Ein schwimmender Joghurtbecher - IGS

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Ein schwimmender Joghurtbecher - IGS
Ein schwimmender Joghurtbecher
Vor sechs Jahren lebte meine alte Jugendleidenschaft – der Modellbau – wieder auf. Aus
Platzmangel wollte ich allerdings nicht wieder HO-Modellbahnen bauen, sondern Schiffsmodelle.
Der Schiffsmodellbau vereint vieles, was mich am Modellbau fasziniert und herausfordert:
Kreativität, technische Sonderlösungen und handwerkliches Geschick. Naja, und hinzu kam die
Aussicht, dass ich dieses Hobby auch draußen bei Bewegung und frischer Luft ausüben kann.
Meine ursprünglichen Vorstellungen von der Ausübung dieses Hobbys: Schiffsmodellbausätze aus
vorgeformten Teilen mit Plastikkleber zusammen zu kleben, anschließend lackieren und dann mit
der erforderlichen Technik aus zu statten, löste sich schnell in Luft auf. Keine Arbeiten für den
Küchentisch. Es waren Werkzeuge und Maschinen gefragt. Nach und nach erfolgte der Aufbau
einer eigenen Werkstatt.
Mein erstes Modell sollte die „Norderney“ von robbe werden. Der Bau zog und zieht sich aber
schon mehrere Jahre hin, da ich etliche technische Wissenslücken und null Erfahrung im
Schiffsmodellbau hatte.
Um überhaupt mein neues Hobby wahrzunehmen, habe ich mir über das Internet einige Modelle
ersteigert, die ich z.T. restauriert oder modernisiert habe. Auch gibt es ein Schiff, an welchem ich
schon vielfältige Techniken ausprobiert habe – mein „Versuchsboot“. Weiterhin bin ich in meiner
Heimatstadt Oldenburg seit fast zwei Jahren Mitglied im Schiffsmodellbauclub Oldenburg e.V.. Hier
bekomme ich Hilfen, Tipps und Kniffe von anderen Modellbaubegeisterten. Hier ist jeder gern
gesehen, egal, ob er professionell Modelle in Museumsqualität baut, oder die Museumsqualität
nicht so ganz schafft. Es ist seit meinem Beitritt in diesen Club auf jeden Fall eine Bereicherung an
Wissen und Spaß am Modellbau bei mir eingetreten. Meinen Sohn habe ich ganz nebenbei nun
auch mit dem Modellbaufieber infiziert, was zum Bau der nun beschriebenen „Nordstern“ führte.
Mein Sohn Henri war nun mit seinen 9 Jahren wild entschlossen ein eigenes Boot zu bauen. Also
begann die Suche nach einem Modell, was natürlich einige Funktionen haben sollte, und welches
einfach zu bauen ist. Die Wahl fiel auf die „Paula III“ von robbe. Also wurde die Paula bestellt und
der Baukasten kam im März vergangenen Jahres an.
Die Paula ist im Maßstab 1:25 gehalten, was mir beim Bau sehr entgegen kam. Dieser Maßstab ist
handlich und Details sind noch gut baubar. Des Weiteren passt dieser Maßstab zu meiner im Bau
befindlichen Norderney.
Die ersten Teile (Motor, Servohalterung, Bootsständer) hat Henri selbstständig vorbereitet und
aufgebaut. Beim Einbau des Stevenrohres gab es väterliche Hilfestellung (Bild 2). Der nach
Bauplan vorgesehene Direktantrieb kam mir sehr gelegen, denn aus diversen Versuchen mit
meinem Versuchsboot ist mir klar geworden, dass Getriebemotoren meistens eine sehr störende
Geräuschkulisse entwickeln.
So weit, so gut. Probehalber haben wir nun das Deck und die Aufbauten aufgesetzt und es kam
die Ernüchterung. Dieser „Joghurtbecher“ konnte in dieser Form nicht auf Fahrt gehen! Das sah
schrecklich aus und nicht wie ein vorbildähnliches Modell! Es genügte weder Henris Ansprüchen
und in gar keinem Fall meinen Ansprüchen (Bild 1).
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Bild 1
Bild 2
Wir hatten schon oft Modellbau-Ausstellungen und –Veranstaltungen besucht. Außerdem kannten
wir von unserem Teich die Möglichkeiten und Qualitäten von anderen Vereinskollegen. DAS – ging
gar nicht!
Also haben wir im Internet versucht für ein solches Modell Vorbildfotos zu finden, die evtl. weitere
Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen. Wir haben festgestellt, dass solche Schiffe in der Realität
offenbar nicht vorkommen. Ein solcher Heckkran ist in dieser Baugröße allenfalls als leichte
Gittermastkonstruktion zu finden oder Schiffe dieser Art sind mit einem Hydraulikkran ausgerüstet.
An Paula Modellen gab es im Internet allerdings einiges zu sehen. Diverse Modellbauer haben die
Paula in Original oder abgewandelter Form gebaut. Besonders angetan hat es mir die SM Granat
von den Modellskippern aus Aachen. Vielen Dank nochmal an Herrn Schiffer, der mir tolle Fotos
zur Verfügung gestellt hat, die mich ermutigt und inspiriert haben.
Nun hatten wir einige Ideen gesammelt, die umgesetzt werden konnten. Aber zunächst wollte ich
meine Ideen über ein CAD-Programm zeichnen und zu Papier bringen. Nur so konnte ich prüfen,
ob die angedachten Proportionen zum Modell passen. Dafür habe ich den Bauplan eingescannt,
nachgezeichnet und baubegleitend immer wieder abgeändert. Zu guter Letzt entstand dieses Bild,
nach welchem ich „mein“ Original gebaut habe (Bild 3).
Bild 3
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Der geplante Bau der Nordstern ergab also ein Fantasiemodell, welches kein Vorbild hat.
Sämtliche Aufbauten und Ausstattungen sind frei erfunden. Das Modell sollte allerdings in seiner
Ausführung Originalschiffen nachempfunden werden in jedem Fall ein Arbeitsschiff bleiben.
Begonnen hat der ganze „‘Umbau“ mit der Neugestaltung des Brückenhauses. Ich habe als Basis
das tiefgezogene Formteil aus dem Baukasten der Paula verwendet und diesen mit
Polystyrolplatten ergänzt. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass ein „Anflicken“ an bestehende
Teile immer problematisch ist, da dies später zu Rissbildungen führen kann und außerdem deutlich
mehr Spachtelarbeiten erforderlich sind. Besser ist es also, wenn schon neue Seitenwände gebaut
werden, diese auch aus einem Stück herzustellen. Ich dachte jedoch an den bestehenden Süllrand
auf der Paula und dass der Aufbau perfekt darauf passt. Wie sich später heraus stellte, war dies
ein Baufehler. Der Aufbau hatte so wenig Spielraum, dass er nach dem Lackieren durch die Dicke
des Farbauftrages nicht mehr über den Süllrand passte. Ich musste später von der Innenseite den
Farbauftrag und auch einiges an Materialstärke abfräsen, damit der Aufbau wieder passt. Ich hatte
schlicht die Stärke des Farbauftrages nicht berücksichtigt.
Als weitere Erkenntnis nehme ich aus dieser Baustufe mit, dass das Material Polystyrol zwar
leichter zu beschaffen ist, aber dass das Material ABS deutlich stabiler ist als das weichere
Polystyrol. Die Bearbeitbarkeit ist bei beiden Werkstoffen ähnlich gut. Für die Zukunft werde ich auf
die Verwendung von Polystyrol, zumindest für beanspruchte Bauteile, verzichten.
Doch zunächst war als erstes Arbeitsergebnis ein neues Brückenhaus zu bewundern (Bild 4).
Bild 4
Lt. Bauanleitung sollen die Fensteröffnungen später mit einem Dekorbogen aufgeklebt werden. Es
erfordert eine kleine Portion Fleiß die Fensteröffnungen auszuschneiden oder auszufräsen und
durch feilen nachzuarbeiten. Das Resultat sieht aber wesentlich natürlicher aus.
Das nach vorne geneigte Dach aus dem Baukasten wurde später auch noch entfernt und durch
ein anderes Dach ersetzt. Wichtig war für mich von vorn herein, dass das komplette Modell so weit
als möglich demontierbar bleiben sollte. Sämtliche Teile sollten zugänglich bleiben damit später
nachgerüstet oder gewartet werden kann.
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Schon jetzt zeigte sich, dass ich mir mit meinem Anspruch die Messlatte sehr hoch gelegt hatte.
Ich versuchte so genau und perfekt wie möglich (oder besser: wie es mir möglich war) zu arbeiten.
Das Modell sollte neben der kompletten Kranfunktion mit LED´s beleuchtet werden, ein
funktionstüchtiges Radar erhalten und einige Ausbaudetails aufweisen. Natürlich sollte später auch
eine Inneneinrichtung erstellt werden. Als Materialien sollten Kunststoff, Aluminium, Messing und
Holz zum Einsatz kommen. Ganz wichtig war für mich, dass die spätere Lackierung professionell
aussehen sollte. Diese Vorüberlegungen begleiteten mich durch die gesamten späteren
Bauphasen, denn es war nun zugleich mein erstes Modell, welches ich von Grund auf selbst
bauen wollte; mit anderen Worten mein Erstlingswerk.
Als nächstes habe ich mich mit der Gestaltung des Rumpfes auseinander gesetzt. Zu diesem
Zweck musste das Deck mit dem Rumpf verklebt werden. Eine Erkenntnis, die ich hier gewann
war die, dass es unbedingt erforderlich ist, ein Modell stabil zu bauen. Als Beispiel sei hier das
Deck zu nennen. Das Deck aus dem Baukasten ist ein dünnes tiefgezogenes Plastikbauteil aus
ABS. Nach dem Verkleben von Rumpf und Deck, fühlte sich zwar der Rumpf deutlich stabiler an,
das Deck gab aber bei leichter Belastung immer noch deutlich nach. Dies machte sich beim
Anpassen des neuen Aufbaues bemerkbar. Nach dem Aufsetzen des neuen Brückenhauses auf
das Deck war es mir nicht möglich den Aufbau unten bündig anzupassen. Wie ich später erkannte,
bog sich an verschiedenen Stellen das Deck durch, so dass das Brückenhaus niemals passgenau
aufsaß. Es blieben immer irgendwo Toleranzen im mm-Bereich. Erst nachdem ich das Deck von
unten mit zwei Alu-Profilen verstärkt hatte, bog sich das Deck nicht mehr durch und das
Brückenhaus passte endlich.
Anschließend habe ich in Teilen den Bootsrand entfernt und nach Anpassen einer Relingstütze
festgestellt, dass der verbleibende Bugrand zu niedrig war. Bei dieser Höhe würde der Handlauf
der Reling höher sein als der Bug. Also musste der Bug erhöht werden. Umgesetzt habe ich dies
mit dünnen ABS-Leisten 2x2mm, die ich mit Plastikkleber lagenweise auf den Bug geklebt habe.
Anschließend habe ich dies mit Epoxidharz „verspachtelt“ und mit dem Deltaschleifer und 120-er
Papier an die Bugform angepasst (Bild 5).
Bild 5
Der Bootsrand sollte durch eine Reling ersetzt werden und am Bug mit einem Handlauf versehen
werden. Am Brückenhaus ist nun auch noch ein Vorhaus gewachsen, welchem ich später noch
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eine Schiffsglocke spendieren wollte. Ebenfalls gab es nun auch einen Niedergang zum
Maschinenhaus. Auch das schräge Dach aus dem Baukasten ist nun einer neuen Konstruktion mit
Aufkantung gewichen, die später in leuchtorange lackiert werden sollte. Dem Rumpf habe ich dann
noch eine Ankertasche spendiert, denn ein Schiff, auf welchem der Anker über die hohe Bordwand
geworfen wird habe ich bisher noch nicht gesehen (Bild 6).
Bild 6
Eine echte Herausforderung in dieser Bauphase war die Funktion des Kranes. Entsprechend der
Bauanleitung des Baukastens war eine dreistufige Rastverstellung vorgesehen. Der Kran sollte
jedoch stufenlos verstellbar werden.
Da der Kranausleger-Rahmen nicht rechtwinkelig und der Antrieb ebenfalls nicht rechtwinklig
vorgesehen werden konnte, musste der geplante „Hydraulikarm“ zum Schwenken in drei
Richtungen beweglich sein.
Um diese Funktion zu realisieren waren eine vertikale und eine horizontale Drehachse erforderlich.
Dazu habe ich aus Kunststoffprofilen ein U gebaut und mittig in der Grundplatte eine M2-Schraube
eingeklebt. Diese Schraube steckt in einer Hülse, welche ich in das Deck eingeklebt habe.
Dadurch ist der „Hydraulikarm“ um die vertikale Achse beweglich. Um nun auch noch eine Neigung
nach oben und unten umzusetzen, habe ich an ein Stück Aluminiumrohr seitlich zwei Messingstifte
angeklebt. Auch diese Stifte lagern in jeweils einer Messinghülse. Damit ist das Aluminiumrohr
auch horizontal beweglich. Das gesamte Bauteil habe ich aus Stabilitätsgründen reichlich mit
Stabilit Express verfüllt. Es sieht zwar nicht wirklich professionell aus, aber es erfüllt den Zweck
und ist außerdem „unsichtbar“ in den Maschinenkästen versteckt (Bild 7).
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Bild 7
Der eigentliche Antrieb des Kranes erfolgt nur auf der backbord Seite. Die steuerbord Seite ist eine
Attrappe (Bild 7). In dem Aluminiumrohr schiebt eine Aluminiumstange hin und her. Die
Aluminiumstange habe ich an der Seite des Kranauslegers flach gefeilt und mit einer Bohrung
versehen. Das Ganze wurde später nicht lackiert, sondern blieb alufarben und wirkt dadurch wie
ein Hydraulikstempel.
Auf dem Bild 7 ist zu sehen, dass der Hydraulikarm an ein Messingbauteil angebracht ist. Hier
hatte ich zunächst mit Kunststoffplatten experimentiert aber schon bei den „Trockenübungen“
zeigte sich, dass Kunststoffanschlüsse für bewegliche Bauteile vollkommen ungeeignet sind, da
sie die eingeleiteten Kräfte gar nicht aufnehmen können. Daher habe ich aus einem Messing-UProfil einen Anschluss zurecht gefeilt. Auch den Fußpunkt, der hier noch aus Kunststoffprofilen zu
sehen ist, habe ich später aus einem ALU-U-Profil hergestellt.
Probleme gab es für mich mit der technischen Umsetzung der motorangetriebenen
Gewindestange. Meine Bauversuche mit zusammenklebten Kunststoff-Messing-Konstruktionen
versagten kläglich. Hier hat mir mein - leider inzwischen verstorbener - Modellbaukollege Gerhard
Kytzia geholfen. Auf seiner Drehbank waren schnell die erforderlichen Messingbauteile gedreht
und zusammengebaut. Das sieht nun professionell aus und funktioniert einwandfrei. Eine 3mmGewindestange wird durch einen Getriebemotor angetrieben. Auf der Gewindestange ist ein
Mitnehmer, an den ich über zwei Kugelgelenke ein Messinggestänge angebaut habe, welches den
„Hydraulikstempel“ hin und her schiebt. Mit diesem System wird der Kran stufenlos hin und her
bewegt. Der Motor und die Mechanik sind stark genug, dass anhängende Lasten von bis zu 0,5 kg
bewegt werden können (Bild 8 + 9).
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Bild 8
Bild 9
Ursprünglich hatte ich geplant, dass im Heck ein großer Bleiakku (6V, 12 A/h) eingebaut wird.
Leider habe ich in meiner Unbedarftheit vollkommen vergessen, dass ein Schiff nur eine gewisse
Zuladung verkraften kann und dass auch im Modellbau eine Überlegung in Hinsicht auf eine
maximale Wasserverdrängung anzuraten ist. Doch dazu später.
Um den vorgenannten Akku zu platzieren, wollte ich eine große Decksöffnung schaffen. Diese
Öffnung sollte später ein Arbeitsdeck sein und mit Holz beplankt werden. Mit Blick auf meine hohe
Anforderung nach Stabilität habe ich als Auflage für das Deck aus Alu-Z-Winkelprofilen einen
Rahmen gebaut. Der Rahmen hat eine Tiefe von 6mm plus 1mm Deckstärke (Bild 10). In diesen
Rahmen habe ich später eine 2mm Aluminiumplatte eingesetzt, die ich unterseitig mit einem 4 x 4
mm Kunststoffprofil „aufgefüttert“ habe. Mit dem Farbauftrag und Beklebung durch dünne
Mahagonileisten schließt das Deck später bündig mit dem Hauptdeck ab.
Bild 10
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Nachdem die Herstellung dieser Bauteile ewige Zeiten in Anspruch genommen haben, und alles
wunderbar funktionierte, brauchte ich endlich etwas mehr sichtbares Schiff. Also begann ich mit
dem Bau von Masten und Relings. Vor dem Mastbau stand die Überlegungen, was überhaupt an
einem Mast befestigt wird und welche Funktionen ein Mast am Original übernimmt.
Der Mast ist im Allgemeinen das höchste Bauteil eines Schiffes. Er dient zum „Sammeln“ von
Informationen (z.B. Radar) und zum „Aussenden“ von Informationen. Dieses „Aussenden“ richtet
sich u.a. an andere Wasserfahrzeuge. Flaggen am Mast. zeigen z.B. Nationalität und Heimathafen
an. Signalflaggen dienen zur Übermittlung von Nachrichten. Lichter am Mast zeigen verschiedene
„Zustände“ des Schiffes an (z.B. Ankerlicht, Manövrierbehinderung, Topplicht, etc.).
Die Nordstern signalisiert am Mast Ankerlicht, Topplicht und Manövrierbehinderung. Hier verweise
ich auf die Lektüre von einschlägiger Fachliteratur. Gerade im Bereich Modellbau gibt es einige
Werke, die sich ausgiebig mit diesem Thema beschäftigen. (Bild 11)
Weitere Beleuchtungen sollten an einem zweiten, noch zu bauenden Masten montiert werden.
Arbeits-, Decklichter und Innenbeleuchtung folgten.
Bild 11
Als Tipp zum Bau für die Relings kann ich an andere Modellbauer weiter geben, dass das Löten
von Relings und Masten eigentlich gar nicht so schwierig ist. Voraussetzung ist eine vernünftige
Lötstation. Die Lötstation sollte 80 – 100 W an Leistung aufweisen und bis 450° regelbar sein.
Weiterhin ist es wichtig, dass der Lötkolben für größere Messingteile eine große Auflagefläche
(breite Lötspitze) hat, denn eine große Auflagefläche bringt die Temperatur schnell an die Lötstelle
ohne die Umgebung unnötig lange aufzuheizen. Nach dem Erkalten lassen sich die Lötstellen mit
einem Satz Schlüsselfeilen feilen oder schleifen oder mit einem alten Bohrer bearbeiten, so dass
die Lötstellen anschließend akkurat von überflüssigem Lötzinn befreit werden können. Auch kann
ein zu viel an Lötzinn durch Ablötlitze zum großen Teil wieder entfernt werden.
Alle Relings habe ich direkt auf dem Modell zusammengelötet. Nur dann passen die Relingstützen
in die Löscher, die dafür vorgesehen sind. Um die Kunststoffbauteile vor einer zu großen
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Temperatureinwirkung zu schützen, habe ich die Fußpunkte jeweils mit einem triefend nassen
Stückchen eines Papiertaschentuches umwickelt.
Vor dem Zusammenlöten sollten Messingbauteile sauber und ohne Spannung aufeinanderliegen.
Am Mast habe ich für alle Teile, die daran befestigt werden vorab Löcher gebohrt, in die dann
Drähte, Ösen und Rohre eingepasst wurden. Erst dann ist es möglich dicht neben einander
liegende Lötpunkte wie an dem Hauptmast der Nordstern herzustellen. Wenn die Bauteile nicht
durch eine Bohrung „gehalten“ werden besteht die Gefahr, dass benachbarte, bereits angelötete
Bauteile zu stark erwärmen und wieder abfallen.
Um in einer Reihe Bohrungen an einem runden Messingrohr sauber hinzubekommen, habe ich
das Rohr in einen Schraubstock eingespannt. Dadurch bleibt das Rohr auf Position und kann nicht
mehr seitlich wegrollen. Anschließend konnte ich die Markierungen anzeichnen und mit Hilfe eines
alten Bohrständers, den mir ein Modellbaukollege geschenkt hatte, die erforderlichen Löcher
bohren.
Auch am Mast sind alle Lötstellen sauber nachgefeilt worden. Als Auflage für die später zu
montierenden Beleuchtungskörper habe ich einfach Unterlegscheiben aus Messing verlötet. (Bild
12)
Bild 12
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Als Alternative zum Mast aus Messing stand auch der Mastbau aus Kunststoffprofilen zur
Überlegung. Aus Gründen der Stabilität und Haltbarkeit habe ich mich jedoch für Messing
entschieden.
Auf dem Vorschiff habe ich dann noch eine Ankerwinde und Klüsen von robbe vorgesehen. Auch
befand ich, dass für „schweren“ Seegang der Bug des Vorschiffes durch Streben noch verstärkt
werden musste. Diese Verstrebungen habe ich mit Plastikkleber angebracht. Verschiedene Kleber
habe ich ausprobiert und die besten Erfahrungen mit dem Kleber von UHU gemacht. Dieser Kleber
bringt eine gute und stabile Verschweißung der Plastikteile.
Um glaubhaft einen Anker zu installieren ist natürlich eine Verbindung vom Deck zur Ankertasche
notwendig. Dies habe ich durch Einbau eines Messingrohres realisiert. Besonderes Augenmerk ist
auf eine gute Verklebung mit Epoxidharz von innen zu richten, damit die Wasserdichtigkeit
gewährleistet bleibt.
Wie man sieht, konnte in dieser Baustufe der Steuermann zum ersten Mal an Bord gehen und sich
vom Fortschritt der Arbeiten überzeugen (Bild 13).
Bild 13
An dieser Stelle möchte ich mich für die bemannte Modell-Seefahrt aussprechen. Fast alle
Modellbauer versuchen original- und maßstabsgetreu zu bauen. Die Schiffe werden mit
zahlreichen Details besetzt, aber eine Mannschaft, die den Maßstab erst verdeutlich wird nicht
überall vorgesehen. Ich empfinde diese „Geisterschiffe“ als unvollkommen – aber bekanntlich ist
dies ja Geschmackssache.
An Spachtelmassen habe ich verschiedene ausprobiert. Als optimaler Spachtel hat sich der
Kunststoffspachtel für PKW´s aus dem Baumarkt erwiesen. Die Spachtelmassen von
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Modellbauherstellern waren oftmals viel zu weich und bröselig. Nach dem Spachteln
wieder schleifen angesagt. Zunächst habe ich mit einem Deltaschleifer und 180-er
Grobarbeiten erledigt. Später habe ich von Hand nass geschliffen. Das Nassschleifen
Übrigen die schnellsten und besten Ergebnisse. Auch kleinste Winkel und Ecken
Nassschliff mühelos zu bearbeiten.
war immer
Papier die
brachte im
waren mit
Nachdem nun fast alle Löt- und Rohbauarbeiten erledigt waren, musste ich mir nun Gedanken
über die Kranwinde machen. Laut Bauplan von robbe sollte der Windenmotor unter dem hinteren
Teil des Brückenhauses installiert werden. Das Seil sollte dann durch einen Schlitz im Gehäuse
über eine Umlenkrolle am Kranausleger zum Kranhaken geführt werden. Diese Bauvariante stellte
ich in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit in Frage. Wie soll so etwas funktionieren? Wenn der
Heckausleger nach hinten schwenkt muss er das aufgerollte Seil von der Winde zerren. Hier
müsste dann eine Art Rutschkupplung vorgesehen werden oder der Motor muss bei der
Kranbewegung parallel laufen und Seil auf- oder abrollen. Hmh?!? Warum nicht die Winde direkt
unter dem Ausleger befestigen? Ich musste mir nur eine glaubhafte Konstruktion ausdenken, in
der ein Minimotor zum Einsatz kommen kann.
Zum Einbau kam ein Mini-Getriebemotor von Krick. Dieser passte in ein ALU-Rohr mit einem
Innendurchmesser von 14mm. Auch hier sollte der Motor demontierbar bleiben, was man an der
kleinen Schraube auf der linken Seite des ALU-Rohres erkennen kann (Bild 14).
Bild 14
Nun dachte ich, dass ich alle Kranprobleme gelöst hatte. Bei den späteren ersten Testfahrten
wurde ich allerdings eines besseren belehrt – es fehlte ein Endschalter! Doch dazu später.
Nun hatte ich alle Rohbauarbeiten erledigt und es stand die Lackierung an. Ich habe das ganze
Modell in seine Einzelteile zerlegt und sann darüber nach wie das Modell lackiert werden sollte?
Ein weiteres großes Problem für mich. Auf vielen Modellbaumessen habe ich mir wunderschön
gebaute Modelle angesehen, die z.T. allerdings grauenvolle Lackierung hatten und somit ihrer
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gesamten Schönheit beraubt wurden. Nun gibt es Modellbauer, die sagen: „… alles was man auf
1m Entfernung nicht mehr deutlich erkennen kann ist in Ordnung. Mehr Detailgetreue und saubere
Ausführung von Arbeiten ist am Modell nicht erforderlich!“ Dieser Meinung bin ich jedoch nicht. Ich
will keine Modelle bauen, die z.T. mehrjährige Bauzeiten haben, deren Betrachtung aber nur
erträglich ist, wenn man mindestens 1m entfernt steht.
Nach langen Überlegungen, habe ich mich dazu entschlossen, das Modell von einem
professionellen Maler lackieren zu lassen, der auch bereits Erfahrungen im Lackieren von
Modellen hatte. Es war zwar schmerzlich teuer und ich habe nun noch Farbe über für zwei bis drei
weitere Modelle, da ich je Farbe eine Mindestmenge abnehmen musste, aber der Aufwand hat
sich gelohnt.
Und so sah die Nordstern nach der Lackierung aus (Bild 15 + 16): Das Ergebnis war nahezu
perfekt. Ich war hochzufrieden! Vielen Dank an dieser Stelle an den Meisterlackierer Ingo
Neemann aus Oldenburg.
Die Schriftzüge habe ich mir für ein paar Euro in einer Druckerei als selbstklebende Buchstaben
auf einer Trägerfolie herstellen lassen. Sie wurden aufgebracht vor der Schlusslackierung mit
Klarlack.
Bild 15
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Bild 16
Endlich kamen die Details richtig zur Geltung. Alles war sauber abgeklebt und lupenrein lackiert
worden. Und das Beste: Die gesamte Lackierung erfolgte in 2K-Lackierung als Stoßstangenlack
mit RAL-Farben. Dieser Lack ist extrem strapazierfähig und leicht flexibel.
Auf dieser 2K-Lackierung können alle handelsüblichen Lacksysteme weiter verarbeitet werden und
ich kann mit Verdünner Farbläufer oder Farbspritzer wieder entfernen ohne dass die
Grundlackierung beschädigt wird.
RAL-Farben lassen sich in jedem Baumarkt z.B. als Kunstharzlack anmischen. Der Farbton und
der gewünschte Glanzgrad passen perfekt zu den bereits fertig lackierten 2K-Flächen.
Nun begannen die Ausbauarbeiten an der Nordstern. Lampen, Scheinwerfer, Griffe und das
Holzdeck mussten montiert werden. Des Weiteren sollte dann noch eine Inneneinrichtung gebaut
werden und natürlich musste die erforderliche Technik installiert werden (Bild 17 + 18).
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Bild 17
Bild 18
Bei Tag und auch bei Nacht, macht die Beleuchtung und das Arbeitsdeck schon einen ganz
passablen Eindruck. Das Deck ist mit 0,5mm Mahagonileisten beplankt. Sie sind ebenfalls geklebt
mit Epoxidharzkleber. Bei meinen diversen Streifzügen durch die Baumärkte habe ich dort auch
endlich einen Epoxi-Kleber gefunden, der eine offene Arbeitszeit von ca. 2 Stunden hat. Erst nach
12 Stunden ist dieser Epoxi-Kleber von UHU endgültig abgebunden. Dieser Kleber ist nach dem
austrocknen aber leicht gelblich; er ist also nicht für sichtbare Klebestellen geeignet. Im Gegensatz
dazu, ist Stabilit Express bereits nach 5 – 10 min trocken und nach ca. 20 min ausgehärtet. Mit
diesem langsamen Epoxi-Kleber war es möglich in einem Arbeitsgang jeweils ein Feld gleichmäßig
mit einer dünnen Kleberschicht zu überziehen und anschließend zu beplanken. Versiegelt wurde
das Holz durch mehrere Lagen matten Klarlack. Dadurch tritt die Holzmaserung deutlich in
Erscheinung und durch den Mattlack entsteht kein (für ein Arbeitsdeck) unschöner Glanz.
Nach dem Studium von vielen Originalbildern ist mir aufgefallen, dass die Verkabelung meistens
sichtbar seitlich am Mast herunter geführt wird. Dies wollte ich ebenfalls umsetzen. Dafür habe ich
für die Leitungsführung jede Menge Ösen an den Masten verlötet. Diese Ösen habe ich nicht
selbst gebogen, sondern man kann diese als Splinte und Hülsen z.B. von robbe in verschiedenen
Durchmessern und Größen bekommen. Diese Splinte habe ich auch für Handlaufhalterungen und
für Seilhalterungen am Mast und auf dem Brückenhausdeck verwendet. Die Hülsen kann man im
Maßstab 1:25 übrigens auch wunderbar u.a. als Scharnierimitationen an Türen und Klappen
verwenden.
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Als Kabel für LED-Leuchten wird kein großer Querschnitt benötigt. Ich habe Kabel mit einem
Durchmesser der Litzen von 0,04mm verwendet. Diese dünnen und feinen Kabel passen in
diesem Maßstab für die sichtbare Kabelführung (Bild 19 + 20).
Bild 19
Bild 20
Unter dem Brückenhaus habe dann eine Stromversorgung für die LED´s gebaut. Hier gibt es zwei
Möglichkeiten der Ausführung. Zum einen LED mit Vorwiderstand und zum anderen LED´s mit
einer Konstantstromquelle. Ich habe mich für die Variante mit Konstantstromquelle entschlossen.
Auch hier war es trotzdem erforderlich, dass noch ein Vorwiderstand verwendet wird, da die LED´s
sonst zu hell leuchten. Ich habe generell 3mm LED´s verwendet, da in die Lampenkörper aus dem
Modellbaukaufhaus keine größeren Durchmesser hinein passen.
Ich war etwas erstaunt darüber, dass ich z.B. rote und weiße LED´s nicht gemeinsam an einer
Konstantstromquelle betreiben konnte, aber offensichtlich liegt das an den verschiedenen LichtLeistungen der LED´s. Also habe ich für jede Lampenfarbe eine separate Stromquelle vorgesehen.
Das ganze sollte dann einigermaßen sortiert und geordnet aussehen. Aufgebaut habe ich alle
Komponenten auf einer Lochraster-Lötplatine. Profis würden sich wahrscheinlich eine Schaltplatine
dazu erstellen, ich kenne mich mit dieser Technik jedoch nicht aus und habe daher über 100 (!)
Kabelbrücken verlöten müssen. Im Nachhinein betrachtet hätte eine fertige Platine die Arbeitszeit
erheblich reduziert (Bild 21).
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Bild 21
Zum Einbau kamen übrigens nur warmweiße LED´s, denn diese Lichtfarbe sieht wesentlich
natürlicher aus als das kalte bläuliche Licht der weißen Standard-LED´s. Alle LED´s habe ich rings
herum mit feinem Schmiergelpapier angeraut, dadurch ist die seitliche Abstrahlung etwas besser.
Als Alternative zu den LED´s hätte ich auch Glühbirnen verwenden können. Die Glühbirnen haben
jedoch eine deutlich geringere Lebensdauer und verbrauchen zudem erheblich mehr Strom.
Um alle Schaltungen vornehmen zu können: Motor vor/zurück, Ruder, Kran, Winde und diverse
Zustände der Beleuchtung separat schalten zu können, habe ich alle 8 Kanäle meiner FC-16
Fernbedienung belegt.
Als großes Problem stellte sich nun das zulässige Gewicht heraus. Nach Einbau aller
Technikkomponenten und des geplanten Akkus hatte die Nordstern deutlich Übergewicht und
damit eine viel zu hohe Wasserverdrängung. Laut robbe soll die Paula 2,5 kg auf die Waage
bringen. Ich hatte bisher noch nicht viel über Gewicht nachgedacht, hatte aber die CWL
(Konstruktions-Wasser-Linie) in weiser Voraussicht bereits in der Planung etwas höher verlegt, um
mehr Gewicht aufnehmen zu können. Nach Einbau der geplanten Komponenten brachte die
Nordstern dann stolze 6,8 kg auf die Waage und hatte in der Badewanne die Ambitionen mit
minimalem Freiboard schon fast als U-Boot tätig zu werden. Das war ein echter Schreck!
Was war passiert? Zu viel Epoxidharz? Das ist schwer und ich habe reichlich davon verbraucht.
Zuviel neue Bauteile durch ABS und Polystyrol? Zuviel Messingbauteile? Zuviel ALU-Bauteile? Ein
zu schwerer Akku? Ja, das war etwas, was ich schnell ändern konnte. Der 2kg schwere 6V 12A/h
Bleiakku flog raus und wurde durch einen 7,2V 5A/h Lipo ersetzt. Ergebnis der Einsparung 1,7 kg
bei fast gleicher Leistung! Einige nicht unbedingt benötigte Komponenten flogen ebenfalls noch
raus. Das Ergebnis war dann erfreulich. Die Nordstern wiegt jetzt „nur“ noch 4,7 kg und liegt fast
auf der geplanten CWL.
Sie liegt gut und satt im Wasser und schaukelt wenig. Allerdings muss durch den höheren
Tiefgang und den geringeren Freiboard das Arbeitsdeck jetzt nicht nur spritzwasserfest, sondern in
jedem Fall wasserdicht ausgeführt werden. Hierzu habe ich mir ein Reststück 1mm dickes
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Silkonkautschuk aus dem Fachhandel besorgt und dünne Streifen geschnitten, die ich innenseitig
auf den Rahmen für das Arbeitsdeck geklebt habe. Das Arbeitsdeck verschraube ich nun mit zwei
Inbus-Schrauben. Durch die stabile Bauweise des Rahmens und der ALU-Platte presst sich das
Deck nun gleichmäßig an die Dichtung und schließt somit „fast“ wasserdicht ab.
Nun war der Zeitpunkt gekommen, zu dem erstmals die Nordstern auf dem Wasser tätig werden
sollte. Im Rahmen einer Veranstaltung in der Weser-Ems-Halle in Oldenburg an der auch unser
Modellbauclub beteiligt war, sollte die Nordstern ihre „Seetüchtigkeit“ unter Beweis stellen und es
sollte natürlich auch eine Schiffstaufe vorgenommen werden.
Ein erster Vorversuch in der Badewanne brachte das Ergebnis, dass ein Aussetzen von Bojen
ohne Schwierigkeiten durchzuführen ist, das Aufnehmen der Bojen allerdings praktisch unmöglich
ist, da die Bojen durch Wellengang und Schraubenwasser ständig weggedrückt werden. Also
musste noch schnell ein Bojenfang aus Messingdraht und -rohr hergestellt werden. Mit dieser
Einrichtung war es nach einigem Üben relativ unproblematisch die zuvor abgesetzten Bojen wieder
einzusammeln.
Der Bojenfang sollte abnehmbar angebracht werden. Zu diesem Zweck habe ich auf jeder Seite
des Arbeitsdecks jeweils zwei Messinghülsen eingeklebt. In diese Hülsen wird die Vorrichtung
einfach eingeclipst. Am Heck gibt es noch eine quer verlaufende Scheuerleiste unter der der
Bojenfang unterhakt. Damit bleibt die gesamte Konstruktion abnehmbar und trotzdem fest mit dem
Schiffskörper verbunden (Bild 22).
Bild 22
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Bild 23
Die feierliche und zünftige Schiffstaufe mit einem Schluck Sekt vor den Bug (Bild 23).
Anschließend lag die Nordstern wieder in der Werft zur Endausrüstung. Als erstes folgte der
Innenausbau des Brückenhauses. Auch hier wurden einige Kleinteile aus der Modellbau-ZulieferIndustrie verbaut. Eine Brücke besteht ja nicht nur aus dem Steuerrad, sondern auch aus
Computern, Schalttafeln, Hebeln und Bildschirmen. Und ein Tisch mit Sitzgelegenheit sollte für die
Mannschaft ebenfalls vorhanden sein (Bild 24).
Bild 24
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Die Gewindestangen in Schraubhülsen oberhalb der seitlichen Frontscheiben resultieren aus
einem weiteren Baufehler. Das Brückenhausdach war bisher nur befestigt über eine
Verschraubung im Bereich des Schornsteines. Dies stellte sich später als zu instabil heraus. Unter
dem Brückenhausdach habe ich daher zwei Messingösen verklebt, in welche die Schraubgewinde
heraus gedreht werden können. Damit hat das Dach nun auch nach vorne Halt und Stabilität.
Bild 25
Die Griffe, Hebel, Türklinken, Scheibenwischer und Schleuderscheibe sind installiert. Auf dem
Dach wurden Antenne, Lüfter und Nebenhorn installiert. Die Mastabspannung ist angebracht. Die
Spannschlösser sind übrigens funktionstüchtig, ganz getreu der Devise: Alles soll demontierbar
bleiben – ansonsten könnte der Mast ja nicht mehr demontiert werden. Die Mastabspannung ist
aus 0,6mm Draht ausgeführt und sieht wirklich realistisch aus. Unter dem Deckel auf dem
Brückenhausvordach ist der Hauptschalter untergebracht (Bild 25).
Nach den ersten Testfahrten und einigem Gebrauch trat nun auch ein weiterer Baufehler deutlich
in Erscheinung. Alle Brückenaufbauten habe ich an das vorhandene Formteil aus dem Baukasten
angebaut, anstatt ein durchgehendes neues Seitenteil zu konstruieren. In Verbindung mit dem
„dicken“ Farbauftrag und den schon zuvor beschriebenen Passproblemen beim auf und Absetzten
des Brückenhauses traten nun Spannungsrisse in der fertigen Gesamtkonstruktion auf. Eine
Katastrophe! Das Brückenvorhaus drohte abzureißen (Bild 26)!
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Bild 26
Von innen konnte ich nichts neu verkleben oder verbinden, da an dieser Stelle der Süllrand war.
Was also tun? Es musste also von außen etwas davor gebastelt werden! Das Ergebnis ist auf dem
nächsten Bild zu besehen. Ich habe das Ganze als Kasten getarnt. Eine sinnvolle Erklärung, oder
auch Legende, für das Vorhandensein eines solchen Kastens auf der Nordstern ist mir bisher noch
nicht eingefallen. Also besser, es fragt erst gar keiner (Bild 27)!
Bild 27
Weitere Ausbaudetails wurden noch hinzugefügt: Gasflaschen in einer Haltebox, ein Ölfass, eine
Materialkiste, eine Rettungsinsel und einige Beschilderungen.
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Und natürlich musste endlich das Problem Endabschaltung für die Kranwinde gelöst werden. Das
Ein und Aussetzen der Bojen erfolgte bis dato immer in guter und naher Sichtverbindung. Bei
weiterem Abstand, z.B. auf dem See kann es passieren, dass man nicht mehr richtig erkennt, ob
der Kranhaken den Hochpunkt schon erreicht hat. Der Kranhaken muss aber bis fast nach oben
fahren, da andernfalls die Boje nicht über den Bordrand gehoben werden kann. Andernfalls würde
die Boje nicht auf Deck gehoben, sondern auf Deck geschleift.
Eine Endabschaltung hatte ich bereits an der Motoreinheit für den Hydraulikarm installiert. Die
Technik ist relativ einfach. Ein Mitnehmer fährt bis auf dem Hebel von einem Microschalter und
betätigt den Schalter. Eine Diode wird nun in den Stromfluss geschaltet und sperrt eine
Stromrichtung. Der Motor stoppt. Schaltet man nun in die gegenläufige Drehrichtung nimmt der
Motor wieder seinen Betrieb auf und der Schalter geht wieder aus. Eine solche Konstruktion
musste nun irgendwie unter die Windentrommel gebaut werden.
Den Microschalter musste ich noch zusätzlich mit einem „Ausleger“ versehen, da das Seil
unbedingt durch den Schalterhebel geführt werden musste. Weiterhin sollte die „Verpackung“
einigermaßen glaubhaft aussehen und aus meinem vorhandenen Materialvorrat stammen. Und
last but not least sollte die ganze Einheit demontierbar bleiben.
Es ist damit eines der kompliziertesten Bauteile des gesamten Bauprojektes entstanden, sicherlich
auch deshalb, weil ich eine solche Baulösung erst im Nachhinein an das fertige Modell bauen
musste (Bild 28, 29 + 30).
Bild 28
Bild 29
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Bild 30
Man kann nun die „Endschalterhalterung“ in zwei seitlich angeklebte Messingaufnahmen
einschieben und mit zwei M2-Schrauben in der Lage sichern. Die erforderliche Kabelverbindung
wird von der einen auf die andere Seite in zwei dünnen Messingrohren geführt.
Als letztes Bauteil musste noch eine Bojenablage hergestellt werden. Die Bojenablage
gewährleistet, dass die Bojen an Ort und Stelle liegen bleiben und nicht während der Fahrt von
Deck rollen. Da der Kranhaken nur in der Mittelachse des Arbeitsdecks Lasten absetzen und
aufnehmen kann, muss die Bojenablage die Bojen in die Mittelachse verschieben können. Als
Antrieb dieser Bojenablage habe ich mich zunächst (!) für einen Micro-Servo entschieden.
Um nicht noch weitere Verschraubungen auf dem Arbeitsdeck vornehmen zu müssen, habe ich
das Gestell der Bojenablage mit dem Bojenfang verlötet. Der Bojenfang sitzt sicher und fest in
seiner Halterung. Durch die Verbindung mit der Bojenablage wird dies nicht beeinträchtigt Bild 31
+ 32).
Bild 31
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Bild 32
Auf dem Bild 32 gut zu sehen die „Antriebstechnik“ mit dem Micro-Servo und die Befestigung der
Bojenablage. Der gebogene Messingdraht wird in Messinghülsen gesteckt, die ich in das
Arbeitsdeck eingelassen habe. Am Heck klemmt die gesamte Halterung unter der Scheuerleiste.
Als Reminiszenz an mein Jugendhobby rollt die Bojenablage auf einem HO-Schienenprofil aus
Messing. Die Räder stammen von einer alten N-Spur-Lokomotive. Als Radachsen kommen 1,5mm
Messingrundstäbe zum Einsatz. Damit die Lebensdauer des Micro-Servos erhöht wird, erhalten
regelmäßig de beweglichen Teile einen Tropfen Öl.
Leider funktionierte diese „Antriebstechnik“ nur, wenn der Linearschieber ganz, ganz feinfühlig
bewegt wird. Die Krafteinleitung des Servos auf die Bojenablage wird mehrfach umgelenkt, so
dass die Hebelkräfte auf die Gesamtkonstruktion sehr groß sind. Als Ergebnis entgleist die
Bojenablage gelegentlich. Demnächst steht also nochmals ein Umbau an. Die Bojenablage soll
über einen Getriebemotor mit Zahnrad bewegt werden. Am Gestell der Bojenablage wird eine
Zahnstange (N-Spur) installiert in die das Zahnrad eingreift und damit die Bojenablage hin und her
bewegt. Die Endpositionen werden durch zwei Microschalter bestimmt. Der Umbau ist zum
nächsten Werftaufenthalt im Winter vorgesehen.
Als letztes wurden noch Fahnen (Europaflagge, Nationalflagge) angebracht. Die Dienstflagge ist
natürlich vorschriftsmäßig an der Gaffel-Flaggenleine angebracht und an der SteuerbordFlaggenleine befindet sich die Flagge des Gastlandes, in meinem Fall die Europaflagge (Bild 33).
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Bild 33
Derzeit ist die Nordstern im Bereich zwischen den Niederlanden und Deutschland im Rahmen
eines
EU-Auftrages
für
meereskundliche
Untersuchungen
und
Sicherung
eines
Forschungsgebietes tätig – aber wem sage ich das, sie sehen es ja selbst, es ist ja deutlich an der
gehissten Europaflagge zu erkennen.
Bild 34
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Bild 35
Bild 36
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Bild 37
Technische Daten
Maßstab
1 : 25
Verdrängung
4,7 kg
Länge über alles
710 mm (ohne Bojenfang)
780 mm (mit Bojenfang)
Breite
230 mm
Tiefgang
55 mm
Antrieb
1 E-Motor, max. 4100 U/min
30 mm 3-Blatt-Propeller
Bauzeit
März 2009 – März 2010
Indienststellung
April 2010
Besatzung
3 Mann
Nunmehr sind alle Bauarbeiten meines ersten Schiffbau-Projektes abgeschlossen und ich bin sehr
zufrieden mit dem Ergebnis. Der Eigner ist mein Sohn Henri, der dieses Modell fantastisch
bedienen kann. Ach ja - ein Seematz-Suchscheinwerfer soll auf dem Brückenhausdach
irgendwann auch noch seinen Dienst antreten.
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Mal sehen, was mir als nächstes einfällt, vielleicht ein Tauchroboter, der von der Nordstern
ausgesetzt werden kann? Am besten mit Kameraübertragung aus der Unterwasserwelt. Vor
einiger Zeit war in der Schiffsmodell ein interessanter Artikel über eine kleine, leistungsfähige
Kamera zu lesen.
Ich wünsche jedem Anfänger, dass er vor den anstehenden Modellbauproblemen nicht den Kopf
hängen lässt. Seien Sie kreativ und denken Sie immer daran: Geht nicht, gibt´s nicht! Naja,
vielleicht besser: Geht nicht, gibt´s fast nicht!
Wenden Sie sich an die Modellbauclubs. Es gibt überall welche. Nach meiner Erfahrung sind dort
viele begeisterte Modellbauer, die gerne ihr Wissen teilen und auch das eine oder andere Mal
Unterstützung anbieten. Auch habe ich es noch nie erlebt, dass ein Erbauer oder Eigner seines
Modells auf Grund von „schlechter“ Qualität oder Unvermögen ausgelacht oder abgelehnt wird. Sie
brauchen also keine Angst zu haben! Ohne den intensiven Erfahrungsaustausch mit anderen
Modellbauern wäre das hier beschriebene Fantasiemodell sicher nicht vollendet worden.
Weitere Infos zu diesem Bauobjekt können Sie unter [email protected]
erfragen.
Matthias Hambrock
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