Schlüssel-Schloss-Prinzip

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Schlüssel-Schloss-Prinzip
VR IN DER SIMULATION
SOFTWARE-TOOL STELLT BERECHNUNGSERGEBNISSE IN VR DAR
Schlüssel-Schloss-Prinzip
DR. ANDREAS WIERSE
Virtuelle Realität (VR) und Simulation sind Technologien, die sich perfekt ergänzen: Sie beschäftigen sich mit
Produkten, die physikalisch noch nicht existieren. Während die numerische Simulation physikalische
Eigenschaften berechnet, befasst sich VR hauptsächlich damit, Produkte darzustellen. Was liegt also näher, als
sie zusammenzuführen und auch diese physikalischen Vorgänge virtuell darzustellen?
nsätze der Kombination aus VR und
numerischer Simulation gab es bereits
Anfang der 90er Jahre - eines der ersten eindrucksvollen Projekte war der "Virtual Windtunnel" der NASA aus dem Jahr
1992. Besonders interessant wird die Kombination in Bereichen, in denen selbst die
Betrachtung realer physikalischer Vorgänge
nur schwer oder gar nicht möglich ist.
Numerische Simulationsverfahren haben
heute einen Reifegrad erreicht, der es ermöglicht, auch schwer zu erfassende Vorgänge zu berechnen; die Validierung solcher Berechnungen erfolgt meist über den
Vergleich des berechneten Ergebnisses mit
dem Resultat eines Experiments.
tuelle Version 6.0 der Visualisierungs- und
VR-Software COVISE kann hier helfen: neben selbstverständlichen Funktionen wie
der Unterstützung der gängigen Simulationsprogramme zeichnet sich das aktuelle
Release durch eine Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit aus. Eine neue
Toolbar, die einen direkten Zugriff auf die
wichtigsten Aktionen in der VR-Welt
erlaubt, wird durch eine Optimierung der
Abläufe bei der Vorbereitung der VRSitzung ergänzt.
A
Besser verstehen
Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür
stellt das Metallgießen mit seinen extremen
Temperatur- und Druckverhältnissen dar.
So werden während des Druckgussvorgangs eines Automotors rund 80 Kilogramm flüssiges Metall mit einer Temperatur von mehr als 600 Grad innerhalb von
Sekundenbruchteilen in eine Form geschossen. Erst die numerische Simulation
erlaubt es den Gießern, exakt zu verstehen,
welche Vorgänge sich bei der Formfüllung
vollziehen, anstatt zu versuchen, anhand
der Untersuchung des fertig gegossenen
Motors Rückschlüsse zu ziehen. Aufgrund
der komplexen Struktur können selbst
Fachleute das Datenmodell eines Motors
nur schwer interpretieren. Die immersive
3D-Darstellung
der
Formfüllund
Abkühlvorgänge bietet eine neue Qualität in
der Analyse und Präsentation dieser Vorgänge. Die Gießerei der DaimlerChrysler
AG in Mettingen nutzt VR heute, um genau
diesen Effekt zu erzielen: ein besseres
Verständnis der Vorgänge in kürzerer Zeit.
Digital Engineering Magazin
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VR-Visualisierung der Simulation der Außenumströmung eines Flugzeugs.
Kunststoffspritzguss-Simulation.
Bilder: Magma
Ein wesentlicher Vorteil der 3D-Darstellung
liegt außerdem darin, dass "Laien" komplexe Datenmodelle besser verstehen können. Darüber hinaus prägt sich die immersive Darstellung besser im Gedächtnis ein;
eine Entscheidung, die aufgrund einer solchen Visualisierung getroffen wird, ist also
wesentlich stabiler. Hinzu kommt, dass es
heute möglich ist, mehrere zu einem Vorgang gehörige Simulationen gemeinsam zu
visualisieren: nicht nur Formfüllung, auch
Erstarrungsprozess und
entstehende
Spannungen, ja sogar Porositäten können
dargestellt und untersucht werden. Die Validierung wird dadurch unterstützt, dass ergänzend die Computertomografiedaten der
gefertigten Motoren eingelesen und den
Berechnungsergebnissen in der 3DWelt
direkt gegenübergestellt werden können.
Die Kunden von VISENSO nutzen die
Kombination von VR und Simulation in sehr
unterschiedlichen Bereichen. Hierzu zählen:
- Aerodynamik
- Crash-Berechnungen
- Klimatisierung
- Fahrdynamik
- Kühl- und Verbrennungsvorgänge
- Kunststoff-Spritzgussvorgänge, Gas- und
Rauchausbreitung
- die Analyse von Hochwassersituationen
und strukturmechanischen Belastungen in
Nano-Bauteilen
Ergebnisse einfach darstellen
VR-Darstellung der Formfüllsimulation beim
Metallguss (Getriebe).
VISENSO hat von Beginn an seinen
Schwerpunkt darauf gelegt, die Ergebnisse
von numerischen Simulationen so einfach
wie möglich darzustellen, für die Analyse
genauso wie für die Präsentation. Die ak-
Formfüllsimulation für Bremsscheiben.
Für den Benutzer redundante Aufgaben
wurden automatisiert, die Modulstruktur
vereinfacht. Mit der Einführung der
COVISEScriptsprache wurde die Tür
zu anwendungsspezifischen Benutzeroberflächen
geöffnet:
die
ersten
verfügbaren Prototypen für die Bereiche
CFD und Geometriedarstellung zeigen, wie
sich die breite COVISE- Funktionalität mit
einer
auch
für
Gelegenheitsnutzer
geeigneten Benutzerschnittstelle verbinden
lässt.
Bild: Airbus
VISENSO wird in Kürze mehrere auf
spezielle Anwendungen zugeschnittene
Pakete aus Datenschnittstellen mit der
jeweils geeigneten Benutzerschnittstelle
einführen, die auch KMUs einen deutlich
einfacheren Einstieg in die VR-Technologie
ermöglichen sollen.
Simulation wird lukrativer
Passend hierzu sinken die Hardwarepreise in den letzten Jahren konsequent:
die Leistungsträger der heutigen VR Installation
sind
PCCluster.
Zusammengestellt aus handelsüblichen
PCs, die mit den schnellsten verfügbaren
Grafikkarten ausgestattet sind, können
diese
Cluster
heute
Datenmengen
bewältigen, die vor wenigen Jahren nicht
einmal mit millionenteuren Grafiksupercomputern handhabbar waren. Fortschritte
gibt es auch bei den Projektoren: der Rückgang der Preise wurde von einer Erhöhung
der Auflösung und einer Verbesserung der
Lichtstärke begleitet. Lediglich bei den
TrackingSystemen
verläuft
die
Entwicklung weniger rasant, aber auch hier
versprechen die optischen Systeme künftig
ein
deutlich
einfacheres
Handling,
einhergehend mit sinkenden Preisen.
VISENSO hat die Entwicklung der
Hardwarepreise zum Anlass genommen,
ein mobiles VR- Bundle zu entwickeln, das
auf ein optimales Preis-Leistungsverhältnis
ausgelegt ist. Ziel war, ein System zu
schaffen, das mit einem PKW transportiert
werden kann, leistungsfähig in Analyse und
Präsentation ist und nicht zuletzt einen
attraktiven Preis hat. Am oberen Ende
eines solchen Systems könnte auch ein
Dual-Core-Dual-CPU-Opteron-System mit
32 GByte Hauptspeicher und zwei nvidiaQuadro-FX3450-Grafikkarten stehen (lesen
Sie hierzu auch die Rubrik
"Hardware" ab Seite 58, die in dieser
Ausgabe genau solche Workstations zum
Thema hat); hiermit gibt es praktisch keine
Einschränkung bei der Darstellung von Engineering- Datensätzen mehr. Die steigende
Leistungsfähigkeit der Hardware ermöglicht
zwei wesentliche Schritte: zum einen wird
die Einstiegsschwelle für die VR-Technologie deutlich sinken: Lösungen, die vor fünf
Jahren noch 500.000 Euro gekostet haben
und heute für 30.000 Euro zu haben sind,
werden in fünf Jahren möglicherweise für
weniger als 10.000 Euro verfügbar sein. Neben dieser eher evolutionären Entwicklung
wird die Leistungsentwicklung am oberen
Ende aber auch ganz neue Anwendungen
ermöglichen: heutige Supercomputer sind
in der Lage, mehrere numerische Simulationen in Echtzeit oder gar schneller zu berechnen - Beispiel Wettervorhersage:
braucht der Rechner für die Berechnung
des Wetters der nächsten drei Tage länger
als diese Zeitspanne, ist das Ergebnis
wertlos.
Schnellere
Computer
zu
niedrigeren Preisen werden die Interaktivität
bei der Simulation deutlich verbessern.
Ingenieure erhalten beispielsweise die
Möglichkeit, die Form eines Autos interaktiv
zu verändern und sofort zu erkennen, ob
sich die Aerodynamik des Fahrzeugs
entsprechend verbessert. Die Deiche
entlang eines Flusslaufes können virtuell
genau so hoch gezogen werden, dass eine
Jahrhundertflut ohne Folgen für die Anwohner bleibt. Der Chirurg ist während der
Operation in der Lage, exakt die optimale
Position eines Stents zu bestimmen und die
Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich zu erhöhen. Die interaktive Simulation in der VR
wird das Verständnis für physikalische Vorgänge in allen Bereichen wesentlich voranbringen, nicht nur für die Fachleute,
sondern für jedermann.
rar.