Induzierte Seismizität – Ein Problem der Tiefen Geothermie?

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Induzierte Seismizität – Ein Problem der Tiefen Geothermie?
Induzierte Seismizität – Ein Problem der Tiefen Geothermie?
Ralf Fritschen1 und Horst Rüter2
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DMT GmbH & Co. KG, Essen
HarbourDom GmbH, Köln
Vorbemerkungen
Die in Basel aufgetretenen Erderschütterungen haben dazu geführt, dass die so genannte Induzierte Seismizität in Deutschland zu einem fast beherrschenden Thema in der Tiefen Geothermie wurde. Zumindest gilt dies für die Presse und die unter Umständen betroffene oder
durch die Pressemeldungen verunsicherte Bevölkerung. Die Hauptbefürchtung in Basel, nämlich die Gefahr, dass ein großes Erdbeben wie 1356, als große Teile Basels zerstört wurden,
„getriggert“ werden könne, schließt das jetzt vorliegende ‚Baselgutachten‘ [Baisch et al.,
2009] jedoch aus. Obwohl in Basel bisher keine Schäden gerichtlich festgestellt wurden und
alle Entschädigungszahlungen außergerichtlich erfolgten, geht das Gutachten davon aus, dass
bei einem Weiterbetrieb der Anlage Schäden durch Induzierte Seismizität in großem Ausmaß
möglich wären. Vorschläge wie die Anlage zu betreiben wäre, ohne dass eine Gefahr unbeherrschter Induzierter Seismizität bestünde, wurden im Gutachten nicht gemacht.
Die Vorgänge in Basel und dann auch in wesentlich kleinerem Ausmaß in Landau haben dazu
geführt, dass Induzierte Seismizität nun im Zusammenhang mit allen laufenden und geplanten
Projekten zum Thema wurde. Viele Betreiber sind inzwischen durch die Aufsichtsbehörden
aufgefordert, Gutachten zur Induzierten Seismizität vorzulegen, ohne dass klar ist, ob dies
durch die Vorfälle in Basel gerechtfertigt ist. Hierbei ergibt sich als Problem, dass einerseits
erst durch die Registrierung seismischer bzw. mikroseismischer Ereignisse die Basis für ein
solches Gutachten geschaffen wird, Ereignisse – auch mikroseismische Ereignisse – aber
wenn überhaupt erst während Errichtung und Betrieb einer Anlage induziert werden. Aus diesem Grunde wird immer häufiger von einer ‚Gutachterlichen Begleitung’ der Projekte gesprochen.
Erdbeben und Seismizität im Allgemeinen
Der Begriff Erdbeben wird sowohl in der Fachliteratur als auch im allgemeinen Sprachgebrauch für zwei unterschiedliche Phänomene verwendet: Zum einen werden damit starke Bodenbewegungen (Erderschütterungen) bezeichnet, zum anderen steht der Begriff für die Ursache dieser Bodenbewegungen, d. h. für den Bruchvorgang (seismisches Ereignis) im Untergrund. Auch kleinste Bodenbewegungen, die in ihrer Amplitude diejenigen, die beim Vorbeifahren eines Lastwagens entstehen nicht überschreiten oder gar Bodenbewegungen unterhalb
der Fühlbarkeit auch als Erdbeben zu bezeichnen, wird der Sache sicher nicht gerecht und
weckt nur unangebrachte unterschwellige Ängste.
Unter Seismizität versteht man eine Beschreibung der Erdbebenaktivität in einer definierten
Region. Seismizität definiert sich dabei durch eine Beschreibung der
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Häufigkeit von Erdbeben
statistischen Verteilung der Bebenstärken (Magnituden)
räumlichen Verteilung der Beben (Epizentren)
Tiefenverteilung der Beben (Hypozentren)
Makrobeobachtung einzelner stärkerer Ereignisse (Bebenintensität, Schadensbilder)
und anderer relevanter Größen und Beobachtungen.
Im Folgenden wird, wie schon oben begründet, der Begriff ‚Erdbeben‘ oder ‚Beben‘ ausschließlich für fühlbare natürliche Ereignisse bzw. deren Auswirkungen verwendet. Ansonsten wird ein neutraler Begriff wie ‚seismisches Ereignis‘ für den Bruchvorgang bzw. ‚Erderschütterung‘ für die Auswirkungen auf die Erdoberfläche bevorzugt.
Seismische Ereignisse (natürliche oder induzierte), die stark genug sind, um an der Erdoberfläche wahrgenommen zu werden, sind meist Scherbrüche. Diese treten auf, wenn die Scherfestigkeit im Untergrund überschritten wird. Seismische Ereignisse können damit entweder
dann entstehen, wenn die Scherfestigkeit im Untergrund herabgesetzt wird oder aber, wenn
die Scherspannungen, beispielsweise durch Plattentektonik, erhöht werden. Erbeben sind ein
natürlicher Vorgang, um Spannungen, die sich im Untergrund durch Plattenbewegungen aufgebaut haben wieder abzubauen. Neben dem Spannungsabbau (stress drop) durch Erdbeben
kann hier auch langsames Kriechen wesentlich sein.
Induzierte seismische Ereignisse
Induzierte seismische Ereignisse sind wie Erdbeben Bruchvorgänge im Untergrund. Diese
werden jedoch nicht bzw. nicht ausschließlich durch das tektonische Spannungsfeld bestimmt,
sondern folgen aus menschlichem Handeln (anthropogen). Manchmal unterscheidet man zusätzlich noch zwischen induzierten Ereignissen (im engeren Sinne) und getriggerten Ereignissen. Im Zusammenhang mit fluidinduzierten Ereignissen wird die Unterscheidung dabei nach
der räumlichen Zuordnung getroffen. Im Zusammenhang mit der Stimulation eines geothermischen Reservoirs gelten Ereignisse als induziert, wenn deren Herde sich innerhalb des unmittelbar von der Wasserinjektion betroffenen Gesteinsvolumens befinden und dessen Herddimensionen die Ausdehnung dieses Volumens nicht überschreiten. Sie gelten als getriggert,
wenn deren Herde entweder außerhalb dieses Volumens liegen oder falls die Herddimensionen das Gesteinsvolumen, in dem sich das injizierte Fluid ausbreitet, überschreiten. Die aus
dem Bergbau (Tiefbau) stammende Unterscheidung, nach der als induziert solche Ereignisse
bezeichnet werden, bei denen die kausale Ursache auch für einen Großteil der Spannung bzw.
der Energie verantwortlich ist, die durch das Ereignis umgesetzt wird, hat sich für fluidinduzierte Ereignisse als nicht brauchbar erwiesen. Hier reicht die durch die Entnahme oder das
Einpressen von Flüssigkeit eingebrachte Energie allein nicht aus, um an der Erdoberfläche
fühlbare seismische Ereignisse zu erzeugen.
Fluidinduzierte Ereignisse, die stark genug sind, um an der Erdoberfläche verspürt zu werden,
beziehen ihre Energie also immer aus dem tektonischen Spannungsfeld der Erde. Sie ändern
somit – zumindest geringfügig – das Spannungsfeld der Erde und können unter Umständen
ein natürliches (‚ready to go‘) Ereignis zeitlich vorziehen.
Induziert werden können seismische Ereignisse durch eine Vielzahl unterschiedlicher Eingriffe in den Untergrund, wie:
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Bau von Talsperren
Füllen und Entleeren von Talsperren (auch Pumpspeicherwerke)
Tiefbau
Tunnelbau
Bergbau (Tiefbau, Tagebau)
Steinbrüche (große)
Erdöl-/Erdgasgewinnung
Unterirdische Speicher (Gas, Druckluft)
Verpressen von fluiden Abfällen (CCS)
Bohrungen (Thermalwasser, Mineralwasser)
Fracarbeiten in Tiefbohrungen
andere Eingriffe in den Untergrund
In der Bandbreite der Stärken seismischer (natürlicher und induzierter) Ereignisse sind die
induzierten Ereignisse meist weniger stark und erreichen nicht die Stärken natürlicher Ereignisse. Die natürliche Seismizität gibt sozusagen ein Rahmen für die Induzierte Seismizität
vor. Dies liegt unter Anderem daran, dass Induzierte Seismizität in vergleichsweise geringen
Tiefen auftritt, wo die im Spannungsfeld gespeicherte Energie nicht zur Erzeugung großräumiger Bruchvorgänge ausreicht, oder auch die notwendige Größe einer Bruchfläche über das
zur Verfügung stehende Volumen hinaus geht Die überwiegende Mehrzahl induzierter Ereignisse wird nur von Messgeräten aufgezeichnet und nicht gespürt. Sie haben oft kleine oder gar
negative Magnituden (Lokale Magnitude nach Richter, ML, oder neuzeitlicher MomentenMagnituden MW) und übersteigen selten die Magnituden 2 oder 3, also Magnituden, die in der
natürlichen Seismizität Alltag sind:
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Magnitude 2-3
Magnitude 3-4
ca. 1000 Ereignisse täglich weltweit
ca. 150 Ereignisse täglich weltweit
Der natürlichen Seismizität vergleichbar große Ereignisse der Induzierten Seismizität traten
bisher vorwiegend bei der Befüllung großer Talsperren auf. Hier wurden Magnituden bis zu 6
beobachtet.
Basierend auf der Registrierung einer Vielzahl kleiner Ereignisse (unterhalb der
Fühlbarkeitsgrenze) und deren Auswertung hat sich eine neue Explorationsmethode, die so
genannte ‚Passive Seismik’, entwickelt. Sie ist besonders erfolgreich im Zusammenhang mit
Methoden der sekundären und tertiären Erdöl-/Erdgasförderung. Viel angewendet wird diese
Methode auch in der Geothermie zur Erkundung von Hochenthalpie-Wasser/DampfLagerstätten und zur Kartierung der Fracarbeiten in Tiefbohrungen. Ihr Potential für hydrothermale Dubletten (im Betrieb) ist noch wenig erforscht.
Da sowohl Induzierte als auch natürliche Seismizität ihre Energie vorrangig aus dem Spannungsfeld der Erde beziehen, könnte man annehmen, dass Induzierte Seismizität nur in Regionen auftreten kann, in denen es auch natürliche Seismizität gibt. Es ist aber durchaus möglich, dass auch in Regionen, in denen keine Erdbeben auftreten, dennoch erhebliche Spannungen im Untergrund vorhanden sind, diese aber natürlicherweise ausschließlich aseismisch
(durch Kriechen) abgebaut werden. Möglich ist auch, dass die Spannungen in diesen Regionen nur vorübergehend nicht abgebaut werden, da sich das Spannungsfeld über längere Zeit
nicht ändert und die Spannungen damit unterhalb der Gebirgsfestigkeit bleiben. Induzierte
Seismizität ist auch aus derartigen aseismischen Gebieten bekannt. Beispiele sind die nordost-holländischen Gasfelder, aber auch das Ruhrgebiet. In jedem Fall ist Induzierte Seismizität in seismisch aktiven Gebieten anders zu sehen als in aseismischen Gebieten, da in seismischen Gebieten von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass das lokale Spannungsfeld hohe Scherspannungen aufweist und die Gesteine zu einem Spannungsabbau durch
Bruchvorgänge neigen. Findet Induzierte Seismizität in einer Region statt, in der auch natürliche Seismizität auftritt, stellt sich die Frage, ob es Zusammenhänge gibt. Die natürliche Seismizität gibt hier zunächst mal einen Einblick in das vorhandene Spannungsfeld. Zudem kann
aller Erfahrung nach davon ausgegangen werden, dass die natürliche Seismizität einen Rahmen für die induzierte Seismizität vorgibt. Wesentliche statistische Eigenschaften können
allerdings bei der natürlichen und der Induzierten Seismizität einer Region sehr unterschiedlich sein. Hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf.
Geomechanisch stellt sich nun die Frage, wie eine Induzierung durch Fluidinjektion
vonstattengehen kann: In einem kompakten Gesteinskörper wird ein Scherbruch dann entstehen, wenn die Scherspannungen die Scherfestigkeit des Gesteins übersteigen. Wachsen diese
Scherspannung nun (z. B. durch Plattentektonik) stetig an, wird dieser Zustand eines Tages
eintreten. In einem bereits zerbrochenen Gesteinskörper (post failure) werden Scherbewegungen meist auf vorab vorhandenen Klüften stattfinden. Hier setzt die Bewegung dann ein, wenn
die Scherspannungen die (Haft-)Reibungskräfte längs des Risses überschreiten. Da es also um
den relativen Betrag zweier Größen geht, kann Induktion, also eine Bruchauslösung, durch
Änderung einer dieser beiden Größen erfolgen:
1. Änderung des Spannungsfeldes, insbesondere der Scherspannungen, z. B. durch Füllung einer Talsperre (Druckbeaufschlagung) oder das Schaffen von Hohlräumen mit
entsprechenden Rand-Zusatzspannungen.
2. Änderung der Haftreibung längs der Risse, durch Erhöhung des Porendrucks auf der
Störfläche und damit Reduzierung der Normalspannungen auf diesen Rissen.
Störfläche
Normalspannung
Porendruck
Scherspannung
Abbildung 1: Wirkung von Spannungen und Porendruck an einer (rauen, wassergefüllten) Störfläche (Prinzip)
Induzierte Seismizität und Geothermie
Die Art und Weise, wie geothermische Aktivitäten starke Ereignisse induzieren können, sind
noch weitgehend unerforscht [Majer et al., 2007]. Für gesicherte Aussagen gibt es viel zu wenig derartige (starke) Ereignisse. Es muss daher auf Erkenntnisse aus anderen Bereichen
(meist Erdöl/Erdgas, Injektion von Fluiden wie flüssigen Abfällen) zurückgegriffen werden.
Sicher ist, dass wir zwischen
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der Errichtungsphase (Bohrarbeiten, Fracarbeiten in den Bohrungen) und
der Betriebsphase (stationärer Betrieb und betriebsübliche Besonderheiten)
unterscheiden müssen. Forschungsprojekte für beide Phasen sind angelaufen, denn das Verstehen ist auch hier die Grundlage für das Vermeiden. Analoge Forschung auf anderen Gebieten der Induzierten Seismizität (insbesondere im Rahmen der CCS-Forschung) wird hier weitere Erkenntnis bringen.
Sowohl bei der Errichtung als auch bei dem Betrieb von Anlagen gibt es eine ganze Reihe
von (Betriebs-) Parametern, die auf das Induzieren von Ereignissen Einfluss haben kann. Dies
sind beispielsweise:
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Einpressgeschwindigkeit bzw. Einpressdruck
Einpressmenge und Einpressdauer
Chemische und physikalische Fluideigenschaften (Dichte und Viskosität)
Einpressbereich (Bohrlochabschnitt)
Lage und Ausmaß angeschlossener Horizonte bzw. Störungszonen
Zeitliche Änderungen dieser Betriebsgrößen
Die Vielzahl dieser Einflussfaktoren lässt erwarten, dass es gelingen wird, durch eine geeignete Wahl dieser Größen (‚Stellschrauben’) die Gefahr Induzierter Seismizität besser zu be-
herrschen, genauer gesagt, die induzierten Ereignisse in einem Magnitudenbereich möglichst
unterhalb der Fühlbarkeit und erst recht unterhalb der Schadensgrenze zu halten.
Die maximale Magnitude seismischer Ereignisse
Erdbeben sind statistisch auftretende Ereignisse. Die Vorhersage ihres Eintretens und ihrer
Größe ist immer nur eine statistische Aussage und beruht auf der Aufarbeitung von in der
Vergangenheit registrierten Ereignissen. Gleiches gilt für induzierte seismische Ereignisse:
Diese treten nicht als Folge einer bestimmten Einwirkung – d. h. beispielsweise einer bestimmten eingepressten Wassermenge – überall gleichermaßen auf, sondern ihr Auftreten ist
neben der Einwirkung entscheidend durch die lokale Geologie (das Störungsinventar) und das
lokale tektonische Spannungsfeld bestimmt. Hierbei spielt auch die Orientierung der Risse im
Spannungsfeld eine Rolle.
Die Erstellung seismologischer Gutachten zur Abschätzung der maximalen Magnitude bzw.
der maximalen Intensität seismischer Ereignisse, die durch einen bestimmten Eingriff in den
Untergrund induziert werden, wird bisher in Deutschland vergleichsweise selten durchgeführt.
Normalerweise ist die Anforderung an ein seismologisches Gutachten eine andere: man
möchte wissen, welche seismische Intensität durch natürliche Erdbeben möglicherweise auf
eine empfindliche industrielle Anlage (wie ein Atomkraftwerk) zukünftig einwirkt, um diese
Anlage dann entsprechend sicher dimensionieren zu können. Ein zentrales Element beider
Gutachten ist aber die Gutenberg-Richter Beziehung, die die Häufigkeit des Auftretens seismischer Ereignisse mit deren Stärke verknüpft (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Die
Gutenberg-Richter-Beziehung in der klassischen Form gibt die Anzahl der Ereignisse N pro
Jahr an, die innerhalb einer definierten Region Magnituden größer oder gleich M haben (kumulative jährliche Magnitudenverteilung):
log (N>MW) = a − b*M
Viele Untersuchungen lokaler Beben und auch induzierter Ereignisse, beispielsweise aus dem
Steinkohlenbergbau, haben gezeigt, dass sich in dieser Darstellung im zentralen Bereich eine
lineare Beziehung ergibt, vorausgesetzt, dass die ausgewerteten Ereignisse nicht nur in etwa
aus derselbe Herdregion kommen, sondern dort auch derselben Ursache zuzuschreiben sind
(zum selben Cluster gehören). Werden in einem Datensatz Ereignisse gemischt, die diesen
Voraussetzungen nicht genügen, können die Gutenberg-Richter-Beziehungen komplexer aussehen. Zur Aufstellung einer Gutenberg-Richter Beziehung sind oft Ereignisse wesentlich, die
unterhalb der Fühlbarkeitsgrenze liegen und nur von Instrumenten erfasst wurden. Nur diese
kommen meist in einer ausreichend großen Zahl vor und stellen erst die Datenbasis für eine
statistische Auswertung.
Die Gutenberg-Richter-Beziehung erlaubt es also, aus der Anzahl vieler kleiner Ereignisse auf
die zu erwartende Zahl großer Ereignisse zu schließen. Damit lässt sich die Wahrscheinlichkeit abschätzen, mit der ein Ereignis einer bestimmten Magnitude innerhalb einer Zeitperiode
nicht überschritten wird. Oft wird auch die ‚Wiederkehrzeit’ für ein Ereignis einer bestimmten
Magnitude angegeben, also der Kehrwert der jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit.
Diese Art, eine Vielzahl registrierter Ereignisse der natürlichen und Induzierten Seismizität
auszuwerten, wird üblicherweise als
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probabilistische oder statistische Problembehandlung bezeichnet. Eine Alternative
wäre der Versuch, das Problem mehr
-
deterministisch anzugehen. Hierzu werden in einem vorgegebenen Untergrundmodell
(Geometrie, Spannungsfeld, Gesteinseigenschaften) im Computer Ereignisse simuliert
oder modelliert. Diese Methode setzt neben brauchbarer Software ein genügend ge-
naues Eingangsmodell voraus. Grundsätzlich müssen Ergebnisse der deterministischen
Methode validiert oder kalibriert werden. Ihre Ergebnisse (simulierte Ereignisse) müssen an die Messergebnisse angepasst werden, entweder durch Variation der Eingangsparameter oder Korrektur der Ergebnisse. Dabei kann der Einfluss der Messungen auf
das Endergebnis so dominant werden, dass man nur noch schwerlich von einer deterministischen Methode sprechen kann. Nach gängiger Expertenmeinung ist eine deterministische Vorgehensweise bei der Risikobewertung in der Praxis nicht möglich.
Demnach kann ein einzelner Standort derzeit nur mit einem probabilistischen Ansatz
begutachtet werden Zum Teil werden auch vereinfacht
-
empirische Zusammenhänge gesucht, beispielsweise Beziehungen zwischen der Maximalmagnitude und der Reservoirgröße (Einflussbereich der menschlichen Einwirkung). Für Induzierte Seismizität im Allgemeinen wurde hier der Durchmesser des
Einflussbereichs genommen, bei Geothermieprojekten auch schon die Fläche einer im
Untergrund aktivierten Struktur. Denkbar wäre auch das Volumen, in dem sich das
Fluid ausbreitete. Neben der Dimension ist generell die Bestimmung der zugrunde gelegten Größe des Einflussbereichs schwierig. Eine Bestimmung aus der Verbreitung
der Herdlokationen kann nur bei stark stimulierten Projekten funktionieren. Bei hydrothermalen Projekten kann die Druckeinflusszone um ein Vielfaches größer sein als die
Fluidausbreitung. Bei offenen Systemen fließt das Wasser unter Umständen in offenen
Klüften und die Ausmaße dieses Fließsystems ließen ich allenfalls mit aufwendigen
Tracerexperimenten bestimmen Die aus einer Vielzahl von Lokationen gewonnenen
Beziehungen zwischen der Größe des Einflussbereichs und der maximal möglichen
Magnitude können nur einen ersten Anhalt für ein Maximalereignis geben.
In seismisch aktiven Gebieten ist es entscheidend zu betrachten, ob die Induzierte Seismizität
die Gesamtseismizität relevant ändert. Dieses kann nur abgeschätzt werden durch eine Analyse der natürlichen Seismizität der Region und durch eine Betrachtung, wie diese durch geothermische Installationen verändert werden könnte. Derartige Analysen setzen eine gute Datenlage voraus. Da Magnitudenverteilungen exponentiell abnehmend sind (GutenbergRichter-Kurven), also kleine Ereignisse viel häufiger auftreten als große, kann eine ausreichende statistische Datenbasis nur erreicht werden, wenn kleine (nicht spürbare) Ereignisse in
großer Zahl beobachtet werden. Aus den statistischen Gegebenheiten dieser kleinen Ereignisse wird dann auf das Auftreten großer Ereignisse (die ja immer nur in einer für statistische
Betrachtungen nicht ausreichenden Zahl auftreten) extrapoliert. So lässt sich z. B. abschätzen,
welche Maximalereignisse in einer Region denkbar sind und wie wahrscheinlich sie sind
(Auftretenshäufigkeit, statistischer Zeitabstand zwischen dem Auftreten, return period).
Bei einer ausreichenden Ausstattung der Region mit Messgeräten sind derartige Untersuchungen auch für induzierte Ereignisse möglich. Hierbei müssen insbesondere sehr kleine Ereignisse beobachtet werden, um eine ausreichende Datenbasis zu erhalten.
Abbildung 2: Gutenberg-Richter-Beziehung für induzierte Ereignisse in Soultz nach Cuenot et al. [2008] . Die
Kurve wurde aus mehr als 7000 Ereignissen für den Zeitraum einer Stimulation (12 Tage) ermittelt.
Abbildung 3: Gutenberg-Richter-Beziehung für Erdbeben im nördlichen Oberrheingraben [Helm, 1996].
Schadenswirkungen, Seismisches Risiko
In Deutschland wird die Schadenswirkung von Erschütterungen, die auf bauliche Anlagen
einwirken, nach DIN 4150, Teil 3 beurteilt. Die DIN nennt Anhaltswerte für maximale
Schwinggeschwindigkeiten, bei deren Einhaltung Schäden an Gebäuden nicht eintreten.
Tabelle 1: Anhaltswerte für die Schwinggeschwindigkeit zur Beurteilung der Wirkung kurzzeitiger Erschütterungen auf Bauwerke nach DIN 4150, Teil 3.
Die DIN 4150, Teil 3 erlaubt die Beurteilung aller Erschütterungen, deren dominante Frequenzen oberhalb von 1 Hz liegen. Deshalb ist sie insbesondere zur Beurteilung von Erschütterung durch induzierte seismische Ereignisse geeignet, denn deren dominierende Frequenzen
liegen in der Regel im Bereich von 3 Hz bis 10 Hz. Starke tektonische Erdbeben haben hohe
Signalanteile auch unterhalb von 1 Hz. Über deren mögliche Schadenswirkung kann mithilfe
der DIN 4150, Teil 3 keine Aussage getroffen werden. Durch induzierte Ereignisse, deren
Erschütterungen an einem Ort unter 5 mm/s liegen, können daher an diesem Ort keine Schäden verursacht werden. Werden dennoch Schäden beobachtet, so müssen nach DIN 4150 hierfür andere Ursachen vorliegen.
Die Anhaltswerte der DIN erlauben einen Schadensausschluss. Sie sind deshalb sehr konservativ angesetzt. Werden die Anhaltswerte überschritten, so bedeutet dies deshalb nicht, dass
auch ein Schaden auftritt. Auch weit oberhalb von 5 mm/s treten zunächst nur kleine Schäden,
wie Putzrisse, auf. Erst oberhalb von 50-70 mm/s sind Schäden an Trag- und Giebelwänden
zu befürchten [Samokar, 2008].
Gutachten zum seismischen Risiko bei Geothermieanlagen
In der Diskussion um die Bewertung Induzierter Seismizität in der Nachbarschaft von existierenden oder geplanten Geothermieanlagen sind zunehmend Gutachten zur Seismizität im Gespräch. Eine fachlich fundierte Begleitung derartiger Projekte ist grundsätzlich zu begrüßen.
Die Auflagen sollten sich hier allerdings in einem Rahmen bewegen, wie er bei anderen Eingriffen in den Untergrund (z. B. Bohrungen für Thermalwasser oder Mineralwasser) üblich
ist, die ja auch Ursache Induzierter Seismizität sein können und sind. Es muss von vornherein
klar sein, dass wegen der statistischen Struktur der Seismizität nur Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden können. Eine Null-Wahrscheinlichkeit kann es hier, wie bei allen anderen sicherheitsrelevanten Dingen, nicht geben. Ein derartiges Gutachten sollte soweit möglich
zumindest folgende Elemente enthalten:
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Lokale Geologische Situation
Natürliche Seismizität (Gutenberg-Richter-Kurven) mit den üblichen Elementen, insbesondere Aussagen über das maximal mögliche Ereignis und Eintretenswahrscheinlichkeiten (return period).
Induzierte Seismizität (bei bestehenden Anlagen), insbesondere Aussagen über das
maximal mögliche Ereignis und Eintretenswahrscheinlichkeiten.
Mögliche Mechanismen der Triggerung und Induzierung.
Lokaler Zusammenhang zwischen Ereignisstärke und maximalen Schwinggeschwindigkeiten (seismic hazard, seismic risk).
Empfehlungen für Monitoring und Messnetze (seismologisches Netz, Immissionsmessnetz).
Empfehlungen für die Berichterstattung und Dokumentation.
Empfohlene Maßnahmen zur Minderung der Induktionsgefahr bei der Errichtungsund Betriebsphase.
Diese Zusammenstellung über den notwendigen und auch hinreichenden Inhalt von seismologischen Gutachten ist in guter Übereinstimmung mit der IEA/GIA [Majer et al., 2008]
Der Inhalt und Umfang derartiger Gutachten wird weitgehend vom Zeitpunkt ihrer Erstellung
relativ zu Projektentwicklung beeinflusst. Ein Gutachten vor Beginn jeglicher Projektarbeiten
wird sich wesentlich unterscheiden von einem Gutachten zu einem späteren Zeitpunkt.
Rechtliches
Geothermie ist rechtlich gesehen Bergbau, denn Erdwärme ist rechtlich gesehen ein ‚bergfreier Bodenschatz‘. Sie unterliegt vollumfänglich dem Bundesberggesetz (BBergG) und somit
dem Betriebsplanverfahren. Insbesondere gelten:
§ 55 Abs. 1 Ziffer 5:
Die Zulassung eines Betriebsplanes im Sinne des § 52 ist zu erteilen, wenn für den Schutz der
Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs Sorge getragen ist.
§ 55 Abs. 1 Ziffer 9:
Die Zulassung eines Betriebsplanes im Sinne des § 52 ist zu erteilen, wenn gemeinschädliche
Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind.
Bei der Beurteilung der Induzierten Seismizität, ihrer Risiken und Wirkungen ist also rechtlich (auch in den Gutachten) auf die Begriffe
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Persönliche Sicherheit
Öffentlicher Verkehr
Gemeinschädliche Einwirkung
abzuheben. Wird festgestellt, dass bezüglich der persönlichen Sicherheit und der des öffentlichen Verkehrs ‚Sorge getragen‘ ist und dass gemeinschädliche Einwirkungen ‚nicht zu erwarten‘ sind, ist die Genehmigung zu erteilen. Häufig wird hier neuerdings zum Nachweis ein
Gutachten gefordert.
Unterhalb dieser Ebene kann Geothermie auch Schäden an baulichen Anlagen hervorrufen,
die die drei obigen Kategorien nicht berühren. Hier privilegiert das BBergG den Betreiber,
sieht aber eine Schadensregelung vor. Dabei stellt sich die Frage nach der Beweislast. Wer hat
zu beweisen oder zu widerlegen, dass ein Schaden im Zusammenhang mit einem seismischen
Ereignis steht?
Handlungsvorschläge
Das Vorgehen bei Planung und Errichtung tiefengeothermischer Anlagen wird sicher dadurch
erleichtert, dass man sich wesentliche Schritte zum Thema Induzierte Seismizität vorab überlegt. Hier lehnen wir uns an die von IEA-GIA gemachten Vorschläge [Majer et al., 2008] an
und empfehlen folgende Schritte:
Schritt 1: Aufarbeitung von Gesetzen und Regelungen
Neben den gesetzlichen Regelungen sollte sich der Errichter/Betreiber einer Anlage auch über
die maßgeblichen Normen unterrichten. Wesentlich sind hierbei die üblichen Verfahren zur
Beweissicherung im Hinblick auf spätere Prozesse. Dazu kommen Fragen einer angemessenen Versicherung.
Schritt 2: Natürliche Seismizität und Risikopotenzial
Die natürliche Seismizität setzt nach allgemeiner Erkenntnis einen Rahmen für die Induzierte
Seismizität. Daher sollten vorhandene Daten z.B. aus den Erdbeben Katalogen für mindestens
40 Jahre aufgearbeitet werden. Spannungsdaten sind hinzuzuziehen und statistische Charakteristika des Gebietes zu erarbeiten. Kritisch ist hierbei die Festlegung der als Referenz heranzuziehenden Region. Ist diese zu klein, sind statistische Aussagen kaum möglich, ist sie zu
groß geht der Bezug zur Lokation verloren. Eine Festlegung auf die Zonierung nach DIN
4149 ist nicht automatisch das Richtige. Bei der Abschätzung des Risikopotenzials ist besonders die Bebauung in unmittelbare Nähe zu betrachten.
Schritt 3: Potenzial Induzierter Seismizität
Hier sind die vorab erarbeiteten Erkenntnisse mit den betrieblichen Planungen zusammenzubringen. Daraus ergibt sich die Gefahr Induzierter Seismizität, beschrieben durch Parameter
wie: größtes mögliche Ereignis, Wiederkehrperiode usw. Hierzu gehören auch Aussagen über
die Verwundbarkeit (‚vulnerability‘) und die zu erwartenden maximalen Schwinggeschwindigkeiten. Möglich ist hier die Einschaltung eines externen Gutachters. Induzierte Seismizität
ist grundsätzlich auch eine Funktion der Betriebsparameter.
Schritt 4: Diskussion mit den Aufsichtsbehörden
Die Diskussion mit den Aufsichtsbehörden sollte schon hier einsetzen, um eine Übereinstimmung in der Auffassung zu den verschiedenen Themenfeldern zu erreichen. Hier geht es dann
auch schon um Reaktionspläne (Stufen- oder Ampelpläne) die vorgeben, was wann zu machen ist.
Schritt 5: Unterrichtung der Investoren (Anteilseigner)
Das Risiko Induzierter Seismizität kann einen wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit einer Anlage haben. Es ist daher absolut notwendig Investoren und Anteilseigner rechtzeitig zu informieren.
Schritt 6: Installation von Messnetzen
Seismische Netze, also seismologische Netze und Immissionsnetze (nach DIN 4150), sind
rechtzeitig vor dem möglichen Auftreten spürbarer Induzierter Ereignisse zu errichten. Seismologische Netze werden dabei nach seismologischen Gesichtspunkten, Immissionsnetze
dagegen normgerecht, d. h. durch eine nach Berg- oder Immissionsschutzrecht zugelassene
Messstelle, aufgebaut. Da von vornherein nicht klar ist, ob es überhaupt zum Auftreten signifikanter Induzierter Seismizität kommt, sollte zu Beginn eines Geothermieprojektes der Aufwand klein gehalten werden und es sollte erst einmal untersucht werden, ob es überhaupt zum
Auftreten seismischer Ereignisse kommt. Erst dann sollten die Netze bedarfsgerecht ausgebaut oder sogar reduziert werden.
Schritt 7: Zusammenarbeit mit den Investoren (Anteilseignern)
Nicht nur die Zusammenarbeit mit den Gutachtern, sondern auch die Zusammenarbeit mit
Investoren und Anteilseignern ist eine kontinuierliche Aufgabe. Vorgaben für die einvernehmliche Berichterstattung sind zu vereinbaren.
Schritt 8: Handlungsanweisungen für den Schadensfall
Im Schadensfall bleibt keine Zeit, sich angemessenes Handeln zu überlegen. Es müssen genaue und mit den Aufsichtsbehörden abgestimmte Handlungsanweisungen vorliegen.
Literatur
Baisch, Carbon, Dannwolf, Delacou, Devaux, Dunand, Jung, Koller, Martin, Sartori, Secanell,
Vörös: Deep Heat Mining Basel – Seismic Risk Analysis, 2009.
Cuenot, Dorbath und Dorbath: Analysis of the Microseismicity Induced by Fluid Injections at
the Hot Dry Rock Site of Soultz-sous-Forets (Alsace, France): Implications for the Characterization of the Geothermal Reservoir Properties, Pure appl. geophys. 165, 2008.
Grünthal, G. (ed.): European Macroseismic Scale 1998 (EMS-98). Cahiers du Centre Européen de Géodynamique et de Séismologie 15, Centre Européen de Géodynamique et de Séismologie, Luxembourg, 99 pp., 1998.
Majer, Baria, Stark, Oates, Bommer, Smith, Asanuma: Induced Seismicity associated with
Enhanced Geothermal Systems, Geothermics 36, 2007.
Majer, Baria and Stark: Protocol for induced seismicity associated with enhanced geothermal
systems. Report produced in Task D, Annex I (9 April 2008), International Energy Agency
Geothermal Implementing, 2008.
Helms, The natural seismic hazard and induced seismicity of the European HDR (Hot Dry
Rock) geothermal energy project at Soultz-sous-Forets (Bas-Rhin, France), Dissertation an
der Universität Louis-Pasteur de Strasbourg, 1996.
Samokar: Anwendung der bergbaulichen Intensitätsskala GSI-2004 zur Beurteilung der Auswirkung der bergbaubedingten Erderschütterungen auf Gebäude im Bergbaurevier ZG Rudna,
Tagungsband zum 9. Geokinematischen Tag, Bergakademie Freiberg, 2008.
Shearer, Peter, M.: Introduction to Seismology, Cambridge University Press, New York, 1999
Einige Begriffserklärungen:
Magnitude
Die Magnitude ist ein Maß für die Stärke von Erdbeben, genauer ein Maß für die Energie der
seismischen Wellen, die durch den Bruchvorgang freigesetzt werden. Magnituden werden überwiegend aus den Amplituden, seltener auch aus anderen Parametern von Seismogrammen bestimmt. Diese werden wiederum weltweit an Erdbebenmessstationen mit Seismographen aufgezeichnet. Die älteste Magnitudenskala ist die sogenannten Richterskala, die in den 1930er Jahren
von Charles Francis Richter zur Quantifizierung kalifornischer Erdbeben entwickelt wurde.
Richter hatte erkannt, dass ein Zusammenhang zwischen dem Maximalausschlag im Seismogramm und der Entfernung vom Epizentrum besteht. Die so gefundene logarithmische Beziehung ist geeignet, um aus der Entfernungsabhängigkeit der Amplitude auf die Stärke des Erdbebens zurückzuschließen. Allerdings bezieht sich diese Magnitudenskala auf seismische Wellen,
deren Strahlwege größtenteils nur durch die Erdkruste verlaufen. Dadurch ist die Richterskala
nur für den Gebrauch bis maximal 600 bis 1000 km Abstand vom Epizentrum anwendbar. Sie
wird deshalb auch als Lokalmagnitude (ML) bezeichnet. Lokalmagnituden sind für einen bestimmten Seismographen (Wood-Anderson) definiert. Werden andere Instrumente verwendet,
müssen entsprechende Korrekturen vorgenommen werden.
Eine weitere und modernere Methode zur Messung von Erdbeben-Magnituden und wurde 1979
von den Wissenschaftlern Tom C. Hanks und Hiroo Kanamori als eine Alternative zur RichterSkala entwickelt. Dies ist die Momenten-Magnitude MW, die direkt auf das von K. Aki 1966
eingeführte seismische Moment zurückzuführen ist, das sich aus der Größe der Rissfläche im
Untergrund, der mittleren Verschiebung der Gesteinsblöcke und der Gesteinsfestigkeit ergibt.
MW ist eine dimensionslose Kennzahl, die durch den Ausdruck
definiert wird, wobei M0 dem seismischen Moment entspricht (dimensionslos durch Division
durch N · m).
Die Momenten-Magnitude wurde von Hanks und Kanamori so definiert, dass sie für eine Vielzahl von Erdbeben ungefähr mit der Richtermagnitude übereinstimmt. Dies gelingt jedoch nicht
immer, so dass je nach Lokation systematische Unterschiede zwischen diesen Magnituden von
bis zu 0,5 Einheiten bestehen.
Epizentrum
Das Epizentrum (von griechisch epi „auf, über“ und kentro „Zentrum“) ist das senkrecht vom
Erdbebenherd, dem Hypozentrum, auf die Erdoberfläche projizierte Zentrum eines Erdbebens
und markiert den Erdbebenherd auf der Landkarte.
Hypozentrum
Das Hypozentrum ist die Lokation des Erdbebenherdes. Genaugenommen ist es der Ort, an dem
der Bruchvorgang beginnt. Das Hypozentrum ist durch die Koordinaten des Epizentrums plus
die Angabe der Herdtiefe bestimmt.
Intensität
Die Intensität ist ein Maß für die Auswirkung eines Erdbebens an einem bestimmten Ort. Dabei
werden bestimmte Auswirkungen auf Landschaft, Straßen oder Gebäude gruppiert und dieser
Gruppe wird eine Intensität von I bis XII zugeordnet. Im Gegensatz zur instrumentell bestimmten Magnitude kann die Erdbebenintensität an einem Ort ohne Instrumente bestimmt werden
(Makroseismik).
Kurzform der Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98) [Grünthal, 1998]
Zusammenhang zwischen Intensität und Magnitude
Da seismische Wellen bei ihrem Weg durch den Erdkörper auf vielfältige Weise abgeschwächt
werden, gibt es keinen allgemeingültigen Zusammenhang zwischen Magnitude und Intensität. In
diesem Zusammenhang ist auch die folgende Tabelle zu sehen, die in der deutschen Ausgabe
von Wikipedia zu finden ist und die auf Veröffentlichungen des U.S. Geological Surveys zurückgeht. So sind induzierte seismische Ereignisse teilweise bereits ab Magnituden von 2 deutlich spürbar, da sie in viel geringen Tiefen auftreten als die meisten Erdbeben. Dennoch gibt die
Tabelle eine grobe Übersicht über die Auswirkung von Erdbeben einer bestimmten Magnitude.
RichterMagnituden
Einteilung der
Erdbebenstärke
Erdbebenauswirkungen
Häufigkeit der
Ereignisse
Weniger als 2,0
Mikro
Mikroerdbeben, nicht spürbar.
ca. 8.000 Mal pro
Tag
2,0 … <3,0
Extrem leicht
Generell nicht spürbar, jedoch gemessen.
ca. 1.000 Mal pro
Tag
3,0 … <4,0
Sehr leicht
Oft spürbar, Schäden jedoch sehr selten.
ca. 49.000 Mal
pro Jahr (vermutet)
4,0 … <5,0
Leicht
Sichtbares Bewegen von Zimmergegenständen, Erschütterungsgeräusche. Meist keine
Schäden.
ca. 6.200 Mal pro
Jahr (vermutet)

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