Namen der Roma

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Namen der Roma
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Namen der Roma
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Milena Hübschmannová
nav, m. (Ind.): Name
In jeder Gesellschaft muss es Möglichkeiten geben, die einzelnen Personen – Männer, Frauen, Kinder
– zu identifizieren. Die kürzeste und grundlegendste Identifikation sind ihre Namen. Die Slowakischen
Roma unterscheiden drei Arten von Grundnamen:
• Familienname (d.h. der Familienname des Vaters oder der Mutter)
• Roma-Name (Spitzname)
• Gadžo -Name (Vorname)
Familienname (d.h. der Name der Familie des Vaters oder der Mutter)
Der Familienname zeigt, aus welchem Klan (dem der Mutter oder dem des Vaters) eine Person stammt.
Einige dieser Familien-/Klannamen sind: Badžo, Badi, Červeňák, Daniel, Holomek, Horváth, Mirga
etc. Heute noch wird eine Roma-Ehe oder ihr Ehe-Gelübde weder vom Pfarrer noch den behördlichen
Einrichtungen anerkannt – auch wenn früher ein Paar, vom Moment seines ehelichen Gelübdes an,
das Leben bis zum Tod gemeinsam verbrachte. (Sie sagen: "Wenn ein Paar heiratet, leben sie
gemeinsam, bis dass der Tod sie scheidet.")
Nur wenn junge Menschen die Ehe in der Kirche oder bei behördlichen Einrichtungen geschlossen
haben, wurde ihre Ehe auch anerkannt. Für Gadže (Nicht-Roma) galten nur jene Kinder als "ehelich",
die nach einer "offiziellen Hochzeit" auf die Welt kamen. Sie wurden (im Standesamt und auf ihren
Personaldokumenten) unter dem Familiennamen des Vaters registriert. Kinder, die vor einer "offiziellen
Hochzeit" auf die Welt kamen, wurden als unehelich betrachtet und unter dem Namen der Mutter
registriert.
Immer noch kommt es vor, dass ein oder zwei ältere Kinder den Familiennamen ihrer Mutter und ihre
jüngeren Geschwister den Familienamen ihres Vaters tragen (wörtlich: "sich schreiben").
Fragt man einen Rom nach seinem Familiennamen, sagt man wörtlich: "Wie schreibst du dich?"
Im Jahr 1761 erließ Kaiserin Maria-Theresia ein Assimilierungsedikt, das unter anderem bestimmte,
dass "Zigeuner" christliche Namen (Vornamen und Familiennamen) annehmen mussten. Seit damals
tragen viele Roma Namen der Gadže.
Familiennamen und ihre Etymologie
• Slowakisch: Červeňák, Haluška, Holub, Klempár, Kováč, Lacko, Ščuka, Zima etc.
• Ungarisch: Horváth, Taragoš, Tokár, Lakatoš, Čonka, Rác(z), Žiga etc.
• Griechisch: Demeter
• Romani: Viele Slowakische Roma tragen Familiennamen, die "rein" Romani sind. Diese lassen sich
in zwei Hauptgruppen teilen: (a) "moderne" Namen – mit klaren, verständlichen Bedeutungen –
und (b) sehr alte Namen, deren "indische" Bedeutung uns verschlossen bleibt, die also sozusagen
"intransparent" sind.
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(a) Transparente Namen: Transparente Familiennamen können in zwei Gruppen eingeteilt werden:
(aa) nominative (Banga / Bango, Lolo, Mač(h)o, Ga(d)ži etc.) und (ab) vokative (Kaleja, T(h)uleja,
Č(h)ureja etc.).
Wenn wir jemanden grüßen oder rufen, verwenden wir den Vokativ. Früher einmal, als ein Pfarrer
einen Rom in das standesamtliche Register eintragen wollte, fragte er vorsichtig: "Wie rufen sie dich?"
Und der Rom antwortete vorsichtig: " Fatso!" Der Pfarrer konnte kein Romani und registrierte diesen
Namen – in der vokativen Form.
(b) Intransparente Namen: Alte, "indische" intransparente Familiennamen sind sehr interessant. Sie
zeigen den gesellschaftlichen Rang der Vorfahren der Roma, die ihre alte Heimat, Indien, verlassen
hatten. In Indien stehen Namen wie Badi, Mirga, Džugi oder Karela mit den einzelnen jati (Kasten)
oder mit den gotras (exogame Gruppen innerhalb der jati) in Verbindung.
Viele indische Familiennamen sind in Wahrheit Kastennamen. Ein Mann, der tél (Öl) herstellt und
verkauft, wird Télí (Hersteller von Öl) genannt. Télí ist sowohl ein Familienname als auch ein
Kastenname. Džóší leitet sich von dem Wort džotiší (Astrologe) ab. Eine Kaste von Astrologen wird
Džoší genannt. Sapéré (Schlange) sind Mitglieder einer Kaste, die Schlangenbeschwörungen vorführen
und auch giftige Schlangenbisse heilen können.
In die Gruppe der indischen Kastennamen fallen zum Beispiel auch Badi (Bodi), Džugi, wahrscheinlich
Dombi und Bihari.
• Badi (Bodi)1
Die Badi sind eine alte präarische Kaste. Die Vorfahren der Badi lebten in Indien in der Zeit der
Mohenjo-Daro-Zivilisation (3000 v. Chr.-1500 v. Chr.), bevor wandernde Indoeuropäer aus dem
Norden in Indien einfielen. Heute leben Klans (Subkasten) der Badi verstreut über Nordindien. In
einigen Gebieten sind sie professionelle Zirkusdarsteller, an anderen Orten leben sie von ihrer
Musik. [Ursprünge der Roma]
Auch bei den Roma gab es viele Gruppen (Klans), die traditionellerweise Zirkusdarsteller waren.
So beschreiben zum Beispiel byzantinische Aufzeichnungen, wie großartige Artisten aus dem Osten
kamen, die niemand zuvor gesehen oder gekannt hatte. Die Menschen in Byzanz waren von den
Darbietungen dieser unbekannten Leute begeistert. [Byzanz]
Dieselben Berufe der Badi und einiger Roma-Klans (Musiker, Zirkusartisten) machen deutlich,
dass es eine Verbindung zwischen dem Roma-Familiennamen Badi und der indischen jati der Badi
gibt (siehe: die Legende der Badi "Die Schöne Sanchari" im Anhang).
• Džugi
Der Terminus džugi stammt vom Sanskrit-Wort yoga ab. Yoga ist ein altindisches philosophisches
System, das die Einheit der menschlichen Seele mit dem übergeordneten Sein behauptet. Die
Verantwortung jeder Person ist es, Gottes Wesen in sich zu finden. Yoga anerkennt nicht, dass eine
Kaste "höher" oder "besser" bzw. "niederer", "untergeordnet" oder "schlechter" ist. Die Džugi haben
1 Varianten der Namen Badi / Bodi, Goral / Goroľ, Tuleja / Thuleja können auch durch die handschriftliche Eintragung
in die amtlichen Register entstanden sein. Jeder Beamte hatte seine eigene Handschrift und so wurde zum Beispiel
manchmal der Buchstabe "a" für ein "o" gehalten etc. Zudem ist es auch möglich, dass Beamte, die nicht Romani
sprachen, den Namen falsch verstanden haben.
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früher eine Kaste gebildet, die an diese Philosophie glaubte. Im Laufe der Zeit begannen die Džugi,
als "heilige Bettler" zu leben, und manche wandten sich dem Okkultismus zu – den sie heute noch
praktizieren. Einige Roma-Gruppen oder -Klans leben auf ganz ähnliche Weise. Somit kam es zur
Verbindung zwischen dem Kastennamen Džugi und dem Roma-Familiennamen Džugi.
• Bihari
Die jati der Bihari gehören auch zu den vorarischen Kasten, die von ihrer Kunst als Zirkusdarsteller
und Musiker lebten. Die Etymologie des Roma-Familiennamens Bihari könnte allerdings auch
ungarisch sein, da es in Ungarn eine Gegend namens Bihár gibt.
Was ist eine gotra? Sie ist eine exogame Gruppe innerhalb einer jati. Eine jati, oder Kaste, ist im
Gegensatz dazu endogam, was bedeutet, dass ein junger Mann nur eine Braut aus derselben jati
auswählen darf, der auch er angehört. (Dieses Gesetz gilt immer noch bei traditionell lebenden
Roma-Gruppen.) Andererseits muss ihm verwehrt sein, eine Frau aus der engsten Verwandtschaft zu
heiraten, denn aus einer solchen Verbindung könnte ein behindertes Kind entstehen. Aus diesem Grund
wurde die " gotra-Struktur" geschaffen: Ein junger Mann aus einer gotra darf nicht ein Mädchen aus
seiner gotra heiraten, sondern muss sich anderswo, in einer anderen gotra, um eine Braut umsehen.
Jede gotra hat ihren eigenen Namen, der der Name einer Pflanze, eines Baumes oder eines Tieres etc.
sein kann. Betrachten wir einige alte Roma-Familiennamen, die eine Verbindung mit indischen
gotra-Namen haben könnten:
• Badžo
Die Etymologie führt von Badžo zum Verb badža-, das "spielen" (in Hindi: te bashavel) bedeutet.
Wir sehen, dass die Romani-Form bašavel sehr eng mit dem Hindi-Verb verbunden ist.
Badže sind eine gotra innerhalb der Bandžara-Kaste. Bandžara sind eine sehr alte reisende Kaste,
die vom Handel lebte. Hauptsächlich verkauften sie Salz. Ihre Kunden waren nicht nur einfache
Dorf- oder Stadtbewohner, sondern auch die königliche Armee.
• Mirga
Der Terminus mirga kommt vom Sanskrit-Wort mrgah (Antilope). Die mirga-gotra gehört zur
Baniya-Kaste, und Baniya sind wiederum Teil einer Händler-Kaste.
Einige Experten nehmen an, dass der Roma-Familienname Mirga vom ungarischen Wort mergez
(vergiften) stammt. Wir ziehen es allerdings vor, uns an die indische Etymologie zu halten.
• Karela
Karela ist ein bitteres Gemüse, das vor allem im Staat Rajasthan gegessen wird. Karela-gotras
findet man unter jati von Dom -Musikern und auch in den Kasten der Händler.
• Goral
Goral ist ein Terminus für eine Bergziegenart, die in Rajasthan lebt. Goral bezeichnet eine gotra
bei den Rajputs, dem zweithöchsten gesellschaftlichen Rang. Rajputs waren Soldaten und Kämpfer,
die ihr Land vor den moslemischen Eroberern beschützten.
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Der Roma-Familienname Goral könnte eine Verbindung zur indischen gotra haben, könnte aber
auch eine Variante eines Familiennamens mit slowakischer Etymologie sein: "Gorol" – "Horal",
ein Mann, der in den Bergen lebt.
Es gibt noch weitere solche alten Roma-Familiennamen; wir haben nur einige von ihnen hervorgehoben.
Diese Familiennamen findet man hauptsächlich bei den Roma, die aus Polen in die Slowakei kamen.
Ein Teil von ihnen lebt immer noch in Polen und wird Bergitska-Roma genannt. Eine weitere Gruppe
hat sich in der nördlichen Slowakei angesiedelt, in der Umgebung von Kežmarok, Poprad etc.
Gadže-Namen
Gadže-Namen sind Taufnamen (Vornamen), wie sie in den offiziellen Dokumenten eingetragen sind
(in den Ausweisdokumenten, im Standesamt, im Pass etc.) In der Vergangenheit stieß man selten auf
einen Rom, der einen Gadže-Namen hatte. Nur wenige Roma nannten ihre Kinder oder einander mit
ihren (offiziellen) Gadže-Namen. Einige kleine Kinder kannten ihre Gadže-Namen nicht einmal, als
sie in die Schule kamen. Als sie ihr Lehrer fragte: "Wie heißt du?", gaben sie ihre Roma-Namen an,
weil ihre Eltern, ihre Geschwister und alle anderen Roma sie nur mit diesem Namen anredeten. Einige
Lehrer beschwerten sich und bezeichneten "Zigeunerkinder" als "dumm", weil diese nicht einmal ihre
eigenen Namen kannten. In Wahrheit waren es die Lehrer, denen es an Bildung mangelte, denn sie
wussten nichts von der Kultur der Roma, also der Kultur ihrer Schüler.
Es kann aber auch vorkommen, dass der Gadže- und der Roma-Name derselbe ist. In der Vergangenheit,
als die meisten Roma noch in der Slowakei lebten, hatte fast jede Roma-Familie ihre "
Gadže-Bauersfrau" und fast jede Bauernfamilie hatte ihre "Zigeunerin". Denn viele Roma wählten
ihren Bauern oder ihre Bauersfrau als Taufpaten für ihre Kinder. Somit gaben sie ihren Kindern den
Gadže-Namen dieser Taufpaten.
Roma-Namen
Roma verwenden ihren Roma-Namen, wenn sie miteinander sprechen. In der Vergangenheit gab es
keinen einzigen Rom, der nicht einen Roma-Namen hatte. Auch heute noch ist das weitestgehend so.
Wenn ein Kind auf die Welt kommt, spricht man von ihm als "Kleines", "sehr Kleines", weil sein
Charakter noch nicht bestimmt ist. Erst wenn es etwas älter ist, ergibt sich gewöhnlich der Roma-Name.
Die Verwandtschaft bestimmt den Roma-Namen eines Kindes auf verschiedene Art und Weise. So
kann der Name einen Charakterzug oder das Aussehen des Kindes widerspiegeln: Kalo (schwarz),
Cikňi (klein), Šuki (schlank), Papin (dumm), Pušomori (kleiner Floh).
Husa (Gans) ist ein Gadže-Schimpfwort für eine dumme Frau. Bei den Roma jedoch wird Husa zu
einem Kind gesagt, das schön ist, weiß wie eine Gans. Auch "kleiner Floh" ist kein abwertender Name.
Er wird für ein kleines, schlankes Mädchen verwendet, das bei der Arbeit oder beim Tanz eine gute
Figur macht.
Die Roma-Autorin Tera Fabiánová wurde Baro Šero (großer Kopf) oder Barešereskeri (Großköpfige)
genannt, weil sie sich nie wie andere Kinder verhielt und immer tat, was sie wollte. Der Autor Gejzo
Demeter wurde Buchlo Nakh (breite Nase) genannt, weil er tatsächlich eine breite Nase hatte – er
wurde aber natürlich nie böse, wenn ihn die Leute so nannten.
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Viele Roma nannten ihre Kinder nach den Verwandten: nach jemandem, der großes Ansehen genoss
oder ein guter Musiker war, den die Eltern besonders gerne hatten oder dem die Kinder ähnlich sahen.
Die Autorin Ilona Lacková berichtet, dass die Roma von Velký Šariš ihre Kinder nach Juden benannten,
weil zwischen Roma und Juden ein besonderes Nahverhältnis bestand. Zudem galten die Juden als
wohlhabend, und die Roma glaubten, dass ein jüdischer Name ihnen Geld bringen würde. Heute
entnehmen viele Roma die Namen aus dem Fernsehen, z.B. Sandokan, Angelika, James Bond und
verschiedenste andere.
Einige Namen sind sehr lustig. Gejza Demeter erzählte von seinem Vater, der Majpejľomas hieß.
Warum? Wenn er zu viel getrunken hatte und sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, rief er
immer Majpejľomas aus, was so viel wie "Ich wäre beinahe umgefallen!" bedeutet. Dieser Ausruf
wurde zu seinem lebenslangen Roma-Namen.
Ein "anderer Name" (aver nav)
Ein "anderer Name" ist ein Roma-Name, der eine besondere Funktion hat. Viele Roma haben die
Funktion vergessen, aber in den Roma-Siedlungen in der Umgebung von Snina und Zbudské Dlhé
haben Roma traditionellerweise immer noch einen "anderen Namen". Ein "anderer Name" beschützt
ein Kind vor Krankheit und unreinen Kräften. Sagen wir, ein Kind heißt Gejza, aber seine Mutter
nennt es Toňu. Gejza wird oft für andere Roma geheim gehalten. Nun kann es vorkommen, das plötzlich
eine Krankheit auftritt, zum Beispiel oja (Epilepsie), und diese Krankheit vom Kind Besitz ergreifen
möchte. Also sucht die Krankheit nach einem Kind namens Toňu, dem Namen, mit dem es seine Eltern
und die anderen Roma nennen. Aber es gibt gar keinen Toňu. Toňu ist nur der "andere Name". Die
Krankheit weiß nicht, dass der richtige Name des Kindes Gejza lautet, weil der Name Gejza immer
geheim gehalten wurde. Deshalb wird die Krankheit das Kind nicht finden und kann ihm nichts
anhaben.
Die Legende der schönen Sanchari vom Badi-Klan
Die Menschen des Badi-Klans waren großartige Zirkuskünstler. Sie tanzten hoch in der Luft auf einem
Seil, das an zwei Pfeilern festgebunden war. Sie konnten auf ihren Köpfen stehen, und das auf einem
galoppierenden Pferd. Vier oder fünf Männer konnten übereinander auf ihren Schultern stehen. Sie
konnten springen oder durch die Luft wirbeln. Nur Gott weiß, was sie noch alles konnten. Sie verstanden
es, ihr Publikum in Spannung zu versetzen. Doch die größte Aufmerksamkeit brachte man dem schönen,
bezaubernden Mädchen Sanchari entgegen. Sie tanzte auf dem Hochseil wie der Wind, wie das Feuer,
und sie spielte Sarangi, ein indisches Musikinstrument ähnlich einer Violine, und sie sang so wunderbar,
dass sie die Herzen aller, die sie hörten, zum Schmelzen brachte.
Die Badi wanderten durch Nordindien, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, und präsentierten ihre
Künste. Eines Tages kamen sie in die Stadt Jodhpur im Staat Rajasthan. Ihr Ruf war hervorragend
und eilte ihnen schon voraus, weshalb auch der Sohn des Radschas, Sanjay, kam, um die Künstler zu
sehen.
Schon in dem Augenblick, als Sanjay Sanchari erblickte, füllte sich sein Herz mit Liebe. Und auch
Sanchari wusste, kaum hatte sie den Prinzen erspäht, dass sie niemals mehr jemand anderen als ihn
lieben würde.
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Am Ende der Vorstellung der Badi ging Sanjay zu Sanchari und sie verschwanden im Dschungel. Sie
schworen, dass sie einander niemals verlassen würden. Doch leider blieb ihre Liebe kein Geheimnis.
Als Sanjays Vater, der Radscha, herausfand, dass sein Sohn eine wandernde Tänzerin heiraten wollte,
wurde er so wütend, dass er beinahe einen Herzinfarkt hatte. Er wollte, dass die Badi aus der Stadt
geworfen wurden und sein Sohn ins Irrenhaus gesperrt wurde. Andererseits wollte er auch nicht, dass
sein Sohn vor Trauer starb oder wirklich verrückt wurde. Deshalb ließ er seine Minister rufen und
fragte um ihren Rat.
Die Minister berieten ihn und schlugen dies und jenes vor – bis ihnen der Teufel persönlich das böse
Spiel, das sie zu tun hatten, ins Ohr flüsterte.
Am nächsten Tag gaben die Minister dem Prinzen ein goldenes Hochseil, das er Sanchari geben sollte.
Sanjay gehorchte. Er glaubte, dies würde bedeuten, dass sein Vater nun bereit sei, ihm zu erlauben,
die Frau, die er liebte, zu heiraten.
Er gab das goldene Hochseil den Badi und Sancharis Vater befestigte es hoch in der Luft an zwei
Pfeilern. Sanjay wusste nicht, dass das Seil in der Mitte einen Einschnitt hatte.
Sanchari sprang auf das Seil und tanzte, wie sie noch nie zuvor in ihrem Leben getanzt hatte. Sie tanzte
in der Luft und es schien, als berührten ihre schönen kleinen Füße nicht einmal das Seil. Als sie die
Mitte erreichte, klappte das Seil zusammen und das süße Mädchen fiel von der enormen Höhe auf den
harten Boden. Sie war sofort tot. Sanjay lief zu ihr. Als er sah, was passiert war, zögerte er nicht. Er
zog sein Schwert, stieß es in sein Herz und sank tot neben seiner Geliebten nieder.
Als Sanjays Vater erfuhr, dass sein Sohn tot war, ging er an einen Ort, wo ihn niemand sehen konnte,
und weinte sich die Seele aus. Aber es war nun für Tränen zu spät.
Der Radscha ließ die beiden unschuldigen, schönen jungen Leute gemeinsam verbrennen (denn in
Indien ist es üblich, die Toten zu verbrennen) und ließ ihnen mitten in der Stadt ein Denkmal bauen.
Als der Morgen kam, waren dort zwei Rosen gewachsen.
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