Leipziger Bandenkrieg fordert erstes Todesopfer

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DIE WELT
10.03.2008 | Autor: Sven Heitkamp
Leipziger Bandenkrieg fordert erstes Todesopfer
Unbeteiligter Discobesucher erschossen - Seit Monaten toben brutale Machtkämpfe in der Innenstadt
Leipzig - Vor dem Eingang der Leipziger Diskothek "Mia's" liegt am Sonntagmittag eine Meer von Rosen und Nelken, einige Kerzen und
Grablichter brennen, an der Tür hängt ein schlichter weißer Zettel mit schwarzer Schrift: "Wir trauern um unseren verstorbenen Gast. Aus
Respekt ihm und seinen Angehörigen gegenüber bleibt unser Klub heute geschlossen." Immer wieder bleiben Passanten in der Kleinen
Fleischergasse, die zur Kneipenmeile in der Innenstadt gehört, fassungslos stehen.
In der Nacht zum Samstag starb hier der 28-jährige Russlanddeutsche Andreas K. durch eine Kugel in den Kopf. Ein tragischer Tod: Der
Mann war mit einem Freund für eine Zigarette kurz vor die Tür des "Mia's" gegangen - und zwischen die Fronten eines blutigen
Bandenkriegs geraten, der seit Monaten die Leipziger Diskothekenszene in Atem hält. Ein dunkelhäutiger Mann soll auf den Klub drei
Schüsse abgegeben haben. Dabei erwischte ein Querschläger das Opfer.
In den brutalen Machtkampf sind offenbar zwei namhafte Security-Firmen und eine Gang von Ausländern - es soll sich vor allem um
Albaner, Iraner und Türken handeln - verwickelt. Es ist ein Krieg um die Vorherrschaft im Leipziger Nachtleben. "Es geht meist um
Verteilungskämpfe", sagte ein Ermittler der WELT. Dass sich die Auseinandersetzungen auch um Drogengeschäfte oder Prostitution und
Schutzgeldererpressung drehen, wird zumindest nicht dementiert. "Wir können derzeit nichts ausschließen", heißt es bei der Polizei.
Die Ausschreitungen hatten in der Nacht zum Samstag in der Diskothek "Schauhaus" begonnen. Eine Gruppe von ausländischen
Angreifern habe gegen zwei Uhr die Disco gestürmt, berichtet Polizeipräsident Rolf Müller. Es kam zu einer Schlägerei, bei der ein 37jähriger Security-Mitarbeiter mit Stichen in den Bauch schwer verletzt wurde. Notärzte mussten ihn in ein künstliches Koma versetzen.
Die Polizei, die mit mehreren Dutzend Einsatzkräften am "Schauhaus" anrückte, konnte die Schlägergruppen trennen und vor die Tür
drängen. Rund 150 Menschen standen in der aufgeheizten Situation vor dem Eingangsbereich, einige verschanzten sich im Inneren des
Tanzlokals. "Wir hatten an zwei Fronten zu kämpfen", sagte Landespolizeipräsident Bernd Merbitz. Sicherheitsmänner und eine Gruppe
von 15 bis 20 Ausländern hätten den Polizisten gegenübergestanden. "Die Beamten sind mit einer Aggressivität angegangen worden, die
ihresgleichen sucht." Vom "Schauhaus" zogen etwa 50 Randalierer weiter ins nahe Kneipenviertel, wo die tödlichen Schüsse fielen. Die
Scheiben einer weiteren Diskothek, einer Bar und einer Spielothek wurden eingeworfen, der Sachschaden summiert sich auf rund 50 000
Euro. Erst gegen sechs Uhr morgens beruhigten sich die Krawalle. Noch am Wochenende richtete die Polizei eine 30-köpfige
Ermittlungsgruppe ein. Es soll mindestens vier weitere Verletzte geben. Festnahmen gab es bis gestern noch nicht.
Landespolizeipräsident Merbitz forderte Verstärkung aus anderen Bundesländern an, um Racheakte zu verhindern und die Lage in der
Innenstadt unter Kontrolle zu halten.
Der offene Kampf in der Szene versetzt die Sicherheitsfirmen seit Monaten in Aufregung. Die Türsteher bewachen nahezu alle
namhaften Diskotheken der Leipziger City. Seit Anfang 2007 gab es jedoch immer wieder Angriffe und Bedrohungen. "Ich mache mir
ernsthafte Sorgen um unsere Mitarbeiter. Wir wollen nicht, dass am Ende noch einer von ihnen erschossen wird", hatte der
Geschäftsführer eines Security-Unternehmens der "Leipziger Volkszeitung" im vorigen Oktober gesagt. Es gehe offenbar um eine
"intensive Feindschaft, die gepflegt und ausgelebt wird", so Polizeipräsident Müller. Mit beiden Seiten sei man seit Langem im Gespräch.
Eine Eskalation der Lage konnte die Polizei indes nicht verhindern.
http://www.welt.de/welt_print/article1780849/Leipziger_Bandenkrieg_fordert_erstes_... 12.04.2011
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