Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen
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Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen
Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase dargestellt am Beispiel einer JavaScript-Software für die Onlinebewerbung unter besonderer Berücksichtigung der objektorientierten Sichtweise in einem InformatikBasiskurs. 1. Einleitung Am Oberstufenzentrum Handel I ist der Informatikunterricht analog zum Rahmenplan in der Einführungsphase derzeit so gestaltet, dass im ersten Schulhalbjahr überwiegend anwendungsorientiert in die Informatik eingeführt wird, während im zweiten Halbjahr hauptsächlich die Analyse eines dokumentierten Systems und die Konstruktion von Teilalgorithmen im Vordergrund stehen. Dabei erlebe ich, dass Schülerinnen und Schüler großes Interesse an anwendungsbezogenen Inhalten der Informatik zeigen. Im Umgang mit dem Internet beispielsweise wächst das Interesse spürbar und mündet in eine wachsende Motivation für das Fach "Informatik" und seine Anwendungspotenziale. Bei dem Übergang in das zweite Schulhalbjahr ist jedoch bei einigen Schülern ein Bruch der Motivation zu beobachten. Die anfängliche Begeisterung verfliegt angesichts der von den Schülern oft als "trocken" empfundenen Themen. Der Anwendungsbezug des ersten Schulhalbjahres steht für die Schüler nur noch im schwach erkennbaren Zusammenhang zu den Unterrichtsinhalten des zweiten. Vor diesem Hintergrund habe ich mich gefragt, wie die hohe Motivation der Schüler im Umgang mit dem Internet für die Überwindung dieses Bruches zu nutzen ist. Es galt mithin, die Analyse eines Programmsystems mit der Anwendung der Internettechnologie auch inhaltlich besser zu verknüpfen, statt beide ohne für die Schüler hinreichend deutlichen Bezug zueinander im Unterricht zu behandeln. Als ein praxisnahes Beispiel, das an der Lebenswelt und den Interessen der Schüler anknüpft und sich zudem in einem Informatik-Basiskurs am OSZ Handel I vermitteln lässt, erschien mir das Thema "Onlinebewerbung". Diese Bewerbungsform habe ich bereits bei meinem früheren Arbeitgeber als innovativ und durchaus erfolgreich kennen gelernt. Sie scheint sich neben der schriftlichen Bewerbung zunehmend zu etablieren und kann den Schülern somit weitere Chancen für ihren Berufseinstieg eröffnen. Für die softwareseitige Umsetzung meines Vorhabens habe ich die Programmiersprache "JavaScript" gewählt und auf dieser basierend eine Software zum Thema "Onlinebewerbung" entwickelt, die inzwischen als Recherchesystem mit der Bezeichnung "BewerbNet" installiert vorliegt. In einem ersten Schritt sollen die Schüler mit seiner Hilfe eine eigene Onlinebewerbung erstellen. Danach werden sie unter Verwendung des Recherchesystems modellhaft in die Analyse eines Programmsystems eingeführt, mit dem Ziel, zum einen Verständnis zu entwickeln für die an der Schule praktizierte objektorientierte Programmierung und zum anderen grundlegende Begrifflichkeiten der objektorientierten Sichtweise kennen zu lernen. Der Themenkomplex umfasst zwei Phasen, eine anwendungsbezogene (Erstellung einer file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (1 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Onlinebewerbung und ihre Einbindung in das BewerbNet) sowie eine analysierende (Einführung in die objektorientierte Programmierung). Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Verknüpfung der beiden Phasen. Diese umfasst vor allem die ersten drei Unterrichtsstunden (eine Doppel- und eine Einzelstunde) nach der Erstellung der Onlinebewerbung, in denen der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analysierenden Unterrichtsphase stattfindet. Die Planung und Erstellung der Onlinebewerbungen werden folglich in dieser Arbeit nicht beschrieben. Da der Anwendungsbezug Grundlage für die analysierende Unterrichtsphase ist, wird er in Kapitel 2 dennoch kurz umrissen. In Kapitel 3 werden Intentionen bei der Analyse des Recherchesystems unter objektorientierter Sichtweise erläutert. Während in Kapitel 4 allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen beschrieben werden, dienen Kapitel 5 und 6 der inhaltlichen Darstellung und der Reflexion des analysierenden Unterrichts. Um einen Gesamteindruck zu vermitteln, wird dabei auch die Durchführung der anwendungsbezogenen Unterrichtsphase kurz skizziert. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit werden in Kapitel 7 zusammengefasst. Nach einer Vereinbarung mit meinem Hauptseminarleiter Herrn Gerke und meinem Fachseminarleiter Herrn Steinbrucker drucke ich den kompletten Inhalt des Recherchesystems aus. Diesen füge ich zusammen mit den in der anwendungsbezogenen Unterrichtsphase eingesetzten Arbeitsblättern und Beispielen der von den Schülern gestalteten Onlinebewerbungen als gesonderte Anlage dieser Arbeit hinzu. Die Anlage soll den inhaltlichen Rahmen abrunden, ist jedoch im eigentlichen Sinne nicht Bestandteil dieser Arbeit. 2. Zur Darstellung des anwendungsorientierten Themas "Onlinebewerbung" 1. Onlinebewerbung Angesichts der derzeitig schwierigen Arbeitsmarktslage stellt die Suche nach einer geeigneten Arbeits- oder Ausbildungsstelle hohe Anforderungen an den Einzelnen. Hier erweitert eine Bewerbung über das Internet die Chancen, viele Arbeitgeber zu erreichen und positiv auf sich aufmerksam zu machen. Der einfachste Weg einer Onlinebewerbung ist die Versendung einer elektronischen Nachricht (kurz: E-Mail). Er bietet sich etwa im Anschluss an die Durchsicht einer entsprechenden Homepage eines Unternehmens an. E-Mails eignen sich besonders, um einen Erstkontakt mit einem für Schüler interessanten Unternehmen herzustellen. Eine besondere Form der Onlinebewerbung ist die Erstellung einer Bewerbungshomepage. In ihr sind die notwendigen Elemente jeder traditionellen Bewerbung enthalten. Diese Standardelemente können durch zusätzliche Features erweitert werden, wie sie insbesondere im multimedialen Netz entstehen. Der grundlegende Unterschied zu herkömmlichen Bewerbungen besteht dabei in der multimedialen Gestaltungsmöglichkeit (vgl. Meier et al. 1998, 244). Darüber hinaus bietet das Internet verschiedene Wege zur Arbeits-platzsuche, etwa das Durchsehen der Webseiten von Unternehmen oder die Nutzung elektronischer Jobbörsen. Dabei stellt die Suche in Jobbörsen (z. B. über die der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg: http://www.arbeitsamt.de) gegenwärtig die gezielteste und daher am weitesten verbreitete Form der Onlinestellensuche dar (vgl. Riebesehl 1999, 89; vgl. Scholz 1998, file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (2 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - 427). Es ist mein Ziel, den Schülern den Zugang zu diesen Bewerbungsmöglichkeiten zu erleichtern. Dabei habe ich relevante Materialien zu diesem Thema in einem Recherchesystem zusammengestellt, dem von mir so genannten "BewerbNet". In ihm lassen sich Bewerbungshomepages ablegen, Informationen zu Onlinebe- werbungen abrufen und gezielte Internetverbindungen herstellen. Im Folgenden stelle ich BewerbNet vor, um anschließend die diesem Recherchesystem zu Grunde liegende Anwendungsebene der JavaScript-Programmierung darzustellen. 2. Das Recherchesystem "BewerbNet" BewerbNet ist ein anwendungsorientiertes Recherchesystem auf der Basis objektorientierter Programmierung. Realisiert wurde es in der Programmiersprache "JavaScript". Es dient der themenbezogenen Zusammenstellung und dem Ordnen von Informationen in Computernetzen etwa dem Internet oder - etwas überschaubarer - dem Schulnetz. Hier werden Texte und Bilder zusammengetragen, um sie dann später etwa im Unterricht einzusetzen. Dabei zeigt sich die Anwendungsfreundlichkeit des Internet am deutlichsten in der Entwicklung seines inzwischen populärsten Dienstes, dem Word Wide Web (kurz: Web oder WWW). In diesem finden wir multimedial aufbereitete Inhalte zu einer Vielzahl von Themen. Die Seiten im Web sind über Hyperlinks (kurz: Links) verknüpft, mit deren Hilfe der Nutzer per Mausklick von einem Dokument zum nächsten gelangen kann (vgl. Diepold 1998, 148). Mit der erstaunlichen Entwicklung des Web und seinem zunehmenden Angebot an Information und Kommunikation wächst jedoch – so Diepold – "... die Notwendigkeit, diese neuen Ressourcen fachspezifisch zu strukturieren, zu gewichten, zu bewerten und einem definierten Benutzerkreis zugänglich zu machen" (ebenda, 148). Dies geschieht mit dem vorliegenden Recherchesystem, das Schülern ausschließlich ausgewählte, unterrichtsrelevante Inhalte zum Thema "Onlinebewerbung" in einem Netzwerk zur Verfügung stellt. Neben zahlreichen Links zu elektronischen Jobbörsen und Ratgebern für die Jobsuche im Internet enthält es beispielhafte Webseiten zur Gestaltung einer eigenen Bewerbung im Internet wie Lebenslauf, Schulund Arbeitszeugnisse. Daher rührt auch sein Name "BewerbNet". Um an bereits bekannte Strukturen anzuknüpfen, lag es nahe, sich an bewährten Bildern zu orientieren, d. h. im vorliegenden Fall an dem Windows-Explorer. So wird nach dem Starten im BewerbNet eine webtaugliche Nachbildung der Verzeichnisstruktur des Windows-Explorers angezeigt. Diese erscheint im linken Frame und enthält die Einträge des BewerbNet. Per Mausklick können die einzelnen Ordner durch die Nutzer auf- und zugeklappt werden. Wählt der Schüler einen Ordner aus, erscheint im rechten Frame die gewünschte Webseite (siehe folgende Abbildung). file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (3 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Snapshot des Recherchesystems "BewerbNet" Die Verzeichnisstruktur wird dynamisch mit Hilfe der Programmiersprache "JavaScript" erzeugt. Sie steuert hier die Auswahl der Webseiten zum Thema "Onlinebewerbung". Der Schüler kann so mittels der dort angegebenen Internetadressen mit einem Mausklick direkt auf die gewünschte Webseite beziehungsweise Homepage der entsprechenden Anbieter - etwa von Jobbörsen - zugreifen und von dort die themenbezogenen Informationen auf seinen Bildschirm holen. Der Schüler gewinnt so den Eindruck, das BewerbNet enthielte alle Informationen, die er anfordert. Diese aktive Komponente erscheint mir auch deshalb wichtig, weil ich davon ausgehe, dass Schüler die Texte ihrer Auswahl eher und sorgfältiger lesen als vorgegebene Texte und wohlgestaltete Arbeitsblätter. Denn beim Einsatz von Arbeitsblättern stelle ich immer wieder fest, dass sie nur punktuell gelesen werden. Durch selbsttätige Wegewahl innerhalb des BewerbNet, die durch die Wahl der Links, denen ein Schüler folgt, definiert ist, scheint das Interesse zu wachsen und sich mithin das Lernergebnis nachhaltiger zu entwickeln. Insgesamt bildet das BewerbNet ein thematisch gut entwickeltes, d. h. ein nahezu geschlossenes System, das strukturell und funktionell sämtlichen HTML-Dateien übergeordnet ist. So gesehen stellt es eine didaktische Reduktion der Informationsvielfalt des Internet auf bestimmte Themenbereiche dar, die ein gezieltes Recherchieren von Informationen zum Thema "Onlinebewerbung" im Unterricht ermöglicht. Das Recherchesystem gestattet den Schülern eine selbständige und aktive Gestaltung ihres Wissenserwerbs und stellt zugleich auch ein "Produktionsmittel" dar. Die Schüler können und sollen mit seiner Hilfe eigene Bewerbungshomepages erstellen, da die dem Recherchesystem zugrunde liegende Systematik eine Verknüpfung mit dem Medium "Internet" beabsichtigt. In diesem Zusammenhang habe ich die Hauni Maschinenbau AG, Hamburg, ein Unternehmen in der Tabaksparte der Körber AG, zur Kooperation für eine modellhafte Bewerbung im Internet gewinnen können. Diese Kooperation sieht unter anderem vor, dass sich einige Schüler vom OSZ Handel I auf kaufmännische beziehungs-weise technisch-kaufmännische Berufe, in denen Hauni ausbildet, "online" file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (4 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - bewerben. Dazu sollen sie eine Bewerbungshomepage zu einem der folgenden fünf Ausbildungsberufe erstellen: ● ● ● ● ● Industriekaufmann/frau Industriekaufmann/frau mit der Zusatzqualifikation "Kaufmännische Assistenz - Schwerpunkt Datenverarbeitung" Diplom-Kaufmann/frau Diplom-Wirtschaftsinformatiker/in und Diplom-Wirtschaftsingenieur/in. Die drei letztgenannten Ausbildungsberufe sind mit einem berufs-begleitendem Fachhochschulstudium an der staatlich anerkannten privaten Fachhochschule "Nordakademie" in Elmshorn verbunden. Damit stehen auch Berufe zur Auswahl, die für zukünftige Abiturienten attraktiv sind. Für die Schüler wichtige Informationen zu den einzelnen Berufsbildern und zum begleitenden Fachhochschulstudium wurden von mir als selbst erstellte HTML-Seiten in das Be-werbNet eingefügt. Die von den Schülern gefertigten Webseiten zur Onlinebewerbung bei der Hauni Maschinenbau AG sollen im März 1999 über das Internet dem Unternehmen zugeleitet werden. Nach den Osterferien hoffe ich dann auf eine kommentierte Rückantwort von der Perso- nalstelle an die Internetadresse unserer Schule (vgl. hierzu auch Schreiben der Hauni Maschinenbau AG vom 23. März 1999 im gesonderten Anhang). Von dieser externen Bewertung erwarte ich für die Schüler Hinweise über ● ● ● Erscheinungsbild und Wirkung ihrer Onlinebewerbung, Kriterien, nach denen Unternehmen ihre Bewerberauswahl treffen und Gründe, die im Einzelnen zu einer Zu- oder Absage einer Bewer-bung führen können. Die Schüler bekommen so Aufschlüsse darüber, worauf sie bei einer zukünftigen Bewerbung achten sollten. Denn gerade in der heutigen Arbeitsmarktsituation sind Kenntnisse über die Erstellung und Wirkung einer Bewerbung sehr nützlich. Um der externen Bewertung einen höheren Stellenwert zu verleihen, verzichte ich auf eine Benotung der einzelnen Onlinebewerbungen. Die Realisierung des Recherchesystems folgte Ideen, die auf Minert (1998, 250 - 265) sowie auf die Beilage PCpro Praxis: "JavaScript" der Zeitschrift PC Professionell vom September 1996 zurückgehen. Beide Quellen zeigen beispielhaft auf, wie sich Auswahlmenüs mit aufklappbarer Struktur in JavaScript erzeugen lassen. Diese Struktur liegt auch dem Recherchesystem zugrunde. 1. 2. JavaScript JavaScript ist von der Firma Netscape Communications Corporation entwickelt und 1995 auf den Markt gebracht worden. Sie gilt im Allgemeinen als eine vielfach nutzbare Programmiersprache, die in erster Linie für den Einsatz im World Wide Web konzipiert ist (vgl. Minert 1998, 19). Webseiten, die normalerweise in reinem HTML erstellt werden, sind relativ statisch und können selbst keine Aktionen file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (5 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - ausführen. Durch JavaScript wird es möglich, Aussehen und Funktion einer Webseite erheblich zu verändern und jede Seite mit bewegten und interaktiven Elementen zu versehen (vgl. ebenda, 62 - 64). JavaScript erlaubt die Entwicklung einfacher Funktionen, die direkt als Quelltext in HTML-Dokumente integriert werden können. Ein JavaScript-Programm wird ohne weiteren Kompilierungsschritt von einem Webbrowser interpretiert und ausgeführt. Die Kernsprache "Core JavaScript" ist im Browser eingebettet die populärsten Browser sind derzeit der Netscape Communicator und der Microsoft Internet Explorer. Die Entwicklung von JavaScript orientierte sich stark an der Programmiersprache "Java" der kalifornischen Firma Sun Microsystems. Beide Sprachen weisen daher auch gewisse Gemeinsamkeiten in der Syntax auf. Dennoch gelten sie als verschiedene Sprachen: Während JavaScript eine Ergänzung und Erweiterung zu HTML darstellt, ist Java eine kompilierte Sprache für einen Prozessor, der im Browser simuliert wird (vgl. Tolksdorf 1997, 248). Java ermöglicht die Programmierung von Applets. Das sind kleine Programme, die über das Internet übertragen und in HTML-Seiten eingebunden werden. Im Unterschied zu JavaScript kann Java jedoch einen Browser als Ganzes nicht steuern (vgl. Flanagan 1997, 5). Eine eigene Steuerung ist für die Funktionsweise unseres Recherchesystems "BewerbNet" jedoch eine wesentliche Voraussetzung, um Inhalte zum Thema "Onlinebewerbung" in einem "beliebigen" Browserfenster anzeigen zu können. Mit der Auswahl der Sprache "JavaScript" geht es mir nicht um die Einführung einer neuen Programmiersprache am OSZ Handel I. Vielmehr wollte ich der wachsenden Bedeutung des Internet als Ausdruck einer weltweiten informations- und kommunikationstechnischen Struktur Rechnung tragen (vgl. Ballauf 1998, o. S.). Die Tendenz auf diesem Gebiet geht immer mehr dahin, Multimedia und elektronische Vernetzung enger miteinander zu verknüpfen (vgl. Behler 1998, 175). Vor diesem Hintergrund möchte ich den Schülern einerseits eine Möglichkeit aufzeigen, bereits vertraute Internetapplikationen - wie oben beschrieben - selbst herzustellen sowie ihnen andererseits ein Verständnis für die objektorientierte "Denkweise" eines Softwaresystems vermitteln, und zwar unabhängig von der jeweiligen Programmiersprache. Die Sprache "JavaScript" stellt hierfür die multimediale Technologie zur Verfügung und unterstützt das objektorientierte Paradigma, welches am OSZ Handel I dem Informatikunterricht zugrunde liegt. 1. Objektorientierung: Intentionen bei der Analyse des Programmsystems "BewerbNet" Aus dem Bezugsrahmen des schulinternen Paradigmas heraus dominiert die objektorientierte Sichtweise der im Rahmen des Unterrichts vorgenommenen Softwareentwicklung. Sie zieht sich als Leitgedanke durch die analysierende Unterrichtsphase dieser Arbeit. Die Vorstellungen der objektorientierten Programmierung sind jedoch im "Vorläufigen Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule - Gymnasiale Oberstufe - Fach Informatik, 1993" (noch) nicht explizit enthalten. Angesichts der immer wieder zu beobachtenden Schwierigkeiten der Schüler, vor allem im Umgang mit komplexen Programmsystemen, wurde die objektorientierte Idee Anfang der 90er Jahre aufgrund einer schulinternen Vereinbarung zum grundlegenden Konzept im Fach Informatik der Sekundarstufe II am OSZ Handel I. Vor der Einführung der objektorientierten Sichtweise war der Informatikunterricht am OSZ Handel I von file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (6 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - der üblichen, ablauforientierten Denkweise geprägt. Ein Hauptgewicht dieser Perspektive liegt auf der funktionalen Abstraktion. Bei einem solchen Ansatz spielen die Daten im Vergleich zu den Funktionen eine untergeordnete Rolle. Die angebotenen Lösungen enthalten eine Vielzahl von Einzelheiten (Prozeduren, Daten, Dateien), zwischen denen unterschiedliche Beziehungen bestehen. Das Ziel des "... selbständigen Finden(s) und Formulieren(s) algorithmischer Lösungen komplexer Probleme ... " (ebenda, 8) war daher - so die Beobachtungen am OSZ Handel I - auf konventionellem Weg für viele Schüler nur schwer oder gar nicht erreichbar (vgl. Spolwig 1997, 7). Die ablauforientierte Betrachtungsweise eines Softwaresystems ist zwar korrekt, doch werden die Schüler hier zu sehr "gezwungen", ihre Denkweise der des Computers anzupassen. Im Vergleich zum hier vorgestellten Recherchesystem "BewerbNet" jedoch würde den Schülern auf diese Weise nur ein einseitiger und somit unvollständiger Blick auf die Möglichkeiten des Systems vermittelt. Vor diesem Hintergrund scheinen die Prinzipien der objektorientierten Programmierung einen anderen, vermutlich konstruktiveren Weg zu eröffnen, komplexe Programmsysteme zu vereinfachen und für Schüler erfahrbarer zu machen. Denn jüngeren Veröffentlichungen gemäß baut die Objektorientierung auf Vorstellungen auf, die bereits im frühen Kindesalter erlernt werden (vgl. Coad et al. 1996, 15). So stellte beispielsweise Piaget bei Untersuchungen zur Entwicklung des kindlichen Denkens fest, dass Menschen im Kindesalter auf das Objektkonzept geprägt werden (vgl. Booch 1997, 213). Piaget beobachtete, dass ein Kind für gewöhnlich im Alter von etwa einem Jahr "... das Konzept der Dauerhaftigkeit von Objekten entdeckt; kurz danach zeigt das Kind Fähigkeiten, diese Objekte zu klassifizieren, zuerst in grundlegende Kategorien wie etwa Hunde, Katzen und Spielzeug [...]. Später entdeckt das Kind allgemeinere Kategorien (wie etwa Tiere) sowie auch spezifischere (wie etwa Beagles)" (ebenda, 193). Aus der Sicht der von Piaget dargestellten Entwicklung menschlicher Denkprozesse basiert die objektorientierte Analyse offenbar auf drei Organisationsmethoden, die das ganze menschliche "... Denken durchziehen: 1. das Unterscheiden von Wahrnehmungen in einzelne Objekte und ihre Attribute, wie z. B. die Unterscheidung zwischen einem Baum und seiner Größe oder seinem räumlichen Verhältnis im Vergleich zu anderen Objekten, 2. die Unterscheidung zwischen ganzen Objekten und ihren einzelnen Bestandteilen, z. B., wenn man zwischen einem Baum und seinen Ästen unterscheidet, 3. das Bilden von Klassen von Objekten und die Unterscheidung zwischen diesen Klassen, z. B., wenn man die Klasse aller Bäume bildet und die Klasse aller Steine und dann zwischen diesen beiden Klassen unterscheidet." In der menschlichen Entwicklung ist ein wesentlicher Schritt des Lernens demnach durch Abstraktion von konkreten, wirklichen Erfahrungen bestimmt. In den Grenzen des hier vorgestellten Recherchesystems besteht die Möglichkeit für ein analoges Vorgehen darin, einen Weg von der anwendungsbezogenen Arbeit am Computer hin zu einem Verständnis für die Struktur von Problemlösungen mit Computern zu entwickeln. Dieser Weg setzt jedoch Kenntnisse darüber voraus, welche Bausteine bei der Analyse des Recherchesystems als Objekte bezeichnet und welche Attribute diesen zugeschrieben werden. Dies ist für die meisten Schüler ein schwieriger Prozess und erfordert grundsätzlich Erfahrungswissen im Erkennen der einem System zu file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (7 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Grunde liegenden Muster. Im hier vorliegenden Fall haben die Schüler zwar schon auf anwendungsorientierter Ebene mit dem Recherchesystem gearbeitet, sind aber nun zum ersten Mal im Verlauf der Einführungsphase gefordert, eine Softwareanwendung in einen theoretischen Bezugsrahmen einzufügen. Dieser Prozess bedarf der Anleitung und sorgfältigen Einübung. Daher plane ich, die Analyse des Recherchesystems zunächst nur auf die Softwareoberfläche und nicht auf den Quelltext zu beziehen. Dabei soll den Schülern verdeutlicht werden: ● ● welche Objekte für die Funktionsweise des BewerbNet relevant sind (z. B. Ordner und Webseite) und welche nicht (z. B. das Layout einer Webseite) und wie die identifizierten Objekte in Beziehung zueinander stehen (z. B. durch Mausklick auf ein Ordnersymbol sucht das Recherchesystem die betreffende Webseite und stellt die dort angebotene Information auf dem Bildschirm dar). Das ausführliche Herausarbeiten der Objekte soll dazu führen, dass die Schüler die "Denkweise" des Recherchesystems erkennen können, im vorliegenden Fall die objektorientierte. Gleichzeitig soll durch das Anknüpfen an bei den Schülern beliebten Anwendungsformen die Motivation zur Auseinandersetzung mit abstrakten Themenstellungen der Informatik gesteigert werden (vgl. hierzu auch die Einleitung). Zudem hoffe ich, dass sie auf einem solchen Wege - von der Anwendung zur Analyse theoretische Konzepte der Informatik leichter nachvollziehen und eine Verbindung zwischen Analyse und praktischer Arbeit herstellen können. Um diese Verknüpfung im Rahmen meiner Arbeit zu ermöglichen, lasse ich die Schüler zunächst ihre Onlinebewerbungen anfertigen, damit sie auf der Anwendungsebene mit dem BewerbNet vertraut werden. Daran schließt sich die analysierende Unterrichtsphase an, in der die Schüler das BewerbNet unter objektorientierter Sichtweise betrachten. Erst nach Abschluss dieser Phase werden die Bewerbungen der Schüler in das BewerbNet eingefügt und der Hauni Maschinenbau AG zugeleitet. Auf diese Weise soll die Analyse des BewerbNet nicht als "Anhängsel" erscheinen, sondern als notwendige Vertiefung des auf der Anwendungsebene Gelernten. Zwar wäre die Einstellung der Bewerbung in das BewerbNet grundsätzlich auch ohne Grundkenntnisse der Objektorientierung möglich, dennoch kann diese zu einem vertieften Verständnis für die Zusammenhänge der den Anwendungsschritten zu Grunde liegenden Denkweise führen. Mir ist bewusst, dass die gesamte Unterrichtsreihe sehr umfangreich und vielschichtig ist. Daher wird ein besonderer Schwerpunkt der Vorbereitung und Durchführung in der didaktischen Reduktion des Unterrichtsstoffes liegen. So stellt das BewerbNet selbst - wie beschrieben - schon eine didaktische Reduktion dar, die sich in der Stoffauswahl, der nun folgenden inhaltlichen Darstellung der analysierenden Unterrichtsphase fortsetzt. 1. Unterrichtsvoraussetzungen 1. Angaben zur Klasse file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (8 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - 2. Institutionelle Voraussetzungen Der Unterrichtsraum ist mit acht in U-Form angeordneten Personal Computern (Pentium) ausgestattet, die je von zwei Schülern genutzt werden können. Für die Arbeit ohne Rechner stehen in der Mitte des Raumes Tische ebenfalls in U-Form zur Verfügung. Neben dem Lehrerrechner können zu Unterrichtszwecken auch die Tafel, ein Overheadprojektor und ein Drucker genutzt werden. Das Bild des Lehrerrechners kann mit Hilfe eines Aufsatzes auf dem Overheadprojektor (Display) an die Wand projiziert werden. Die Rechner laufen unter dem Betriebssystem "Windows NT" und weisen alle einen Zugang zum Internet auf. Um mit dem BewerbNet arbeiten zu können, habe ich dieses zusammen mit dem Webbrowser "Netscape Communicator" an jedem Schülerarbeitsplatz installiert. Ebenso steht jedem Schüler ein im Schulnetz ausgewiesener eigener Arbeitsbereich zur Verfügung, in dem er seine Onlinebewerbung ablegen kann. Im Unterschied zu den Unterrichtsstunden, in denen die Schüler die Webseiten für ihre Onlinebewerbungen erstellen und in das BewerbNet einstellen, sitzen die Schüler während der hier beschrie- benen Unterrichtsstunden nicht an ihren Rechnern, sondern an den in UForm zusammengestellten Tischen in der Mitte des Klassenraums. Nur für gezielte Arbeiten im BewerbNet werden die Rechnerarbeitsplätze benutzt. 3. Vorgaben des Rahmenplans Laut vorläufigem Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule - Gymnasiale Oberstufe - Fach Informatik (1993, 8) sollen die Schüler "… bereits im Anfangsunterricht an die komplexe Struktur von Problemlösungen mit Computern herangeführt werden." Dabei sollen sie befähigt werden, die den Strukturen zu Grunde liegenden Denkweisen zu erkennen und eigene Lösungen zu entwickeln. Der Einstieg in die Programmierung soll über die Analyse eines fertigen Softwareprodukts erfolgen. Diese Software soll aus einem Anwendungsbereich stammen und den Schülern leicht zugänglich sein (vgl. ebenda, 8 - 13). Entsprechend dieser Vorgabe erfolgt die Umsetzung der Unterrichtsziele nach der hier vorgestellten Vorgehensweise in zwei Stufen: ● ● Benutzung: Darunter wird die Nutzung des Recherchesystems "BewerbNet" im Zusammenhang mit dem Thema "Onlinebewerbung" verstanden. Diese Stufe geht dem Thema der Examensarbeit voraus und wird hier nicht mehr explizit dargestellt. Analyse: Mit der Analyse des Recherchesystems soll im Rahmen dieser Arbeit gleichzeitig in die Sichtweise der objektorientierten Programmierung eingeführt werden. 1. Planung der analysierenden Unterrichtsphase 1. Inhaltsentscheidungen 1. Sachanalyse 1. Grundlagen der objektorientierten Programmierung Die Idee der objektorientierten Programmierung entstand bereits in den 60er Jahren. Damals ging es um die Frage nach einer Programmiersprache, die für file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (9 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - die Durchführung von Computersimulationen der realen Welt geeignet wäre. Ziel des so genannten Simula-Projektes war, "... den Begriff eines Objekts einzuführen, das, ähnlich wie ein Objekt der realen Welt, eine Entität mit bestimmten Eigenschaften darstellt und die Fähigkeit besitzt, auf bestimmte Weise auf Ereignisse zu reagieren" (Louden 1994, 365). Die Schlussfolgerungen aus diesem Projekt wurden in der so genannten Universalsprache "Simula 67" realisiert. Die Besonderheit des Simula-Projekts lag vor allem in der Erkenntnis der Wiederverwendung von Software. Mit dem Begriff der Wiederverwendung ist überwiegend die Idealvorstellung verbunden, die Bausteine, aus denen ein Softwaresystem besteht, auch von allen anderen Systemen mitbenutzen zu lassen. Eng verknüpft mit dieser Vorstellung war die Einführung eines Klassenkonzepts - das fundamental für objektorientierte Sprachen ist (vgl. ebenda, 46). So laden moderne objektorientierte Sprachen (z. B. Java, Eiffel und C++) durch ihre Klassenkonzepte geradewegs dazu ein, Programmkomponenten (Klassen) zu konservieren und bei Bedarf wieder zu verwenden. Klassen sind Konstruktionspläne für gleichartige Objekte. Sie beschreiben Eigenschaften von Objekten und lassen Besonderheiten der entsprechenden Objekte außer Acht. Die beschriebenen abstrakten Eigenschaften, die sich in Verhalten und Zustand gliedern lassen, bilden die Grundlage für den Aufbau eines entsprechenden Softwaresystems. Ein Objekt ist unter diesem Blickwinkel eine Ausprägung (ein Exemplar, auch Instanz genannt) einer bestimmten Klasse. Der Zustand eines Objekts wird in Variablen (Attributen) festgehalten und sein Verhalten in Methoden implementiert (vgl. Spolwig 1997, 28). Objekte treten durch Austausch von Nachrichten (Botschaften) miteinander in Verbindung. Nach außen hin abgeschirmte Daten (Zustände) eines Objekts werden verändert (etwa die Hintergrundfarbe eines Ordners von "rot" nach "blau"), indem die geeignete Methode (Operation) durch eine an das Objekt zugestellte Nachricht aktiviert wird (vgl. Vetter 1995, 27). Können von einer Klasse Objektinstanzen erzeugt werden, wird sie als (konkrete) Klasse bezeichnet. Dagegen wird von abstrakter Klasse gesprochen, wenn von ihr keine Objektinstanzen erzeugt werden können (vgl. Nygaard 1996, 172). Abstrakte Klassen spielen besonders im Zusammenhang mit "Vererbung" und "Polymorphie" eine besondere Rolle. Vererbung bedeutet, dass "... eine Klasse die Eigenschaften und Methoden einer übergeordneten Klasse übernimmt und sie somit zum verfügbaren Repertoire macht" (Spolwig 1997, 28). Mit der Vererbung wird eine hierarchische Beziehung zwischen den betroffenen Klassen zum Ausdruck gebracht. Durch Polymorphismus wird gewährleistet, "... dass file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (10 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - unterschiedlichen Klassen angehörige Objekte aufgrund ein und derselben Nachricht verschieden reagieren können" (Vetter 1995, 88). Seit Mitte der 80er Jahre ist nicht nur das Programmierparadigma das eigentliche Anliegen der Objektorientierung, sondern vielmehr die objektorientierte Methode an sich. Damit wurde auch die Entwicklung neuer Methoden im Software Engineering ausgelöst (zu Deutsch: Softwaretechnik). Dabei bilden die objektorientierte Analyse (OOA) und das objektorientierte Design (OOD) die Methoden, die zu einer objektorientierten Betrachtung von Softwaresystemen führen (vgl. Booch 1997, 42). Jedoch sind die Grenzen zwischen Analyse und Design verschwommen, "... obwohl beide Bereiche einen unterschiedlichen Schwerpunkt haben. In der Analyse versuchen wir, die Welt zu modellieren, indem wir Klassen und Objekte entdecken, die das Vokabular des Problembereichs bilden. Beim Design erfinden wir die Abstraktionen ..." (ebenda, 198). Zur OOA haben sich unterschiedliche Entwurfsmethoden herausgebildet wie die Object Modeling Technique von Rumbaugh et al., die Coad/YourdanMethode, die Booch-Methode oder die Wirfs-Brock-Methode (vgl. Spolwig 1997, 26). Die meisten dieser Verfahren verfolgen in der Regel eine bestimmte Notation und stellen dabei "... ein unterschiedlich umfangreiches Handwerkszeug an Grafiken und Darstellungselementen zur Verfügung ..." (ebenda, 26). Eine häufig verwendete Analysemethode ist die Notation von Rumbaugh et al. (1993, 27 - 322). Hier stehen beispielsweise zur grafischen Darstellung von Objekten so genannte Objektdiagramme zur Verfügung. Ein Objektdiagramm stellt "... eine formale grafische Notation für die Modellierung von Objekten, Klassen und ihren Relationen zueinander bereit" (ebenda, 29). Rumbaugh et al. unterscheiden zwei Arten von Objektdiagrammen: Klassen- und Instanzendiagramme. Ein Klassendiagramm stellt dabei ein Schema beziehungsweise ein Muster (Schablone) zur Beschreibung vieler möglicher Dateninstanzen dar. "Eine Klasse wird durch ein Rechteck dargestellt, in dem es bis zu drei Bereiche geben kann. Die Bereiche enthalten, von oben nach unten: Klassenname, Liste der Attribute und Liste der Operationen" (ebenda, 33). Die Namen der Klassen werden grundsätzlich in Form von Substantiven angegeben. Klassendiagramme sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Darstellung großer objektorientierter Programmsysteme. Sie geben eine Übersicht über die Hierarchie der vorhandenen Klassen. Im Gegensatz dazu illustrieren Instanzendiagramme, wie eine Menge von Objekten in Relation zueinander stehen. Dabei wird für jede Instanz ein abgerundetes Rechteck verwendet und der Klassenname steht in Klammern oben in der Textbox. Während in Klassendiagrammen zwischen dem Klassennamen und den Attributen eine Linie gezogen ist, enthalten Instanzendiagramme diese Linie nicht. file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (11 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Alles in allem beschreiben Klassendiagramme bei der Modellierung eines Programmsystems den allgemeinen Fall. Instanzendiagramme werden dagegen verwendet, um Beispiele zu veranschaulichen (vgl. ebenda, 29 f). 2. JavaScript: von der objektbasierten Sprache hin zur Objektorientierung In der Fachliteratur und bei interessierten Newsgroups im Internet (beispielsweise bei der englischsprachigen JavaScript-Newsgroup comp.lang.javascript oder der deutschsprachigen de.com.lang. java-script) wird JavaScript einschränkend als eine objektbasierte Programmiersprache bezeichnet, da der Begriff der Klasse (noch) nicht vorkommt. Stattdessen wird der Name "Objekt" stellvertretend verwendet. Betrachten wir diese Einschränkung positiv, "... so kann man sagen, dass dem Programmierer die Arbeit der Klassendefinition [...] bereits abgenommen wurde" (Minert 1998, 66). Demnach sind bereits einige Objekte im JavaScript-Browser vordefiniert vorhanden. Dazu zählen in erster Linie folgende, bei jeder JavaScript-Programmierung vorhandene Objekte: ● ● ● ● das window-Objekt, welches stets in Form eines Browserfensters präsent ist, die location, deren Eigenschaften Informationen über die Herkunft eines HTML-Dokuments enthält, die history, deren Methoden Sprünge zu den bisher besuchten Webseiten erlauben, das document-Objekt, dessen Eigenschaften vom Aufbau des jeweiligen HTML-Dokuments abhängen (vgl. ebenda, 121). JavaScript arbeitet intern mit einer Objekthierachie. Diese ergibt sich unmittelbar aus dem hierarchischen Aufbau von HTML. Dabei enthalten einzelne Objekte, so genannte Containerobjekte, eine Ansammlung weiterer Objekte wie z. B. das Objekt "document", das sämtliche Bilder, Links und Eingabefelder einer Webseite beherbergt. Jedes dieser Objekte wiederum verfügt über bestimmte Eigenschaften und Methoden, durch die der Programmierer auf diese Objekte Einfluss nehmen kann (vgl. ebenda, 66; vgl. Koch 1999, 90). Neben der Nutzung bereits vordefinierter Objekte können in der Sprache "JavaScript" auch eigene Objekte erzeugt sowie deren Eigenschaften und Methoden definiert werden. Diese Möglichkeit findet in der vorliegenden JavaScript-Software Anwendung. Wie bereits erwähnt, präsentiert das Recherchesystem in Anlehnung an den Windows-Explorer eine baumartige Struktur. Diese wird bei der Programmierung zunächst abstrakt definiert. Bei der Erzeugung einer Instanz schließlich wird ein Name vergeben, mit dem der Programmierer auf das nun real existierende Objekt zugreifen kann. Auf diese Weise entsteht in der JavaScript-Software die Instanz "BewerbNetTyp", mit der die komplette Baumstruktur beschrieben wird. Dazu enthält diese Instanz alle Ordner sowie die zugehörigen Methoden zur Definition des Inhalts und zur Ausgabe der Baumstruktur. Im Browserfenster zeigt dann der linke Frame das Inhaltsverzeichnis des Recherchesystems an, während die rechte Hälfte die Texte zum Thema "Onlinebewerbung" enthält. Jeder Text liegt als separate Webseite vor, die wiederum ein vom Recherchesystem unabhängiges Objekt darstellt (vgl. hierzu auch Fußnote 8, Seite 6; vgl. Minert 1998, 250 - 265; vgl. Beilage PCpro Praxis: "JavaScript" der Zeitschrift PC Professionell vom September 1996). 1. Begründete Stoffauswahl file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (12 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Zur Einführung in die objektorientierte Programmierung ist keinesfalls die Kenntnis der Programmiersprache "JavaScript" erforderlich. Vielmehr soll den Schülern in dieser Unterrichtsreihe das vielen modernen Programmiersprachen zu Grunde liegende Paradigma der Objektorientierung deutlich werden (vgl. hierzu auch Kapitel 2.3, Seite 9 - 10). Auf Grund der Vielzahl von objektorientierten Begriffen, mit denen die Schüler konfrontiert sind, ist es für die Stoffauswahl dieser Stunden wichtig, dass zunächst nur einige grundlegende erklärt werden wie Objekt, Eigenschaft und Methode. Auch wenn der Begriff der Klasse in JavaScript (noch) nicht vorkommt, soll er an dieser Stelle eingeführt werden, gehört er doch zu den Grundbegriffen objektorientierter Programmiersprachen. Zudem wird JavaScript nur im Zusammenhang mit dem BewerbNet am OSZ Handel I gebraucht. Die im weiteren Unterrichtsverlauf der Einführungsphase zu Grunde gelegte objektorientierte Programmiersprache "Borland Delphi" verwendet den Begriff der Klasse wieder, so dass die Schüler mit einheitlichen Begriffsmustern weiterarbeiten können. Auf die Begriffe "Zustand" und "Verhalten" sowie die Vorgänge der Vererbung und des Polymorphismus wird erst im weiteren Verlauf der Einführungsphase näher eingegangen. Die Begriffe "OOA" und "OOD" werden an dieser Stelle ebenfalls nicht explizit erwähnt, auch wenn auf ihrer Grundlage gearbeitet wird. Die Anzahl neuer Begrifflichkeiten in den Einführungsstunden wäre sonst zu umfangreich. Ihre Vorstellung erfolgt ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt der Einführungsphase im Zusammenhang mit der Behandlung von Methoden der Softwaretechnik. 1. 2. Unterrichtsziele 1. Groblernziele Nach der hier gewählten Einführung in die objektorientierte Programmierung sollen die Schüler … ● ● ● grundlegende Begriffe wie Objekt, Klasse, Instanz, Eigenschaft und Methode erläutern können, Prinzipien des objektorientierten Modellierens an einfachen Beispielen anwenden können und die Funktionsweise des BewerbNet aus objektorientierter Perspektive beschreiben können. 1. Feinlernziele Die Schüler sollen ... ● ● ● ● ● ● ● Objekte als elementare Bausteine des objektorientierten Modellierens bezeichnen können. (LZ 1, K1) wiedergeben können, dass jedes Objekt eine Identität besitzt, die es von allen anderen unterscheidet. (LZ 2, K 1) Eigenschaften und Methoden als Merkmale eines Objekts bezeichnen können. (LZ 3, K 2) wiedergeben können, dass ein Klassendiagramm (Karteikarte) ein Instrument zur Beschreibung von Objekten ist, das als Rechteck dargestellt wird und in dem es drei Bereiche geben kann: Objektname, Liste der Eigenschaften und Liste der Methoden. (LZ 4, K 1) Eigenschaften und Methoden des Objekts "Ordner" im Recherchesystem "BewerbNet" bestimmen können. (LZ 5, K 2) erläutern können, dass eine Klasse eine Gruppe von Objekten mit gleichartigen Merkmalen beschreibt. (LZ 6, K 2) erklären können, dass eine Instanz ein "lebendes" Exemplar einer bestimmten Klasse ist. (LZ 7, K file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (13 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - ● ● ● ● ● ● ● ● 2). wiedergeben können, dass Instanzendiagramme als abgerundete Rechtecke dargestellt werden, in denen der Klassenname in Klammern steht und zwischen Klassenname und konkreten Werten keine gezogene Linie enthalten ist. (LZ 8, K 1) konkrete Merkmale (Ausprägungen) eines Analyseobjekts nennen können. (LZ 9, K 1) Klassen- und Instanzendiagramme gegenüberstellen können. (LZ 10, K 2). darlegen können, dass das Festlegen von Objekten in einem Anwendungsgebiet und das Bestimmen ihrer Eigenschaften und Methoden häufig ein schwieriger Prozess sein kann. (LZ 11, K 2) auf der Grundlage ihrer praktischen Arbeit neben dem Objekt "Ordner" weitere Objekte des BewerbNet bestimmen können, etwa die im Programmsystem eingebundenen beispielhaften HTML-Seiten zur Gestaltung einer eigenen Bewerbung im Internet. (LZ 12, K 2). abgrenzen können, dass einzelne HTML-Seiten des Recherche- systems Exemplare der Klasse "Webseite" sind. (LZ 13, K 2) anhand der Objekte "Ordner" und "Webseite" die Interaktion von Objekten verdeutlichen können. (LZ 14, K 2) in der Lage sein, die Webseiten ihrer Onlinebewerbungen in den Quelltext des Recherchesystems einzutragen. (LZ 15, K 2) 1. 2. Geplanter Unterrichtsverlauf Doppelstunde Phase/ Zeit I Inhalt/ Geplanter Unterrichtsverlauf Lernziele vortragend, Informierender Unterrichtseinstieg Medien TB 1 Frontalunterricht 7' II 10' Aktionsform/ Sozialform Einführung der Begriffe "Objekt", "Eigenschaft" und "Methode" 1, 2, 3 fragendentwickelnd, OH-Folie 1, TB 2 Frontalunterricht III 15' Einführung der Karteikarte zur Erfassung von Eigenschaften und Methoden eines Objekts 1, 3, 4 fragendentwickelnd, Plüschtier, TB 3 Lehrer-SchülerGespräch, Frontalunterricht IV Lesen eines Textes in verteilten Rollen Schülertätigkeit 5' file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (14 von 31)27.10.2004 20:19:30 AB 1 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - V 15' VI Schüler bestimmen Eigenschaften und Methoden des Objekts "Ordner" aus dem BewerbNet 4, 5 Einführung der Begriffe "Klasse" und "Exemplar" 2, 4, 6, 7, 8 selbständige Schülertätigkeit, AB 1, Rechner, Partnerarbeit, gemeinsame Sicherung fragendentwickelnd, TB 4 TB 5 10' Frontalunterricht VII 15' VIII Übung: Schüler fertigen Klassen- und Instanzendiagramme an Wiederholung und Zusammenfassung 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 10 10' IX 3' 4, 8, 9, 10 selbständige Schülertätigkeit, Plüschtiere, Einzelarbeit, gemeinsame Sicherung TB 6 Lehrer-SchülerGespräch, TB 7 Frontalunterricht Hausaufgabe: Schüler erhalten die Aufgabe, weitere Analyseobjekte des BewerbNet herauszuarbeiten Einzelstunde I 5' II 10' III 15' Wiederholung der in der letzten Stunde eingeführten Begriffe 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 10 Lehrer-SchülerGespräch, Vertiefung und Objektivierung von Problemen, die im Zusammenhang mit der Klassifizierung von Objekten auftreten können 11 Lehrer-SchülerGespräch Erarbeitung der Klasse "Webseite" auf der Basis der Hausaufgabe 12, 13 Frontalunterricht AB 1, OH-Folie 2 (Diskussion), Frontalunterricht fragendentwickelnd, TB 8, OH-Folie 3 Lehrer-SchülerGespräch, Frontalunterricht file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (15 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - IV Grafische Darstellung der Struktur des BewerbNet 14 fragendentwickelnd, TB 9 5' Frontalunterricht V 10' Erläuterungen zum Einbinden der Bewerbungen in das BewerbNet anhand des Quelltextes 15 fragendentwickelnd, AB 2 Frontalunterricht 3. Methoden, Medien und zentrale didaktische Entscheidungen Wie bereits im allgemeinen Teil ausgeführt, sollen die Schüler das Programmsystem "BewerbNet" unter objektorientierter Sicht analysieren. Die damit verbundene Einführung in die objektorientierte Programmierung erfordert eine präzise Abgrenzung der verwendeten Begriffe. Zur Vereinfachung wird der Begriff "Objekt" daher zunächst allgemein im Unterricht vorgestellt, um das Bestimmen von Eigenschaften und Methoden einzuüben. Erst ab Phase 6 der Doppelstunde erfolgt eine Differenzierung des Objektbegriffs in Klasse und Instanz (Exemplar). Es werden die in der Anwendung benutzten Objekte "Ordner" und "Webseite" des BewerbNet aus der Perspektive der Schüler untersucht. Auf Details der Implementierung wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen, da hierfür ein Exkurs in die Programmierung mit JavaScript notwendig wäre. Unterstützen möchte ich die Einführung zunächst anhand von einfachen Beispielen aus der Lebenswelt der Schüler. So gebe ich exemplarische Untersuchungsobjekte vor, an denen Eigenschaften und Methoden aufgezeigt und erläutert werden. Denn erst wenn die Schüler diese definieren können, stehen ihnen Instrumente zur Verfügung, mit denen sie selbständig auf die Suche nach Objekten im BewerbNet gehen können. Auch dort gebe ich das Objekt "Ordner" vor, um ihnen eine Orientierungshilfe für die Suche nach Objekten im Anwendungsgebiet zu bieten. Anschließend sollen die für die Darstellung der Struktur und Funktionsweise des Recherchesystems relevanten Objekte Schritt für Schritt herausgearbeitet werden, zuerst die Ordner, dann die Webseiten. Das Objekt "BewerbNetTyp" werde ich in diesem Zusammenhang zwar als Steuereinheit "BewerbNet" vorstellen, auf eine nähere Untersuchung jedoch verzichten. Die für den Aufbau des Systems weniger wichtigen Objekte (z. B. die auf einer Webseite enthaltenen Objekte wie Laufschrift, Links, Bilder, Eingabefelder oder Absätze) werden hier ebenfalls nicht untersucht. Zur Veranschaulichung der Funktionsweise des BewerbNet sowie der Beziehung der Objekte untereinander benutze ich lediglich eine einfache grafische Darstellung. 1. Detailplanung der Doppelstunde In der ersten Phase wähle ich einen informierenden Unterrichtseinstieg, da die Analyse eines Programmsystems für die Schüler einen vollkommen neuen Sachverhalt darstellt. Nach Grell et al. (1996, 151 - 171) möchte ich den Schülern mit einfachen Worten die wichtigsten Unterrichtsinhalte der nächsten Unterrichtsstunden darlegen und ihnen die Gründe für die Themenstellung erläutern. Unter Bezug auf die file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (16 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - letzte Unterrichtsstunde, in der die Schüler die Webseiten für ihre Bewerbungshomepage fertig gestellt haben, stelle ich die kommenden Inhalte in einem Tafelbild (TB 1) vor. Einführung in die objektorientierte Programmierung am Beispiel des BewerbNet ● ● ● ● ● Klärung von Grundbegriffen der objektorientierten Programmierung Welche Objekte gibt es im BewerbNet? Gefundene Objekte des BewerbNet modellieren: welche Eigenschaften und Methoden haben sie? Anordnen der gefundenen Objekte des BewerbNet nach ihren Beziehungen untereinander Einbinden der Bewerbungen im Quelltext des BewerbNet (TB 1) In der zweiten Phase wird zunächst geklärt, was unter objektorientierter Programmierung zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang lernen die Schüler die Begriffe "Objekt", "Eigenschaft" und "Methode" kennen. Zur Veranschaulichung eines Objekts habe ich - in Anlehnung an Nygaard (1996, 171) und Vetter (1995, 26) - die so genannte "Pfannkuchensicht" gewählt, um die Zusammengehörigkeit der individuellen Eigenschaften und Methoden eines Objekts für die Schüler einprägsam zu visualisieren. Am konkreten Beispiel eines Fahrrads lernen sie zugehörige Eigenschaften und Methoden kennen (OH-Folie 1 - vgl. Seite 28). Da ich davon ausgehe, dass OH-Folie 1 allein die Schüler nicht genügend motiviert, werde ich das Fahrrad (fahren) selbst pantomimisch demonstrieren, um so insbesondere das Herauf- und Herunterschalten der Gänge als Methode zu charakterisieren. Als Ergebnis dieser Phase können mit den Schülern für das Tafelbild (TB 2) allgemein gültige Aussagen über die objektorientierte Programmierung abstrahiert werden. Objektorientierte Programmierung Die Sichtweise der objektorientierten Programmierung betrachtet die reale Welt als eine Sammlung von Objekten, die gewisse Eigenschaften und Methoden besitzen. Der Programmentwurf besteht darin, die file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (17 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Objekte gemeinsam mit ihren Eigenschaften und Methoden in einem Modell abzubilden. (TB 2) Die dritte Phase soll allen Schülern die Möglichkeit geben, sich in Ruhe mit den neuen Begriffen der Objektorientierung auseinander zu setzen und vertraut zu machen. Als Beispielobjekt dient ein Hund. Hierzu verwende ich ein Plüschtier, an dem die Schüler die Eigenschaften und Methoden eines Hundes wirklichkeitsnah feststellen können. Gleichzeitig wird ihnen - in enger Anlehnung an das Klassendiagramm von Rumbaugh et al. - eine so genannte "Karteikarte" als Hilfsmittel vorgestellt, mit dem sie die Eigenschaften und Methoden des Objekts "Hund" unter Anleitung einfach und übersichtlich festhalten können. Um die neuen Begriffe auch visuell zu unterscheiden, sollen die Schüler jede Eigenschaft mit einem "*" und jede Methode mit einem "-" auf der Karteikarte kennzeichnen (vgl. Tafelbild 3). Die Karteikarte und die Kennzeichnungen der Eigenschaften und Methoden entsprechen im Übrigen der am OSZ Handel I gebräuchlichen Anwendung bei der praktischen Entwurfsarbeit (vgl. Spolwig 1997, 34). Die vierte und fünfte Phase dienen der Übertragung des Gelernten auf das BewerbNet. Die Schüler erhalten ein Arbeitsblatt (AB 1 - siehe Anhang), auf dem Analogien zwischen dem Klassifizieren von biologischen Gruppen und dem Festlegen von Objekten beim objektorientierten Entwurf aufgezeigt sind. Die fachliche Information ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, deren offenes Ende die Schüler motivieren soll, die Eigenschaften und Methoden des Objekts "Ordner" im Recherchesystem an ihrem Computer selbst zu finden. Zur Vereinfachung ist im Arbeitsblatt 1 nur von einem Ordnerobjekt die Rede. Die Schüler sollen nicht die konkreten Ausprägungen aller im BewerbNet befindlichen Ordnerobjekte untersuchen und herausarbeiten, sondern vielmehr grundlegende Merkmale der Ordner charakterisieren. Als Hilfsmittel für ihre Analyse dient eine auf der Rückseite des Arbeitsblattes 1 vorbereitete Karteikarte, auf der die Schüler ihre Ergebnisse aufschreiben sollen. Anschließend werden diese im Klassenverband verglichen und in einem Tafelbild festgehalten (TB 4 – vgl. Seite 30). Die Einbettung der Aufgabenstellung in eine fiktive Geschichte soll das Interesse der Jugendlichen wecken, sie zum Lesen und Mitarbeiten motivieren und die Identifikation mit den handelnden Personen fördern. Daher wird das Arbeitsblatt auch mit verteilten Rollen vorgelesen (Erzähler, Informatikerin und Biologe). Die Rolle des Informatikers habe ich bewusst einer Frau zugedacht, denn noch immer wird das Fach Informatik mit dem Bild des computertechnisch interessierten männlichen Jugendlichen gleichgesetzt. Diesem file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (18 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Rollenmuster möchte ich entgegenwirken. Die Analogien zur Biologie sind gewählt, um an vertraute Ordnungsmuster anzuknüpfen und diese auf die Informatik zu übertragen. Gleichzeitig wird indirekt darauf hingewiesen, dass das Bestimmen der gemeinsamen Merkmale von Objekten häufig ein schwieriger Prozess sein kann. Diese Erfahrung werden meiner Einschätzung nach auch die Schüler selbst machen, wenn sie mit den Ordnerobjekten arbeiten (vgl. hierzu auch Kapitel 3, Seite 13). Aus diesem Grunde plane ich, diesen Prozess auch als allgemeine Problematik des objektorientierten Entwurfs zu thematisieren (vgl. Phase 2 der Einzelstunde). Phase 6 dient der Einführung der Begriffe "Klasse" und "Objektinstanz" (Exemplar). Im Verlauf der Einführungsphase des Informatikunterrichts soll mit diesem Begriffspaar weitergearbeitet werden. Dazu zeige ich den Schülern mit Hilfe des Displays verschiedene Ordnerobjekte des BewerbNet und erkläre, dass diesen jeweils ein gleiches Muster zu Grunde liegt. Gleichzeitig führe ich das Instanzendiagramm nach Rumbaugh et al. ein. Zusammen mit der bereits eingeführten Karteikarte dient es zur Verständnisförderung in der Unterscheidung von Klasse und Objektinstanz. Hierbei wird die Karteikarte nun als Klassendiagramm vorgestellt. Dazu greife ich auf Tafelbild 4 zurück und ergänze dieses um (konkrete) BewerbNet (TB 5). file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (19 von 31)27.10.2004 20:19:30 Ordnerobjekte aus dem Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Die siebte Phase dient der Vertiefung und Festigung der Begriffe "Klasse" und "Instanz" (Exemplar). Analog zu Phase 6 bilden die Schüler nun selbständig entsprechende Diagramme am Beispielobjekt "Hund". Hierzu verwende ich den bereits bekannten Plüschhund, dem ich einen zweiten, kleineren gegenüberstelle. Den beiden Plüschtieren sollen die Schüler konkrete Merkmale zuordnen - zusätzlich zu den bereits in Phase 3 festgestellten grundlegenden Eigenschaften eines Hundes. Ein Schüler präsentiert sein Ergebnis beispielhaft an der Tafel (TB 6), indem er Tafelbild 3 um die beiden Instanzendiagramme ergänzt. Zum Abschluss der Stunde wird in Phase 8 der gesamte Unterrichtsinhalt mit den Schülern wiederholt, reflektiert und an der Tafel (TB 7 - vgl. Seite 32) festgehalten. Diese Wiederholung dient der Systematisierung des bisherigen Unterrichtsstoffes und ermöglicht mir eine Lernzielkontrolle des in dieser Unterrichtsstunde vermittelten Lernstoffes. Zusammenfassung Ein Objekt im Sinne der objektorientierten Softwareentwicklung kann alles sein, was sich durch Eigenschaften und Methoden beschreiben lässt und sich hinreichend von anderen Objekten unterscheidet. Eine Klasse ist eine Objektbeschreibung (Konstruktionsplan), nach der bei Bedarf beliebig viele Instanzen erzeugt werden können. Eine Instanz ist ein "lebendes" Exemplar einer bestimmten Klasse. Die Begriffe "Instanz" und "Exemplar" werden häufig synonym verwendet. TB 7 Zur Übung und Vertiefung des Gelernten erhalten die Schüler in Phase 9 mündlich die Hausaufgabe, selbständig weitere Analyseobjekte im BewerbNet zu identifizieren. In der nächsten Unterrichtsstunde soll auf dieser Grundlage weitergearbeitet und die Klasse "Webseite" am Beispiel der in das Recherchesystem eingestellten HTML-Seiten dargestellt werden. Mit der Hausaufgabe möchte ich zugleich feststellen, ob die Schüler auch einen Bezug zwischen ihrer praktischen Bewerbungstätigkeit und der objektorientierten Analyse des BewerbNet herstellen können (vgl. hierzu auch Kapitel 3, Seite 13 14). 1. Detailplanung der Einzelstunde file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (20 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Die erste Phase dieser Einzelstunde dient der Wiederholung der erfolgten Einführung in die objektorientierte Programmierung, insbesondere der Festigung der Begrifflichkeiten. Anschließend werden in Phase 2 - wie in Phase 5 der Doppelstunde angekündigt - allgemeine Probleme, die im Zusammenhang mit dem Klassifizieren von Objekten auftreten können, thematisiert. Hierzu greife ich das Arbeitsblatt 1 aus der vorigen Unterrichtsstunde auf. Durch einen visuellen Impuls (OH-Folie 2 – siehe Seite 33) aus dem Bereich der Tierwelt sollen die Schüler in die Lage versetzt werden, die bei der Festlegung von Objekten entstehenden Abgrenzungsprobleme weiterführend zu diskutieren. Dabei soll den Schülern deutlich werden, dass zum einen das Finden und Festlegen von Objekten im Anwendungsgebiet eine grundlegende Voraussetzung der OOA ist und zum anderen die Zuordnung von Objekten nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. OH-Folie 2: file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (21 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Schwierigkeiten bei der Klassifizierung (aus: Booch 1997, 188) Ziel in Phase 3 ist es, die in das Recherchesystem eingefügten Webseiten als wichtige Objekte zu identifizieren, auch im Hinblick auf die in Phase 4 vorgesehene Darstellung der Funktionsweise des BewerbNet. Die einzelnen Webseiten sollen als Klasse "Webseite" dargestellt werden. Dazu wird die Hausaufgabe der letzten Stunde aufgegriffen. In diesem Zusammenhang möchte ich keinerlei (visuelle) Hilfsmittel einsetzen, weil ich feststellen möchte, ob die Schüler ihr durch die Arbeit am BewerbNet erworbenes anwendungsbezogenes Wissen mit den bis hierhin vermittelten Kenntnissen der objektorientierten Theorie verknüpfen können. Die von den Schülern benannten Objekte werden in einem Tafelbild festgehalten. Dabei ordne ich das Tafelbild so an, dass die für die Struktur und Funktion des BewerbNet relevanten Objekte (z. B. die HTML-Seiten "Lebenslauf", "Schul- und Arbeitszeugnis" aus der Beispielhomepage) auf der linken Tafelseite untereinander stehen, während die für den Aufbau irrelevanten Objekte rechts angeschrieben werden. Letztere werden in der weiteren Diskussion nicht mehr berücksichtigt. Sollten in diesem Zusammenhang die Schüler ihre selbst erstellten Webseiten als mögliche Objektkandidaten anführen, werde ich diese ebenfalls als relevante Objekte des Recherchesystems in das Tafelbild aufnehmen (TB 8). file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (22 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Ursprünglich hatte ich als nächsten Schritt geplant, die Schüler die gemeinsamen Merkmale der Klasse "Webseite" in Einzel- oder Partnerarbeit herausarbeiten zu lassen. Ich habe mich jedoch dagegen entschieden, da eine Webseite selbst wiederum weitere Objekte wie Bilder und Links enthalten kann (vgl. hierzu auch Ausführungen zum "document-Objekt" in Kapitel 5.1.1.2, Seite 20 - 21). Eine Abgrenzung zwischen in ihr enthaltenen Objekten, Eigenschaften und Methoden weist insgesamt ein erhöhten Schwierigkeitsgrad auf. Daher werde ich die Eigenschaften und Methoden der Klasse "Webseite" gemeinsam mit den Schülern erarbeiten. Die dabei erarbeiteten Ergebnisse werden auf einer vorbereiteten Karteikarte (OH-Folie 3) festgehalten. Die Schüler übernehmen das Ergebnis in ihre Unterlagen. Phase 4 dient der abschließenden Darstellung der Struktur und Funktionsweise des BewerbNet. Dabei soll die Beziehung der in den vorangegangenen Phasen herausgearbeiteten Analyseobjekte (Ordner und Webseite) grafisch im Tafelbild (TB 9) dargestellt werden, um so die Funktionsweise des BewerbNet unter objektorientierter Sicht mit den Schülern zu erörtern (vgl. hierzu auch Kapitel 3, Seite 13). In diesem Zusammenhang führe ich die Steuereinheit "BewerbNet" ein. Damit soll das Recherchesystem "BewerbNet" als zusammenhängendes Programmsystem dargestellt werden. Auf dieser Grundlage soll in Phase 5 der Bezug zum Quelltext des BewerbNet hergestellt werden. Dazu erhalten die Schüler ein Arbeitsblatt (AB 2 - siehe Anhang), das einen Ausschnitt vom Quelltext der JavaScript-Software "BewerbNet" enthält. Dieser Auschnitt repräsentiert die von mir so bezeichnete Datei file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (23 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - "menue.js" (vgl. hierzu auch den eingerahmten Teil des im Anhang befindlichen Quelltextes). Mit Hilfe dieser Datei können die Schüler ihre Onlinebewerbungen in das BewerbNet einfügen, ohne mit dem gesamten Quelltext arbeiten zu müssen. Da die meisten Schüler zum ersten Mal mit einem Quelltext umgehen, habe ich die Datei "menue.js" so konzipiert, dass sie die zuvor grafisch dargestellte Struktur des BewerbNet wieder erkennen können. Damit ist die Analyse des BewerbNet im Rahmen der vorliegenden Arbeit abgeschlossen. Die durch die Analyse unterbrochene praktische Arbeit am BewerbNet wird unmittelbar wieder aufgenommen, indem die Schüler die Webseiten ihrer Onlinebewerbungen hineinstellen. 1. Reflexion des Unterrichtsverlaufs Die Unterrichtsstunden wurden am 11. Januar (Doppelstunde) und am 18. Januar 1999 (Einzelstunde) in der Klasse 5802a durchgeführt. 1. Die Doppelstunde In der Doppelstunde verlief der Unterricht weitgehend entsprechend der Planung. Die einzelnen Phasen waren gut aufeinander abgestimmt, die Lernziele wurden erreicht und auch die Zeitplanung war realistisch. Zu Beginn der Stunde fiel den meisten Schülern jedoch die Umstellung von der inzwischen schon gewohnten Arbeit am Rechner zum regulären Unterricht im Klassenverband schwer. So setzte sich ein Teil der Schüler aus Gewohnheit an die Rechner und wollte weitere Ideen für die Gestaltung ihrer Onlinebewerbung umsetzen. Die Bereitschaft, sich auf andere Unterrichtsinhalte einzustellen, war bei diesen Schülern zunächst nicht sonderlich groß. Der von mir gewählte informierende Unterrichtseinstieg trug zur Auflösung dieser Situation bei. Denn als die Schüler erfuhren, dass auf der Grundlage des in dieser Stunde erarbeiteten Stoffes nach der nächsten Unterrichtsstunde wieder die anwendungsbezogene Arbeit mit dem BewerbNet geplant war (Einstellung der Onlinebewerbung in das BewerbNet), stieg ihre Bereitschaft zur Beteiligung am Unterricht deutlich. Das sich anschließende Herausarbeiten der Eigenschaften und Methoden am Beispiel eines Fahrrads empfanden die Schüler als sehr anschaulich und einprägsam. Dazu trug auch bei, dass ich in dieser anfänglichen Unterrichtssituation die beabsichtigte pantomimische Darstellung des Bewegungsablaufes auf einem Fahrrad erfolgreich einsetzte. Das Heraufund Herunterschalten der Gänge wurde dadurch bildhaft sichtbar und wirkte gleichzeitig anregend. Nun war die Aufmerksamkeit der Schüler von der Rechnerorientiertheit auf das Thema gelenkt und die Klasse war zur Mitarbeit motiviert. Im Umgang mit dem Arbeitsblatt 1 bestätigten sich meine Erwartungen. Zum einen wirkte das Arbeitsblatt durch seine Rahmenhandlung motivierend. Dann aber stellte sich vor allem das Benennen der Eigenschaften und Methoden des Objekts "Ordner" als eine für die Schüler schwierige Aufgabe heraus. Allerdings setzten sie sich intensiv mit dem Arbeitsauftrag auseinander. Einigen Schülern war zum Bespiel nicht verständlich, ob das Auf- und Zuklappen der Ordner eine Eigenschaft oder eine Methode des Ordners sei. Diese file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (24 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - und ähnliche Fragen diskutierten sie auch sehr selbständig miteinander. Dabei haben sie bis auf "Schriftgröße" und "Schriftgrad" - die Eigenschaften erkannt. Für die Methode "reagiert-auf-Mausklick" erfanden sie - wie nicht anders zu erwarten - eigene Bezeichnungen wie "anklicken" und "anwählen". Die Phase 5 dauerte ca. fünf Minuten länger als geplant, da die Schüler sich intensiv untereinander austauschten und sich gegenseitig halfen. Dabei verhielten sich vor allem die Leistungsträger sehr kooperativ. Einer von ihnen verglich die BewerbNet-Ordner sogar mit den Ordnern des Windows-Explorers, indem er die Gleichartigkeit der Ordner erkannte und bewusst die Ordner des Windows-Explorers statt des BewerbNet nach Eigenschaften und Methoden untersuchte. Dies wurde von mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwartet. Der Meinungsaustausch innerhalb der Klasse förderte das Verständnis für die in Phase 6 eingeführten Begriffe "Klasse" und "Objektinstanz", damit fiel diese Phase entsprechend kürzer aus. Die bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Unterrichtsatmosphäre einer lockeren, aber dennoch sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema und der konstruktive Austausch untereinander setzten sich im weiteren Unterrichtsverlauf fort. So entwickelte sich die in Phase 7 geplante Einzelarbeit zu einer Arbeit in der Gesamtgruppe, bei der die Schüler gegenseitig die Argumente der anderen auf- griffen und weiterführten, zum Teil auch in spielerischer Form (durch gegenseitiges Zuwerfen und gemeinsame Untersuchung der Plüschtiere). Auf Grund der konstruktiv sachlichen Arbeitsatmosphäre blieb die Aufgabenstellung dennoch stets im Mittelpunkt. Bei der abschließenden Wiederholung des Unterrichtsstoffes wurde deutlich, dass die eingeführten objektorientierten Begrifflichkeiten von den Schülern verstanden wurden. Das Abbilden von Klassen- und Instanzendiagrammen bereitete den Schülern offenbar keine Schwierigkeiten, weder bei der selbständigen Erstellung noch bei der Diskussion der unterlegten Inhalte. Die Auswahl der anschaulichen Beispiele ermöglichte den situa-tionsorientierten Einsatz spielerischer Elemente. Das Ausmaß der spielerischen Anteile war von mir nicht vorgesehen, sondern ent- wickelte sich aus der Gruppendynamik der Situation heraus. Die konkreten Beispiele ermöglichten zudem auch den leistungsschwächeren Schülern einen Zugang zum Unterrichtsgegenstand, der sich in reger Beteiligung ausdrückte. Weiterhin wurde durch die angeleitete Beschäftigung mit den Beispielen die Eigeninitiative der Schüler gestärkt und sie waren in die Lage versetzt, sich den hier zu behandelnden Unterrichtsstoff ein Stück weit selbständig zu erarbeiten, anstatt ihn nur rezeptiv aufzunehmen. Insgesamt trugen die aus der realen Welt gegriffenen Beispiele zu einem fließenden Übergang von der anwendungsbezogenen zur analysierenden Unterrichtsphase bei. 2. Die Einzelstunde Im Unterschied zur vorausgegangenen Doppelstunde hatten die Schüler die in der Mitte zusammengestellten Tische als Arbeitsplatz für diese Stunde angenommen. Die erste Phase file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (25 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - verlief wie geplant, die Schüler nannten im Zuge der Wiederholung der Inhalte der letzten Stunde auch eigene Beispiele für Objekte. Die in der zweiten Phase vorgesehene Diskussion um Probleme bei der Klassifizierung von Objekten wurde von den Schülern angeregt geführt. Der mit OH-Folie 2 gegebene stille Impuls hat sich dabei bewährt. So haben die Schüler Analogien zum Arbeitsblatt 1 wieder erkannt und einen Zusammenhang zu eigenen Schwierigkeiten beim Bestimmen der Merkmale des Ordnerobjekts hergestellt. Nach meiner Einschätzung hat die Diskussion den Schülern auch gezeigt, dass nicht allein eigene Wissensdefizite das Zuordnen von Eigenschaften und Methoden schwer machen, sondern dass diese Abgrenzung auch objektiv ein durchaus schwieriges Unterfangen sein kann. Die Besprechung der Hausaufgabe (Phase 3) hatte ich als wichtigen Baustein für den weiteren Unterrichtsverlauf eingeplant. Es stellte sich jedoch heraus, dass die meisten Schüler ihre Hausaufgabe nicht gemacht hatten. Ihre Begründung, sie hätten zu Hause keinen Zugriff auf das BewerbNet, zeigt mindestens zweierlei: eine praktische Abhängigkeit vom technischen Mittel und die noch wenig entwickelte Fähigkeit, den Prozessablauf abstrakt, d. h. begrifflich nachzuvollziehen. Hier deutet sich Übungsbedarf an. In dieser Situation beschloss ich, das als Hausaufgabe gestellte Thema dennoch - wie geplant - mündlich ohne Hilfsmittel zu erarbeiten. Hierbei fiel auf, dass die Schüler ohne Hilfen zunächst keinen Bezug zwischen den von ihnen erstellten Webseiten und den vermittelten theoretischen Kenntnissen herstellen konnten (vielleicht korrespondierend zum methodischen Angebot). So erkannten sie die im BewerbNet enthaltenen Webseiten erst durch einen zusätzlichen Lehrerimpuls als Objekte. Die nachfolgenden Unterrichtsschritte verliefen für die meisten Schüler zu abstrakt und überforderten ihr Vorstellungsvermögen. Die von mir gewählte Vorgehensweise führte letztlich dazu, dass die Schüler sich aus der weiteren Diskussion zurückzogen und die Erarbeitung der Klasse "Webseite" mehr zu einem Lehrervortrag tendierte als geplant. In der in Phase 4 anschließenden Darstellung der Funktionsweise des BewerbNet wurden die Beziehungen zwischen den Analyseobjekten "Ordner" und "Webseite" durch die im Tafelbild 9 dargestellte Grafik visuell sichtbar. Die Schüler waren hierdurch in die Lage versetzt, wieder selbständig miteinander zu diskutieren. Daraus lässt sich schließen, dass Phase 3 möglicherweise erfolgreicher verlaufen wäre, wenn meine Vorgehensweise mit größerer methodischer Vielfalt konzipiert gewesen wäre. So wäre es methodisch ansprechender gewesen, die Schüler an ihre Rechnerarbeitsplätze zu schicken und sie die weiteren im BewerbNet enthaltenen Objekte selbst herausfinden zu lassen oder über den Lehrerdisplay das BewerbNet an die Wand zu projizieren. Das hätte dazu geführt, dass die nicht erledigte Hausaufgabe inhaltlich unterrichtswirksam erarbeitet und die Lernziele 12 und 13 an dieser Stelle erreicht worden wären. In der folgenden Arbeit mit dem Quelltext (Arbeitsblatt 2) zeigte sich jedoch, dass die Schüler durchaus Verständnis für dessen Aufbau entwickeln konnten, zumal sie die in der Analysephase erarbeiteten Objekte wieder erkannten. Dies wurde vor allem bei dem abschließenden Einfügen der Bewerbungsseiten in das BewerbNet deutlich. So waren die file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (26 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - Schüler grundsätzlich in der Lage, an dem für sie ungewohnten Quelltext ohne größere Probleme zu arbeiten. Acht Schüler stellten ihre Bewerbungen selbständig in das BewerbNet ein, die restlichen vier erhielten Unterstützung von ihren Mitschülern. Wie sich abschließend herausstellte, war es für viele Schüler die erste Bewerbung. Dies führte dazu, dass sie die Unterrichtsreihe als interessant bezeichneten und ihren Stolz auf das fertige "Produkt" zum Ausdruck brachten. 3. Zusammenfassende Einschätzung der anwendungs- bezogenen Unterrichtsphase Der Einsatz eines auf die Internettechnologie bezogenen Software- systems zur Verknüpfung von anwendungsorientierter und analysierender Unterrichtsphase war meines Erachtens insgesamt erfolgreich. So fanden die Schüler im Umgang mit dem Medium "BewerbNet" schnell ihre Routinen und wussten sie geschickt einzusetzen. Mit nur geringen Vorkenntnissen konnten sie eigene Bewerbungen schreiben und ins Internet stellen. Ihre Motivation und ihr Engagement waren während der Anwendungsphase sehr hoch. Hinzu kommt, dass mich ihr positives Feedback ebenfalls anspornte. Meine Vermutung, dass Schüler Texte auf dem Bildschirm eher lesen als Arbeitsblätter (vgl. Seite 6) konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht bestätigt werden. Beispielsweise fragten mich mehrere Schüler nach der Adresse des Bewerbungsempfängers, obwohl diese auf den entsprechenden Seiten des BewerbNet aufgeführt war. Das BewerbNet selbst hat sich meines Erachtens als Unterrichtsmittel bewährt. Seine Nutzung im Fach Informatik erfordert allerdings eine präzise Zielsetzung in der Aufgabenstellung, da es sonst im Unterrichtsverlauf sehr zum Ausprobieren und "Surfen" einlädt. Richtig zum Tragen kommt die Nutzung des BewerbNet jedoch aus meiner Sicht erst durch einen fächerübergreifenden Einsatz. Eine solche Erweiterung der Nutzungsebene war leider im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. So könnte beispielsweise im Fach Informatik die Technologie des BewerbNet mit den Schülern analysiert und weiterentwickelt werden. Im Fach Deutsch ließe sich das Unterrichtsthema "Wie erstelle ich eine Bewerbung?" und in Wirtschaftslehre das Thema "Personalauswahl" unterstützen. Weitere interdisziplinäre Nutzungskombinationen sind vorstellbar. So wären die von den Schülern erstellten Onlinebewerbungen noch gehaltvoller, wenn es möglich gewesen wäre, ihre Kenntnisse im Schreiben von Bewerbungen zu vertiefen. Dies konnte ich im Rahmen des Informatikunterrichts nur indirekt leisten, indem ich entsprechende zusätzliche Informationen und Beispiele für Bewerbung und Lebenslauf in das BewerbNet einstellte. 2. Fazit Aus meiner Sicht bietet der objektorientierte Ansatz einen geeigneten Weg zur Analyse eines Programmsystems im Informatikunterricht. Zum einen ermöglicht er eine unkomplizierte Anwendung und zum anderen erleichtert er den Schülern das Verständnis für die Struktur und Funktion des BewerbNet. So konnte bereits ein Schüler mit Hilfe der objektorientierten Analyse file:///N|/bebis/weiterbildung/sps/informatik/examen/lingens/lingens.htm (27 von 31)27.10.2004 20:19:30 Thomas Lingens Der Übergang von der anwendungsbezogenen zur analytischen Unterrichtsphase - ein Muster ausmachen, das in einem anderen Programmsystem wiederkehrte, dem WindowsExplorer. Der schwierigste Prozess im Zusammenhang mit dem Einsatz des BewerbNet war für mich die didaktische Reduktion sowohl der relativ komplexen Unterrichtsinhalte als auch ihre angemessene, kurze Beschreibung in dieser Arbeit. Insbesondere war es nicht einfach, meinen Schwerpunkt der Analyseorientierung gegenüber dem starken Interesse der Schüler an der anwendungbezogenen Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen. Sichtbar wurde dies vor allem zu Beginn der Doppelstunde, als es erheblicher Anstrengungen meinerseits bedurfte, um die Schüler von den Rechnern "wegzulocken". Insgesamt wurde nachhaltig deutlich, dass allein die Verknüpfung von Anwendung und Analyse nicht ausreicht, um Verständnis für informatische Konzepte zu entwickeln. Der Unterrichtsverlauf in Phase 3 der Einzelstunde (Besprechung der Hausaufgabe) zeigte, dass trotz der vielen Bezüge zur vorherigen praktischen Anwendung die Analyse für die Schüler ein außergewöhnlich hohes Maß an abstraktem Denken erforderte, so dass der Einsatz sorgfältig ausgewählter methodischer Hilfsmittel weiterhin dringend erforderlich blieb. Sobald die Schüler die Analyseobjekte (Ordner, Hund) jedoch praktisch vor Augen hatten, waren sie in der Lage, die Beschreibungsprinzipien eher nachzuvollziehen. Der hier beschrittene Weg der Verknüpfung von Anwendung und Analyse müsste meines Erachtens analog zur Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik noch stärker in den Vordergrund gestellt werden. In diesem Zusammenhang sollten auch weitere Unterrichtsreihen und Projekte hierzu entwickelt werden. 3. 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