Lösungsvorschlag 9: ICP-MS – Reaktionszellen und TOF-MS
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Lösungsvorschlag 9: ICP-MS – Reaktionszellen und TOF-MS
Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik Lösungsvorschlag 9: ICP-MS – Reaktionszellen und TOF-MS 1. Welcher Grund führte zum Einsatz von Reaktionszellen bei der QuadrupolMassenspektrometrie? Was für Vorteile bringt bei den Reaktionszellen ein Octapol bzw. Hexapol gegenüber einem Quadrupol? Mit der relativ geringen Auflösung (R = 300-400) der QuadrupolMassenspektrometer können isobare Überlappungen nicht aufgelöst werden. Wenn zudem komplexe Matrizes das ‚Herausrechnen’ der Interferenzen über die Isotopenhäufigkeit der jeweiligen Interferenz erschweren, bietet der Einsatz von Reaktionszellen die Möglichkeit, trotzdem den schnellen und vergleichsweise günstigen Quadrupol-Massenfilter zu verwenden, da die Interferenzen VOR der Massentrennung entfernt werden können. In Hexa- und Octapol-Reaktionszellen ist die Anzahl an Kollisionen grösser, dadurch erhöht sich die Effizienz. Zudem werden weniger Verluste durch Streuung beobachtet, was die Transmission der Ionen zusätzlich verbessert1. 2. Erklären Sie den Satz: «Die Energieverteilung der Ionen werden in der Kollosionszelle von ~20 eV auf 0.5-1 eV reduziert.» Die aus dem Plasma austretenden Ionen haben selbst bei gleicher Masse eine gewisse Energieverteilung. Durch Kollisionen in der Reaktionszelle mittelt sich die kinetische Energie aus und damit haben die einzelnen Ionensorten danach eine schmalere Energieverteilung. 3. Wieso gibt es bei den Quadrupol-Massenspektrometern von den Geräteherstellern und auch in der Literatur unterschiedliche Angaben zur Massenauflösung? Was bedeutet Einheitsmassenauflösung? Die Massenauflösung R kann unterschiedlich definiert sein. Neben der im Skript gegebenen Formel m R= , Δm bei der Δm die Breite bei 10% Peakhöhe eines einzelnen Peaks bei m/z = m bezeichnet, gibt es auch andere Formulierungen. Δm kann auch als Abstand zwischen zwei benachbarten Peaks2, als volle Breite bei halber Höhe (FWHM – full width at half maximum) oder als Massenunterschied, der noch aufgelöst werden kann, definiert sein. Der auflösbare Massenunterschied kann sich dann z. B. als 10 % Taldefinition (valley definition) angegeben sein, also als der Massenunterschied, bei der der sich überlappende Anteil zweier benachbarter Peaks 10 % der Intensität des Peaks bei m beträgt (siehe Abb. 1) Besprechung 06.05.2009 1 Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik Abb. 1 Allgemeine Auflösungsbedingung zweier Massensignale - 10 % Tal-Definition2. . Deshalb ist es sehr wichtig, dass bekannt ist, auf welche Definition sich die jeweilige Massenauflösung bezieht. Für Quadrupol-MS (Q-MS) wird der Abstand zwischen zwei Massenpeaks als eine Masseneinheit = 1 u eingestellt/angenommen. So ist Δm über den gesamten Messbereich konstant und wird als Einheitsmassenauflösung bezeichnet. Da sich jedoch m ändert, ist die Auflösung R somit vom betrachteten Massenbereich abhängig und steigt mit steigendem m/z. Für die Angabe einer Auflösung der Q-Massenspektrometer wird vom Hersteller meist die höchste, detektierbare Masse (und somit der höchstmögliche Wert) und eine Einheitsmassenauflösung verwendet, obwohl Δm auch leicht von 1 u variieren kann. 4. Wieso wird zur Bestimmung der Auflösung Δm bei 10% der maximalen Signalhöhe ermittelt und nicht die volle Breite bei halber Höhe (FWHM – full width at half maxium) verwendet? Wenn sich zwei Peaks bereits zur Hälfte überlappen, ist die Interferenz des einen Signals auf das Peakmaximum des anderen bereits viel zu hoch, um die Signalintensität eindeutig zuordnen zu können. Deshalb wird generell davon ausgegangen, dass das ‚Tal’ zwischen zwei Peaks nur 10 % der Signalhöhe zweier benachbarter, hypothetisch gleich intensiver Peaks haben darf, damit sich beide Peaks gut voneinander trennen lassen. Die Analogie zur Chromatographie wäre die doppelte Breite bei halber Höhe. Für Gaussprofilen kann man damit gut die benötigte Auflösung von zwei Signalen berechnen (Basislinienauflösung mit Δm = 4σ). Bei Lorentz- oder Voigtprofilen zieht sich die Flanke weiter hinaus. Bei grossen Intensitäten des Nachbarsignals kann dies zu einer Interferenz führen, obwohl das Kriterium (4σ) eigentlich kein Problem darstellt. Bei den Signalprofilen der Massenspektrometer ist jedoch ein "Tailing" vor allem auf der Seite zu niedrigeren Massen ein Diskussionspunkt und die 10 % Abundance Sensitivity bei der Beurteilung von Interferenzen vernünftig. 5. Wieso wurde bei den Flugzeit-Massenspektrometern die orthogonale Ausrichtung von Plasma und Flugbahn eingeführt? In der Flugzeit-Massenspektrometrie werden die Ionen durch Anlegen einer Beschleunigungsspannung auf massenabhängige Geschwindigkeiten Besprechung 06.05.2009 2 Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik beschleunigt und damit nach ihrer Flugzeit getrennt und detektiert. Bei linearer Anordnung von Ionenquelle und Detektor besteht nun das Problem, nicht beschleunigte Ionen am unselektiven Auftreffen auf den Detektor zu hindern. Zudem haben aus der Ionenquelle austretende Ionen bereits eine bestimmte kinetische Energie nach ‚vorne’, weg von der Ionenquelle, jedoch kaum in vertikale Richtung. Damit ist die Verteilung der kinetischen Energie der Ionen vor der Beschleunigung durch die angelegte Spannung viel kleiner, wenn die Beschleunigung orthogonal zur anfänglichen Flugbahn erfolgt. 6. Welche Nachteile würden Sie nennen, um zu erklären, warum die ICPTOFMS nicht in der Routineanalytik eingesetzt wird? Nennen Sie eine Anwendung, für die sich der Einsatz der ICP-TOFMS besonders lohnen würde. Die Industrie ist daran interessiert, kleinere Probenmengen im Multielementmodus zu analysieren. Die Nachweisgrenzen der ICP-TOFMS sind jedoch zu schlecht, speziell im unteren Massenbereich (m/z<40) werden NWG im ng/L-Bereich nicht erreicht. Dazu ist der linear dynamische Bereich von 6 Grössenordnungen zum Teil für die Routineanalytik nicht ausreichend. Zudem muss die Kalibration von Pulszähl- (Pulse Counting, 3 Grössenordnungen) und analogem Detektormodus (3 Grössenordnungen) für jede Probe neu gemacht werden und ist nicht stabil. Obwohl die Spektren sehr schnell registriert werden können, bedeutet die schnelle „quasi“ simultane Messungen keine Zeiteinsparung, da das Ansaugen und Auswaschen der Proben geschwindigkeitsbestimmend sind. Vorteile gegenüber dem Quadrupol-ICP-MS (Präzision) bestehen erst bei mehr als 15 Elementen. Somit wäre eine ideale Einsetzmöglichkeit der TOF-MS eine Anwendung, bei der eine grosse Anzahl an Elementen in vergleichsweise hoher Konzentration in einer Probe gemessen werden muss. 7. Welche Auflösung benötigt man, um die Interferenz 40Ar53Cr+ von 93Zr+ zu trennen? Schlagen Sie eine Methode vor, mit der sich das realisieren lässt! Wie ihr hoffentlich gemerkt habt, gibt es kein stabiles Isotop 93Zr. Die analytische Frage sollte deshalb lauten Welche Auflösung benötigt man, um die Interferenz 40Ar52Cr+ von 92Zr+ zu trennen? m (40Ar52Cr) = 91.90289 u 92 = 91.90504 u m ( Zr) R = m/Δm = 42’747 Dieser Interferenz ist selbst mit Hochauflösung nicht mehr auftrennbar. Deshalb muss sie anderweitig entfernt werden. Entweder durch eine Probenvorbereitung ohne die Verwendung von Salzsäure (wenn diese so in die Probe kam) oder mit Hilfe einer Reaktionszelle. Zuerst sollte jedoch überprüft werden, ob nicht ein anderes Isotop von Zr interferenzfrei gemessen werden kann. Beispielsweise ist 91Zr+ das einzige Isotop, das nicht von einer 40ArCr+-Interferenz direkt betroffen wäre. Es müsste jedoch überprüft werden, ob dort nicht eine andere Interferenz vorliegen könnte. Besprechung 06.05.2009 3 Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik 8. Welches Ergebnis würden Sie erwarten, wenn man in der Reaktionszelle Sauerstoff für den Nachweis von Schwefel einsetzen würde? Der Eintrag von Sauerstoff wird zu einem erhöhten Untergrund auf m/z 32 durch 16O2+ führen, das mit dem Hauptisotop des Schwefels, 32S+, interferiert. Stattdessen wird die durch die Zufuhr von Sauerstoff erhöhte Oxidbildung genutzt, um Schwefel über das Oxid 32S16O+ auf m/z 48 zu messen3. 9. Für eine Analyse von Se und Ca stehen 100 μl Lösung zur Verfügung und es wird ein Zerstäuber mit einer Ansaugrate von 50 μl/min verwendet. Da Se und Ca im Ultraspurenbereich (0.5 ppb) nachgewiesen werden müssen, ist für diese Aufgabe der Einsatz von Methan (Se) und Ammoniak (Ca) als Reaktionsgas in der ICP-MS notwendig. Diskutieren Sie dieses Problem und schlagen Sie eine Lösung vor. Ca-Isotope: 40Ca (96.94 %), 42Ca, 43Ca, 44Ca (2.09 %), 46Ca, 48Ca Se-Isotope: 74Se, 76Se (9.37 %), 77Se (7.64 %), 78Se (23.77 %), 80Se (49.61 %) , 82Se Zur Bestimmung dieser tiefen Elementkonzentration können Isotope, deren natürliche Häufigkeit < 1 % sind, in den meisten Fällen nicht mehr gemessen werden. Zudem hängt die Nachweisgrenze (NWG oder LOD – limit of detection) nicht nur von der Empfindlichkeit E I E= , c dem Verhältnis der Signalintensität I (in cps) zur Konzentration c (in ppm), sondern sehr stark auch vom Signaluntergrund, bzw. dessen Rauschen (ausgedrückt als Standardabweichung σ des Untergrundes) ab: 3 ⋅ σ Untergrund NWG = . E Kleine Signale unterscheiden sich kaum von einem hohen Untergrund. Das häufigste Isotop 40Ca+ kann deshalb auf m/z 40 normalerweise überhaupt nicht gemessen werden. Für m/z 44 ist der Untergrund durch 12 16 C O2+ sehr hoch. Der Einsatz von Ammoniak würde in diesem Fall zu weiteren möglichen Interferenzen führen (m/z 44: 14N216O+, m/z 42 14N3+). Die häufigsten Selen-Isotope erfahren Interferenzen durch unterschiedliche Argoncluster: m/z 76 (38Ar2+), m/z 78 (38Ar40Ar+) und vor allem m/z 80 (40Ar+). Deren Anzahl und damit der Untergrund auf den jeweiligen m/z liesse sich mit Hilfe der Gasphasenreaktion verringern und damit die Nachweisgrenze senken. Trotzdem lässt sich bei dieser geringen Probenmenge nur eines der beiden Elemente messen, da die Reaktionsgase nicht zusammen beigemischt werden können und das Umschalten eine gewisse Zeit benötigt. Besprechung 06.05.2009 4 Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik 10. Antike Silberobjekte können anhand ihrer Spurenverunreinigungen identifiziert werden, d.h. die Spurenverunreinigungen in Silber können als Bewertungkriterium bei der Echtheitsprüfung herangezogen werden. Bei der Analyse von antiken Prüfobjekten besitzt die Plasma-Massenspektrometrie den Vorteil, dass aufgrund der guten Nachweisgrenzen nur wenig Probenmaterial benötigt wird. Da gleichzeitig Silber und Gold in eine stabile Lösung überführt werden müssen, erweist sich der Aufschluss der zumeist geringen Probemengen als schwierig. Um das Hauptelement Silber in Lösung zu halten, ist die Verwendung von Säuremischungen mit grösseren Anteilen an Salzsäure notwendig. Bei der Analyse der verdünnten Probelösung wurde im Bereich von Arsen untenstehendes Massenspektrum gemessen. Molekülioneninterferenzen im Massenbereich von Arsen durch salzsäurehaltige Lösungen können eine grosse Arsenkonzentration vortäuschen. Der ermittelte Arsengehalt betrug 1100 µg/g Probe. Ordnen Sie aufgrund der Signalintensitäten den Masse/Ladungs-Verhältnissen die entsprechenden Elemente oder Molekülionen zu und beurteilen Sie, ob Arsen in der Silberlegierung enthalten ist. 36 1000000 Ar40Ar+ Ar40Ar+ 40 40 75 40 35 Cl 37Cl 40 38 35 36 37 Ar Cl Ar 37Cl 40 Ar Ar Ar35Cl1H 38 Ar 40Ar Ar Cl 37 Ar Ar 35Cl 36 10000 Ar Ar2+ 40 40 As 100000 intensity [cps] 38 37 38 Cl Cl 37 79 Br 81 Br 1 Ar Cl H 1000 80 Se 78 100 10 76 72 73 74 75 Se 77 Se 76 77 mass / charge [m / z] Abb. 2 Massenspektrum einer verdünnten, Silberlegierung im Massenbereich von Arsen. 82 Se Se 78 79 salzsäurehaltigen 80 81 Aufschlusslösung 82 einer Das Element Arsen ist monoisotop. Somit kann es nur auf m/z 75 detektiert werden und eine spektrale Interferenz durch Molekülionen kann deshalb nicht mit dem Ausweichen auf eine andere Isotopenmasse umgangen werden. Die unterschiedliche Isotopenzusammensetzung des Molekülions lässt eine indirekte Korrektur der isobaren Überlappung über die Intensitätsmessung auf einer anderen Molekülionenmasse zu. Wie in Fig.1 zu sehen ist, stört bei salzsäurehaltigen Messlösungen z.B. das Molekülion 40Ar35Cl+ die Arsenbestimmung. Als einfache Möglichkeit bietet sich aufgrund der Isotopenhäufigkeit von Chlor die Intensitätsmessung von 40Ar37Cl+ auf m/z 77 an. Diese Masse wird jedoch auch von einem Selenisotop beansprucht, so Besprechung 06.05.2009 5 Analytische Chemie II, Teil Spurenelementanalytik dass eine einfache Korrektur für Arsen auf m/z 75 nicht möglich ist. Da das Hauptisotop und ein Reihe weiterer Massen der sechs Selenisotope in salzsäurehaltigen Lösungen eine Gefahrenquelle bezüglich Molekülioneninterferenzen darstellen, wird Selen letztlich auf m/z 82 gemessen. Ausgehend von der Intensität auf m/z 82 für Selen wird über die natürliche Häufigkeit der Selenisotope dessen Beitrag zu m/z 77 berechnet und die damit korrigierte Intensität des Molekülions 40Ar37Cl+ zur Korrektur von Arsen auf m/z 75 verwendet. Eine Molekülioneninterferenz kann jedoch auch auf m/z 82 vorliegen. Der durch die natürliche Isotopenhäufigkeit vorliegende Fingerabdruck (Fingerprint) von Selen hilft wegen der isobaren Überlappungen in diesem Massenbereich nicht weiter. Somit muss auch die Selenbestimmung einer kritischen Prüfung unterzogen werden Nach den Intensitätsverhältnissen der Interferenzen zu urteilen (siehe Abb. 2), ist wahrscheinlich kaum oder gar kein Arsen in der Silberlösung enthalten. Dies sollte jedoch mit einer anderen Messmethode überprüft werden. Referenzen 1. Koppenaal,D.W., Eiden,G.C. & Barinaga,C.J. Collision and reaction cells in atomic mass spectrometry: development, status, and applications. J. Anal. At. Spectrom. 19, 561-570 (2004). 2. Hübschmann,H.-J. Handbuch der GC/MS. (Wiley,1996). 3. Bandura,D.R., Baranov,V.I. & Tanner,S.D. Detection of ultratrace phosphorus and sulfur by quadrupole ICPMS with dynamic reaction cell. Anal. Chem. 74, 1497-1502 (2002). Besprechung 06.05.2009 6