des Gesamtbeitrages
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Foto: FraUNhoFEr lBF TecHNOLOGie & TreNDs Wärmebehandeltes, austenitisch-ferritisches ADi-Gusseisen mit kugelgraphit (im bild Farbätzung eines typischen ADi-Gefüges) eignet sich gut für die Gewichtsoptimierung, da es die Gestaltungsmöglichkeiten von Gusskomponenten mit den hohen erreichbaren Festigkeiten durch Wärmebehandlungen in einem bauteil vereinen kann. Potentiale der Belastbarkeit von Bauteilen aus wärmebehandeltem ADI-Gusseisen mit Kugelgraphit VoN ANDré hEINrIETz UND MArc WALLMIchrATh, DArMSTADT Ergebnisse der Eigenschaftsuntersuchungen Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden ein Schwenklagerkonstruktion eines Pkw und eine Nabe eines Lkw untersucht. Ziel der Untersuchungen des Pkw-Schwenklagers war es, das Leichtbaupotential eines Schwenklagers aus ADI-Gusseisen zu erschließen. Dazu wurde vom Projektpartner Audi AG, Ingolstadt, unter Mitwirkung ihrer Kollegen der Volkswagen AG, Wolfs- 46 Buch 1.indb 46 burg, das Schwenklager gestalterisch optimiert, sodass es den Anforderungen der Betriebsfestigkeit und den Anforderungen der Fahrdynamik in vollem Umfang Rechnung trug. Im Unterschied zum Schwenklager war es die Aufgabe bei den Untersuchungen an der Nabe, eine Nabe aus EN-GJS-600-3 durch eine gestaltgleiche Nabe aus ADIGusseisen zu substituieren. Die produktorientierte Zielsetzung war hierbei, für eine vergleichsweise kleine Stückzahl von Fahrzeugen Naben bereit zu stellen, welche eine signifikant höhere Belastbarkeit aufweisen sollten. schwenklager Startpunkt für eine auf den Werkstoff ADI hin gestaltete Konstruktion war eine Schwenklagerkonstruktion aus ENGJS-400 (bild 1). Diese Konstruktion hatte ein Gewicht von 3,54 kg. Zunächst wurde aufgrund von Erkenntnissen aus vergangenen Projekten zu erwartende Schwingfestigkeiten abgeschätzt [4, 5]. Auf Basis dieser Kennwerte und den Randbedingungen aus der Fahrdynamik wurde die Gestalt in Hinblick auf Gewichteinsparung angepasst. Die Reduktion des Gewichts betrug zu diesem Konstruktionsstand bereits 15 %. Giesserei 99 11/2012 31.10.12 15:29 Die in der Art geänderte Gestalt (siehe Bild 1) wurde im Folgenden vom Projektpartner Sakthi Germany GmbH, Ueckermünde (heute: MAT Foundries Europe, Ueckermünde), abgegossen und einer Reihe von Untersuchungen unterzogen. Zyklische belastung. Um Bemessungskennwerte für die Auslegung zu erhalten, wurden aus Schwenklagern Proben entnommen, an denen Schwingfestigkeitsversuche unter konstanter und variabler Amplitude durchgeführt wurden. Die extrahierten Proben wiesen im Mittel eine Zugfestigkeit von etwa Rm = 1080 MPa, eine Dehngrenze von etwa Rp 0,2 = 790 MPa und Bruchdehnungen von über A5 = 15 % auf. An den Proben aus Schwenklagern mit der Wärmebehandlung, die letztendlich als optimal festgelegt wurde, konnten vergleichsweise hohe Schwingfestigkeiten von σa,K = 454 MPa bei einem Abknickpunkt von Nk = 3,16 . 105 festgestellt werden. Selbst bei einer Schwingspielzahl von Nk = 2 . 106 konnte von einer Schwingfestigkeit unter konstanter Belastungsamplitude von etwa σa,K = 430 MPa zur Bemessung ausgegangen werden (bild 2). Vergleicht man den in Probenversuchen erreichten Schwingfestigkeitswert bei Nk = 2 . 106 mit den zur Auslegung zu Grunde zu legenden Werten der Schwingfestigkeit, welche über Korrelationen zu statisch ermittelten Kennwerten errechnet werden können, so erreichen die ADI-Proben Abschätzungswerte, welche über Stahl-Korrelationsgleichungen [6 - 8] ermittelt werden könnten. Sie übertreffen die Schätzwerte zur Bemessung von Gusseisen aus [7] und [9] um 10 bzw. 17 %. An Schwenklagern wurden Versuche unter einachsiger konstanter und variabler Lastamplitude und unter mehrachsiger konstanter und variabler Lastamplitude durchgeführt. Zudem wurden Versuche unter variabler Lastamplitude durchgeführt, denen eine Extrembelastung mit 40 Zyklen vorangegangen war. bild 3 zeigt den Versuchsaufbau, in dem die Versuche unter einachsiger Belastung durchgeführt wurden. Die typische Belastung auf den Spurhebel führt im Wesentlichen zu einer Kombination von Biege- und Torsionsmoment, welche phasengleich auf den Spurhebel wirken. Die höchste Beanspruchung entsteht am Rand der Tasche, welcher in den Radius übergeht (bild 4). Das Volumen des hoch beanspruchten Bereichs beträgt ca. V90% = 1 mm3 und kann somit im Vergleich zur Bauteilgröße als starke Spannungskonzentration bezeichnet werden. Die Ergebnisse der Berechnungen wurden durch Versuche, Dehnungsmessungen und Bruchflächenanalysen bestätigt. Der Anriss entsteht etwas unterhalb der Ober- kurZFAssuNG: die optimierung von Komponenten, welche im Betrieb Belastungen von unterschiedlicher höhe ausgesetzt sind, erfordert die Kenntnis der örtlich am Bauteil zu erwartenden Werkstoffqualitäten. Wärmebehandeltes, austenitisch-ferritisches gusseisen mit Kugelgraphit (adI: austempered ductile Iron) eignet sich gut für die gewichtsoptimierung, da es die gestaltungsmöglichkeiten von gusskomponenten mit den hohen erreichbaren Festigkeiten durch Wärmebehandlungen in einem Bauteil vereinen kann. der Festigkeitsbereich von adI reicht von rm = 800 Mpa bei normierten Bruchdehnungen bis a5 = 8 % (ISo 17804) [1] und a5 = 10 % (SaE J 2477) [2] und guter zähigkeit bis zu Werkstoffen für Bauteile mit hohen Schwingfestigkeiten bei zugfestigkeiten bis rm = 1600 Mpa und guter Verschleißbeständigkeit. Wie bei allen gusseisenwerkstoffen ist die dichte von adI um etwa 10 % geringer als beim Stahl, was sich für den leichtbau mit adI nutzen lässt. Im rahmen des kürzlich abgeschlossenen BMBF-projekts lEa [3] konnte eine umfangreiche datenbasis für adI in hinblick auf Schwingfestigkeit bereitgestellt werden. die Simulation der gefügebildung von adI im rahmen einer gießprozesssimulation ist durch das projektergebnis wesentlich verbessert worden. die Entstehung des gewünschten adI-gefüges in den Bereichen des Bauteils, in denen ihre hohe Schwingfestigkeit und zähigkeit benötigt wird, kann jetzt besser kontrolliert werden. Eine wichtige Voraussetzung für das Erreichen der günstigen Eigenschaften ist die hinreichende Existenz von stabilem austenit im adI-gefüge, zumindest im Bereich hoher Beanspruchungen. der austenit wird unter Belastung umgewandelt. der durch die Kristallstruktur begründete und durch Belastung induzierte trip-Effekt (transformation Induced plasticity) konnte im rahmen des projekts nachgewiesen werden [3]. Unabhängig davon wurde eine signifikante Verbesserung der Schwingfestigkeit bereits festgestellt, selbst wenn die gefügeumwandlung zum adI metallographisch nicht beobachtbar ist, welches z. B. durch eine nicht optimierte legierung verursacht sein kann. a b bild 1: schwenklager in serienausführung (a) aus eN-GJs-400 und in erster gewichtsoptimierter Variante aus ADi-1000 (b) (Quelle: Audi AG). kante der Tasche. Die lokale Position des Anrisses wird seinerseits durch lokalisierte Inhomogenitäten im Gefüge bestimmt, die sich in der Nähe des hohen Beanspruchungsfeldes befinden (bild 5). Das Schwenklager zeigt im einaxialen Versuch nach dem Anriss eine ausgeprägte Rissfortschrittsphase und eine zweite Rissinitiierung in einem anderen Bereich des Spurhebels während des Versuchs. Ein schlagartiges Versagen des Schwenklagers trat nicht auf, welches grundsätzlich güns- tig bei Fahrwerksbauteilen ist. Bei der Versuchsüberwachung musste berücksichtigt werden, dass der Riss nicht auf der Oberkante der Biegestruktur entsteht, sondern tiefer in der Tasche. Durch regelmäßige Rissprüfungen mittels Farbeindringverfahren wurde die Rissentstehung und der Rissfortschritt überwacht, sodass Versagenskriterien sinnvoll festgelegt und die dazu gehörigen Beanspruchungen und Schwingspielzahlen im Sinne der Bauteilanwendung interpretiert werden konnten. Giesserei 99 11/2012 Buch 1.indb 47 47 31.10.12 15:29 Nennspannungsamplitude σa,n in MPa TecHNOLOGie & TreNDs PÜ 600 550 500 10 % 50 % 90 % k = 8,1 450 400 k´ = 44,89; 5 % pro Dekade 350 300 σa,k = 454 MPa Nk = 3,16 •105 Tσ = 1:1, 10 250 200 104 Durchläufer (ohne Bruch) 2 4 6 8 105 2 4 6 8 106 2 4 6 8 107 Schwingspielzahl NB Probenform: Rundprobe, Kt = 1 Prüfung: Wöhlerlinie Belastung: axial Medium: Luft, RT Audi Variante 2 R = -1, Ø = 4,0 mm bild 2: schwingfestigkeit von proben unter konstanter belastungsamplitude, entnommen aus schwenklagern. Aufgrund der starken Krümmung im Bereich der hohen Beanspruchungen wurde dort kein Dehnmessstreifen (DMS) appliziert, sondern es wurden die Strukturbeanspruchungen auf der Oberkante des Schwenklagersteges gemessen (bild 6a). Des Weiteren zeigte sich nach Interpretation der ersten Berechnungsergebnisse, dass die der Berechnung zu Grunde gelegte Gestalt aus den CAD-Daten während des Gießprozesses nicht erreicht werden konnte. Die reale lokale Gestalt in der Umgebung des hoch beanspruchten Bereichs wurde in einer Messung der Audi AG abgetastet und in die CAD-Daten integriert, sodass eine realitätsnahe Berechnung der Beanspruchungen am Anrissort möglich wurde (Bild 6b). Durch die Anpassung der lokalen Gestalt wurden die berechneten Beanspruchungen um 15 % geringer (siehe Bild 6). sonderlast und folgende zyklische belastung. Als versagensrelevante Beanspruchung wurde die größte Hauptnormalspannung festgelegt. Trägt man diese berechneten Spannungen am Anrissort über der Schwingspielzahl der untersuchten Schwenklager auf, so ergibt sich eine ertragbare Spannungsamplitude von σ1 = 470 MPa bei N = 2 . 106 Schwingspielen für eine Überlebenswahrscheinlichkeit von PÜ = 50 % (bild 7). Das Versagenskriterium wurde hierbei von der Audi AG auf 10 mm Anrisslänge festgelegt. Die grauen Versuchspunkte bezeichnen die Lebensdauer bis zum Bruch (siehe Bild 7). Die Versuche unter variabler Belastungsamplitude wurden mit einem Teilkollektivumfang von NT = 5 . 104, einem Mittellastverhältnis von R̄ = -1 und einer Unregelmäßigkeitszahl von i = 0,99 durchgeführt. Die dargestellten Versuchsergebnisse unter variabler Amplitude (Bild 7) wurden teilsweise mit extremen Vorbelastungen von bis zu 170 % des Kollektivhöchstwertes durchgeführt. Obwohl fünf von sieben Schwenklagern extremen Belastungen ausgesetzt waren, lassen sich keine signifikanten Unterschiede bei den Laufzeiten der Schwenklager mit extremen Belastungen im Vergleich zu den Schwenklagern ohne extreme Vorbelastung erkennen; alle Ergebnisse liegen im typischen Streubereich einer Charge (siehe Bild 7). Die in Schwingfestigkeitsversuchen untersuchten Schwenklager der ersten Entwicklungsstufe erreichten alle das Freigabekriterium für Fahrzeuge dieser Klasse. Als Konsequenz der ersten Entwicklungsschleife wurde von der Audi AG eine weitere Optimierung vorgenommen, sodass die Masse des Schwenklagers auf m = 2,87 kg weiter abgesenkt werden konnte (bild 8). Vergleicht man die Masse dieses Schwenklagers mit dem Serienstand, so konnte durch die werkstoffgerechte Konstruktion mit ADI-Gusseisen eine Gewichtsreduktion um knapp 20 % erreicht werden. Begrenzend für die Optimierung war jedoch in diesem Fall die Fahrdynamik. Die Beanspruchbarkeitsreserven des Schwenklagers durch das ADI- Tabelle 1: Versuchsparameter und Verformungsarbeit der im Fallhammer-Versuchsstand untersuchten schwenklager. VersuchsNr. Fallhammergewicht in kg Fallhöhe in m Schlagenergie in J Verformungsarbeit in J Umgebungstemperatur in°C Bemerkungen 1 90 1,5 1324,3 138,8 rt Bruch der Spurstangenanbindung 2 75 0,5 367,9 288,9 rt Spurstangenanbindung verbogen, keine anrisse 3 75 0,9 662,2 455,7 rt Bruch der Spurstangenanbindung 4 75 0,7 515,0 412,1 rt Spurstangenanbindung verbogen, keine anrisse 5 75 0,9 662,2 438,4 rt Bruch der Spurstangenanbindung 6 75 0,9 662,2 524,7 rt Bruch der Spurstangenanbindung 7 75 0,9 662,2 224,6 40 Bruch der Spurstangenanbindung 8 75 0,9 662,2 302,9 40 Bruch der Spurstangenanbindung 48 Buch 1.indb 48 Giesserei 99 11/2012 31.10.12 15:29 bild 3: Versuchsaufbau zur einaxialen untersuchung von schwenklagern. Gusseisen konnten aufgrund der Forderungen an die Steifigkeit des Bauteils nicht voll ausgenutzt werden. Trotzdem konnten die Optimierungsergebnisse vorangegangener Untersuchungen an Fahrwerksbauteilen in eindruckvoller Weise übertroffen werden [5]. schlagartige belastung. An den Schwenklagern wurden im Rahmen des Projekts Untersuchungen der Belastbarkeit des Spurhebels unter schlagartiger Belastung untersucht (bild 9). Der Spurhebel weist vor dem Bruch eine signifikante Deformation auf, sodass eine Beeinträchtigung der Lenkeigenschaften zu erwarten ist. Selbst bei T = -40 °C reduziert sich die Verformungsarbeit des Spurhebelbereichs bis zum Bruch nur um 50 %, vergleicht man die minimal erreichten Verformungsarbeiten (Tabelle 1). Eigenschaften nicht-idealer ADI-Gefüge Aufgabe bei der Untersuchung der LKW-Nabe war es, die Möglichkeiten der Steigerung der Belastbarkeit der Nabe durch eine Wärmebehandlung zu untersuchen. Neben der Untersuchung einer Nabenvariante, für welche die Legierungszusammensetzung angepasst wurde, sind Naben untersucht worden, die allein durch Wärmebehandlung von Seriennaben aus EN-GJS 600-3 in ihrer Festigkeit gesteigert wurden. Hintergrund dafür war die Idee, dass eine kleine Anzahl der gesamten Produktserie hoch belastbar sein muss, da sie in Sonderanwendungen eingesetzt werden. Aufgrund der typischerweise kleineren Lose bei Sonderanwendungen ergeben sich aus Sicht der Lagerhaltung und des Einkaufs besondere Herausforderungen in Hinblick auf die Produktkosten. Gelingt es, eine hinreichende Belastbarkeit der Naben unter den zur Bemessung zu Grunde liegenden Belastungen der Sonderserie durch eine Wärmebehandlung der Seriennabe sicherzustellen, sind keine Änderungen für den gießereitechnischen Teil der Produktion und somit auch infolge für Bestellungen und Lagerhaltung keine Änderungen der Prozesse erforderlich. Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen soll im Folgenden berichtet werden. Um eine Qualität des Werkstoffs der Nabe sicherzustellen, der die normativen Anforderungen erreicht, wurde die Wärmebehandlung der Seriennabe auf die zu erreichenden Normwerte der Zugversuche abgestimmt. Wie aus Voruntersuchungen bekannt war, konzentrieren sich die Bereiche hoher Beanspruchung auf den Flansch der Nabe, daher wurden u. a. in diesem Bereich Buch 1.indb 49 31.10.12 15:30 TecHNOLOGie & TreNDs Proben in tangentialer Richtung (bild 10, Position C) entnommen. Die Parameter der Wärmebehandlung wurden anhand der Bruchdehnung festgelegt (bild 11). Es konnte ein Parametersatz der Wärmebehandlung und eine Position im Abschreckbad identifiziert werden, mit denen nicht nur die Grenzwerte der ISO 17804 [1] übererfüllt wurden, sondern auch die Grenzwerte der SAE J2477 [2] für ADI-1000. Die metallographische Analyse zeigte bei allen untersuchten Proben am Entnahmeort C (Bild 10) nahezu rein perlitisches Gefüge mit 3 bis 5 % Ausferrit und 3 % Ferrit. bild 4: beanspruchungsverteilung am spurhebel der untersuchten schwenklagerkonstruktion, maximale Hauptnormalspannung (maximale beanspruchungsamplitude: σ1,a = 1278 Mpa). Zyklische belastung An den aus der Nabe entnommenen Proben der Position C wurden neben Zugversuchen auch Schwingfestigkeitsversuche durchge- bild 5: bruchfläche von gebrochenen spurhebeln und Anrissort (a) und berechnete beanspruchungen am Anrissort (b), maximale Hauptnormalspannung. bild 6: Vergleich der maximalen Hauptnormalspannung an der entwurfsgestalt (a) und an einer nach Messungen ermittelten realen Gestalt (b). 50 Buch 1.indb 50 Giesserei 99 11/2012 31.10.12 15:30 berechnete elastische Spannungsamplitude am Anriss in MPa 100 Variante 1 Betriebslastenversuch Amplitude der Vorschädigung mit 40 Ssp. Erreichte Rundenzahl Schwingspiele bis bis zum Bruch zum Bruch Betriebslastensignal (Zug ist positiv) D1 1221 D2 1636 D3 +/- 14 kN 1057 D4 +/- 14 kN 1329 D5 +/- 17 kN 1187 D6 +/- 17 kN 1091 D7 +/- 20 kN 1059 D7 nach Vorschädigung Anriss von 12 mm 5598285 7501060 4846345 6093465 5442395 5002235 4855515 Berechnete Schadenssumme mit M = 0,5 1,08 1,45 0,017 + 0,94 0,017 + 1,18 0,028 + 1,05 0,028 + 0,97 0,058 + 0,94 1805 Versuche unter variabler Amplitude 10 1250 Bruchschwingspielzahl 695 PÜ in % 416 Wöhlerlinie: (Bruch) 1/Tσ 10 50 90 Variante 1 1,17 k 4,6 N_D Sig_D 2000000 3,4 Anrissschwingspielzahl (Anriss ca. 10 mm) 1 1000 10 000 100 000 1 000 000 10 000 000 Schwingspielzahl BGT_Abluftreinigungsanlagen 12.01.2005 17:30 Uhr Seiteund 1 variabler belastungsamplitude an schwenklagern – ergebnisse bild 7: ergebnisse der schwingfestigkeitsversuche unter konstanter in rechnerisch ermittelten spannungen am Anrissort unter der Annahme linear-elastischer Materialeigenschaften. hofmann Ceramic_85_128.indd 1 09.05.12 10:29 Giesserei 99 11/2012 Buch 1.indb 51 51 31.10.12 15:30 TecHNOLOGie & TreNDs bild 8: Optimierte Gestalt des schwenklagers (m = 2,87 kg) (Quelle: Audi AG). bild 9: Aufbau für Versuche unter schlagartiger belastung an schwenklagern bei T = 40 °c. bild 10: entnahmeorte der proben aus den LkW-Naben sowie Lagen der schliffe (Quelle: MAN AG). 52 Buch 1.indb 52 führt. Die Ergebnisse sind in bild 12 dargestellt. Vergleicht man die Schwingfestigkeit von wärmebehandeltem EN-GJS 600-3 mit Schwingfestigkeiten von Proben aus ENGJS-700 [10], so stellt man eine Schwingfestigkeitssteigerung um etwa 30 % fest (Bild 12). Diese Schwingfestigkeit von etwa σa = 320 MPa bei 2 . 106 Schwingspielen erreicht Schwingfestigkeiten von ADIProben aus Y3-Gießproben, welche im Projekt hergestellt wurden und Eigenschaften auf möglichem unterem Qualitätsniveau zeigten. Die Versuche an Proben aus dieser Nabencharge zeigten ein typisches Streumaß von TS, 10%/90%= 1:1,19. Zur Untersuchung der Naben unter betriebsähnlichen Belastungen mit variabler Amplitude im zweiaxialen Radprüfstand (ZWARP), welcher den Stand der Technik bei der Freigabe von Rädern und Naben weltweit widerspiegelt (z. B. [11]), musste eine weitere Herausforderung gemeistert werden: Die Anforderungen an die Naben im Betriebseinsatz erfordern derart hohe Lasten im Versuch, dass eine Erzeugung von Anrissen, was aufgrund des Forschungscharakters der Untersuchungen wesentlich war, nicht mit Sicherheit durch die Untersuchung der Originalbaugruppe im Vorhinein sichergestellt werden konnte. Deshalb wurde eine in ihrer Steifigkeit reduzierte Baugruppe untersucht, indem zwei Bauteile aus dem Kraftfluss entfernt wurden, der Anrissort jedoch identisch blieb. Durch rechnerische Untersuchungen wurden die Verhältnisse der erforderlichen Beanspruchbarkeiten [12] ermittelt (bild 13) und darüber die Möglichkeit der Erzeugung von Anrissen im Versuch sichergestellt (bild 14). Alle weiteren Schwingfestigkeitsversuche an der Nabe wurden mit der reduzierten Baugruppe durchgeführt, da die erforderlichen Beanspruchbarkeiten und folglich die Wirkung der Belastungen etwa um den Faktor 2 gesteigert werden konnten. Versagenskriterium zur Feststellung der Lebensdauer bis zum Anriss ist das Auftreten von Rissen von einigen Millimetern, welches durch Farbeindringprüfung in regelmäßigen Abständen durch Anhalten des Versuchslaufs überprüft wird. Vergleicht man die Laufzeiten der Naben aus EN-GJS-600 mit Wärmebehandlung mit denen von Naben ohne Wärmebehandlung, stellt man eine signifikante Verlängerung der Laufzeiten der Naben mit Wärmebehandlung fest. Die Naben mit Wärmebehandlung hielten im Mittel etwa sechs Mal solange, wie die Nabe aus EN-GJS 600-3. Die Untersuchungen der Naben im Zwarp-Versuch ergaben eine Streuung von Ts = 1:1,3, welche für eine Fertigungscharge vergleichsweise hoch ist. Bei den me- Giesserei 99 11/2012 31.10.12 15:30 s - stehend g - gedreht Bruchdehnung A5 in % 10 8 g g 6 4 2h 3,5 h g g s s 2 0 800 1000 1200 1400 1600 Zugfestigkeit Rm in MPa WB: 890 °C/2 h + 380 °C/2 h WB: 890 °C/2 h + 360 °C/2 h WB: 890 °C/2 h + 340 °C/2 h WB: 890 °C/2 h + 320 °C/2 h WB: 850 °C/2 h + 340 °C/x h Vorgabe ISO 17804 Vorgabe SAEJ 2477 Position C bild 11: bruchdehnung in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit an proben der entnahmelage c verschiedener Wärmebehandlungen und Grenzwerte nach isO 17804 (blau, durchgezogen) und sAe J2477 (blau, gepunktet) (Quelle: MAN AG). tallographischen Untersuchungen der Gefüge im Bereich des Anrisses konnten keinerlei Unterschiede der jeweiligen Naben zueinander festgestellt werden. Thermobiehl_HeizKuehlgeraete Fazit und Ausblick Die Empfindlichkeit von ADI-Bauteilen guter Gussqualität auf hohe Einzelbelastun- 14.12.2006 14:14 Uhr gen bei nachfolgender Belastung unter variabler Amplitude ist als gering zu bezeichnen. Selbst bei angerissenem Bauteil nach höchster Extremlast ist der Rissfortschritt unter variabler Amplitude so langsam, dass die Lebensdauer bis zum Versagenskriterium von 10 mm Risslänge nicht signifikant beeinflusst wird. Das bedeutet, dass auch nach Aufbringen der höchsten untersuchten Extrembelastung mit folgenden Anrissen eine ertragbare Schadenssumme von D ≈ 1 erreicht wird. Offensichtlich ist die Verfestigung durch plastische Verformung im ADI-1000 erheblich. Generell wurde eine um Faktor 3 höhere Schadenssumme an Schwenklagern in Versuchen unter variabler Belastungsamplitude festgestellt, vergleicht man dies mit nicht wärmebehandeltem Gusseisen oder Stählen. Dies deckt sich mit dem Stand der Technik. Auch in diesem Punkt zeigt sich eine Unempfindlichkeit der bauteilgebundenen Werkstoffeigenschaften gegenüber hohen Belastungsamplituden. Wesentliches Augenmerk muss beim Einsatz von ADI-Bauteilen auf die Qualitätssicherung gelegt werden, da metallographische Beurteilungen des Gefüges auch qualitativ keinen zuverlässigen Schluss auf die Werkstoffeigenschaften zulassen. Dies ist weder in Hinblick auf die Akzeptanz eines Gefüges möglich, noch in Seite 1 O Giesserei 99 11/2012 Buch 1.indb 53 53 31.10.12 15:30 Nennspannungsamplitude σa,n in MPa TecHNOLOGie & TreNDs 600 550 500 PÜ 10 % 50 % 90 % 450 σa,k = 333 MPa Nk = 2,51•105 Tσ = 1:1,19 400 k = 7,0 350 300 k´ = 44,89; 5 % pro Dekade 250 200 104 Probe: Ø = 5,0 mm Kt = 1 Durchläufer (ohne Bruch) hochgesetzter Durchläufer gebrochen 2 4 6 8 105 2 4 6 8 106 2 4 6 8 107 Schwingspielzahl NB Probenform: Rundprobe, Kt = 1 Prüfung: Wöhlerlinie Belastung: axial Medium: Luft, RT MAN-NABE WB600; 1. Charge, R = -1, Ø = 5,0 mm MAN-NABE WB600; 2. Charge ab Januar 2010, R = -1, Ø = 5,0 mm bild 12: schwingfestigkeit von proben unter konstanter belastungsamplitude, entnommen aus Naben aus wärmebehandeltem eN-GJs -600-3. Hinblick auf eine Ablehnung eines Gefüges. Im Besonderen die möglichen prozessbedingten Streuungen in den Bruchdehnungen müssen überwacht werden, sofern außergewöhnlich hohe Belastungen im Betrieb auftreten können. Grundsätzlich erscheint eine Qualitätsbeurteilung mittels röntgenographischer Bestimmung des Austenitgehalts als sinnvoll. Sofern der in diesem Projekt erarbeitete Kenntnisstand in Zukunft auf eine breite Basis von Untersuchungen an ADI-Guss- teilen unter Berücksichtigung des Austenitgehalts gestützt werden kann, ist ein Einsatz derartiger Verfahren zumindest für einzelne Industriebereiche zu empfehlen. Voraussetzung hierzu ist jedoch eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Prüfverfahrens und die Kenntnis der Zuverlässigkeit der Ergebnisse. Sofern ADI-Bauteile eine erhöhte Mikroporosität oder sogar Makroporosität aufweisen, wird eine Reduktion von Festigkeiten und Bruchdehnungen festgestellt. Eine hohe Qualität des Gussteils vor der Wärmebehandlung ist daher Voraussetzung für die Einstellung guter Eigenschaftswerte von ADI-Bauteilen. Verfahren zur Bewertung von Porositäten und Gussgefügen sollten daher zu einer Anwendbarkeit auf wärmebehandelten Eisenguss weiterentwickelt werden. Diese Methoden werden aktuell für nicht-wärmebehandelte Gussteile aus Gusseisen mit Kugelgraphit (EN-GJS) entwickelt und erlauben eine bessere Einschätzung des Gussgefügeeinflusses auf die Werkstoffeigenschaften. Die Untersuchungen an wärmebehandeltem EN-GJS-600, dessen Legierung nicht auf eine ADI-Wärmebehandlung abgestimmt wurde, zeigten überraschend hohe Werte der Zugfestigkeit und Bruchdehnung, sodass die Normwerte für einen GJS1000 sogar nach SAE übertroffen werden konnten. Metallographisch war im Bereich höchster Beanspruchung der Nabe ein nahezu vollperlitisches Gefüge feststellbar. Sofern die Eigenschaftsschwankungen eines wärmebehandelten Bauteils aus einer nicht auf ADI eingestellten Legierung reduziert werden können, ist hier insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zusätzliches Potential zum Einsatz derartiger Wärmebehandlungsprozesse bei Gusseisen erkennbar. Ebenso werfen diese Erkenntnisse die Frage auf, ob eine Forderung nach vollständiger ADI-Gefügebildung überhaupt eine angemessene Forderung im Besonderen für dickwandige Gussteile darstellt, zumal die Eigenschaften unvollständiger oder kaum ausgebildeter ADI-Bereiche nicht zwangsläufig auf die Eigenschaften perlitischer GJS-Werkstoffe reduziert werden. bild 13: berechnete erforderliche beanspruchbarkeiten an Naben in vollständiger (a) und steifigkeitsreduzierter baugruppe (b) [12]: Mit bremse und planetenradträger rFsmax = 244 Mpa, Ohne bremse und planetenradträger rFsmax = 574 Mpa (entspricht einer Zunahme um 235 %). 54 Buch 1.indb 54 Giesserei 99 11/2012 31.10.12 15:30 Tiefergehende Untersuchungen der Eigenschaften von teilweise umgewandelten Gefügen erscheinen aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für Massenprodukte und aus Sicht der werkstofftechnischen Machbarkeit bei Großgusskomponenten als wünschenswert. André Heinrietz und Marc Wallmichrath, Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt Literatur: [1] Ausferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit – Klassifikation. ISO 17804:2005-11, Society of Automotive Engineering SAE 2005. [2] Automotive Austempered Ductile (Nodular) Iron Castings (ADI). SAE J 2477-2004, Society of Automotive Engineering SAE 2004. [3] Sturm, J. C., u. a.: LEA – Leichtbau mit gegossenen ADI-Bauteilen. Abschlussbericht zum BMBF-Projekt Nr. 03X3013, Bibliothek der Universität von Hannover TIB 2011. [4] Zinke, R., u. a.: Betriebsfestigkeit von Gussbauteilen aus EN-GJS-400-15 und ENGJS-800-8 (ADI). LBF-Forschungsbericht Nr. 229, Fraunhofer Institut für Betriebsfestig- Buch 1.indb 55 Anzeige_210x145_Schlager.indd 1 bild 14: Nabenflanschsegment mit zwei schwing- sowie restbruchflächen. keit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt 2006. 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