Rosenberg erinnert an KZ-Opfer

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Rosenberg erinnert an KZ-Opfer
Rosenberg erinnert an KZ-Opfer | RP ONLINE
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erstellt am: 26.01.2010
URL: http://nachrichten.rp-online.de/panorama/rosenberg-erinnert-an-kz-opfer1.64077
Rosenberg erinnert an KZ-Opfer
VON JÖRG ISRINGHAUS - zuletzt aktualisiert: 26.01.2010 - 02:30
Die Sängerin will morgen in der Bochumer Christuskirche mit
Liedern und Texten die Ermordung von Sinti und Roma im Dritten
Reich ins Gedächtnis rufen. Ihr Vater war selbst Sinto und
überlebte das Konzentrationslager.
Ihre Stimme spendet Trost. Wahrscheinlich ist sie Marianne Rosenbergs
wichtigstes Kapital, mehr noch als ihre Lieder oder ihre aparte
Erscheinung. Denn ihr bittersüßes Timbre hat eine Geschichte, hat ihre
Wurzeln in einer schwierigen Familiengeschichte. Ihr Vater Otto war
Sinto und überlebte das Konzentrationslager Auschwitz, seine
Geschwister und sein Vater wurden dort umgebracht. Am morgigen
Internationalen Holocaust-Gedenktag erinnert die 54-jährige Sängerin
gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Petra in der Bochumer
Christuskirche mit Liedern und biografischen Texten an das Leid der Sinti
und Roma.
In ihrer Autobiografie "Kokolores" schildert Marianne Rosenberg, wie ihr
Vater sie als kleines Mädchen mit in Kneipen schleppte und auf einem
Tisch singen ließ, aus Sehnsucht nach dem Klang der Stimme seiner im
Krieg gestorbenen Mutter. Der Kummer ihres Vaters prägte Rosenbergs
Kindheit – genauso wie seine Sorge, die deutsche Gesellschaft habe aus
den Schrecken der Vergangenheit nichts gelernt. In den
Konzentrationslagern der Nazis waren sechs Millionen Juden und rund
500 000 Sinti und Roma ermordet worden. Aus Angst vor
Diskriminierungen empfahl Rosenbergs Vater seiner schon als junges
Mädchen berühmten Tochter, ihre Abstammung für sich zu behalten.
Erst spät bekannte sich Marianne Rosenberg öffentlich zu ihrer
Geschichte; ihr Vater wurde Vorsitzender des Landesverbandes
Deutscher Sinti und Roma und bekam das Bundesverdienstkreuz. Für die
politisch vor allem im linken Spektrum aktive Tochter war das ein
Ansporn, etwa auf rechtsradikale Übergriffe aufmerksam zu machen, auf
jeden Fall aber die Erinnerung an die Greueltaten im Dritten Reich
wachzuhalten. Genau das sei auch ihr Motiv für die Veranstaltung in
Bochum gewesen, sagt der evangelische Pfarrer Thomas Wessel. Durch
ihre sympathische Art könnten Marianne und Petra Rosenberg die
Besucher "an die Hand" nehmen, sie behutsam durch die
Überlebensgeschichte ihrer Familie führen und so eine emotionale
Annäherung an ein schwieriges Thema ermöglichen.
Der Auftritt in der Christuskirche zeigt auch, dass Rosenberg mittlerweile
nicht mehr damit hadert, ob sich ihr öffentliches Image mit ihrem
politischen Engagement überein bringen lässt. Zumal sie auch als
Sängerin in den vergangenen Jahren einen Genre-Wechsel vollzogen hat
– weg von der Schlagersängerin ("Er gehört zu mir", "Marleen") hin zu
einer Chansons- und Jazz-Interpretin. Ihr Kultstatus in der
Homosexuellen-Szene freilich ist geblieben und hat nicht unwesentlich
dazu beigetragen, die Karriere der in Berlin geborenen Künstlerin
aufrechtzuerhalten.
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Rosenbergs Einsatz für die Volksgruppen der Sinti und Roma zielt nicht
nur auf die Vergangenheit ab. Obwohl das "allgemeine Bewusstsein" sich
gebessert habe, fühlten sich viele Sinti und Roma auch heute noch im
Alltag diskriminiert, sagt Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats
Deutscher Sinti und Roma. Es sei daher wichtig, gerade auf kommunaler
Ebene die Menschen über ihre Tradition und die heikle Geschichte der
Sinti und Roma zu informieren.
Rund 750 Menschen können an der Veranstaltung in der Bochumer
Christuskirche teilnehmen, rund 400 haben sich bereits angemeldet. Sie
werden wohl eine Marianne Rosenberg erleben, die sie so bislang nicht
kannten. Bis auf ihre unverwechselbare Stimme natürlich – und den
Trost, den sie spendet.
Quelle: Rheinische Post
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