Höchstleistung im Reinraum
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Höchstleistung im Reinraum
Medizintechnik SPECIAL Auch in der Medizintechnik steigt der Kostendruck. Engel hat seine vollelektrischen Spritzgießmaschinen der Baureihe e-motion deshalb fit für den Hochleistungseinsatz im Reinraum gemacht Höchstleistung im Reinraum Schnellläufer. Wie in anderen Branchen werden auch in der Medizintechnik immer höhere Durchsatzraten und kürzere Zykluszeiten verlangt. Allerdings lassen sich bestehende Schnelllauflösungen zum Beispiel aus der Verpackungsindustrie nicht ohne Weiteres auf Anwendungen im Reinraum übertragen. Spritzgießmaschinenbauer arbeiten derzeit intensiv daran, vollelektrische Baureihen für den Hochleistungseinsatz in kontrollierter Fertigungsumgebung weiterzuentwickeln. GERHARD DIMMLER CHRISTOPH LHOTA BERNHARD KORN er Trend zum Einsatz vollelektrischer Spritzgießmaschinen in der Medizintechnik hält an. Aktuell liegt ihr Anteil in diesem Branchensegment nach Verbandsanalysen bei rund 50 %, Tendenz steigend. Dieses Wachstum tragen vor allem zwei Faktoren. Zum Ersten sind vollelektrische Spritzgießmaschinen schneller und präziser als vergleichbare hydraulische Maschinen, und zum Zweiten bringen sie die Vorausset- D ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de Dokumenten-Nummer KU111065 Kunststoffe 7/2012 zungen für den Einsatz im Reinraum mit. Gründe hierfür sind, dass vollelektrische Maschinen ohne Hydrauliköl arbeiten, weniger Wärme an die Umgebung abgeben und sich die Partikellast konstruktiv auf ein Minimum reduzieren lässt. Vollelektrische Spritzgießmaschinen mit patentierter Massezylinderabsaugung, abgedichtetem Kniehebel, gekapselten Antrieben und glatten Oberflächen sind bei der Engel Austria GmbH, Schwertberg/Österreich, bereits „state of the art“ – sie vereinen höchste Reinheit mit Präzision und werden damit den bislang maßgeblichen Anforderungen an die Herstellung medizintechnischer Kunststoffteile gerecht. Mit steigendem Effizienz- und Kostendruck und den in diesem Zusam- www.kunststoffe.de 2012 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv menhang geforderten schnelleren Maschinenbewegungen reichen die genannten Maßnahmen allerdings nicht aus. Membranbälge halten die Luft rein Wenn es um Leistungssteigerung geht, gilt die Verpackungsindustrie als Vorbild. Speziell für die Verschlusskappenproduktion hat Engel seine vollelektrische Baureihe Engel e-motion auf Zykluszeiten unter 3 s und Einspritzgeschwindigkeiten von bis zu 460 mm/s getrimmt. Dabei müssen in der Maschinenentwicklung die enormen Lastwechsel und Beschleunigungen in dieser Leistungsklasse und die resultierenden hohen Belas- > 41 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern SPECIAL Bild 1. Um Partikelemissionen sicher auszuschließen, hat Engel die bei herkömmlichen Spritzgießmaschinen offenen Entlüftungen der Antriebsachsen auf der Spritzseite mit Membranbälgen versehen i Kontakt Engel Austria GmbH A-4311 Schwertberg Österreich TEL +43 50 620-0 > www.engelglobal.com Selbst wenn bei den vollelektrischen Spritzgießmaschinen die Wärmelast im Vergleich zur Partikellast vernachlässigbar ist, schlägt es im Reinraumbetrieb positiv zu Buche, dass Engel seine e-motion Maschinen mit einem Modul zur Energierückgewinnung ausstattet. Die Bremsenergie wird ins Netz zurückgespeist und nicht über Bremswiderstände in Wärme umgewandelt. Damit wird einerseits die 1/m3 G1 G2 16 000 14 000 12 000 10 000 8000 6000 4000 2000 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Anzahl Messungen (1×/min) 180 200 220 240 © Kunststoffe Bild 2. Die Membranbälge (G1/G2: Messergebnisse an zwei Sensorpositionen im Reinraum) halten auch bei kurzen Zykluszeiten Partikelemissionen auf niedrigem Niveau (Messung Schließantrieb, außerhalb der Maschine, Zyklus 3,14 s, 20-facher Luftwechselrate, mit Kunststoffmembran) Energieeffizienz der Maschine deutlich erhöht und andererseits die Wärmebelastung des Reinraums reduziert. Kontaminationen den Boden entziehen Wichtig für eine hohe Produkt- und Prozesssicherheit ist ein schmiermittelfreier Schließbereich (Bild 3). Viele Medizinprodukte, z.B. Verbrauchsmaterialien, die in hohen Stückzahlen produziert werden, fallen frei aus dem Werkzeug. Um sie dabei zuverlässig vor Kontaminationen durch Schmiermittel zu schützen, hat Engel die Linearführungen der Baureihe emotion gekapselt (Bild 4). Da den Holmen keine Führungsfunktion zukommt und 42 2012 Carl Hanser Verlag, München sie lediglich als Zuganker dienen, kommen sie ohnehin ohne Schmierung aus. Der gesamte Werkzeugraum ist zudem mit Edelstahl ausgekleidet und lässt sich somit leicht reinigen. Glatte, leicht zu reinigende Oberflächen sind generell das A und O im Reinraum. Hierzu gehört, dass Zusatzkomponenten in das Maschinenlayout integriert werden. Kann auf Hydraulik 20 000 Partikel (0,5 µm) tungen für alle Maschinenkomponenten wie Kniehebel, Spindeln und Motoren konstruktiv berücksichtigt werden. Dies erfordert neue gekapselte Schmierkonzepte für die durch Reibung belasteten mechanischen Komponenten sowie verbesserte Lösungen zum Abtransport der lokal entstehenden Wärme. Für den Einsatz im Reinraum kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Die Partikellast jeder elektrischen Maschine steigt bei hohen Geschwindigkeiten der Maschinenbewegungen an. Messungen im Reinraum haben ergeben, dass die geschlossenen und abgedichteten Maschinenachsen bei sehr schnellen Bewegungen zu einem Pumpeffekt führen können, der Ölpartikel freisetzt. Um Partikelemissionen sicher auszuschließen, hat Engel die bei herkömmlichen Maschinen offenen Entlüftungen mit Membranbälgen versehen und diese Lösung zum Patent angemeldet (Bild 1). Die Bälge kompensieren die Volumenänderungen in den Antriebsachsen, sodass die partikelbeladene Luft im geschlossenen System bleibt und nicht in den Reinraum entweichen kann.Alle Maschinenachsen lassen sich auf diese Weise vollständig kapseln. Vor allem ab Reinraumklasse ISO 7 und bei schnellen Maschinenbewegungen lässt sich durch diese Maßnahme die Partikellast weiter verringern (Bild 2). Damit packt das Entwicklungsteam von Engel die reinraumrelevanten Themen direkt an der Ursache an statt, wie bisweilen im Markt zu beobachten, kritische Konstruktionsmerkmale hinter Sichtabdeckungen zu verstecken. nicht vollständig verzichtet werden, weil z. B. Kernzüge oder Nadelverschlussdüsen hydraulisch betätigt werden, platziert Engel das hydraulische Zusatzaggregat innerhalb des Maschinengrundrahmens. Dort beansprucht es keinen zusätzlichen Platz und erschwert nicht die Reinigung der Gesamtanlage. Förderbänder ohne Abrieb Engel bietet komplette integrierte und automatisierte Fertigungszellen für den Einsatz im Reinraum an. Neu im Sortiment sind Förderbänder, die die GMP-Standards (Good Manufacturing Practice) erfüllen und die Prozesssicherheit deutlich erhöhen. Bislang basieren viele Fördersys© Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Kunststoffe 7/2012 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern Medizintechnik SPECIAL Bild 3. Auch die Schließeinheit ist mit einem gekapselten Antrieb ausgestattet (Bilder: Engel Austria) teme, die im Reinraum eingesetzt werden, auf Standardlösungen. Ausgestattet mit Edelstahlrahmen und weißen Bändern erfüllen diese zwar optisch die Anforderungen der Medizintechnikproduzenten, dennoch werden sie häufig als Ursache für Kontaminationen ausgemacht.Vor allem Winkelförderbänder, deren Gurte mehrfach umgelenkt werden, erweisen sich als problematisch. Jede Berührung des För- Kunststoffe 7/2012 derbands mit Führungsrollen, Zentrieroder Umlenkvorrichtungen erhöht die Partikellast. Hinzu kommt, dass Medizinprodukte oft kleine Spaltmaße erfordern, was ebenfalls zu verstärktem Abrieb führen kann. Um Abrieb und Partikellast auf ein Minimum zu reduzieren, verzichtet Engel bei seinen GMP-gerechten Förderbändern weitgehend auf Umlenkungen www.kunststoffe.de 2012 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv (Bild 5). Anstelle von Bandumlenkungen werden mehrere einzelne, gerade Förderbänder miteinander kombiniert. Die Antriebsrollen sind so konstruiert, dass sich das Förderband ohne zusätzliche Einbauten automatisch zentriert. Die Förderbänder erhalten ein Edelstahlgehäuse mit Reinigungsöffnungen. Es kommen ausschließlich gekapselte Trommelmotoren in Edelstahlausführung zum Einsatz, die – sofern die Förderbänder Fertigungsbereiche unterschiedlicher Reinraumklassen verbinden – im weniger streng regulierten Bereich platziert werden. Engel hat die GMP-gerechten Förderbänder gemeinsam mit Kunden aus der Medizintechnik entwickelt und das neue Konzept in seinem eigenen Reinraum getestet und qualifiziert. Es konnte nachgewiesen werden, dass auch im Dauereinsatz der Abrieb minimal und die Partikellast weit unterhalb der Akzeptanzgrenze bleibt. Praxisgerecht qualifizieren Die „gute Herstellungspraxis“ (GMP) gewährleistet, dass Produkte gleichbleibend nach konstanten Qualitätsstandards hergestellt werden und der vorgesehenen Verwendung entsprechen. GMP steht für > 43 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern SPECIAL „Give me Paper“ mit überschaubarem Aufwand Insgesamt tragen somit vor allem zwei Aspekte dazu bei, den Zeit- und Kostenaufwand für den Anwender zu reduzieren. Zum einen hat Engel die GMP-Dokumentation in die Auftragsabwicklung für GMP-Produkte als Standard integriert, und zum anderen fokussiert der Maschinenhersteller die Dokumentation auf das für die Kunststoffverarbeitung tatsächlich Notwendige. Dem Ausspruch „Give me Paper“ zum Trotz – so übersetzen viele Anwender die Abkürzung GMP – zeigt Engel mit seiner GMPgerechten Dokumentation, dass Aufwand und Papiermenge nicht ausufern müssen. Bild 4. Durch die abgedeckten Führungen der beweglichen Platte bleibt die Schließeinheit fettfrei. So können auch fallende Produkte nicht kontaminiert werden Bild 5. Förderbänder werden häufig als Ursache für Kontaminationen im Reinraum ausgemacht. Um den Abrieb zu reduzieren, verzichtet Engel bei seinen GMP-gerechten Förderbändern auf Umlenkungen der Fördergurte Verhaltensregeln und Vorschriften, die bei der Herstellung und im Umgang mit den entsprechenden Produkten zu beachten sind. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Einhaltung dieser Regularien nur für pharmazeutische Hersteller, nicht für deren Zulieferer. Dennoch kommen auch Kunststoffverarbeiter, die in diese Branche liefern, nicht daran vorbei, da ihre Kunden ausschließlich GMP-gerechte Technik einkaufen. Die Herausforderung für die Kunststoffverarbeiter besteht darin, dass die gute Herstellungspraxis zwar festlegt, welche Standards eingehalten werden müssen, aber nicht, wie dies zu geschehen hat. Hinzu kommt, dass die ursprünglich für die Pharmaindustrie aufgesetzte Norm für die Kunststoffverarbeitung an vielen Stellen zu weit geht. Wichtig ist deshalb, die GMP-Richtlinien praxisgerecht zu interpretieren, will man als Kunststoffverarbeiter weiterhin wettbewerbsfähig produzieren. Auf Basis seiner langjährigen Erfahrung mit Projekten in der Medizintechnik und im Pharmabereich unterstützt Engel seine Kunden dabei und übernimmt auf Wunsch auch die komplette GMP-Dokumentation für die gelieferten Systemlösungen. Um den Aufwand für jede einzelne Dokumentation zu verringern, hat Engel jetzt seine Standardprozesse auf GMP-Niveau angehoben. So können Spritzgießmaschinen für medizintechnische Anwendungen inzwischen inklusive GMPBasisdokumentation geliefert werden, die bereits etwa 80 % aller Anforderungen abdeckt. Für Sonderlösungen bildet die Standarddokumentation die Grundlage und reduziert dabei ebenfalls den Aufwand. So ist beispielsweise die GMP-gerechte Engel-Werksprüfliste ein Kernelement der Installationsqualifizierung (IQ) und das bei Engel entwickelte Kalibrierprotokoll Ever-Q einer der festen Bestandteile der Funktionsqualifizierung (OQ). 44 2012 Carl Hanser Verlag, München DIE AUTOREN DIPL.-ING. DR. GERHARD DIMMLER, geb. 1973, ist Leiter Forschung und Entwicklung Produkte der Engel Austria GmbH, Schwertberg/Österreich. DIPL.-ING. CHRISTOPH LHOTA, geb. 1968, ist Leiter des Geschäftsbereichs Medical bei Engel. DIPL. ING. (FH) BERNHARD KORN, geb. 1976, ist Projekt- und GMP-Manager bei Engel. SUMMARY HIGH PERFORMANCE IN CLEANROOMS FAST CYCLING. As in other sectors ever higher throughputs and shorter cycle times are being demanded in medical technology as well. However existing fast cycling solutions, for example from the packaging industry, cannot be easily implemented in cleanroom applications. At present therefore injection molding machine manufacturers are working intensively on further developing all-electric machine ranges for high performance use in controlled manufacturing environments. Read the complete article in our magazine Kunststoffe international and on www.kunststoffe-international.com © Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Kunststoffe 7/2012 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern