeuropäischem
Land hat die internationale Finanzmafia alle moralischen und
ethischen Grenzen überschritten, und das Leid der Bevölkerung
ist mit dem Leiden in einem Kriegsgebiet zu vergleichen.
Übertreibung?
Vielleicht. Doch nur weil es keine lauten Explosionen sind,
die den Menschen ihre Häuser, ihr Hab und Gut nimmt. Es sind
Banken, Großkonzerne oder das Finanzamt. Die Leute werden
nicht von Granatsplitten und Gewehrkugeln mit einen lauten
Knall getötet, aber sie sterben auf dem Weg ins Krankenhaus,
weil es zu wenig Krankenwagen mit Notarzt gibt oder der
Patient von Krankenhaus zu Krankenhaus geschickt wird, weil
die Notaufnahmen im dünner besiedelten Landesinneren
unterbesetzt sind. Doch selbst wenn man im Großraum Lissabon
oder Porto in einem öffentlichen Krankenhaus landet, bekommt
man die Budgetkürzungen zu spüren. Und wenn man in einem
öffentlichen Krankenhaus mit privater Verwaltung landet, wie
das “San Sebastião” in meinem Wohnort, Stª Maria da Feira,
dann sollte man vorsichtshalber seinen Frieden mit dem
Schöpfer schließen. Nicht nur die Arbeitslosigkeit hat 600.000
Portugiesen aus ihrer Heimat vertrieben. Das sind schon keine
Emigranten mehr, es sind Flüchtlinge.
Das Gesundheitssystem und die Erziehung, vom Kindergarten bis
zur Uni, sind Themen, die einen genaueren Blick verdienen, da
die Komplexität dieser zentralen Bereiche einer jeden
Gesellschaft immer wieder den Widerstand gegen die Pläne der
Regierung Passos Coelho/ Paulo Portas provoziert.
Auf keinen Fall möchte ich das Leid der Kriegsopfer weltweit
oder der Kriegsflüchtlinge mit meinem Vergleich kleinreden.
Vielmehr möchte ich auf das Leid der Opfer eines gnadenlosen
Wirtschaftskrieges hinweisen, der unter dem Deckmantel der
Demokratie den Süden Europas verwüstet und in die Armut
treibt.
Danke für Ihr Interesse,
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Privatisierungen
Schlüsselsektoren (Teil I)
oder
Portugal:
Konzessionen
oder
Schlüsselsektoren (Teil II)
Verstaatlichung
Verstaatlichung
von
von
Portugal: Konzessionen oder
Verstaatlichung
von
Schlüsselsektoren
Die Menschheit hat vor langer Zeit den Schutz der Bäume
verlassen und sich aufgerichtet, um das Grasland zu
überblicken. Die Hände wurden frei, um Werkzeuge herzustellen,
jetzt wo sie die Äste nicht mehr greifen müssen. Seit dieser
Zeit organisieren wir uns in Gruppen, Clans, Stämmen und
Völkern. Wir gründeten Dörfer, Städte, Nationen und ließen es
zu, daß ein paar Leute die Entscheidungen für alle treffen,
was sicherlich sinnvoll war, aber schnell ausgenutzt wurde.
Seitdem Staaten existieren, gibt es auch Volkseigentum, da der
Staat nicht mehr den König (Luís XIV:”L‘état, c‘est moi”),
sondern das Volk verkörpert. Der Sinn des Staates ist der
Schutz seiner Bürger, was unsere Politiker aber irgendwo
vergessen haben. Vielleicht müssen wir erst wieder die
Guillotine aus dem Keller holen.
Und wenn sie uns noch so sehr beteuern, daß die
Liberalisierung der Staatsmonopole und die Privatisierung der
ehemaligen staatlichen Monopolisten zum Wohl aller ist, da
jedes Monopol zu Despotismus führt, Konkurrenz andererseits
die Qualität erhöht und die Kosten senkt. Immer wieder
gebetsmühlenartig bekommen wir gesagt, daß der Staat ein
schlechter Geschäftsführer und die Motivation in
Staatsbetrieben nicht vorhanden sei, da man nur für sich
persönlich lukrativ wirtschaften könne. Ist es im Grunde nicht
so, daß die Liberalen oder vielmehr die Neoliberalen den Staat
abschaffen wollen, wenn sie von den Fettpolstern des Staates
und der angeblichen Verschwendung von Steuergeldern reden?
Es gibt durchaus diese Verschwendung, aber bestimmt nicht bei
Sozialhilfe, Gesundheit, Bildung, Kunst und Kultur, sondern
bei Vetternwirtschaft, Korruption und den vielen Posten und
Pöstchen, die als Dankeschön für Parteimitgliedschaften an
alte Freunde und Familienmitglieder vergeben werden oder
einfach nur um Leute erpreßbar zu machen, die ihnen sonst
selbst gefährlich werden könnten. Die Krönung der
Geschenkverteilung aber sind Anteile an privatisierten
Staatsbetrieben! Warum soll man sich mit einem
Direktorenposten zufriedengeben, wenn man den Laden besitzen
kann!
Und es gibt durchaus attraktive Betriebe, nach denen sich so
mancher die Finger leckt. Derzeit sind die Piloten der TAP-Air
Portugal im Kampf gegen die Regierungspläne, die
Fluggesellschaft erst vorzubereiten, um sie dann meistbietend
zu versteigern. Nun haben die Herren von der PSD und CDS, in
Deutschland so unpassend als “bürgerliche Parteien”
bezeichnet, Direktoren ihres Vertrauens in die staatlichen
Unternehmen
gesetzt,
die
ganz
methodisch
den
“Privatisierungsprozeß” einleiten. Am wichtigsten scheint
ihnen dabei, der Personalabbau zu sein und die Erhöhung der
Arbeitszeiten, bei gleichzeitiger Lohnsenkung. Nichts Neues?
Nein, bestimmt nicht.
Diese Vorgehensweise wurde weltweit tausendfach kopiert und
ist nicht nur der Plan einer neoliberalen Elite, immer auf der
Suche nach dem schnellen Geld, sondern hat sich inzwischen in
die europäische Gesetzgebung und in die Verträge so ziemlich
aller Wirtschaftsorganisationen geschlichen. Damit soll
verhindert werden, daß der Wahlsieg von Parteien, deren
Ideologie auf einen starken Staat, sei es als Beschützer der
sozialschwachen Unterschicht (links), sei es als Sinn des
menschlichen Schaffens (rechts), basiert, ihre Pläne
durchstreicht. Sowohl die EU, wie auch die meisten
Handelsverträge zwischen einzelnen Ländern oder ganzen
Organisationen zwingen die Staaten regelrecht, ihren Markt für
ausländische Unternehmen zu öffnen, Monopole dadurch
abzuschaffen, staatliche “Verzerrung” der Wirtschaftlichkeit
durch Subventionierung oder anderer staatlicher Einflußnahme,
wie das Investieren oder die Vergabe von staatlichen Krediten,
zu unterlassen, und am besten sollten die Staaten bestenfalls
noch einen Minderheitsanteil an Unternehmen halten dürfen, um
direkte Einflußnahme auf die Firmenstrategie zu verhindern.
Demzufolge dürfte die Bankenrettung nicht möglich sein. Aber
die EU hat sich ja lange genug den Kopf darüber zerbrochen,
wie diese Ausnahme von den eigenen Regeln zu rechtfertigen
ist. Das war so bei den irischen, griechischen,
portugiesischen und spanischen Banken, vor allem im Fall
Zypern. Portugal hat seit der Verstaatlichung der BPN und der
dazu gehörigen Tochterunternehmen, wie der BPP (Banco Privado
Portugues), die das Privat sogar im Namen trug, bisher 2,2
Mrd. Euro verloren, und der Albtraum wurde mit dem Fall BES
noch schlimmer. PM Passos Coelho hat auf dem Re-entrée, dem
alljährlichem Fest seiner Partei in einem mondänem Badeort
Quarteira, in Portugals Urlauberparadies Algarve, wieder von
der Besonnenheit seiner Regierung im Umgang mit dem Thema
geredet und behauptet, die Schuldigen müßten für ihre Fehler
zahlen, doch schon werden Stimmen laut, von denen, die alle
nichts damit zu tun gehabt haben wollen.
Die arme Familie Espirito Santo leidet ja so sehr unter dem
Prestigeverlust und den gesperrten Konten, die allesamt in die
Bad-Bank verlagert wurden. Ricardo Salgado behauptet in einem
Interview, daß er die 2.000 Euro, die er im Monat an laufenden
Ausgaben hat, von seiner Mutter bekommt! Er habe gar keine
Konten in Asien und sei überhaupt unschuldig. Doch er werde
seinen Namen und den seiner Familie reinwaschen. Er hat in
diesem Interview ständig Papst Franziskus zitiert, was aus
seinem Mund wie blanker Zynismus klingt. Die Good-Bank, auch
Novo Banco genannt, hat angekündigt, die Schulden der ESI
(Espirito Santo International) und der Rio Forte, beides
Unternehmen der Gruppe ES, zu übernehmen, was nur dem Druck
mächtiger Gläubiger wie der Portugal Telecom (900 Mio. Euro)
zu verdanken sein kann. Der ehemalige Leiter des Kabinetts von
Nicolas Sarkozy hat mal eben 32,5 Mio Euro Gewinn eingefahren
mit dem Verkauf seiner BES-Anteile, kurz bevor der Skandal
ausbrach. Also kann man die Regeln durchaus mal außer Kraft
setzen, wenn so “sensible Dinge” wie die “Rettung” von Banken
auf dem Spiel stehen.
Überhaupt, wird man das Gefühl nicht los, daß das alles nur
ein Spiel ist. Wer möchte die Post? Ich nehme den
Stromanbieter! Die Staatsmedien gehören mir! So ungefähr kann
man sich die großen Jungs Vorstellen, wie sie um ein
Spielbrett sitzen, mit Würfeln und ihrem Spielgeld. Nur daß es
sich hier um echte Euros, Dollars oder Pfunde u.a. handelt und
in den Unternehmen Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen,
die immer unter einer Privatisierung leiden. In Portugal hat
die Krise eine Welle der Privatisierung verursacht, da der
Staat schnell an Geld kommen muß und weil man die Ausgaben mit
unrentablen Staatsbetrieben verhindern will. Somit wird alles
verscherbelt, was nicht niet- und nagelfest ist. Im
Energiebereich haben wir ein gutes Beispiel dafür, daß
manchmal der Spieler, der zu gewinnen scheint, noch im letzten
Moment ausgetrickst wird und, wie sollte es auch anders sein,
das Volk die Konsequenzen der Gier zahlt.
Der einstige Monopolist in Sachen Strom, die EDP, ist nicht
nur in Portugal ein erfolgreich agierendes Unternehmen, wo es
eine Beinahemonopolstellung inne hat, sondern auch im Ausland
mit Tochterunternehmen tätig oder hat lukrative Beteiligungen
an Stromkonzernen aus aller Welt. Gerade noch machten Gerüchte
die Runde, die Deutschen, vor allem RWE und Franzosen würden
das Rennen unter sich ausmachen, durch den Druck der EU, die
sich über die horrenden Strompreise mit dem IWF gestritten
haben. Alle 3 Monate darf die EDP jetzt die Preise erhöhen,
und bis Ende 2014 müssen alle zu einem privaten Stromanbieter
wechseln. Klar, daß die meisten Menschen sich für die
privatisiere EDP entscheiden, da sie einen Wechsel scheuen und
den neuen Stromanbietern kein Vertrauen schenken.
Die neuen Eigentümer der EDP sprechen aber weder deutsch noch
französisch, sie haben auch keinen brasilianischen oder
angolanischen Akzent. Man muß schon etwas Phantasie
aufbringen, um zu erahnen, wer sich über die EDP die Tür zur
EU und dem portugiesisch sprechenden Ländern der CPLP weit
aufgestoßen hat. Die chinesische Three Gorges Corporation, das
Konsortium, welches den berühmten (und berüchtigten) DreiSchluchten Staudamm betreibt, hat alle überrascht, als sie den
Zuschlag für die EDP bekam. Kanzlerin Merkel reagierte äußerst
verschnupft und viele, die dachten, sie würden einen “tacho”,
will heißen, einen Posten bekommen, weil sie für die RWE
Lobbyarbeit geleistet haben, schauen jetzt in die Röhre oder
machen einen Schnellkurs in Mandarin. Man muß sich ja
irgendwie einschleimen können, und was der Chinese besonders
schätzt, wenn jemand sich die Arbeit macht, in seiner Sprache
zu sprechen.
Die PT-Portugal Telecom ist ein weiterer Goldesel, bei dem
sich die Tochter des angolanischen Präsidenten, José Eduardo
dos Santos eingekauft hat. Isabel dos Santos wird als die
reichste Frau Afrikas bewundert und beneidet, aber vor allem
ist sie gefürchtet, da sie mit Leuten, die ihrem Treiben im
Wege stehen, nicht zimperlich umgeht. Ihre “Einkaufstour” quer
durch Portugal ist inzwischen nicht nur legendär, sondern wird
auch von Seiten der Polizei und der Steuerfahndung genau unter
die Lupe genommen, was schon zu Verstimmungen zwischen
Portugal und Angola führte, auch die ablehnende Haltung der
portugiesischen Öffentlichkeit zum Interesse von D. Isabel an
den staatlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten RTP und RDP
gegenüber.
Das Thema war schon ohne dem Interesse von Investoren, die
nicht gerade für ihre Pressefreiheit bekannt sind, ein heißes
Eisen. In Zeiten, in denen private Interessen Einfluß nehmen
auf Regierungen, ist die Skepsis gegenüber eventueller
Einflußnahme der Regierung auf die Medien eher zweitrangig.
Die Leitung von RTP und RDP hat sich nie reinreden lassen.
Selbst als der Geldhahn immer weiter zugedreht wurde, haben
sich die “Meinungsmacher” nicht unterwürfig den Wünschen der
Regierung gebeugt. Die Rücktritte der Direktoren, allen voran
des Programmdirektors, haben die Privatisierungspläne auf Eis
gelegt. Die Berichterstattung ist so regierungskritisch wie eh
und je, und die portugiesischen Medien sind eines der wenigen
Beispiele, wie sich Berichterstatter zu verhalten haben.
Dennoch merkt man die Etatkürzungen, welches das einzige
Mittel, das die Mächtigen haben, um Druck auszuüben. Aber wenn
es denn sein muß, auf das eine oder andere Fußballspiel zu
verzichten, damit Yevgeni Moravich in Moskau frei über die
Einzelheiten des Ost-West Gegensatzes berichten kann, so sei
es drum.
Die Werft von Viana de Castelo, im hohem Norden Portugals, ist
ein Beispiel, wie ein strategisch wichtiger Staatsbetrieb,
(Cavaco Silva: Unsere Zukunft liegt auf dem Meer), absichtlich
zugrunde gerichtet wurde. Hier kann man die Schuld auf mehrere
Schultern verteilen, da schon viele Regierungen an dieser
systematischen Zerstörung Anteil nahmen. Rettungsversuche der
Regierung Socrates scheiterten zum Teil an Lippenbekenntnissen
der Politiker, zum Teil an den Bestimmungen der EU, die
direkte Finanzspritzen als illegale Subventionierung werten
und so verhindert haben, daß die Aufträge, die Hugo Chaves
persönlich vor Ort für den venezuelanischen Staat machte,
erfüllt werden konnten.
Die jetzige Regierung hat schließlich das “Werk vollendet”,
indem sie der portugiesischen Martifer eine Konzession
erteilte. Es folgte eine Massenentlassung der Arbeiter, die
bis zum Schluß für ihre Rechte gekämpft hatten. Einige bekamen
hohe Abfindungen, wurden in Frührente geschickt und andere
wurden
von
der
Martifer
übernommen.
Doch
die
Europaabgeordnete, Ana Gomes, eine der wenigen, die in diesem
“obsoletem Hause” ihr übertrieben hohes Gehalt auch verdient
hat, hat sich in dem Fall schon an den Europäischen
Gerichtshof gewandt, da sie der portugiesischen Justiz nicht
zutraut, den Fall innerhalb der Verjährungsfristen zum
Abschluß zu bringen.
Doch eigentlich sind wir da schon bei den Konzessionen, die
ich im nächstem Kapitel behandeln möchte. Verträge, oft auf
Jahrzehnte hinaus, bei denen die Privaten keinerlei Risiko
eingehen, selbst wenn sie nur Verluste machen, kommt der Staat
dafür auf. Ein Skandal? Sicher! Aber eigentlich wundert es
keinen mehr, daß korrupte Politiker solche Verträge
abschließen. Doch der neueste Skandal ist, daß die
teilprivatisierten Krankenhäuser und schon länger die
Autobahnbetreiber jetzt über die Finanzämter Schulden
eintreiben lassen. Im Fall der Krankenhäuser geht es um die
Moderationsbeiträge, die bei jedem Arzt oder Krankenhausbesuch
fällig wird. Diese, meistens nur 3–5 Euro, sollen die Leute
von unnötigen Notaufnahmebesuchen abhalten, da diese oftmals
mit Kleinigkeiten verstopft waren. Ein Überbleibsel aus der
Diktatur, als es kaum ein öffentliches Gesundheitssystem gab.
Inzwischen sollen die privaten Ärztekliniken damit Kundschaft
bekommen (wenn schon zahlen, dann lieber gleich privat).
Doch dazu auch mehr im 3. Teil dieser Serie, zu der ich Sie,
liebe Leser, herzlichst einladen möchte. Immer im Dienste des
Lesers,
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Privatisierungen
Schlüsselsektoren (Teil I)
oder
Verstaatlichung
von
Portugal:
Privatisierungen
oder
Verstaatlichung
von
Schlüsselsektoren
In den letzten Jahren werden immer mehr Betriebe und ganze
Wirtschaftszweige, einst unter staatlichem Monopol und
ausschließlich der Kontrolle des Staates, für das Wohl der
Allgemeinheit gedacht, privatisiert oder aber bei fehlendem
Interesse konzessioniert. Bei vielen dieser Verträge werden
Gewinne garantiert, und bei nicht Erreichen der garantierten
Summe zahlt der Staat den Unterschied. Andererseits werden
Pleitebanken verstaatlicht und nach erfolgreicher Rettung
wieder privatisiert. Das Volk fragt sich, ob ”die da oben”
noch einen Funken Anstand haben? Wohl kaum!
Auch wenn sie sich noch so sehr bemühen, jeder weiß, daß am
Ende der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird! Der Fall
Espirito Santo (was völlig unpassend ”Heiliger Geist”
bedeutet), ist ein Beispiel dafür, daß wir, das Wahlvolk, den
Bock zum Gärtner gemacht haben. Selbst für die, die eine
Unterteilung in Rechte und Linke für überholt halten, müssen
sehen, daß einige Parteien und Politiker die Macht der Banken
und Wirtschaftsbosse unterstützen, andere sie nicht aktiv
unterstützen, aber auch nicht bekämpfen und letztlich gibt es
noch die, die aus verschiedensten Gründen alles tun, um die
Herrschaft dieser Leute zu brechen. Viele von denen sind
jedoch noch schlimmer als die aktuellen Machthaber, selbst
wenn diese sich immer radikaler verhalten, da ihre Macht durch
ihre eigene Krise bedroht wird. Die Demokratie und der
Rechtsstaat, hinter dem sie sich verstecken und den sie immer
so erfolgreich manipulieren konnten, stellt für sie eine
wachsende Gefahr da. Weshalb wir auch sehen, wie Regierungen
die Verfassung und die Gesetze und Institutionen im Visier
haben, um diese Gefahr für sie zu minimieren.
Die BES ist für die, welche die Macht ausüben, eine große
Gefahr, da der einfache Bürger wieder einmal Einsicht in den
Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft bekommt und weil es
noch unabhängige Medien gibt, die diesen Einblick nicht nur
ermöglichen, sondern obendrein nachbohren! Das Zögern der
Politik und der Banco de Portugal, hinsichtlich der
Enthüllungen über die Krise der Banco Espirito Santo und der
gesamten Gruppe ES, hat bei der Staatsanwaltschaft den
Verdacht auf Insiderhandel geweckt, da der Handel mit den
Aktien der BES nicht am Donnerstag, sondern erst am Freitag
ausgesetzt wurde. Der Verdacht auf Insiderhandel ergibt sich
daraus, daß wohl noch ”eben auf die schnelle” Aktien
abgestoßen und neue Konditionen ausgehandelt wurden, bevor der
Handel mit den Papieren der BES und einiger Firmen der GES wie
z.B. der Rio Forte, und der BES-International ausgesetzt
wurde.
Als Ricardo Salgado, der ”Verhaftete”, bei seiner Aussage,
wohl unter anderem Zeinal Bava und Filipe Granadeiro
beschuldigte, über die Lage der BES, GES und insbesondere über
die Rio Forte und dessen Unfähigkeit, die 900 Mio. Euro zu den
festgelegten Daten an die PT zurückzuzahlen, Bescheid zu
wissen. Durch die Nichteinhaltung der Zahlungstermine durch
die Rio Forte und die ganze Ungewißheit, die Liquidität
betreffend, nicht zu vergessen die Tatsache, daß hinter dem
Rücken der Aktionäre solche Beträge in undurchsichtige
Geschäfte investiert wurden, hat die Behauptung Ricardo
Salgados, die Vorsitzenden der PT – Portugal Telecom und der
brasilianischen Oi, von der Lage der Rio Forte und der BES
gewußt
zu
haben,
die
Fusion
der
beiden
Telekommunikationsriesen ins Wanken gebracht.
Somit brach das Chaos über eines der größten Geschäfte der
letzten Zeit herein, denn die Fusion, mit der man gemeinsam
die portugiesisch sprachige Welt ”erobern” wollte und die von
Zeinal Bava und Granadeiro verhandelt wurde, hatten alle
Beteiligten als Jahrhundertgeschäft angekündigt. Jetzt mußte
die PT ihre Anteile, entsprechend dem Verlust, deutlich
reduzieren, was die Kunden der PT wohl bald zu spüren
bekommen.
Wenn ich die Nachrichten sehe, wobei ich das Glück habe, daß
die portugiesischen Medien größtenteils von Menschen gestaltet
werden, die einen extrem hohen Standart haben, in Fragen der
Unabhängigkeit, Moral, kurzum eine Deontologie, die seines
Gleichen sucht, dann bin ich nur noch am Kopf schütteln. Es
sind die täglichen Enthüllungen über die BES oder nach über 4
Jahren noch immer die BPN (Banco Português de Negócios), die
seinerzeit Portugals Staatshaushalt ins Wanken brachte und
letztlich das “Hilfsprogramm” der Troika auf den Plan rief.
Ein Zwischenstand dieser Verstaatlichung und der schnellen
Reprivatisierung, die das Thema schnell aus den Medien
verbannen sollte, wurde heute mit einem Verlust für den
portugiesischen Steuerzahler von 2,2 Mrd. Euro beziffert.
Was die Verstaatlichung der BES betrifft, wird der Bürger mit
Fachchinesisch berieselt, und wir bekommen immer wieder die
Beteuerung, daß der Steuerzahler auf keinen Fall für die
Fehler der Privatwirtschaft aufkommen werde. Erst hört man den
PM Passos Coelho sagen, daß von den 4,9 Mrd. Euro, ein Teil
(inzwischen um die 650 Mio. Euro ) vom Bankenfonds, der auf
Betreiben der EZB in allen Euroländern eingeführt wurde, indes
der Rest, von den 6 Mrd. Euro die, die Troika ausschließlich
zur Bankenrettung dem portugiesischen Staat zur Verfügung
gestellt wurde, getragen wird. Natürlich bezahlt Portugal
Zinsen für dieses Geld, was die Aussage von Passos Coelho als
Lüge entlarvt, egal wie man es interpretieren möchte.
Dann ließ man die Menschen erst einmal verdauen, was schwer zu
schlucken war, um gleich die nächste Bombe platzen zu lassen.
Die Unterteilung der BES in eine ”Good-Bank” und eine ”BadBank” soll angeblich die kleinen Anleger und Kontoinhaber
schützen und alle Familienmitglieder, Aufsichtsrat und anderes
Führungspersonal sowie die Aktionäre sollen ihre Anteile in
der Bad-Bank wieder finden und somit verantwortlich gemacht
werden. Doch wie immer wird was bekannt gemacht, man wartet
die Reaktion ab und dann wird nachgebessert. Jetzt heißt es,
die Kleinaktionäre mit weniger als 2 Prozent wären sicher,
aber auch, daß die Familienmitglieder die Chance hätten, ihre
Unschuld zu beweisen. Wer weiß, was ihnen morgen dazu
einfällt.
Gestern wurde bekannt, daß die Luxemburger Holding, Baros,
ihre Anteile am 31.7.’14 verkauft hat, einen Tag vor dem der
Handel ausgesetzt wurde. Zufall? Hm! Heute erfuhr der
verdutzte Bürger, daß die Banco de Portugal noch vor der
Aufteilung in Good-Bank und Bad-Bank, der BES (mal eben) 3,5
Mrd. Euro geliehen hat! Der Steuerzahler bürgt zu 100 Prozent
für diesen Kredit, da der Staat Alleinaktionär ist. Erst jetzt
wurde das bekannt, nachdem Politiker und Verantwortliche für
die Bankenaufsicht in Portugal und in Europa immer wieder
sagten, daß der Staat nicht für die Fehler der privaten Banker
zahlen würde.
Mir wird es immer ganz schwindelig, wenn ich mir nur ganz kurz
vorzustellen versuche, wieviel Geld da kaputt gemacht wird,
den Besitzer wechselt, von mir und allen anderen
Leuten, die nicht wissen wie sie ihre Strom, Wasser, Gas oder
Telekom-Rechnungen bezahlen sollen, genommen wird, um es dann,
”denen da oben” zu geben.
6.000.000.000 Euro oder 4,9 Mrd., 3,5 Mrd.? Ich bin nicht
neidisch auf diese Leute, denn ich könnte nicht ruhig
schlafen, wenn andere wegen mir aus ihren Häusern geworfen
werden, ihre Arbeit und dadurch nicht selten ihre Familie
verlieren oder nicht einmal genug Geld haben, um sich und die
Familie zu ernähren!
Heute ist der 13. August, einer der Tage, an denen in Fátima
die Marienerscheinungen zelebriert werden. Da der Monat August
traditionell von den Emigranten genutzt wird, um ihre Lieben
daheim zu besuchen. Die Saudade (was sich am besten mit
Sehnsucht übersetzen läßt) ist ein typisch portugiesisches
Gefühl, daß noch aus der Zeit der Entdecker und der großen
Seefahrer kommt, aber sicher schon älter ist, da Portugal
schon immer eine Handelsnation war, und die Fischer oft
monatelang vor Grönland, Neufundland und auf dem ganzen
Nordatlantik unterwegs waren, wo viele von ihnen geblieben
sind. Nun hat der Bischof von Fatima bei seiner Messe etwas
erstaunliches gesagt. Die Inkompetenz der Politik und der
Raubtierkapitalismus, der nie gesehene Ausmaße angenommen hat,
die Loslösung der Finanzwelt von der Realwirtschaft und vor
allem die grenzenlose Gier haben Tausende Menschen gezwungen,
ihr zu Hause zu verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Selten
hat man so deutliche Worte von der Kirche gehört, was wohl
auch am neuen Papst liegt.
Noch vor gar nicht all zu langer Zeit wurde der Kirchenbesitz
verstaatlicht, und jetzt ist es die Kirche, die sich kritisch
gegen die Privatisierung aller lukrativen Staatsunternehmen
äußert wie die Fluggesellschaft TAP, deren Piloten wegen
dieser Politik gerade erst in den Ausstand traten. Doch noch
schlimmer war die Kritik des Frei Francisco Sales Diniz, der
Verantwortliche für eine Emigrantenorganisation der
portugiesischen, Katholischen Kirche, der direkt die
Verstaatlichung der Pleitebanken verurteilte, sowie den ganzen
Prozeß der Rückprivatisierungen, der den Staat mit den
Verlusten zurückläßt, während die privaten Banker, die
wiederhergestellte, mit Steuergeldern sanierte und
schuldenfreie Bank, ”für ´nen Appel und ´nen Ei” zurückkaufen.
Die letzten Neuigkeiten zum Thema BES zufolge, hat die GoodBank die 3,5 Mrd. Euro, die der Bank noch vor der Teilung von
der Banco de Portugal geliehen wurden, bereits zurückgezahlt.
Doch wurde von der Banco de Portugal noch keinerlei
Stellungnahme abgegeben. Außerdem hat die BE, eine der Linken
ähnliche Partei, eine Untersuchung zu dem Informationsfluß,
der aus einem Leck in der Regierungsbarke
Öffentlichkeit sickern ließ, gefordert.
an
sie
Was die vielen Privatisierungen und Konzessionen betrifft, so
werde ich im nächsten Teil darüber schreiben. Dementsprechend
verbleibe ich mit einem ”bis bald”,
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal:
Wenn
Scheindemokratie eigentlich
auf Widerstand stößt
Das portugiesische Kolonialreich war einst das größte der
Welt, und als Spaniens Könige drei Generationen lang auch
Portugal regierten, im philippinischen Zeitalter, war ein
Großteil der Welt für Portugals Handel offen. Brasilien wurde
1821 unabhängig, Goa, Diu und Damão wurden 1961 von der
Indischen Union gewaltsam besetzt, und in Fernost hat China
Macao am 1. Juli 2000 nach fast 5 Jahrhunderten
zurückbekommen. Ost-Timor wurde 1975 von Indonesien besetzt,
die UNO verwaltete das Land 1999-2002, und die afrikanischen
Überseeterritorien wurden alle zwischen 1974 und 1975, nach
einem Kolonialkrieg mit offiziell 9.000 Toten, unter Portugals
Soldaten unabhängig.
Portugal ist seit langem mit Afrika verbunden. Seit den Reisen
der Entdecker im 15. Jahrhundert, der ersten Umrundung des
Kontinents durch Vasco da Gama, auf seiner Reise nach Indien
und dem Vertrag von Tordesilhas, am 07.06.1494, in dem
Portugal und Spanien die Welt unter sich aufteilten und der
1495 nach Westen verschoben wurde, um Brasilien in Portugals
Hälfte mit einzubeziehen (vor der offiziellen Entdeckung 1500
durch Alvaro Cabral), ist Portugal Europas Tor zum Schwarzen
Kontinent und auch zum Rest der Welt. Wenn die holländischen
Kalvinisten den Kapitalismus erfunden haben, geht die
Globalisierung wohl auf Portugal zurück. Soviel zur
Geschichte.
Der portugiesische Präsident, Anibal Cavaco Silva, ist zur
Zeit auf Ost-Timor auf der Konferenz der CPLP, Gemeinschaft
der portugiesischsprachigen Staaten, wo offiziell ein neues
Mitglied begrüßt wird. Doch in der ehemaligen spanischen
Kolonie, Äquatorial-Guinea, spricht man kein Portugiesisch.
Warum also das kleine Land zwischen Kamerun und Gabun in diese
spezifische Gemeinschaft aufnehmen, zumal die Regierung eher
einer Verbrecherbande gleicht? Die Wirtschaftsinteressen, vor
allem von Angola und São Tomé & Príncipe, die unmittelbar in
der Nachbarschaft liegen, vor allem aber die Ölquellen des
Landes, mit dem größtem Pro-Kopf-Einkommen südlich der Sahara,
sind der Grund warum auch Brasilien seit langem Druck ausübt,
den Staat in die CPLP aufzunehmen. Doch trotz allem Reichtums,
leben 75 Prozent der Bevölkerung in tiefster Armut. Aber wenn
ein Staat 175.000 Barrel Öl täglich produziert, was Portugals
Konsum entspricht, ist das unwichtig. Schließlich leben immer
mehr Portugiesen ebenfalls in immer größerer Armut.
Die portugiesische Europa-Abgeordnete für die PS (MitteLinks), Ana Gomes, protestierte und sagte, sie wäre
schockiert, wie schnell man Menschenrechte gegen
Wirtschaftsinteressen eintauscht. Die ewig kritische
Ausnahmeerscheinung unter den Politikern, wie so viele
abgeschoben nach Brüssel (so ein Exil hätte ich auch gern!),
wird nicht müde, die illegalen Machenschaften und die
schmutzigen Mauscheleien anzuprangern, was ihr schon öfters
eine Klage wegen Verleumdung eingebracht hat. Sie spricht aus,
was andere nicht einmal zu denken wagen und meinte zu der
Rechtfertigung der Regierung, die behauptet, alle Bedingungen
wie die Aussetzung der Todesstrafe seien erfüllt worden, daß
es nicht umsonst Sanktionen von vielen Regierungen und
Finanzaufsichtsbehörden gibt und verschiedene Prozesse in Den
Haag gegen den Familienclan des ewigen Präsidenten Obiang
laufen. Die Geldwäsche ist eine der prinzipiellen Aktivitäten
der Familie und der Banken des kleinen Landes!
Ana Gomes hat die Banco de Portugal um Stellungnahme
hinsichtlich der geplanten Investitionen bei einer anderen
portugiesischen Bank, der „Banif“, die seit ein paar Monaten
schon Probleme hat, gebeten. Es ist also nicht nur die
Todesstrafe, denn dann dürften wir auch keine Geschäfte mit
den USA haben oder andere Menschenrechtsverletzungen wie die
Folter oder Polizeiwillkür, denn da müssten wir uns an die
eigene Nase fassen. Es ist das ganze Unrechtssystem in
Äquatorial Guinea und das den schmutzigen Geschäften unserer
Regierung dadurch noch einmal eine ganz andere Kategorie
verleiht.
Die Scheindemokratie unter dem „Möchtegern-Diktatoren“, PM
Pedro Passos Coelho – PSD/PPD und seinem Vize-PM Paulo Portas
– CDS/PP, hat schon lange gezeigt, daß sie die Demokratie,
Menschenrechte, Pressefreiheit und Rechtstaatlichkeit,
besonders die Verfassung und die Unabhängigkeit der Justiz
verachten, daß sie gegen alle Interessen des Volkes regieren,
nur die Geschäfte ihrer Klienten und ihr eigenes Wohlergehen
im Kopf haben. Es ist klar, daß sie so weitermachen und die
Lamentierungen, wie „wir konnten uns dem Beitritt nicht länger
widersetzen und liefen Gefahr innerhalb der Gemeinschaft
unseren Einfluss zu verlieren und zunehmend isoliert zu werden
…“ als Entschuldigung nehmen, um die Aufnahme des
Verbrecherkartells in die CPLP zu rechtfertigen! Ich hoffe,
daß die nächsten Wahlen ihnen zeigen, was Isolierung wirklich
bedeutet. Isolationshaft wäre die einig gerechte Belohnung für
die Herren, die Portugal von Troikas Gnaden regieren.
Ihr immer aufmerksam beobachtender
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Ärztestreik wider
staatlicher Sparmaßnahmen
Das Streikrecht, ist eine der wichtigsten Errungenschaften der
Demokratie und auch heilig. Trotzdem schimpfen wir, sobald wir
selber zum Kollateralschaden werden. Wer kennt das nicht, wenn
man zu spät zur Arbeit kommt, weil die Busse nur einen
Notdienst anbieten, der Müll sich zum Himmel stinkend in den
Straßen häuft oder wenn man nach dem Traumurlaub ein paar
Albtraumtage auf einem Flughafen verbringt, weil es keinen
Heimflug gibt? Aber wenn Ärzte streiken, obwohl sie im Recht
sind und es nicht die Notfälle betrifft, hört der Spaß auf!
Wir erlebten alle schon so etwas und die Portugiesen sowieso.
In den 40 Jahren Demokratie haben die Menschen in Portugal das
Streikrecht lieben und hassen gelernt, aber größtenteils
respektieren und verstehen sie es, besonders in Zeiten wie
diesen, wo die alten Eliten mit Hilfe der Politik sich ihre
Privilegien wiederholen und das Volk zurück auf seinen
angestammten Platz verweisen wollen. Doch das Volk wehrt sich
und die Eliten, die sich in der Vergangenheit auf die Kirche,
die höheren Offizierspatente und die bürgerliche Mittelschicht
stützen konnten, haben jetzt einen schweren Stand.
Auch wenn sie die finanzielle Macht haben (und selbst da
bröckelt es), die Regierungsparteien ihnen hörig sind,
scheitern sie oft an dem Widerstand derer, die sonst immer
ihre Stütze waren. Anwälte, Richter, Ärzte und andere
sogenannte „liberale Berufsgruppen“ haben den Kampf
aufgenommen, gegen eine Elite, die glaubt, auch ohne diese
Unterstützung die Macht zurück zu erlangen, die sie während
der Diktatur hatte.
Doch diese Kämpfe um Geld, Macht und Privilegien treffen meist
Leute, die mit dem Ganzen nichts zu tun haben. Was die
Menschen in Portugal derzeit erleben, ist ein Beispiel dafür,
daß gut gemeinte Aktionen oftmals den Menschen schaden, denen
sie eigentlich helfen sollten. Die FNAM (Vereinigung
Nationaler Ärzte) ist eine Ärztegewerkschaft, denen die
Einschnitte, Sparmaßnahmen und der stetig zunehmende Druck auf
das öffentliche Gesundheitssystem in den letzten drei Jahren,
einfach zu bunt wurde und die ihre prekären Arbeitsbedingungen
somit nicht mehr ertragen wollten.
Gesundheitszentren, Säuglingsstationen, ja ganze Krankenhäuser
wurden geschlossen, zusammengelegt, die Nachtdienste
gestrichen. Ich könnte mit Sicherheit einige Seiten damit
füllen, aber ich denke es ist klar, daß gerade die alten
Menschen, die in den Dörfern des Landesinneren von Renten um
die 200€ leben und deren Kinder entweder in einer der
Küstenstädte oder im Ausland arbeiten, darauf angewiesen sind,
daß ihre Gesundheitsversorgung nicht unerreichbar, viele
Kilometer weit entfernt ist.
Aber ein 48-Stunden-Streik der Ärzte? Natürlich sind die Notund Mindestdienste gewährleistet, die richtigen Notfälle
werden behandelt und im Prinzip wird niemand zu Schaden
kommen. Zumindest ist das die offizielle Lesart. Der
Gesundheitsminister wirft den Ärzten auch nicht vor, den
Menschen zu schaden, sondern nur, daß sie eigentlich doch gar
keinen Grund für diesen Streik hätten. Er glaube nicht an die
Zahlen der Gewerkschaft, möchte aber nicht auf einen „Krieg
der Zahlen“ eingehen. Nur die Ärzte der CGTP, eine den
Kommunisten nahestehende Gewerkschaftszentrale, würden am
Streik teilnehmen und ausschließlich aus politischen Gründen
streiken.
Die Wahrheit könnte nicht weiter entfernt liegen. Obwohl die
Direktoren der vielen Privatkliniken ihren Angestellten
sagten, daß nur die Ärzte im öffentlichen Gesundheitssystem an
diesem Streik teilnehmen dürfen, was gelogen ist, und die
Ärzte in vielen Kliniken und Gesundheitszentren großem Druck
ausgesetzt waren, haben die Gewerkschaften, und zwar alle
Gewerkschaften, klar gemacht, daß sie die Zerstörung des
öffentlichen Gesundheitssystems nicht zulassen werden.
Nach dem Verwaltungspersonal und den Pflegekräften waren jetzt
also ebenso die Ärzte im Streik! Leider sind die meisten
Menschen so abhängig von ihren mageren Einkommen, daß sie es
sich nicht leisten können, zu streiken. Gerade deshalb war
dieser Ärztestreik ein wichtiges Zeichen. Es zeigt, daß längst
nicht alle „Halbgötter in Weiß“ ihre Arbeit im Krankenhaus für
die spätere Staatspension machen oder dort „Kunden“ für ihre
Privatpraxis anwerben. Viele Portugiesen kennen den Spruch:
„Hier kann ich leider nichts mehr für sie tun, aber wenn sie
morgen bei mir in die Praxis kommen, werde ich sehen, was man
da noch machen kann.“
Andererseits hat das Ministerium Gelder extra zurückgehalten,
um jetzt medienwirksam eine der Hauptforderungen der
Ärzteschaft zu erfüllen. Am erstem Streiktag kündigte Minister
Paulo Macedo die Auszahlung von 300 Millionen Euro an, um die
Schulden der öffentlichen Krankenhäuser zu begleichen. Doch
das war nur ein Teil der Forderungen. Während Ministerium und
Gewerkschaften sich streiten, ob 90 Prozent oder 30 Prozent
der Ärzte teilgenommen haben, frage ich mich, wie viele
Menschen leiden mussten, weil ihre OPs verschoben wurden (als
wären die Wartelisten nicht lang genug) oder weil ihre Termine
nicht wahrgenommen wurde!
Es geht ja eigentlich darum, den Sozialstaat, spezifisch das
öffentliche Gesundheitssystem zu retten und eine fortlaufende
Privatisierung zu stoppen, die laut linker Opposition
letztlich das Ziel der Mitte-rechts-Regierung ist. Die
Gesundheit ist ein von der Verfassung geschütztes Recht, das
tendenziell kostenlos und für alle gleich zu sein hat. Es kann
nicht sein, daß ein Mensch weniger Anrecht auf ärztliche
Betreuung hat als ein anderer, nur weil er nicht das Geld hat,
weiter weg von den urbanen Zentren lebt oder aus irgend einem
anderen Grund. Allerdings wurden viele Menschen in den letzten
48 Stunden nicht von Ärzten behandelt, weil diesen kein
besserer Weg einfiel, ihre gerechten Forderungen gegenüber dem
Gesundheitsministerium zur Geltung zu bringen als mit einem
48-Stunden-Streik.
Auch wenn scheinbar niemand verstarb, ist der wahre Schaden
nicht zu beziffern. Eine verschobene OP kann oftmals eine
kürzere Lebenserwartung, aber mindestens eine geminderte
Lebensqualität bedeuten. War es das wert? Ich würde sagen:
Nein. Meiner Meinung nach kann man in so einem Beruf nicht
einfach streiken. Eine kostenlose Behandlung, das Verweigern
der minuziösen Berichte und der Kostenabrechnung oder etwas in
dieser Richtung hätte dem Gesundheitsminister wohl auch weh
getan.
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Portugal: Machenschaften der
Banker
Die BES – Banco Espirito Santo – ist eine der größten privaten
Banken Portugals, und die Familie, die seit jeher die
Hauptaktionäre stellt, gehört zu den Eliten, die in Portugal
vor der Revolution das Sagen hatten und seit 40 Jahren sich
Stück für Stück ihre alte Machtposition zurückholen. Doch
scheinbar haben sie sich jetzt übernommen und die Löcher in
den Kassen, die Mauscheleien sowie die illegalen Geschäfte der
vielen Firmen und Scheinfirmen der zugehörigen Gruppe können
einfach nicht weiter unter den Teppich gekehrt werden. Als
Folge brach ein Familienzwist aus, der Portugals Wirtschaft
einen bleibenden Schaden zufügen kann.
Es verhält sich in Portugal auch nicht viel anders wie in
anderen Ländern. Die Banken sind international verknüpft,
schlimmer noch sind die Verknüpfungen der Banken mit der
Realwirtschaft und die Verbindungen zur Politik. Nicht nur die
PT (Portugal Telecom), deren Verbindungen mit einer Firma der
Grupo Espirito Santo (GES) von der Staatsanwaltschaft derzeit
unter die Lupe genommen werden, sondern auch andere Banktitel,
ja eigentlich so gut wie alle börsennotierten Konzerne,
schreiben jetzt rote Zahlen. Aber nicht nur in Portugal. Erst
Südeuropa und dann auch die Börsen in Paris, London und
Frankfurt wurden mitgerissen. Wurde das alles ausgelöst von
einem Streit zwischen Vettern? Das gäbe der Bezeichnung
Vetternwirtschaft eine ganz neue Bedeutung. Doch ist dieser
Familienstreit, oder besser gesagt dieser Machtkampf um die
Leitung des Familienkonzerns, nur ein Symptom der Krankheit,
die den Organismus GES heimsucht.
Es nicht einfach, die Verknüpfungen zwischen den Firmen, den
Aktionären, den Holdings und Scheinfirmen festzustellen, mit
ihren Offshore-Konten und Beteiligungen an fragwürdigen
Papieren. Aber eines steht fest. Die Gruppe Espirito Santo ist
in Schieflage geraten, die Espirito Santo Internacional hängt
mit drin, und in diesem Netzwerk befindet sich auch die PT
mit fast 900.000.000 Euro. Die Tatsache, daß Ricardo Salgado,
bis vor kurzem noch Vorsitzender des Verwaltungsrates der
Banco Espirito Santo, Pedro Passos Coelho und seine Regierung
um ein Bailout von genau diesen 900 Millionen gebeten hatte,
was ihm abgelehnt wurde, kann kein Zufall sein.
Das Volk fragt sich an dieser Stelle, was der IWF
(Internationale Währungsfonds) mit seinen Stresstests und den
regelmäßigen Prüfungen gemacht hat, und wo die rigorose
Überwachung des Finanzsystems war, als so ein Loch in den
Konten einer der größten Banken Portugals entstand.
Premierminister Pedro Passos Coelho mühte sich sichtlich, um
die Anleger und Schuldner zu beruhigen, während er
gleichzeitig beteuerte, daß der Staat die Bank auf keinen Fall
retten würde, da dies nicht Aufgabe des Staates sein könne.
Irgendwie typisch Politiker, denn es ist doch scheinbar
widersprüchlich, wie Portugals Regierungschef sich rausredet
und dabei zu erwähnen vergisst, daß im neuem Aufsichtsrat der
BES jetzt drei Parteikameraden sitzen. Aber die Machenschaften
der Politiker verwundern hierzulande niemand mehr. Die Banco
de Portugal, so scheint es, arbeitet sehr eng mit der
Regierung zusammen, da sie erst zufrieden gestellt war, als
die Regierende PSD ihre Leute im BES-Aufsichtsrat platziert
hatte.
Der Handel mit den BES-Aktien wurde ausgesetzt, wieder
aufgenommen und am 11. Juli 2014 nach einer Abwertung von über
17 Prozent erneut ausgesetzt. Diesmal war es eine Folge des
ausgesetzten Handels der Papiere der Espirito Santo Financial
Group (ESFG), die 25 Prozent der BES besitzen. In einem
Communiqué gab die ESFG bekannt, daß ihr größter Aktionär, die
Espirito Santo Internacional SA und ihre große Abhängigkeit
von dieser Firma, die Gefahr einer Abwertung der Papiere und
der Kontaminierung anderer Werte zur Folge haben könnte und
daher den Beschluss
auszusetzen.
fasste,
den
Handel
ihrer
Papiere
Davon sind auch die Anleihen der Espirito Santo Financière SA
in Luxemburg betroffen. Im Gegensatz zum Versprechen, welches
die Bankenriege nach Ausbruch der Finanzkrise 2007 abgab, die
Verbindungen
zwischen
den
Banken,
Holdings
und
Schwesterunternehmen offenzulegen und Transparenz
als
wichtigen Bestandteil ihrer Deontologie zu sehen, sind die
Geschäfte der BES und vor allem der Familie Espirito Santo
bzw. Salgado ein unüberschauliches Labyrinth. Die
Verknüpfungen mit der BES-Angola werden absichtlich nicht
erwähnt, da die angolanische Regierung zwar für 80 Prozent des
Kapitals der BES-Tochter bürgt, aber niemand den Zorn des
Großinvestors Angola auf sich ziehen möchte.
Die Ratingagentur Moody’s hat die BES ebenfalls herabgestuft,
und das Rating wird jetzt mit B3 statt Ba3 bewertet, was eine
Absenkung von 3 Stufen bedeutet. Auch die Moody’s begründet
die Entscheidung der Analystin Maria Jose Mori mit der
fehlenden Transparenz, insbesondere beim Ring-Fencing der BES
sowie den Finanzierungsproblemen der ESFG, und das indirekte
Eingreifen der Regierungsclique um Passos Coelho und Cavaco
Silva war auch nicht gerade beruhigend.
So kommt es, daß ein Familienstreit die Finanzwelt in Panik
versetzt hat und bis dato in Alarmbereitschaft hält, allen
Versprechungen zum Trotz! Das Volk erwacht und schaut den
Mächtigen auf die Finger. Ich hoffe, daß in naher Zukunft so
etwas nicht mehr vorkommt und sich wirklich etwas ändert.
Ihr
Rui Filipe Gutschmidt
Europas nächstes Sorgenkind:
Portugal im freien Fall
25.02.12
Doch wirklich wundern sollte es niemand, weil genau diese
Entwicklung schon lang vorauszusehen war. Während der
griechische Schuldenschnitt für erheblichen Unmut besonders in
Griechenland selbst aber auch hierzulande sorgt, reiben sich
Spekulanten die Hände, wittern Hedge Fonds das große Geld mit
portugiesischen Papieren. Daß die Zinsen anstiegen, war die
Folge der Herabstufung des südwestlichsten Landes Europas
durch Standard & Poor’s. Aber die eigentlichen Probleme liegen
schon wesentlich länger zurück, haben unbedingt auch mit einer
verfehlten europäischen Wirtschaftspolitik etwas zu tun.
Buergerstimme hat vielfach darauf hingewiesen, so wie auch
hier im Frühjahr des letzten Jahres. Dennoch sollte man
Portugal ein wenig differenzierter betrachten.
Hohe Arbeitslosigkeit, soziale
Konflikte,
bevorstehender
Generalstreik
Die knapp elf Millionen Portugiesen kommen nicht zur Ruhe,
bedenken wir, daß Ende des letzten Jahres immerhin 14 Prozent
keinen Job hatten, ist die Lage alles andere als entspannt,
wobei selbst mit dem extrem niedrigen Mindestlohn von
monatlich 475 Euro dennoch keine Arbeitsplätze in Sicht sind.
An fehlender Bereitschaft, selbst unterqualifizierte Jobs
anzunehmen, liegt es auch nicht, Hochschulabgänger sind sich
nicht zu schade in einer Kneipe zu bedienen oder an eine Kasse
zu setzen. Dabei will der größte Gewerkschaftsbund, die
„Confederacao Geral dos Trabalhadores Portugueses“ (CGTP), die
schon vier Jahre informell vor der Nelkenrevolution (1974)
gegründet wurde, an den erfolgreichen Generalstreik vom
November letzten Jahres jetzt am 29. März anknüpfen.
Allerdings darf man dabei nicht verkennen, daß zunächst am
15. Oktober 2011 sich immerhin 150.000 Menschen einfanden, die
eben unabhängig vom Gewerkschaftsprozedere in ganz Portugal
die Führung der Gewerkschaften vorab unter Druck setzten, und
daher es erreichten, eine gemeinsame Demonstration zu
mobilisieren. Der Herbststreik stand unter dem Motto „Gegen
Ausbeutung und Verarmung“, bei dem sich auch die „União Geral
de Trabalhadores“ (UGT), der andere sozialdemokratische
Gewerkschaftsbund sowie Sozialdemokraten selbst anschlossen.
Und die Portugiesen haben aus ihrer Geschichte wohl gelernt,
weil selbst das Militär sich auf die Seite der
Generalstreikenden schlug. So nannte der Oberst Vasco
Lourenço die Regierung eine Bande von Lügnern, die die Macht
ergriffen hätten, das Militär stehe an der Seite des Volkes,
die Regierung solle sich hüten, die Sicherheitskräfte gegen
die protestierenden Menschen zu instrumentalisieren.
So waren zwar jetzt am 11. Februar bei der größten
Demonstration der vergangenen 30 Jahre in Portugal 300.000
Menschen dem Aufruf der CGTP gefolgt, aber diesmal wird sich
die UGT beim bevorstehenden Generalstreik im März nicht
beteiligen, es solle sich um einen „Pseudo-Streik“ handeln.
Verwundern können solche Äußerungen allerdings nicht, hatte
doch die UGT jetzt im
Januar einem Abkommen mit den
Arbeitgebern zugestimmt, in dem einfacher gekündigt und ein
paar Feiertage abgeschafft werden dürfen, es weniger Urlaub
gäbe, was wiederum im Einklang der Arbeitsmarktreform mit der
konservativen Regierung steht. Doch was bezwecken diese
Eingeständnisse, die man ruhig auch als Kapitulation dieses
Gewerkschaftsbundes bezeichnen darf? Letztlich nichts, die
Arbeitnehmer sind die Leidtragenden in einem ohnehin sinkenden
Schiff.
Auswanderungswelle hält weiterhin an –
Lösungen in Sicht?
Verständlich, daß angesichts einer solch dramatischen
Entwicklung besonders junge, gut ausgebildete Menschen ihr
Glück im Ausland suchen. Besonders begehrt sind dabei die
ehemaligen portugiesischen Kolonien Brasilien und Angola, was
auch mit der sprachlichen Verständigung etwas zu tun hat, das
macht es für die Auswanderer erheblich leichter. Dort werden
z.B. in Angola einem Ingenieur 3.000 Euro bezahlt statt den
1.000 Euro in der alten Heimat. Gegen Ende 2010 sollen bereits
300.000 Portugiesen
steigend.
ihr
Land
verlassen
haben,
Tendenz
Unübersehbar sind die verzweifelten Versuche der Regierung im
kleineren Land der iberischen Halbinsel, mit ihrem neu
geschnürten Sparpaket etwas wirklich Sinnvolles zu bewirken.
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer noch im Jahre 2010 von 21 auf
23 Prozent hat nicht gerade dazu beigetragen, den privaten
Konsum anzuheizen, das Gegenteil ist der Fall. Sich dabei
obendrein über eine stattfindende Schattenwirtschaft in
Portugal zu beklagen, somit über die Schwarzarbeit, Schmuggel,
Steuerhinterziehung oder Scheinselbstständigkeit, mag toll
klingen und hat sicherlich auch eine gewisse Berechtigung.
Doch die eigentlichen Verursacher dieser Misere sind ganz
woanders zu suchen: nämlich in einer Obrigkeit, die es sich
auf Kosten der Bevölkerung so richtig gut gehen läßt! Insofern
müssen wir auch beim freien Fall Portugals die Zusammenhänge
eines weiterhin ausbeuterischen Verhaltens seitens einiger
Wenige feststellen, die zusammen mit der Politik das Volk in
Schach halten, wobei auch die übergeordnete EU ihren Anteil
hat und diesen auch geschickt einsetzt.
Ihr
Lotar Martin Kamm
Die
Wahrheiten
über
Griechenland-Euro-Krise
09.06.11
die
Unbeirrt verkündet die Bundesregierung, eine Rettung
Griechenlands und des Euro sei alternativlos. Wenn man die
nachfolgende Zusammenfassung betrachtet, zeigt sich, wie
unsinnig das Festhalten am alten System und der heutigen EU
ist.
Bundesfinanzminister Schäuble hat 18 Monate nach Beginn der
Griechenland-Krise in dieser Woche auch schon erkannt, daß
Griechenland unmittelbar vor dem Staatsbankrott steht. Er
schließt sich nun denen an, die eine Umschuldung fordern, also
alte Kredite durch neue zu ersetzen. Zudem möchte er die
Banken, die bisher sehr hohe Zinsen von den Steuerzahlern der
EU erhielten, ein klein wenig an der „Rettung“ beteiligen.
Fassen wir einmal zusammen, wie sinnlos die Handlungen und wie
falsch die Aussagen der Bundesregierung, der EU, der EZB und
des IWF sind:
Strukturelle Defizite kann man nicht wegsparen
Für alle EU-Länder ist Wirtschaftswachstum – also eine ständig
steigende Nachfrage – im heutigen System überlebensnotwendig
– und alle sparen ihre Wirtschaft kaputt, wie Jens Berger von
Telepolis und Nobelpreisträger Paul Krugman von der New York
Times feststellen. Lt. Krugman sind in der EU „Verrückte an
der Macht“ – und kein informierter Mensch kann ihm
widersprechen. Clint Eastwood versteht offensichtlich mehr von
Ökonomie als Regierungsparteien und „Experten“, wie er mit
seiner Erkenntnis bewies: „Wir haben diese Krise, weil wir
Geld ausgegeben haben, das wir nicht hatten. Und nun bekämpfen
wir sie, indem wir noch mehr Geld ausgeben, das wir nicht
haben. Wie soll das gehen?“
Deutschlands Regierungsvertreter fordern von Griechen,
Spaniern, Portugiesen und Iren, sie sollten so hart sparen,
daß ihre Haushalte ausgeglichen wären. Dabei offenbaren die
Verwalter unserer Volkswirtschaft nicht nur eine erschreckende
Inkompetenz in Volkswirtschaft (siehe Berger/Krugman), sondern
ignorieren auch, daß sie seit Gründung der Bundesrepublik in
keinem einzigen Jahr selbst dazu in der Lage waren. Seit dem
ersten Bundeshaushalt 1949/1950 haben sie in ausnahmslos jedem
Jahr neue Schulden angehäuft. Auch Deutschland hat
offensichtlich ein strukturelles Problem, und trotz 5,4
Billionen € jährlichem Inlandsumsatz gelingt es den
Regierungsparteien nicht, den Staat an den Umsätzen der
Wirtschaft ausreichend zu beteiligen. Wie kann man von den
Griechen etwas verlangen, das man selbst nie geschafft hat?
Zumal die Griechen spätestens seit dem verheerenden Fehler,
dem Euro-Raum beizutreten, ihre Währung nicht mehr ihrer
geringeren
können.
Wettbewerbsfähigkeit
anpassen
(also
abwerten)
Allein Griechenlands Zinslast ist so hoch, daß 10% Überschuß
im Staatshaushalt zu deren Finanzierung notwendig wäre. Jeder
weiß, daß das selbst für die stärksten Länder vollkommen
unmöglich ist, aber alle Verantwortlichen tun so, als könne
ohne Grundlage ein Wunder geschehen.
Kartenhaus, Staatsbankrott, Domino-Effekt und Neustart
Bankenlobbyisten und deren Regierungsvertreter propagieren,
EU-Mitgliedsländer dürften auf keinen Fall den Staatsbankrott
vollziehen. Sogenannte „Experten“ wie Prof. Henrik Enderlein
von der Hertie School of Governance erklären ihn bei Anne Will
sogar für unmöglich, weil man Euro-Schulden angeblich nicht in
fremden Währungen zurückzahlen könne. Zudem erklärte er vor
nur 6 Monaten: „Bei Griechenland wussten wir noch, was zu tun
ist: einen Staat mit zu hohen, aber überschaubaren, Schulden
vor dem Bankrott retten. Und mit einem Rettungsschirm über 750
Milliarden Euro dafür sorgen, daß nicht ein Dominostein nach
dem anderen fällt.“ Nicht ganz untypisch für Regierungsberater
und Talkshow-Experten: 4 schwere Fehler in nur 2 Sätzen.
Erstens wussten die Experten nie, was zu tun ist, zweitens
waren die Griechenland-Schulden nicht überschaubar, drittens
rettet der Rettungsschirm trotz irrsinniger Höhe rein gar
nichts, und viertens kann man damit nicht verhindern, daß die
Dominosteine fallen. Das zeigt, daß „Experten“ Teil des
Problems sind.
Abgesehen von Bankprofiten durch Staatsanleihen ist der
weniger offensichtliche, aber für die Regierung noch
peinlichere Grund für „Rettungsschirme“ in der Tat der zu
erwartende Domino-Effekt, aber aus anderen Gründen. Wie Sven
Giegold bemerkte, „wäre es schön, wenn es ein geordnetes
Insolvenzverfahren gäbe. Aber momentan ist es unmöglich, die
Gläubiger an eventuellen Rettungskosten zu beteiligen. Wenn
die Gläubiger die Sorge hätten, daß sie enteignet werden, dann
würde dies die Zinssätze für alle Staaten dramatisch in die
Höhe treiben, die als potenziell gefährdet gelten… Dann wäre
nicht nur Griechenland pleite. In dieser Krisensituation ist
die EU erpressbar.“ Was für die Regierenden noch verheerender
ist und Sven Giegold nicht bemerkte: Wenn auch nur eines der
bankrotten Länder den Staatsbankrott vollzieht, ist ein
Domino-Effekt höchst wahrscheinlich.
Angenommen, die Griechen unternehmen das einzig Sinnvolle und
Mögliche in ihrer Lage: Sie erklären den Staatsbankrott und
führen eine Währungsreform durch, d.h. sie treten aus dem
Euro-Raum aus, führen die Drachme wieder ein und entledigen
sich ihrer Schulden, indem sie zusätzliche Drachmen drucken,
bzw. in Computern erzeugen und den Gläubigern einige
Datensätze überweisen. Im Gegensatz zu Prof. Enderleins
Aussage haben Gläubiger bei Staatsbankrotten 2 Möglichkeiten:
Entweder sie akzeptieren die Zahlung in Landeswährung – zu
welchem Umrechnungskurs auch immer – oder sie erhalten gar
nichts, siehe Entscheidung der Bevölkerung in Island, nicht
für Bankenschulden zu zahlen.
Wenn die Spanier, Italiener, Portugiesen, Iren und Belgier
sehen, daß eine Rückkehr zur früheren Landeswährung eine
Entschuldung ohne nennenswerte Opfer der Bevölkerung möglich
macht,
werden
auch
sie
diesen
Weg
gehen.
Die
Inflation/Preissteigerung im Inland ist ein geringeres Übel
und auch nicht sehr hoch, wenn das zusätzliche Geld zunächst
ins Ausland fließt und später die Binnennachfrage belebt.
Weitere Länder, denen das Wasser bis zum Hals steht, werden
folgen wollen und müssen. Und wenn man sich die Entwicklung
der deutschen Staatsschulden anschaut, ist völlig
unzweifelhaft, daß es im heutigen System nur eine Frage der
Zeit ist, bis auch Deutschland den Staatsbankrott anmelden
muß.
Das Hauptmotiv für den Euro-„Rettungsschirm“ ist die Blamage
der
Regierungsparteien
durch
einen
Staatsbankrott
Deutschlands. Die Wähler werden sie als gescheiterte Verwalter
feuern, und Union, SPD, Grüne und FDP sind auf Jahre hin unten
durch bei den Wählern, ebenso wie die verantwortlichen
Personen Merkel, Steinbrück, Schäuble, Steinmeier, Roth,
Künast, & Co. (FDP-Politiker sind ohnehin alle unten durch).
Deutschlands Staatsbankrott wird durch den Domino-Effekt
früher eintreten, wenn sich die ersten Staaten per
Währungsreform entschulden. Dann werden die Banken auch
Staaten wie Deutschland kein Geld mehr leihen, weil sie
befürchten müssen, es nicht zurück zu bekommen. Spätestens mit
dem Staatsbankrott ist ein neues Wirtschaftssystem
unausweichlich, das die existentiellen Probleme unserer
Gesellschaft und Wirtschaft lösen kann. Aber man müßte
eigentlich nicht so lange warten.
Alle wichtigen EU-Staaten sind pleite
Wie wahrscheinlich ist der Zusammenbruch des SchuldenKartenhauses? Lt. Eurostat haben die 27 EU-Länder 2010
zusammen 9,8 Billionen € Schulden. Allein 2010 kamen 550 Mrd.
€ zusätzliche Schulden hinzu. Alle wichtigen EU-Länder sind
pleite. Die „PIGS-Staaten“ Griechenland, Spanien, Portugal und
Irland gelten zwar als die größten Problemfälle. Allerdings
sind Belgien und Italien noch bankrotter als Irland, Portugal
und Spanien. Frankreich, England und Deutschland sind
bankrotter als das krisengeschüttelte Spanien. Während
Griechenland bei 11 Mio. Einwohnern an 350 Mrd. € Schulden
(rd. 31.000 € pro Einwohner) gescheitert ist, sieht es in
Deutschland mit seinen 81 Mio. Einwohnern und 2,08 Billionen €
Schulden (über 25.000 € pro Einwohner) nicht wirklich besser
aus, zumal Deutschland noch bankrotter ist, wenn man die
ungedeckten Pensionsverpflichtungen der Beamten hinzuzählt.
Wer soll also wen „retten“ – und wovon? Und warum?
Staatsbankrott der USA und Schildbürgerstreich Schuldenbremse
Und was geschieht eigentlich, wenn der größte Schuldenberg der
Welt kollabiert – die Staatsschulden der USA? Nach dem Stand
der Dinge per 09.06.2011 sind die USA am 2. August 2011
zahlungsunfähig – es sei denn, der US-Kongress erhöht die
Schuldengrenze, die mit 14,3 Billionen Dollar erreicht ist,
ins Grenzenlose. So, wie es beim größten Schildbürgerstreich
der deutschen Geschichte geschehen wird – der Schuldenbremse.
Wer hält das weltweite Schuldenkonstrukt für zukunftsfähig?
Aufschieben löst keine Probleme
Der Spiegel schrieb am 09.06.2011 in 2 Artikeln gleichzeitig,
„Europas Steuerzahler werden die Griechen wohl weit länger mit
Milliarden päppeln müssen als ursprünglich geplant.“ und „Eine
deutsche Bank, die dem Land bis 2012 Geld geliehen hat, soll
dieses erst 2019 zurückbekommen. Bis dahin soll sie aber die
Zinsen erhalten, die ihr zugesichert wurden. Griechenland
müsste sich im besten Fall erst in sieben Jahren wieder Geld
am Kapitalmarkt besorgen. … Gleichzeitig erhielten die
Investoren die Sicherheit, dass sie ihr Investment in vollem
Umfang zurückbekommen – wenn auch später als gedacht.“
Der Spiegel und die Regierung mögen bitte erklären, warum ein
Land, das strukturell bankrott und damit dauerhaft nicht
überlebensfähig ist, „mit Sicherheit“ seine Schulden
zurückzahlen können soll, wenn ihr Geld überwiesen wird, daß
direkt hinter der Grenze kehrt macht und an die GläubigerBanken fließt. Regierungsnahe Journalisten sind offensichtlich
auch Teil des Problems.
Bisher war noch jede Statistik gefälscht
Der Spiegel meldete zu den Rückzahlungsberechnungen: „Aus dem
Ministerium heißt es, mehrere Szenarien seien penibel
durchgerechnet worden.“ Worauf basieren diese „peniblen
Rechnungen“?
Am 03.06.2011 meldete der Spiegel: „Das Defizit wurde um fünf
Prozentpunkte gesenkt. Die griechische Regierung spricht von
der stärksten fiskalischen Konsolidierung aller Zeiten in der
Euro-Zone, und auch die OECD bescheinigt dem Land einen
Sparrekord. Die Lohnstückkosten sanken um 3,5 Prozent, die
Reallöhne pro Kopf um 7,9 Prozent, die Exporte wuchsen um 35
Prozent, das Leistungsbilanzdefizit sank von 14 auf 11,8
Prozent.“ Und „nun gibt es von der Industrieländerorganisation
OECD
erstmals
auch
deutliches
Lob.
Laut
ihrer
Frühjahrsprognose senkte Griechenland sein strukturelles
Defizit allein zwischen 2009 und 2010 von 14 Prozent auf 6,5
Prozent. Im nächsten Jahr soll es sogar bei nur noch 1,3
Prozent liegen. „Diese Defizitreduktion ist enorm. Kein
anderes OECD-Land hat in den letzten 25 Jahren sein
strukturelles Defizit binnen eines Jahres so stark gesenkt „,
sagte der leitende OECD-Ökonom Eckhard Wurzel. … Von 2015 bis
2025 soll das griechische Bruttoinlandsprodukt gar
durchschnittlich um 2,4 Prozent steigen.“
Wir erinnern uns: Die Griechenland-Krise begann, als aufflog,
daß die Griechen jede Statistik genau so zurechtgebogen haben,
wie EU, EZB und IWF es verlangten. Und nun sollen plötzlich
alle Daten stimmen? Wie naiv muß man sein, um das zu glauben?
Wie soll dieses Wunder entstanden sein? Und wieder offenbaren
sich Teile des Problems.
Deutschland hat nicht von dieser EU profitiert
Sogar der regierungsfreundliche „erklärte Befürworter des
Euro“ Hans-Werner Sinn stellte am 03.04.2011 in seinem Artikel
„Tickende Zeitbombe“ fest: „Nichts könnte falscher sein als
die Aussage von Bundeskanzlerin Merkel, dass Deutschland wie
kaum ein anderes Land vom Euro profitiert habe.“
Dazu ein Auszug aus Kapitel 7.2. des Buches „Die Geldlawine“:
„Falls Deutschland aus der EU austritt, hätten wir die
gleichen Beziehungen zu Frankreich, England & Co., wie sie die
USA, Kanada, Japan, China, die Schweiz und der Rest der Welt
haben. Für wen wäre das ein Problem? Für die deutsche
Industrie? Was ist dran am Argument der EU-Dogmatiker,
Deutschland wäre ohne EU nicht mehr wettbewerbsfähig? Würden
Coca-Cola in England oder Heineken in Holland etwa bei der
deutschen
Krones
AG
ihre
Bestellungen
für
Flaschenabfüllanlagen stornieren, weil die Abfüllanlagen nicht
aus der EU stammen? Würde die New York Times ihre
Druckmaschinen nicht mehr bei der Heidelberger Druck AG
bestellen? Würden französische Mercedes-Kunden auf Toyotas
umsteigen, weil Daimler nicht aus der EU stammt? Kein
Vorstand, kein Einkäufer und kein Konsument interessiert sich
für die Herkunftsländer von Produkten. Was zählt, sind Preis,
Qualität und Return-on-Investment.“
Deutschland hat durch seine EU-Mitgliedschaft im Laufe der
Jahrzehnte mehrere hundert Milliarden € / D-Mark an ärmere
Nationen überwiesen. Das ist sehr sozial, aber sicher kein
finanzieller Profit. Wer meint, Deutschland habe sich dadurch
Freunde gekauft, dem seien die Gegenfragen gestellt, ob wir es
wirklich nötig haben, Freunde zu kaufen, und was
eigentlich für Freunde sind, die man kaufen muß?
das
Die größten Verlierer der EU sind Deutschlands Arbeitnehmer,
deren Löhne in den vergangenen 10 Jahren um 4,5% sanken,
während sie fast überall sonst stiegen.
Keine einzige wichtige Bank ist gefährdet
Bundesregierung,
EU,
EZB
und
IWF
propagieren
es
als
unerlässlich, immer mehr Milliarden nach Griechenland zu
überweisen, obwohl jeder weiß, daß das Geld gar nicht bei den
Griechen ankommt, sondern an deren Gläubiger fließt, vor allem
deutsche und französische Banken. Das einzige, was also
bestenfalls gerettet würde, sind die Profite der Bankaktionäre
bzw. Großkapitalbesitzer – auf Kosten der Steuerzahler.
Umso erstaunlicher ist da – wie der Spiegel am 07.06.2011
berichtete -, daß deutsche Banken ihre Kredite in Griechenland
nur um 2% reduzierten, während Banken anderer Nationen
aussteigen. Warum tun sie das? Da Josef Ackermann die Deutsche
Bank und keine Wohlfahrtsorganisation leitet, muß sein
Engagement handfeste, ökonomische Gründe haben. Sprich: Die
erwarteten Profite stehen in einem Verhältnis zum Risiko, daß
ein Vorstandsvorsitzender gegenüber seinen Aktionären
rechtfertigen kann. Wie der Spiegel am 27.05.2011 schrieb,
führt die Deutsche Bank 1,6 Mrd. € Kredite an Griechenland in
den Büchern, und diese Kredite sind – ebenso wie bei allen
anderen Banken – längst größtenteils abgeschrieben. Für 2011
peilt die Deutsche Bank einen Gewinn von 10 Mrd. € an. Ein
Ausfall der Griechenland-Kredite wären also die berühmten
„Kopperschen Peanuts“.
Auch von den anderen privaten Banken ist keine gefährdet. Die
3 einzigen Banken, die große Ausfälle tragen müßten, sind die
KfW, die WestLB, und die Bad Bank der überflüssigsten Bank der
Welt, der Hypo Real Estate, die die Verantwortlichen dreist
„FMS Wertemanagement“ tauften. Für diese 3 Banken hat die
Regierung den Steuerzahler in Haftung genommen.
Auch in Griechenland ist keine Bank gefährdet, wenn
Griechenland zur alten Währung zurückkehrt, die griechische
Zentralbank selbst Drachmen schöpfen kann und keine Euros
ausgezahlt werden müssen.
Versicherungen und Investmentfonds sind nicht gefährdet
Versicherungen (die ohnehin zu risikoarmen Investments
gezwungen sind) und Investmentfonds haben ihre Bestände
griechischer Staatsanleihen auf „minimal bis inexistent“
reduziert. Die Panikmache, man müsse Griechenland „retten“, um
deutsche Versicherungen zu retten, sind also haltlos.
Die EU ist keine Friedensorganisation
Bricht in Europa ein Krieg aus, wenn Nationen wieder die
Währungen einführen, die sie bis vor 11 Jahren hatten? Bricht
ein Krieg aus, wenn die EU sich auflöst? Den Frieden in Europa
hat nicht die EU, sondern die Nato gesichert. Es war vor allem
die Angst vor dem amerikanisch-sowjetischen Atomkrieg, der
Westeuropa zusammenschweißte. Im Kalten Krieg war die EU
nichts als eine bedeutungslose kleine Zollunion. Wenn es um
aktuelle, echte Bedrohungen für den Weltfrieden geht (siehe
Sudan, Kongo, Iran, Nordkorea, etc.), schaut die EU den
Völkermorden und Volksgeiselnahmen tatenlos zu.
Und warum führen Norwegen und die Schweiz keinen Krieg? Wie
erreichen sie bloß Frieden ohne EU-Mitgliedschaft? Wenn die EU
Frieden zwischen Nachbarn sichern kann – warum nehmen wir dann
nicht Israel und Palästina in die EU auf? Wenn die These
stimmt, müßten Israelis und Palästinenser dann ja endlich
Frieden schließen und fröhlich Handel treiben – natürlich in
der „Friedenswährung“ Euro! Von Russland bis Tschetschenien,
von Nord- bis Südkorea, von Afghanistan bis zum Kongo: Wenn
wir einfach die gesamte Welt in die EU aufnehmen, herrscht
dann Weltfrieden?
Der Euro hatte nie eine Chance
Wer unterschiedlich wettbewerbsfähigen Volkswirtschaften eine
einzige Währung aufdrückt, hat nicht verstanden, daß er ihnen
ihr wichtigstes Instrument nimmt, um eine mangelnde
Wettbewerbsfähigkeit auszugleichen. Länder wie Griechenland,
Italien und Spanien haben Jahrzehntelang durch die Ausweitung
ihrer Geldmenge den Wert der eigenen Währung gesenkt und damit
ihre Exporte verbilligt sowie ihre Importe verteuert. Ohne
dieses Instrument können schwächere Volkswirtschaften nicht
überleben. Also hat der Euro keine Chance, wirtschaftlich
unterschiedlich starke Länder zu vereinen.
Welchen Vorteil hat der Euro, außer der Möglichkeit, in
mehreren Ländern mit einer Währung einzukaufen? Wenn – wie die
konservativen Wikipedia-Adminstratoren behaupten – der große
Vorteil des Euro in der angeblichen Förderung des Handels
liegen soll, warum haben dann so viele Euro-Länder ein so
großes Außenhandelsdefizit, und wie überleben China und der
Rest der Welt bloß ohne EU und Euro? Wenn der Euro überlebt,
dann nur in einigen wenigen, gleich starken Volkswirtschaften.
Aber wozu eigentlich?
Die EZB ist eine impotente Bad Bank
Die EZB rechtfertigt ihre Legitimation vor allem mit der
Behauptung, sie würde die Inflation im Euro-Raum niedrig
halten. Abgesehen davon, daß ihr das nicht gelungen ist, setzt
sie auf ein einziges Mittel: die Erhöhung und Senkung der
Zinsen. Dabei hat noch keine Zentralbank den Nachweis
erbracht, daß eine Zinserhöhung die Inflation, also die Preise
senkt. Kein Händler erhöht seine Preise, wenn eine Zentralbank
die Zinssätze ändert. Preise steigen immer nur, wenn der
(Welt)Markt es hergibt.
Die EZB steckt außerdem in einer Zwickmühle, aus der sie
keinen Ausweg kennt: Zinserhöhungen, die die Preise senken
sollen, erhöhen die Zinslast der bankrotten Mitgliedsstaaten
und beschleunigen den Staatsbankrott.
Gipfel der bisherigen Kuriositäten rund um die EZB ist –
sofern die Medienberichte stimmen (man hält als Beobachter
mittlerweile nichts mehr für unmöglich) – eine portugiesische
Anleihe, die erst in rund 8000 Jahren zurückgezahlt werden
soll, am 31.12.9999. Portugal kann damit eine „Sicherheit
einreichen und im Gegenzug frische Euro erhalten“. Wie der
Spiegel schreibt, „verkommt die EZB als Hüterin des Euro
langsam zur Bad Bank des Euro-Systems, bei der die Banken
Europas ihre Schrottpapiere abladen.“
Und Jean Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe, der als EuroLügner überführt wurde, rechtfertigte sich kürzlich mit der
Erklärung, er habe gelogen, um die Märkte nicht zu
verunsichern. Wenn sogar der Euro-Chef zugeben muß, daß der
Euro nur durch Lügen aufrecht zu erhalten ist – dann hat der
Euro seine Zukunft hinter sich.
Diese EU ist gescheitert
Wie die FAZ am 06.06.2011 richtig bemerkte, fehlt der EU ein
entscheidendes Element: eine gemeinsame, europaweite
Öffentlichkeit. Es gibt keine einzige Zeitung, keinen TVSender und keine politische Webseite, die in ganz Europa
Relevanz hätte. Die Ursache dafür liegt nicht nur in
regionalen Horizonten, in denen die Bürger, Politiker und
Medien denken, sondern viel mehr im Fehlen der wichtigsten
Grundvoraussetzung der „Vereinigten Staaten von Europa“: Es
gibt keine gemeinsame Sprache, und es fehlt auch die
Bereitschaft, sich auf eine einzige Sprache zu einigen. Mit
ihrer Sprache gäben die Völker Europas ihre kulturelle
Identität auf. Warum sollten sie das tun?
Es gibt keinen EU-Kommissar und keinen Abgeordneten des EUParlaments, den man von Portugal bis Polen verstehen kann.
Daher kann es auch keine europaweite Partei geben, die über
ihren Sprachraum hinaus die Interessen aller Europäer vertritt
oder mit denen sich die Bürger identifizieren können. Nicht
einmal im gleichen Sprachraum Deutschland-Schweiz-Österreich
gibt es eine gemeinsame Öffentlichkeit oder eine überspannende
Partei.
Während Kalifornier im Ausland erklären, sie seien Amerikaner,
antwortet kein EU-Bürger auf die Frage nach seiner Herkunft,
er sei Europäer. Europa – das ist ein künstliches Konstrukt
ohne Bürger, ohne legitime, vom Volk frei gewählte Verfassung.
Europa ist an der Realität gescheitert, schlecht durchdacht
und künstlich am Leben gehalten. Wenn eine EU eine Zukunft
haben kann und soll, dann als Werte- und Normengemeinschaft
souveräner Nationen, aber keinesfalls als Transferunion und
illegitimer Beamten-Verwaltungsapparat. Im Übrigen ist der
Kaiser völlig nackt, und eine Weisheit der Dakota-Indianer
besagt: „Wenn Du entdeckst, daß Du ein totes Pferd reitest,
steig ab.“ Wer für ein sinnvolles Europa ist, kann nicht für
diese EU sein. Europa muß neu gedacht werden.
Ihr
Jörg Gastmann
Europas Schuldenkrise
Merkels Kritik
und
24.05.11
Europa in der Schuldenfalle egal wohin man blickt: Island,
Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien stehen
bereits vor unüberwindbaren Hürden. All diese Länder verbindet
eine Tatsache: Sie sind zu Gefangenen des eigens erschaffenen
Geldsystems geworden. Dass die Börse als Plattform dieses
abstrusen „Finanzmarktgebildes“ in die Knie geht, ist daher
keinesfalls verwunderlich, wurde sie schließlich umgehend nach
Beginn der Weltwirtschaftskrise künstlich am Leben erhalten,
um das seit Jahrzehnten praktizierte Anleger- sowie Geldsystem
aufrechtzuerhalten – aus reiner ignoranter Profitgier mancher
„Marktprofis“. Inzwischen müssen aber selbst Systemläufer
einsehen, dass es dem wirtschaftlichen Ende entgegen geht.
Unlängst ist es für ein Systemreset, rechtzeitig vor dem
totalen Crash, zu spät, da leistungsbezogene, reale
Wirtschaftsstrukturen ganzheitlich ausgebeutet wurden.
Fragen Sie einen Arbeiter in Spanien, Griechenland, Portugal,
dem angeblichen Aufschwungsland Deutschland einmal, ob er noch
sorgenfrei von seinem Gehalt leben kann, eine langfristige
Zukunftsplanung noch möglich ist. Sie werden erstaunt sein,
welch Blicke sie treffen. Zu behaupten, „wir jammern auf hohem
Niveau“. mag mancher dekadenten Bürgerseele vielleicht
Zufriedenheit verschaffen, hat indes mit gegenwärtiger,
tatsächlicher Wirtschaftssituation allerdings nichts gemein.
Europa galt als Vorzeigevereinigung, jener humanen Basis
verpflichtet, aus welcher der europäische Gedanke einst
entstand. Von jedweden Grundwerten Europas haben politische
Klassen sich zweifelsohne aber bereits seit langer Zeit
verabschiedet.
Selbstrettungsversuche des wirtschaftspolitischen Systems
Zwischen den ganzen Staatsrettungen zu Lasten aller Bürger
existiert auch noch die sogenannte Eurorettung. Das Geld,
welches verwendet wird um Staatsbankrotte abzuwenden, bedarf
also
selber
einer
Wertrettung.
Schikanen
nach
Sommertheatermanier sind hier vorprogrammiert. Dazwischen
„Darstellerin“ Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, welche
den Druck scheinbar auf ihre Art kompensiert und in allen
Richtungen politische Ohrfeigen verteilt. Erst ermahnte Frau
Merkel die Südeuropäer, dann auch die Deutschen, dass sie mehr
leisten müssten.
Solch ein Verhalten führt lediglich zu einer Frage: Wann hat
das Volk mal genug geleistet? Seit Jahrzehnten schaffen die
Deutschen hart, gehen gewissenhaft ihrer Arbeit nach, haben
Lohnkürzungen geduldig in Kauf genommen, bisher kaum
Beschwerden geäußert, obwohl sie ein starkes Sozialsystem
verdient haben, ordentliche Löhne, bzw. Gehälter, denn genau
das haben BRD Bürger durch
eigenständig aufgebaut.
ihren
vorbildlichen
Fleiß
Ähnlich im Bezug auf Südeuropäer, wo das gemeine Volk
ebenfalls hart arbeitet. Global betrachtet hat die Menschheit
das Leistungslimit im Gesamten bereits seit langem
überschritten. Wir leben an unserem Leben vorbei, bekommen
kaum noch etwas mit, weil alles immer schneller funktioniert,
wir uns selber überholen müssen, um letzte Existenzreste zu
bewahren. Eigentlich vollkommen unnötig, wäre der Mensch nicht
„Sklave“ industrieller Strukturen, sondern würde die
Wirtschaft endlich dem ganzheitlichen, menschlichen
Wohlergehen dienlich
Alle Last auf den Schultern der Völker
Divergente, konspirative Wirtschaftsstrukturen haben im Laufe
menschlicher Geschichte immer wieder Kriege ausgelöst.
Menschen sollten niemals dem Roboter-Irrglauben verfallen.
Kategorien nützen stets dem Klassifizierungsgedanken, daher
sollte die Menschheit resultierend aus vergangenen
Erfahrungswerten schnellstens über langfristige, freie
Wirtschaftsstrukturen nachdenken, neue Konzepte umsetzen. Je
mehr Prozesse innerhalb der Realwirtschaft im direkten
Austausch von Mensch zu Mensch ermöglicht werden, desto
weniger Schaden kann die Börse ausrichten. Bürger aller
europäischen Länder dürfen nicht dem manipulativen Wort
verfallen, dass sie zu wenig geleistet hätten, denn was
Menschen durch Arbeit aufgebaut haben, ist sichtbar und darf
nicht durch unverantwortliches haltloses Zockerverhalten an
der Börse innerhalb weniger Sekunden zerstört werden.
Ich schließe mit einem eigenen Zitat:
Verweilend im Mythos strebsamer Handlungen, darf man nie
vergessen, welche Prägung man selber hinterlassen durch sein
Wirken und sollte stets schützen, was man durch eigene Kraft
als Teil des Ganzen mit aufgebaut hat.
Ihr
Joachim Sondern
Krise in Europa geht weiter:
Medienwerkzeug Griechenland
07.05.10
Die Wirtschaftskrise stagnierte in Europa länger als erwartet.
Nun aber erleben wir eine schnelle Talfahrt, eine Fahrt, bei
der keiner mehr einen wirklichen Überblick behalten kann. Seit
geraumer Zeit ist Griechenland als Pleitekandidat in aller
Munde: doch trotz der deutlich sichtbaren Gefahr für die
Eurozone, unterstützt man Griechenland seitens der
Europäischen Union, im Schnellverfahren. Ohne Zweifel hat
Griechenland schon lange ein wirtschaftliches Wachstumsproblem
und ist selbst für die drohende Staatspleite verantwortlich,
da Staatsbilanzen gefälscht wurden. Nach aktuellen Prognosen
benötigt Griechenland 110 Milliarden Euro Nothilfe, wovon
alleine 22,4 Milliarden von Deutschland zur Verfügung gestellt
werden sollen. Und zwar in Form eines Dreijahresplan, wobei im
ersten Jahr 8,5 Milliarden Euro fließen sollen. Innerhalb
dieses Dunstkreises haben sich die Verantwortlichen quasi in
Luft aufgelöst, so das man durch die „Rettungspresse“ ablenkt
vom Auslöser, der Ursache dieser Griechenlandpleite. Als
großer Staat kann man sich so etwas ganz offensichtlich jedoch
erlauben und erhält trotzdem noch Hilfe, während sich ein
Bürger schon rechtfertigen muss, wenn er wegen eines
Berechnungsfehlers vielleicht mal 10 Euro zu wenig Steuer
gezahlt hat. Das Ungleichgewicht ist deutlich zu erkennen, und
so stellt sich die Frage, warum der Mensch nicht in der Lage
dazu ist, diesem europäischen Wirtschaftschaos Einhalt zu
gebieten. Gerade in solch einer Zeit sollten sich die Bürger
aller europäischer Länder auf die gemeinsamen Stärken
konzentrieren. Hier sprechen wir von einer menschlichen
Verbundenheit, den Informationsfluss der unabhängigen, freien
Gedankenwelt und die darauf aufbauende Kooperation. Viele
klagen, betroffene Völker wehren sich gegen Sparmaßnahmen,
weil sie die Krise nicht zu verantworten haben, doch von einem
Miteinander, ein Europa der Menschen will keiner etwas wissen.
Eigentlich traurig, denn gerade wenn die Kette der Statisten
keine anderen Möglichkeiten mehr hat, ist das mitunter die
Lösung, der einzigste Weg der noch bleibt.
Portugal, Irland und Spanien sind nächste
Pleitekandidaten
Viele Chancen wird es gewiss nicht mehr geben für Europa, denn
Portugal, Spanien und Irland stehen bereits in der
Warteschlange. Damit nicht genug, denn Italien und Deutschland
haben ebenfalls hohe Staatsschulden. Im Fall Italien sprechen
wir von etwa 1,8 Billionen Euro, eine Summe, die auch
Deutschland bald erreicht hat – aktuell mit einer
Schuldensumme von über 1,7 Billionen. Jenes Land, welches im
Moment überall helfen soll, sitzt also selber im Zentrum der
drohenden Armut. Hinter dem Humanitätsvorhang hat man hier ein
Pokerspiel begonnen, dessen Ausgang nicht kalkulierbar ist.
Griechenland dient doch nur noch als „Medienwerkzeug“, um über
die Gesamtsituation der Europäischen Union hinweg zu täuschen.
An allen Ecken wackelt es, doch in einem Informationssturm der
1000 „Fakten“, hat man mal wieder nach alter Manier ein
„Opfer“ erzeugt, welches sich in den Köpfen der Leute
verankert hat. Der Blick der Masse wurde unbemerkt fixiert auf
ein Land.
Frust der Völker
Zusammenhalt?
verständlich
–
doch
wo
bleibt
der
Egal wie man es sieht, die Leidtragenden sind die einfachen
Bürger und zwar in allen europäischen Ländern, nicht nur in
Griechenland, Spanien, Deutschland, Portugal, Island, Italien
oder Irland. Inzwischen wird in Griechenland protestiert und
leider auch randaliert, wegen der Sparpolitik, die mal wieder
gänzlich zu Lasten der griechischen Bürger geht. Im Grunde
verständlich, denn nicht die „Kleinen“ haben die Krise zu
verantworten, sondern jene Zocker, die den Hals einfach nicht
voll bekommen und für die das Risikogeschäft eine Art Rausch
ist. Doch im Irrgarten des ewigen Nebels gibt es kein
Verständnis unter den Völkern Europas für die Situation des
Anderen. Im Gegenteil, alle lassen sich gegeneinander
ausspielen: die Deutschen sind sauer, dass sie wieder für
Griechenland zahlen müssen und wollen nicht mehr für die
Fehler der Anderen bluten, sie sind wütend darüber, dass die
griechischen Bürger Randale machen und Deutschland sogar noch
angefeindet wird. Sind die Mentalitäten des Anderen so schwer
zu verstehen, in einem Kreislauf der Akzeptanz und Toleranz?
Selten bleibt ein Volk so ruhig wie Deutschland, wenn es so
sehr leiden muss. Nur weil sie sich intensiver zu Wehr setzen,
sind es noch lange keine schlechten Menschen. Keiner von uns
hat diese Krise zu verantworten, denn wir als Gesamtheit haben
eine Leistung erbracht, wodurch ein starker Sozialstaat
entstehen konnte und noch immer hätten wir große Reserven,
wenn wir massiv dafür eintreten würden, dass Anleger und
Banken für ihre Fehler alleine die Verantwortung zu tragen
haben und nicht das Volk. Wenn sie dennoch Steuergelder
benötigen, sollen sie diese bekommen, müssen dem Volk aber
Sicherheiten bieten können und einen ordentlichen Zinssatz
zahlen, der sich anhand der Bonität errechnet. Schließlich
erhält ein kleiner Unternehmer nach einem wirtschaftlichen
Fall ja auch nicht einfach so einen Zweitkredit, bzw. bekommt
gar keinen mehr und wird so in die endgültige Armut getrieben.
Somit können Banker und Anlegerpublikum sich glücklich
schätzen, wenn die Gesamtheit des Staates überhaupt noch
Verständnis für dieses katastrophale „Fehlverhalten“
aufbringen kann.
Wir dürfen gerade in dieser Zeit keinen Hass oder Neid
aufeinander entwickeln, sondern müssen über Grenzen hinweg den
bürgerlichen Zusammenhalt aufbauen, festigen und auch über
lange Zeit hinweg pflegen. Die Bürger aller EU Länder sind im
Prinzip gleichermaßen betroffen und müssen sich mit der EU
Politik auch gleichermaßen auseinandersetzen. Ja, es gibt
Zeiten, da muss der Ton schärfer werden, doch das geht nur
miteinander. Einige wollten dieses Europa mit Sicherheit
nicht, doch jetzt ist es da, und es liegt an uns, daraus ein
Europa der Menschlichkeit zu formen und es anschließend zu
gestalten. Vorbild könnten wir sein in der Welt, zeigen wie es
funktionieren kann. Völkerzusammenhalt stuft, bedingt durch
das sich aufbauende Verständnis füreinander, zeitgleich den
Geldwert herab, entzieht diesem Tauschwerkzeug den
Stellenwert, was wiederum zu einer Beruhigung und Gesundung
der Gesamtlage führen würde, auch in Bezug auf den natürlichen
Lebenskreislauf.
Banken dürfen keine Plattform sein für Las Vegas Zocker
Da geht es um menschliche Schicksale, um alle europäischen
Nationen, und die Anleger haben nichts besseres zu tun, als
auf Staatspleiten zu setzen und damit noch Kapital zu
erwirtschaften. Ungeachtet der Tatsache, dass auch ihr
angehäuftes Vermögen nichts mehr Wert ist, wenn rundherum um
sie alles zusammenbricht. Was nach außen hin auf den ersten
Blick scheinbar nur eine Wirtschaftsfrage sein kann, ist in
Wirklichkeit eine Belastung des natürlichen Kreislaufs. Durch
die Gier der heutigen Zeit wird die Natur ausgebeutet,
gefordert und die Regeln, die uns ab Geburt für ein
harmonisches Miteinander mit auf den Weg gegeben wurden, in
jeglichen Belangen missachtet. Anleger scheinen nur noch den
Moment zu sehen, den Augenblick; nicht mal mehr ihren eigenen
Vorteil betrachten sie mit Weitblick, denn dann müssten auch
diese Damen und Herren erkennen, dass sie ebenso von allem
getroffen werden können und das weniger oft mehr ist.
Raus aus dem Sumpf
Besonders ironisch wird der Windzug, wenn Staatsoberhäupter
behaupten, dass es aktuell keinen Weg gibt, der konstant aus
diesem tiefen Tal führt. Fangen wir doch einfach mal mit der
Umverteilung an und staatlichen Gesetzen, die einen Sinn
hätten. Warum darf zum Beispiel auf Staatspleiten gesetzt
werden? Ein Geschäft mit der Armut von Millionen Menschen ist
hier zu erkennen, und genau das gilt es zu unterbinden.
Spekulationen dieser Art sind zu untersagen, genau wie
jegliche Leerverkäufe, die nur zu gern getätigt werden. Des
Weiteren haben bei einer Staatspleite erst jene Damen und
Herren für diesen Fehler gerade zu stehen, die ihn auch zu
verantworten haben. Es bedeutet, dass hier das Privatvermögen
oft in Milliardenhöhe nicht mehr geschützt ist, sondern
eingezogen wird, um das Finanzloch im Staatshaushalt zu
füllen.
Im weiteren Verlauf gilt es eine Kapitalobergrenze per Gesetz
festzulegen. Es kann und darf nicht angehen, dass der Kreis
der „Eliten“ Milliarden bunkert, während das Volk immer ärmer
wird. Natürlich geht es nicht darum Reichtum zu untersagen,
sondern lediglich diesen zu begrenzen. Zum Beispiel kann man
eine Kapitalobergrenze von 3 Millionen Euro setzen. Welcher
Mensch gibt auf normalen Wege 3 Millionen in seinem Leben aus?
Die meisten Menschen werden so viel Geld nie besitzen. Ein
Multimillionär, welcher z.B. 30 Millionen Euro besitzt, müsste
dann 27 Millionen Euro in den staatlichen Sektor investieren,
z.B. in Kindergärten, Schulen, in Firmen, die Arbeitsplätze
schaffen, etc. Wobei es ganz allein in seinen Händen liegt,
die Kapitalobergrenze für sich zu erhöhen, berechnet nach dem
Menschlichkeitsfaktor. Wenn dieser von diesem Mehrbetrag eine
eigene Firma gründet, mit sagen wir einmal 300 Angestellten,
dann dürfte er als Privatvermögen, z.B. 4 Millionen Euro
besitzen. Aber nicht nur die Zahl der Angestellten darf bei
dieser Berechnung relevant sein, sondern auch die Bedingungen,
unter welche diese beschäftigt sind: vernünftige Löhne,
kreativer Entwicklungsraum, ermöglichte Familienfreizeit – all
das muss berücksichtigt werden im Humanitätsfaktor.
Des Weiteren sind Sozialfonds der Banken aufzubauen, die
gestrandeten Personen eine zweite und wenn nötig auch mal eine
dritte Chance einräumen. Das Bankensystem hat in der Not den
Bürger, und so muss die Bank in fruchtbaren Zeiten auch
direkte Volksarbeit an der Basis leisten, denn anders kann ein
System nicht ausgeglichen funktionieren. Jene Sozialfonds
dürfen natürlich nicht verzinst werden, und je nach
Unternehmungen sollten daraus auch nicht rückzahlbare
Unterstützungen gewährt werden. Gehen wir mal davon aus, dass
alleine eine einzige Privatbank ein Sozialfond in Höhe von 30
Millionen Euro im Jahr aufbauen kann, und das wir im Umkreis
dieser Bank 1000 Kleinunternehmer damit beleben, so stehen für
jedes Unternehmen allein 30.000 Euro zu Verfügung. Wird
hingegen direkt eine Mittelstandbasis aufgebaut, um mehr
Menschen zu beschäftigen, so gehen wir von 100
Mittelstandsunternehmen aus, die man je mit 300.000 Euro
unterstützen könnte. Schnell wird ersichtlich, welch enorm
große Wirkung das hätte im Bezug auf die tragende
Realwirtschaft. Genau betrachtet, haben wir hier nur mit einem
Minimalsatz gerechnet, bedenkt man, was die Privatbanken für
Summen an jedem Tag umsetzen.
Im letzten Schritt sind dann wir alle gefragt, denn wer
fordert, muss selber auch geben können. Kleinunternehmer
müssten sich fortan so strukturieren, dass sie ergänzend in
Form des Miteinanders arbeiten und nicht mehr den
Konkurrenzkampf frönen. Schließlich wollen wir ja auch nicht
das Börsianer zocken und mit dem Risiko spielen. Allgemein
muss zudem das Geld an Wert verlieren, wenn es um unser aller
Leben geht. Als Tauschmittel zu zahlen ist es somit zwar
weiterhin geeignet, aber man könnte mit Geld weder totale
Macht erlangen noch sich einen großen Vorteil verschaffen. In
der Tat wäre es also zwar noch immer ein Konsumelement, aber
kein Werkzeug, welches einzig und allein oftmals den ganzen
Lebensablauf bestimmt. Durch die neue Art der Umverteilung in
Verbindung mit dem Wegfall des jetzigen Steuersystems wäre
eine Sicherung vorhanden, die zwar für alle Bürger mehr
Verantwortung mit sich bringt, aber auch totale Manipulation
aller Märkte verhindern würde.
Ich schließe mit einem eigenen Zitat:
Im Moment der Vordergrunddarstellung möchte der Hauptakteur
die wahre Ursache im Verborgenen hüllen, um auf ewig seinem
eigenen Interessenhintergrund treu zu bleiben und seinen
Status zu erhalten.
Ihr
Joachim Sondern
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