Berufsprofil Sprachtherapeutin *

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Berufsprofil Sprachtherapeutin *
Deutscher Bundesverband der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen
Lehrervereinigung Schlaffhorst-Andersen e.V. (dba)
Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl)
Deutscher Bundesverband der Sprachheilpädagogen e.V. (dbs)
Bundesverband Klinischer Linguistik e.V. (BKL)
Deutscher Bundesverband Klinischer Sprechwissenschaftler e.V. (DBKS)
Berufsprofil Sprachtherapeutin1*
Vorlage zur Schaffung eines einheitlichen Berufsprofils im Bereich Sprachtherapie* in
Deutschland
Das vorliegende Konsenspapier ist Resultat gemeinsamer Überlegungen von jeweils zwei
Vertreterinnen der nachfolgend aufgeführten Berufsverbände unter der Leitung von Theo
Borbonus, 2. Bundesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V.
(dgs):
Deutscher Bundesverband der Atem-, Sprech-, und Stimmlehrer/innen
Lehrervereinigung Schlaffhorst-Andersen e.V. (dba)
Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl)
Deutscher Bundesverband der Sprachheilpädagogen e.V. (dbs)
Bundesverband Klinische Linguistik e.V. (BKL)
Deutscher Bundesverband Klinischer Sprechwissenschaftler e.V. (DBKS)
Der vorliegende Entwurf dokumentiert ein gemeinsames Verständnis der Verbände bezüglich
der Vereinheitlichung des Berufsprofils der Sprachtherapie* in Deutschland. Gegenwärtig
liegen weder ein einheitliches Berufsbild noch eine einheitliche Ausbildungs- und
Prüfungsordnung vor. Die Vertreter der Verbände streben jedoch eine Vereinheitlichung der
Berufe in Hinblick auf die europäische Integration an.. Aus diesem Grunde soll auf der Basis
des vorgeschlagenen Berufsprofils ein Entwurf für eine einheitliche Ausbildungs- und
Prüfungsordnung entsprechend den Erfordernissen des Gesundheitswesens in Deutschland
erarbeitet werden. In diesem Sinne entspricht das vorliegende Papier der seitens der
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen geäußerten Absicht „Ausbildung und Status der
Sprachtherapeuten in Deutschland zu einem bundeseinheitlichen Heilberuf“
weiterzuentwickeln. (s. MFJFG, III B 2 – 0417.7 – Düsseldorf, 14.8.1998)
1
Im vorliegenden Papier dient die weibliche Form zur Bezeichnung beider Geschlechter
*)Sprachtherapeutin/Sprachtherapie vorbehaltlich einer genaueren Sprachregelung
1. Vorbemerkungen
Die Verbände legen mit diesem Papier den Entwurf eines einheitlichen Berufsprofils für
Sprachtherapeutinnen in Deutschland vor. Grundlagen sind das Europäische Berufsprofil des
CPLOL (Comité Permanent de Liaison des Orthophonistes/Logopèdes de l’Union
Européenne) von 1994 und die seitens der IALP (International Association for Logopedics
and Phoniatrics) formulierten Mindeststandards zur Ausbildung von 1996, die das
europäische Profil in ihrer Darstellung integriert haben.
Das Konsenspapier beschreibt die Sprachtherapeutin als eigenständigen wissenschaftlich
begründeten Heilberuf mit selbständigem wissenschaftlichen Gegenstand. Es dokumentiert
das Einvernehmen der Berufsverbände über das Berufsbild von Sprachtherapeutinnen.
Die berufliche Qualifikation wird im Rahmen eines Studiums erworben, das sowohl eine
theoretische als auch therapeutische Kompetenz vermittelt. Die Rahmenbedingungen und die
curriculare Ausgestaltung dieses Studiums werden in einem weiteren Konsenspapier
formuliert.
2. Selbstverständnis
Sprachtherapeutinnen sind unabhängige Fachleute für die menschliche Kommunikation und
deren Störungen (Störungen der Sprache, des Sprechens, der Stimme) sowie der Störungen
der Schluckfunktionen. Ihre zentralen Aufgaben sind die Beratung, die Prävention, Diagnose,
therapeutische Intervention und Evaluation.
Menschliche Kommunikation umfasst die Sprachproduktion und das Verständnis von
mündlicher und schriftlicher Sprache sowie alle Formen non-verbaler Kommunikation.
Sprachtherapeutisches* Handeln basiert grundlegend auf einer Verbindung von praktischklinischen Kompetenzen mit wissenschaftlichen Kenntnissen und Prinzipien.
3. Aufgabenbereiche/Tätigkeitsfelder
Sprachtherapeutinnen arbeiten mit Menschen jeden Alters und erfüllen als Angehörige des
Gesundheitswesens folgende Aufgaben:
Prävention, Früherkennung und Frühförderung
Beratung im Bereich Sprachtherapie
Diagnose von Kommunikationsstörungen (Sprache, Sprechen, Stimme) sowie von
Störungen der Schluckfunktionen
Therapie aller genannten Störungsbereiche
Dokumentation und Evaluation
Arbeit in Forschung und Lehre
4. Berufsausübung und Weiterbildung
Nach Studienabschluss erhalten die Berufsanfängerinnen weiterhin Unterstützung in ihrer
Berufsausübung. In den ersten zwei Jahren ist die Berufsausübung unter fachlicher
Supervision verpflichtend.
Die Sprachtherapeutinnen halten ihre Kompetenz ständig durch Aktualisierung ihres Wissens
und ihrer Fähigkeiten aufrecht, indem sie sich kontinuierlich weiterbilden. Darüberhinaus
verpflichten sie sich die berufsethischen Regeln einzuhalten.
5. Forschung
Lehrende und Studierende beteiligen sich aktiv an der Forschung im Bereich Sprachtherapie
und/oder ihrer Nachbardisziplinen, um die Weiterentwicklung des Fachgebietes zu
gewährleisten.
Ziel der Forschungsaktivitäten ist es, den neusten Stand der wissenschaftlichen Entwicklung
in das Fach zu integrieren und Innovationen im Bereich der Beratung, Prävention, Diagnostik,
Therapie und Evaluation zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Entwicklung von Standards
zum Qualitätsmanagement im Bereich Sprachtherapie.
Studierende werden aktiv an Forschungsarbeiten beteiligt, um einen forschungsorientierten
Ansatz zur praktisch-klinischen Arbeit zu fördern, der eine kritische Einschätzung der
Forschung in diesem Gebiet ermöglicht.
Hannover, den 20.12.1999
Marion Walke
Dietlinde Schrey-Dern
Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes
der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen
Lehrervereinigung Schlaffhorst-Andersen e.V. (dba)
Präsidentin des Deutschen Bundesverbandes
für Logopädie e.V. (dbl)
Volker Maihack
Dr. Anneliese Kotten
Vorsitzender des Deutschen Bundesverbandes
der Sprachheilpädagogen e.V. (dbs)
Vorsitzende des Bundesverbandes
Klinische Linguistik e.V. (BKL)
Dr. Bärbel Miethe
Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes
Klinischer Sprechwissenschaftler e.V. (DBKS)
Bibliographie
Anders, Lutz-Christian; Stock, Eberhardt (1998): Sprechwissenschaftliche Grundpositionen
zu Diagnose und Übungstherapie von Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen. SpracheStimme-Gehör 22(1998)176-179
Bundesverband Klinische Linguistik e.V. (Hrsg.)(1996): Berufsbild „Klinische Linguistik“,
Erläuterungen zum Berufsbild der Klinischen Linguistik
CPLOL-Commission on Undergraduate Education/Formation initiale/Professional
Profile/Profil Professionnel - Schrey-Dern, D.(1994): Professional Profile/Profil
Professionelle; CPLOL-Köln
Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. (1999): Tätigkeitsprofil der LogopädInnen. (in
Anlehnung an das „Europäische Berufsprofil der Logopäden/Orthophonisten“)
Giel, B.; Iven, C.; Weikert, K.; Dupuis, G.; Kürvers, A. (1999): Qualitätsstandards für die
Ausbildung von Sprachtherapeutinnen und –therapeuten im Rahmen vom Diplom- und
Magisterstudiengängen in Heilpädagogik/Rehabilitationspädagogik/Sonderpädagogik in der
Bundesrepublik Deutschland unter Einbeziehung der IALP-Richtlinien.
Die Sprachheilarbeit 44 (1999) 39-46
IALP-Guidelines for Initial Education in Logopedics (1998), Folia Phoniatrica; 50, 230-234
Miethe, B., Thiel, S.; Zimmermann, S. (1998): Positionen zur Praxis der klinischen
Sprechwissenschaft. Sprache-Stimme-Gehör 22(1998)180-183