RECHNUNGSHOFBERICHT GESIBA: ERRICHTUNG DER
Transcrição
RECHNUNGSHOFBERICHT GESIBA: ERRICHTUNG DER
RECHNUNGSHOFBERICHT VORLAGE VOM 24. FEBRUAR 2015 WIEN 2015/2 GESIBA: ERRICHTUNG DER WOHNHAUSANLAGE BIKE&SWIM ERSCHLIEßUNG SEESTADT ASPERN LIEGENSCHAFTSTRANSAKTIONEN DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN BUNDESVERSUCHSWIRTSCHAFTEN GMBH MIT DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER STADT WIEN UND DER WIRTSCHAFTSAGENTUR WIEN KONSOLIDIERUNGSMAßNAHMEN DER BUNDESHAUPTSTADT WIEN MEDIENTRANSPARENZ IM MUSEUMSQUARTIER Seite 2 / 59 INHALTSVERZEICHNIS GESIBA: Errichtung der Wohnhausanlage Bike&Swim Prüfungsziel / Organisation der GESIBA .................................................................................................. 5 Projekt Bike&Swim .................................................................................................................................. 6 Wahrnehmung der Bauherrnfunktion .................................................................................................... 7 Förderungsabwicklung / Grundstücksbeirat der Stadt Wien .................................................................. 8 Projektfinanzierung ................................................................................................................................. 8 Mietenkalkulation ................................................................................................................................... 9 Vergabewesen ...................................................................................................................................... 10 Wirtschaftliche Entwicklung und finanzielle Lage der GESIBA .............................................................. 11 Internes Kontrollsystem ........................................................................................................................ 11 Maßnahmen zur Korruptionsprävention .............................................................................................. 11 Gender Mainstreaming ......................................................................................................................... 12 Schlussempfehlungen ........................................................................................................................... 12 Erschließung Seestadt Aspern Prüfungsziel ........................................................................................................................................... 16 Allgemeines ........................................................................................................................................... 16 Masterplan / Genderaspekte ................................................................................................................ 17 Umweltverträglichkeitsprüfung / Aufbauorganisation ......................................................................... 17 Koordination zwischen der Stadt Wien und der Wien 3420 Aspern ..................................................... 18 Auswahl der privaten Partner für das Stadtentwicklungsprojekt der Seestadt Aspern ........................ 18 Steuerungshoheit der Stadt Wien / Technische Infrastruktur .............................................................. 18 Soziale Infrastruktur / Zusammenarbeit und Koordination .................................................................. 19 Übernahme von Leistungen / Ausschreibung und Vergabe ................................................................. 19 Geothermiezentrum Aspern ................................................................................................................. 20 Finanzierung und Kosten Geothermie / Versicherung Geothermie ...................................................... 20 Planungsgrundlagen Verkehr ................................................................................................................ 20 U–Bahn–Linie U2 / Kosten der Verlängerung der U–Bahn–Linie U2 .................................................... 21 Straßenbahnlinien und Busverbindungen ............................................................................................. 21 Seite 3 / 59 S–Bahn–Linie S80 / Kostenschätzung Stadtstraße/S 1 .......................................................................... 21 Verkehrsaufkommen und Zuständigkeiten ........................................................................................... 22 Parkraum / Kostenüberblick ................................................................................................................. 22 Eigentumsverhältnisse am ehemaligen “Flugfeld Aspern“ vor dem Beschluss des Masterplans 2007 ............................................................................................ 22 Optionsflächen der Wien 3420 Aspern ................................................................................................. 23 Verkauf von Liegenschaften an die Wien 3420 Aspern ........................................................................ 23 Verkauf von Liegenschaftsflächen an die GELUP GmbH und Verwertung durch die GELUP GmbH ............................................................................................. 23 Schlussempfehlungen ........................................................................................................................... 23 Liegenschaftstransaktionen der Landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften GmbH mit der Republik Österreich, der Stadt Wien und der Wirtschaftsagentur Wien Prüfungsziel ........................................................................................................................................... 26 Überblick ............................................................................................................................................... 27 Liegenschaftstransaktion 1996/1997 .................................................................................................... 29 Vermögensübertragung der Republik Österreich an die BVW GmbH ............................................... 29 Nutzungsabgeltung für die BVW GmbH ............................................................................................ 29 Liegenschaftstransaktionen von 2006 bis 2008 und 2013 (Wien–Essling) ........................................... 30 Liegenschaftsverkauf der Republik Österreich an die BVW GmbH im Jahr 2006 ............................... 30 Weiterverkäufe durch die BVW GmbH an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 ........................................................................................................................................... 31 Aufteilung und Finanzierung der Liegenschaftsankäufe durch die Stadt Wien und die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 ............................................................................................. 31 Geplante Refinanzierung der Grundstücksankäufe durch die Wirtschaftsagentur Wien .................. 33 Liegenschaftsverkauf der BVW GmbH an ein privates Unternehmen im Jahr 2013 .......................... 33 Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen der Liegenschaftstransaktionen ............................ 34 Landwirtschaftliche Bundesversuchswirtschaften GmbH ..................................................................... 35 Gesamtentwicklung des Liegenschaftsvermögens ............................................................................ 35 Internes Kontrollsystem ..................................................................................................................... 35 Schlussempfehlungen: .......................................................................................................................... 36 Seite 4 / 59 Konsolidierungsmaßnahmen der Bundeshauptstadt Wien Prüfungsziele ......................................................................................................................................... 39 Finanzielle Lage der Stadt Wien ............................................................................................................ 40 Entwicklung der Jahresergebnisse ..................................................................................................... 40 Vermögensrechnung ......................................................................................................................... 42 Finanzschulden und Schuldendienst .................................................................................................. 43 Haftungen ............................................................................................................................................. 45 Kassengebarung und voranschlagsunwirksame Gebarung ................................................................... 45 Beteiligungen ........................................................................................................................................ 46 Konsolidierung und mittelfristige Finanzplanung ................................................................................. 47 Rechnungswesen .................................................................................................................................. 48 Schlussempfehlungen ........................................................................................................................... 50 Medientransparenz im MuseumsQuartier Prüfungsziel ........................................................................................................................................... 55 Rechtliche Grundlagen .......................................................................................................................... 55 Erfüllung der Meldepflichten gemäß Medientransparenzgesetz ......................................................... 56 0rganisation der Meldeabläufe ......................................................................................................... 56 Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit der Meldungen .......................................................................... 57 Vollständigkeit der Dokumentation ................................................................................................... 57 Betragliche Richtigkeit der Meldungen ............................................................................................. 57 Sachliche Richtigkeit der Meldungen ................................................................................................. 57 Zeitliche Richtigkeit der Meldungen .................................................................................................. 57 Inhaltliche Anforderungen an Werbeaufträge und Medienkooperationen ......................................... 58 Unterscheidbarkeit – Kennzeichnungspflicht ..................................................................................... 58 Sachinformation ................................................................................................................................ 58 Bagatellgrenze ................................................................................................................................... 58 Schlussempfehlungen ........................................................................................................................... 58 Seite 5 / 59 GESIBA: ERRICHTUNG DER WOHNHAUSANLAGE BIKE&SWIM Die GESIBA erwirtschaftete unter Einhaltung des gesetzlichen Kostendeckungsprinzips einen positiven operativen Cashflow, der die liquiden Mittel der Gesellschaft zwischen 2009 und 2012 um 133,47 % auf 126,77 Mio. EUR ansteigen ließ. Die GESIBA wendete die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zulässigen Aufwertungen und Pauschalierungen zum Nachteil der Mieter an, weil durch diese Vorgangsweise die finanzielle Situation der GESIBA stärker als jene der Mieter begünstigt wurde. Diese Gebarung zeigte einen Zielkonflikt zwischen der Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum gegenüber einer Rücklagen erhöhenden Gewinnmaximierung auf. Die Baukosten für das Projekt Bike&Swim lagen vor Flächenberechnung mit 31,54 Mio. EUR um 1,49 Mio. EUR über den Plankosten. Die GESIBA wickelte das Projekt durch einen Generalunternehmer ab. Die Art der Leistungsbeschreibung und die Kalkulationsunterlagen erschwerten die Angebotsprüfung und die Plausibilisierung der Mehrkostenforderungen. Mängel im Internen Kontrollsystem und bei den Maßnahmen zur Korruptionsprävention wurden teilweise während der Gebarungsüberprüfung behoben. Gender Mainstreaming war als Projektziel nicht explizit definiert. Auch fehlte u.a. eine geschlechterspezifische Analyse in der Projektplanung, ‒umsetzung und ‒evaluierung. In den Führungsebenen der GESIBA war keine Frau vertreten. PRÜFUNGSZIEL Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Wahrnehmung der Bauherrnfunktion, der Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen der Förderungsabwicklung, der Projektorganisation und der Vergaben bei der Realisierung des Projekts Bike&Swim sowie der Umsetzung von Gender Mainstreaming Maßnahmen, des Internen Kontrollsystems und der Maßnahmen zur Korruptionsprävention. (TZ 1) ORGANISATION DER GESIBA Der Unternehmensgegenstand der GESIBA ist die Errichtung, Vermietung und Verwaltung von Wohnungen und Geschäftslokalen sowie die Erbringung von Planungs‒ und Bauaufsichtsleistungen. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gestattet ausdrücklich nur drei Gruppen von zulässigen Geschäften, nämlich die Haupt‒, die Neben‒ und die damit verbundenen Zusatzgeschäfte. Jährlich projektierte die GESIBA bis zu zwölf Wohnhaus- Seite 6 / 59 anlagen, dabei wurde im Zeitraum 2010 bis 2012 ein jährliches Bauvolumen von durchschnittlich rd. 60 Mio. EUR umgesetzt. Die Geschäftstätigkeit der GESIBA entsprach den gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (Haupt‒, Neben‒ und damit verbundene Zusatzgeschäfte). (TZ 3) Die GESIBA wurde von einem Zweiervorstand geführt. Die operative Abwicklung der Geschäftsfelder der GESIBA erfolgte durch sieben Hauptabteilungen. Die Planungs‒ und die Bauabteilung übernahmen bei der Realisierung der Wohnhausanlage Bike&Swim die Bauherrnaufgaben (Projektleitung und Örtliche Bauaufsicht). Die Aufbauorganisation war grundsätzlich tauglich, die unterschiedlichen Aufgabenstellungen ̶ u.a. die Errichtung von Wohnhausanlagen unter Einbindung externer Dienstleister ̶ wahrzunehmen. (TZ 4) PROJEKT BIKE&SWIM Die GESIBA errichtete in den Jahren 2010 bis 2012, basierend auf dem städtebaulichen Ideenwettbewerb „Nordbahnhof‒Alte Busgarage“ aus dem Jahr 2003, die Wohnhausanlage Bike&Swim mit 231 Wohneinheiten und 104 Garagenstellplätzen. Die Ersteinreichung des Projekts fand im September 2007 und die letzte Projektadaptierung im September 2011 statt. Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durch den RH lagen die Baukosten ̶ inkl. der Eigenleistungen ̶ mit 31,54 Mio. EUR um 1,49 Mio. EUR über den geplanten Kosten. Die unterschiedlichen und wechselnden Realisierungskonzepte führten zu einer Projektlaufzeit von rund fünf Jahren und Umplanungskosten von rd. 148.500 EUR. Dies erhöhte die Projektkosten und die Mieten; dies stand dem Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit entgegen ̶ Wohnungen zu angemessenen, im Allgemeinen unter dem Marktniveau liegenden Preisen herzustellen. (TZ 5) Die für die Mietenkalkulation maßgeblichen Grundstückskosten stiegen ̶ aufgrund der Bewertungsmöglichkeit und des Ankaufszeitpunktes im Jahr 2005 (fünf Jahre vor Baubeginn) ̶ bis zum Bezug der Wohnungen im Juli 2012 um 23,43 % auf 5,33 Mio. EUR. Der Betrag von 5,33 Mio. EUR beinhaltete die reinen Grundstückskosten (rd. 3,97 Mio. EUR), die Aufwertung der Grundstückskosten (rd. 1,01 Mio. EUR) bis zum Bezug der Wohnungen durch die Mieter und sonstige Kosten sowie Steuern (rd. 350.000 EUR) und erhöhte die für die Mietenkalkulation maßgebliche Berechnungsbasis. (TZ 6) Die GESIBA schloss mit einem Immobilienunternehmen einen Baurechtsvertrag über die Nutzung der ebenfalls angekauften denkmalgeschützten Bogenhalle ab. Der Baurechtsvertrag wurde unter unwirtschaftlichen Bedingungen abgeschlossen, weil bei Varianten mit Eigennutzung durch Garagenplätze um bis zu 108.200 EUR höhere Einnahmen pro Jahr erzielbar gewesen wären. Dies hätte die Bemessungsgrundlage für die Mietenkalkulation gesenkt. (TZ 7) Seite 7 / 59 Die Planungs‒ und die Bauabteilung waren grundsätzlich für die Projektumsetzung verantwortlich. Die GESIBA führte die Projektleitung und die Örtliche Bauaufsicht für das Projekt mit zwei Mitarbeitern selbst durch. Die restlichen Dienstleistungen vergab die GESIBA an Auftragnehmer. Ein Projekthandbuch für die Umsetzung des Projekts Bike&Swim, worin Prozesse und Verantwortlichkeiten bzw. Zuständigkeiten schriftlich dargelegt werden, fehlte. (TZ 8) WAHRNEHMUNG DER BAUHERRNFUNKTION Die Ausschreibung des Generalunternehmers durch die GESIBA beinhaltete zusätzlich zu den Baumeisterarbeiten drei separate Leistungsbeschreibungen für Einzelgewerke. Diese drei Leistungsbeschreibungen widersprachen einander teilweise oder beinhalteten widersprüchliche Angaben zu den der Ausschreibung zugrunde liegenden Plänen. Diese unklaren Angaben in den Leistungsverzeichnissen eröffneten bei der Angebotserstellung Potenzial für Spekulationen und Verzerrungen des Wettbewerbs, weil diese Mängel genaue Leistungsabgrenzungen zwischen den verschiedenen Auftragnehmern nicht zuließen und das Risiko von Doppelverrechnungen von Leistungen bestand. (TZ 9) Die Heizungsanlage entsprach nicht den Vorgaben des Energieversorgers für energieeffiziente Gebäude und könnte zu höheren Energiekosten für die Wohnhausanlage Bike&Swim führen. (TZ 9) Die jährliche Steigerung der Baupreise führte dazu, dass die Aufwendungen der Bauherrn für Bauleistungen seit dem Jahr 2004 bis zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durch den RH um rd. 20 % gestiegen waren. Demgegenüber kam es nur 2007 zu einer einmaligen Erhöhung der Fördersätze um rd. 5 %. Die stetig steigenden Baupreise und die nur einmalige Anhebung der Obergrenze der Wohnbauförderung zeigten eine unterschiedliche Dynamik. Kann diese Lücke nicht durch wettbewerbsbedingt niedrigere Preise geschlossen werden, führt dies zu qualitativen Minderungen in der Ausstattung der neu errichteten geförderten Wohnungen. (TZ 10) Die Bauleitung der GESIBA genehmigte gemäß den Richtlinien des Internen Kontrollsystems zwei Mehrkostenforderungen des Generalunternehmers in der Gesamthöhe von rd. 580.000 EUR. Der zweite Nachtrag beinhaltete u.a. Kosten von rd. 20.000 EUR, die durch Planungsfehler des Architekten entstanden waren. Diese Fehler wären aus Sicht des RH dem Architekten anzulasten gewesen. (TZ 11) Die Mehrkostenforderungen waren weder aus dem Hauptangebot ableitbar noch durch eine transparente Kostenermittlung unterlegt. (TZ 12) Seite 8 / 59 Die Kalkulationsblätter entsprachen nicht den Anforderungen an eine nachvollziehbare und aufgegliederte Preisermittlung. So fehlten detaillierte Ansätze für die Herleitung der Einheitspreise (u.a. Geräte‒, Material‒ und Lohnpreise). (TZ 12) FÖRDERUNGSABWICKLUNG Die Förderungsabwicklung nach dem Wiener Wohnbauförderungs‒ und Wohnhaussanierungsgesetz war komplex und führte zu langen Bearbeitungszeiten beim Projekt Bike&Swim. Diese entstanden sowohl durch zeitliche Verzögerungen aufgrund nachzureichender Unterlagen seitens des Förderungswerbers, als auch durch das mannigfaltige Zusammenwirken der einzelnen Magistratsabteilungen der Stadt Wien. Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durch den RH waren der Endbericht der MA 25 „Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser“ (Flächenprüfung) zum Projekt Bike&Swim sowie die auf dem Endbericht aufbauenden Schlussrechnungen der GESIBA noch ausständig. (TZ 13) GRUNDSTÜCKSBEIRAT DER STADT WIEN Der Grundstücksbeirat der Stadt Wien war vom Bauträger mit jedem Wohnbauvorhaben mit weniger als 300 Wohneinheiten, welche mit Fördermitteln der Stadt Wien errichtet werden, zu befassen. Der Grundstücksbeirat beurteilte das eingereichte Projekt nach der Qualität der Bauausführung, der sozialen Nachhaltigkeit, der Architektur des eingereichten Projekts sowie nach ökologischen und ökonomischen Aspekten. Eine schriftliche Prozessbeschreibung zur Erlangung einer Wohnbauförderung der Stadt Wien lag nicht vor, was den Prozess der Förderungsabwicklung für die Bauträger erschwerte. (TZ 14) PROJEKTFINANZIERUNG Das Projekt Bike&Swim wurde durch ein Landesdarlehen gemäß dem Wiener Wohnbauförderungs‒ und Wohnhaussanierungsgesetz (rd. 9,70 Mio. EUR), durch zwei Hypothekardarlehen (insgesamt rd. 17,75 Mio. EUR) und Baukosteneigenmittel der Mieter (rd. 3,92 Mio. EUR) finanziert. Die Ermittlung des Landesdarlehens oblag der MA 25 „Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser“ der Stadt Wien. Der Baukostenzuschuss der Mieter betrug gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 12,5 % der geschätzten Baukosten. Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durch den RH war die Endabrechnung des Projekts Bike&Swim noch ausständig. (TZ 15) Seite 9 / 59 MIETENKALKULATION Der Mietzins orientierte sich am Grundsatz der Kostendeckung und war im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geregelt. Er war grundsätzlich aus den Herstellungskosten, welche sich aus den Grundstückskosten, den Baukosten und sonstigen Kosten zusammensetzte, abzuleiten. (TZ 16) Die Grundstückskosten von 5,33 Mio. EUR beinhalteten die reinen Grundstückskosten (rd. 3,97 Mio. EUR), die Aufwertung der Grundstückskosten (rd. 1,01 Mio. EUR) bis zum Bezug der Wohnungen durch die Mieter und sonstige Kosten sowie Steuern (rd. 350.000 EUR). Die von der GESIBA gemäß 14 Abs. 1 Z 3 WGG gewählte Berechnung der Aufwertung der Grundstückskosten in Form eines Pauschalsatzes führte zu einer gleichmäßig hohen Steigerung von 3,5 %, welche im überprüften Zeitraum weder durch den VPI 2000 noch durch Fremdkapitalzinsen (Fremdkapitalzinsen der Oesterreichischen Nationalbank) erwirtschaftet werden konnte. Diese Form stellte für die Mieter die teuerste Form der Wertsicherung dar. Durch diese Vorgangsweise erhöhten sich nämlich die Herstellungskosten und der daraus abgeleitete Mietzins ̶ im Vergleich mit den alternativen Möglichkeiten der Wertsicherung ̶ zusätzlich. (TZ 17, 20) Die vorläufigen Baukosten zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durch den RH in der Höhe von 31,54 Mio. EUR beinhalteten Leistungen des Architekten, von Planungsbüros und der ausführenden Gewerke. Zusätzlich wurden Eigenleistungen der GESIBA für die Planung, die Projektleitung und die Örtliche Bauaufsicht in die Baukosten mit einbezogen. Eigenleistungen konnten entweder nach tatsächlichem Aufwand oder nach Pauschalsätzen gemäß ERVO 1994 verrechnet werden. Die GESIBA führte keine eigene Kostenrechnung hinsichtlich der Eigenleistungen durch und verrechnete die maximal zulässigen Pauschalsätze der ERVO 1994 (3,04 Mio. EUR). Die GESIBA konnte keine Aussage über die tatsächlichen Kosten der Eigenleistungen und über die Angemessenheit der Pauschalierung tätigen. (TZ 18) In den Sonstigen Kosten wurden die Bauverwaltungs‒ und die Finanzierungskosten zusammengefasst. Die Bauverwaltungskosten beinhalteten u.a. Aufwendungen für die Baureifmachung, für die Umwidmung, für die Organisation von Sonderwünschen, für die Schlussabrechnung und für die Wohnungsvergabe. (TZ 19) Die vorläufigen Gesamtkosten ̶ als Basis zur Berechnung der Mieten ̶ betrugen für das Projekt Bike&Swim zur Zeit der Gebarungsüberprüfung an Ort und Stelle rd. 37,89 Mio. EUR. Daraus ergaben sich Mieten für die Wohnungen von 6,83 EUR/m2, für die Lokale von 7,88 EUR/m2 und für das in Eigennutzung der GESIBA befindliche Hausbetreuungszentrum von Seite 10 / 59 8,67 EUR/m2. Die GESIBA zog sämtliche maximal zulässigen Pauschalsätze der ERVO 1994 bzw. aus den Selbstberechnungen des Revisionsverbandes für die Kalkulation der Mieten heran, ohne eine eigene Kostenkalkulation hierfür durchzuführen. (TZ 20) VERGABEWESEN Die GESIBA als gemeinnützige Wohnbaugesellschaft unterliegt nicht dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes. Die GESIBA wandte für Leistungsvergaben interne Vergaberegeln an, welche die ÖNORM A 2050 (Verfahrensnorm) in der gültigen Fassung vom 1. November 2006 für verbindlich erklärten. Die Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sind ungeachtet dessen für die gesamte Geschäftstätigkeit der GESIBA und somit auch für die Vergabe von Leistungen relevant. (TZ 21) Gemäß Wiener Wohnbauförderungs‒ und Wohnhaussanierungsgesetz hatte die Stadt Wien durch Verordnung Bestimmungen über die Vergabe von Leistungen zu erlassen. Die entsprechende Verordnung der Stadt Wien bezog sich auf eine seit 20 Jahren (1993) nicht mehr geltende Fassung der ÖNORM A 2050 und entsprach somit nicht dem aktuellen Stand des Vergaberechts. (TZ 22) Das der Ausschreibung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis mit nur 71 „Positionen“ sowie die fehlenden Kalkulationsgrundlagen erschwerten eine vertiefte Angebotsprüfung. Die GESIBA forderte weder in ihren Ausschreibungsbedingungen noch im Zuge der Angebotsprüfung die Kalkulationsgrundlagen (K‒Blätter) ein. Damit fehlten der GESIBA wesentliche Vertragsgrundlagen für die Prüfung von Zusatzangeboten. Ferner wendete die GESIBA die ÖNORM B 1801‒1 nicht an. (TZ 23) Der Generalunternehmerauftrag für das Projekt Bike&Swim wurde im offenen Verfahren nach den internen Vergaberichtlinien der GESIBA ausgeschrieben. Insgesamt gaben drei Bieter Angebote ab. Die GESIBA verhandelte auf Basis einer bereits im Vorfeld ausgeschiedenen Alternative mit dem Billigstbieter und verstieß somit gegen die ÖNORM A 2050, die grundsätzlich ein Verhandlungsverbot bei offenen (und nicht offenen) Verfahren festschrieb. Sie führte mit den unterlegenen Bietern kein nachgeschaltetes Verhandlungsverfahren durch; damit erzielte die GESIBA nicht das bestmögliche Ergebnis, weil der Wettbewerb nicht genutzt wurde. (TZ 24) Seite 11 / 59 WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG UND FINANZIELLE LAGE DER GESIBA Im überprüften Zeitraum stieg der Jahresüberschuss der GESIBA von 18,33 Mio. EUR im Jahr 2009 auf 25,77 Mio. EUR im Jahr 2012. Die liquiden Mittel erhöhten sich zwischen 2009 und 2012 um 133,47 % auf 126,77 Mio. EUR. Die GESIBA wendete die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zulässigen Aufwertungen und Pauschalierungen zum Nachteil der Mieter an, weil durch diese Vorgangsweise die finanzielle Situation der GESIBA stärker als jene der Mieter begünstigt wurde. Es bestand ein Zielkonflikt zwischen der Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum und einer die Rücklagen erhöhenden Gewinnmaximierung. (TZ 26) INTERNES KONTROLLSYSTEM Das IKS‒Regelwerk der GESIBA sah keine konkreten Regelungen zur vertieften Angebotsprüfung vor. (TZ 28) Das Vier‒Augen‒Prinzip war weder im IKS‒Regelwerk bei den Prozessen der Rechnungsprüfung und der Prüfung von Zusatzangeboten vollständig umgesetzt noch fand es in der Projektabwicklung Anwendung. (TZ 29) Die GESIBA fasste die Aufgaben des Controlling und der Revision als Stabstelle des Vorstands in einer Hauptabteilung zusammen. Dadurch war die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Revision bei einer allfälligen späteren Prüfungstätigkeit in die Verwaltungsabläufe des Controlling nicht mehr gewährleistet. (TZ 30) MAßNAHMEN ZUR KORRUPTIONSPRÄVENTION Hinsichtlich Korruptionsprävention galt eine Konzernrichtlinie der Wien Holding GmbH. Diese beinhaltete ausschließlich Regelungen betreffend Vorteils‒ und Geschenkannahme. Die GESIBA definierte keine darüber hinausgehenden eigenen, spezifischen Verhaltensrichtlinien z.B. in einem Verhaltenskodex und verzichtete auf eine zweckmäßige, bewusstseinsbildende (Korruptions‒)Präventionsmaßnahme. Im Zuge der Gebarungsüberprüfung durch den RH begann die GESIBA im Oktober 2013 mit Schulungsmaßnahmen zum Thema Antikorruption. (TZ 32) Im vom RH überprüften Zeitraum (2005 bis 2012) gab es keine generellen Regelungen zur Nebenbeschäftigung. Erst im Zuge der Gebarungsüberprüfung setzte die GESIBA im Seite 12 / 59 September 2013 eine Dienstanweisung betreffend Nebenbeschäftigung in Kraft. Regelmäßige Leermeldungen forderte die GESIBA nicht ein. (TZ 33) Zur Meldung von Fehlverhalten stand den Mitarbeitern der GESIBA prinzipiell die Hierarchie (die direkten Vorgesetzten, Abteilungsleiter und Vorstände) zur Verfügung. Das Korruptionstelefon der Stadt Wien für Meldungen und für Informationen zu Missständen oder als Ansprechstelle bei Korruptionsverdacht war nicht bekannt. Die Mitarbeiter der GESIBA hatten nicht die Möglichkeit, Fehlverhalten, Missstände, bedenkliche Geschäftspraktiken udgl. außerhalb der Organisationshierarchie zu melden. (TZ 34) GENDER MAINSTREAMING Die GESIBA setzte Gender Mainstreaming Aspekte beim Bau der Wohnhausanlage Bike&Swim nur teilweise um. Der Wohnraum wurde von dieser Betrachtung nicht umfasst. Eine nachträglich durchgeführte geschlechterspezifische Analyse aus Sicht der Mieter lag nicht vor. (TZ 35) Bei 354 Mitarbeitern der GESIBA im Jahr 2012 betrug der Frauenanteil rd. 53 % und der Männeranteil rd. 47 %. In den Führungsebenen der GESIBA (Vorstand, Hauptabteilungsleitung mit Prokura) war keine Frau vertreten. (TZ 36) Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor: GESIBA (1) Zur Vermeidung von zusätzlichem Umplanungsaufwand wäre auf eine rasche Projektrealisierung einschließlich Konzeptions‒ und Realisierungsphase zu achten. (TZ 5) (2) Bei Bauprojekten wäre künftig ein Projekthandbuch zu erstellen. (TZ 8) (3) Die Ausschreibungsunterlagen wären so zu gestalten, dass die Unterlagen in sich schlüssig sind und keine Spekulationsspielräume oder Bieterlücken zulassen. Weiters wäre ein Qualitätssicherungsprozess vor der Veröffentlichung von Leistungsverzeichnissen einzuführen. (TZ 9) (4) Die Vorgaben des Energieversorgers betreffend die Vor‒ und Rücklauftemperaturen bei Heizungsanlagen wären zukünftig einzuhalten und das Konzept des energieeffizienten Wohnens nicht durch fehlerhafte Dimensionierung der Heizungsanlage zu konterkarieren. (TZ 9) Seite 13 / 59 (5) Es wären Verhandlungen mit dem Architekten aufzunehmen und die bereits bezahlten Beträge für fehlerhafte Leistungen des Architekten wären zurückzufordern. (TZ 11) (6) Künftig wären Kalkulationsunterlagen einzufordern, die eine nachvollziehbare und transparente Herleitung der Mehrkostenforderungen sicherstellen. (TZ 12) (7) Es wäre eine Kostenrechnung durchzuführen, um im Sinne der Kostenwahrheit den tatsächlichen Ressourcenverbrauch quantifizieren und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung (z.B. Eigen‒ und Fremderbringung von Leistungen) ergreifen zu können und im Sinne der Wohnungsgemeinnützigkeit Wohnungen zu angemessenen, im allgemeinen unter dem Marktniveau liegenden Preisen anbieten zu können. (TZ 18, 20) (8) Es wäre vertraglich eine Vorlage der Kalkulation der Bieter vorzusehen bzw. spätestens bei Vertragsabschluss wären alle Kalkulationsgrundlagen einzufordern. (TZ 23) (9) Es wäre künftig die ÖNORM B 1801‒1 anzuwenden, um eine aussagekräftige Kostengliederung und Kostenverfolgung zu ermöglichen. (TZ 23) (10) Künftig wäre auch in der zweiten Phase des Vergabeverfahrens für eine Wettbewerbssituation zu sorgen, um die anhaltende Konkurrenzsituation für Angebote unter Wettbewerbsbedingungen zu nutzen. (TZ 24) (11) Die Gewinne aus Pauschalierungen wären im Sinne der Gemeinnützigkeit ̶ ungeachtet der erforderlichen Eigenkapitalstärkung zur Gewährleistung der Tragfähigkeit hinsichtlich des für die GESIBA vorhandenen Risikopotenzials ̶ auch an die Mieter weiterzugeben. (TZ 26) (12) Bei der Kalkulation der Mieten wären die tatsächlich unter Einhaltung der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bzw. durch Vorgaben von Effizienzsteigerungen angefallenen Kosten ̶ bzw. im Falle der Pauschalierung jene Pauschalsätze ̶ zu verrechnen, die sich den tatsächlichen Kosten weitgehend annähern. (TZ 26) (13) Regelungen zur vertieften Angebotsprüfung wären ̶ in Anlehnung an das BVergG ̶ in das IKS bzw. die Dienstanweisung aufzunehmen (z.B. Preisspiegel auf Positionsebene etc.). (TZ 28) (14) Das Vier‒Augen‒Prinzip wäre im IKS‒Regelwerk lückenlos umzusetzen; so wäre z.B. für den Prozess der Rechnungsprüfung die in der Dienstanweisung vorgesehene Prüfung durch den Abteilungsleiter zu definieren und zu ergänzen. (TZ 29) Seite 14 / 59 (15) Die Darstellung mittels Ablaufdiagramm wäre auch auf andere Prozessschritte wie beispielsweise die Prüfung von Zusatzangeboten ̶ mit Berücksichtigung des Vier‒Augen‒ Prinzips ̶ auszuweiten. (TZ 29) (16) Es wären Maßnahmen zu ergreifen um sicherzustellen, dass sämtliche Unternehmensbereiche ̶ auch das Controlling ̶ von einer unabhängigen Kontrolle überprüft werden können. (TZ 30) (17) Verhaltensrichtlinien wären auszuarbeiten und den Mitarbeitern nachweislich zur Kenntnis zu bringen. Im Sinne der Sensibilisierung für die Offenlegung der spezifischen Herausforderungen und Risiken der Fachbereiche wären bereichs‒ bzw. fachspezifische Verhaltensrichtlinien zu definieren und dabei wären die organisatorischen Rahmenbedingungen einfließen zu lassen (z.B. Berücksichtigung von Besonderheiten bei Bauvorhaben, typische Geschäftsfälle und ‒risiken). (TZ 32) (18) Verhaltensrichtlinien wären einem regelmäßigen Evaluierungsprozess zu unterziehen und diese auch externen Konsulenten und ausführenden Auftragnehmern vertraglich zu überbinden, sowie Transparenz‒ bzw. Antikorruptionsklauseln und Vertragsstrafen in die Werkverträge aufzunehmen. (TZ 32) (19) Es wären, ergänzend zu den nunmehr bestehenden Regelungen, Nebenbeschäftigungen umfassend ̶ differenziert nach Funktionen und Tätigkeitsbereichen ̶ zu definieren (z.B. in einem Verhaltenskodex), um Mitarbeitern eine transparente Entscheidungshilfe vorzugeben und auch die Einhaltung sicherstellen zu können. (TZ 33) (20) Es wären regelmäßig (Leer‒)Meldungen von den Mitarbeitern einzufordern, weil damit eine Sensibilisierung betreffend die Korruptionsprävention einhergeht. (TZ 33) (21) Es wären die Mitarbeiter über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Meldung von Fehlverhalten verstärkt über öffentlich aufliegende Broschüren bzw. einen Link im Intranet zu informieren. (TZ 34) (22) Es wäre ein Projekt betreffend „Gender Mainstreaming“ beim Bau von Wohnhausanlagen zu initiieren und die Bedürfnisse und Ansprüche zukünftiger Mieter oder Käufer der Wohneinheiten wären mit dem Ziel einer optimalen Verwertbarkeit von Wohnraum zu eruieren. (TZ 35) (23) Es wäre ein detaillierter Kriterienkatalog für alltags‒ und frauengerechtes Planen und Bauen zu erstellen sowie eine nachträgliche geschlechterspezifische Analyse durchzuführen, Seite 15 / 59 um den Grundsätzen des Gender Mainstreaming in der Projektplanung, ‒umsetzung und ‒ evaluierung zu entsprechen. (TZ 35) (24) Es wären Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis in allen Entscheidungsebenen führen sollen. (TZ 36) Stadt Wien (25) Eine Prozessbeschreibung für die Förderungsabwicklung wäre zu erstellen, um den Prozess der Förderungsabwicklung durch Darlegung der notwendigen Unterlagen und der jeweiligen Ansprechpartner für die Bauträger zu erleichtern. (TZ 14) (26) Es wäre eine dem Stand des Vergaberechts entsprechende Verordnung über die Vergabe von Leistungen (im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden) zu erlassen. (TZ 22) Seite 16 / 59 ERSCHLIEßUNG SEESTADT ASPERN Die Planung und Umsetzung des Stadtentwicklungsprojekts Seestadt Aspern führten im Wesentlichen die Stadt Wien und die Projektentwicklungsgesellschaft Wien 3420 Aspern Development AG durch. Die volle Steuerungshoheit für die Stadt Wien war durch die Teilprivatisierung der Projektentwicklungsgesellschaft nicht mehr gegeben. Die Festlegung der wesentlichen Bedingungen und Ziele für die Zusammenarbeit der Stadt Wien und der Wien 3420 Aspern Development AG erfolgte erst im Jahr 2013 und damit zehn Jahre nach Gründung der Gesellschaft. Die Eröffnung der U‒Bahn‒Linie U2 erfolgte am 5. Oktober 2013, rund ein Jahr vor der Fertigstellung der ersten Wohnungen. Die Projektleitung Seestadt Aspern besaß keinen Gesamtüberblick über die der Stadt Wien aus dem Stadtentwicklungsprojekt Seestadt Aspern erwachsenden Kosten der technischen und sozialen Infrastruktur sowie jener der straßenverkehrlichen Einbindung der Seestadt Aspern. Vom Gesamtareal der Seestadt Aspern von rd. 200 ha (exkl. der langfristig an ein Motorenwerk vergebenen Fläche) wurde letztlich nur eine Liegenschaftsfläche von 61 ha unter Bezugnahme auf die im Gebiet geplanten Bebauungsarten bewertet, wodurch die vorhandenen Grundstückswerte nicht vollständig erfasst und die Transparenz von Grundstückstransaktionen beeinträchtigt waren. PRÜFUNGSZIEL Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Organisation, der Planungsinstrumente, der Ver‒ und Entsorgungsinfrastruktur, der Anbindung des Areals an öffentliche Verkehrsmittel und an das hochrangige Straßennetz sowie der Liegenschaftstransaktionen. (TZ 1) ALLGEMEINES Das Areal der Seestadt Aspern liegt im 22. Wiener Gemeindebezirk im Bereich des ehemaligen Flugfelds Aspern und weist eine Grundfläche von rd. 240 ha auf. Es soll künftig bis zu 10.500 Wohnungen für 20.000 Einwohner umfassen. Angestrebt wird weiters die Schaffung von 20.000 Arbeitsplätzen am Areal, davon 15.000 für Büros und Dienstleistungsunternehmen und 5.000 für Produktions‒ und Gewerbebetriebe sowie Wissenschaft und Forschung. (TZ 2) Seite 17 / 59 MASTERPLAN Die Planungsziele und deren Umsetzung im Masterplan waren ̶ auf Basis der vom RH festgestellten sachlichen Kohärenz der überprüften Unterlagen ̶ schlüssig und nachvollziehbar. (TZ 4) GENDERASPEKTE Die Erstellung des Masterplans war ein Gender Mainstreaming Leitprojekt der Stadt Wien. Die Berücksichtigung von Gender Mainstreaming Aspekten bei der Planung der Seestadt Aspern war auch in den Berichten zu Gender Budgeting ersichtlich. Im Rahmen des Gender Budgeting waren alle Ausgaben auf ihre Gleichstellungsrelevanz durch die jeweils zuständigen Stellen der Stadt Wien zu überprüfen, Einnahmen wurden noch nicht überprüft. (TZ 5) UMWELTVERTRÄGLICHKEITSPRÜFUNG Das Straßenbauvorhaben Aspern Flugfeld Süd und das Städtebauvorhaben Aspern Flugfeld Süd bedurften einer Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000. Basis für die erfolgten bescheidmäßigen Bewilligungen waren die vom Konsenswerber eingereichten Umweltverträglichkeitserklärungen zu den Vorhaben Städtebau und Straßenbau. Eine inhaltliche Trennung der Auswirkungen zwischen den beiden Vorhaben Städtebau und Straßenbau war aufgrund der Ursache‒Wirkung‒Beziehung und der damit gegebenen räumlich‒sachlichen Zusammenhänge kaum möglich. (TZ 6) AUFBAUORGANISATION Die Planung und Umsetzung des Stadtentwicklungsprojekts Seestadt Aspern führten im Wesentlichen die Stadt Wien und die ̶ mit Ablauf des 30. Juni 2010 teilprivatisierte ̶ Projektentwicklungsgesellschaft Wien 3420 Aspern Development AG (Wien 3420 Aspern) durch. Die Koordination nahm seit 1. September 2011 die in der Stadtbaudirektion angesiedelte Projektleitung Seestadt Aspern wahr. Die Projektleitung Seestadt Aspern hätte allerdings früher ̶ spätestens seit der Beteiligung privater Partner an der Wien 3420 Aspern im Jahr 2010 ̶ eingerichtet werden sollen. (TZ 7) Seite 18 / 59 KOORDINATION ZWISCHEN DER STADT WIEN UND DER WIEN 3420 ASPERN Die Festlegung der wesentlichen Bedingungen und Ziele für die Zusammenarbeit der zentralen Akteure für das Projekt der Erschließung der Seestadt Aspern erfolgte verspätet im Jahr 2013. Dies äußerte sich u.a. in einer uneinheitlichen Vorgangsweise bei den Ausschreibungen und in den mangelnden Übernahmemodalitäten für die technische Infrastruktur. Dies widersprach der bereits im Jahr 2008 festgelegten Zielsetzung der Sicherstellung eines modernen Projektmanagements, zumal der Zielgebietskoordinator ̶ nach ersten Hinweisen im Jahr 2009 ̶ in drei Projektstatusberichten im Jahr 2010 die Notwendigkeit einer Projektkoordination, einer Lenkungsgruppe sowie eines Projektmanagements auf Seiten der Stadt Wien nach dem Vorbild des Hauptbahnhofs thematisiert hatte. (TZ 8) AUSWAHL DER PRIVATEN PARTNER FÜR DAS STADTENTWICKLUNGSPROJEKT DER SEESTADT ASPERN Der Verkauf der von der WWFF Holding GmbH gehaltenen Aktienanteile an der Wien 3420 Aspern an die GELUP GmbH auf Basis eines Marktwertgutachtens erfolgte rechtskonform. Aufgrund der Größenordnung der Transaktion wäre die Durchführung eines Bieterverfahrens die wirtschaftlichere Variante der Suche nach privaten Partnern gewesen. (TZ 9) STEUERUNGSHOHEIT DER STADT WIEN Die Regelungen für die Willensbildung der Gesellschafter waren sowohl betreffend die GELUP GmbH als auch die Wien 3420 Aspern so gestaltet, dass jeder der beiden privaten Partner die Wirtschaftsagentur Wien Immobilien GmbH blockieren konnte. Jeder private Partner konnte auch eine Zwei‒Drittel‒Beteiligungsmehrheit der Wirtschaftsagentur Wien Immobilien GmbH und dem weiteren privaten Partner blockieren. Die volle Steuerungshoheit für die Stadt Wien beim Stadtentwicklungsprojekt Seestadt Aspern war somit nicht gegeben. (TZ 10) TECHNISCHE INFRASTRUKTUR In den Wirtschaftlichkeitsbesprechungen der Stadtbaudirektion lagen lediglich die Kosten für die Aufschließungsstraße und die Straßen im Bauteil Seestadt Aspern Süd inklusive der technischen Einbauten vor, die durch die Fachdienststellen der Stadt (Magistratsabteilungen und Wien Kanal) errichtet werden sollten (z.B. Energieversorgung ‒ Strom, Gas und Fernwärme). (TZ 11) Seite 19 / 59 Die geplanten Kosten für technische Einbauten aus dem Energiebereich, welche durch die im Eigentum der Stadt Wien stehenden Unternehmen errichtet werden sollen, lagen der Projektleitung Seestadt Aspern nicht vor, wodurch ein Überblick über die Gesamtkosten des Stadtentwicklungsprojekts und die daraus erwachsende Kostentragung durch die Stadt Wien nicht gegeben war. (TZ 11) SOZIALE INFRASTRUKTUR Der Projektleitung der Seestadt Aspern waren hinsichtlich der sozialen Infrastruktur lediglich die Kosten für die Errichtung des Bildungscampus durch die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. bekannt, nicht jedoch die Kosten anderer sozialer Infrastruktur wie z.B. das Stadthaus und die Feuerwache. (TZ 12) ZUSAMMENARBEIT UND KOORDINATION Mit Ausnahme jener mit der Wien Kanal, gab es keine Detailvereinbarungen hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen der Wien 3420 Aspern und den jeweiligen Fachdienststellen. Dadurch fehlte für die Zusammenarbeit eine rechtlich fundierte Grundlage. (TZ 13) ÜBERNAHME VON LEISTUNGEN Hinsichtlich der Übernahme von Gewerken durch die Stadt Wien gab es, mit Ausnahme der Wien Kanal (eigene Vereinbarung) und der MA 31 (direkte Übernahme von den Auftragnehmern), keine gültigen Vereinbarungen und der Übernahmezeitpunkt aller Bauten und Einrichtungen der technischen Infrastruktur (nach der Fertigstellung) war nicht eindeutig definiert. Damit war ein Risikopotenzial ̶ etwa betreffend ungeklärte Gewährleistungs‒ und Haftungsfragen ̶ bei allfällig mangelhafter Ausführung der Leistungen gegeben. (TZ 14) AUSSCHREIBUNG UND VERGABE Der Entwurf der Kooperationsvereinbarung zwischen der Wien 3420 Aspern und der Projektleitung Seestadt Aspern sah u.a. vor, dass die jeweils zuständige Fachdienststelle der Stadt Wien (MA 28, MA 31, MA 33 und Wien Kanal) die für die Planung und Errichtung erforderlichen Ausschreibungen als vergebende Stelle durchführen sollte. Die Beauftragung der Leistung habe durch die Wien 3420 Aspern als Auftraggeberin zu erfolgen. In den von den MA 31 und MA 33 bis zur Zeit der Gebarungsüberprüfung durchgeführten Ausschreibungen war als Auftraggeberin immer die jeweilige Magistratsabteilung angeführt. Ein Hinweis auf die Wien 3420 Aspern war in keinem Fall ersichtlich. (TZ 15) Seite 20 / 59 GEOTHERMIEZENTRUM ASPERN Zur Versorgung der Seestadt Aspern mit heißem Wasser für Heizzwecke war die Errichtung einer geothermischen Gewinnungsanlage (Geothermiezentrum Aspern) in unmittelbarer Nähe zur Seestadt Aspern geplant. Als weitere alternative Energieformen waren der Einsatz von Erdwärmepumpen, Windenergie und Photovoltaik geplant. Die Nutzung erneuerbarer Energieformen war unter dem Gesichtspunkt, den Ausstoß der Treibhausgase zu reduzieren, positiv. (TZ 16) FINANZIERUNG UND KOSTEN GEOTHERMIE Zum Stichtag 31. Dezember 2012 beliefen sich die Anschaffungswerte der Geothermiezentrum Aspern GmbH auf rd. 17,26 Mio. EUR. Da bei den Erkundungsbohrungen nicht das erwartete Heißwasser gefunden wurde und eine Fortführung des Projekts mit wirtschaftlich nicht vertretbaren Kosten und Risiken verbunden gewesen wäre, wurde die Bohrung im Dezember 2012 sistiert und eine außerplanmäßige Abschreibung der immateriellen Vermögensgegenstände und des Sachanlagenvermögens in Höhe von rd. 16,10 Mio. EUR durchgeführt. (TZ 17) VERSICHERUNG GEOTHERMIE Die Geothermiezentrum Aspern GmbH schloss zur Absicherung des Risikos eine Fündigkeitsversicherung ab, wobei der Wortlaut der Versicherung nicht alle Eventualitäten, wie z.B. die faktische Nichtfündigkeit, beinhaltete. Die durch das Versicherungskonsortium entrichtete, reine Versicherungsleistung von 3,75 Mio. EUR entsprach nicht einmal der entrichteten Prämienzahlung von rd. 3,81 Mio. EUR. (TZ 18) PLANUNGSGRUNDLAGEN VERKEHR Für das Entwicklungsgebiet Seestadt Aspern ̶ mit einer guten Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz und Maßnahmen für Fußgänger und Radfahrer ̶ lag lt. Masterplan für die Seestadt Aspern der Anteil am Modal Split für den motorisierten Individualverkehr mit 30 % um fünf Prozentpunkte über den für das gesamte Stadtgebiet geltenden Vorgaben des Masterplans Verkehr 2003 für das Jahr 2020 und ebenfalls um fünf Prozentpunkte über jenen des für das gesamte Stadtgebiet geltenden Gemeinderatsbeschlusses aus dem Jahr 1993 für das Jahr 2010 bzw. für das gesamte Stadtgebiet. (TZ 20) Für den Südteil des Areals wurde in der Umweltverträglichkeitserklärung ein Anteil für den Rad‒ und Fußgängerverkehr in der Höhe von 40 % zu Lasten des öffentlichen Verkehrs und Seite 21 / 59 motorisierten Individualverkehrs ausgewiesen. Dieser Anteil für den Rad‒ und Fußgängerverkehr lag um fünf bis zehn Prozentpunkte über den Zielsetzungen der Stadt Wien. (TZ 20) U‒BAHN‒LINIE U2 Die Eröffnung der U‒Bahn‒Linie U2 erfolgte im Oktober 2013 rund ein Jahr vor der Fertigstellung der ersten Wohnungen. Die U‒Bahn‒Linie U2 hielt bei den Stationen Aspern Nord und Seestadt in einem Bereich, der unmittelbar wenig besiedelt war. Die U‒Bahn‒Linie U2 wurde an Wochenenden auch in der Nacht bis in die Seestadt Aspern geführt. Der WIENER LINIEN GmbH & Co KG lagen keine detaillierten Daten bezüglich der Stadtentwicklung vor. (TZ 21) KOSTEN DER VERLÄNGERUNG DER U‒BAHN‒LINIE U2 Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung betrugen die prognostizierten Gesamtkosten rd. 340,29 Mio. EUR exkl. USt und lagen somit um rd. 68,23 Mio. EUR unter den prognostizierten Kosten. Die WIENER LINIEN GmbH & Co KG stellte die Baukosten trotz Verweises nicht entsprechend der Definition der ÖNORM B 1801‒1 dar. (TZ 22) STRAßENBAHNLINIEN UND BUSVERBINDUNGEN Die Stadt Wien und die WIENER LINIEN GmbH & Co KG stellten für die Auswahl des Sekundärnetzes keine Vergleichs‒ oder Kosten‒ Nutzen‒Rechnungen an. Die Straßenbahnlinien 25 und 26 haben in der 2013 realisierten Form lediglich einen Sekundärnutzen für die Einwohner der Seestadt Aspern. (TZ 23) S‒BAHN‒LINIE S80 Der Plan der ÖBB, den Ausbau der S80 ̶ wenngleich gegenüber dem Verkehrskonzept Wien 1994 stark verzögert ̶ zeitgleich mit der Realisierung der S 1 und der Stadtstraße vorzunehmen, war positiv, weil damit Synergieeffekte genutzt und Mehraufwendungen vermieden werden. (TZ 24) KOSTENSCHÄTZUNG STADTSTRAßE/S 1 Hinsichtlich der Realisierung der Stadtstraße bestand ein terminliches und finanzielles Risiko. Allein aus geplanten Einhausungsmaßnahmen würde sich eine Verteuerung von rd. 117,00 Mio. EUR exkl. USt ergeben. In den ursprünglichen Annahmen über die Kosten war keine Preisgleitung berücksichtigt. (TZ 26) Seite 22 / 59 VERKEHRSAUFKOMMEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN Für die zur Zeit der Gebarungsüberprüfung nicht mehr als Bundesstraße konzipierte Stadtstraße wurde ein höheres Verkehrsaufkommen prognostiziert und es kam ihr damit eine höhere verkehrliche Bedeutung als der S 1 von der Anschlussstelle Heidjöchl bis zum Knoten Raasdorf zu. Während die Stadtstraße aus dem Bundesstraßenverzeichnis aufgrund der geringen Bedeutung und der mangelnden Hochrangigkeit herausgenommen worden war, blieb die S 1‒Verbindung vom Knoten Raasdorf bis zur Stadtstraße im Bundesstraßenverzeichnis enthalten. Im Sinne einer einheitlichen Vorgehensweise sowie aus Kostengründen wäre es schlüssig gewesen, wenn auch die S 1 von der Anschlussstelle Heidjöchl bis zum Knoten Raasdorf als Stadtstraße konzipiert worden wäre. (TZ 27) PARKRAUM Bis Ende des Jahres 2017 sollen in einer Park & Ride Anlage rd. 1.000 Stellplätze realisiert werden. (TZ 28) KOSTENÜBERBLICK Die Projektleitung Seestadt Aspern hatte keinen Gesamtüberblick über die der Stadt Wien aus dem Stadtentwicklungsprojekt Seestadt Aspern erwachsenden Kosten der technischen und sozialen Infrastruktur sowie jener der straßenverkehrlichen Einbindung der Seestadt Aspern. (TZ 29) EIGENTUMSVERHÄLTNISSE AM EHEMALIGEN “FLUGFELD ASPERN“ VOR DEM BESCHLUSS DES MASTERPLANS 2007 Aufgrund von Verträgen über den Verkauf von Liegenschaften an die Stadt Wien und den Wiener Bodenbereitstellungs‒ und Stadterneuerungsfonds flossen dem Wiener Wirtschaftsförderungsfonds im Jahr 1992 rd. 51,05 Mio. EUR zu, ohne dass in der Folge für einen Zeitraum von rund zwei Jahrzehnten die Lage der verkauften Liegenschaften konkret festgelegt wurde. (TZ 30) Vom Gesamtareal der Seestadt Aspern von rd. 200 ha (exkl. der langfristig an ein Motorenwerk vergebenen Fläche von rd. 40 ha) wurde letztlich nur eine Liegenschaftsfläche von 61 ha unter Bezugnahme auf die im Gebiet geplanten Bebauungsarten bewertet. Damit unterblieb eine vollständige Erfassung der insgesamt im Bereich der nunmehrigen Seestadt Aspern vorhandenen Grundstückswerte. (TZ 31) Seite 23 / 59 OPTIONSFLÄCHEN DER WIEN 3420 ASPERN Der vereinbarten Kaufoption für die Wien 3420 Aspern betreffend den Nordteil der Seestadt Aspern lag keine eigenständige Liegenschaftsbewertung für ein Areal von über 100 ha zugrunde, so dass die Angemessenheit des Kaufpreises nicht nachvollziehbar war und dadurch die Transparenz der Grundstückstransaktionen beeinträchtigt war. (TZ 34) VERKAUF VON LIEGENSCHAFTEN AN DIE WIEN 3420 ASPERN Die Wien 3420 Aspern erwarb von der Wirtschaftsagentur und der BIG Liegenschaften von rd. 37,3 ha im Süden der Seestadt Aspern um 27,59 Mio. EUR und somit zu einem etwa dem zuletzt erstellten Bewertungsgutachten entsprechenden Preis. (TZ 33) VERKAUF VON LIEGENSCHAFTSFLÄCHEN AN DIE GELUP GMBH UND VERWERTUNG DURCH DIE GELUP GMBH Im April 2012 erwarb die GELUP GmbH Grundstücke im Gesamtausmaß von rd. 11,3 ha von der BIG und der Wirtschaftsagentur Wien um 40 Mio EUR. Dieser Kaufpreis entsprach in etwa dem zuletzt erstellten Bewertungsgutachten. Aus dem Weiterverkauf von rd. 56 % ihrer Flächen konnte sie bereits rd. 74 % ihres Ankaufspreises lukrieren. (TZ 35, 36) Zusammenfassend hob der RH nachfolgende Empfehlungen hervor: Stadt Wien (1) Künftig sollte neben der Überprüfung der Ausgaben auch die Überprüfung der Einnahmen auf ihre Gleichstellungsrelevanz vorgenommen werden. (TZ 5) (2) Im Falle der Entscheidung für Kooperationsmodelle unter Einbeziehung privater Partner für Stadtentwicklungsprojekte sollten die Rechtsverhältnisse mit privatwirtschaftlichen Partnern so gestaltet werden, dass die Steuerungshoheit der öffentlichen Hand von Projektbeginn an sowie für den Fortgang des Projekts sichergestellt ist. (TZ 10) (3) Es sollte eine Erhebung aller der Stadt Wien (Fachdienststellen, Unternehmen und stadtnahe Unternehmen) durch das Stadtentwicklungsprojekt Seestadt Aspern entstehenden Kosten durch die Projektleitung Seestadt Aspern durchgeführt werden, um dadurch einen Gesamtüberblick über die durch die Stadt Wien zu tragenden Kosten zu erhalten. (TZ 11, 12, 26 und 29) Seite 24 / 59 (4) U‒Bahn‒Verlängerungen wären aus Kosten‒Nutzen‒Überlegungen mit den Stadtentwicklungen abzustimmen und die U‒Bahn erst kurz vor der Besiedelung in Betrieb zu nehmen. (TZ 21) (5) Der Pendlerverkehr wäre zum einen durch eine entsprechende Parkraumbewirtschaftung im Bereich der U‒Bahn Stationen und zum anderen durch ausreichende Park & Ride Parkplätze schon frühzeitig auf den Öffentlichen Verkehr umzulenken. (TZ 28) Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien (6) Bei Privatisierungen sollte grundsätzlich der Durchführung eines Bieterverfahrens mit möglichst breiter Markterkundung hinsichtlich potenzieller privater Partner der Vorzug gegenüber einem Verkauf auf Grundlage eines Marktwertgutachtens gegeben werden, um das Erlöspotenzial zu maximieren. (TZ 9) (7) Liegenschaftsverkäufe sollten im Sinne der Mitteilung der Europäischen Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand durchgeführt werden. Dementsprechend wäre bei einem Verkauf ohne bedingungsfreies Bieterverfahren von einem unabhängigen Sachverständigen eine Bewertung durchzuführen, um auf der Grundlage allgemein anerkannter Marktindikatoren und Bewertungsstandards den Marktwert zu ermitteln. (TZ 34) Stadt Wien und Wien 3420 Aspern Development AG (8) Bei künftigen Projekten mit mehreren UVP‒pflichtigen Vorhaben sollte zur Vermeidung von Redundanzen überprüft werden, ob eine stärkere Verschränkung der UVE möglich ist, um damit eine administrative Entlastung zu erreichen. (TZ 6) (9) Bei künftigen Projekten wären bereits vor der Realisierungsphase ausreichend detaillierte Regelungen für die Zusammenarbeit der wesentlichen Projektpartner sicherzustellen. (TZ 8) (10) Detailvereinbarungen hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen der Wien 3420 Aspern und den jeweiligen Fachdienststellen der Stadt Wien wären ̶ so wie in der grundsätzlichen Kooperationsvereinbarung vorgesehen ̶ abzuschließen, um die Zusammenarbeit auf eine rechtlich fundierte Grundlage zu stellen. (TZ 13) (11) Im Rahmen von Vereinbarungen wäre auch der Zeitpunkt der Übergabe durch die Wien 3420 Aspern bzw. der Übernahme durch die Stadt Wien eindeutig zu definieren und festzulegen. (TZ 14) Seite 25 / 59 (12) Es wäre, wie bereits im Entwurf der Kooperationsvereinbarung vorgesehen, auf eine einheitliche Vorgehensweise im Zuge der Ausschreibung zu achten und auf eine eindeutige und für die Bieter klar erkennbare Trennung zwischen Auftraggeberin (Wien 3420 Aspern) und vergebender Stelle (Fachdienststelle der Stadt Wien) hinzuwirken, um allfällige wirtschaftliche und rechtliche Risken zu minimieren. (TZ 15) Wien Energie GmbH als Rechtsnachfolgerin der Geothermiezentrum Aspern GmbH (13) In Zukunft wäre bei Geothermieprojekten ̶ auf Basis einer umfassenden Risikoanalyse ̶ das Risiko der faktischen Nichtfündigkeit zu versichern. (TZ 18) WIENER LINIEN GmbH & Co KG (14) Baukosten wären entsprechend der ÖNORM B 1801‒1 zu bezeichnen, um die erforderliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. (TZ 22) Stadt Wien und WIENER LINIEN GmbH & Co KG (15) Für zukünftige Entscheidungen zwischen Bus und Straßenbahn sollten Vergleichsrechnungen bezüglich Kosten, Nutzen, Fahrgastplätzen und Intervallen erstellt werden. (TZ 23) Seite 26 / 59 LIEGENSCHAFTSTRANSAKTIONEN DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN BUNDESVERSUCHSWIRTSCHAFTEN GMBH MIT DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER STADT WIEN UND DER WIRTSCHAFTSAGENTUR WIEN Um zusätzliche Einnahmen für das Bundesbudget zu erzielen, verkaufte die Republik Österreich (BMLFUW nach Zustimmung durch das BMF) der ausgegliederten Landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BVW GmbH) Liegenschaften im Wert von 30,00 Mio. EUR, obwohl sie diese in einer Erstbewertung noch um rd. 25 % höher auf rd. 40,06 Mio. EUR geschätzt hatte. Der Einmaleffekt ̶ rd. 29,91 Mio. EUR wurden dem allgemeinen Budget ohne Zweckbindung zugeführt ̶ trat um rund eineinhalb Jahre später als geplant Mitte 2006 ein. Die BVW GmbH verkaufte alle in Wien‒Essling erworbenen Liegenschaften, die fast 98 % der Ankaufssumme ausmachten, weiter. Bei diesen Verkäufen ̶ an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 sowie an ein privates Unternehmen im Jahr 2013 ̶ erzielte sie einen Buchgewinn von rd. 11,92 Mio. EUR. Da allerdings die vertraglich vereinbarte Nachbesserung bei gewinnbringenden Verkäufen wirkungslos war, konnte die Republik Österreich in der Folge nur über Ausschüttungen der BVW GmbH partizipieren. Diese hatte wiederum bei ihren drei Weiterverkäufen generell auf eine Nachbesserung verzichtet. Die Wirtschaftsagentur Wien finanzierte den Ankauf über ein von der Stadt Wien gewährtes Darlehen in Höhe von 22,50 Mio. EUR. Dessen Rückzahlungsbedingungen waren zum Teil unklar formuliert. Das Ende 2013 bestehende Liegenschaftsvermögen der BVW GmbH von rd. 76,07 Mio. EUR ließ auf weitere Buchgewinne im Verkaufsfall schließen. PRÜFUNGSZIEL Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Liegenschaftsbewertungen und Vorbereitungshandlungen, der Recht‒ und Ordnungsmäßigkeit der Verfahren sowie der Wirtschaftlichkeit der Liegenschaftstransaktionen der Landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BVW GmbH) mit der Republik Österreich, der Stadt Wien und der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. (Wirtschaftsagentur Wien). Weiteres Ziel war die Beurteilung der Gesamtentwicklung des Liegenschaftsvermögens der BVW GmbH sowie der strategischen Überlegungen der Stadt Wien als nunmehrige Liegenschaftseigentümerin. (TZ 1) Seite 27 / 59 ÜBERBLICK Ausgangspunkt der überprüften Liegenschaftstransaktionen war die Übertragung und Veräußerung von Liegenschaften durch die Republik Österreich an die BVW GmbH bei deren Gründung 1996/1997 mit einem Volumen von rd. 74,27 Mio. EUR sowie im Jahr 2006 mit einem Volumen von 30,00 Mio. EUR. (TZ 2) In der Folge verkaufte die BVW GmbH einen Teil dieser Liegenschaften um insgesamt rd. 60,35 Mio. EUR weiter. Dabei erzielte sie Mehrerlöse (= Buchgewinne) von rd. 21,64 Mio. EUR bzw. rd. 35 %. Die wesentlichsten Weiterveräußerungen mit einem Gesamterlös von rd. 42,56 Mio. EUR betrafen im Norden Wiens gelegene Liegenschaften (Stadtteil Essling) an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 (35,36 Mio. EUR) sowie an ein privates Unternehmen im Jahr 2013 (7,20 Mio. EUR). (TZ 2) BMF BMLFUW BMLVS Seite 28 / 59 Kurzfassung Liegenschaftstransaktionen Bund – Stadt Wien Übersicht der Liegenschaftstransaktionen Erstverkauf von Republik Österreich Jahr Liegenschaften (Lage) Wert 1996/1997 Niederösterreich, Burgenland (Liegenschaften der ehemaligen Bundesversuchswirtschaften) 74,27 Mio. EUR 2006 v.a. Wien–Essling 30,00 Mio. EUR an BVW GmbH Wesentlichste Weiterveräußerungen von an BVW GmbH Stadt Wien und Wirtschaftsagentur Wien 2008 Wien–Essling 35,36 Mio. EUR privates Unternehmen 2013 Wien–Essling 7,20 Mio. EUR Quellen: Republik Österreich; BVW GmbH; RH (eigene Darstellung) Übersichtskarte der von der BVW GmbH weiterverkauften Liegenschaften in Wien–Essling (mit aktuellen Eigentümern, Stand 2014) Quelle: Stadt Wien Bund 2015/3 211 Seite 29 / 59 Diese Transaktionen waren aufgrund der unterschiedlichen Art der Liegenschaften und der Vielzahl der Akteure (BMF, BMLFUW, BMLVS, BVW GmbH, Stadt Wien, Wirtschaftsagentur Wien und ein privates Unternehmen) komplex. (TZ 2) LIEGENSCHAFTSTRANSAKTION 1996/1997 Vermögensübertragung der Republik Österreich an die BVW GmbH Der Gesetzesbeschluss Ende 1996 über die Ausgliederung der Bundesversuchswirtschaften in Wieselburg, Fuchsenbigl und Königshof in eine neu zu gründende Gesellschaft (BVW GmbH) umfasste auch die geplante Übertragung von in Niederösterreich und Burgenland gelegenen Liegenschaften der Republik Österreich an diese Gesellschaft. Die dafür zugrunde gelegte Wertermittlung des BMLFUW von rd. 46,00 Mio. EUR war unvollständig und lediglich eine Grobbewertung. Rund ein Jahr später Ende 1997 erfolgte eine Liegenschaftsübertragung im Wert von rd. 74,27 Mio. EUR und somit um rd. 28,00 Mio. EUR (bzw. 60 %) mehr als geplant an die BVW GmbH. Dadurch war dem Nationalrat bei seinem Gesetzesbeschluss der wahre Wert der Vermögensübertragung nicht bekannt gewesen. (TZ 3) Nutzungsabgeltung für die BVW GmbH Unter die von der Republik Österreich in die BVW GmbH übertragenen Liegenschaften fielen u.a. militärische Liegenschaften (Truppenübungsplatz in Bruckneudorf). Über die Sicherstellung der militärischen Nutzung und die Nutzungsabgeltung schlossen die BVW GmbH und das BMLVS im Dezember 2000 einen Vertrag, der allerdings 2014 ̶ rd. 13,5 Jahre nach der Vertragsunterzeichnung ̶ noch immer nicht vollständig erfüllt war. Es fehlte die vereinbarte grundbücherliche Einräumung der Dienstbarkeit und des Vorkaufsrechts zugunsten der Republik Österreich. Der Vertrag war für die Republik Österreich finanziell nachteilig, weil die darin enthaltene Nutzungsabgeltung zugunsten der BVW GmbH (z.B. im Fall von Ertragsschäden durch die militärische Nutzung) erst mit der Liegenschaftsübertragung an sie erforderlich geworden war. Insgesamt hatte die Republik Österreich (BMLVS) der BVW GmbH bis 2013 ein Nutzungsentgelt von bereits rd. 2,16 Mio. EUR gezahlt. (TZ 4) Seite 30 / 59 LIEGENSCHAFTSTRANSAKTIONEN VON 2006 BIS 2008 UND 2013 (WIEN‒ESSLING) Liegenschaftsverkauf der Republik Österreich an die BVW GmbH im Jahr 2006 Aufgrund einer politischen Vereinbarung zwischen BMF und BMLFUW im August 2004 sollten durch Liegenschaftsverkäufe der Republik Österreich an die BVW GmbH zusätzliche Einnahmen für das Bundesbudget erzielt werden. Es handelte sich dabei insbesondere um die bislang der BVW GmbH zum Fruchtgenuss übertragenen Grundstücke im Norden Wiens (Stadtteil Essling). (TZ 5) Die Transaktion dauerte ausgehend von der politischen Vereinbarung im August 2004 bis zum Einnahmenfluss (Juli 2006) insgesamt fast zwei Jahre. Der einmalige Budgeteffekt trat somit um rund eineinhalb Jahre später als geplant ein (Mitte 2006 statt Beginn 2005). Der Hauptgrund war der lange Zeitraum von über vier Monaten für die Unterfertigung des Kaufvertrags durch die Republik Österreich (BMLFUW und BMLVS, das finanziell sehr geringfügig an der Transaktion (Erlös rd. 87.500 EUR) beteiligt war) nach der Unterzeichnung durch die BVW GmbH. (TZ 5) Während des Verkaufsprozesses in den Jahren 2004 bis 2006 erfolgte auch die Festsetzung des Verkaufspreises von 30,00 Mio. EUR. Obwohl das für die Verfügung über Bundesvermögen zuständige BMF den Gesamtwert sämtlicher von der Liegenschaftstransaktion umfassten rd. 30 Grundstücke im Dezember 2004 noch mit rd. 40,06 Mio. EUR beziffert hatte, hielt es ein halbes Jahr später (Mai 2005) einen Betrag von nur noch 30,00 Mio. EUR für gerechtfertigt. Die Abwertung um rd. 10 Mio. EUR bzw. rd. 25 % war sachlich nicht nachvollziehbar, weil sie sowohl ohne nähere Angabe von Grundlagen bzw. Annahmen als auch nicht auf Grundstücksebene (Quadratmeterpreise) ̶ im Gegensatz zur Erstbewertung im Dezember 2004 ̶ erfolgte. (TZ 6) Darüber hinaus hatten die 30,00 Mio. EUR genau dem von der BVW GmbH zwischenzeitlich gelegten Kaufpreisangebot (Februar bzw. April 2005) entsprochen, dessen Preiskalkulation allerdings mangels genauerer Unterlagen nicht nachvollziehbar war. Insgesamt stellte die Bewertung von 30,00 Mio. EUR durch das BMF kein Verkehrswertgutachten im Sinne des Liegenschaftsbewertungsgesetzes dar. (TZ 6) Der einmalige Einnahmeneffekt von 30,00 Mio. EUR für die Republik Österreich führte zu einem erheblichen Anstieg der Verbindlichkeiten in der ausgegliederten und bis dahin nahezu schuldenlosen BVW GmbH, weil diese mangels ausreichender liquider Mittel den Liegenschaftsankauf zur Gänze über Fremdmittel finanzieren musste. (TZ 7) Seite 31 / 59 Der 10 %ige Abschlag wegen des Fruchtgenussrechts in Höhe von 4 Mio. EUR war nicht gerechtfertigt, weil laut dem Gesetz zur Gründung der BVW GmbH das Fruchtgenussrecht „entschädigungslos erlosch“, sobald die Republik Österreich an Dritte oder die BVW GmbH verkaufte. Auch der pauschale Abschlag von 10 % bzw. 4 Mio. EUR im Hinblick auf das „Transaktionsvolumen“ war nicht nachvollziehbar. (TZ 6) Weiterverkäufe durch die BVW GmbH an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 Nach zweijährigen Verwertungsbemühungen verkaufte die BVW GmbH im Juni bzw. Juli 2008 ̶ mit einer Ausnahme ̶ die zuvor 2006 von der Republik Österreich in Wien‒Essling angekauften Liegenschaften an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien um rd. 35,36 Mio. EUR weiter. Durch die gewählte Konstruktion ‒ entstand der BVW GmbH durch die Fremdfinanzierung des Liegenschaftsankaufs ein Zinsaufwand von rd. 2,44 Mio. EUR und ‒ dauerte der Verkaufsprozess von der Republik Österreich über die BVW GmbH insgesamt fast vier Jahre (August 2004 ‒ Juli 2008). (TZ 8) Da die Republik Österreich den Verkauf nicht selbst durchführte, nutzte sie das wirtschaftliche Potenzial nicht zur Gänze. (TZ 8) Die BVW GmbH leitete bereits unmittelbar nach dem Liegenschaftsankauf von der Republik Österreich Verwertungsaktivitäten sämtlicher in Wien‒Essling gelegenen Liegenschaften ̶ sie machten fast 98 % der Ankaufssumme (29,29 Mio. EUR von 30 Mio. EUR) aus ̶ ein. (TZ 8) Aufteilung und Finanzierung der Liegenschaftsankäufe durch die Stadt Wien und die Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2008 Die Wirtschaftsagentur Wien war in den Verkaufsprozess nicht eingebunden gewesen, obwohl auf sie mit rd. 58 % (20,55 Mio. EUR) im Vergleich zur Stadt Wien mit rd. 42 % (14,81 Mio. EUR) sogar der größere Teil der Kaufsumme von insgesamt rd. 35,36 Mio. EUR entfiel. Dadurch war die Transparenz des Gebarungshandelns der öffentlichen Hand nicht gegeben. Aus den Unterlagen der Stadt Wien und der Wirtschaftsagentur Wien war nicht nachvollziehbar, wer beim Ankauf von der BVW GmbH über die strategische Aufteilung des Liegenschaftsankaufs entschied. (TZ 9) Die Wirtschaftsagentur Wien finanzierte den Liegenschaftsankauf über Fremdmittel. Dabei holte sie jedoch keine Kredit‒ und Darlehensangebote von Bankunternehmen ein, sondern g Seite 32 / 59 ersuchte die Stadt Wien im November 2008 direkt um ein Darlehen in Höhe von 22,50 Mio. EUR, die dieses im Jänner 2009 gewährte. Da die Wirtschaftsagentur Wien das Finanzierungsersuchen erst rund vier Monate nach Kaufvertragsabschluss (Juli 2008) gestellt hatte, musste sie den Ankauf vorfinanzieren, was insgesamt einen Zinsaufwand von 543.114,56 EUR verursachte. (TZ 9) Im Finanzierungsansuchen 2008 wies die Wirtschaftsagentur Wien die Teilbeträge (wie z.B. Kaufpreis, Grunderwerbsteuer, grundbücherliche Eintragung) ziffernmäßig nicht aus, so dass die wertmäßige Zusammensetzung des Finanzierungsansuchens in Höhe von 22,50 Mio. EUR nicht transparent war. (TZ 9) Einer Mitteilung der Wirtschaftsagentur Wien im März 2014 zufolge wäre 2008 über den Kaufbetrag von rd. 21,47 Mio. EUR hinaus ̶ er enthielt neben dem Kaufpreis (rd. 20,55 Mio. EUR) auch die Grunderwerbsteuer sowie die grundbücherliche Eintragung ̶ ein „Pauschalbetrag“ für Abwicklungskosten und Zwischenfinanzierungskosten von „1.029.420,71 EUR“ verblieben. Die Berechnung ergab folgende Abwicklungs‒ und Zwischenfinanzierungskosten (TZ 9): Abwicklungs– und Zwischenfinanzierungskosten in EUR Zwischenfinanzierungskosten 543.114,56 Notar– und Abwicklungskosten 180.186,52 Summe Pauschalbetrag der Stadt Wien Differenz 723.301,08 – 1.029.420,71 – 306.119,63 Quelle: RH Dies bedeutete, dass ein Betrag in Höhe von 306.119,63 EUR bei der Wirtschaftsagentur WienDies verblieb, obwohl dass sie diesen Betrag für Kauf und306.119,63 die Finanzierung bedeutete, ein Betrag in den Höhe von EURdes bei Liegenschaftskaufs nicht benötigt hatte. (TZ 9) der Wirtschaftsagentur Wien verblieb, obwohl sie diesen Betrag für den Kauf und die Finanzierung des Liegenschaftskaufs nicht benötigt hatte. (TZ 9) Geplante Refinanzierung der Grundstücksankäufe durch die Wirtschaftsagentur Wien Der Liegenschaftsankauf der Wirtschaftsagentur Wien von der Seite 33 / 59 Geplante Refinanzierung der Grundstücksankäufe durch die Wirtschaftsagentur Wien Der Liegenschaftsankauf der Wirtschaftsagentur Wien von der BVW GmbH im Jahr 2008 um rd. 20,55 Mio. EUR umfasste insgesamt fünf Grundstücke mit unterschiedlichen Größen (von 27.575 m2 bis 181.511 m2) und unterschiedlichen Quadratmeterpreisen (zwischen 16 EUR/m2 und 105 EUR/m2). Die Rückführung des bei der Stadt Wien aufgenommenen Darlehens (22,50 Mio. EUR) sollte nur im Fall von Weiterverkäufen erfolgen. Da die Wirtschaftsagentur Wien bislang keine Weiterverkäufe durchgeführt hatte, hatte sie noch keine Rückzahlungen (Tilgung) getätigt. Dies betraf auch die Zinszahlungen, die bislang bei rd. 1,65 Mio. EUR gelegen wären. (TZ 10) Unabhängig davon waren die Rückzahlungsbedingungen des Darlehens zum Teil unklar formuliert: – Da die Darlehensrückführung nicht anteilig zwischen „Grundstückspreis und Gesamtpreis“, sondern zwischen „Grundstücksfläche und Gesamtfläche“ erfolgen sollte, würde im einzelnen Verkaufsfall nicht der wahre Grundstückspreis abgebildet werden. So ergäbe sich z.B. für das Grundstück mit der Größe von 27.575 m2 und dem Preis von 105 EUR/m2 „flächenbezogen“ ein Anteil von 6,00 % des Gesamtpreises (1,23 Mio. EUR). Damit müsste die Wirtschaftsagentur Wien der Stadt Wien weniger als die Hälfte des tatsächlichen Kaufpreises (2,90 Mio. EUR bzw. 14,11 % des Gesamtpreises) zurückzahlen. Dies traf auf zwei weitere Grundstücke zu. Bei den übrigen zwei Grundstücken verhielt es sich hingegen umgekehrt. (TZ 10) Liegenschaftsverkauf der BVW GmbH an ein privates Unternehmen im Jahr 2013 Von den Liegenschaftsverkäufen der BVW GmbH im Jahr 2008 an die Stadt Wien und an die Wirtschaftsagentur Wien in Wien‒ Essling war ein rd. 26 ha großes Grundstück ausgenommen. Im Februar 2012 beschloss der Aufsichtsrat der BVW GmbH, dieses Grundstück im Wege einer „öffentlichen Ausschreibung“ zum Verkauf anzubieten. Die daraufhin vorgenommene Feilbietung der BVW GmbH zwischen 9. August 2012 und 5. Oktober 2012 über die Ediktsdatei des BMJ erfüllte nicht die Anforderungen nach einer „öffentlichen Ausschreibung“ im Sinne der Europäischen Kommission. Dies betraf die Bekanntmachung (Bekanntheit der Ediktsdatei). (TZ 11) Da keine Bieter zum Versteigerungstermin erschienen, beauftragte die BVW GmbH die (wie die BVW GmbH) zu 100 % im öffentlichen Eigentum stehende SIVBEG ‒ Strategische Immobilien Verwertungs‒, Beratungs‒ und Entwicklungsgesellschaft m.b.H. (SIVBEG) mit der Seite 34 / 59 Verwertung, wobei sie dieser ein Honorar von 108.000 EUR ohne USt (entspricht 1,5 % des Verkaufspreises) bzw. 129.600 EUR mit USt zu zahlen hatte. (TZ 11) Der von der SIVBEG über ein externes Gutachten festgestellte Verkehrswert von rd. 4,67 Mio. EUR (unter Annahme einer landwirtschaftlichen Nutzung zumindest über die nächsten 15 Jahre) bildete den Mindestverkaufspreis im anschließenden Verkaufsverfahren. Dieser Preis lag um rd. 14,50 % unter dem Buchwert (5,34 Mio. EUR), insbesondere aber um rd. 60 % unter dem vom BMF bereits im Dezember 2004 ermittelten Schätzwert von rd. 7,49 Mio. EUR. (TZ 11) Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen der Liegenschaftstransaktionen Sowohl der Liegenschaftsverkauf der Republik Österreich an die BVW GmbH (Jahr 2006) als auch der Weiterverkauf der BVW GmbH an die Stadt Wien und die Wirtschaftsagentur Wien (Jahr 2008) war ohne vorherige Durchführung eines Verkaufsverfahrens im Sinne der Mitteilung der Europäischen Kommission (kein Bietverfahren, kein Verkehrswertgutachten) und ohne Notifikation erfolgt. (TZ 12) Laut dem im Jahr 2006 geschlossenen Kaufvertrag konnte die Republik Österreich von der BVW GmbH keine Nachbesserung während der Dauer der Laufzeit des zur Finanzierung des Kaufpreises von der BVW GmbH aufgenommenen Kredits, längstens jedoch innerhalb von zehn Jahren, erhalten. Da die BVW GmbH innerhalb dieses Zeitraums ihre Weiterveräußerungen (2008 und 2013) durchführte, hatte sie der Republik Österreich keine Nachbesserung zu zahlen. Die von der Republik Österreich mit der BVW GmbH geschlossene Nachbesserungsvereinbarung war somit wirkungslos. (TZ 13) Die von den Finanzierungsmodalitäten der BVW GmbH abhängigen Nachbesserungsbedingungen waren v.a. im Hinblick auf die gewinnbringenden Weiterveräußerungen der BVW GmbH ̶ bei einem Gesamterlös von rd. 42,56 Mio. EUR erzielte diese einen Buchgewinn von rd. 11,92 Mio. EUR ̶ sachlich nicht begründbar. In der Folge konnte die Republik Österreich nur über Gewinnausschüttungen am Buchgewinn der BVW GmbH in Höhe von rd. 5,91 Mio. EUR partizipieren. (TZ 13) Unabhängig davon waren die Grundlagen für die Ermittlung einer allfälligen Nachbesserung unklar geregelt. So stellte die beim Verkauf im April 2006 geschlossene Nachbesserungsvereinbarung auf einen „Quadratmeterpreis“ (Nachbesserung nach Abzug eines Betrags von 21,38 EUR/m2) ab, obwohl der „Quadratmeterpreis“ der einzelnen rd. 30 Grundstücke nicht bekannt war. Grund war, dass in der Wertermittlung des BMF in Höhe von insgesamt 30,00 Mio. EUR ̶ sie war Grundlage der gesetzlichen Veräußerungsgenehmigung im Seite 35 / 59 Juli 2005 ̶ eine grundstücksgenaue Bewertung mit der Angabe des jeweiligen „Quadratmeterpreises“ fehlte. Damit wäre ein Nachbesserungsanspruch nicht ermittelbar gewesen. (TZ 13) Trotz des hohen Transaktionsvolumens von 42,56 Mio. EUR verzichtete die BVW GmbH bei ihren Weiterverkäufen in Wien‒Essling an die Stadt Wien, die Wirtschaftsagentur Wien und das private Unternehmen generell auf eine Nachbesserungsklausel. (TZ 14) LANDWIRTSCHAFTLICHE BUNDESVERSUCHSWIRTSCHAFTEN GMBH Gesamtentwicklung des Liegenschaftsvermögens Das Liegenschaftsvolumen, das seit 1996/1997 in die BVW GmbH eingebracht bzw. von ihr erworben wurde, belief sich bislang auf insgesamt rd. 109,91 Mio. EUR. Dabei stammten fast 99 % von der Republik Österreich. Die BVW GmbH erzielte bei ihren Liegenschaftsverkäufen bislang Erlöse von insgesamt rd. 60,35 Mio. EUR. Die saldierten Mehrerlöse (= Buchgewinne) betrugen rd. 21,64 Mio. EUR. Das Ende 2013 bestehende Liegenschaftsvermögen der BVW GmbH von rd. 76,07 Mio. EUR ließ auf weitere erhebliche stille Reserven schließen. (TZ 15) Internes Kontrollsystem Aufgrund des hohen Liegenschaftsvermögens war das Immobilienmanagement ein eigenes Geschäftsfeld der BVW GmbH, die Kerntätigkeit stellte jedoch der landwirtschaftliche Betrieb dar. Die Aufbauorganisation der BVW GmbH sah einen Geschäftsführer vor, in dessen Abwesenheit hatte ein Mitarbeiter die Prokura inne. (TZ 16) Ein 2012 extern durchgeführtes „Review“ des Internen Kontrollsystems der BVW GmbH für die Jahre 2006 bis 2011 zeigte mehrere Schwachstellen auf. Diese betrafen das teilweise fehlende Vier‒Augen‒Prinzip (Einzelzeichnungsberechtigung des Geschäftsführers und des Prokuristen bei Kreditinstituten), überschneidende Mitarbeiterfunktionen oder die Möglichkeit der Veränderung von Stammdaten durch den Prokuristen. Zudem war der Prokurist der BVW GmbH am privaten Unternehmen, von dem die BVW GmbH Dünger und Saatgut für ihren Landwirtschaftsbetrieb bezog, beteiligt. (TZ 16) Im Jänner 2013 setzte die BVW GmbH ein Internes Kontrollsystem mit einer Neufassung der Aufbau‒ und Ablauforganisation sowie des Kontrollumfeldes in Kraft. Eine weitere externe Überprüfung dieses neuen Kontrollsystems verwies auf ein Naheverhältnis eines Bediensteten der BVW GmbH zu einem privaten Unternehmen, von dem die BVW GmbH Dünger und Saatgut für ihren Landwirtschaftsbetrieb bezog. Der RH stellte zusätzlich u.a. Seite 36 / 59 fest, dass am erwähnten privaten Unternehmen der Prokurist der BVW GmbH 30 % der Gesellschaftsanteile hielt und die BVW GmbH von dem Unternehmen in den Jahren 2008 bis 2013 Material (hauptsächlich Dünger und Saatgut) in Höhe von rd. 2,40 Mio. EUR (mit USt) bezog. Gleichzeitig verkaufte die BVW GmbH diesem Unternehmen im selben Zeitraum Waren im Wert von rd. 540.000 EUR. (TZ 16) Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor: BMF (1) Bei Wertermittlungen für Liegenschaftstransaktionen wären ausschließlich die tatsächlichen Einflussgrößen im Sinne des Liegenschaftsbewertungsgesetzes einzubeziehen. Zudem wären allfällige Zu‒ und Abschläge nachvollziehbar darzustellen (Berechnung, Angabe der Grundlagen, Begründung der Annahmen). (TZ 6) BMLVS (2) Hinsichtlich des Vertrags über die Sicherstellung der militärischen Nutzung und die Nutzungsabgeltung betreffend den Truppenübungsplatz Bruckneudorf wäre die jährlich zu leistende Pauschalentschädigung des BMLVS gegenüber der BVW GmbH im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage (umfasste Flächen) zu evaluieren und gegebenenfalls wäre zu versuchen, eine neue Vereinbarung mit der BVW GmbH zu verhandeln. (TZ 4) BMLFUW (3) Künftig wären Liegenschaftstransaktionen, die letztlich an Dritte erfolgen, selbst durchzuführen. (TZ 8) (4) Gemeinsam mit dem BMF und der BVW GmbH wäre im Hinblick auf künftige Liegenschaftsverkäufe zu klären, welche Transaktion (entweder Erstverkauf von der Republik Österreich an die BVW GmbH oder Weiterveräußerung von der BVW GmbH an Dritte) unter Verkäufe von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand fielen. Aufbauend darauf wäre künftig – vor Liegenschaftsveräußerungen ohne Bietverfahren jedenfalls ein Verkehrswertgutachten von (einem) unabhängigen Sachverständigen für die Wertermittlung im Sinne der Mitteilung der Europäischen Kommission einzuholen, und Seite 37 / 59 – vor der Durchführung von abweichenden Verkaufsverfahren die Europäische Kommission zur Klärung der Sachlage hinsichtlich des Vorliegens einer möglichen Beihilfe gemäß Art. 108 AEUV in Form einer Notifikation zu unterrichten. (TZ 12) BMLFUW und BMF (5) Nachbesserungen wären ausschließlich unabhängig von Finanzierungsmodalitäten des Käufers abzuschließen. (TZ 13) BMLVS und Landwirtschaftliche Bundesversuchswirtschaften GmbH (6) Hinsichtlich des zwischen der BVW GmbH und dem BMLVS geschlossenen Vertrags über die Sicherstellung der militärischen Nutzung und die Nutzungsabgeltung betreffend den Truppenübungsplatz Bruckneudorf wäre gemeinsam mit dem BMLFUW ehestmöglich zu klären, welche Flächen vom Vertrag umfasst sind. (TZ 4) Landwirtschaftliche Bundesversuchswirtschaften GmbH (7) Bei Liegenschaftsverkäufen wäre die Durchführung eines hinreichend publizierten, allgemeinen und bedingungsfreien Bietverfahrens sicherzustellen, das im Sinne der Mitteilung der Europäischen Kommission (Amtsblatt 97/C 209/03128) über einen längeren Zeitraum (zwei Monate und mehr) mehrfach in der nationalen Presse, in Immobilienanzeigern oder sonstigen geeigneten Veröffentlichungen und durch Makler bekanntgemacht wird und so allen potenziellen Käufern zur Kenntnis kommen kann. (TZ 11) (8) Um sich eine umwidmungsbedingte Wertsteigerung einer Liegenschaft zu sichern, wäre in Kaufverträge eine Nachbesserungsklausel oder eine (aufschiebende) Bedingung aufzunehmen, wenn sich der Wert einer Liegenschaft nach dem Kauf z.B. durch eine Änderung des Flächenwidmungsplans, des Bebauungsplans oder der angenommenen Nettonutzflächen pro Nutzungsart erhöhen könnte. Dabei wäre auch auf die Übertragung der in Kaufverträgen bedungenen Nachbesserungsklauseln auf Rechtsnachfolger zu achten, um eine Teilung des Ertrags auch auf Rechtsnachfolger sicherzustellen, wenn sich im Nachhinein eine Wertsteigerung aufgrund einer Umwidmung oder besseren baulichen Ausnutzbarkeit ergibt. (TZ 14) (9) Im Hinblick auf die historischen Buchwerte (teilweise 1997) und die dynamische Entwicklung des Liegenschaftsmarkts wären die stillen Reserven des Liegenschaftsbestands (Buchwert Ende 2013: rd. 76,07 Mio. EUR) abzuschätzen. Diese Information soll der Seite 38 / 59 Eigentümerin, der Republik Österreich, im Sinne der gebotenen Transparenz Aufschluss über den Wert ihrer Beteiligung geben. (TZ 15) (10) Zukünftig wären laufend interne Revisionen zur Einhaltung des Internen Kontrollsystems der BVW GmbH sicherzustellen. (TZ 16) Stadt Wien (11) Im Hinblick auf das im Jänner 2009 der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. gewährte Darlehen (22,50 Mio. EUR) wären Darlehen künftig an konkretere Bedingungen zu knüpfen (TZ 10) Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. (12) Im Zusammenhang mit dem bei der Stadt Wien im Jänner 2009 aufgenommenen Darlehen (22,50 Mio. EUR) wäre ein offener Betrag von 306.119,63 EUR an die Stadt Wien zurückzuzahlen. (TZ 9) Stadt Wien und Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. (13) Die Rückzahlungsbedingungen des von der Stadt Wien der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. im Jänner 2009 gewährten Darlehens (22,50 Mio. EUR) wären zu präzisieren. Die Klarstellung sollte dahingehend erfolgen, dass der jeweilige Grundstückswert (und nicht die Grundstücksfläche) als Bemessungsgrundlage der Darlehensrückzahlung herangezogen wird. (TZ 10) Seite 39 / 59 KONSOLIDIERUNGSMAßNAHMEN DER BUNDESHAUPTSTADT WIEN Nach der sprunghaften Erhöhung der Finanzschulden von rd. 1,46 Mrd. EUR im Jahr 2008 auf rd. 4,35 Mrd. EUR im Jahr 2012 erwartet die Stadt Wien bis 2016 einen weiteren Zuwachs der Finanzschulden auf rd. 4,94 Mrd. EUR. Eine Konsolidierungsstrategie mit konkreten haushaltspolitischen Zielsetzungen und quantitativen Vorgaben zur Reduktion der Schuldenquote lag dennoch nicht vor. Eine tragfähige Mittelfristplanung konnte ebenfalls nicht vorgelegt werden. Die wirtschaftlichen Einheiten Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund (Unternehmungen der Stadt Wien ohne eigene Rechtspersönlichkeit) wiesen in ihren Bilanzen zum 31. Dezember 2012 ein Anlagevermögen von insgesamt rd. 14,86 Mrd. EUR und Bankverbindlichkeiten von insgesamt rd. 3,12 Mrd. EUR aus. Das Vermögen und die Verbindlichkeiten dieser Einheiten waren der Stadt Wien zuzurechnen, eine gesamthafte Darstellung fehlte im Rechnungsabschluss. Mit Ende 2012 war die Stadt Wien an 224 rechtlich selbständigen Unternehmen beteiligt. An 34 Unternehmen hielt die Stadt Wien eine direkte Beteiligung, bei 110 Unternehmen handelte es sich um Mehrheitsbeteiligungen. Die Stadt Wien hatte keine vollständigen Informationen über die finanziellen Verflechtungen zwischen ihrem Haushalt und den Beteiligungen. Dem RH wurden nur unvollständige Beträge übermittelt. Darüber hinaus war für den RH nicht feststellbar, ob es sich bei den jeweiligen Zahlungen um Darlehen, Förderungen, Investitionszuschüsse oder Beträge zur Verlustabdeckung handelte. Die Beteiligungen der Stadt Wien wiesen mit 31. Dezember 2012 anteilige Verbindlichkeiten von insgesamt rd. 3,11 Mrd. EUR auf, davon waren 420,70 Mio. EUR Kreditverbindlichkeiten. Aus den Bilanzen ergab sich ein anteiliges Anlage‒ und Umlaufvermögen von insgesamt rd. 16,04 Mrd. EUR. Die Beteiligungsverwaltung für die direkten Beteiligungen der Stadt Wien war auf 13 Magistratsabteilungen und die Wien Holding GmbH aufgesplittert. Eine zentrale Berichterstattung bzw. ein Beteiligungscontrolling war nicht eingerichtet. PRÜFUNGSZIELE Die Ziele der Gebarungsüberprüfung bestanden darin, die finanzielle Lage der Bundeshauptstadt Wien (Stadt Wien) zu erheben und zu beurteilen sowie auf Grundlage der Seite 40 / 59 mittelfristigen Finanzplanung einen allfälligen Konsolidierungsbedarf aufzuzeigen. Bei der gegenständlichen Prüfung handelt es sich um ein weiteres Teilergebnis einer alle Bundesländer umfassenden Querschnittsüberprüfung1, deren Ziel eine bundesweite Darstellung der Finanzlage der Landeshaushalte ist. (TZ 1) Als Mindestkriterium für eine erfolgreiche Konsolidierung setzt der RH eine Reduktion der Schuldenquote voraus. Für eine nachhaltige Konsolidierung sollte sich diese Reduktion über mehrere Jahre erstrecken und nicht überwiegend durch Einmalmaßnahmen (z.B. Veräußerung von Vermögen) bestimmt sein. (TZ 56) Die finanzielle Lage der Stadt Wien stellt der RH anhand von Kennzahlen zur Entwicklung der Jahresergebnisse, der Verschuldung und der Haftungen dar. Für den bundesweiten Querschnittsvergleich ermittelte der RH zusätzlich das vereinheitlichte Jahresergebnis2. Die wirtschaftlichen Einheiten Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund sowie die Beteiligungsunternehmen der Stadt Wien waren nicht Gegenstand dieser Prüfung. (TZ 1, 4) FINANZIELLE LAGE DER STADT WIEN Entwicklung der Jahresergebnisse Von 2008 bis 2012 stiegen die Einnahmen des Haushalts (ohne Fremdfinanzierung) um 8,0 % (+ 853,00 Mio. EUR), die Ausgaben hingegen um 11,2 % (+ 1.245,30 Mio. EUR). Die jährliche Steigerungsrate der Einnahmen lag durchschnittlich bei 2,0 %, jene der Ausgaben mit 2,5 % deutlich darüber, was mittel‒ bis langfristig nicht finanzierbar ist. Im Zeitraum 2008 bis 2012 wies der Haushalt der Stadt Wien durchgehend einen Abgang aus. (TZ 4 bis 6) Das vereinheitlichte Jahresergebnis war dementsprechend in allen Jahren des Prüfungszeitraums negativ und bewegte sich zwischen ‒ 372,59 Mio. EUR (2008) und ‒ 1.378,28 Mio. EUR (2010). Auch der Primärsaldo war in allen Jahren negativ; er verschlechterte sich von ‒ 351,60 Mio. EUR (‒ 0,5 % des Bruttoregionalprodukts (BRP)) im Jahr 2008 auf ‒ 695,70 Mio. EUR (‒ 0,8 % des BRP) im Jahr 2012. (TZ 4) 1 Bisher veröffentlichte der RH die Teilergebnisse „Konsolidierungsmaßnahmen der Länder Kärnten, Niederösterreich und Tirol“ (Reihe Kärnten 2012/2, Reihe Niederösterreich 2012/3 und Reihe Tirol 2012/3) und „Konsolidierungsmaßnahmen der Länder Oberösterreich, Salzburg und Steiermark“ (Reihe Oberösterreich 2014/3, Reihe Salzburg 2014/3 und Reihe Steiermark 2014/4). Auch noch 2015 wird er das vierte Teilergebnis (Burgenland und Vorarlberg) veröffentlichen. Das vereinheitlichte Jahresergebnis stellt einen rechnerischen Wert für den Bundesländervergleich des Haushaltserfolgs dar und errechnet sich aus dem Saldo 4 des Rechnungsquerschnitts abzüglich der Aufnahme von Finanzschulden (siehe dazu auch TZ 4). 2 Seite 41 / 59 Rund 64 % der Einnahmen des Haushalts der Stadt Wien stammten im Jahr 2012 aus Ertragsanteilen und Transfers, welche von den Steuereinnahmen des Bundes und der Einwohnerzahl der Stadt abhingen. (TZ 5) Über 10 % der Einnahmen der Stadt Wien stammten aus eigenen Steuern. Mehr als die Hälfte der Steuereinnahmen entfiel auf die Kommunalsteuer (56,1 %), auf die Grundsteuer entfielen 8,6 %. Während die Einnahmen aus der Kommunalsteuer von 2008 bis 2012 um 11,8 % anstiegen, verzeichneten die Einnahmen aus der Grundsteuer einen vergleichsweise geringeren Anstieg von 4,7 %. (TZ 5) Positiv war, dass im Prüfungszeitraum nur ein geringer Teil der Gesamteinnahmen aus Vermögensveräußerungen stammte, zumal damit keine nachhaltigen Konsolidierungserfolge erzielt werden können. (TZ 5) Der größte Anteil an den Gesamtausgaben des Jahres 2012 entfiel auf die Haushaltsgruppen „Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung“ sowie „Dienstleistungen“ (jeweils 18,3 %). (TZ 7) Die größte Ausgabensteigerung von 2008 bis 2012 verzeichnete der Unterabschnitt Finanzverwaltung mit 256,5 % (154,40 Mio. EUR). Dabei handelte es sich u.a. um Zuweisungen an Bezirke für investive Maßnahmen und um die Zuweisungen zur Sonderrücklage für Fördermittel. Eine überdurchschnittlich hohe Steigerung mit 154,2 % (151,44 Mio. EUR) wiesen auch die Ausgaben für die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen und das Pflegekinderwesen mit 120 % (70,90 Mio. EUR) auf. (TZ 8) Durch beschlossene gesetzliche Maßnahmen in den Bereichen Erziehung (Gratispflichtkindergartenjahr) und Soziale Wohlfahrt (bedarfsorientierte Mindestsicherung, Pflegefonds) sowie durch Mehrausgaben für den Krankenanstaltenfonds erhöhten sich die Leistungs‒ und Finanzierungsverpflichtungen der Stadt Wien erheblich. (TZ 8) Die Stadt Wien gab im Jahr 2012 rd. 2,08 Mrd. EUR für Förderungen aus, das waren 16,9 %, somit ein Sechstel der Gesamtausgaben des Haushalts. Von den Ausgaben für Förderungen entfielen 659,83 Mio. EUR auf die Wohnbauförderung, die somit 31,7 % der Gesamtförderung erhielt. (TZ 9, 10) Die Förderungen stiegen von 2008 bis 2012 um 19,6 %. Dieser Anstieg lag deutlich über dem Anstieg der um die Förderungsausgaben bereinigten Ausgaben des Haushalts von 9,8 % bzw. um die Ausgaben des Haushalts inklusive Förderungen von 11,2 %. (TZ 11) Seite 42 / 59 Die Ausgaben für den Wiener Krankenanstaltenverbund sowie für die Kranken‒ und Pflegeanstalten betrugen im Jahr 2012 insgesamt rd. 1,92 Mrd. EUR bzw. 15,6 % der Ausgaben des Haushalts der Stadt Wien. Diese Ausgaben verzeichneten von 2008 bis 2012 einen Anstieg um 4,9 % bzw. 89,91 Mio. EUR; der Anstieg lag deutlich unter dem Anstieg der Gesamtausgaben des städtischen Haushalts in diesem Zeitraum von 11,2 %. Die Stadt Wien teilte dazu mit, dass der Finanzierungsbedarf des Krankenanstaltenverbunds durch zusätzliche Mittel des Wiener Gesundheitsfonds abgegolten wurde. Zu diesem Zweck erfolgte einer Umschichtung von Haushaltsmitteln. (TZ 12, 16) Die Zahlungen der Stadt Wien an den Wiener Krankenanstaltenverbund gingen um 6,6 % (‒ 100,14 Mio. EUR) zurück. Im Jahr 2012 belief sich die Zuweisung auf 1.418,59 Mio. EUR. Den gestiegenen Finanzierungsbedarf deckte der Wiener Krankenanstaltenverbund durch Darlehensaufnahmen und Rücklagenauflösungen. Die Bilanz des Krankenanstaltenverbunds für das Jahr 2012 wies Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 349,69 Mio. EUR aus. Eine nachhaltige Konsolidierungsstrategie für den Wiener Krankenanstaltenverbund fehlte; die Mehrjahresplanung des Wiener Krankenanstaltenverbunds war insoweit nur beschränkt aussagekräftig, als darin die Entwicklung der Verbindlichkeiten und die künftigen Schuldentilgungen nicht enthalten waren. (TZ 13, 29) Vermögensrechnung Der Rechnungsabschluss der Stadt Wien enthielt ein Mengeninventar, in dem die Vermögensgegenstände mit einem Anschaffungswert von über 400 EUR in der zum Stichtag vorhandenen Stückzahl (bzw. m2) ausgewiesen waren. Die Anschaffungskosten bzw. eine Bewertung der inventarisierten Gegenstände waren darin nicht enthalten. Werte für Sachanlagen fehlten zur Gänze. Die Stadt Wien verfügte über keine vollständige Vermögensübersicht. Aus dem Rechnungsabschluss allein war es nicht möglich, ein umfassendes Bild über das Vermögen der Stadt Wien zu erlangen. Dem RH lagen unzureichende bzw. keine Informationen über das Anlagevermögen, die Vorräte, die transitorischen Posten und das Eigenkapital vor. (TZ 17, 19, 20) Die Stadt Wien führte ein Geldinventar. Darin waren Beteiligungen, Ausleihungen, Wertpapiere, Forderungen, Guthaben und Kassenbestände in Höhe von 9.091,78 Mio. EUR (2012) ausgewiesen (2008: 9.082,34 Mio. EUR). Die höchsten ausgewiesenen Vermögenswerte waren mit insgesamt 4.658,49 EUR Ende 2012 die Ausleihungen (gegebene Darlehen). Dieser Betrag enthielt auch Wohnbauförderungsdarlehen in Höhe von 3.687,74 Mio. EUR. Die im Geldinventar ausgewiesenen Vermögenswerte sowie das Mengeninventar deckten nur einen Teil des Vermögens der Stadt Wien ab, bspw. fehlten die Werte für die Sachanlagen (immaterielle Vermögensgegenstände, Grundstücke, Bauten) zur Gänze. Das Sachanlagevermögen war im Rechnungsabschluss nicht bewertet. (TZ 17, 19, 20) Seite 43 / 59 Die Forderungen, die Guthaben bei Banken und die Kassenbestände betrugen Ende 2012 3.055,36 Mio. EUR (2008: 4.070,68 Mio. EUR); alleine die Guthaben bei Banken beliefen sich Ende 2012 auf 1.766,84 Mio. EUR. Trotz dieses hohen Standes an liquiden Mitteln waren auch die Fremdmittelfinanzierungen hoch. (TZ 21) Die Rücklagen betrugen Ende 2012 726,79 Mio. EUR, sie waren zu diesem Zeitpunkt insoweit liquiditätsmäßig bedeckt, als die Guthaben bei Banken den ausgewiesenen Rücklagenstand überstiegen. (TZ 22) Ein Sondervermögen der Stadt Wien stellten die wirtschaftlichen Einheiten Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund dar. Nach der Wiener Stadtverfassung hatte ihnen der Gemeinderat die Eigenschaft einer „Unternehmung“ zuerkannt: Sie besaßen keine Rechtspersönlichkeit, ihr Vermögen wurde vom übrigen Vermögen der Gemeinde gesondert verwaltet und sie waren nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen. Mangels Rechtspersönlichkeit waren ihr Vermögen und ihre Schulden der Stadt Wien zuzurechnen. Die Stadt Wien verfügte allerdings über keine gesamthafte Darstellung des Vermögens und der Schulden der Stadt Wien unter Einbeziehung dieser Unternehmungen. (TZ 18, 29) Neben diesen Unternehmungen hielt die Stadt Wien insgesamt 224 Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. (TZ 18) Finanzschulden und Schuldendienst Die Finanzschulden der Stadt Wien erhöhten sich von 1.460,06 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 4.379,73 Mio. EUR im Jahr 2012. Die Finanzschulden je Einwohner erhöhten sich von 872 EUR je Einwohner (2008) auf 2.518 EUR je Einwohner (2012). (TZ 23, 30) Die Darlehen zwischen den Verwaltungszweigen betrugen im Jahr 2012 153,10 Mio. EUR. Dies war ein Rückgang gegenüber dem Vergleichsjahr 2008 um 38,6 % (2008: 249,16 Mio. EUR). (TZ 30) Die inneren Darlehen erhöhten sich von 21,07 Mio. EUR (2008) auf 93,76 Mio. EUR (2012). Dabei handelt es sich um Darlehen im Rahmen des Schulsanierungspakets sowie um das Sonderprogramm zur Garagenförderung. (TZ 30) Die Stadt Wien wies im Rechnungsabschluss auch sonstige Verbindlichkeiten aus; diese gingen von 4.557,97 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 3.573,06 Mio. EUR im Jahr 2012 zurück (‒ 21,6 %). Unter diesen sonstigen Verbindlichkeiten waren im Jahr 2012 die Ausgabenrückstände mit 1.625 Mio. EUR und die rückzuersetzenden voranschlagsunwirksamen Einnahmen mit rd. 1.204 Mio. EUR die größten Positionen. (TZ 28) Seite 44 / 59 Darüber hinaus wiesen die Jahresabschlüsse von Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund zum 31. Dezember 2012 insgesamt 3.121,29 Mio. EUR an Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aus, dies war um 43,3 % mehr als im Jahr 2008. Dieser Betrag war im Haushalt der Stadt Wien nicht integriert. (TZ 29, 30) Insgesamt ̶ unter Einbeziehung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund ̶ hatten sich die Finanzierungsverpflichtungen der Stadt Wien im Zeitraum 2008 bis 2012 nahezu verdoppelt; sie betrugen per 31. Dezember 2012 7.717,88 Mio. EUR. Dies war vor allem auf den hohen Anstieg der Finanzschulden im Haushalt der Stadt Wien zurückzuführen (+ 197,9 %). (TZ 30) Zum 31. Dezember 2012 bestanden 37,95 % (bzw. 1.650,68 Mio. EUR) der Finanzschulden in fremder Währung (Schweizer Franken). Durch die ungünstige Entwicklung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro ab dem Jahr 2008 war im Prüfungszeitraum (2008 bis 2012) insgesamt ein (nicht realisierter) Kursverlust bei allen Fremdwährungskrediten von 346,27 Mio. EUR ausgewiesen. Ab dem Jahr 2011 nahm die Stadt Wien keine neuen Fremdwährungskredite mehr auf. Die bestehenden Fremdwährungskredite wurden „rolliert“, d.h. das bestehende Fremdwährungsdarlehen wurde durch ein neues Fremdwährungsdarlehen ersetzt. Das Risiko, reale Kursverluste zu erleiden, blieb jedoch weiterhin bestehen bzw. wurde auf künftige Finanzjahre verschoben. (TZ 24) Der Schuldendienst (Ausgaben für Zinsen und Tilgungen der Finanzschulden der Stadt Wien) stieg von 355,91 Mio. EUR (2008) auf 462,73 Mio. EUR (2012). Bis zum Jahr 2016 sind jährliche Tilgungen zwischen 208,33 Mio. EUR (2013) und 726,25 Mio. EUR (2015) geplant, wobei die vorgesehenen Tilgungsleistungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 deutlich über den Tilgungsleistungen im Prüfzeitraum liegen. Die Zinszahlungen für die Finanzschulden wiesen seit 2012 eine deutlich steigende Tendenz auf; im Jahr 2014 werden 97,20 Mio. EUR an Zinsen zu zahlen sein. (TZ 25) Mit den nicht fälligen Verwaltungsschulden werden Finanzierungsverpflichtungen für künftige Finanzjahre dargestellt. Im Rechnungsabschluss 2012 wies die Stadt Wien nicht fällige Verwaltungsschulden in Höhe von 4.614,33 Mio. EUR (2008: 1.799,32 Mio. EUR) aus. In diesem Betrag waren auch die Finanzschulden der Stadt Wien enthalten. (TZ 26) Ein eigener Nachweis für Sonderfinanzierungen (bspw. Leasingfinanzierungen) war den Rechnungsabschlüssen nicht angeschlossen. (TZ 27) Seite 45 / 59 HAFTUNGEN Die Haftungen der Stadt Wien betrugen Ende 2012 8,5 Mrd. EUR und beliefen sich Ende 2012 noch auf mehr als zwei Drittel des Haushaltsvolumens. Davon entfielen rd. 8,2 Mrd. EUR auf die Bank Austria AG, die Bank Austria AG Hypothekenbankengeschäft und die Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten. Ein Schlagendwerden auch nur eines Teils dieser Haftungen hätte negative Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Stadt Wien zur Folge. (TZ 31, 33) Auf jeden Einwohner Wiens kam im Jahr 2012 ein Haftungsvolumen von 4.909 EUR. Insgesamt betrugen die Haftungen der Stadt im Jahr 2012 68,8 % des gesamten Haushalts. Haftungsprovisionen, die ein Entgelt für das übernommene finanzielle Risiko darstellen, hob die Stadt Wien im Prüfungszeitraum nicht ein. (TZ 31, 34) KASSENGEBARUNG UND VORANSCHLAGSUNWIRKSAME GEBARUNG Die Stadt Wien wies in den Rechnungsabschlüssen der Jahre 2008 bis 2012 den Endbestand an Kassenmitteln jeweils in einer Summe aus. Die Zusammensetzung des Kassenendbestands (bspw. nach Bargeld, Bankguthaben, Termineinlagen usw.) war aus dem Kassenabschluss nicht ersichtlich. (TZ 36) Der Kassenbestand der Stadt Wien betrug zum 31. Dezember 2012 1.555,68 Mio. EUR. Eine vom RH durchgeführte stichprobenweise Überprüfung der Jahresendsalden des Kassenabschlusses mit den Jahresendsalden der Bankkonten ergab bei einer Stichprobe eine Differenz von 23.353,74 EUR, die die Stadt Wien nicht aufklären konnte. Bei einer weiteren Stichprobe zu einer Bankkontengruppe, deren Endsaldo sich aus rd. 750 Bankkonten verschiedener Dienststellen zusammensetzte, war eine Überprüfung durch den RH nicht möglich, weil die Stadt Wien die Bankkontoauszüge nicht vorlegen konnte. Zudem nahm auch die Stadt Wien keine Abstimmung dieser Bankbelege zum Abschlussstichtag vor. (TZ 37) Weder aus dem Rücklagennachweis noch aus dem Kassenabschluss war ersichtlich, in welchem Umfang die Rücklagen finanziert waren. Dies war deshalb von Bedeutung, um abschätzen zu können, inwieweit eine Verwendung von Rücklagen durch Eigenmittel bedeckt werden kann oder bspw. Fremdmittel erfordert. (TZ 38) Die Stadt Wien gliederte den Nachweis über die voranschlagsunwirksame Gebarung nicht nach Sachkonten, sondern fasste die Konten nach Haushaltsansätzen zusammen. Obwohl die Stadt Wien auch mehrere Sammelkonten führte, lag kein Verzeichnis über darin Seite 46 / 59 enthaltene größere offene Posten vor. Dies entsprach nicht der geltenden Voranschlags‒ und Rechnungsabschlussverordnung (VRV). (TZ 40) Im Jahr 2011 verdoppelte sich das Volumen der voranschlagsunwirksamen Gebarung („Interimsgebarung ) gegenüber dem Vorjahr (von rd. 17,08 Mrd. EUR auf 36,37 Mrd. EUR); 2012 war ein neuerlicher Anstieg zu verzeichnen. Eine detaillierte Erläuterung zu dem Anstieg der Buchungsvolumina für einzelne Konten legte die Stadt Wien dem RH nicht vor. (TZ 39, 42) BETEILIGUNGEN Die Stadt Wien war per 31. Dezember 2012 an 224 rechtlich selbständigen Unternehmen direkt und/oder indirekt beteiligt. Bei 110 Unternehmen handelte es sich um Mehrheitsbeteiligungen. Im Beteiligungsnachweis für 2012 waren neben den 33 direkten Beteiligungen auch Anteile an sechs Genossenschaften und eine stille Beteiligung ausgewiesen, aber nicht die indirekten Beteiligungen. (TZ 43, 44) Für die Verwaltung der von der Stadt Wien direkt gehaltenen 33 Beteiligungen waren insgesamt 13 Magistratsabteilungen bzw. die Tochtergesellschaft Wien Holding GmbH zuständig. Die Aufsplitterung der Beteiligungsverwaltung barg die Gefahr, dass die Eigentümerinteressen nicht adäquat wahrgenommen werden konnten. Nach der Geschäftseinteilung wäre die Magistratsabteilung (MA) 5 für die Verwaltung von 25 Beteiligungen zuständig. Bei 17 dieser 25 Beteiligungen nahm jedoch nicht die MA 5, sondern eine andere Dienststelle die Verwaltung wahr, obwohl eine explizite Zuweisung der Verwaltung an diese andere Dienststelle in der Geschäftseinteilung fehlte. Vorgaben bzw. Richtlinien für die Gewährleistung einer einheitlichen und transparenten Aufgabenwahrnehmung durch die verwaltenden Magistratsabteilungen fehlten. (TZ 48) Für die einzelnen Beteiligungsunternehmen lagen weder betriebswirtschaftliche Kennzahlen noch Zielvereinbarungen (Soll) im Sinne eines Beteiligungscontrollings vor. Ein jährlicher Beteiligungsbericht als steuerungsrelevante Informationsquelle wurde nicht erstellt. Trotz der Aufsplitterung der Beteiligungsverwaltung war ein magistratsübergreifendes System einer Beteiligungsberichterstattung bzw. eines Beteiligungscontrollings nicht implementiert. Das Fehlen aussagekräftiger Finanzinformationen zu den Beteiligungen erschwerte der MA 5 die Beurteilung der Zweckmäßigkeit des Eingehens der Beteiligung und der gewählten Rechtsform. (TZ 43, 49) Die Stadt Wien hatte keine umfassende Kenntnis über die Zahlungsflüsse zwischen dem Haushalt und den Beteiligungen. Die dem RH bekannt gegebenen Zahlungsflüsse zwischen dem Haushalt und den direkten Beteiligungen umfassten ausgabenseitig insgesamt Seite 47 / 59 732,01 Mio. EUR und einnahmenseitig 127,66 Mio. EUR (jeweils im Zeitraum 2008 bis 2012). Hingegen betrugen die vom RH erhobenen Zahlungen aus dem städtischen Haushalt allein an die Wiener Linien GmbH & Co KG im genannten Zeitraum 3.481,97 Mio. EUR. Die dem RH bekannt gegebenen Werte waren daher nicht aussagekräftig. (TZ 50) Die Übernahme von Leasingverpflichtungen für die Wiener Messe Besitz GmbH durch die Stadt Wien (insgesamt 218,8 Mio. EUR) war in den „nicht fälligen Verwaltungsschulden“ nicht ausgewiesen. (TZ 51) Die Beteiligungsunternehmen der Stadt Wien wiesen per 31. Dezember 2012 anteilige Gesamtverbindlichkeiten in der Höhe von rd. 3.108,46 Mio. EUR auf, davon waren rd. 421 Mio. EUR Kreditverbindlichkeiten. Dies bedeutete einen Anstieg um rd. 18,0 % gegenüber dem Jahr 2008 (rd. 2.731,10 Mio. EUR). Das anteilige Anlage‒ und Umlaufvermögen der Beteiligungen betrug lt. den Bilanzen für das Jahr 2012 16.036,93 Mio. EUR. (TZ 53, 54) KONSOLIDIERUNG UND MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG Nach der Erhöhung der Finanzschulden im Gemeindehaushalt von 1,46 Mrd. EUR im Jahr 2008 auf 4,35 Mrd. EUR im Jahr 2012 plante die Stadt Wien bis 2016 laut ihren Angaben zum Österreichischen Stabilitätspakt einen weiteren Zuwachs der Finanzschulden auf 4,94 Mrd. EUR. (TZ 57, 60) Im September 2012 beschloss die Wiener Stadtregierung in einer Arbeitsklausur einstimmig den Wiener Reform‒ und Wachstumspakt, der Einsparungen und gleichzeitig Investitionen vorsah. Daraus ging jedoch weder ein offizielles Arbeitspapier noch eine konzeptuelle Grundlage (Strategie, quantitative Vorgaben) für eine Konsolidierung des Haushalts hervor. Als haushaltspolitische Zielsetzung für die kommenden Jahre orientierte sich die Stadt Wien an den Vereinbarungen des Österreichischen Stabilitätspakts. (TZ 57) Die Stadt Wien hatte keine über die Angaben zum Österreichischen Stabilitätspakt hinausgehende mittelfristige Finanzplanung. Der Wiener Krankenanstaltenverbund erstellte eine eigene Mehrjahresplanung, die Entwicklung der Verbindlichkeiten war darin aber nicht enthalten. Eine Mehrjahresplanung für die Unternehmungen Wiener Wohnen und Wien Kanal gab es nicht. (TZ 58, 62) Im Jahr 2012 hielt die Stadt Wien ihr vereinbartes Stabilitätsziel ein. Die künftige Erreichung des Stabilitätsziels wird aber Konsolidierungsbemühungen erfordern. Dies insbesondere deshalb, weil Österreich in der Empfehlung des Rates der EU vom 9. Juli 2013 zum Seite 48 / 59 Nationalen Reformprogramm 2013 und zum Stabilitätsprogramm für die Jahre 2012 bis 2017 aufgefordert wurde, „nach der Korrektur des übermäßigen Defizits in geeignetem Tempo strukturelle Anpassungsanstrengungen zu unternehmen, um das mittelfristige Haushaltsziel bis 2015 zu erreichen“. Dementsprechend ist eine schnellere Annäherung an die Regelgrenze für das strukturelle Defizit erforderlich, wodurch eine Erfüllung der Stabilitätsziele nicht ausreicht. (TZ 59) Der RH berücksichtigte in einer Vorschau bis 2016 neben den Finanzschulden der Stadt Wien auch die Darlehen zwischen den Verwaltungszweigen, die inneren Darlehen sowie die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund. Nach dieser Gesamtbetrachtung nimmt die Nettoneuverschuldung von rd. 470,78 Mio. EUR (2013) auf rd. 2,24 Mio. EUR (2016) voraussichtlich ab. Der Schuldenstand nimmt hingegen von rd. 8.188,66 Mio. EUR (2013) auf rd. 8.417,49 Mio. EUR (2016) voraussichtlich zu. (TZ 60) Um von einer Haushaltskonsolidierung sprechen zu können, ist ein nachhaltiger Rückgang der Schuldenquote erforderlich. Ein solcher Rückgang wird in Wien ab dem Jahr 2014 erwartet. Der Planungszeitraum 2013 bis 2016 ist aufgrund völlig unzureichender und teilweise fehlender Datenlage (insbesondere Wiener Wohnen und Wien Kanal) allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet. (TZ 61) RECHNUNGSWESEN Die VRV regelt Form und Gliederung der Rechnungsabschlüsse der Länder und Gemeinden. Sie bildet zwar eine gemeinsame Grundlage für eine einheitliche Darstellung, enthält jedoch nur Rahmenregelungen, welche die Länder unterschiedlich handhabten. Die Vorschriften genügten den Anforderungen an ein modernes Rechnungswesen nicht. (TZ 2) Wiederholt stellte der RH daher dringenden Reformbedarf für das Rechnungswesen von Ländern und Gemeinden fest: (TZ 2) – Wichtige Begriffe („nicht fällige Verwaltungsschulden“, „Finanzschulden“ oder „Rücklagen“) sind in der VRV nicht definiert; dies eröffnete Interpretationsmöglichkeiten und führte in weiterer Folge dazu, dass die Rechnungsabschlüsse nicht ausreichend transparent und vergleichbar waren; in der Folge standen gesamtstaatlich gesehen keine vergleichbaren und aussagekräftigen Informationen zur Verfügung. – Die nähere Ausgestaltung zu Form und Gliederung der Vermögensrechnung überlässt die VRV grundsätzlich den Ländern bzw. Gemeinden. Seite 49 / 59 ‒ Eine Bilanz ist in der VRV nicht verpflichtend vorgesehen. ‒ Regelungen über die Bewertung des Vermögens fehlen in der VRV. Die Haushaltsordnung für den Magistrat der Stadt Wien sieht die Erstellung einer Bilanz unter sinngemäßer Anwendung der Gliederung gemäß 224 Unternehmensgesetzbuch vor. Eine Bilanz konnte dem RH für den Prüfungszeitraum jedoch nicht vorgelegt werden. (TZ 3) Seite 50 / 59 Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Stadt Wien hervor: Finanzielle Lage (1) Da die jährlichen Ausgabensteigerungen die Einnahmenzuwächse deutlich überstiegen und dies mittel‒ bis langfristig nicht finanzierbar ist, sollten ausgabenreduzierende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung forciert werden. Insbesondere in Bereichen, deren Ausgabensteigerungen wesentlich über dem Durchschnitt der Gesamtausgabensteigerung liegen, sollten Maßnahmen mit dem Ziel einer Verringerung der Ausgabendynamik getroffen werden. (TZ 5, 6, 8, 30) (2) Da die Förderungsausgaben deutlich stärker stiegen als die Gesamtausgaben und zudem annähernd ein Sechstel der Gesamtausgaben ausmachten, sollten diese verstärkt in die Konsolidierung einbezogen werden. (TZ 11) (3) Für den Wiener Krankenanstaltenverbund sollte angesichts des gestiegenen Fremdmittelbedarfs und der hohen Transferleistungen seitens der Stadt Wien eine Konsolidierungsstrategie entwickelt und umgesetzt werden. (TZ 16, 29) Rechnungswesen (4) An der Harmonisierung des Rechnungswesens der Gebietskörperschaften sollte mit Nachdruck mitgewirkt werden. (TZ 2) (5) Für die Vermögensrechnung wären klare Regelungen zur Aktivierung und Bewertung von Vermögensgegenständen in Anlehnung an jene des Bundes zu schaffen, um eine getreue Darstellung der Vermögenslage zu erreichen. (TZ 3) Vermögen und Verbindlichkeiten (6) Im Sinne einer transparenten Rechnungslegung sollte die Darstellung des Vermögens in Anlehnung an das Haushaltsrecht des Bundes und entsprechend der zu erlassenden neuen VRV gestaltet werden. (TZ 3, 17) (7) Die Stadt Wien sollte sich für einheitliche Bewertungsgrundsätze aller Gebietskörperschaften einsetzen. (TZ 17) (8) Die Bewertung des Vermögens sollte auf Grundlage einheitlicher Bewertungsvorschriften aller Gebietskörperschaften erfolgen. (TZ 17) Seite 51 / 59 (9) Die Inventarvorschrift der Stadt Wien sollte um Bestimmungen für eine monetäre Bewertung der inventarisierten Gegenstände ergänzt werden. (TZ 17) (10) Um der wirtschaftlichen Bedeutung der Unternehmungen Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Krankenanstaltenverbund für die Stadt Wien Rechnung zu tragen und ein möglichst getreues Bild der Ertrags‒ und Vermögenslage der Stadt Wien zu geben, sollten das Vermögen und die Schulden unter Einbeziehung dieser drei Unternehmungen gesamthaft dargestellt werden. (TZ 18, 29) (11) Die Vermögenswerte sollten im Rechnungsabschluss vollständig dargestellt und bewertet werden, um dessen Transparenz und Aussagekraft zu erhöhen. Insbesondere das Sachanlagevermögen sollte mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln bewertet und in einer Vermögensübersicht ausgewiesen werden. (TZ 19, 20) (12) Der hohe Stand an liquiden Mitteln bei gleichzeitig hohen Fremdmittelfinanzierungen sollte im Sinne eines effizienten Cash‒ Managements unter Beachtung der Finanzierungskonditionen überdacht und gegebenenfalls reduziert werden. (TZ 21) (13) Eine dem Marktumfeld angepasste und risikotechnisch vertretbare Zusammensetzung des Portfolios mit fix und variabel verzinsten Finanzierungen wäre anzustreben. (TZ 23) (14) Da es sich bei der „Rücklage aus vorzeitigen Fremdmittelaufnahmen zur Deckung künftiger Abgänge“ in wirtschaftlicher Hinsicht um eine mit Fremdmitteln finanzierte Rücklage handelte, sollte diesbezüglich der Finanzierungsbedarf besser abgestimmt werden. (TZ 22) (15) Die „Rücklage zur Sicherstellung einer risikoaversen Finanzgebarung“ sollte zur Abfederung von Kursverlusten bzw. Tilgung von Fremdwährungsdarlehen entsprechend dotiert werden. (TZ 24) (16) Für die hohen Schuldentilgungen ab dem Jahr 2014 sollte zeitgerecht Vorsorge getroffen werden. (TZ 25) (17) Verpflichtungen aus Sonderfinanzierungen (bspw. Leasingfinanzierungen) sollten in einem eigenen Nachweis ausgewiesen werden, aus dem neben den jährlichen Annuitäten auch das ausstehende Kapital, Zinsen, Tilgungen, Kautionen und sonstige mit der Finanzierung in Verbindung stehende Ausgaben (Nebenkosten) ersichtlich sind. (TZ 27) (18) Die Positionen des Geldinventars wären mit den Nachweisen abzustimmen. (TZ 28) Seite 52 / 59 Haftungen (19) Marktgerechte Haftungsprovisionen sollten vereinbart werden, weil diese ein Entgelt für das von der Stadt Wien übernommene finanzielle Risiko darstellen. (TZ 34) Kassengebarung und voranschlagsunwirksame Gebarung (20) Eine Überleitung des Geldbestands laut Geldinventar zum Geldbestand laut Kassenabschluss sollte aus Transparenzgründen erstellt und in den Kassenabschluss aufgenommen werden. Der Kassenendbestand wäre nach der Struktur der liquiden Mittel zu gliedern. (TZ 36) (21) Der Rücklagennachweis sollte um den Ausweis des Ist‒Bestandes an Rücklagen ergänzt und jene Finanzmittel, die zur finanziellen Bedeckung von Rücklagen vorgesehen sind, sollten ausgewiesen werden. (TZ 38) (22) Bei Erstellung des Kassenabschlusses wären die buchhalterischen Endbestände mit den entsprechenden Endsalden der Bankkonten abzustimmen. (TZ 37) (23) Außerordentliche Veränderungen des Buchungsvolumens der voranschlagsunwirksamen Gebarung wären im Rechnungsabschluss zu erläutern. (TZ 39) (24) Der Nachweis über die voranschlagsunwirksame Gebarung wäre entsprechend den Vorgaben der VRV nach Sachkonten zu gliedern, um die Vorschüsse und Verwahrgelder nach ihrer sachlichen Gliederung ersichtlich zu machen. (TZ 40) (25) Um die offenen Forderungen und Verbindlichkeiten am Jahresende den Schuldnern und Gläubigern direkt und transparent zuordnen zu könne, wäre zu den Sammelkonten ein Verzeichnis der einzelnen größeren offenen Posten zu führen. (TZ 40) (26) Die in den Verwahrgeldern („voranschlagsunwirksame Passiva“) enthaltenen Rücklagen sollten gesondert ausgewiesen werden, um ersichtlich zu machen, dass es sich dabei nicht um Verwahrgelder (Schulden gegenüber Dritten), sondern um Rücklagen handelt. (TZ 42) (27) Da Vorschüsse in der voranschlagsunwirksamen Gebarung (Interimsgebarung) großteils eine Vorfinanzierung darstellen, sollten diese bis zum Ende des jeweiligen Finanzjahres ausgeglichen werden, soweit dies aus sachlichen und zeitlichen Gründen möglich ist. Auch die Endbestände an Verwahrgeldern sollten möglichst gering gehalten und zum Ende des jeweiligen Finanzjahres ausgeglichen werden. (TZ 42) Seite 53 / 59 Beteiligungen (28) Ein Beteiligungsspiegel mit sämtlichen Beteiligungen der Stadt Wien wäre dem Rechnungsabschluss anzuschließen. (TZ 43) (29) Ein Beteiligungsbericht sollte erstellt und dem Rechnungsabschluss beigelegt werden; in diesem wären neben einer vollständigen Darstellung der Beteiligungen der Stadt auch wirtschaftliche Kennzahlen und Eckdaten der wichtigsten Unternehmen auszuweisen. (TZ 43, 49) (30) Die Beteiligungsverwaltung sollte gebündelt werden, so dass die Interessen der Stadt zentral wahrgenommen und Eigentümerrechte effizient koordiniert werden können. (TZ 48) (31) Richtlinien für eine einheitliche, effiziente und transparente Aufgabenwahrnehmung sollten für alle mit der Verwaltung von Beteiligungen betrauten Magistratsabteilungen erlassen werden. (TZ 48) (32) Ein einheitliches und standardisiertes Berichtswesen sollte für Beteiligungen unter Einbeziehung von ergebnisrelevanten Kennzahlen und Zahlungsströmen eingerichtet werden. (TZ 49) (33) Die Zahlungsflüsse zwischen dem städtischen Haushalt und den Beteiligungen sollten lückenlos erhoben, als Grundlage für das einzurichtende Beteiligungscontrolling verwendet und in die Konsolidierungsbestrebungen einbezogen werden. (TZ 50) (34) Die übernommenen Zahlungsverpflichtungen aus Leasingverträgen der Wiener Messe Besitz GmbH sollten in den Nachweis der nicht fälligen Verwaltungsschulden aufgenommen werden. (TZ 51) (35) Aufgrund der fehlenden Vorgaben über die Bewertung der Beteiligungen in der VRV wären einheitliche und aussagekräftige Bewertungsvorschriften für das Vermögen von Gebietskörperschaften anzustreben. (TZ 54) Konsolidierung und mittelfristige Finanzplanung (36) Aufbauend auf eine umfassende Aufgabenkritik sollte eine wirtschaftspolitische Gesamtstrategie mit dem Ziel einer Haushaltskonsolidierung erstellt werden. Konkrete Konsolidierungsvorgaben für einzelne Bereiche des Haushalts sollten dabei formuliert und dadurch ein nachhaltiger Konsolidierungspfad gewährleistet werden, der im Einklang mit der wirtschaftspolitischen Gesamtstrategie steht. (TZ 57) Seite 54 / 59 (37) Als ein Analyse‒ und Steuerungsinstrument zur nachhaltigen Haushaltsführung sollte eine mittelfristige Finanzplanung erstellt und veröffentlicht werden. (TZ 58) (38) Die erwartete Entwicklung der Verbindlichkeiten wäre künftig in der Mehrjahresplanung der Unternehmungen der Stadt Wien darzustellen. (TZ 29, 58) (39) Neben der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund sollten auch die Unternehmungen Wiener Wohnen und Wien Kanal eine Mehrjahresplanung erstellen; die Mehrjahresplanungen aller drei Unternehmungen wären mit der mittelfristigen Finanzplanung der Stadt Wien zu einem gemeinsamen mittelfristigen Finanzplan der Stadt Wien zusammenzuführen. (TZ 58, 60) Seite 55 / 59 MEDIENTRANSPARENZ IM MUSEUMSQUARTIER Angelegenheiten der Medientransparenz waren in der Museums–Quartier Errichtungs‒ und BetriebsgesmbH mangelhaft implementiert; eine Kontrolle der Meldungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit nach dem Vier‒Augen‒Prinzip unterblieb. Kontrolldefizite führten im überprüften Zeitraum (Juli 2012 bis März 2014) zu unvollständigen und unrichtigen Quartalsmeldungen an die KommAustria. Darüber hinaus kam es zu Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht. PRÜFUNGSZIEL Ziel der Gebarungsüberprüfung war die Beurteilung ‒ der Vollständigkeit und Richtigkeit der Meldungen betreffend Medienkooperationen und Werbeaufträge sowie Förderungen an Medieninhaber durch die MuseumsQuartier Errichtungs‒ und BetriebsgesmbH (MQ GesmbH), ‒ der Erfüllung der Meldepflichten, ‒ der Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen des Medientransparenzgesetzes sowie ‒ allfälliger Probleme bei der Anwendung des Medientransparenzgesetzes. (TZ 1) RECHTLICHE GRUNDLAGEN Das Medientransparenzgesetz trat am 1. Juli 2012 in Kraft. Es dient der Förderung der Transparenz bei Medienkooperationen und Werbeaufträgen sowie bei Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums durch die öffentliche Hand. Gemäß 2 Medientransparenzgesetz sind sämtliche in einem Quartal erteilten Aufträge über entgeltliche Veröffentlichungen in einem periodischen Medium bekanntzugeben, wenn der Betrag über 5.000 EUR (Bagatellgrenze) liegt. (TZ 2) Gemäß 4 Medientransparenzgesetz sind für gewährte Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Mediums pro Quartal der Name des Förderungsempfängers und gesamtbetraglich die Höhe der Förderung bekanntzugeben. Auch hier gilt die Bagatellgrenze von 5.000 EUR. (TZ 2) Meldepflichtig an die KommAustria sind alle Rechtsträger, die der Kontrolle des RH unterliegen. Zu den rd. 5.800 meldepflichtigen Rechtsträgern zählen demnach u.a. die Seite 56 / 59 Bundesministerien, die Landesverwaltungen, Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, Gemeindeverbände und Unternehmen, an denen der Bund, die Bundesländer oder Gemeinden mit mindestens 50 Prozent beteiligt sind bzw. von diesen Gebietskörperschaften im Sinne des Art. 126b Abs. 2 B‒VG beherrscht werden sowie die der RH‒Kontrolle unterliegenden Stiftungen, Fonds und Anstalten. (TZ 2) An der MQ GesmbH ist der Bund mit 75 %, das Land Wien mit 25 % beteiligt. Das Unternehmen unterliegt daher der RH‒Kontrolle und der Meldepflicht nach dem Medientransparenzrecht. (TZ 2) Inhaltliche Vorgaben sind in 3a Medientransparenzgesetz und in den Verordnungen der Bundes‒ und Landesregierungen geregelt. Für die MQ GesmbH gelten die Kundmachung der Bundesregierung betreffend Richtlinien über Ausgestaltung und inhaltlicher Veröffentlichungen von Rechtsträgern des Bundes und die Verordnung der Wiener Landesregierung vom 29. Juni 2012 über die inhaltliche Gestaltung audiovisueller kommerzieller Kommunikation und entgeltlicher Einschaltungen. Aufgrund der gewählten gesetzlichen Konstruktion zur Förderung der Transparenz bei Medienkooperationen sowie bei der Erteilung von Werbeaufträgen und Förderungen an Medieninhaber eines periodischen Druckwerks oder eines periodischen elektronischen Mediums waren ein Bundesverfassungsgesetz, ein Bundesgesetz sowie zehn Richtlinien erforderlich. (TZ 2) Die MQ GesmbH ist im Kulturveranstaltungs‒ und Dienstleistungsbereich tätig und erbringt „weit überwiegend Verwaltungsleistungen“ für den Bund und das Land Wien. Die Werbemaßnahmen des Unternehmens unterliegen daher allen inhaltlichen Anforderungen des Medientransparenzrechts. Aufgrund der zwischen Bund und Land Wien geteilten Eigentumsverhältnisse an der MQ GesmbH hatte das Unternehmen neben den gesetzlichen Vorgaben sowohl die Richtlinien des Bundes als auch des Landes Wien anzuwenden. (TZ 2) ERFÜLLUNG DER MELDEPFLICHTEN GEMÄß MEDIENTRANSPARENZGESETZ 0rganisation der Meldeabläufe Die obligatorische Prüfung der Werbeaufträge und Medienkooperationen auf Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen des Medientransparenzrechts und Kontrolle der durchgeführten Werbemaßnahmen auf Vollständigkeit und Richtigkeit durch die Buchhaltung nach dem Vier‒ Augen‒Prinzip waren in der MQ GesmbH ungeregelt. Die mangelnde organisatorische Implementierung der Angelegenheiten der Medientransparenz und der fehlende Abgleich der Kostenprognosen mit den tatsächlichen Kosten der Werbemaßnahmen hatten Kontrolldefizite zur Folge, die im 3. Quartal 2012 und 1. Quartal 2013 zu unvollständigen Seite 57 / 59 und in allen Quartalen des überprüften Zeitraums zu unrichtigen Bekanntgaben an die KommAustria führten. (TZ 3) Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit der Meldungen Im überprüften Zeitraum (Juli 2012 bis März 2014) vereinbarte die MQ GesmbH 401 Werbeaufträge und Medienkooperationen in Nettogesamthöhe von 786.548,04 EUR. Davon unterlagen 175 Werbeaufträge und Medienkooperationen (Nettogesamtbetrag: 548.429,15 EUR) der Meldepflicht nach dem Medientransparenzgesetz. Die Bekanntgabe dieser Werbemaßnahmen erfolgte zusammengefasst in 31 Medienmeldungen rechtzeitig an die KommAustria. Die Meldungen für das 3. Quartal 2012 und das 1. Quartal 2013 waren unvollständig, weil sieben Werbeaufträge an drei Medien nicht bekanntgegeben wurden. (TZ 4) Vollständigkeit der Dokumentation Alle den Quartalsmeldungen des überprüften Zeitraums zugrunde liegenden Werbemaßnahmen und Medienkooperationen waren vollständig dokumentiert. (TZ 5) Betragliche Richtigkeit der Meldungen Betraglich unrichtige Meldungen kamen durch individuelle Bearbeitungs‒ und Berechnungsfehler zustande. So wurden von der MQ GesmbH Werbeaufträge oder Gegengeschäftsanteile bei Werbemaßnahmen nicht berücksichtigt, nicht aktualisierte Prognosekosten für Werbemaßnahmen in den Mediaplänen statt der tatsächlich verrechneten Kosten herangezogen sowie das Nettoentgeltgebot durch Zurechnung von Skonti, Werbeabgaben oder Rabatten nicht eingehalten. (TZ 6) Sachliche Richtigkeit der Meldungen Sachlich unrichtige Meldungen kamen durch die irrtümliche Klassifizierung einer Mediaagentur bzw. einer Werbegesellschaft als zu meldendes Medium sowie durch die mangelnde Kenntnis darüber, wann die Periodizität eines Mediums nach Medien‒ bzw. Medientransparenzgesetz vorliegt, zustande. (TZ 7) Zeitliche Richtigkeit der Meldungen Allen Quartalsmeldungen lagen zeitlich richtig zugeordnete Werbeaufträge und Medienkooperationen zugrunde. (TZ 8) Seite 58 / 59 INHALTLICHE ANFORDERUNGEN AN WERBEAUFTRÄGE UND MEDIENKOOPERATIONEN Unterscheidbarkeit – Kennzeichnungspflicht Die MQ GesmbH hielt im überprüften Zeitraum die medientransparenzrechtlichen Bestimmungen betreffend die vertragliche Kennzeichnungspflicht entgeltlicher Veröffentlichungen in keinem der ̶ zu 31 Medienmeldungen an die KommAustria zusammengefassten ̶ 171 Werbeaufträge bzw. Medienkooperationen des überprüften Zeitraums ein. (TZ 9) Die entgeltlichen Einschaltungen in Audio‒ und audiovisuellen Medien wiesen keine Kennzeichnung auf; die entgeltlichen Einschaltungen in den Print‒ und Online‒Medien waren hingegen überwiegend richtig gekennzeichnet. (TZ 9) Sachinformation Alle gemeldeten Werbemaßnahmen der MQ GesmbH im überprüften Zeitraum enthielten ausschließlich Sachinformation und beachteten das Hinweis‒ bzw. Kopfverbot. (TZ 10) Bagatellgrenze Der durchschnittliche Anteil der nach dem Medientransparenzgesetz nicht zu meldenden Bagatellbeträge bei Werbeaufträgen an den Gesamtausgaben in den überprüften sieben Quartalen betrug rd. 30 %, das sind rd. 238.000 EUR. In Hinblick auf das Ziel des Gesetzes, Transparenz über die tatsächlich geleisteten Entgelte für Werbeaufträge zu ermöglichen, wies der RH auf den verhältnismäßig hohen Anteil der nicht zu meldenden Bagatellbeträge an den Gesamtausgaben hin. (TZ 11) Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die MuseumsQuartier Errichtungs‒ und BetriebsgesmbH hervor: (1) Die angekündigte Implementierung der Angelegenheiten der Medientransparenz in ein Prozesshandbuch wäre voranzutreiben und dadurch bestehende Kontrolldefizite zu beseitigen, um in Hinkunft die Vollständigkeit und Richtigkeit der Meldungen an die KommAustria sicherzustellen. (TZ 3, 4, 6) (2) Die bestehende Datenerfassung wäre zu optimieren, um dadurch Voraussetzungen zu schaffen, künftig vollständige und richtige Quartalsmeldungen an die KommAustria sicherzustellen. (TZ 6) Seite 59 / 59 (3) Zweifelsfragen über die Medieneigenschaft bzw. die Medienperiodizität wären mit der KommAustria zu klären, um künftig sachlich richtige Meldungen sicherzustellen. (TZ 7) (4) Die vertragliche Kennzeichnungsverpflichtung nach 2 der Richtlinien des Bundes und des Landes Wien bei Werbeaufträgen und Medienkooperationen wäre nachweislich zu erfüllen und insbesonders auf ihre Einhaltung durch das beauftragte Medium zu achten. (TZ 9)