out 1 - D15 Deutz

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out 1 - D15 Deutz
TRAKTOR
Restaurierungsbericht
RESTAURIERUNG HANOMAG R 16 A, BAUJAHR 1956
6
NEU: H A NOM AG R 1
Tausche Lok
gegen Hanomag
RE ST AU RI ER UN GS ME
HR TE IL ER
Folge 1
Nah am Original sollte er sein und trotzdem tauglich für den Straßenverkehr: der Hanomag R 16 A von Udo Wilbert. Das Wichtigste aber war,
den kleinen Trecker auf jeden Fall kostengünstig fit zu bekommen
er 54-Jährige pensionierte
Lokführer aus Eckelsheim in
Rheinland-Pfalz wollte in
Zukunft auf seinen Pkw verzichten und hauptsächlich
mit seinem Traktor unterwegs sein.
Doch bis es soweit war, musste erst einiges getan werden. Den passenden
Schlepper dazu hatte er schon länger im
Auge – den Hanomag R 16 seines ver-
D
storbenen Onkels. Der fristete schon einige Jahre sein Dasein unter freiem
Himmel. Ein Jammer, aber schon bald
fasste Udo den Entschluss, ihn zu sich
zu holen. Die Zeit im Freien hatte deutliche Spuren hinterlassen: überall Rost,
Teile fehlten, der Motor sprang mal an,
dann wieder nicht, und die Reifen waren auch alle zerstochen (s. Seite 61).
Als Udo den R 16 nun auf einen ande-
ren Platz schieben wollte, ließ dieser
sich erstaunlicherweise keinen Millimeter von der Stelle bewegen.
Oh nein – ein Wasserschaden ...
Die Hinterräder waren vollkommen blockiert. Spontan fiel der erste Verdacht
auf die Bremsen. Aber die waren es
nicht, denn die Räder hatten ein klein
wenig Spiel. Auch nach genauester In-
spektion – und das in winterlicher Eiseskälte – konnte die Ursache nicht lokalisiert werden. Erst als es wärmer
wurde, konnte Udo sich wieder dem
Problem widmen und packte sein
Werkzeug aus.
Doch jetzt ließ sich der Hanomag auf
einmal wieder bewegen. Eine dunkle
Vorahnung beschlich den ehemaligen
Lokführer. Das konnte eigentlich nur
bedeuten, dass das Getriebe über Winter
aus dem Getriebe. Zurück blieben Ölschmodder und Rost: Flugrost auf den
Zahnrädern und ordentlich Rost in den
Kugellagern (siehe unten). Udo wurde
in dem Moment klar, dass er sich die
nächsten Monate mit Demontage und
Bestandsanalyse werde beschäftigen
müssen. In seinem Beruf als Lokführer
hatte er gelernt, Motoren oder Maschinen systematisch zu prüfen und zu kontrollieren. Systematik war auch im Fall
›› Allem Anschein nach ist der Schlepper mit fast
abgefallenem Rad gefahren worden
eingefroren war und deswegen die Hinterräder bewegungsunfähig waren. Es
musste sich eine gehörige Menge Wasser im Getriebe befinden, damit es überhaupt hatte zueisen können.
Alles voller Schmodder
Da die Ölablassschraube kaum Gebrauchsspuren aufwies, konnte man
darauf schließen, dass in der Vergangenheit wohl selten Ölwechsel vorgenommen wurden. Das bewies auch der Inhalt: Nach Entfernen der Schraube
liefen etwa sieben bis acht Liter Wasser
Hanomag angesagt, denn wenn man
schon einmal bis zum Motor und Getriebe vorgedrungen war, wäre es ärgerlich gewesen, hätte man ein wichtiges
Detail übersehen.
Das viele Wasser im Getriebe war Beweis genug dafür, dass der Traktor längere Zeit im Freien gestanden haben
musste. Dass er auch ein Leben als Arbeitstier hinter sich hatte, offenbarten
die Einlaufspuren am Gasgestänge (Seite 62 oben links) und diverse Verschleißspuren an der Vorderachse (Seite 62). Außerdem wies der Kugelkopf
vom Schräglenker deutlich Spiel auf,
und der Schmiernippel war wohl selten
genutzt worden. Am linken Rad war der
Achsschenkel stark ausgeschlagen.
Kein Wunder, denn dort wirkten ja auch
die Lenkkräfte des rechten Rades und
belasteten diese Seite somit doppelt.
Bis zum Abfallen
Eine komische Sache entdeckte der
Bastler während seines Checks am vorderen Radlager: Obwohl daran offensichtlich schon einmal gefeilt worden
war, wies das Lager starke Riefen und
Schleifspuren auf. Allem Anschein
nach ist der Schlepper mit fast abgefallenem Rad gefahren worden, was leider
nicht ohne Folgen für das Rollenlager
blieb. Dessen innerer Ring hatte sich
nämlich schon auf der Achse gedreht.
Ein neues Lager half da nichts mehr,
denn der Achsschenkel war in dem Zustand eigentlich ein Kandidat für den
Schrottplatz.
Merkwürdigerweise befanden sich
Gummiteile an der Vorderachse, die
laut Ersatzteilliste gar nicht dorthin gehörten – also, raus damit. Für den entstandenen Zwischenraum (Seite 64
oben) konnte sich Udo auf einer großen
Rund 14.000 Stück wurden gebaut,
und Udo Wilbert hat einen davon
gerettet: Hanomag R 16
OBEN Das vordere Lager
vom Mähbalkenantrieb
war mit Rost überzogen
UNTEN Als der Deckel vom
hinteren Lager des Mähbalkenantriebs entfernt
wurde, lief zuerst einmal
der Schmodder raus
OBEN Blick ins geflutete Getriebe: Die
Schaltkulisse ist bereits ausgebaut
LINKS Als der R 16 zu Udo kam, stand er
schon auf neuen Rädern, doch der Motor
wollte nicht anspringen
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TRAKTOR
Restaurierungsbericht
Das Ergebnis von 50 Jahren Vibrationen am
Gasgestänge
Vorderachse mit Blattfeder: Das sah nach
viel Arbeit aus
Der Kugelbolzen vom Schräglenker
(Achslenker), heißt laut Ersatzteilliste
Vorderachsstrebe
Der verrostete Kühlerträger
Hier kann man die flach geschliffenen
Rollen und die Laufspuren auf der Achse
erkennen
Bei Bosch wurde die
Einspritzpumpe überholt
OBEN Diese „Laufspuren“ im
oberen Bereich der Zylinder
sind für einen 54 Jahre
alten Motor typisch. Vermutlich stammen sie vom
langen Laufenlassen
OBEN Das Auslassventil war stark
verkrustet und an einer Stelle
durchgebrannt. Vermutlich war
das der Grund dafür, dass der
Hanomag beim Onkel so schlecht
ansprang
Ein Konstruktionsfehler?
Der „Gleitbolzen“ verfügt
zwar über einen Schmiernippel, doch dahinter ist
ein Blindloch. Also kommt
kein Fett unter die Feder.
Diese eingelaufene Feder
ist das Ergebnis
T E C H N I S C H E DAT E N
Hanomag R 16 A
Baujahr
Motor
Verfahren
Kühlung
Hubraum (cm3)
Leistung (PS)
Nenndrehzahl (U/min)
Bohrung (mm)
Hub (mm)
Verdichtung
Kupplung
Getriebe v/r
Höchstgeschw. (km/h)
Lenkung
Anlasser
Batterie
Länge (mm)
Breite (mm)
Höhe bis Lenkrad (mm)
Spurweite v/h
Radstand (mm)
Leergewicht (kg)
Zul. Ges.-Gewicht (kg)
zul. Achsdruck (kg)
Reifen vorne
Reifen hinten
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1956
D14S
ZweizylinderViertakt-Diesel,
Vorkammersystem
Wasser
1.400
16
1.600
90
110
1:22
EinscheibenTrockenkupplung
5/1
19
ZF-Ross
1,8 PS Leistung
2 V 70 Ah
2.680
1.470
1.590
1.250/1.375
1.600
1.230
1.550
600 (vorne),
950 (hinten)
4.50-16
8,3x32
Drehbank zwei passgenaue Messingringe anfertigen – das sah viel besser aus
und war noch dazu näher am Original.
Eine der typischen Schwachstellen
des R 16 ist der nach oben offene Auspuff. Längere Zeit und ohne Abdeckung
im Freien läuft das Rohr bei Regen voll
mit Wasser. Dieses steht dann dauerhaft
auf den Auslassventilen, was zur Rostbildung und später zu Undichtigkeiten
am Ventilsitz führen kann.
Auspuff-Fontäne
Beim ersten geglückten Anziehen des
Motors spritzte Udo eine regelrechte
Wasserfontäne aus besagtem Auspuffrohr entgegen. Von der Methode, unten
OBEN Frisch geschliffener Zylinderkopf mit neuen Auslassventilen
LINKS Die Verzahnung an der Kupplung war so stark abgenutzt, dass sie
nicht optimal auf der Getriebewelle saß. Das hatte ein äußerst ruppiges
Fahrverhalten zur Folge
Rohr sammeln, es sei denn, man montierte eine passende Abdeckung auf das
Rohr oder ließe den Schlepper einfach
nie im Freien stehen.
Weiteres Opfer eines Regenwasserstaus ist oftmals auch der Kühlerträger,
der beispielsweise bei Udos Hanomag
total verrostet war (oben rechts).
verdreht aufmontiert. Noch heute kann
es der 54-Jährige nicht fassen: „Das ist
eigentlich gar nicht möglich, dieses
Zahnrad falsch einzubauen, so etwas
bekommt man nur mit äußerster Gewalt
Behämmerte Einspritzpumpe
So viel zu den Äußerlichkeiten. Nach
der Geschichte mit dem eingefrorenen
Getriebe war klar, dass es mit einer
oberflächlichen Inspektion nicht getan
sein würde. Als erste große Aktion im
Innern stand die Kontrolle der Einspritzpumpe bevor: Waren alle Düsen
›› Es ist eigentlich nicht möglich, das Einspritzpumpenzahnrad falsch aufzumontieren – und doch war es so
in den Krümmer ein Loch zu bohren,
um das Wasser abfließen zu lassen, hält
Udo nichts. Für ihn war das noch nie
eine ernstzunehmende Alternative. Der
Auspuff würde seiner Meinung nach
dadurch nur lauter werden, und durch
das kleine Loch würde sowieso nicht alles Wasser abgeleitet werden können.
So oder so würde sich Wasser in dem
hin“. Doch unabhängig davon hätte die
Einspritzpumpe schon alleine wegen
der defekten Lager überholt werden
müssen, die dafür verantwortlich waren, dass weder Einspritzmenge noch
Einspritzzeit stimmten. Das Überholen
der Pumpe inklusive Düsentest übernahm die Firma Bosch, was Udo 500
Euro kostete. Ganz schön bitter für den
Frührentner, wollte er doch die Restaurierung so kostengünstig wie möglich
vornehmen.
Punkt zwei auf der Kontrollliste war
der Motor. Aus Erzählungen war bekannt, dass der Schlepper immer
schlecht angesprungen war. Natürlich
muss da ein Blick auf die Zylinder geworfen werden: Nach Demontage des
Zylinderkopfes kamen verschlissene
Ventile und Laufbuchsen zum Vorschein (oben). Jetzt war auch noch eine
Generalsanierung des Motors angesagt.
Mehr dazu später.
Die Kupplung
Wenn man, wie unser Hobbyrestaurator, einen Oldtimer-Traktor intensiv
nutzen und mit ihm größere Strecken
zurücklegen möchte, gehört die Kontrolle der Kupplung zum Pflichtprogramm – zumal Motor und Getriebe ohnehin zerlegt werden sollten. In Udos
Fall hatte die Kupplung erhebliche
funktionstüchtig und die Einspritzzeiten korrekt eingestellt? Bei offener Abdeckung wurde der Blick frei auf das
Zahnrad, das die Einspritzpumpe antreibt. Unglaublich – es war übersät mit
Hammerspuren. Beim zweiten Hinsehen wusste Udo auch, warum da jemand wie wild gehämmert haben musste, denn das Zahnrad war um 180 Grad
Der R 16 erschien 1950 und erweiterte
Hanomags Produktpalette nach unten
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TRAKTOR
Restaurierungsbericht
LINKS Mit dieser Notlösung konnte vermieden werden, dass sich
die Stehbolzen beim Hochheben
verbiegen
UNTEN Eine Kiste voll mit Motor-
teilen – das Puzzle konnte
beginnen
OBEN Die sogenannten Anlaufscheiben, die
zwischen Lenkhebel und Achsschenkel gehören,
wurden neu angefertigt
LINKS Auch im
Zylinderkopf hatte
sich Schmodder
breitgemacht
RECHTS Mit dem
Flaschenzug Marke
Eigenbau wurde
der Motor hochgehoben
Mängel: Die Beläge waren bis auf die
Nieten runter und die Verzahnung hatte
locker zwei Millimeter ihrer Stärke eingebüßt (Seite 63 unten).
Normalerweise gehört zu einer vollständigen Bestandsaufnahme auch ein
Traktor-Check bei laufendem Motor
und im Idealfall bei einer Probefahrt.
Dummerweise war beides in Udos Fall
nicht möglich. So konnte er weder die
Funktionstüchtigkeit der Bremsen
prüfen, noch den Geradeaus-Lauf des
Fahrzeugs und den Auspuffqualm
kontrollieren oder aus etwaigen Getriebegeräuschen irgendwelche Rückschlüsse ziehen.
Wäre dabei beispielsweise weißer
Qualm aus dem Öleinfüllstutzen gekommen, hätte man davon ausgehen
können, dass die Kolbenringe defekt
sind. Solche und ähnliche Kriterien zur
Bestimmung des Funktionszustands
waren dem Rheinhessen verwährt. Es
blieb ihm also nichts anderes übrig, als
sich Schritt für Schritt dem Innenleben
Hat bei der Restaurierung viel gelernt:
Udo Wilbert
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Der schwierigste Teil war geschafft: Die Burgmanndichtung
passte endlich und die seitlichen Dichtschläuche saßen auch gut
seines neuen Gefährtes zu widmen und
den Problemen per Demontage auf den
Grund zu gehen.
Motorpuzzle
Nach anfänglichem Zögern entschloss
sich Udo für eine Komplettzerlegung
des Motors. Es waren einfach zu viele
Verschleißspuren an verschiedenen
Stellen sichtbar. So zeigten, wie bereits
erwähnt, die Laufbuchsen deutliche Al-
schrauben am Zylinderkopf abmontiert
werden. Drei davon ließen sich ohne
weiteres lösen, die übrigen zwei hatten
anscheinend jahrelang im Wasser gestanden und waren festgerostet (Seite
65 rechts). Da ging absolut gar nichts.
Um zu verhindern, dass sich die
Schrauben beim Hochheben des Motors
verbiegen, hat sich der kreative Bastler
mit einem Wasserrohr beholfen, das er
auf 10,5 Zentimeter kürzte und damit
›› Die Laufbuchsen zeigten deutliche Alterserscheinungen
und die Kolben mussten getauscht werden
terserscheinungen. Kolben und Ventile
hatten auch gehörig etwas abbekommen: Die Kolben waren fertig und
mussten gegen neue getauscht werden,
die Auslassventile waren nicht mehr zu
gebrauchen (Seite 63 oben), das Einlassventil war gerade noch so gut, dass man
es noch einmal einschleifen konnte,
und die Pleuellagerschalen mussten
konsequenterweise auch erneuert werden. Um an die Kurbelwelle heranzukommen, mussten die Stehbolzen-
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die Tragehalter seines selbstgebauten
Flaschenzugs auf den Block schrauben
konnte (Seite 64 Mitte).
Udo verstand zwar etwas von Dieselmotoren, doch alleine den Motor seines Hanomag auseinanderzunehmen
war ihm dann doch eine Nummer zu
groß. Er brachte den Motor zu einer Instandsetzungsfirma in Mainz, die den
ganzen Komplex erst einmal komplett
zerlegte. Udo bekam einen Kostenvoranschlag über 3.500 Euro für die Repa-
ratur. Das war eindeutig zu viel Geld,
und so schleppte er die ganzen Einzelteile, verteilt auf drei randvoll gefüllte
Kartons, wieder zu sich nach Hause. Bezahlen musste er am Ende nur die Demontage und die Ersatzteile. Immerhin
waren die Teile jetzt einmal gereinigt
und fix und fertig für den Zusammenbau vorbereitet.
Ein wenig mulmig wurde es dem
Hobbyschrauber trotzdem, als er inmitten der Kisten auf die unzähligen Einzelteile blickte und sich fragte, ob er das
alles je wieder richtig zusammenbekommen würde. Hinzu kam, dass nicht
einmal er selbst den Motor demontiert
hatte und somit nicht aus der Erinnerung heraus hätte „puzzlen“ können.
Mit Ewalds Hilfe
Zum Glück bekam er Unterstützung
von seinem Bekannten Ewald, einem
Motorenkenner, der mit professionellem Rat und reichlich Tat zur Seite
stand. Ohne ihn hätte Udo beispielsweise erst sehr viel später herausgefunden,
dass man ihm versehentlich falsche Lagerschalen zurückgegeben hatte. Udo
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Restaurierungsbericht
erinnert sich: „Wir bauten die Kurbelwelle ein, montierten das Pleuel vom
zweiten Zylinder, dann das Pleuel vom
ersten Zylinder, und der Motor drehte
sich auf einmal nicht mehr. Schon beim
Zusammenschrauben meinte Ewald,
dass da etwas nicht stimmen könne.
Wir haben stundenlang nach dem Fehler gesucht, doch alles war auf dem
richtigen Platz und richtig eingebaut.
Immer dann, wenn wir den ersten Zylinder festgezogen hatten, rührte sich
der Motor nicht mehr. Dann begannen
wir, mit der Schieblehre die Teile auszumessen. Und siehe da, es stellte sich
tatsächlich bei einer Lagerschale eine
minimale Differenz heraus. Da hatten
die mir doch drei Lagerschalen in Normalmaß geschickt und eine in Übermaß. Nachdem ich dann die richtige
Lagerschale bekommen und diese eingebaut hatte, lief alles wieder wie am
Schnürchen.“
Als nervenzehrender Höhepunkt
kristallisierte sich die sogenannte
„Burgmanndichtung“ (TC 1/2010, Seite 19), die der hinteren Kurbelwellenab-
dichtung dient, heraus. Die kann nur gewechselt werden, wenn der Motor zerlegt ist. Gottlob war das beim R 16 ja
noch der Fall. Ärger gab es trotzdem:
Burgmann-Ärger
Im käuflich erworbenen Motor-Dichtungssatz waren drei verschiedene
Dichtungen beigelegt, aber nicht eine
passte in die vorgesehene Nut! Die war
5,8 Millimeter breit und sieben tief. Da
Bei Theopold-Parts, einem InternetHändler, hatte das Restaurations-Duo
schließlich Glück und bekam endlich
die richtige Dichtung geliefert.
Dem Spaltfilter widmete Udo besondere Aufmerksamkeit (s. Bild unten):
Zum einen wollte er zukünftig weiter
mit Einbereichsöl fahren, zum anderen
war es eine Kostenfrage, dieses Teil gegen einen teuren Umbausatz, also einen
modernen Ölfilter, zu tauschen. Und in
›› Es musste Jahre her sein, dass sich der Spaltfilter das
letzte Mal gedreht hat. Er war wie festbetoniert
durfte die Dichtung nur maximal sechs
Millimeter breit sein. Die gelieferten
Standard-Dichtungen hatten jedoch alle
ein anderes Maß. Über eine Nachbestellung kam kurioserweise noch eine weitere falsche Dichtung hinzu.
Auf diverse Aussagen von „Spezialisten“, wonach man eine Dichtung
flachklopfen könne, damit sie passte,
wollte man sich dann doch nicht stützen und versuchte es ein drittes Mal.
LINKS Nach Jahren
der Inaktivität war
der Öl-Spaltfilter
völlig verkrustet
und fest
den alten Motor mit Spaltfilter modernes 15w40-Mehrbereichsöl hineinzukippen, geht ja gar nicht, außer man hat
Lust auf einen Austauschmotor: die
sehr wirksamen Additive des modernen Öls würden im Handumdrehen die
teils erheblichen (aber nicht störenden)
Schmutz-Ablagerungen im Motor lösen
und den Ölkreislauf ungünstigenfalls
an anderer Stelle verstopfen. Auch
wenn Udo den Motor bei seiner Demon-
Fotos: D. Trauthwein, U. Wilbert
TRAKTOR
tage schon gut gereinigt hatte: Der Spaltfilter kann die feinen Partikel, die von
einem modernen Öl in Schwebe gehalten werden, nicht filtern, daher würde
das Öl sehr schnell verschmutzen. Also:
nur klassisches Motoröl und Spaltfilter
arbeiten gut zusammen. Das Öl lässt die
kleinen Schmutzpartikel absinken, sie
lagern sich ab. Der Spaltfilter filtert nur
das gröbste heraus.
Ein Nachteil ist jedoch der höhere
Wartungsaufwand – häufigerer Ölwechsel, Motorspülung und Demontage der
Ölwanne zum Reinigen sind dann angesagt. Bei der Bestandsaufnahme stellte der Restaurator fest, dass die „Ratsche“, die den Filter eigentlich bei jeder
Kupplungsbetätigung Stück für Stück
drehen soll, wie festbetoniert war.
Fest wie Beton
Es musste Jahre her sein, in denen sich
der Filter das letzte Mal gedreht hatte.
Eine neue Ratsche hätte 39 Euro gekostet. Auf dem Gebrauchtmarkt wurden
auch komplette Filter für etwa 130 Euro
angeboten. Doch unnötig Geld ausgeben
ist Udos Sache nicht, und daher versuchte er zunächst, den Filter zu retten.
Also legte er ihn eine Nacht lang ins
Benzinbad, mit der Hoffnung, der
Schmutz würde sich lösen. An einer
Stelle, wo die Metallscheiben oxidiert
waren, war die Verkrustung allerdings
zu stark. Da half nur noch Schleifpapier.
So musste der Filter mit seinen unzähligen Schichten von Abstreifern auseinandermontiert werden.
Fleißarbeit
Die Abstreifer bestehen aus sehr dünnem Metall und verbiegen sich sehr
leicht (Seite 66). Mit Gewalt konnte
man da gar nichts ausrichten. Ein Knick
in einer der dünnen Scheiben hätte gereicht, um den Filter unbrauchbar zu
machen. Mit 400er-Schleifpapier und
viel Geduld konnte Udo die Verkrustungen und Oxidationen an den einzelnen
Ringen entfernen. Es war die reinste
Fummelei, die einzelnen Lagen wieder
aufeinander zu bringen. Teilweise
musste mit der Pinzette gearbeitet werden. Immer wieder hüpften die Schei-
ben von der Welle. Zwei Hände waren
für diese Arbeit definitiv zu wenig. Mit
der Klemme mussten die Schichten niedergedrückt werden, damit man
Schicht für Schicht auflegen und
schließlich den Deckel zuschrauben
konnte. In der Ratsche selbst hatte das
Wasser ebenfalls ganze Arbeit geleistet.
Die beiden Mitnehmer waren völlig
fest. Da diese schräg saßen, musste man
beim Rausziehen sehr vorsichtig sein,
weil sich darunter jeweils eine Feder
mit drei Millimetern Stärke befand.
Wenn man da – wie Udo – mangels Erfahrung hart anpackte, konnte es passieren, dass man eine Feder lang zog und
verbog oder dass sie sogar aus Versehen
weg „witschte“. Nachdem die Ratsche
entrostet war und zwei neue Federn bekommen hatte, wurde sie verzinkt. Das
Ergebnis war zufriedenstellend: Der Filter ließ sich wieder drehen.
Daniela Trauthwein
LESEN SIE IN DER NÄCHSTEN FOLGE:
– Zähneknirschen im Getriebe
– Original, aber günstig
Ein Klassiker des Traktorenbaus
wartet hier noch auf seine Haube
und diverse andere Aufbauten
RECHTS Jede Lage
des Spaltfilters
besteht aus drei
Teilen, die Udo als
Ring, Stern und
Abstreifer
bezeichnet
LINKS In mühevoller
Kleinarbeit wurde
Lage für Lage
gereinigt
RECHTS Die verrostete
Ratsche war der
Grund dafür, dass
sich der Filter nicht
mehr drehen konnte
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