Wann ist eine Nebentätigkeit zulässig? Wann nicht?

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Wann ist eine Nebentätigkeit zulässig? Wann nicht?
Wann ist eine Nebentätigkeit zulässig? Wann nicht?
Die Anzahl der Nebentätigkeiten bei bestehendem Arbeitsverhältnis nehmen zu – kein Wunder
angesichts der wirtschaftlichen Lage. Immer mehr Menschen verdienen immer weniger. Damit
stellt sich die Frage, ob und inwieweit Nebentätigkeiten bei einem bereits vorhandenen (Haupt-)
Arbeitsverhältnis zulässig sind.
Sind Nebentätigkeiten grundsätzlich zulässig?
Ja. Es ist nicht einmal untersagt, zwei oder möglicherweise mehrere Arbeitsverhältnisse
nebeneinander zu haben. Bei Teilzeitarbeit kommt das nicht selten vor. Die Zulässigkeit, auch
mehrere Arbeitsverhältnisse nebeneinander zu haben, ergibt sich bereits aus dem grundrechtlich
geschützten Grundsatz der Berufsfreiheit (Art. 12 GG).
Von einem Hauptarbeitsverhältnis wird allgemein gesprochen, wenn dieses Arbeitsverhältnis die
Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer in der Hauptsache in Anspruch nimmt, sodass die weitere
Aufnahme einer Beschäftigung die Nebentätigkeit darstellt.
Wann bestehen Einschränkungen?
Trotz des Grundsatzes der Berufsfreiheit kann es Einschränkungen geben, die sich auf die
Ausübung von Nebentätigkeiten beziehen. Eine Nebentätigkeit kann etwa problematisch werden,
wenn in einem wesentlichen Umfang berechtigte betriebliche Interessen des Arbeitgebers
beeinträchtigt werden. So hat der Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses ein berechtigtes
Interesse daran, dass der Arbeitnehmer auch dann seine Arbeitspflichten ordnungsgemäß erfüllt,
wenn er eine Nebentätigkeit ausübt.
Das muss nicht unbedingt ein Problem der zeitlichen Kollision sein. Wenn beispielsweise zu
bestimmten Nachtstunden eine Taxifahrertätigkeit als Nebentätigkeit ausgeübt wird und der
Arbeitnehmer tagsüber in einem Betrieb arbeitet, kann der Betriebsinhaber darauf dringen, dass die
Nebentätigkeit eingeschränkt wird, wenn sich eine wesentliche Beeinträchtigung des
Hauptarbeitsverhältnisses ergibt. Er kann zwar die Nebentätigkeit nicht einfach verbieten, aber es
kann sich unter bestimmten Umständen ein Grund für eine Kündigung im Hauptarbeitsverhältnis
ergeben.
Weitere Gründe, bei deren Vorliegen berechtigte betriebliche Interessen im Hauptarbeitsverhältnis
verletzt sein können, liegen beispielsweise vor, wenn mit der Nebentätigkeit
 eine Konkurrenztätigkeit zum Hauptarbeitsverhältnis erfolgt (vgl. BAG 21.9.99, DB 2000,
1336);
 ideelle Interessen des Arbeitgebers verletzt werden (Beispiel: ein Krankenpfleger übt eine
Nebentätigkeit als Bestatter aus; vgl. BAG 28.2.02 – 6 AZR 357/01);
 während des Urlaubs eine dem Urlaubszweck widersprechende Beschäftigung erfolgt
(vgl. BAG 25.2.88, AP Nr. 3 zu § 8 BUrlG).
Bestehen Zweifel daran, ob im Hauptarbeitsverhältnis betriebliche Interessen wesentlich verletzt
werden, kann der Arbeitgeber berechtigt sein, vom Arbeitnehmer Auskunft über Art und Umfang der
Nebentätigkeit zu verlangen (BAG 11.12.01 – 9 AZR 464/00).
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Können sich neben den betrieblichen Interessen andere Einschränkungen ergeben?
Es ist zu empfehlen, vor Aufnahme einer Nebentätigkeit zu prüfen, ob und inwieweit
Beschränkungen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung gegeben sind. Verschiedentlich
sehen Regelungen aus Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vor, dass die Nebentätigkeit
einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber das
Recht auf Zustimmung nicht willkürlich ausüben darf. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn
nicht zu erwarten ist, dass durch die Nebentätigkeit eine erhebliche Beeinträchtigung
betrieblicher Interessen erfolgen wird. Erforderlichenfalls kann die Zustimmung im Wege einer
arbeitsgerichtlichen Klage durchgesetzt bzw. ersetzt werden.
Es ist auch unzulässig, ein generelles Nebentätigkeitsverbot mit der Folge zu vereinbaren,
dass eine pauschale Abhängigkeit durch eine erforderliche Zustimmung des Arbeitgebers
entsteht. Daher ist eine Regelung in einem Arbeitsvertrag unwirksam, wonach
Nebentätigkeiten „gleich welcher Art“ verboten sind und nur mit Zustimmung des Arbeitgebers
übernommen werden dürfen (LAG Rheinland-Pfalz,
- 8 Sa 69/05 -).
Im öffentlichen Dienst sind Nebentätigkeiten für Beamte grundsätzlich genehmigungspflichtig (§ 65
BBG). Davon gibt es bestimmte Ausnahmen, wie etwa schriftstellerische Tätigkeiten oder Vorträge.
Für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes finden zwar die beamtenrechtlichen
Vorschriften sinngemäße Anwendung. Die Nebentätigkeit ist prinzipiell aber nur
genehmigungspflichtig, wenn sie einen erheblichen Umfang hat und ein Entgelt gezahlt wird. Den
Regelungen in der privaten Wirtschaft entsprechend darf die Nebentätigkeit nicht die
ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindern oder zu einem Widerstreit mit den
dienstlichen Pflichten führen (vgl. § 65 Abs. 2 BBG).
Bei einer arbeitsrechtlichen Prüfung, ob und inwieweit Nebentätigkeiten zu Rechtsproblemen führen
können, ist einiges zu beachten. Welche Probleme dabei auftreten können, zeigt ein Beispiel, dem
eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde liegt: Eine Zeitungszustellerin trägt
von Montag bis Samstag für einen Verlag Zeitungen aus. Sie hat darüber hinaus eine
Nebentätigkeit. Für einen Anzeigenverlag liefert sie dessen Publikation aus, und zwar ausschließlich
am Sonntag in den Morgenstunden.
Das Gewerbeaufsichtsamt stellt fest, dass der Anzeigenverlag nicht den nach § 11 Abs. 3 ArbZG
vorgeschriebenen Ersatzruhetag für die Sonntagsarbeit gewährt. Das kann dieser Arbeitgeber aber
gar nicht. Die Arbeitnehmerin ist nur am Sonntag bei ihm beschäftigt. Sie ist sonst, wie dargelegt, die
ganze Woche über bei einem anderen Arbeitgeber tätig. Gleichwohl droht das Gewerbeaufsichtsamt
mit einem Bußgeld. Daraufhin kündigt der Arbeitgeber, der das Anzeigenblatt vertreibt, das
Arbeitsverhältnis mit der Zustellerin fristgemäß.
In dem sich anschließenden Kündigungsverfahren, mit dem die Zustellerin die Weiterbeschäftigung
am Sonntag verlangt, vertritt sie die Auffassung, dass das Gebot, Sonntagsarbeit durch einen
arbeitsfreien Werktag in der Woche auszugleichen, bei einer Beschäftigung durch zwei verschiedene
Arbeitgeber nicht zur Anwendung kommt.
Dieser Auffassung folgt das Bundesarbeitsgericht, das sich in letzter Instanz mit dem Rechtsstreit zu
befassen hatte, nicht. Die gesetzlichen Vorschriften über Sonntagsarbeit würden zum Schutz der
Arbeitnehmer arbeitgeberübergreifend gelten. Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 ArbZG über den
Ersatzruhetag gelte auch, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer ausschließlich sonntags
beschäftige, ihm den Ausgleichstag aber nicht gewähren könne, weil in der Woche ein
Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber bestünde. In solchen Fällen sei regelmäßig ein Grund
zu einer ordentlichen Kündigung aus personenbedingten Gründen gegeben.
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Auch dieses Beispiel zeigt, wie differenziert die arbeitsrechtlichen Fragen bei dem Verhältnis zwischen
Hauptarbeitsverhältnis und Nebentätigkeit sein können. In Zweifelsfällen sollte daher rechtskundiger
Rat eingeholt werden.
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Autor: Wolfgang Schneider
Redaktioneller Stand: April 2006
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