Episode 1
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Episode 1
Ocean of Revelations TV/Video Series Transcripts of Episodes 1-6 German Translation 3524 Yadkinville Drive, No. 357 Winston-Salem, NC 27106 USA Tel.: +1.336.922.1278 Fax: +1.704.749.8557 E-mail: [email protected] www.libforall.org Inhaltsverzeichnis Episode 1: ISLAM & GLAUBE................................................................................................................... 1 Episode 2: ISLAM & ECHTE HINGABE ................................................................................................. 10 Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN ......................................................................................... 19 Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS.............................................................................................. 29 Episode 5: PROSELYTISIERUNG............................................................................................................ 39 Episode 6: JIHAD ....................................................................................................................................... 50 Episode 1: ISLAM & GLAUBE EINLEITUNG Kyai Haji A. Mustofa Bisri Renommierter Leiter der Nahdlatul Ulama Rembang, Zentral-Java, Indonesien Mögen der Friede, die Liebe und der Segen Gottes mit Ihnen sein. Verehrte Zuschauer, mein Name ist Mustofa Bisri. Danke, dass Sie sich Zeit für mich und diese Sendung, Ozean der Offenbarungen, nehmen. Wir laden Sie ein, sich auf eine Reise zu begeben, bei der Sie sich die Beiträge zahlreicher Intellektueller, religiöser Gelehrter und muslimischer Führer zu einer Reihe von Themen hinsichtlich des Islam anhören können. Wie Sie alle wissen, sandte Gott den Islam und Mohammed, den Boten Gottes, Friede und Segen seien mit ihm, als eine Quelle der Barmherzigkeit und des Mitgefühls für die gesamte Schöpfung; damit dem gesamten Universum Liebe und Segen zuteil würden. Doch in den letzten Jahren verhielten sich viele Anhänger von Mohammed im Widerspruch zu dem großartigen Inhalt dieser Botschaft und verzerrten diesen. Folglich ist es unerlässlich, dass wir unser Herz und unseren Verstand öffnen und uns das Verhalten unseres großen Führers, den Botschafter Gottes, und seine Lehren erneut vor Augen führen. Wir müssen uns zudem unserer Schwächen bewusst sein und erkennen, dass unser eigenes Verhalten seinem großmütigen Beispiel nur allzu oft nicht gerecht wird. Wie wir wissen, war unser Führer, der Prophet Mohammed, Friede und Segen seien mit ihm, eine Person, die dank Gottes Barmherzigkeit und Mitgefühl ein sanftmütiges Herz hatte und behutsam war. Gott sagt im Koran: „Dank Allahs Liebe und Mitgefühl bist du sanftmütig und kultiviert. Wärest Du grob und unnachsichtig, würden andere vor dir davon laufen.“ Aus diesem Grund ist alles in den Lehren des Boten Gottes von einem Hauch Liebe geprägt. Der Bote Gottes sagte: „Liebe die Bewohner dieser Erde, und du wirst von ihm oben geliebt.“ Und des Weiteren: „Wer weder Gnade noch Liebe oder Mitgefühl kennt, wird keine Gnade, Liebe oder Mitgefühl von Gott erhalten.“ All dies stimmt mit Gottes eigener Aussage überein, dass er den Propheten Mohammed nur zu dem Zweck gesandt hat, der Schöpfung Liebe und Segen zu schenken. In dieser Folge werden wir die Themen Glauben und Islam sowie diverse Begriffe diskutieren, die Muslime oft verwenden. Sie werden die Ansichten vieler hervorragender Intellektueller, religiöser Gelehrter und muslimischer Führer zu diesen und anderen Thematiken hören. Wir werden uns Wissen aneignen. Denn wie der Prophet sagte, so lange ein Mensch lernt, wird er klug und sachkundig sein. Hören die Menschen aber auf zu lernen in der arroganten Überzeugung, dass sie schon alles wissen, setzt Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 1 die Ignoranz ein. Wir befinden uns inmitten eines Lernprozesses. Ich mache mir keine Sorgen darüber, was in muslimischen Kreisen oder bei Menschen anderen Glaubens geschieht, so lange sie den Wunsch haben, mehr über ihre eigene Religion zu lernen. Wir fürchten uns vor Menschen, die aufhören zu lernen, weil sie davon überzeugt sind, die absolute Wahrheit bereits zu kennen, und sodann andere anprangern und verurteilen, im Unrecht zu sein. Dies führt zu Problemen in unserer Welt. Ein weiteres Problem entsteht, wenn wir eine bestimmte Person oder Gruppe hassen und unseren Hass mit der Religion begründen. Nun, folgen wir einfach den Experten und hören uns an, was sie über unsere Religion zu sagen haben. Viel Freude bei der Sendung! ABSCHNITT 1 GLAUBE Moschee des Kasepuhan-Palastes Cirebon, West-Java, Indonesien Der Glaube kann weder vom Islam noch von der Selbsttranszendenz getrennt werden. Wenn ich mich Gott wahrhaftig ergebe, fühle ich inneren Frieden und Ruhe - ich fühle mich wohl, wie auch immer die äußeren Umstände meines Lebens aussehen. ~ Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor der islamischen staatlichen Universität Syarif Hidayatullah, Indonesien Der Glaube ist ein innerer Vorgang, die tiefste und innigste Anstrengung der Menschen; und er verbindet uns mit dem Verborgenen und Mysteriösen, dem Ungesehenen; mit dem, was außerhalb des menschlichen Intellekts liegt... und das ist Gott. ~ Prof. Dr. A. Syafii Maarif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Der Begriff „Glaube“ stammt von dem arabischen Ausdruck ta’amana yu’minu, was Vertrauen oder sich Gott vollkommen anvertrauen meint. In diesem Zusammenhang ist ein Mensch, der wirklich gläubig ist, jemand, der sich Gott vollkommen hingibt - seine Gedanken, sein Herz, sein gesamtes Leben. Das ist ein wahrer Gläubiger. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Glaube ist Überzeugung, Glaube ist Sicherheit; aber er zeigt sich auch im täglichen Verhalten, welches durch ein gewisses „Aroma“ gekennzeichnet ist und die allgemeine Wahrnehmung hervorruft, dass das Verhalten eines gläubigen Menschen gut ist und er anderen bzw. der Gesellschaft insgesamt keinen Schmerz verursacht oder sie beeinträchtigt. Dies ist meine Einschätzung. ~ Dr. Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 2 Der Glaube ist die größte Freude, die Gott uns bereitet. Warum? Weil er die Basis für alle guten Worte und Taten ist und in der Tat das Fundament unseres gesamten Lebens in dieser Welt darstellt. ~ Kyai Haji M. Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats Asrama Perguruan Tinggi in Tegalrejo, Indonesien Der Glaube eines Menschen wird stets geprüft: erstens, inwieweit ein Mensch immerzu nur Gott verehrt und nicht die weltlichen Dinge; und zweitens, inwieweit er stets Gutes für seine Mitmenschen tut. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Der Prophet Mohammed (Friede sei mit ihm) sagte: „Wer Gott und Gottes Wille für den letzten Tag treu ist, ehrt seinen Nachbarn. Wer Gott und Gottes Wille für den letzten Tag treu ist, ehrt seinen Gast.“ Gemäß der Definition des Propheten ist ein Ungläubiger jemand, den das Leiden anderer nicht kümmert. Oder wie der Prophet Mohammed (Friede sei mit ihm) auch sagte: „Der Begriff ‚Menschen des Glaubens‛ bezieht sich nicht auf jemanden, der nachts satt und zufrieden schläft, während sein Nachbar hungrig wach liegt.“ ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Das Leben wird beeinträchtigt, zerrüttet oder zerstört, wo immer Menschen durch ihren irregeführten Glauben das Band, das sie mit Gott verbindet, und die Bande der Menschlichkeit zerschneiden. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Wenn wir den Glauben von der Perspektive aus betrachten, dass wir ihn vollends verstehen und umsetzen, ist er ganz klar mal stärker und mal schwächer. Mit anderen Worten, der Glaube ist eine Entwicklung, ein Prozess. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Manchmal denken wir, dass Polytheisten nur diejenigen sind, die Statuen, große Bäume und derartige Dinge anbeten. Aber die Schätzung von Stellung, Beruf und Wohlstand wird oftmals übersehen, obwohl sie die Vergötterung eben dieser Dinge darstellt. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die Menschen sollten ihr Leben vollständig nach Gott ausrichten; Gott bestimmt alles; und ob wir wahrhaftig Gutes tun oder nicht, weiß nur Gott allein. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 3 ABSCHNITT 2 SELBSTTRANSZENDENZ Die Selbsttranszendenz führt uns dazu, ohne Eigennutz zu handeln; zum Beispiel der Wunsch, jemandem zu helfen oder aufrichtig und mit guter Absicht zu handeln - das ist Selbstlosigkeit. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Die Selbstlosigkeit repräsentiert ein Umsetzungselement des Glaubens selbst. Ein Mensch mit gutem religiösen Glauben ist definitiv selbstlos. Allerdings ist es leichter, über Selbsttranszendenz zu reden als sie zu erreichen. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Wir können den Weg des Lebens mit einem reinen und selbstlosen Herzen gehen, indem wir sicherstellen, dass ein jeder unserer Schritte und all unsere Gedanken und Taten für Gott, der höchsten Wahrheit, erfolgen. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertrender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Selbstlosigkeit ist die hauptsächliche antreibende Kraft dafür, Gutes zu tun. Und das Wesen dieser guten Taten ist nicht transaktional, da sie lediglich dem Ruf menschlicher Pflicht folgen. So erhält das Leben seinen Sinn und Zweck - durch ein solides Fundament des Glaubens und der Selbsttranszendenz. ~ Dr. Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Die bedeutendsten Taten, die aus Hingabe erfolgen, sind die, die von der großen Dankbarkeit für Gottes Gnade sowie der starken Liebe zu Gott, seinen Dienern (Menschheit) und all seinen Geschöpfen motiviert wurden. ~ Kyai Haji Muhammad Zuhri Zaini, Leiter des islamischen Internats Nurul Jadid in Probolinggo, Indonesien Meiner Meinung nach ist es die einfachste Form der „Selbstlosigkeit“, wenn wir etwas tun, weil es [gemäß der Offenbarung in den Schriften] Gottes ausdrückliches Gebot ist; in zeitgemäßen philosophischen Begriffen ausgedrückt, aufgrund unserer Werte und nicht zu materialistischen oder privaten Zwecken oder zur Befriedigung unseres Egos. Menschen handeln selbstlos aufgrund der transzendentalen Werte, an die sie festhalten; einfach ausgedrückt, wegen Gott. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 4 Ich bin mir sicher, dass wenn Selbstlosigkeit tief in unserer Psychologie und unserem Verhalten und eben in unseren Seelen verwurzelt wäre und den Geist eines jeden Indonesen, einschließlich unserer Elite, beleben würde..., ich glaube, dies würde zu einer „Spiritualisierung des Lebens“ voller wahrer Hingabe zu Gott führen; bis zu dem Punkt, an dem die Selbsttranszendenz nicht nur zu frommen einzelnen Personen, sondern auch zu einer Gesellschaft, die von Hingabe gekennzeichnet ist, führen würde, was wiederum Harmonie in unser Leben hier auf Erden bringen würde. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Unser Leben und unsere Überzeugungen sollten sich nach den Lehren eines Sufi-Meisters zur Selbsttranszendenz ausrichten: „Begrabe dich selbst (d. h. dein Ego) in der leeren Erde.“ Das heißt, dass man die Eigennützigkeit vollkommen aufgibt und sich gänzlich Gott und Gottes Wille, der aus dem Transzendenten auftaucht, hingibt. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Aufrichtigkeit ist das Wesen religiöser Praxis und sollte meiner Meinung nach den Glauben stets begleiten. Denn ohne Aufrichtigkeit entspricht unser Glaube dem eines Scheinheiligen. Wir können fünfmal am Tag beten und unseren Glauben lautstark bekannt geben, aber wenn wir Nicht-Muslime hassen und sie nicht als Freunde respektieren oder schätzen, dann ist unser Glaube wertlos. Aufrichtigkeit bei der Arbeit; echte Freundschaften mit jedermann - dies sind wesentliche Werte, die nicht gefährdet oder ersetzt werden können. Es mangelt an Aufrichtigkeit, wenn wir behaupten, dass wir Muslime sind, die für den Islam „kämpfen“, während unsere Herzen voller Stolz, Ego und Eigennützigkeit sind; dann ist unsere religiöse Praxis lediglich oberflächlich, und wir manipulieren den Islam für eigennützige Zwecke. In diesem Fall unterscheidet sich unsere Frömmelei nicht von der Frömmelei der Menschen ohne jegliche Religion. In der Tat ist es meiner Ansicht nach geringwertiger und niedriger als die primitiven Instinkte von Tieren. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Selbstlosigkeit liegt nicht auf der Zunge, sondern in der Tiefe des Herzens. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Gemäß dem Koran existiert Satan; aber er hat keine Macht über selbsttranszendente Diener (Gottes). Es sind die eigennützigen und egozentrischen Menschen, die in der Tat Satans Freunde und Verbündete sind. ~ Prof. Dr. A. Syafii Maarif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) GEDICHT Alif (der erste Buchstabe des arabischen Alphabets; er hat die Form eines Schwertes oder Dorns) Von Zawawi Imron Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 5 Sumenep, Madura, Indonesien Erinnerung an Gott (Keine Übersetzung der ersten Worte des Gedichtes) Gott Dein Wille ist wie ein Schwert in meiner Hand, Das meine Brust durchsticht und den Kompass meines Herzens ändert Deine Form gleicht der einer aufrechten Säule, die sich, wenn sie sich krümmt, in einen Aal verwandelt und sich in der Fantasie verliert... mit lediglich einem Nadeleinstich, der bleibt, um das Licht zu enthüllen So dass ich von den mäßigen Winden deiner Fügung hin- und hergeweht werde Gott... Gott... Gott... Gott... Gott! Mein Leben... mein Tod... mein Schicksal... liegen in deinen Händen Mein Leben... mein Tod... mein Schicksal... liegen allesamt in deinen Händen in deinen Händen... in deinen Händen... in deinen Händen in deinen Händen... in deinen Händen... in deinen Händen... Ich grabe die Tiefen meines Herzens aus mit dem Dorn deines Alif Bis eine Quelle hervorspringt, die zu einem Brunnen wird und dann zu einem Fluss, einem Meer, einem Ozean mit seinen Millionen Wellen, die laut stöhnen, wenn ich deinen Namen rufe Gott... Gott... Gott... Gott! Herr Deine Beschaffenheit ist einzig und steht aufrecht im Universum Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 6 ABSCHNITT 3 DER VOLLKOMMENE MUSLIM Universität Al-Azhar Kairo, Ägypten Die Botschaft des Propheten Mohammed, Friede und Segen seien mit ihm, steht im Allgemeinen im Einklang mit den Überlieferungen früherer Propheten. Alle Boten, die Gott der Menschheit sandte einschließlich Moses, Jesus, Abraham und Mohammed - überbrachten eine einzige Botschaft, deren wesentlichen Grundsätze identisch waren: erstens, verehre selbstlos den Herrn, deinen Gott; zweitens, eine Pflicht, sich mit guten moralischen Werten zu zieren. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten Die wahre Bedeutung des Begriffs Islam ist die gänzliche und vollkommene Ergebenheit gegenüber Gott, der uns erschaffen hat. Im Koran heißt es: „Die wahre Religion ist die gänzliche Ergebenheit gegenüber Gott.“ Die Etymologie dieses Satzes zeigt, dass ein jeder, der sich Gott vollkommen hingibt, ein Muslim ist. Da der Islam jedoch zum Namen einer bestimmten Religion wurde - überbracht von dem Propheten Mohammed in seiner heiligen Schrift, dem Koran - hat der Islam als eine offizielle Religion Regeln, die von all seinen Anhängern befolgt werden sollten; die einfachsten Beispiele sind die fünf Säulen des Islam. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Ein vollkommener Muslim ist jemand, der sich zur Bekundung des in seiner Seele vorherrschenden Glaubens Gott vollständig hingibt und unterwirft. Eine verbale Verpflichtung (das Glaubensbekenntnis) führt zu einer von Herzen kommenden Realität, die sodann zu einem Leben im Einklang mit den höchsten Werten gedeiht. ~ Kyai Haji Abdul Muqiet Arief, Leiter des islamischen Internats Bahrul Ulum in Jember, Indonesien Hauptsitz der Muhammadiyah Yogyakarta, Indonesien Der vollkommene Muslim ist nicht jemand, der sich selbst als den islamischsten Menschen betrachtet oder der fühlt oder vorgibt, heilig zu sein oder von sich selbst denkt, dass er fehlerlos ist. Es ist vielmehr jemand, der seine individuelle Natur als schwach und begrenzt ansieht; jemand, der sich gezwungen fühlt, durch Dienste an die Menschheit anderen Liebe und Mitgefühl entgegen zu bringen, und so durch sein Verhalten zum Wohl anderer beiträgt. Einen solchen Menschen bezeichnen wir als vollkommenen Muslim bzw. vollkommenen Menschen. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Ein Muslim ist jemand, der in der Lage ist, seine Zunge und Hände zu hüten, um andere nicht zu verletzen. Ein Muslim zu sein ist weitaus mehr als symbolisch unser Glaubensbekenntnis aufzusagen: „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist.“ Muslim zu sein besteht vielmehr darin, dieses Glaubensbekenntnis in unserem Alltag anzuwenden und Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 7 dem Beispiel des Gesandten Gottes zu folgen. Bei jedem Schritt und jeder Handlung denken wir stets daran, dass Gott über uns wacht. Die Parameter unseres Lebens sind die Taten des Gesandten Gottes, Friede und Segen seien mit ihm. ~ Kyai Haji M. Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats Asrama Perguruan Tinggi in Tegalrejo, Indonesien Die muslimische Vollkommenheit zeigt sich durch den Gehorsam (gegenüber Gott) und einem Verhalten, das die Größe des Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) zum Vorbild hat, d. h. indem man Gutes tut, um Gott zu lobpreisen. Um es allgemeinsprachlich auszudrücken: der einzige Grund, warum wir leben, ist Gott; wir können uns nur mit der Hilfe Gottes bewegen; und es gibt keine Kraft oder Macht in dieser Welt, abgesehen von Gott. Aus diesem Grund ist der vollkommene Muslim jemand, der sich selbst nur Gott und nicht weltlichen Formen hingibt. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Ein vollkommener Muslim ist jemand, der die Gebote seiner Religion im größtmöglichen Umfang versteht und einhält. ~ Prof. Dr. A. Syafii Maarif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Muslim zu werden heißt, anderen mit Respekt zu begegnen. Ein Muslim beraubt, bestiehlt, tötet oder belästigt andere Menschen nicht. Das ist die Definition eines wahren Muslims. Und daher glaube ich, dass ein vollkommener Muslim jemand ist, der die Mission des Propheten erfüllt, d. h. dass er Barmherzigkeit und Mitgefühl verbreitet und Gottes Liebe mit der gesamten Schöpfung teilt. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Grab von Mohammeds Enkel, Sayyidina Hussein Kairo, Ägypten Die hauptsächliche und wesentliche Tätigkeit des Propheten war es, seinem Volk von einer gesellschaftlichen Gegebenheit zur nächsten zu verhelfen; von einem primitiven zu einem besseren, fortschrittlicheren Zustand als vor der göttlichen Botschaft. Das ist die Bedeutung von „rahmat“ oder Barmherzigkeit, wie es im koranischen Vers 21:107 angekündigt wird. ~ Dr. Ali Mabrook, Experte für koranische Studien, Universität Kairo, Ägypten Koranrezitation: Im Namen Gottes, dem Barmherzigen, dem Mitfühlenden: „Eine Botschaft für die, die Gott verehren: Wir (Gott) entsandten dich (Mohammed) nur, um der gesamten Schöpfung Barmherzigkeit zu erweisen.“ (Koran, al-Anbiya, 21:107) Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 8 Dieser Vers zeigt, dass der Prophet Mohammed die Vollkommenheit göttlicher Realität verkörperte. Durch ihn wird zudem die These vertreten, dass das Prophetentum das Wesen der Barmherzigkeit Gottes gegenüber der Menscheit darstellt - gesandt aus unendlicher Liebe und Mitgefühl - wodurch deutlich wird, dass Gott tatsächlich der Allbarmherzige und Mitfühlende ist. Dies ist die Beziehung zwischen der Liebe Gottes und der des Propheten. ~ Maryam Ishaq al-Khalifa Sharief, Shadili Tariqa Figur aus Khartoum, Sudan Viele behaupten, dass sie vollkommen sind, und sie präsentieren sich selbst als die „besten“ Muslime, obwohl viele andere Menschen weitaus vollkommener oder besser sind als sie. In Wirklichkeit gibt es nur einen vollkommenen Muslim, und das ist der Prophet Mohammed. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama ABSCHLUSS Verehrte Zuschauer, Sie haben soeben die Beiträge vieler Experten und Gelehrter gehört. In Wirklichkeit sind die Islamwissenschaft und der Islam selbst sehr umfassend, wie der Ozean der hinter mir liegt. Wir müssen unsere Religion weitaus intensiver studieren, um zu verstehen, inwieweit der Islam wahrhaftig zum Segen für die gesamte Schöpfung werden kann. Natürlich bedarf es zur Praktizierung des Islam der Aufrichtigkeit, Selbsttranszendenz und vollständigen Unterwerfung gegenüber dem Willen des Höchsten statt gegenüber unserer eigenen individuellen Begehren. Gott der Größte wünscht, dass wir friedlich miteinander leben und das Leben in dieser Welt schützen und verbessern. Es wurde uns als demütige Diener Gottes geboten, seine Vertreter hier auf Erden zu werden. Daher ist es nur richtig und angemessen, dass wir ein liebevolles, positives und konstruktives Verhalten an den Tag legen, damit diese Welt, die Gott geschaffen und uns anvertraut hat, ein wahrhaftig wunderbarer Ort wird. Nicht verflucht von (der) erstickenden Hitze (egoistischer Leidenschaften). Ich hoffe und vertraue darauf, dass diese Videoserie es uns allen ermöglicht, unseren Gedankenhorizont zu erweitern und unsere Spiritualität zu bereichern. Bis zum nächsten Mal bei einer weiteren Folge zu einem anderen Thema. Mögen der Friede, die Liebe und der Segen Gottes mit Ihnen sein. Episode 1: ISLAM UND GLAUBE 9 Episode 2: ISLAM & ECHTE HINGABE EINLEITUNG Verehrte Zuschauer, hier sind wir wieder bei Ozean der Offenbarungen. Dieses Mal lade ich Sie ein, sich die Beiträge zahlreicher Gelehrter zur spirituellen Vollkommenheit anzuhören. Ist „liebevolle Dankbarkeit“ zum Beispiel etwas, das wir Gott allein schuldig sind oder (ein Teil einer weitaus größeren menschlichen Verpflichtung)? Sie werden später die Meinungen zu diesem und anderen Themen hören. Ich hoffe, dass dies zu unser aller Verständnis von Religion beitragen wird und Ihnen die Sendung gefällt. ABSCHNITT 1 DANKBARKEIT Moschee der Neun Heiligen Demak, Zentral-Java, Indonesien Gott sagt im Koran: „Wer Gott dankbar ist, ist in Wirklichkeit sich selbst dankbar.“ Denn wer Gott stets dankbar ist, vergisst niemals sich selbst (d. h. seine eigene wahre Natur als ein Funken des Göttlichen). Vergisst ein Mensch, Gott dankbar zu sein, so vergisst er sich selbst. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Dankbarkeit nimmt die Form konkreter Handlungen an sowie einen Lebensstil, in dem Gottes Segen im Dienste für die Menschlichkeit zum Wohlergehen vieler Menschen einen Platz findet; denn das ist das Gebot Gottes. ~ Prof. Dr. A. Syafii Maarif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Koranrezitation: „Und erinnert euch daran, als euer Herr verkündete: ‚Wenn ihr dankbar seid, werde ich euch noch größeren (spirituellen bzw. materiellen) Segen zukommen lassen; wenn ihr aber ungläubig seid (d. h. von Gott durch eure Egos entfremdet), ist meine Strafe streng.‛“ (Koran 14:7) Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 10 Wer dankbar ist und stets an Gott denkt, führt ein glückliches Leben. Wem Dankbarkeit aber fremd ist, der leidet an vielen Krankheiten. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Menschen, die dankbar sind, erkennen den Segen Gottes und nutzen diesen weise - sei es in Form von Wohlstand oder eines anderen göttlichen Geschenks - für ihr eigenes Wohlergehen, dem Wohlergehen ihrer Familie und dem vieler Menschen. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Gott gegenüber dankbar zu sein heißt, all unsere Fähigkeiten und alles, was Gott uns vermacht hat, in einer Weise zu nutzen, die im Einklang mit dem Wesen dieser Gaben liegt. Zum Beispiel wurden uns Hände geschenkt. Wie werden sie gebührend genutzt? Indem man Leben zerstört oder verbessert? Denn wie der Prophet sagte, müssen wir unsere Hände, Füße und Augen nutzen, um eine hohe Moral zu entwickeln. Anderen Gutes zu tun und unserem Umfeld gegenüber gütig zu handeln; darin liegt der wesentliche Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber Gott. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Das Gleiche gilt, wenn wir Gott dafür danken, dass er uns eine einflussreiche oder mächtige Position in dieser Welt gegeben hat. Wenn wir von der Öffentlichkeit beauftragt werden, handeln wir so bescheiden und dankbar, dass es den Menschen insgesamt zugute kommt, statt ihr Vertrauen zu missbrauchen. ~ Kyai Haji A. Washil Syarbini, Leiter des islamischen Internats Sumberweringin in Jember, Indonesien Grab von Mohammeds Enkel, Sayyidina Hussein Kairo, Ägypten Gedicht O mein Mohammed, wie ich mich nach dir sehne von Ahmad Mustofa Bisri vorgetragen von Ratih Sang O mein Mohammed, wie ich mich nach dir sehne! Entlang der Straße (des Lebens) sehe ich niedergeschlagene Gesichter, die sich meinem machtlosen Blick zeigen, während die, die Stärke besitzen, die Schwäche anderer ausnutzen. air mataku pun mengalir mengikuti panjang jalan Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 11 Tränen strömen aus meinen Augen, während ich über den langen Weg (menschlichen Leidens) nachsinne und die charismatische Kraft deiner sanften Berührung suche. Ich höre unaufhörliches Klagen aus dünnen, schwachen Brüsten, die Stimme fortwährenden Leidens und stetiger Pein, während Arroganz, Selbstgerechtigkeit und Grausamkeit wuchern. Meine Ohren strengen sich an in der Hoffnung, nur einmal deine friedliche, wohlklingende und beruhigende Stimme zu hören. Ich sehne mich nach dir O mein Mohammed, wie ich mich nach dir sehne! Tausende gierig ausgetreckter Hände suchen überall nach neuen Opfern, die sie verschlingen können. Ich blicke auf die Erde, und die Hoffnung zwingt mich, meinen letzten Atemzug zu nehmen und ich rufe dich, ich rufe dich O mein Mohammed O mein Mohammed Überall sehe ich Brüder, die sich gegenseitig verletzen und ein jeder behauptet, im Recht zu sein, während sie weiterhin Unrecht begehen Selbstsüchtig manipulieren sie den Koran und deine Botschaften, um ihre eigenen Interessen zu befriedigen Ich lasse sie zurück und versuche, dich in der Ruhe meiner Sehnsucht zu finden O mein Mohammed, wie ich mich nach dir sehne! Wie ich mich nach dir sehne... So viele Abu Jahals und Abu Lahabs (grausame, selbstgerechte und böse Männer) verkörpern sich in deinen selbsternannten Anhängern O mein Mohammed... Friede und Segen seien mit dir! Wie können wir die gewaltigen Wellen von Ignoranz und Arroganz (die Muslime heimsuchen) bekämpfen? Wie können wir die ignoranten und arroganten Menschen unseres eigenen Volkes angreifen? Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 12 O mein Mohammed Ich sehne mich nach dir... Ich sehne mich so sehr nach dir O mein Mohammed Ich sehne mich nach dir Ich sehne mich so sehr nach dir O mein Mohammed, wie ich mich nach dir sehne! ABSCHNITT 2 Eine notwendige Form der Dankbarkeit ist die mündliche Form. Wann immer wir etwas erhalten, drückt unsere Zunge Dankbarkeit aus, indem wir ausrufen „Dank sei Gott!“ Das ist mündliche Dankbarkeit. ~ Kyai Haji M. Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats Asrama Perguruan Tinggi in Tegalrejo, Indonesien Der Prophet Mohammed sagte einmal, dass Gott am Jüngsten Tag die Menschen, die vor ihn treten, fragen wird, ob sie anderen dankbar waren. Viele werden antworten: „Aber wir waren dir dankbar, mein Herr!“ Und Gott wird sagen: „Ihr wart mir nicht dankbar, wenn ihr nicht auch denen dankbar wart, durch die ich euch meine Gnade gesandt habe.“ Diese prophetische Überlieferung wird normalerweise so zusammengefasst, dass es jemandem, der anderen fühlenden Wesen gegenüber undankbar ist, insgesamt an Dankbarkeit mangelt. Dankbarkeit gegenüber Gott ist von der Dankbarkeit gegenüber seinen Geschöpfen untrennbar; und die, die anderen undankbar sind, gelten als undankbar gegenüber Gott. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Dankbarkeit ist ein wesentliches Element aller Religionen und begrenzt sich nicht nur auf den Islam. In Amerika feiert man sogar jedes Jahr ein besonderes Fest der Danksagung (Thanksgiving Day), um Gott gegenüber Dankbarkeit auszudrücken. ~ Dr. M. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Was bedeutet es, aus tiefstem Herzen dankbar zu sein? Es bedeutet, dass absolut kein Konflikt besteht zwischen dem, was wir sagen und dem, was wir fühlen. Wenn unsere Zunge „A“ sagt, fühlt unser Herz auch „A“. Und wenn unsere Zunge „weiß“ sagt, fühlt unser Herz genau das Gleiche. ~ Kyai Haji M. Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats Asrama Perguruan Tinggi in Tegalrejo, Indonesien Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 13 Ein Verhalten, das auf Dankbarkeit beruht, bringt Ruhe und Harmonie in unser Leben und verhindert viele Übel. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Gott sagt im Koran: „Allah wird dich nicht peinigen, wenn du treu und dankbar bist [d. h. wenn du dich in einem Zustand dankbarer Hingabe an Gott befindest].“ ~ Kyai Haji A. Washil Syarbini, Leiter des islamischen Internats Sumberweringin in Jember, Indonesien Ein Mann namens Bilal fragte den Propheten einmal: „Wenn Gott dir all deine Sünden vergeben und dir den Zugang zum Paradies zugesichert hat, warum betest du dann weiterhin Tag und Nacht?“ Der Prophet antwortete: „Ist es nicht angemessen, dass ich Gott gegenüber meine Dankbarkeit ausdrücke?“ Das zeigt, dass der Prophet die Anbetung als eine Form der Dankbarkeit gegenüber dem Göttlichen ansah. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama ABSCHNITT 3 DER VOLLKOMMENE MENSCH Sasak-Dorf Insel Lombok, Indonesien Zur Praktizierung eines guten religiösen Glaubens müssen zwei wichtige Bedingungen erfüllt werden: erstens muss man von der transzendentalen Gewissheit überzeugt sein und sich an die Lehren des Glaubens halten, den man angenommen hat; und zweitens, die Bedeutung eines liebevollen und menschlichen Verhaltens vollends verstehen. Durch die Erfüllung dieser beiden Bedingungen wird man einen starken religiösen Glauben praktizieren können und trotzdem nur sehr zögerlich andere kritisieren oder verurteilen. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Ein vollkommener Mensch ist jemand, der die besondere Gabe hat, seinen Pflichten im Leben entsprechend seiner hohen Berufung als menschliches Wesen nachzukommen. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 14 Meiner Ansicht nach ist der vollkommene Mensch jemand, der in der Lage ist, Gott vollends zu verehren und sich ihm vollständig zu unterwerfen und die Funktionen als Gottes stellvertretender Herrscher (Kalif) hier auf Erden zu erfüllen. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Ein Mensch kann als vollkommen bezeichnet werden, wenn er über gute vertikale und horizontale Beziehungen verfügt. Vertikal meint, eine gute Beziehung zu Gott zu unterhalten, d. h. dass man an den Herrn glaubt, sich ihm vollständig unterwirft und ihn verehrt. Horizontal meint eine Person, die anderen hilft und allen fühlenden Wesen, insbesondere ihren Mitmenschen, Liebe und Frieden bringt. ~ Kyai Haji Muhammad Zuhri Zaini, Leiter des islamischen Internats Nurul Jadid in Probolinggo, Indonesien Ein vollkommener Mensch ist jemand, der stets bestrebt ist, sich selbst so gut es geht weiterzuentwickeln, um die ihm gegebenen Fähigkeiten, einschließlich seiner emotionalen, spirituellen und intellektuellen Fähigkeiten, zu perfektionieren. Ein solcher Mensch ist stets bemüht, dem Göttlichen näher zu kommen. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Koranrezitation: „Ihr könnt keine Rechtschaffenheit erlangen, wenn ihr nicht etwas von euren geliebten Besitztümern spendet. Was immer ihr spendet, Gott ist sich dessen vollstens bewusst.“ (Koran 3:92) Um als „vollkommener“ Mensch bezeichnet zu werden, muss man einen starken Glauben haben und der Selbsttranszendenz fähig sein. Doch der konkrete Beweis liegt in der Verrichtung guter Taten. Aus diesem Grund stellen ganze 50 Verse im Koran eine Verbindung zwischen dem Glauben und tugendhaften Taten her. Bei einem Glauben ohne gute Taten fehlt die konkrete Realisierung in der materiellen Welt, und er mag aus einer bloßen Behauptung oder einem „Gefühl“ bestehen. Deswegen sollte der Glaube die Form guter Taten gegenüber unseren Mitgeschöpfen annehmen. Diese tugendhaften Taten sind nicht das Produkt egoistischer Kalkulation - „Ich tue etwas Gutes, damit andere mir etwas Gutes tun“ -, sondern vielmehr tue ich nur deshalb etwas Gutes, weil es Gottes Gebot für die Menschheit ist (sowie die Frucht unserer Hingabe gegenüber Gott). ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Al-Azhar-Moschee Kairo, Ägypten Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 15 Gemäß diesem Vers sollte ein Muslim, der sich Gott wahrhaftig unterwirft, ohne Zweifel erkennen, dass die Barmherzigkeit Gottes, die auf dem Wege des Islam gesandt wird, meint, Bedürftigen zu helfen, die Jungen, Schwachen und Gepeinigten zu lieben und es als eine Priorität anzusehen, all denen zu helfen, die dringend Unterstützung benötigen. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten Die menschliche Vollkommenheit ist im Wesentlichen ein Prozess; ein Prozess, der ununterbrochen auf dem Wege der Menschheit voranschreitet. Sie ist die fortwährende Berichtigung unseres Verhaltens, so dass wir nicht gegen die Prinzipien menschenwürdigen Verhaltens verstoßen. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter In Wahrheit ist kein Mensch vollkommen im Sinne der Vollkommenheit Gottes. Aus diesem Grund sollte ein „vollkommener“ Mensch über einen ausgezeichneten moralischen Charakter und höchste moralische Werte verfügen. Er ist nicht vollkommen in dem Sinne, dass er keine Schwächen hat, sondern vielmehr in dem Sinne, dass er bescheiden ist und stets bestrebt ist sich zu verbessern. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Die Menschen wurden von Gott mit nur einem einzigen Auftrag geschaffen: der Pflicht, Gott bestens zu dienen und alle Lebensformen auf der Erde zu hegen und zu pflegen. Mit anderen Worten, die Pflichten der Verehrung und der stellvertretenden Herrschaft auszuüben. Die Pflicht, als Gottes stellvertretender Herrscher (Kalif) zu handeln, erfordert, dass wir das menschliche Leben erheben und stärken, um so größtmöglichen spirituellen und materiellen Wohlstand zu erzielen. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die menschliche Vollkommenheit ist nicht etwas, was in Predigten dargestellt wird, sondern sich vielmehr in unseren Handlungen im Alltag zeigt, welche andere inspirieren, dem Beispiel (des Heiligen) zu folgen, weil sie die erleuchtende Wirkung in ihrem täglichen Leben sehen können. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Der islamische Begriff menschlicher Vollkommenheit oder insan kamil bezieht sich auf die Ansammlung tugendhafter Qualitäten, ist in der Tat allerdings ein fortwährender Prozess, um einen besseren Zustand zu erzielen. Folglich ist die „menschliche Vollkommenheit“ ein anhaltender Prozess, in dem man bestrebt ist, Vollkommenheit zu erreichen. Ich persönlich hinterfrage jeden, der behauptet, den Zustand der Vollkommenheit erreicht zu haben, denn alles ist ein fortlaufender Prozess. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien „Niemand, außer anderen Heiligen, weiß, wer wirklich ein Heiliger ist.“ Um also darüber (die menschliche Vollkommenheit) Bescheid zu wissen, müssen wir Heilige werden. Es ist eine stark Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 16 vetretene Ansicht im Islam, dass man andere Menschen nicht ohne weiteres als Heilige bezeichnen oder betrachten sollte. Doch ebenso sollen wir diejenigen, denen offensichtliche „göttliche Gaben“ fehlen, nicht als Unheilige ablehnen. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Ein berühmter muslimischer Philosoph sagte einmal, dass wir in Wirklichkeit keine physischen Wesen sind, die eine spirituelle Erfahrung machen, sondern dass wir spirituelle Wesen sind, die eine physische Erfahrung hier auf Erden machen. Der Prophet war zum Beispiel ein spirituelles Wesen, das sein physisches Leben der Erreichung großer spiritueller Ziele widmete. Aus diesem Grund wurde seine Hingabe zu Gott nicht lediglich durch allabendliche (zusätzliche) Gebete bewiesen, sondern vielmehr durch seine Verpflichtung gegenüber dem Wohl der Menschheit. Meiner Ansicht nach ist der vollkommene Mensch jemand, der, wie der Prophet, in sich selbst zwei wesentliche Lehren verbindet, und zwar nicht nur die des Islam, sondern die einer jeden Religion: nämlich Gott zu verehren und der Menschheit zu dienen. Er liebt Gott und seine Mitmenschen. Diese Qualitäten zeigten sich in der Persönlichkeit und dem Leben des Propheten, der in seiner Anbetung die göttliche Gegenwart direkt erfuhr, bis zu dem Punkt, an dem er während des Gebets Tränen der Hingabe weinte. Aber zusätzlich widmete er sein ganzes Leben dem Kampf gegen menschliche Grausamkeit und Ungerechtigkeit. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter ABSCHLUSS Sie haben soeben die Meinungen zahlreicher Gelehrter zur spirituellen Vollkommenheit gehört. Einige untersuchten dieses Thema vor dem Hintergrund der Dankbarkeit eines bescheidenen Dieners gegenüber Gott. Andere sprachen über unsere Rolle als Menschen, denn - wie wir wissen - sind wir Menschen in der Tat Diener Gottes, denen das Gebot und die Pflicht auferlegt wurde, seine Kalifen bzw. Vertreter auf Erden zu sein. Aus diesem Grund hat Gott uns Fähigkeiten gegeben, die andere Geschöpfe nicht besitzen. Wir haben einen Verstand, die Fähigkeit, Vernunft walten zu lassen und ein Gewissen, so dass wir danach streben können, die göttlichen Qualitäten aufzunehmen, die erforderlich sind, um wahrhaftig Gottes stellvertretende Herrscher auf Erden zu werden (und nicht nur zu behaupten oder vorzugeben, es zu sein). Die Menschen sind dafür gedacht, die Erde zu beherrschen, aber dafür müssen wir die Charakteristiken von Gott dem Beschützer (aller Lebewesen), dem Barmherzigen, dem Mitfühlenden, der voller Liebe und Gerechtigkeit ist, verkörpern und in der Lage sein, andere (bis zum Ende) zu führen. Wir sollten niemals vergessen, dass bevor wir auf den Status als Gottes stellvertretende Herrscher (Kalifen) angehoben werden, wir seine wahren Diener werden müssen, nicht nur dem Namen nach, sondern in Wirklichkeit. Als seine Diener müssen wir Gott unsere größte Dankbarkeit für all das, was er uns geschenkt hat, erweisen. Unsere Herzen müssen sich zudem auf das Göttliche konzentrieren, und wir müssen wirklich bescheiden sein, so dass wir, wenn Gott uns zur Herrschaft erhebt, nicht egoistische und selbstsüchtige Tyrannen werden, die sich ihrem (angenommenen) Status als Kalifen übermäßig bewusst sind, und uns unsere Stellung als göttliche Diener vergessen lassen, denn dies führt zu Grausamkeit und Despotismus zum einen gegenüber der Natur und zum anderen gegenüber unseren Mitmenschen. Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 17 Zum Beispiel verhalten sich diejenigen, die politische oder eine anderweitige weltliche Macht besitzen, wie Pharaonen und ernennen sich selbst zu Gott, wobei sie ihre religiösen Lehren vergessen. Andere fühlen sich so überlegen aufgrund ihres angenommenen Verständnisses der Religion, dass sie als religiöse Autoritäten (anstelle von Gott) handeln; als könnten sie (und nicht Gott) bestimmen, dass jemand im Unrecht ist, ein weiterer die Dinge falsch sieht, der eine für die Hölle und der andere für den Himmel bestimmt ist. Warum geschieht dies? Weil sie sich selbst schon als Gottes stellvertretende Herrscher auf Erden sehen und ihre Pflicht vergessen, ihr Ego und ihre Leidenschaft zu überwinden, um Gott zu dienen. Deshalb müssen wir stets wachsam sein (in einem Zustand spiritualen Bewusstseins), damit wir in einem Zustand fortwährenden Dienstes für Gott leben und gleichzeitig als seine Stellvertreter bzw. Kalifen auf Erden handeln können. Durch die Realisierung dieses hohen Bestrebens wird unser Leben in dieser Welt eine Darstellung von Liebe, Frieden und Mitgefühl, nicht nur gegenüber unseren Mitmenschen, sondern gegenüber allen Geschöpfen. Ich hoffe, verehrte Zuschauer, dass all dies von Wert für Sie ist und wir uns bei einer weiteren Folge zu einem anderen Thema wiedersehen werden. Bis dahin möge der Friede mit Ihnen sein. Episode 2: ISLAM UND ECHTE HINGABE 18 Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN EINLEITUNG Möge Gottes Frieden, Segen und Barmherzigkeit mit Ihnen sein. Ich freue mich, Sie wieder begrüßen zu dürfen, verehrte Zuschauer. Dieses Mal untersucht Ozean der Offenbarungen einen Begriff, der trotz seiner großen Verbreitung eine Quelle großer Verwirrung ist: nämlich „Umma“ oder Glaubensgemeinschaft. Ich lade Sie ein, sich die Sichtweisen bedeutender muslimischer Intellektueller und religiöser Gelehrter hinsichtlich dieses Begriffs anzuhören. Schließen wir uns ihnen an! ABSCHNITT 1 Eine „Umma“ ist eine Gemeinschaft von Menschen, die das gleiche Glaubenssystem teilen und sich versammeln. In anderen Worten repräsentiert „Umma“ eine soziologische Komponente der Religion. Im Islam nennen wir eine derartige Gemeinschaft „Umma“, während sie im Christentum als Gemeinde bezeichnet wird. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Dem Islam zufolge gibt es nicht lediglich „eine“ Glaubensgemeinschaft. Zum Beispiel heißt es im Koran: „Du hast deine Religion, ich habe meine Religion“. Wir sehen also, dass Gott bereits ganz zu Anfang des Islams die Menschen dazu bestimmt hat, unterschiedlich, statt gleich zu sein. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 19 Eine „Umma“ ist eine Gruppe von Menschen, die während einer bestimmten Zeit in der Geschichte im Kreise einer bestimmten Kultur und Zivilisation zusammen leben und arbeiten, wobei sie gemeinsame Interessen verbindet. Diese gemeinsamen Interessen sind eine Grundvoraussetzung für die Gründung einer wahren Umma. Und sie sind bedeutender als reine politische Interessen; man könnte sagen, dass es sich um Interessen in einem weitreichenden, zivilisatorischen Sinne des Begriffs handelt. ~ Dr. Ali Mabrook, Experte für Koranstudien, Universität Kairo, Ägypten Eine „Umma“ ist eine Gruppe von Menschen, die durch ein bestimmtes Glaubenssystem miteinander verbunden sind, welches im Allgemeinen im Zusammenhang mit der transzendentalen Sicherheit der Religion steht. Folglich gibt es die muslimische Umma, die christliche Umma, die buddhistische Umma. Aber der Begriff wird nicht im Zusammenhang mit ideologischen Glaubenssystemen verwendet, wie beispielsweise die kommunistische Umma oder die kapitalistische Umma; diese Begriffe existieren nicht. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Für mich ist die „Umma“ kein politisches, sondern eher ein theologisches Konzept. Die Umma repräsentiert im Wesentlichen das kollektive Bewusstsein darüber, dass wir in dieser Welt mit anderen Menschen leben. Eine Religionsgemeinschaft repräsentiert folglich ein kollektives Bewusstsein, dass vielmehr durch menschliche und spirituelle, als wie durch politische Beweggründe verbindet. ~ Dr. Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Vor dem Hintergrund der islamischen Geschichte aus betrachtet ist der Begriff „Umma“ äußerst flexibel. Die Umma in Medina zum Beispiel umfasste sämtliche Einwohner dieser Stadt zur Zeit des Propheten. Die jüdische Gemeinschaft, die muslimische Gemeinschaft und andere. Das wurde zu dieser Zeit als „Umma“ bezeichnet. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Der Islam räumt die Existenz anderer Religionsgemeinschaften ein. Zur Zeit der koranischen Offenbarung gab es bereits eine Reihe von Religionen auf der Welt, die alle ihre eigenen Anhänger hatten. Der Koran bezieht sich auf die Nachkommen von Abraham - d. h. die Juden, Christen und Muslime - als „Menschen des Buches“. Aber es gab auch andere Religionsgemeinschaften, die in der koranischen Offenbarung nicht genannt wurden, zum Beispiel Zoroastrier, Konfuzianer etc. Daher heißt es im Koran: „Ich habe dir von einigen Gesandten berichtet, O Mohammed, aber es gibt noch andere, von denen nicht berichtet wird.“ ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 20 Es gibt sehr viele Glaubensgemeinschaften in der Welt, einschließlich derer, die an unsere Religion (Islam) glauben. Das ist eine soziologische Realität; ein unbestreitbarer Fakt des täglichen Lebens, der uns zwingt, umsichtig interreligiöse Beziehungen aufzubauen, die alle glücklich machen. ~ Mohammad Sobary, indonesische Kulturfigur Im Koran heißt es eindeutig, dass Gott verschiedene Religionsgemeinschaften, verschiedene Nationen und verschiedene Nomadenstämme schuf; nicht, um Konflikte hervorzurufen, sondern vielmehr, um Wissen und Arbeit miteinander zu teilen. Dies ist für die Menschen die einfachste Erklärung des koranischen Konzepts ta’aruf (gegenseitiges Kennen). Ta’aruf kann nicht durch eine Partei allein erfolgen, sondern es sind zwei Parteien erforderlich. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Auf den Islam wird häufig als rahmatan lil ‘alamin bzw. „ein Segen für die gesamte Schöpfung“ Bezug genommen. Exklusivismus ist ein Verrat dieses Prinzips, und wenn eine Religionsgemeinschaft zu Exklusivismus führt, wäre es besser, wenn sie die Welt einfach verließe. - Geh ruhig! Ein Glück, dass wir dich los sind! Verschwinde auf einen anderen Planeten! Denn Exklusivismus stellt einen Verrat religiöser Prinzipien, und insbesondere des Islams, dar und kann nicht geduldet werden. ~ Prof. Dr. A. Syafi’i Ma’arif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) ABSCHNITT 2 In gewissen (extremistischen) muslimischen Kreisen besteht die Tendenz, eine binäre Opposition zwischen dem Islam und Ungläubigen zu postulieren. Ihrer Ansicht nach sind nur diejenigen, die die formale Religion des Islams anerkennen, „Muslime“ (wörtlich „jemand, der sich Gott unterwirft“), während Menschen anderen Glaubens allesamt Ungläubige sind. Gegenwärtig ist diese Tendenz steigend. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 21 Des Weiteren gibt es Menschen, die den Glauben in einer monopolistischen Weise verstehen, so dass ein jeder, dessen Verständnis von dem ihrigen abweicht, als Ungläubiger betrachtet wird. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um ein altes Phänomen, dass nicht erst in der heutigen Zeit auftritt. Zur Zeit von Sayadina Ali (Mohammeds Schwiegersohn) gab es eine Gruppe namens Khawarij, deren Mitglieder alle außerhalb ihrer begrenzten Sekte als Ungläubige verurteilten. Dieses Phänomen ist nun in dem Maße wiedergeboren, wo jemand wie (der Terrorist) Azahri nach Indonesien kommt, hier Bombenanschläge verübt und glaubt, dass er dafür im Himmel belohnt wird. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Wenn wir die Ursprünge dieser radikalen Gruppen zurückverfolgen, sehen wir, dass sie alle von einer arabischen Mentalität abstammen. Das ist offensichtlich! Warum müssen sie uns bis nach Java verfolgen? Nehmt den Islam selbst an, nicht seine radikalen Interpretationen! Arabismus ist nicht identisch mit Islam; das Gleiche gilt für arabische Kleidung. Meiner Meinung nach haben die beiden Begriffe absolut nichts miteinander zu tun. Wir nehmen allmählich eine fremde Kultur bzw. Subkultur auf äußerst törichte Weise an. Der Koran (d. h. Gottes Rede) übt Geduld nur mit Menschen des Glaubens, die über wahre Weisheit verfügen. ~ Prof. Dr. A. Syafi’i Ma’arif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Derartige Reden über Ungläubige schüren nicht nur religiösen Fundamentalismus, sondern auch Extremismus und letztendlich die Übel des Terrorismus und der sozialen Zerstörung. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Der Begriff „Ungläubiger“ bezieht sich eigentlich auf jemanden, der göttliche Werte, oder gar Werte der Menschlichkeit, in Abrede stellt oder ihnen den Rücken zukehrt. Im Islam hat der Begriff des Ungläubigen genau diese Bedeutung: d. h. es ist jemand, der die wesentlichen moralischen Werte, deren Erhalt Gott allen Menschen vorschreibt, wie zum Beispiel die Fürsorge gegenüber anderen, der Aufbau von Solidarität etc., missachtet oder verwirft. Die Ablehnung dieser Werte begründet die Untreue gegenüber Gott, unabhängig davon, welcher Religion man angehört. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Soweit ich weiß, definiert der Koran einen „Ungläubigen“ als das Gegenstück von jemandem, der Gott dankbar ist. Allah hat die Menschen in lediglich zwei Gruppen eingeteilt: diejenigen, die sich in einem wahren Zustand der Hingabe und Dankbarkeit gegenüber Gott befinden, und die Ungläubigen. Ein Ungläubiger ist jemand, der Gott gegenüber undankbar ist. „Wenn du dankbar bist, überschütten wir dich mit Gnade; aber wenn du undankbar bist [d. h. gefangen im egoistischen Widerstand gegenüber Gottes Vorschriften], wird die Pein groß sein.“ Oder wie der Prophet Solomon im Koran sagt: „Gottes Gaben sind nur eine Prüfung, um zu sehen, ob ich dem Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 22 Göttlichen gegenüber wahrhaftig dankbar [und vollkommen darin eingetaucht] oder ob ich ein Ungläubiger bin.“ Laut dem Koran sind es nicht immer Nicht-Muslime, die Ungläubige sind. Ein Muslim kann ebenfalls ein Ungläubiger sein, wenn er Gott gegenüber undankbar ist oder sich seinen Mitmenschen gegenüber lieblos und undankbar zeigt. Oder wenn er ermahnt wird und dem keine Beachtung schenkt, auch dann wird er als Ungläubiger bezeichnet. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Ein Ungläubiger ist jemand, dessen Herz tot ist. Etymologisch bedeutet das Wort Ungläubiger „geschlossen“ im Sinne von abstreiten oder verleugnen. Daher meint ungläubig, die Wahrheit zu verleugnen und ihr gegenüber sein Herz zu verschließen und zu behaupten, dass man Recht hat und die Wahrheit bei einem selbst liegt. Wenn also jemand die Wahrheit abstreitet und ihr gegenüber sein Herz verschließt, ist er ein Ungläubiger. Zu lügen heißt, das zu verleugnen, von dem wir wissen, dass es existiert, d. h. die Realität abzustreiten. Deshalb ist es nicht korrekt, die meisten Menschen, die den Islam nicht annehmen, als „Ungläubige“ zu bezeichnen; denn Ungläubigkeit meint das Abstreiten von etwas, was bekannt ist, und sich selbst bewusst davor zu verschließen, es zuzugeben. Sünde, Arroganz und Eigenschaften, die verhindern, dass die Menschen etwas Anderes als sich selbst sehen, verdecken laut dem Koran die Wahrheit. ~ Maryam Ishaq al-Khalifa Sharief, Shadili Tariqa Figur aus Khartoum, Sudan Ich werde an den koranischen Vers erinnert, in dem es heißt, dass ein Mensch sich bisweilen am Morgen Gott hingibt, aber im Laufe des Tages zum Ungläubigen wird. Dies bezieht sich auf jemanden, der auf dem Weg der Wahrheit unbeständig ist. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Ungläubige sind eher jene Menschen, die sich Gott widersetzen, als solche, die seine Existenz nicht bestätigen wollen; jene, die sich absichtlich Gottes Willen und Gebote widersetzen. Satan glaubt an Gott, warum wird er also ein Ungläubiger genannt? Nicht, weil er ein Atheist ist. Gott hat ihn verflucht, und doch bestätigt der Teufel Gottes Existenz und spricht zu ihm. „Oh Herr, verlängere mein Leben bis die Menschheit wieder [von den Toten] aufersteht!“ Folglich bestätigt Satan, dass nur Gott und nicht er die Macht hat, Leben zu verlängern. Der Teufel ist gelegentlich auch äußerst höflich und verabschiedet sich von Gott, um auszugehen und Menschen zu verführen. „Herr, weil du mich in einen verfluchten Geist verwandelt hast, werde ich die Nachkommen Adams in Versuchung führen.“ ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Ironischerweise ist es genau dann, wenn „Islam“ und „Ungläubige“ gegenübergestellt werden, dass sich die problematische Tendenz abzeichnet, Nicht-Muslime zu betrachten - seien es Christen, Juden oder Atheisten und sei es, dass sie gute Taten vollbringen oder nicht - und davon auszugehen, dass sie Ungläubige sind, die es zu bekämpfen gilt, da sie Gott nicht anerkennen. Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 23 Diese überaus grobe Vereinfachung des Themas „Islam und Ungläubige“ quält gewisse Gruppen [d. h. muslimische Extremisten], während die wahre Bedeutung des Ungläubigen sich auf jemanden bezieht, der die göttliche und menschliche Realität ablehnt. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Ich habe bislang keinen einzigen Satz im Koran entdeckt, der „Ungläubige“ als „Nicht-Muslime“ definert, wie es in der heutzutage allzu vorherrschenden falschen Definition heißt. Fragt man die Leute, so sagen sie, dass ein Ungläubiger ein Nicht-Muslim ist. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter ABSCHNITT 3 Unser Verständnis der einzigen oder einheitlichen Umma hängt davon ab, ob wir sie als ein bestimmtes oder ein allgemeines Muster betrachten. Wenn man sie als ein bestimmtes Muster betrachtet, kann sie in der Weise verstanden werden, als dass sie auf die islamische Weltgemeinschaft beschränkt ist. Doch über die „eine Umma“ hinaus existiert ein universaler Humanismus, so dass wir, wie auch immer unsere Auffassung zu der einen Umma aussehen mag, nun ein Bewusstsein entwickeln müssen, das auch Teil einer universalen Menschheit ist. Für mich persönlich und für die islamische Umma ist der Islam die beste Religion. Aber das, von dem wir überzeugt sind, dass es gut ist; das, von dem wir glauben, dass es absolut perfekt ist, ist vielleicht für andere so noch nicht oder nicht in ähnlicher Weise ersichtlich. Und wir haben nicht das Recht, sie als fehlerhaft anzusehen. Wir haben kein Recht, andere als Ungläubige oder Sonstiges zu verurteilen oder zu bezeichnen. Denn in Wirklichkeit hat nur Gott das Recht, darüber zu urteilen, was richtig und falsch ist. Was für uns entscheidend ist, ist die Art und Weise, in der wir unsere eigenen religiösen Überzeugungen erhalten können. Aber noch einmal, wir haben kein Recht, unsere Überzeugungen oder „Wahrheit“ anderen aufzuzwingen oder auch nur zu behaupten, dass andere mit ihrem Glauben Unrecht haben. ~ Dr. M. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Wenn wir über Religion nachsinnen, sollten wir an Indonesien denken; und wenn wir über Indonesien nachsinnen, sollten wir an Religion denken [statt Religion über Patriotismus zu stellen oder umgekehrt]. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 24 Ich persönlich, sowie andere Muslime, betrachte den Islam als die für uns beste Religion. Doch was wir als Bestes und als absolut perfekt ansehen, mag für andere nicht so sein, und wir haben kein Recht, zu denken, dass sie im Unrecht sind oder sie zu verurteilen und sie als Ungläubige oder Sonstiges anzuprangern. Denn in Wirklichkeit hat nur Gott das letztendliche Recht, über richtig und falsch zu urteilen. Was wichtig ist, ist, dass wir unseren eigenen Glauben bewahren, da wir ihn für uns als den besten Glauben ansehen. Aber noch einmal, wir haben kein Recht, unsere Überzeugungen oder „Wahrheit“ anderen aufzuwingen oder auch nur zu behaupten, dass andere im Unrecht sind und ihr Glaube falsch ist. ~ Kyai Haji Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats A.P.I in Tegalrejo, Indonesien Im täglichen Leben ist es uns natürlich bewusst, dass Menschen zu unserer Linken und Rechten existieren: die sogenannten „Anderen“. Ich und einige meiner Freunde haben bereits einen bestimmten Glauben [Islam], und uns ist natürlich bewusst, dass andere Menschen nicht den gleichen Glauben haben wie wir. Und doch ist die Wertschätzung anderer genau das, was eine Weltbürgerschaft ausmacht. Wenn wir keinen Platz für Nuancen haben, kann die Weltbürgerschaft in einen Konflikt zwischen Zivilisationen abgleiten, und dies stellt heutzutage eine Bedrohung dar. Deshalb muss der Begriff „Umma“ mit einem weitergehenden und grundsätzlicheren Konzept in Verbindung gebracht werden: dem der universalen Menschheit. ~ Dr. M. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Noch gefährlicher als die Transformation der „Umma“ in ein politisches Bewusstsein, ist, wenn sie zum soziologischen Bewusstsein wird. Eigengruppe, Fremdgruppe und die daraus resultierende Behauptung, dass die Menschheit aufgrund unterschiedlicher Glaubensauffassungen in verschiedene Gruppen eingeteilt werden muss. Meiner Meinung nach ist das äußerst gefährlich. Wann immer sich ein soziologisches Bewusstsein im Zusammenhang mit einer Eigengruppe und einer Fremdgruppe ausprägt, nehmen Religionsgemeinschaften soziologische und politische Identitäten an, statt ein Aushängeschild des Glaubens oder eines höheren Zustands menschlichen Bewusstseins zu sein. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Im Islam ist es niemandem gestattet, Nicht-Muslime zu zwingen, Muslime zu werden, denn das liegt nicht im menschlichen Zuständigkeitsbereich [zu bestimmen, welcher Religion andere angehören sollten]. Sobald jemand glaubt, dass er alle Menschen zum Islam überreden muss, ist der Keim des Konflikts schon gepflanzt. Es ist ein gänzliches Missverständnis, den Islam außerhalb des Islams zu positionieren, was der Fall ist, wenn jemand den Islam (die vollkommene Hingabe gegenüber Gott) mit der muslimischen Gemeinschaft identifiziert. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 25 Um einen jeden religiösen Glauben zu schützen, verkündete der Prophet einmal Folgendes: „Ein jeder, der einen einzigen Christen verletzt, ein jeder, der einen einzigen Juden verletzt, ein jeder, der einen einzigen Nicht-Muslim verletzt, der friedlich lebt, verletzt auch mich.“ Dies ist das Versprechen [über die Sicherheit von Nicht-Muslimen] des Propheten. Ein Angriff auf eine Kirche ist demnach wie ein Angriff auf das Haus des Propheten, Friede und Segen sei mit ihm. „Die Zerstörung eines buddhistischen Klosters oder eines Andachtsorts einer anderen Religionsgemeinschaft ist wie die Zerstörung meines Hauses“, sagte der Prophet. So deutlich und streng weist uns der Prophet an, mit anderen hier auf Erden in Frieden zu leben. ~ Kyai Haji Yusuf Chudlori, Leiter des islamischen Internats A.P.I in Tegalrejo, Indonesien Eine Botschaft, die ich der muslimischen „Umma“ und den christlichen Gemeinden in Amerika und Europa übersenden möchte, ist, nicht zu vergessen, dass wir alle Bürger dieser Welt sind. Die globale Bürgerschaft geht über die Grenzen religiöser Zugehörigkeit hinaus. Neben der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions-gemeinschaft müssen wir zutiest fühlen und realisieren, dass wir alle Bürger dieser Welt sind. Schwierigkeiten entstehen oftmals, wenn wir das vergessen. ~ Dr. M. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien ABSCHLUSS Was denken Sie, liebe Zuschauer, über die Erklärungen dieser Gelehrten hinsichtlich der Glaubensgemeinschaften und dem Begriff „Ungläubiger“, der in gewissen Kreisen Wut erzeugt? Im Koran heißt es: Am Anfang gründete die Menschheit eine einzige Gemeinschaft, von einer gemeinsamen Mutter abstammend. Im Laufe der Zeit vervielfachte sich die Anzahl der Menschen und Gemeinschaften in hohem Maße, und Gott sandte ihnen verschiedene Propheten. Muslimen sind rund 25 dieser Propheten bekannt, die Gott beauftragte, die guten Nachrichten zu verbreiten und die Menschheit an die Wahrheit zu erinnern. Laut dem Koran sandte Gott diese Propheten als Botschafter, deren Pflicht es war, die freudigen Nachrichten zu verbreiten und die Menschen an Gott zu erinnern. Mittels dieser Propheten offenbarte Allah zudem viele heilige Schriften, nicht nur diejenigen, die wir kennen, wie den Koran, das Neue Testament, die Tora und Psalme, sondern auch viele andere Schriften, deren Namen uns nicht bekannt sind. In der Tat hat Gott uns von einigen, aber nicht von allen dieser Schriften erzählt. Aber es gibt viele. Ungeachtet der großen Anzahl religiöser Gemeinschaften; wenn Gott wollte, hätte er die gesamte Menschheit als eine einzige Glaubensgemeinschaft formen können. Gott selbst sagt im Koran „angenommen, es wäre Allahs Wille“, was bedeutet, er ist es nicht. „Angenommen, ich hätte eine Millarde Rupiah.“ Das ist nicht möglich, da ich, Mustofa Bisri, natürlich nicht soviel Geld Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 26 habe. „Angenommen, ich würde Leiter der Vereinten Nationen...“ Aber auch das ist für Mustofa Bisri unmöglich. Allerdings „angenommen, es wäre Allahs Wille, dass ihr eine einzige Glaubensgemeinschaft werdet“ heißt eindeutig, dass dies NICHT Gottes Wille ist. Wir sind nicht in der Lage zu wissen, warum, aber die Vorteile liegen auf der Hand. Aufgrund der Verschiedenheit ist das Leben bunt. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, in einen Garten zu gehen, in dem es nur gelbe Blumen gibt, alles haargenau die gleichen. Nach einiger Zeit würden wir es satt sein, sie uns anzuschauen. Wenn wir dagegen rote, gelbe, grüne, blaue, violette und fliederfarbene Blumen in allen Formen und Größen sehen - oh, wie schön! Diese Instrumente um mich herum stammen von einem javanischen Gamelan-Orchester. Angenommen, es gäbe nur diese Trommel und wir würden nichts hören als unaufhörliches Trommeln. Wir könnten es vielleicht leid werden. Wenn wir aber den Klang von Xylophonen, sorgfältig gestimmten Bronzetrommeln und Gongs in allen Größen hinzufügen, die allesamt harmonisch aufeinander abgestimmt gespielt werden... Wie schön diese Symphonie ist, die aus den vielen verschiedenen Instrumenten entsteht! Leider liegt es in der Natur der Menschen, dass sie ihre Meinung oftmals als die absolute Meinung betrachten. Wenn jemand etwas für gut befindet, dann betrachtet er alles Andere automatisch als schlecht. Wir können diese Neigung aber beschränken, indem wir zum Beispiel erkennen, dass religiöse Verschiedenheit auf Gottes Wille zurückzuführen ist. Es reicht aus, wenn eine jede Religionsgemeinschaft mit ihrem eigenen Glauben zufrieden ist und diesen lobpreist. Genauso wie es ausreicht und angemessen ist, dass ein Mann seine eigene Frau lobpreist. Oh, meine Geliebte ist so schön! Ihre Augen sind wie der Abendstern; ihre dunkelroten Lippen voll und reif wie ein Granatapfel; ihre dünnen Augenbrauen pechschwarz; ihre Wangen wie zwei Mangohälften; ihr Kinn wie eine baumelnde Honigwabe. Bitte, sprechen Sie nur diese Lobpreisungen aus. Aber fügen Sie nicht hinzu „und soviel besser als deine Frau!“ Das ist es, was zu so vielen Problemen im Leben führt. Uns reicht es nicht, uns selbst (und unsere eigene Religion) zu loben, sondern wir müssen gleichzeitig andere herabsetzen und beleidigen. Wir haben auch die Ansichten verschiedener Gelehrter zum Thema Ungläubiger gehört. Meiner Meinung nach unterscheidet der Islam zwischen zwei Sorten von Menschen: es gibt diejenigen, die sich Gott bedingungslos hingeben und solche, die dies nicht tun. Das ist alles. Diejenigen, die sich wahrhaftig unterwerfen und solche, die es nicht tun. Die, die sich nicht unterwerfen, sind Ungläubige. Diese Definition hat nichts mit dem irregeführten Glauben zu tun, dass „ein jeder, der anders ist als ich, ein Ungläubiger ist, und Ungläubige müssen ausgepeitscht werden“. Das ist Ignoranz, die zu noch größerer Ignoranz führt. Es ist ein Fehler, der zu weiteren Fehlern führt. Warum? Dem Glauben, dass Menschen, die nicht genauso denken wir wir, Ungläubige sind, die es zu bekämpfen gilt, fehlt ein jeder Bereich oder Bezugspunkt basierend auf ein wahres Verständnis des Korans oder der Führung Mohammeds. Zum Beispiel geht dieser Glaube davon aus, dass wir selbst immer perfekt sind in unserer Unterwerfung unter Gott und dass wir niemals untreu sind. In den Anfängen des Islams war der Prophet Mohammed selbst der einzige Muslim; alle anderen waren Ungläubige. Wenn der Prophet Mohammed alle Ungläubigen getötet hätte, hätte es niemals Muslime gegeben. Ein Begleiter bat den Boten Gottes einmal, all diejenigen zu verfluchen oder zu verdammen, die Polytheisten oder Ungläubige sind. Der Bote erwiderte: „Ich Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 27 wurde von Gott gesandt, meine Mitmenschen zu lieben, nicht um sie zu verfluchen oder für Ihr Leid zu beten.“ „Ich wurde gesandt, um Segen und nicht Fluch zu bringen.“ Ich hoffe, liebe Zuschauer, dass diese Episode Ihnen neue Erkenntnisse der Gelehrten näher gebracht hat. Wenn sie weitgehend verstanden werden, können diese Erkenntnisse dazu beitragen, die Probleme zu bewältigen, die, ganz offen gesagt, auf ein schlechtes Verständniss des Begriffs Religion zurückzuführen sind, das weiter verbessert werden muss. Beim nächsten Mal werden wir ein weiteres Thema diskutieren, das nicht weniger interessant ist als das heutige. Es wird für uns alle hoffentlich von Wert sein. In der nächsten Episode werden wir ein Thema erforschen, das mit unserem Alltag in Verbindung steht und uns bereits vertraut ist, das wir aber gerne noch besser verstehen möchten. Bis dahin möge der Friede und Segen Gottes mit Ihnen sein. Episode 3: GLAUBENSGEMEINSCHAFTEN 28 Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS EINLEITUNG Mögen der Friede, die Liebe und der Segen Gottes mit Ihnen sein. Verehrte Zuschauer, ich freue mich, Sie wieder begrüßen zu dürfen. Dieses Mal lade ich Sie ein, sich die Beiträge zahlreicher großartiger Gelehrter und religiöser Persönlichkeiten zu den Menschen des Glaubens anzuhören. Vielleicht werden sie die Bezeichnung „Menschen des Buches“ erörtern, was derzeit wieder einmal ein angesagtes Gesprächsthema ist, sowie Polytheismus, Polytheisten und andere derartige Themen. Nun gut, hören wir uns an, was sie über all dies zu sagen haben. Viel Spaß bei der Sendung! ABSCHNITT 1 Der Koran beschreibt im zweiten Kapitel, al-Baqara, das wesentliche Merkmal derer, die sich Gott hingeben: „Die streng Gläubigen sind diejenigen, die auf die dir offenbarte Schrift vertrauen, o Mohammed, und auf die vor deiner Zeit offenbarten Schriften.“ Das heißt, dass wir als Muslime die Pflicht haben, nicht nur an den Koran, sondern auch an die vor ihm offenbarten Schriften zu glauben. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Der Koran beschränkt die Heiligen Schriften nicht auf die Tora und das Neue Testament, sondern schließt auch die Schriftrollen Abrahams und die Psalme des Propheten David ein. Und in der Tat wurden Gesandte zu allen Völkern der Erde geschickt, und es gibt nicht ein einziges Volk oder eine einzige Region, dem bzw. der kein Bote Gottes gesandt wurde (Koran 35:24). In diesem Zusammenhang gibt es einen Hadith (ein Spruch des Propheten Mohammed), der lautet: „Gott hat der Menschheit mehr als 124.000 Propheten und Boten gesandt.“ ~ Maryam Ishaq al-Khalifa Sharief, Shadili Tariqa Figur aus Khartoum, Sudan Die Tora, Psalme, Evangelien und Bibel wurden alle vor der Zeit des Propheten Mohammed offenbart, und es ist offensichtlich, dass der Koran und der Islam eine Verknüpfung zu allen vorangegangenen Religionen herstellen wollen. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 29 Der Koran ist keine unabhängige Schrift, sondern führt vielmehr all das, was vor ihm bestand, weiter; denn alle Offenbarungen stellen eine einzige dar. Der Koran schließt den Kreis der Offenbarung; er steht in Eintracht mit den Schriften, die der Welt zuvor übersandt worden waren, und macht sie vollkommen. Über die Schriften lässt sich Folgendes sagen: Menschen des Glaubens bestätigen sie, während Ungläubige dies nicht tun, wozu sie berechtigt sind. Im Koran heißt es also: „Bestätige alles, was dir offenbart wurde, o Mohammed, und das, was den Propheten und Gesandten vor dir offenbart wurde.“ Der Koran ist hierbei äußerst klar und deutlich. ~ Prof. Dr. A. Syafii Maarif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Der Koran macht die Lehren aller vorhergehenden Gesandten zu ewigen Lehren und passt die Lehren des Propheten Mohammed sogar denen anderer Gesandter an. Das deutlichste Beispiel ist der Hadsch (die Pilgerfahrt nach Mekka), der auf den Propheten Abraham zurückgeht. Der Islam betrachtet den Hadsch als den Gipfelpunkt und die höchste Handlung religiöser Hingabe, wodurch die Lehren Abrahams fortgeführt und bewahrt werden. Dies zeigt uns, dass der Koran und die Lehren des Propheten die Lehren vor der Zeit Mohammeds wertschätzen und pflegen. ~ Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor der islamischen staatlichen Universität Syarif Hidayatullah, Indonesien Der Islam hat eine ergänzende Funktion und ist eine Bereicherung für andere (religiöse) Anschauungen. Einige betrachten ihn als eine Alternative, aber das ist falsch. Der Islam ist keine Alternative, sondern eine Ergänzung. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Der Prophet befand sich im häufigen Dialog mit Anhängern von Religionen, die vor dem Islam existierten, wie beispielsweise Christen und Juden. Sie waren während der Entstehungszeit des Islam die Dialogpartner des Propheten, was auf ihre Anerkennung hinweist. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Das Konzept der Liebe ist innerhalb der Evangelien von großer Bedeutung und auch im Islam gegenwärtig, wobei jedoch im Koran nicht von Liebe gesprochen wird, sondern von Barmherzigkeit und Segen für die gesamte Schöpfung. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien Koranrezitation: „Wir (Gott) entsandten dich (Mohammed) nur als Segen für die gesamte Schöpfung.“ (Koran, 21:107) Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 30 Alle Religionen teilen einen gemeinsamen Grundgedanken. Das Wesentliche der islamischen Lehre ist, sich Gott hinzugeben und seine Barmherzigkeit und sein Mitgefühl auch unseren Mitmenschen zuteil werden zu lassen. Die gleiche Lehre ist im Neuen Bund enthalten, wo in den Evangelien beschrieben wird, wie Jesus zum Wesen der Religion und zu Gottes Gesetz befragt wurde. Jesus erwiderte, dass das erste Gebot vorschreibt, Gott mit deinem ganzen Herzen, deinem ganzen Verstand und deiner ganzen Seele zu lieben; und dass das zweite Gebot vorschreibt, andere mehr zu lieben als sich selbst. Nun, sollten wir nicht Vertrauen haben und an Lehren wie diese glauben? ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Im koranischen Kapitel al-Ankabut, weist Gott uns an, den Menschen des Buches Folgendes zu sagen: „Wir glauben an die uns offenbarte Schrift und an die Schriften, die euch offenbart wurden. Unser Gott und euer Gott ist derselbe.“ Und uns wird geboten, nach unseren Gemeinsamkeiten und nicht den Unterschieden zu suchen. ~ Kyai Haji A. Washil Syarbini, Leiter des islamischen Internats Sumberweringin in Jember, Indonesien Wie der Prophet sagte, bestätigt der Koran die grundsätzlichen Lehren der Tora und der Evangelien und erkennt sie an. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die innere, esoterische Bedeutung der Heiligen Schrift ist in der Tat sehr groß: genauso unermesslich wie das menschliche Bewusstsein selbst. Wenn aber das menschliche Bewusstsein das eines Barbaren ist, kann die Heilige Schrift missverstanden und missbraucht werden, um genau die Dinge, die gegen ihre Lehren hinsichtlich der Bestrebungen der Menschheit verstoßen, zu rechtfertigen. Wenn die Schrift lediglich gelesen wird, ohne ihre innere Bedeutung zu verstehen, und ganz geschweige davon, genutzt wird, um Konflikte zu rechtfertigen und zu fördern, dann geht die wesentliche Botschaft der Schrift verloren. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter ABSCHNITT 2 Koranrezitation: Zwischen den Gläubigen, den Anhängern jüdischer (Schriften) und den Sabäern, den Christen, den Magiern und den Polytheisten wird Allah am Jüngsten Tag richten; denn Allah ist Zeuge aller Dinge. ~ (Koran 22:17) Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 31 Mit Hinblick auf seine Grundvorstellungen, Überzeugungen und der Struktur der Frömmigkeit ist der Koran eigentlich genau (wie andere Glaubensformen); zum Beispiel im Hinblick auf die Dankbarkeit gegenüber Gott, die Selbsttranszendenz und Anbetung. Alle Religionen beinhalten diese Elemente. Ihre Anwendung variiert lediglich zwischen den Kulturen. Aber die grundlegenden Werte nimmt der Islam alle an. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Viele Koranverse drücken große Wertschätzung aus für die Wahrheit, die von den Menschen des Buches anerkannt wird; die Wahrheit, die von anderen Glaubensgemeinschaften anerkannt wird. In der Tat erwähnt der Koran die Menschen des Buches in verschiedenen Abschnitten insgesamt 31 Mal. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertrender Vorsitzender der Muhammadiyah Die Menschen des Buches sind diejenigen, die an die früheren himmlischen Schriften glauben, wie die Tora und die Evangelien. Sie sind damit zufrieden und glauben nicht an die Geschichte des Propheten Mohammed, Friede und Segen seien mit ihm. Die Menschen des Buches zur Zeit des Propheten sind die gleichen Menschen des Buches wie heute. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten Die Menschen des Buches sind unsere Brüder und Schwestern und Mitgläubigen. Nicht ein einziges Mal bezeichnet der Koran sie als eine Gruppe Ungläubiger. Sie sind vielmehr Gemeinschaften von Gläubigen, die Gottes Offenbarung empfangen haben; Glaubensgemeinschaften, die der göttlichen Offenbarung vertrauen; und sie haben Propheten, Lehren und Regeln, wofür wir sie respektieren müssen. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Im Koran heißt es nicht: „Wir haben Muslime verehrt.“ Es heißt: „Wir haben die Kinder Adams verehrt.“ Demnach ist die Erhebung nicht auf Muslime beschränkt, es sei denn man verleiht dem Wort „Muslime“ eine weitreichendere Bedeutung, die alle Gläubige umfasst. Im Koran gibt es im Übrigen zwei Verse, die sehr wichtig sind. Einer lautet: „Zwischen den Gläubigen, den Juden, den Christen und den Sabäern wird der Allmächtige richten und entscheiden, wer im Recht und wer im Unrecht ist.“ (Koran 22:17). Ein anderer Vers sagt fast das Gleiche: „Muslime (diejenigen, die an Mohammed glauben), Christen, Juden und Sabäer... wenn sie diesem richtigen Weg folgen und Gutes tun, werden Sie keine Sorgen haben und ihnen wird im Jenseits kein Schaden zugefügt werden.“ (Koran 2:62) ~ Dr. Ahmad Kamal Aboul Magd, stellvertretender Vorsitzender Nationalrat für Menschenrechte, Ägypten Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 32 Es gibt in der Tat drei Arten von Menschen des Buches auf der Welt. Erstens, die Menschen, die im Koran als „die Gruppe, die den Islam am meisten liebt“ bezeichnet werden, d. h. nicht-muslimische Heilige und wohltätige Menschen. Zweitens, eine Gruppe, die sich tatsächlich durch Islamophobie auszeichnet. Und drittens, eine Kategorie von Menschen, die sich nicht weiter für zwischenreligiöse Probleme interessieren, da sie sich mehr auf professionelle Themen konzentrieren, z. B. Geschäftsleute, Politiker und so weiter. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Ich bezweifle ernsthaft, dass Muslime, Christen oder Juden, die anderen Leuten kein Lächeln schenken und ihre Arme nicht öffnen, ihren Weg in den Himmel finden werden. ~ Dr. Ahmad Kamal Aboul Magd, stellvertretender Vorsitzender Nationalrat für Menschenrechte ABSCHNITT 3 POLYTHEISMUS UND POLYTHEISTEN Koranrezitation: „Gedenke, als Luqman zu seinem Sohn sagte, indem er ihn ermahnte: ‚O mein Sohn! Geselle Allah keine Götter zur Seite, denn Götzendienst ist wahrlich eine gewaltige Sünde‛“ (Koran 31:13) Polytheismus heißt, andere mit Gott zu assoziieren. Und ein Polytheist ist jemand, der weltliche Phänomena oder Begehren mit Gott, der absoluten Quelle der Wahrheit, verbindet. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Meiner Ansicht nach findet Polytheismus in dem Moment statt, wo ich denke, dass ich besser bin als andere. Wenn ich als Muslim also Nicht-Muslime mir gegenüber als minderwertig betrachte, obwohl sie unter Umständen tugendhaft sind und große Taten vollbringen, dann habe ich tatsächlich die Welt des Polytheismus bereits betreten. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesia Experten für die Auslegung des Korans zufolge ist ein Polytheist jemand, der ein Anbetungsritual ausübt oder wohltätig ist aus anderen Gründen als der Hingabe zu Gott. Wenn jemand beispielsweise behauptet, dass er für den Islam kämpft, sein wahres Motiv jedoch selbstsüchtig und egoistisch ist, dann hat er sich (selbst) bereits mit Gott assoziiert. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 33 Die Begriffe Polytheismus und Polytheist beziehen sich auf den Verstoß gegen die Grundsätze göttlicher Einheit im weitest möglichen Sinne. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Meiner Ansicht nach ist die Einheit (tauhid) die Definition wahrer Freiheit. Aufgrund der Einheit dürfen wir uns nicht erlauben, uns in einer menschenentwürdigenden Situation zu verfangen, wie zum Beispiel der Sklaverei. Die Sklaverei, auf die ich mich beziehe, kann die sein, über die wir in Geschichtsbüchern lesen; allerdings gibt es auch moderne Formen der Sklaverei. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Die Einheit bringt zudem Konsequenzen für das Leben in dieser Welt mit sich. Der Grund, warum Gott Pharao in Ungnade fallen ließ, war nicht die Behauptung Pharaos „Ich bin euer Herr, Gott, der Höchste“, sondern weil Pharao sich gleichzeitig selbstsüchtig verhielt und ein brutaler und unterdrückender Tyrann war, der die Menschheit ausbeutete und andere Menschen durch sein Handeln verunglimpfte und verarmen ließ. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Wenn Menschen alles dafür tun, um Wohlstand, eine bestimmte Stellung oder andere Formen weltlichen Status zu erreichen, ist das eindeutig Polytheismus. Er zerstört das friedliche Leben und verstößt gegen die göttlichen Lehren. ~ Kyai Haji Abdul Muqiet Arief, Leiter des islamischen Internats Bahrul Ulum in Jember, Indonesien Gesellschaftlicher Polytheismus ist heutzutage weit verbreitet. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Ein religiöser Mensch sollte wirklich reif sein im Sinne des Aufstiegs zu spiritueller Größe. Was den Polytheismus betrifft, so verstehen einige Muslime diesen Begriff in einer übermäßig simplifizierten Weise. Für sie trifft Polytheismus nur auf Menschen zu, die Gott andere Götter beigesellen. Sie erkennen noch nicht einmal, dass es den Monotheismus ganz klar auch in anderen Religionen gibt. Diese Menschen sind in ihrem begrenzten Verständnis gefangen. Wenn wir jedoch die wahre Bedeutung von Polytheismus untersuchen, so ist diese äußerst weitläufig. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Mitglied, Nationales Kommittee für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, Sumenep, Indonesien „O ihr Menschen! Siehe da! Die Verheißung Allahs ist wahr. Darum lasset euch nicht vom diesseitigen Leben betören und von Satan hinsichtlich Allah täuschen“ (Koran 35:5). O Menschheit, geratet nicht in die Falle weltlicher Versuchungen. Das ist oberflächlich ganz einfach zu verstehen: Lasst euch nicht von dem Glanz materiellen Daseins in die Falle locken; wie beispielsweise der Schmeichelei von Frauen. Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 34 Lasst euch nicht von einer weltlichen Stellung in Versuchung führen oder werdet arrogant und vergesst euch selbst. Einfach, oder? Einfach zu verstehen. Im zweiten Teil heißt es: „Erlaubt Satan nicht, euch hinsichtlich Allah zu täuschen.“ Mit anderen Worten, lasst euch nicht in die Falle locken von dem Anschein der Hingabe zu Gott, zur Menschheit oder zum Jihad, wenn es in Wahrheit keine Hingabe ist. Dies ist eine Falle, die uns wahrlich festhält (in der Achtlosigkeit gegenüber Gott) und uns (zur Trennung von Gott) verdammt. Zum Beispiel kann jemand arrogant werden, nachdem er eine führende Stellung eingenommen hat und seine endlosen Predigten auf großen Applaus stoßen und er überall respektiert wird. Die Fallen des Egos und der Selbstherrlichkeit halten uns fest (in der Achtlosigkeit gegenüber Gott). Diejenigen, die Opfer dieser Fallen werden, werden im Arabischen versteckte Polytheisten genannt. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama In der Tat sagte der Prophet Mohammed, dass wir bereits Polytheismus ausüben, wenn wir uns nach Anerkennung sehnen. ~ Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor der islamischen staatlichen Universität Syarif Hidayatullah, Indonesien Das Gegenmittel zu Polytheismus ist die Selbsttranszendenz. Ein Polytheist ist jemand, der nicht selbsttranszendent ist; jemand, der von seinem Ego und seiner Selbstherrlichkeit oder den Interessen seiner Gruppe motiviert wird, anstatt immerdar (geleitet durch und) bloß um des Göttlichen willen zu handeln. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Deshalb gibt es in der Unterwerfung den Dualismus. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Es ist jetzt absolut unerlässlich, dass Muslimen weltweit ein umfassendes Verständnis des Islam in seiner Beziehung zu anderen Religionen und Glaubensgemeinschaften vermittelt wird. In der Tat müssen auch die Anhänger anderer Religionen ein besseres Verständnis (ihres eigenen Glaubens und des Islam) erlangen, bis letztendlich eine gegenseitige Verständigung zwischen den Religionsgemeinschaften herrscht, ein umfassendes Verständnis und gegenseitige Toleranz, was schließlich das Gefühl hervorruft, gewährleisten zu wollen, dass ihre jeweilige Religion das Wohlergehen aller Menschen auf Erden und für alle Ewigkeit im Sinn hat. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Es ist wichtig, dass Muslime erkennen, dass nicht alles, was aus dem Westen kommt, christlich ist. Zum Beispiel veröffentlichte eine dänische Zeitung Karikaturen des Boten Gottes, die eine Beleidigung für den Islam darstellten. Viele Muslime gehen davon aus, das dies das Werk von Christen ist, wenn es in Wirklichkeit das Werk von Atheisten ist, die schon seit langem auch Jesus verunglimpfen. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 35 Im letzten Vers der Koransure al-Kahfi verkündet Gott: „Sag: ‚Ich bin nur ein Mensch wie ihr, (aber) mir ist eingegeben worden, dass euer Gott ein einziger Gott ist; wer die Begegnung mit seinem Herrn erwartet, der soll gute Werke tun und bei der Anbetung seines Herrn ihm niemanden beigesellen.‛“ Folglich darf ein jeder, der die Begegnung mit Gott wünscht, nicht im geringsten Polytheismus betreiben (d. h. man muss das Ego und die Schöpfung überwinden, um Gott zu kennen). ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischerGelehrter. Gott ist der Einzige. Gott ist die absolute einzige Existenz. Das transzendentale Absolute. Der Einzige. Wenn wir das anerkennen, dann wird alles andere neben Gott als seine Schöpfung betrachtet. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Es ist wahr, dass der Islam kam, um andere Religionen zu stärken und um einige ihrer Prämissen zu bestätigen. Das heißt aber nicht, dass der Islam sich wesentlich von den Religionen, die vor ihm existierten, unterscheidet. Es ist in der Tat das genaue Gegenteil der Fall. Der Prophet sagte immer: „Ich bin ein integrales Glied in der Kette der Gesandten. Wir Gesandten sind die Kinder von ‘allat.“ ‘Allat bezieht sich auf eine Gruppe von Frauen, die mit einem einzigen Mann verheiratet sind. Als Kinder von ‘allat „haben wir einen Vater und eine Religion, die Religion des tauhid, d. h. der Einheit. Und wir haben viele Mütter.“ „Mütter“ bezieht sich auf die zahlreichen unterschiedlichen Wege zu Gott. Im Islam spricht man von verschiedenen Gesetzen, aber nicht von (wesentlichen) Unterschieden in den Religionen. Religiöse Wege unterscheiden sich, nicht aber das Wesen der Religion selbst; von der Zeit Adams bis zum Jüngsten Tag. ~ Maryam Ishaq al-Khalifa Sharief, Shadili Tariqa Figur aus Khartoum, Sudan ABSCHLUSS Verehrte Zuschauer, Sie haben nun über die Menschen des Glaubens gehört und wer die Menschen des Buches sind. Wir in Indonesien haben großes Glück, in einem multireligiösen Land zu leben, beruhend auf dem Grundsatz „Einheit inmitten von Diversität.“ In Indonesien findet man nahezu jede einzelne Glaubensgemeinschaft, die alle ihre jeweiligen Überzeugungen begrüßen. Ich war heute zum Beispiel zufällig in einem Andachtsort, der von einigen unserer Brüder errichtet wurde, die keine Muslime, Protestanten oder Katholiken sind. Und zufällig ist heute der Abend des chinesischen Neujahrs. Es ist äußerst bedauerlich, dass die Spannungen zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften in diesem Land, das auf dem Grundsatz der Einheit inmitten von Diversität erbaut wurde, in den letzten Jahren zugenommen haben. Unsere Experten sprachen zuvor über die Menschen des Buches und über die Überzeugungen derjenigen, die die Religion anderer als falsch betrachten und von sich selbst glauben, dass sie die einzigen sind, die die Wahrheit kennen. In einem Koranvers heißt es: „Am Anfang gründete die Menschheit eine einzige Gemeinschaft.“ Später entstanden daraus verschiedene Anschauungen. Gott sandte ihnen Propheten und Schriften, die die Wahrheit enthielten. Wir kennen zwar den Koran, die Evangelien, die Tora, die Psalme und die Schriftrollen Abrahams, allerdings gibt es unter Umständen noch viele andere Schriften; denn Gott sandte weit mehr als einhunderttausend Propheten. Im Koran heißt Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 36 es, dass es das gibt, von dem Gott uns erzählt und das, von dem Gott uns nicht erzählt. Deshalb gibt es Propheten und Schriften, die wir kennen und andere, die wir nicht kennen. Dies führte dazu, dass die Menschen unterschiedliche Glauben praktizieren, alle natürlich in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Überzeugungen. Abgesehen davon glaube ich persönlich, dass nicht die Religion selbst der Grund für die Probleme, wie Feindseligkeit, Hass und Krieg, ist. Denn alle Religionen lehren Güte. Sie alle lehren Liebe und Mitgefühl. Im Islam gibt es einen äußerst interessanten Koranvers, an den sich Muslime in letzter Zeit leider nur zu selten erinnern. Sie vergessen den achten Vers, al-Maidah, in dem Gott zu den Menschen des Glaubens spricht: „O ihr, die ihr glaubt! Seid Zeugen der Gerechtigkeit um Gottes willen...“ Und weiter heißt es: „Lasst niemals den Hass gegen eine Gruppe von Menschen euch dazu verleiten, ungerecht zu sein. Behandelt andere gerecht, denn das kommt der Frömmigkeit am nächsten. Erfüllt eure Pflicht gegenüber Gott, Denn wahrlich! Gott hat Kenntnis von allem, was ihr tut.“ O Menschen des Glaubens, haltet um Gottes willen an der Wahrheit fest. Lasst euch nicht von Leidenschaft, Gruppenmeinungen oder Fanatismus beeinflussen, sondern handelt allein um Gottes willen. Haltet um Gottes willen an der Wahrheit fest. Denn Gott ist die Quelle der absoluten Wahrheit. Seid Zeugen der Gerechtigkeit. Aufgrund religiösen Empfindens oder Gruppenfanatismus sind wir manchmal nicht in der Lage, gerechte Worte zu sprechen oder uns gerecht zu verhalten. Deswegen fuhr Gott fort: „Lasst niemals den Hass gegen eine Gruppe von Menschen euch dazu verleiten, ungerecht zu sein.“ Nur weil jemand beispielsweise einem anderen Glauben angehört, finden wir an allem, was er sagt, etwas auszusetzen. Bis hin zu dem Punkt, wo selbst wenn er sagte „zwei mal zwei ist vier“, wir antworten würden: „Du hast Unrecht!“ - einfach, weil wir ihn nicht mögen. Ich möchte darauf eingehen, woher dieser Hass stammt. Die Religion an sich ist sicherlich nicht die Ursache, sei es dass wir über Ausdrucksformen von Hass in unserem oder in einem anderen Land sprechen. Meiner Meinung nach ist Hass eher auf die Unfähigkeit, sich Ungerechtigkeiten zu widersetzen, zurückzuführen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel von einer Familie, in der die Eltern und älteren Kinder das jüngste Kind ungerecht behandeln. Das Kind kann sich nicht gegen seine Eltern oder älteren Geschwister wehren; es wird wütend und schmeißt einen Stein gegen die Dachpfannen des Hauses. Es hört nicht auf, um darüber nachzudenken, dass es auch für sich selbst Konsequenzen hat, wenn die Dachpfannen brechen und undicht werden. Ich denke, das ist genau das, was schwache und unterdrückte Gruppen oftmals tun. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die Palästinenser können sich gegen ein großes Land wie Amerika natürlich nicht wehren. Sie denken, dass es ungerecht ist, dass Amerika Israel ständig verteidigt, egal, ob Israel im Recht ist oder nicht. Nur wird die Situation noch schlimmer, wenn der Kleine, der den Großen nicht bekämpfen kann, sich entscheidet, etwas einzusetzen, wovon er glaubt, dass es noch größer ist - nämlich Gott und Religion. Sie manipulieren Religion für einen Zweck, der in Wirklichkeit nichts mit Religion zu tun hat. Es mag eine Frage politischer Interessen oder sonst was sein. Deswegen ist der zuvor zitierte Koranvers so wichtig: „Lasst niemals den Hass gegen eine Gruppe von Menschen euch dazu verleiten, ungerecht zu sein.“ Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 37 Terroristen zum Beispiel denken nicht über diesen Koranvers nach, genau wie das kleine Kind, von dem ich zuvor gesprochen habe, nicht daran denkt, welche Konsequenzen das Werfen des Steins hat. Es gibt wahrscheinlich ganze 8 Millionen Muslime in Amerika, und nicht alle Amerikaner sind wie George Bush. Aber Terroristen machen keinen Unterschied zwischen der Regierung und den Menschen in Amerika. Sie wissen nicht, dass es auch in Israel viele Menschen gibt, die sich ihrer Regierung widersetzen und nicht mit der Art und Weise einverstanden sind, wie sie das Problem (mit den Palästinensern) handhabt. Aber sie (muslimische Terroristen) sind bereits mit Hass erfüllt (und können das Gesamtbild nicht sehen). Aus diesem Grund lehrte der Prophet Mohammed, Friede und Segen seien mit ihm, (seinen Anhängern) ausdrücklich, zu lieben anstatt zu hassen. Diese Welt kann nur mit Liebe und Mitgefühl geheilt werden. Liebe und Mitgefühl. Ich sage immer, dass man Feuer nicht mit Feuer löschen kann. Hass muss mit Liebe bekämpft werden. Wenn Sie andere Religionen erforschen, werden Sie feststellen, dass die Liebe die wesentliche Lehre aller Religionen ist. Sowohl die Liebe zu Gott als auch die Liebe zu unseren Mitdienern von Gott (d. h. die Menschheit). Ich denke, dass ist soweit alles für heute. Hoffentlich kann uns das, was wir gehört haben, helfen, neue Denkweisen zu unser aller Besten zu entwickeln, so dass wir ein angenehmes, ruhiges und spirituell erfrischendes Leben inmitten religiöser und ethnischer Gemeinschaften leben können, die sich in der Tat voneinander unterscheiden müssen, denn es ist nicht Gottes Wille, dass alles gleich ist. Verehrte Zuschauer, Sie haben die Sendung Ozean der Offenbarungen gesehen. Bis zum nächsten Mal, vielen Dank und möge Gottes Friede, Liebe und Segen mit Ihnen sein. Episode 4: MENSCHEN DES GLAUBENS 38 Episode 5: PROSELYTISIERUNG EINLEITUNG (Gus Mus) Friede sei mit dir. (Dorfbewohner) Und mit dir. (Gus Mus) Bist du in guter Gesundheit und in Gottes Gnade? (Dorfbewohner) In Gottes Gnade! (Gus Mus) Was machst du? (Dorfbewohner) Ich mache ein Fischnetz. Gott sei gelobt! (Dorfbewohner) Gut. Möge Gottes Frieden, Liebe und Segen mit dir sein. Verehrte Zuschauer, hier sind wir wieder bei Ozean der Offenbarungen. Dieses Mal laden wir Sie ein, sich die Ansichten vieler muslimischer Gelehrter und Intellektueller zur Da’wa (Proselytisierung) und ihre Verbindung zum „Gebot des Guten und Verbot des Bösen“ anzuhören. Es mag erscheinen, dass viele Menschen bereits ein gutes Verständnis dieser beiden Begriffe haben, da sie äußerst verbreitet sind. Aber hören Sie sich an, was die Gelehrten über die Da’wa und das „Gebot des Guten und Verbot des Bösen“ zu sagen haben. Viel Spaß beim Anschauen! ABSCHNITT 1 Proselytisierung, oder di’ayah auf Arabisch, stammt von der Wortwurzel da’a yad’u.“ ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Das Wort Da’wa oder Proselytisierung meint wörtlich „einladen“. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Episode 5: PROSELYTISIERUNG 39 Die Pflicht und Mission des Propheten Mohammed war es, den Menschen göttliche Einheit, die Religion des Islams und einen großmütigen Charakter (bzw. einen Weg zur Entwicklung eines großmütigen Charakters) anzubieten. Das ist die wesentliche Bedeutung von Da’wa oder islamischer Proselytisierung. „Der alleinige Zweck, zu dem Gott mich sandte, war die Verbesserung der Moral.“ ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama [Da’wa] ist die Fürsprache für islamische Verhaltensweisen oder gute Moral und zeigt, wie wir unter Umständen für Gerechtigkeit und Gleichheit kämpfen. Sie ist der Ruf der Humanisierung und bedeutet die Einladung anderer, so dass wir ein kollektives Bewusst-sein entwickeln können, das sich Unterdrückung, menschlichem Leiden, Hunger und Armut wirklich bewusst ist... das ist die wesentliche Bedeutung von Da’wa. ~ Dr. Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Sie bedeutet nicht, zu drohen oder zu verunglimpfen. Diese abweichende Auffassung von Da’wa ist heutzutage nur allzu verbreitet. Viele der Da’wa-Foren, wie zum Beispiel die Freitagspredigten, sind voller Kritik, Beschimpfungen und sogar Gewaltandrohungen gegenüber anderen. Dies steht im Widerspruch zur wahren Bedeutung von Da’wa, was im alltäglichen Sprachgebrauch heißt, andere dazu zu bewegen, ein gutes und rechtschaffenes Verhalten an den Tag zu legen. Folglich ist eine wesentliche Bedingung der Da’wa, dass niemand dabei verletzt wird. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Ein wesentliches Prinzip der Da’wa ist die Verdeutlichung des Islams mittels Diskussionen und Erörterungen; d. h. Koranverse weise zu zitieren, um Führung und Rat anzubieten. Menschen soll geholfen werden, ihre persönlichen Probleme im Leben zu bewältigen, und erst anschließend sollten sie eingeladen werden, den Glauben anzunehmen; ganz im Einklang mit der Redewendung „Perfektion und gutes Verhalten kommen vor Erklärungen.“ Erst kommen Gottes Taten; die Erklärung folgt später. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Episode 5: PROSELYTISIERUNG 40 Vers 125, Kapitel 16 des Koran, al-Nahl (Die Biene), lautet: „Oh Mohammed! Lade (die Menschen) ein zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung.“ Dieser Punkt ist sehr wichtig. Wenn dein Gegenüber in seiner Wortwahl unhöflich und aggressiv ist, antworte ruhig und freundlich. Lasse dich auf eine ehrliche Diskussion ein, die Gefühl und Verstand vielleicht zusammenführen kann. Man sagt, dass jemand, der sich so verhält, einen Feind in einen Freund verwandeln kann. ~ Prof. Dr. A. Syafi’i Ma’arif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Die Frage ist, wie bringen wir Frieden und Ruhe in das Leben der Menschen und verhindern jede Form von Da’wa, vor der sie sich fürchten? Nehmen wir zum Beispiel den Boten Gottes und viele seiner Anhänger und die neun Heiligen, die den Islam nach Java brachten: ihre Da’wa war äußerst sensibel gegenüber den Bedürfnissen und Umständen anderer. Dies ist die Art von islamischer Proselytisierung, die wir praktizieren müssen. ~ Kyai Haji Abdul Muqiet Arief, Leiter des islamischen Internats Bahrul Ulum in Jember, Indonesia Die Da’wa wird (von denen, die sie praktizieren) in der Weise missverstanden, dass sie glauben, andere verurteilen oder sie als Häretiker oder Ungläubige brandmarken zu müssen, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass die Da’wa selbst von kultureller Natur ist. Die Da’wa ist etwas Reines und Natürliches. Man lädt Menschen nicht zur Wahrheit ein, indem man sie zwingt, sondern indem man ein inneres, von Herzen kommendes Bewusstsein, ein intellektuelles Bewusstsein, sowie die Freude, die Barmherzigkeit und stumme Gebete mit sich bringen, teilt. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Meiner Meinung nach ist die wahre Da’wa die, die erleuchtet, aufklärt, den Intellekt erhöht und den Menschen Hoffnung gibt... das ist die wahre Da’wa. ~ Prof. Dr. A. Syafi’i Ma’arif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Und jede Da’wa, die von dieser göttlichen Orientierung abweicht, ist eine falsche Da’wa. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten ABSCHNITT 2 Laut dem Koran hat die Da’wa zwei Ziele: Menschen zu Gott einzuladen und Menschen zu Satan einzuladen. Wenn wir andere also einladen, einer Organisation beizutreten, praktizieren wir nicht die Da’wa, die Menschen zu Gott einlädt. Wenn ich andere auffordere, sich um mich herum zu versammeln, ist auch dies keine Einladung zu Gott. Die andere Da’wa lädt Menschen Episode 5: PROSELYTISIERUNG 41 ein, auf den Weg Gottes zurückzukehren und ihr Leben nach seinen Regeln, wie wir sie verstehen, zu leben. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Die Da’wa richtet sich nach den unterschiedlichen Bedürfnissen der Öffentlichkeit. Dies sind eine Reihe von lokalen Bedürfnissen, die jedoch weitergehende zusätzliche globale Bedürfnisse nicht ausschließen sollten. Zum Beispiel kann die Da’wa die Beseitigung von Armut oder die Eliminierung von Korruption, Kollusion und anderen Übeln mittels einer neuen Terminologie oder eines neuen Managementmodells beinhalten. Die Da’wa muss nicht unbedingt durch das gesprochene Wort erfolgen. Die Organisationen Parliament Watch und Corruption Watch sind neue Formen der Da’wa. Es sind in der Tat zeitgemäße Da’wa-Bewegungen. ~ Dr. Amin Abdullah, Rektor der islamischen staatlichen Universität Sunan Kalijaga, Indonesien Bei unserer Proselytisierung im Namen Gottes und der Aufforderung der Menschen zum Glauben vergessen wir oftmals, dass wahre Großmütigkeit in unserem Leben fehlt und wir uns auf der Arbeit korrupt verhalten. Und doch stolzieren wir umher, als hätten wir durchaus Lob verdient. Die Da’wa, die von anderen „gehört“ wird, kommt tief aus dem Herzen und zeigt sich in aufrichtigen und von Herzen kommenden Handlungen, die einen wahrhaft großmütigen Charakter zeigen und nicht von Scheinheiligkeit geprägt sind. Vor allem aber darf die Da’wa niemals zu etwas führen, was als Gewalt interpretiert werden kann. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Die islamische Da’wa bringt anderen eine wahre spirituelle Stärkung. Ob sie den Islam annehmen oder nicht, ist Gottes Sache, nicht unsere. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Wir müssen zu der Da’wa zurückkehren, die die Wali Songo praktizierten, die neun Heiligen, die erfolgreich und ohne Krieg, Konflikte oder Gewalt 90% der indonesischen Bevölkerung zum Islam konvertierten. Die Menschen von Klaten wurden Muslime, ließen den hinduistischen Prambanan-Tempel aber unberührt. Die Menschen von Yogya nahmen den Islam an und störten den Borobudur-Tempel trotzdem nicht im geringsten. In diesem schrittweisen Prozess der Akkulturisierung ist eine bemerkenswerte Weisheit zu sehen, und wir müssen zu den Werten dieser Vorgehensweise zurückkehren. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama „Wäre es der Wille deines Herrn gewesen, wären sie alle Gläubige - ein jeder, der auf Erden lebt! Würdest du also die Menschheit gegen ihren Willen zum Glauben zwingen?“ Gott ermahnte Mohammed und erklärte, dass wenn es sein Wille wäre, würde es keine Atheisten oder Episode 5: PROSELYTISIERUNG 42 Verbrecher geben, sondern nur Menschen des Glaubens. Warum also hasst du Menschen, wenn sie nicht gläubig sind (wie du)? Dieser Vers zeigt, dass Gott allein über das Thema Glauben urteilt. Unsere Pflicht ist es, anderen das Gute zu übermitteln und nicht Menschen mit schwingendem Schwert zum Islam „einzuladen“. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Die Religion wird durch Moscheen, Schulen und anderen Orten, an denen man Bücher studieren kann, bewahrt. Die Vertiefung des religiösen Wissens und die Ausübung der Religion erfolgen anderswo. Lokale religiöse Führer, die die Moral der Öffentlichkeit wahren und weiterentwickeln, sind in diesem Prozess entscheidend, da sie das gleiche Dorfleben leben. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) Ich sollte den Film Fitna (von dem niederländischen Politiker Geer Wilders) erwähnen. Ungeachtet seines Motivs werden in dem Film koranische Verse zitiert, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Aber noch ironischer ist die Art und Weise, in der einige Muslime auf Fitna reagiert haben. Menschen, die behaupten, Muslime zu sein, sollten sich weise verhalten und einen Dialog anstrengen (anstatt Gewalt auszuüben). Wir sollten durch unsere Handlungen zeigen, dass Fitna den Islam falsch darstellt. Zu diesem Zweck müssen wir anderen mit Sanftmütigkeit und Wärme begegnen, denn dies ist das Wesentliche islamischer Lehren. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien In den mündlichen Überlieferungen, die wir von unseren frühen muslimischen Heiligen in Java, und insbesondere von Sunan Kalijogo, übernommen haben, wurde die Da’wa durch Kunst und Gesang praktiziert. Dies ist in den Muhammadiyah- und Nahdlatul-Ulama-Gemeinschaften noch immer der Fall, wo die Menschen die Ideale religiöser Lehren mittels Gesang bis spät in die Nacht übermitteln. Dies ist ein wertvolles Erbe der damaligen Heiligen. Ich selbst bin mit dieser Tradition groß geworden und übe sie noch immer aus. Ich liebe die alten Lieder und genieße das Dorfleben in Jakarta, denn diese Lieder erhöhen die Sensibilität, bringen eine spirituelle und emotionale Reinigung und schaffen eine angenehmere und freundlichere Atmosphäre. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Ich bin mir sicher, dass wenn die islamische Proselytisierung in Indonesien sich an den koranischen Grundsätzen orientierte, der Islam für alle Menschen dieser Erde ein wahrer Segen wäre. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Episode 5: PROSELYTISIERUNG 43 ABSCHNITT 3 Gebot des Guten und Verbot des Bösen Das Gebot des Guten und Verbot des Bösen ist ein Teil der Da’wa. Proselytisierung meint die Einladung anderer Menschen, die ihnen angebotene Wahrheit anzunehmen und ihr zu folgen. Amar ma’ruf nahi mungkar ist ein Element dieses Konzepts, nämlich das zu gebieten, was wahr ist und das zu verbieten, was falsch ist. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die Regierung trägt die Verantwortung für amar ma’ruf nahi mungkar, d. h. für das Verbot des Bösen (mittels Anwendung von Gewalt) und das Gebot des Guten. Aber wenn dies nicht möglich ist, weil Nationen und Menschen äußerst hemmend sind, wie in Indonesien, bilden sich spontan Gruppen, die meinen, dass sie die Autoriät besitzen, Gutes vorzuschreiben und all das zu verbieten, was sie als böse betrachten, als wäre dies eine Art religiöse Pflicht. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) „Ma’ruf“ ist etwas, von dem die Menschen wissen, dass es gut ist; es kommt von dem Ausdruck ta’arafa ya’rifu. Etymologisch stammt das Wort von dem Begriff „Wahrheit“. „Mungkar“ ist etwas, das unser Bewusstsein als fremd abweist, so wie es die Lehren unseres religiösen Glaubens tun. Das ist das Böse. Den Regeln der islamischen Rechtsprechung zufolge ist das Unrechte, was notfalls mit Gewalt verhindert werden muss, das, was alle Mitglieder der Gesellschaft einstimmig als böse ansehen. Die Regeln der islamischen Rechtsprechung sagen dazu: „das, was mit dem Begriff ‚böse‛ bezeichnet wird, was notfalls mit Gewalt verhindert werden muss, ist etwas, worüber sich die Gesellschaft einig ist, dass es böse ist.“ Für die Menschen in Indonesien ist das Böse in diesem Sinne etwas Korruptes und Übelgesinntes, das durch unsere Nation kriminalisiert und nicht lediglich von einer Gruppe von Leuten verurteilt wurde. Betrachtet eine Gruppe etwas als korrupt, während andere es als legitim ansehen, so kann es nicht als etwas Böses eingestuft werden, das notfalls durch Zwang und Gewalt verboten werden muss. Daher müssen wir eine öffentliche Meinung und Einigung dahingehend finden, was mit dem Begriff „böse“ bezeichnet wird und was nicht. Wenn nicht, werden wir weiterhin Zeuge sein von .... ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama ... Banden selbsternannter Mitglieder von Selbstschutzgruppen, die mit Stöcken umher marschieren und Menschen schlagen. Im Ergebnis erschreckt diese Art von Islam andere nur. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Episode 5: PROSELYTISIERUNG 44 Durch Zwang Gewalt ausüben. Dieses und jenes verbieten, alles unter dem Vorwand des „Verbots des Bösen“. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertrender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Das einzige Mitglied der Gesellschaft, das ein legitimes Recht hat, Gewalt gegenüber anderen Bürgern anzuwenden, ist der Machtinhaber. In diesem Fall ist der Machtinhaber die Regierung. Viele von uns sind äußerst besorgt über Salafi-Bewegungen, die in all ihren Kampagnen Gewalt anwenden, um „das Böse zu verbieten“. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Ich würde mich schämen, ein „Verteidiger“ (des Islams) genannt zu werden, denn Gottes Lehren bedürfen keiner Verteidigung. Im Gegenteil, der Islam verteidigt mich und sorgt für mein Wohlergehen und bringt mir Erlösung. Indem ich die Lehren des Islams verstehe und praktiziere, hoffe und bete ich, dass mein Leben nützlicher und gesegneter sein wird. Und mit den Lehren des Islams, die mir zur Verbesserung meiner selbst verhelfen, kann ich Gott sei Dank meiner Familie helfen. Und Gott sei Dank kann ich zur Gesellschaft beitragen; denn ein jeder, dem ich helfe, ist ein Mitgeschöpf und ein Diener Gottes. Aber ich wäre beschämt und fühle mich unwürdig, von mir selbst zu glauben, dass ich dem Islam immer dar „helfe“. Meine eigenen Glaubensstudien sind so oberflächlich! Wie kann ich seine Lehren fördern oder verbessern, wenn mein eigenes Verständnis des Islams so oberflächlich ist? Ich glaube - oder besser - ich bin mir sicher, dass der Islam ohne mich nicht zugrunde gehen wird oder dass seine Lehren nicht aufgrund meiner Existenz noch großartiger werden. Ich brauche die Religion, um mein Leben zu ergänzen. Alles, was ich tun kann, ist Lob und Dank für dieses Leben auszusprechen und meinen Glauben zu praktizieren und Barmherzigkeit zu üben, und dafür brauche ich andere Menschen. Vielleicht braucht die Gesellschaft mich nicht, aber ich brauche die Gesellschaft, um mein Leben auszufüllen und zu ergänzen. ~ Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor, islamische staatliche Universität Syarif Hidayatullah, Jakarta, Indonesien Ich behaupte, dass der Islam in unserer heutigen Zeit in die Hände einer Bande ignoranter Fanatiker geraten ist, die ihn zu einem einzigen Zweck manipulieren: nämlich um dem Islam seines wahren Geistes zu berauben. Und weil sich der Islam derzeit in ihren Händen befindet, haben wir alle eine religiöse Pflicht, ihn aus ihrem lasterhaften Griff zu befreien und ihn, der von Menschen wie Osama bin Laden gefangen und in Fesseln gehalten wird, aus dem Würgegriff der Fanatiker zu befreien. Sie haben viele Anhänger, wie solche, die anderen Muslimen sagen: „Euer Islam ist falsch; folgt mir und werdet wahre Muslime.“ Diesen Muslimen antworten wir, dass es in der islamischen wissenschaftlichen Überlieferung eine Regel gibt: „Suche in deinem eigenen Herzen nach Rat, auch wenn ich dir Rat geben kann.“ Angenommen, zum Beispiel, ein Mufti erstellt dir eine Fatwa. Nachdem du ihn angehört hast, solltest du deinem eigenen Herzen folgen. Bestätigt dein Herz, was der Mufti gesagt hat und weist dich an, die Fatwa zu befolgen oder Episode 5: PROSELYTISIERUNG 45 nicht? Und wir übermitteln diese Botschaft: Wir haben eine heilige Pflicht, diese Vorgehensweise zu befolgen und das Zentrum des religiösen Verständnisses von außen nach innen zu verlagern. Wir müssen stets auf unsere Intuition und unser Gewissen hören, um zu entscheiden, ob das, was wir von anderen hören, wahr ist oder nicht. ~ Dr. Ali Mabrook, Experte für koranische Studien, Ägypten In der Tat wird in Wahhabi-Kreisen behauptet, dass das Prinzip des „Gebot des Guten und Verbot des Bösen“ mittels physischer Handlungen durchgesetzt werden muss. Aber Muslime, die keine Wahhabi-Anhänger sind, erkennen, dass das „Gebot des Guten und Verbot des Bösen“ nicht immer derartige Taktiken erfordert. Im Gegensatz zu denen, die Zwang anwenden, gibt es eine Redewendung des Propheten, die lautet: „Wenn du etwas siehst, was nicht richtig ist, solltest du im Rahmen deiner Macht handeln.“ Einige legen diesen Hadith in der Weise aus, dass er sich auf Machtinhaber bezieht, die die Autorität zur Anwendung von Gewalt besitzen. Aber wir, die wir über Wissen oder eine andere Art von Einfluss verfügen, können sprechen, diskutieren, Predigten halten, an Ratssitzungen teilnehmen oder schreiben (und das besagte Böse ablehnen). Und diejenigen, die nicht in der Lage sind, etwas Falsches zu verbieten, haben ihr Herz, dass das Böse ablehnt. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die Da’wa bedroht folglich niemanden, schüchtert niemanden ein und demütigt auch niemanden. Vielmehr berührt sie die Herzen auf sanfte Weise. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Mit Hinblick auf die Geschichte der islamischen Zivilistion ist es sehr wohl bekannt, dass die Wahhabi-Anhänger in den letzten Jahrhunderten hinter Bewegungen gestanden haben, die unter Gewaltanwendung „das Gute gebieten und das Böse verbieten“. Als die Wahhabis die Kontrolle über Arabien übernahmen, zerstörten sie alle Gebäude und Bauten, die sie als böse betrachteten. Deshalb ist das gesamte islamische Erbe Saudi-Arabiens restlos vernichtet worden. Das Haus, in dem der Prophet mit seiner Frau Khadijah lebte, gibt es nicht mehr. Die Geburtsstätte des Propheten wurde ebenfalls zerstört, und es sind davon heute keine Spuren mehr übrig. Aber das Seltsame ist, dass die Paläste und Wohnanlagen des Königs Abdul Aziz (der Gründer des modernen Saudi-Arabiens) noch immer in Riyadh in all ihrer Schönheit erhalten sind. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Episode 5: PROSELYTISIERUNG 46 „Es ist die angemessene Rolle der Regierung im Hinblick auf die Da’wa (und der von den Extremisten angewandten Gewalt, die sie Da’wa nennen), die Ulama und Gelehrten anzuhalten, Rat zu erteilen und diejenigen, die sich falsch verhalten, zu korrigieren. Wenn (die Extremisten) den Rat nicht unmittelbar annehmen, muss die Regierung das Recht durchsetzen, indem sie sie verhaftet und entsprechend ihrer Rechtsverletzung mit Gefängnis bestraft.“ ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten ABSCHLUSS (Gus Mus) Friede sei mit dir. (Dorfbewohner) Und mit dir. (Gus Mus) Gelobt sei Gott! Wie geht´s? (Dorfbewohner) Gut. (Gus Mus) Wie heißt du? (Dorfbewohner) Ich heiße Pak Man, mein Herr. (Gus Mus) Gelobt sei Gott, Pak Man. Der Name dieses Dorfes ist Banggi Market, nicht wahr? (Dorfbewohner) Ja, das Dorf Banggi Market im Regierungsbezirk und in der Stadt Rembang, mein Herr. (Gus Mus) So ist es, Pak Man. Ich würde gerne wissen, ob Du mit dem Begriff Da’wa vertraut bist. (Dorfbewohner) Ich als gewöhnlicher Mann denke, dass Da’wa meint, dass jemand ein moralisch gutes Wissen oder ein moralisch gutes Gebot teilt. Das verstehe ich unter Da’wa. Wissen zu teilen; oder manchmal gibt es in verschiedenen Versammlungen auch ein Da’waProgramm. Abhängig von der Da’wa-Mission mögen die Leute andere Definitionen geben. Aber meine Definition der Da’wa ist, wahres und moralisch nützliches Wissen zu teilen. (Gus Mus) Okay, danke. Ich wende mich nun an unsere Zuschauer. Verehrte Zuschauer, ich befinde mich in Banggi Market. Es ist ein Fischerdorf, und ich, Pak Man und die Dorfbewohner sind alle Zielobjekte der Da’wa. Die Menschen vergessen oftmals, dass Da’wa bedeutet, jemanden einzuladen. Einzuladen. Jemanden einzuladen heißt nicht, jemandem etwas zu befehlen. Es heißt nicht anordnen, verbieten oder zwingen. Wenn im Koran von einem göttlichen Gebot zur Einladung die Rede ist, ist es gleichzeitig erforderlich, zunächst Episode 5: PROSELYTISIERUNG 47 mit gutem Beispiel voranzugehen und dann „mit Weisheit einzuladen“ (bil hikmah)... Wenn wir also jemanden einladen, z. B. unsere Frau und sicherlich auch jede andere Person, so müssen wir sanfte, anziehende und verführerische Worte wählen, damit ihre Herzen von unserer Einladung angesprochen werden. Wenn wir Menschen auf grobe und barsche Weise „einladen“, wie können sich da ihre Herzen angesprochen fühlen? Gehen Sie also nicht so vor. Lassen Sie uns nun zwischen zwei koranischen Begriffen unterscheiden, wobei der eine „einladen“ (Da’wa) bedeutet und der andere „Gutes gebieten und Böses verbieten“ (amar ma’ruf nahi mungkar). Dies sind zwei sehr verschiedene Dinge. Jemand, der eine Einladung ausspricht, gebietet nicht. Der koranische Vers Ut Ummana ist in diesem Zusammenhang interessant: „Lade zum Weg Gottes ein, indem du (anderen) zunächst mit gutem Beispiel vorangehst und sie dann mit Weisheit einlädst.“ Der Koran macht keine Angaben dazu, wer einzuladen ist. Es heißt nicht „Lade Fulan ein“ oder „Lade diese oder jene Person ein“. Einfach nur, lade zum Weg Gottes ein. Wenn wir uns die von der Religionsabteilung angefertigte Übersetzung des Korans ansehen, sehen wir, dass sie Ausdrücke in Klammern enthält: „Lade (Menschen) zum Weg Gottes ein.“ Diese Erklärung ist eigentlich nicht nötig, denn zum Weg Gottes einzuladen meint automatisch, Menschen einzuladen, die sich noch nicht auf dem Weg Gottes befinden. Mit amar ma’ruf (Gutes gebieten) ist es anders. Ma’ruf ist etwas, von dem jeder weiß, dass es gut ist, und dies sollten wir gebieten. Und wem sollten wir es gebieten? Menschen, die wir kennen. Viele sprechen vom „Gebot des Guten und dem Verbot des Bösen“ und behaupten sogar, dass sie dieses Prinzip praktizieren. Doch übersehen sie die Tatsache, dass „das Gebot des Guten und das Verbot des Bösen“ in Wirklichkeit eine Bekundung der Liebe ist. Folglich muss es eine innere und aufrichtig liebevolle Verbindung geben zwischen den Menschen, die „Gutes gebieten und Böses verbieten“ und den Menschen, denen sie es gebieten oder verbieten. Es ist nicht möglich, auf der Grundlage von Hass „Gutes zu gebieten und Böses zu verbieten“. Das ist reiner Unsinn. Eine Einladung auszusprechen ähnelt, wie das Lehren, einer Werbung für etwas. Ich bin oft verwirrt und frage mich: „Wer ist die Person, die die Einladung ausspricht und wozu lädt sie ein?“ Warum ich verwirrt bin? Aufgrund der Art und Weise, wie sich Menschen benehmen, während sie praktizieren, was sie „Da’wa“ nennen. Sie schimpfen und toben, beleidigen andere und basieren ihre Handlungen niemals auf dem Beispiel ihres großen Führers, den Boten Gottes. Wenn der Bote Gottes zum Beispiel wusste, dass sich jemand falsch verhielt, nannte er niemals seinen Namen. Er sagte lediglich: „Jemand verhält sich in dieser Weise gegenüber seinem eigenen Bruder.“ Obwohl er wusste, dass die Person, die sich falsch verhielt, zum Beispiel Pak Man war, sagte er nicht „Pak Man behandelt seinen Bruder auf diese Weise“, sondern nur „Jemand verhält sich auf diese Weise.“ Aber Sie können es selbst sehen, wie viele Praktizierer der Proselytisierung Predigten halten und die „Da’wa“ durchführen und dabei Personen beim Namen nennen und ihre Zuhörer sogar dazu anstiften, böse Handlungen vorzunehmen. Und doch behaupten sie, dass sie „das Gute gebieten Episode 5: PROSELYTISIERUNG 48 und das Böse verbieten“. Sämtliche Referenzbücher für Muslime besagen, dass „das Gebot des Guten und das Verbot des Bösen“ auf rechtschaffene Weise erfolgen muss. Wenn wir anderen gebieten wollen, gut zu sein, müssen wir dies auf entsprechend gute und angemessene Weise tun. Wenn Sie oft zum Busbahnhof gehen, wissen Sie, dass die Kartenverkäufer sanfte, verführerische Worte wählen, um Kunden anzulocken. Zum Beispiel „Bitte steigen Sie ein, mein Herr. Der Bus ist klimatisiert, und wir bieten Karaoke an!“ Wenn wir möchten, dass jemand unseren Bus nimmt, ihn aber packen und rufen „Wenn du nicht in meinen Bus einsteigen willst, werde ich dir den Kopf einschlagen!“, dann rennt er einfach weg. Also noch einmal: Da’wa ist eine Einladung. Das Wesentliche einer Einladung anderer liegt in der Verführung und Überzeugung, weshalb der koranische Begriff bil hikmati (mit Weisheit) angewandt wird... Wenn eine Situation eine Debatte erfordert, so ist das besser als die Vorgehensweise anderer Leute. Auch wenn sie schimpfen und toben und andere beleidigen, brauchen wir es Ihnen nicht nachzutun. Wenn andere uns bloßstellen, brauchen wir sie im Gegenzug nicht bloßzustellen. Bil hikmah (mit Weisheit)... Manchmal möchte ich den Personen, die die Art Da’wa ausüben, welche den Lehren des Boten Gottes widerspricht, Fragen stellen. Ich möchte sie fragen: „Was wollt ihr wirklich?“ Wir müssen sehr vorsichtig sein und zwischen der Einladung anderer zum Weg Gottes und der bloßen Auslebung unseres eigenen Egos und unserer Leidenschaft unterscheiden. Unser Ego und religiöser Enthusiasmus liegen sehr nah beieinander. Manchmal geraten Menschen aufgrund ihres exzessiven Enthusiasmus für Religion in die Falle und vergessen, dass ihr persönliches Ego und ihre Leidenschaft sich genau hier einbringen können. Als Folge verschmelzen wir eine Organisation oder politische Partei manchmal mit unserer Religion. Egoistisches Verlangen hält uns von unserem wichtigsten Ziel ab, nämlich der eine und wahrhaftige Gott. Das war’s für heute, liebe Zuschauer. Wir sehen uns bei einer weiteren Episode zu einem anderen Thema wieder. Hoffentlich wird uns allen das, was wir heute gehört haben, von Nutzen sein. Friede sei mit Ihnen. Episode 5: PROSELYTISIERUNG 49 Episode 6: JIHAD EINLEITUNG von Kyai Haji Mustofa Bisri Friede und Segen seien mit Ihnen, meine verehrten Zuschauer. Wir sind wieder bei Ozean der Offenbarungen. Dieses Mal laden wir Sie ein, sich die Beiträge führender islamischer Persönlichkeiten hinsichtlich eines Begriffs anzuhören, der in letzter Zeit sehr oft verwendet wurde, wobei er weitgehend unterschiedlich ausgelegt wird. Es handelt sich um den Begriff Jihad. Sehen wir es uns zusammen an. ABSCHNITT 1 Der Begriff Jihad stammt aus dem Arabischen. Welche Bedeutung hat er? Er meint „optimale oder maximale Anstrengung“ zur Aufrechterhaltung der Wahrheit, höchster Werte und großmütiger Prinzipien wie Gerechtigkeit, Gleichheit, Schutz der Schwachen, Verteidigung der Menschenrechte, Ausräumung von Gewalt, Appell an andere zur Zivilisation und Moral, Anhebung des Bildungsstandards und Hilfeleistung für die Armen zur Erreichung eines größeren Wohlstands, so dass wir alle in Ruhe und Frieden miteinander leben können. Dafür steht Jihad. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Der Jihad ist eine jede ernsthafte Anstrengung zur Einhaltung der Gebote Gottes. Aus diesem Grund sagt Gott in einem koranischen Vers: „Gott hat für jede Religion eigene Gesetze und Regelwerke etabliert.“ Wenn Gott wollte, hätte er euch alle zu Anhängern einer einzigen Religion gemacht. Aber Gottes Wille ist ein anderer. Er will euch durch die Religion, der ihr angehört, prüfen. Wie sieht diese Prüfung aus? Gott will, dass ihr bei der Verbreitung des Guten gegen die Anhänger eines anderen Glaubens antretet. Deshalb meint Jihad „wirkliche und ernsthafte Anstrengung“ zur Verbreitung des Guten weit und breit. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslemischer Gelehrter Episode 6: JIHAD 50 Der Jihad ist ein vom religiösen Glauben inspirierter Beweggrund und Ethos. Ich meine damit, dass die Inspiration des Jihad in Selbsterhabenheit, Aufrichtigkeit und unermüdlicher Anstrengung zur Aufrechterhaltung der Wahrheit liegt, einschließlich der höchsten Ideale der Menschheit. ~ Dr. Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Der Nil Kairo, Ägypten Mein Verständnis der Bedeutung des Jihad im Islam ist, dass er keine Verpflichtung darstellt, mit Ausnahme von zwei grundlegenden Umständen. Erstens, die Verteidigung von Religion, Wohlstand, Ehre und der eigenen Nation. Wir sind zu deren Verteidigung verpflichtet. Und zweitens, die Erbringung von Hilfe für die Unterdrückten. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten Wenn wir danach streben, unser Leben lang all unser Potential, unser Wissen und unsere Kraft anzuwenden, um Gott - und somit seinen Geschöpfen - zu dienen... ist das für mich Jihad auf dem Wege Gottes. ~ Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor der islamischen staatlichen Universität Syarif Hidayatullah , Indonesien Im Islam meint Jihad nicht lediglich eine physische Anstrengung. Vielmehr ist der größte Jihad der, den wir gegen uns selbst führen, zur Überwältigung unserer grundlegenden und egoistischen Natur. ~ Kyai Haji Muhammad Zuhri Zaini, Leiter des islamischen Internats Nurul Jadid in Probolinggo, Indonesien Der „große Jihad“ ist ein innerer Kampf zur Zügelung des Egos, die Bekämpfung aller Neigungen, die im Widerspruch zur (Anerkennung der) Wahrheit stehen, wie zum Beispiel Egoismus und Begierde. Das ist der große Jihad. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Von einer noch größeren Perspektive aus meint „Jihad“ den Kampf des Lebens. Als die Gefährten des Propheten von Badr zurückkehrten, der bedeutendsten Schlacht in der islamischen Geschichte, sagte der Prophet: „Wir sind soeben von einem kleineren Jihad zum größeren Jihad zurückgekehrt.“ Was ist der größere Jihad? Der Kampf gegen Begierde, Armut, Ignoranz, Zwang und jegliche Formen von Korruption in der Welt. Episode 6: JIHAD 51 ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah „Jihad“ meint grundsätzlich die Unternehmung großer und ernsthafter Anstrengungen zur Erreichung eines großmütigen Zwecks. Das ist Jihad. Der Koran sieht kein Konzept des „Heiligen Krieges“ vor. Es gibt keinen Krieg, der heilig ist, auch wenn die Selbstverteidigung erlaubt ist. „Heiliger Krieg“ ist kein Begriff des Korans. Meiner Ansicht nach meint Jihad „die Ausübung großer Anstrengungen zur Erreichung eines großmütigen Ziels“, wie es durch die Religion und einem gesunden Verstand geboten wird. Er steht in Beziehung zum Ijtihad bzw. zur individuellen Interpretation und Beurteilung. Der Ijtihad steht für Fähigkeit, eine Art freien Denkens zur Lösung von Problemen, basierend auf den göttlichen Willen und die Offenbarung. Die menschliche Vernunft spielt bei der Interpretation der Offenbarung eine entscheidende Rolle. Denn obwohl der Mensch ein relatives Geschöpf ist (im Gegensatz zu Gott, der absolut ist), wurden wir mit Vernunft ausgestattet, was uns die Anwendung des intellektuellen Jihad (d.h. des Ijtihad) ermöglicht. Jihad und Ijtihad haben die gleiche Wurzel, nämlich das arabische Wort Jahadah: ernsthaft für das Gute arbeiten. Nicht das Sprengen von Bomben. Das ist kein Jihad. Das ist ignorantes und jugendliches Abenteuertum. ~ Prof. Dr. A. Syafi’i Ma’arif, ehemaliger Vorsitzender der Muhamadiyah (1998-2005) Jihad hat nur eine Bedeutung und die ist das „Große“. Wir müssen sehen, dass die Massen ihren Traum von Gerechtigkeit und Wohlstand im Leben realisieren. Auf diese Weise üben wir wahrhaftig den Jihad aus. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) ABSCHNITT 2 Der Begriff Jihad ist extrem verzerrt worden. Das Wort ist praktisch in Blut gebadet, und ich glaube, wir müssen dies korrigieren. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertrender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Der Jihad, der so häufig als zentrales Thema (in extremistischen Reden) dargestellt wird, ist stets der kleine Jihad. Der äußere Jihad. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Wenn Jihad zur Bezeichnung von Krieg und bloßer Gewalt verwendet wird, drückt dies nicht nur ein teilweises Verständnis des Begriffs aus, sondern es degradiert letztendlich die Bedeutung und den Zweck des Jihad selbst. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Episode 6: JIHAD 52 Im Ausnahmefall ist der Jihad Selbstverteidigung, wenn man sich an dich vergriffen hat und du sämtliche friedlichen Mittel angewandt hast, um dich zu schützen und du damit keinen Erfolg hattest. Der Jihad ist niemals eine Initiative. Er ist eine Reaktion auf eine Handlung: die letzte Reaktion nach Ausschöpfung aller friedlichen Mittel. ~ Dr. Hassan Hanafi, ägyptischer muslemischer Gelehrter Der Koran unterscheidet den Begriff „Jihad“ eindeutig von dem Begriff „Qital“. Qital meint Krieg führen, während Jihad im Arabischen wörtlich meint, etwas mit ganzem Herzen tun. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter Im Islam ist Krieg lediglich defensiv und nicht aggressiv. Muslimen ist es nicht gestattet, rücksichtslos Krieg zu führen, insbesondere nicht um eines selbst oder einer Gruppe willen. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Sobald wir eine Ordnung im Sinne des sozialen und politischen Phänomens, welches wir Staat nennen, etabliert haben, ist das staatliche System für den physischen Jihad und die Konfrontation von Feinden verantwortlich. Deshalb können einzelne Personen nicht einfach losziehen und einen physischen Jihad führen. Zum Beispiel stehen wir als Bürger Indonesiens unter der Gewalt und dem Schutz des Staates. Die einzelnen Menschen können nicht die Initiative ergreifen und einen physischen Jihad führen. Das Verletzen oder Töten anderer sowie das Einsperren von Menschen in Gefängnissen unterliegen der alleinigen Verantwortung des Staatssystems. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertrender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Wir können nicht einfach unseren eigenen Krieg führen! Plötzlich verübte Amrozi einen Bombenanschlag und rechtfertigte ihn damit, dass Krieg herrschte. Aber wer um alles in der Welt erklärte den Krieg in Bali? Es herrschte dort vor seiner Ankunft keine Gewalt. Er wurde von absolut niemandem bedroht. ~ Kyai Haji Hasyim Muzadi, Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Wenn „Jihad“ lediglich harte Arbeit und törichte Handlungen bedeutet, dann wird er nicht nur darin fehlschlagen, Probleme zu lösen, sondern er wird noch weitaus mehr Probleme schaffen. ~ Prof. Dr. Komaruddin Hidayat, Rektor der islamischen staatlichen Universität Syarif Hidayatullah, Indonesien Episode 6: JIHAD 53 Atheisten berufen sich nicht auf den Namen Gottes, um Gewalt zu rechtfertigen, während Terroristen sich auf die Religion stützen, um Böses zu verüben und ihre Mitmenschen und die Natur zu peinigen. Es ist gleich, wie man die Sache betrachtet; was sie tun, verstößt gegen die Lehre einer jeden Religion. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Der Bombenanschlag vom 12. Oktober 2002 störte die Harmonie zwischen Hindus und Muslimen in Bali. Warum? Weil die Täter selbst stolz erklärten, dass ihre Handlungen von islamischer Natur waren. Sie töteten im Namen des Islam. ~ Haji Bambang, muslimische Kulturfigur aus Bali, Indonesien Auch wenn man es mit goldener Tinte in großen fettgedruckten Buchstaben schreibt: Jihad fi Sabilillah (Jihad auf dem Wege Gottes), wenn diese Worte die Absicht ausdrücken, andere zu töten, zu terrorisieren, einzuschüchtern, zu bedrohen oder ihren Tod zu verursachen, dann hat dies absolut nichts mit Jihad zu tun. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Denkmal für die Opfer des Bombenanschlags vom 12. Oktober 2002 Kuta, Bali, Indonesien Nach dem Bombenanschlag fragten unsere Hindu-Freunde: „Sind die Worte ‘Allahu Akbar’ (Gott ist groß!) für das Töten von Menschen gedacht? Denn jedes Mal, bevor sie Selbstmord begehen und eine Bombe in die Luft sprengen, rufen die Terroristen ‘Allahu Akbar!’“ Nein, unsere Hindu-Brüder trifft keine Schuld, wenn sie fragen, ob „Allahu Akbar“ als Auftakt zum Töten gemeint ist. Ich habe immer folgende Antwort gegeben: „Nein! Nein, die Terroristen sind im Unrecht, sie mißverstehen und verdrehen den Islam.“ ~ Haji Bambang, muslimische Kulturfigur aus Bali, Indonesien Es gibt noch immer einige von uns, die die Bedeutung von Jihad in diesem beschränkten Sinn verstehen und diesen Jihad sogar „ausüben“, indem sie anderen gegenüber Gewalt anwenden. Und sie begehen diese Gewalttaten im Namen Gottes, im Namen des Islam. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Ich war beschämt zu sehen, wie buddhistische Mönche friedlich die Warheit in Myanmar aufrecht erhielten und in einer höflichen, geordneten Weise demonstrierten, während unsere (muslimischen) Brüder in Tasikmalaya zur Verteidigung des Islam Amok liefen und kleine Episode 6: JIHAD 54 Restaurants zerstörten, die tagsüber während des Ramadan geöffnet hatten. Ein derartiges Verhalten ist gemäß dem Islam falsch und ist das genaue Gegenteil von Weisheit. „Wer andere zu Rechtschaffenheit aufruft, muss dies auf rechtschaffene Weise tun.“ Der Zweck kann niemals die Mittel heiligen. ~ Prof. Dr. Kyai Haji Said Agil Siraj, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Die Religion existiert, um Menschen zur Reife zu verhelfen. Wenn ihr einziger Zweck die Zerstörung ist, warum sollten wir uns dann überhaupt mit Religion beschäftigen? Nicht einmal Tiere richten willkürliche Zerstörung an. Meiner Ansicht nach sind diejenigen, die ihren Emotionen freien Lauf lassen und auf physische Stärke setzen minderwertiger als Tiere. Sie sind sicherlich keine „Menschen des Glaubens“. ~ Kyai Haji Abdul A’la, Leiter des islamischen Internats Annuqayah in Sumenep, Indonesien Um Jihad wirklich zu verstehen, bedarf es eines größeren Bewusstseins, insbesondere vonseiten unserer Mitmuslime, die noch nicht verstehen, dass der größte Kampf und die größte Herausforderung im Leben darin besteht, ein Leben aufzubauen, das wahrlich für alle Geschöpfe ein Segen ist. ~ Dr. Haedar Nashir, stellvertretender Vorsitzender der Muhammadiyah Noch einmal müssen wir Jihad von dem Begriff Qital unterscheiden, der Krieg bedeutet. Nach Jihad folgt immer der Ausdruck „fi sabilillah“, auf dem Wege Allahs. ~ Jalaluddin Rakhmat, indonesischer muslimischer Gelehrter ABSCHNITT 3 Gedicht (Gott ist groß) Von Kyai Haji A. Mustofa Bisri „Gott ist groß!” schreit und wettert ihr und lasst kleine Geschöpfe erschaudern und zittern „Allahu Akbar!“ Die Venen in euren Hälsen schwellen an, Episode 6: JIHAD 55 wenn ihr schreit „Gott ist groß!“ und den Jihad mit blinder Leidenschaft kämpft. Euer Hass äschert alles ein, was ihr als „böse“ betrachtet. Allahu Akbar Gott ist in der Tat der Größte Wenn alle Bewohner dieser Erde, die nicht größer ist als ein Staubkörnchen, blasphemisch wären... oder fromm..., würde dies nicht die geringste Auswirkung auf seine Größe haben. Wenn ich eure wilde Grausamkeit sehe, bin ich mir sicher, dass ihr niemals den liebevollsten, barmherzigsten und mitfühlendsten einen getroffen habt, dessen Liebe der gesamten Schöpfung zuteil wird. Wie könnt ihr es wagen, seinen Namen zu benutzen, wenn ihr die, die den Weg zu ihm suchen, auf arrogante Weise verflucht und zerstört? Wenn sie wirklich für die Hölle bestimmt sind, warum überlasst ihr sie dann nicht dem Zorn Gottes, der sie peinigen wird? Wann habt ihr den göttlichen Auftrag erhalten, andere zu quälen und zu verdammen? Allahu Akbar! Die Anbetung falscher Götter ist die größte Sünde, und die schlimmste Form der Götzenanbetung ist die Beigesellung anderer zu Gott, indem ihr euch selbst vergöttert und eurer eigenes (primitives) Verständnis als die absolute Wahrheit verkündet. Gott ist groß! Der unmittelbarste Jihad, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, besteht darin, Wege zu finden, wir wir unsere Umwelt retten, für Gerechtigkeit kämpfen und uns selbst von den in unserem Bewusstsein gelagerten Klischees befreien, die zu einer Form des „falschen Bewusstseins“ führen, welches menschliche Konflikte auf allen Ebenen hervorruft - seien es Episode 6: JIHAD 56 politische Konflikte oder übertriebene Forderungen nach Selbstrechtschaffenheit - die humanitäre Arbeiten und die Entstehung eines neuen erweiterten Bewusstseins zum Kampf für Rechtschaffenheit verhindern. Meiner Ansicht nach ist dies der „große Jihad“ unser Gegenwart. ~ Moeslim Abdurrahman, indonesischer muslimischer Gelehrter Das Streben nach Wissen wird ebenfalls als Jihad angesehen, da dies die Ignoranz vertreibt. Die Beseitigung oder Überwindung der Ignoranz ist eine Form der Rechtschaffenheit, wie sie durch die Religion gefordert wird. Auch das ist Jihad. Deshalb gilt die Bezahlung für die Ausbildung einer Person ebenfalls als Jihad. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Die Schüler islamischer Internate, die ernsthaft eine Ausbildung anstreben, üben ebenfalls den Jihad aus. ~ Kyai Haji Abdul Muqiet Arief, Leiter des islamischen Internats Bahrul Ulum in Jember, Indonesien Ein überall vorherrschendes Missverständnis hinsichtlich des Jihad hat dieses Verhalten verursacht, richtig? In der Tat ist es auf einen einzigen Grund zurückzuführen: Ignoranz. Daher müssen wir daraus schließen, dass Ignoranz und Dummheit den Hauptgrund für Konflikte in muslimischen Gesellschaften von heute darstellen. Wenn wir Konflikte wirklich vermeiden wollen, dann lasst uns unsere Religion ausführlich studieren, so dass wir wissen, was wir im Fall von Unterschieden und Ähnlichkeiten zu tun haben. So wie ich die Dinge sehe, ist es weitaus besser, wenn wir unterschiedlich sind, aber ein gemeinsames (aufgeklärtes) Verständnis teilen, als gleich zu sein und zusammen in Ignoranz zu verfallen. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Der Prophet Mohammed sagte, dass jemandem, der kämpft, um die Armen und Unterdrückten zu verteidigen, das gleiche Schicksal wiederfährt wie jemandem, der dafür kämpft, Gottes Religion zu verteidigen und jemandem, der unaufhörlich jeden Abend betet und tagsüber fastet. ~ Kyai Haji A. Washil Syarbini, Leiter des islamischen Internats Sumberweringin in Jember, Indonesien Mereka seperti seorang istri di dalam rumah tangganya, mereka bersungguh-sungguh mendidik putranya dan sebagainya, itu semuanya adalah jihad. Episode 6: JIHAD 57 Wann immer ich mich also selbst oder andere gegenüber Diebstahl, Korruption, Tyrannei, Feindseligkeit, Einschüchterung oder anderen derartigen abscheulichen Taten verteidige, handelt es sich auch um Jihad, und Gott wird die, die ihn ausüben, reichlich segnen. ~ Muhammad Sayyid Tantawi, Großscheich von al-Azhar in Kairo, Ägypten Die Wandlung der sozialen Ordnung von Ungerechtigkeit und Despotismus in eine gerechte Ordnung ist eine entscheidende Form des Jihad. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Gemäß dem Islam ist die schwierigste Form des Jihad, wenn ein tapferer Mann einem grausamen und tyrannischen Herrscher gegenüber die Wahrheit spricht. ~ Kyai Haji M. Tolchah Hasan, Berater der Nahdlatul Ulama Noch einmal: Einzelne Personen sind nicht zur Ausübung des physischen Jihad, der sich zu einer solchen Sensation entwickelt hat, befugt. In einer organisierten Gesellschaft, die seit der Zeit des Propheten besteht, obliegt der physische Jihad der Verantwortung des Staates und wird heute professionell durch die repressiven Regierungsbehörden ausgeübt, einschließlich des Rechtssystems zur Bestrafung von Personen, z.B. durch Bußgelder oder Gefängnis. All dies sind Aspekte des physischen Jihad, der in der Autoriät des Staates und seiner jeweiligen Behörden begründet liegt, beispielsweise der Truppen zur Tötung eines Feindes. ~ Kyai Haji Masdar Mas’udi, stellvertretender Vorsitzender der Nahdlatul Ulama Unser größter Feind ist das egoistische Verlangen, und dieser Feind liegt in unserem Inneren. Wenn wir unseren eigenen Egotismus und unsere Begierde erfolgreich bewältigt haben, können wir unsere Aufmerksamkeit auf andere Dinge lenken. ~ Kyai Haji M. Yusuf Chudlori, Leiter ders islamischen Internats Asrama Perguruan Tinggi in Tegalrejo, Indonesien Menschen, die in der Lage sind, den größeren Jihad zu führen, werden auch den kleineren Jihad meistern. Sie werden in der Lage sein, ihr Arbeitsumfeld erfolgreich zu organisieren und gut funktionierende politische Parteien, ein funktionierendes Parlament und Regierungskabinett und eine Führung zu formen, die der Nation mit gutem Beispiel vorangeht. Aber wenn wir die kleineren Jihads ausüben, bevor wir unser eigenes Ego und unsere Begierde überwunden und folglich den größeren Jihad gemeistert haben, werden wir ledglich zum Chaos und Leiden der Menschheit beitragen. ~ Mohamad Sobary, indonesische Kulturfigur Episode 6: JIHAD 58 Ich muss daran erinnern, dass Muslime eine Haltung der Vergebung annehmen müssen. Der Mangel an Vergebung ist kein Merkmal (derer, die sich wahrlich Gott untergeben). Vergib und sei stets bestrebt, Gutes zu tun. Im Koran heißt es, welch Übel dich auch befällt, es wurde von deinen eigenen Händen vorausgesandt. Aber Gott hat weitaus mehr vergeben, als die Sünden, die du begangen hast. ~ Kyai Haji Abdurrahman Wahid, ehemaliger indonesischer Präsident und Vorsitzender der Nahdlatul Ulama (1984-1999) ABSCHLUSS Verehrte Zuschauer, nachdem wir die ausgereifte Beurteilung dieser muslimischen Gelehrten und Geistlichen hinsichtlich des Jihad gehört haben, stellen wir fest, dass nicht ein einziger von ihnen der gegenwärtigen, weit verbreiteten falschen Auffassung zustimmt, dass Jihad zu töten oder zu zerstören bedeutet. Jihad kommt aus dem Arabischen. Der Ausdruck jahada beschreibt eine bestimmte Qualität eines Gedankens, einer physischen Handlung oder eines spirituellen Bestrebens. Mit Hinblick auf den Gedanken sprechen die Araber von ijtihad, was bedeutet, unsere gesamte intellektuelle Fähigkeit ernsthaft daranzusetzen, etwas Nützliches im Bereich des Wissens zu erreichen. Das wird als ijtihad bezeichnet. Wenn wir wirklich und ernsthaft bestrebt sind, die Vereinigung mit Gott zu erreichen, wird das im Arabischen als mujahaddah bezeichnet. Das ernsthafte Bestreben, alle Boshaftigkeit und Eifersucht aus unseren Herzen zu verbannen und sich Gott zu nähern, indem man jeden letzten Tropfen seiner Energie und Fähigkeit verbraucht... das ist mujahaddah. Der physische Jihad - den die Menschen häufig mit Qital bzw. Krieg verwechseln - ist der Kampf, die Wahrheit zu verteidigen und andere vor Unterdrückung zu schützen. Selbst wenn diese Form des Jihad eine Form des Krieges annimmt, kann dieser nicht nach Belieben zwischen einzelnen Personen oder Organisationen geführt werden, denn das führt zur Anarchie. Die Regierung ist die einzige Autorität, die den Jihad in Form von Krieg erklären und führen kann. Regierungen rufen selten sorglos die Form des Jihad aus, die Krieg involviert. Und selbst wenn wir das Thema Krieg betrachten, bezeichnen wir diese und andere Formen des Jihad als Jihad fisabililla oder Jihad auf dem Wege Gottes. Und natürlich ist es unmöglich, Krieg auf dem Wege Gottes zu führen und Mittel einzusetzen, die mit dem Wege Gottes völlig unvereinbar sind. Wir können nicht einfach tun, was uns beliebt. Das ist absolut unmöglich! Nehmen wir zum Beispiel diejenigen, die Leiden und Chaos verursachen oder wie man üblicherweise sagt, terroristische Gewalttaten begehen. Das ist kein Krieg, das ist nicht Qital, und es ist ganz sicher kein Jihad. Es ist nichts als die reine Verwüstung. Wenn jemand von Jihad im Sinne von Krieg spricht, gibt es präzise Regeln, die eingehalten werden müssen; zum Beispiel dahingehend, wer bekämpft und getötet werden darf. Einzelne Personen, Organisationen und Gruppen haben absolut kein Recht dazu, Krieg zu erklären, und vor allem haben sie nicht das Recht, eine brutale Kampagne der Zerstörung ohne jegliche Regeln zu führen. Episode 6: JIHAD 59 Als die mekkanischen Polytheisten den Islam angriffen, verbat unser Prophet Mohammed, Friede und Segen seien mit ihm, Muslimen, Frauen oder Kinder zu töten, Bäume niederzubrennen oder zu fällen oder gegen sonstige Kriegsregeln, die er einführte, zu verstoßen. Diejenigen, die Chaos und Zerstörung in Form von Terrorismus säen, sind taub gegenüber dem Leiden von Frauen, Kindern und allen Lebewesen. Sie zerstören einfach alles, was ihnen im Weg steht. Das lässt sich in keinster Weise rechtfertigen. Was sie tun, ist kein Jihad, weder im Sinne des Kampfes auf dem Wege Gottes noch im Sinne von Krieg, wie er im Islam verstanden wird. Verehrte Zuschauer, wir sehen uns bald wieder, um ein weiteres Thema zu behandeln. Bis dahin sei Friede mit Ihnen. Episode 6: JIHAD 60