Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball

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Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball
Deutscher
Fußball-Kulturpreis
2007
Rund um die Preise
Tafelhalle Nürnberg, 5. Okt. 2007
Inhalt
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Programm Gala 2007
Jedem Sieger eine Trophäe: MAX Morlock, der Namenspatron
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur und ihre Mitglieder
6 „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis 2007
7 Die Preisträger: Richard-von-Weizsäckerschule Münster
und Lernzentrum 1. FC Union Berlin
9 Lobende Erwähnung: Stadtbibliothek Mönchengladbach
10 Die Bewerber
13 Die Jury
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Fußballbuch des Jahres 2007
Preisträger: Ronny Blaschke
Die Platzierungen im Überblick
Die Nominierungen
Die Jury
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Fangesang des Jahres 2007
Preisträger: Fans des 1. FSV Mainz 05
Die Platzierungen im Überblick
Die Jury
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Walther-Bensemann-Preis 2007
Über Walther Bensemann und den Preis
Preisträger: Alfredo Di Stéfano
Die Jury
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Fußballspruch des Jahres 2007
Die vier besten Sprüche in den Halbfinals
Die Platzierungen 5 bis 11 im Überblick
Die Jury
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Impressum und Dankeschön
Die Gala zur Preisverleihung
Freitag, 5. Oktober 2007, 20 Uhr
Tafelhalle Nürnberg
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Programm
„Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis 2007
Verleihung an die beiden Preisträger Richard-von-Weizsäckerschule Münster
und Lernzentrum 1. FC Union Berlin
Lobende Erwähnung für die Stadtbibliothek Mönchengladbach
Würdigung durch den Juryvorsitzenden Prof. Dr. Dieter H. Jütting, Universität Münster
Preisverleihung durch Dr. Thomas Seng, TESSLOFF Verlag
Fußballbuch des Jahres 2007
Verleihung an Ronny Blaschke, Autor und Sportjournalist
Würdigung durch Jurorin Birgit Schönau, Die ZEIT, SZ
Preisverleihung durch Theophil Graband, easyCredit
Fangesang des Jahres 2007
Verleihung an die Fans des 1. FSV Mainz 05, vertreten durch Trainer Jürgen Klopp
und Thomas Beckmann vom Fanprojekt Mainz
Laudator: Günther Koch, BR, Radio- und TV-Reporter
Preisverleihung durch Markus Stodden, Kulmbacher Brauerei
Durch den Abend führen Sie
Walther-Bensemann-Preis 2007
Verleihung an Alfredo Di Stéfano
Würdigung durch Rainer Holzschuh, kicker-sportmagazin
Preisverleihung durch die Juroren Dr. Ulrich Maly, Rainer Holzschuh,
Karl-Heinz Heimann, Theophil Graband
Fußballspruch des Jahres 2007
LIVE-Abstimmung des Publikums über den Fußballspruch des Jahres 2007
mit dem Kabarettisten und „Spielleiter“ Django Asül
Katrin Müller-Hohenstein
Geboren in Erlangen,
bekannt als Frontfrau des
„aktuellen sportstudio“.
Bei der Premieren-Gala
zum Deutschen FußballKulturpreis 2006 bekun-dete sie öffentlich Sympathien für den Club und
den FC Bayern München.
Seit September 2007
ist sie Moderatorin beim
Hörfunksender Bayern 1.
Jochen Hieber
Kulturredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Von 2001 bis 2005 moderierte
er den „Weimarer Salon“ im
MDR-Fernsehen. Vor und
während der WM 2006 reiste
er als Intendant und Moderator
mit André Hellers FußballGlobus durch Deutschland:
Ende 2006 aber forderte er
André Heller in einem 11-FreundeInterview „zum Duell“.
Wichtigste Spielregel:
Alle Preise sind zeitlich bezogen auf Leistungen einer „Saison“ –
also auf den Zeitraum von August 2006 bis Juli 2007.
Django Asül ist Kabarettist und
Comedian. Seit zehn Jahren ist er
mit Soloprogrammen auf Tournee.
Bundesweite Bekanntheit
durch diverse Fernsehauftritte.
2007 servierte er bei der Starkbierprobe auf dem Münchner
Nockherberg eine besonders
bissige „Fastenpredigt“.
Yogo Pausch ist als
Schlagzeuger und
Percussionist weit über
die Grenzen Nürnbergs
hinaus bekannt.
Markenzeichen: Enfant
terrible mit zuschlagendem Charme. Er präsentiert rasante Rhythmen
mit Bällen und Trommeln –
Ballmusik eben.
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Showband:Budde Thiem & Friends 11
After-Show-Party im Foyer
• Mixed Zone mit Preisträgern, Juroren, Autoren,
Akademiemitgliedern und allen Gästen
• Drinks und Häppchen: Das Gelbe Haus Catering
• Ausstellung „Sportfoto des Jahres“, präsentiert
von kicker-sportmagazin
• Filme
- Real Madrid vs Eintracht Frankfurt – das Europacupfinale 1960 im Glasgower Hampden Park mit dem
dreifachen Torschützen Alfredo Di Stéfano
-„Flemish Fields“ von Hans van der Meer – Gewinner
in der Kategorie SHORTKICKS 2007 beim 3. Internationalen Fußballfilmfestival „11mm“ des rührigen
Vereins „Brot und Spiele“ in Berlin
• Signierstunde mit Fußballbuch-Autoren am Büchertisch, mit freundlicher Unterstützung des Buchhaus
CAMPE
• Fußballskulpturen von Clemens Heinl
Heinl ist freischaffender Bildhauer aus Schwabach,
zur WM 2006 schuf er die „Nationalmannschaft 2006“ –
12 Fußballerstatuen in Lebensgröße aus Pappelholz.
Einige „Spieler“ stehen im Eingangsbereich der
Tafelhalle, präsentiert von easyCredit.
Was haben Fußball und Musik
gemeinsam? Beide funktionieren
überall auf der Welt. Die Formation
um den Nürnberger Pianisten Budde
Thiem unternimmt heute Abend eine
musikalische Reise um die Welt –
von China, Südamerika bis in die
Alpen. Uwe „Budde“ Thiem (Piano),
Andrej Lobanov (Trompete), Norbert
Meyer-Venus (Bass) und Werner
Treiber (Schlagzeug) arbeiten
in vielfältigen Konstellationen und
sind in allen Stilen zu Hause.
Seit 2005 gibt es an der Musikschule
Nürnberg einen neuen Kinder- und Jugendchor. Das Angebot richtet sich an
Kinder und Jugendliche zwischen 8 und
15 Jahren. Der Chor und sein Leiter,
Hartmut Kawohl, streben künstlerisches Niveau an. So erhalten die
Chormitglieder z.B. eine professionelle
Stimmbildung. Höhepunkt im Jahresprogramm ist die traditionelle Eröffnung
des Nürnberger Christkindlesmarkts.
Der Junge Chor ist allerdings auch für die
ein oder andere Überraschung gut ...
Inszenierung, Bühnenbild: Günter Joschko, Birgitt Glöckl, Christoph Zitzmann
Beratung: Maren Zimmermann, Susanne Pische
Mediaeinspielungen: Claus Winter
Tafelhalle: Technische Leitung: Gunnar Tippmann, Neil Greig;
Betriebsbüro: Viola Krimmling; Intendanz: Michael Bader
Der Deutsche Fußball-Kulturpreis
Jedem Sieger eine Trophäe:
MAX Morlock, der Namenspatron
Die Preisfigur für die Gewinner des Deutschen Fußball-Kulturpreises trägt den Namen
MAX, in Würdigung des großen Club- und Nationalspielers der 1940er bis 1960er Jahre
sowie Weltmeisters von 1954, Max Morlock. Morlock war Zeit seines Lebens als vorbildlicher
Sportler bekannt und blieb trotz seiner sportlichen Erfolge stets menschlich und bescheiden.
Max Morlock wurde 1925 in Nürnberg geboren
und wuchs im Stadtteil Gleißhammer auf. Nach
zwei Jahren in der Jugend der SpVgg Eintracht
Nürnberg wechselte er 1940 zum damaligen
Rekordmeister 1. FC Nürnberg, wo er schon als
16-Jähriger in der ersten Mannschaft spielte.
Nach dem Krieg führte er den Club 1948 zur
Deutschen Meisterschaft, was er 13 Jahre später
noch einmal wiederholen konnte. 1961 wurde
er zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt, später mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Als rechter Halbstürmer
war Morlock zugleich Spielmacher und Torjäger.
Er spielte rund 900 Mal in der ersten Mannschaft der Rot-Schwarzen und erzielte dabei
fast 700 Tore. Bei der Weltmeisterschaft 1954
in der Schweiz gelangen ihm sechs Treffer für
Deutschland, darunter auch der wichtige 1:2Anschlusstreffer im Finale gegen Ungarn.
Neben diesen sportlichen Erfolgen war es vor allem sein diszipliniertes, bodenständiges und
bescheidenes Wesen, das Max Morlock weit über Nürnbergs Grenzen hinaus so beliebt machte.
1964 beendete Morlock seine Karriere mit stolzen 39 Jahren und betrieb in der Folge ein LottoToto-Geschäft. Er starb 1994 in Nürnberg, bleibt aber bis heute unvergessen. Nicht nur die
Älteren, die ihn noch auf dem Platz erleben konnten, erinnern sich gerne an ihren „Maxl“.
Bis heute gilt Max Morlock als sportliches und menschliches Vorbild.
Die etwa 40 cm großen MAX-Preisfiguren aus Terracotta werden vom Nürnberger Bildhauer
Robert „Bubi" Scholz angefertigt. Der gelernte Steinmetz studierte Bildhauerei an der
Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und ist seit 1996 freischaffend tätig. Neben
figürlich-plastischen Arbeiten in Stein, Gips oder Ton beschäftigt sich Scholz mit Druckgrafik,
Aquarell und Mosaiken. In Nürnberg, Fürth, Erlangen, Saarbrücken und Amsterdam wurden
seine Arbeiten ausgestellt.
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Kunststücke für Kombinierer: Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur stellt sich vor
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur wird getragen von der Stadt Nürnberg, unterstützt von
kicker-sportmagazin und gefördert von „easyCredit“. Sie ist seit Oktober 2004 am Ball und begreift
den Fußball als wichtigen Teil der Alltagskultur: Die Akademie bespielt das Niemandsland zwischen
Sportteil und Feuilleton und hat so ein neues Kompetenzzentrum zu Themen jenseits des reinen
1:0 etabliert. Im Vorfeld der WM 2006 aufgestellt, ist sie heute eine zentrale Anspielstation auf dem
Feld der Fußball-Kultur im ganzen Land.
Seit dem „Testspiel“ 2004 und dem Aufeinandertreffen von Prominenz aus Politik, Sport, Kultur und
Wissenschaft – u.v.a. mit Otto Schily und Edmund Stoiber, Theo Zwanziger, Paul Breitner, Oliver
Bierhoff, Urban Priol oder Horst-Eberhard Richter – stehen immer wieder ungewöhnliche Begegnungen
auf dem Programm. 2005 etwa bei „Fußball und Nation“ mit den Bundestrainern Jürgen Klinsmann,
Joachim Löw, Andreas Köpke sowie Kulturtheoretiker Klaus Theweleit und ZEIT-Redakteur Christof
Siemes; oder beim Forum „Fans, Fairplay und Fußballwerte“ im Vorfeld der WM 2006 mit Vertretern
von Faninitiativen, DFB und Sicherheitsbehörden.
In der Spielzeit 2006 ging es u.a. um die Themen „Fußball im Nationalsozialismus“ und „Frauen, Männer
und der Fußball“ – und natürlich um die WM, als sich im Nürnberger „Ballazzo“ ein KulturLounge-Programm
während der gesamten Weltmeisterschaft um den populärsten Kult unserer Zeit drehte: den Fußball.
Spielbericht Saison 2006/2007 – einige Highlights
7. Oktober 2006
Deutscher Fußball-Kulturpreis 2006: Gala zur Preisverleihung
Der Deutschen Fußball-Kulturpreis feierte 2006 Premiere. Vier Preise wurden bei der feierlichen
Gala mit vielen prominenten Gästen verliehen.
Erster Träger des Walther-Bensemann-Preises: Franz Beckenbauer
11. Mai 2007
Podium: Die Welt zu Gast im Stadion?
Bei Rassismus und Randale gefordert: Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Bei einer vielbeachteten Podiumsdiskussion im Rahmen der Jahreskonferenz der „Europäischen StädteKoalition gegen Rassismus“ diskutierten u. a. UN-Sonderberichterstatter Doudou Diène, FCN-Trainer
Hans Meyer, Prof. Dr. Gunter A. Pilz mit Moderator Hans Böller über die wachsende Zahl rassistisch
motivierter Gewalttaten im deutschen Fußball.
1./2. Juni 2007
Kick it like Beckett! Die Deutsche Nationalmannschaft der Schriftsteller liest und spielt auf
Während eines Trainingscamps in Nürnberg gab sich die Deutsche Autoren-Nationalmannschaft mit
u.a. Moritz Rinke, Albert Ostermaier, Thomas Brussig und Filmemacher Sönke Wortmann auch bei
einer „Mannschaftslesung“ im Staatstheater die Ehre. Trotzdem konnten sich die Dichter unter ihrem
Trainer Hans Meyer tags darauf auf dem Rasen gegen ein hochkarätig besetztes Team der Akademie
knapp durchsetzen. In den Reihen der Akademie u. a. Rainer Holzschuh (kicker), Günther Koch (BR),
Jürgen Kaube (FAZ), Christof Siemes (ZEIT), Ronny Blaschke, Manfred Wasner, Jochen Wagner ...
www.fussball-kultur.org
Die Internet-Seite der Akademie erfreut sich seit ihrer Einführung im April 2006 stetig wachsender
Beliebtheit. Inzwischen nutzen monatlich über 300.000 Besucher das bundesweit einzigartige Portal:
um sich über aktuelle Themen und Veranstaltungen auf dem Feld der Fußballkultur zu informieren,
um die vielfältigen Linklisten zu durchstöbern oder bei „Historischen Fundstücken“ über Skurrilitäten
vergangener Fußball-Jahrzehnte zu schmunzeln.
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur
Die Mitglieder der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur
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Institutionen und ihre Vertreter
Stadt Nürnberg: Dr. Ulrich Maly
kicker-sportmagazin: Rainer Holzschuh, Nürnberg
Land Bayern: Dr. Edmund Stoiber, München
Bayerischer Rundfunk: Prof. Dr. Thomas Gruber, München
Goethe-Institut: Prof. Dr. Jutta Limbach, München
Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.: Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bonn
Adolf-Grimme-Institut: Uwe Kammann und Heinz Günter Clobes, Marl
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft: Prof. Dr. Bernd Strauß, Münster
Fraunhofer Gesellschaft: Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Erlangen/München
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton: Andreas Platthaus, Frankfurt/Main
Die ZEIT, Ressort Leben: Moritz Müller-Wirth, Hamburg
Süddeutsche Zeitung, Ressort Sport: Ludger Schulze, München
FussballD21 (Stiftung Jugendfußball): Jürgen Klinsmann, Kalifornien/USA und Katja Lenditsch, Nürnberg
Akademisches Fußball-Team der Uni Münster: Prof. Dr. Dieter H. Jütting, Münster
Institut für moderne Kunst Nürnberg: Manfred Rothenberger, Nürnberg
Kulturpolitische Gesellschaft: Dr. Norbert Sievers, Bonn und Axel Sedlack, Unna
Deutsche Akademie Rom Villa Massimo: Dr. Joachim Blüher, Rom
Bundesvereinigung soziokultureller Zentren: Bernd Hesse, Kassel und Rainer Bode, Münster
Evangelische Akademie Tutzing: Dr. Friedemann Greiner, Tutzing
Koordinationsstelle Fan-Projekte bei der dsj (KOS): Michael Gabriel, Volker Goll, Frankfurt/Main
„F_in“ Netzwerk Frauen im Fußball: Antje Hagel, Offenbach, Nicole Selmer, Hamburg,
Almut Sülzle, Marburg, Heidi Thaler, Wien
Persönlichkeiten aus Fußball, Kultur, Medien, Wissenschaft, Gesellschaft
Prof. Dr. Jean-Christophe Ammann · Django Asül · Christoph Bausenwein
Marc Becker · Dr. Günther Beckstein · Bernd-M. Beyer · Christoph Biermann
Prof. Dr. Günter Blamberger · Ronny Blaschke · Hans Böller
Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Brüggemeier · Thomas Brussig · Anja Bühling
Friedrich Christian Delius · Gerd Dembowski · Jürgen Egger · Christian Eichler
Lutz Engelke · Stefan Erhardt · Jürgen Ertelt · Doris Fitschen · Oliver Fritsch
Bernd Gäbler · Prof. Dr. Gunter Gebauer · Prof. Dr. Hermann Glaser
Karl-Heinz Heimann · Dr. Markwart Herzog · Jochen Hieber · Michael Horeni
Jürgen Kaube · Prof. Dr. Guido Knopp · Günther Koch · Philipp Köster
Renate Künast · Prof. Dr. Claudia Kugelmann · Erich Laaser · Prof. Dr. Manfred Lämmer
Jürgen Leinemann · Dr. Mario Leis · Matti Lieske · Corny Littmann · Dr. Peter März
Dr. Markus Merk · Hans Meyer · Katrin Müller-Hohenstein · Norbert Niclauss
Albert Ostermaier · Prof. Dr. Gunter A. Pilz · Urban Priol · Fedor Radmann
Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter · Prof. Dr. Karl Riha · Moritz Rinke · Jürgen Rollmann
Alex Rühle · Otto Schily · Johann-G. Schlüper · Gerd Schmelzer · Renate Schmidt
Thomas Schneider · Birgit Schönau · Dirk Schümer · Dietrich Schulze-Marmeling
Dr. Norbert Seitz · Dr. Christof Siemes · Dirk Storck · Prof. Dr. Klaus Theweleit
Pfr. Hans-Georg Ulrichs · Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner · Dr. Uwe Wiemann
Andreas Wittner · Arnd Zeigler · Rainer Zietsch
Stand September 2007
In memoriam: Kevin Coyne, † Dezember 2004, Friedrich Karl Waechter, † September 2005
„Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis 2007
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Der Fußball-Bildungspreis ist ein Förderpreis für innovative pädagogische
Projekte, die sich an Jugendliche bis 18 Jahren richten und Fußball erfolgreich
als Mittel der Bildungsarbeit einsetzen. Er ist eine Auszeichnung für Modellvorhaben, z.B. aus den Bereichen Sport, Leseförderung, Film, Kunst oder
interkulturelle Erziehung, die es verstehen, die Lust von Kindern und Jugendlichen am Fußball mit innovativer Bildungsarbeit zu verbinden, die ein spielerisches Lernen ermöglichen, die Neugier auf Themen auch jenseits des Fußballs
wecken und dabei Eigeninitiative und Partizipation anregen. Der Preis betont
den Vorbildcharakter und soll ermutigen, auf diesen Wegen weiterzugehen.
Bewerben konnten sich pädagogische Projekte aus ganz Deutschland, die
zwischen August 2006 und Juli 2007 durchgeführt wurden, mit einer Zielgruppe
von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren. Prämiert werden konnten auch
früher begonnene, jedoch bis zu diesem Zeitraum weitergeführte Projekte; die
Bewerbungsfrist endete am 17. Juni. Die Nachhaltigkeit der Projekte war ein
positives Kriterium bei der Preisvergabe. Die fachkundige Jury aus den Bereichen
Bildungspolitik und -wissenschaft, Sport- und Kulturwissenschaft entschied auf
Basis der eingereichten Unterlagen und persönlichen Fachkenntnisse.
Ausgezeichnet werden die Projektverantwortlichen.
Preisträger 2006: Straßensport Ostfildern und Edith-Stein-Schule Aichach
Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der FußballBildungspreis wird durch die Deutsche
Akademie für Fußball-Kultur vergeben.
Der Preis ist mit 5.000 e dotiert,
gestiftet vom TESSLOFF Verlag
Laudator: Prof. Dr. Dieter H. Jütting,
Leiter des Instituts für Sportkultur und
Weiterbildung, Universität Münster
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis
wird 2007 an zwei Projekte vergeben:
• Richard-von-Weizsäckerschule Münster
• Lernzentrum 1. FC Union Berlin
Richard-von-Weizsäckerschule Münster:
„Gemeinsam sind wir stark“
Integration von verhaltensauffälligen Sonderschülern
in einen Sportverein
An der Richard-von-Weizsäckerschule in Münster werden Kinder und Jugendliche mit
Auffälligkeiten im schulischen Verhalten und im sozial-emotionalen Bereich unterrichtet, die
vorübergehend oder dauerhaft keine Regelschule besuchen können. Eine Gruppe von
14 verhaltensauffälligen und emotional gestörten Schülern im Alter von 9 bis 11 Jahren wird
dort in einer Fußball-AG betreut. Eine Integration der zumeist aus problematischen Familienverhältnissen stammenden Kinder in reguläre Sportvereine ist auf Grund ihrer Verhaltensweisen
und ihrer Aggressivität nicht möglich. In der verhaltenstherapeutisch begleiteten AG haben
sie die Möglichkeit einmal pro Woche zusammen Fußball zu spielen. Dabei erlernen die Kinder exemplarisch Trainingsabläufe, verbessern ihre fußballerischen
Fähigkeiten und lernen sportrelevante Verhaltensweisen kennen. Mittels einer
Punkteverteilung erhalten sie nach jedem Training eine Rückmeldung. Erwünschtes
Verhalten wird mit Punkten belohnt, wodurch die Schüler sich eine komplette
Fußballausrüstung vom Trikot bis zu den Stutzen erarbeiten können. Das
Anreizsystem hilft den Kindern, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und sich
an Normen und Regeln zu halten.
Nach erfolgreicher Teilnahme am Programm traten die Schüler als Fußballmannschaft des SV Blau-Weiß Aasee bei der Winterhallenrunde an. Dabei
verhielten sich die Spieler ausgezeichnet und konnten z.B. auch Niederlagen
gut hinnehmen. Auch bei den Stadtmeisterschaften der Grundschulen in Münster
nahm die Fußball-AG erfolgreich teil. Ein weiterer Höhepunkt für die Gruppe war ein
gemeinsames Training mit den Spielern von Preußen Münster. Das Projekt wird im nächsten
Schuljahr fortgesetzt.
Die Kinder erlangten im Verlauf die sozialen Kompetenzen, die für diese Integration in
einen Sportverein nötig sind. Besonders lobenswert ist die Kooperation zwischen Verein
und Sonderschule, da gerade verhaltensauffällige Kinder normalerweise kaum eine Chance
haben, in einen Sportverein aufgenommen zu werden. Durch die Auszeichnung mit dem
„Lernanstoß 2007“ soll diese Zusammenarbeit als Vorbild und Mutmacher für Förder- und
Sonderschulen hervorgehoben werden und zeigen, was ohne großen finanziellen Aufwand,
mit Kreativität und persönlichem Einsatz möglich ist.
Austragungsort: Münster
Träger: Richard-von-Weizsäckerschule, Förderschule mit dem Förderschwerpunkt emotionale
und soziale Entwicklung der Stadt Münster
www.sfe-muenster.de, www.muenster.org/bw-aasee
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Lernzentrum
1. FC Union Berlin
Ergänzende Bildungsangebote direkt auf
dem Vereinsgelände
Nach dem Vorbild der „study support centres“ englischer Fußballvereine wurde beim 1. FC Union Berlin
ein Lernzentrum eingerichtet. Das Projekt wurde von der Fan- und Mitgliederabteilung in diesem Jahr
ins Leben gerufen – in enger Zusammenarbeit mit dem British Council in Berlin und dem Fanprojekt der
Sportjugend Berlin. Eine finanzielle Förderung erfolgte durch den Europäischen Sozialfonds aus Mitteln
des Lokalen Sozialen Kapitals, die Firma Nuon Stadtlicht unterstützte das Projekt durch weitere Sachmittel
wie Laptops. Zur Zeit stellt der 1. FC Union Berlin Räumlichkeiten in der alten Geschäftsstelle und im
VIP-Bereich zur Verfügung. Nach dem geplanten Umbau des Stadions soll das Lernzentrum direkt in
den Stadionbereich integriert werden.
Das Zentrum stellt ein ergänzendes Bildungsangebot zu Schule und Ausbildungsvorbereitung
dar. Zielgruppe sind Jugendliche im Alter von 13 bis 25 Jahren aus den Bezirken Treptow und
Köpenick. Vor allem die unmittelbare Nähe zum Verein und zum Stadion „An der alten Försterei“
motiviert die Jugendlichen, sich zu beteiligen.
Das Bildungsangebot ist vielfältig, wobei die Schwerpunkte in Zusammenarbeit mit mehreren
Schulen abgesprochen werden. Es gibt sowohl Einzelveranstaltungen als auch kontinuierliche
Angebote. Das Spektrum reicht von Vorbereitungskursen in Deutsch, Mathematik und Englisch
über das Erlernen von Präsentationstechniken und Training im freien Sprechen bis hin zu Konfliktmanagement-Seminaren. Ein nachhaltiger Effekt soll durch die Einbindung in die Netzwerke
des Vereins und die Berufswegeplanung erzielt werden. Neben der Vorbereitung auf Eignungsund Einstellungstests werden – in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft – auch Schulpraktika angeboten, wodurch eine bessere Vermittlung auf dem ersten Arbeitsmarkt erreicht werden soll.
In der Veranstaltungsreihe „Union Hautnah“ lernten Schülerinnen und Schüler in fünf Blöcken die
verschiedenen Arbeitsbereiche im Verein kennen, wobei der Schwerpunkt auf Kommunikationstechniken
lag. Nach dem Erlernen von z. B. Fragetechniken nahmen die Jugendlichen an einer Stadionführung
teil und erhielten Einblicke in die Arbeit eines Mannschaftsleiters. Ein Sportjournalist berichtete
über seine Arbeit und die Schüler hatten die Möglichkeit hinter die Kulissen der Liveübertragung des
Spiels Union Berlin gegen Dynamo Dresden zu schauen. Das Gelernte wendeten die Jugendlichen
schließlich selbst an, indem sie vor laufender Kamera Interviews mit verschiedenen Personen des
Vereins führten. Als Abschluss von „Union Hautnah“ waren die Teilnehmer bei einem Spieltag mit
„all area cards“ im Stadion unterwegs und gewannen so einen Einblick in alle Aufgaben, die
während eines Regionalligaspiels anfallen.
Das Lernzentrum hilft Jugendlichen aus einem schwierigen sozialen Umfeld, das Positive am Lernen selbstständig zu erkennen. Durch belohnende Förderung wird das Selbstbewusstsein der Teilnehmer gestärkt.
Sie lernen Eigenverantwortung zu übernehmen und neue Ressourcen für sich zu entdecken.
Gerade bei einem Verein wie Union Berlin, der zahlreiche Fans mit schwierigem sozialen Hintergrund
hat, kann ein Lernzentrum viel Positives bewegen. Der engagierten Arbeit der ProjektmitarbeiterInnen
wird mit dem Preis Anerkennung gezollt. Der Preis soll die Verantwortlichen dazu ermutigen, das Projekt
fortzuführen und auszubauen. Das Lernzentrum des 1. FC Union Berlin zeigt eindrucksvoll, dass selbst
ein Regionalligist mit sehr begrenztem Budget in der Lage ist, eine spannende und erfolgreiche außerschulische Bildungsarbeit zu leisten und so als Vorbild für andere Vereine zu dienen.
Fan- und Mitgliederabteilung
Austragungsort: Berlin, Treptow/Köpenick
Träger: 1. FC Union Berlin (Fan- und Mitgliederabteilung)
www.fuma.fc-union-berlin.de
www.fc-union-berlin.de
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Weitere Auszeichnung der Jury: Eine lobende Erwähnung für ...
„Bücher haben Gewicht“ –
Sprach- und Leseförderung in einer
fußballbegeisterten
Region
„Bücher haben Gewicht“ ist eine Initiative zur Sprach- und Leseförderung der Stadtbibliothek Mönchengladbach in Zusammenarbeit mit Borussia Mönchengladbach. Über
die Einbindung des Borussia-Maskottchens Jünter soll die Identifikation mit dem Fußball
genutzt werden, um bei Kindern für das Lesen zu werben.
Der als Fohlen maskierte Jünter kann von Bildungseinrichtungen ins Haus geholt werden.
Er besucht die Kindergärten und Grundschulen und bringt aktuelle Kinderliteratur mit.
Als „Gegenleistung“ müssen die Kinder ein kleines Programm entwickeln. Dies kann zum
Beispiel eine Lesestunde mit selbst erdachten Geschichten der Kinder oder auch ein
selbst gebasteltes Buch sein. Die Aktion ist jederzeit wiederholbar und hat, gerade wegen
der großen Popularität des Fußballs in der Region, eine enorme Breitenwirkung. Durch
die Verbindung von Fußball und Lesen können auch Jungen an Literatur herangeführt
und für Bücher begeistert werden. Seit Beginn des Projektes im Jahr 2006 wurden über
2000 Kinder erreicht.
Die Initiative „Bücher haben Gewicht“ setzt erfolgreich öffentlich den Fußball als Mittel
der Bildungsförderung ein. In seinem Kinder- und Jugendmagazin „Jünters Welt“ berichtet
Borussia Mönchengladbach regelmäßig über aktuelle Aktionen rund um das Projekt.
Inzwischen wurde die Aktion auch auf den Landkreis Viersen ausgeweitet, weitere Standorte sollen folgen. Besonders lobenswert ist die pädagogische Arbeit im Kindergartenbereich, die sonst nur sehr selten gewürdigt wird. Aus diesem Grund erhält „Bücher
haben Gewicht“ eine lobende Erwähnung bei der Verleihung des „Lernanstoß 2007“. Die
Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit spendete an die verantwortliche
Stadtbibliothek Mönchengladbach ein umfangreiches Bücherpaket. Weitere Mitglieder
der Jury, sowie der TESSLOFF Verlag und die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur
spendeten ebenfalls Bücher.
Austragungsorte: Mönchengladbach, Viersen
Träger: Stadtbibliothek Mönchengladbach zusammen mit dem VfL Borussia Mönchengladbach
www.stadtbibliothek-mg.de
www.borussia.de
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Alle weiteren Bewerbungen für den „Lernanstoß 2007“ im Überblick
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05er-Kids Club
„Lernen und Erleben wie die Profis“
Der Kids Club des 1. FSV Mainz 05 richtet
sich an Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren.
Für einen geringen Monatsbeitrag können
jährlich mehrere pädagogisch begleitete
Erlebnistage besucht werden, die in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnerinstitutionen stattfinden. Dabei werden fußballübergreifende Werte, soziale Verhaltensweisen und Allgemeinwissen vermittelt.
Austragungsort: Mainz
Träger: 1. FSV Mainz 05 e.V.
www.05er-kidsclub.de
Doppelpass
Streetsoccer im Zusammenspiel rechtsgefährdeter Jugendszenen mit Straßensozialarbeit,
Sportpädagogik und politischer Bildung
Regelmäßige Streetsoccer-Angebote und
Turniere ermöglichen direkte Kontakte zu
Jugendlichen aus der rechten Szene. Die gemeinsame sportliche Tätigkeit soll zu einer
psychischen und sozialen Stabilisierung der
gefährdeten Jugendlichen führen. Dabei
werden verschiedene Netzwerke der teilnehmenden Gemeinden genutzt.
Esslinger Sporttheater
Interpretation der Fußball-WM
Die Mädchen des Sporttheaters Esslingen entwickeln jährlich mehrere Showtänze. Im Rahmen
der Fußball-WM 2006 kreierte die Gruppe mit
50 Teilnehmerinnen drei Tänze zu den Themen
„Die Welt zu Gast bei Freunden“, „FußballLänderspiel“ und „Keine Macht den Drogen“.
Austragungsort: Esslingen
Träger: Esslinger Sporttheater
www.esslinger-sporttheater.de
FairLife
In der niederschlesischen Jugendbegegnungsstätte Kreisau trafen sich 24 deutsche und
polnische Jugendliche und nahmen gemeinsam
an sportlichen Aktivitäten, Diskussionen
und Ausflügen teil. Dabei setzten sie sich
mit Themen wie Fairness, Zivilcourage und
Gewaltlosigkeit auseinander. Solche Begegnungen sollen in Zukunft mehrmals jährlich
angeboten werden.
Austragungsort: Kreisau und Berlin
Träger: Kreisau-Initiative Berlin e.V.
www.kreisau.de
Ein Projekt im Rahmen der Vereinsjugendarbeit:
Unter künstlerischer Anleitung fertigten Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren künstlerische
Arbeiten, die auf dem vereinseigenen Erfahrungspark dauerhaft ausgestellt werden.
Football United – Open Space
Gegen Gewalt und Rassismus
auf dem Fußballplatz
In mehreren deutschen Städten finden
Aktionstage statt, bei denen sich Jugendliche
mit dem Thema Gewalt und Rassismus auseinandersetzen. Die Jugendlichen erarbeiten
in Gruppen nach der „Open Space“-Methode
Lösungsvorschläge und präsentieren diese.
Dabei werden sie von Sachverständigen
unterstützt. Ergänzt werden die Aktionstage
durch ein Fußballturnier.
Austragungsort: Hövelhof
Träger: Sport- und Jugendclub Hövelriege e.V.
www.sjc-hoevelriege.de
Austragungsort: Berlin, Naumburg, Kalbe, Gardelegen
Träger: Cultures Interactive e.V.
www.football-united.de
Austragungsort: Saarlouis, Dillingen, Püttlingen, Friedrichsthal
Träger: AWO Landesverband Saarland
www.awo-saarland.de
Drachenbau
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
FtK – Fußball trifft Kultur
In einem Modellprojekt werden zunächst zwei
Gruppen von Schulkindern betreut. Neben
regelmäßigem Fußballtraining in der Fußballschule von Eintracht Frankfurt erhalten die
Kinder zusätzlichen Unterricht und werden
durch außerschulische Aktionen an Bildung
und Kultur herangeführt. Dadurch soll das
soziale und kommunikative Verhalten in der
Gruppe verbessert werden.
Austragungsort: Frankfurt
Träger: Frankfurt Book Fair Literacy Campaign
www.litcam.de
„Fußball Gott“ – Eine Tournee durch
Programmkinos, Schulen und Kirchen
Für einen Dokumentationsfilm wurden Fußballstars zu ihrem Leben und zu ihrem Glauben
befragt. Die bundesweiten Filmvorführungen
wurden mit Diskussionsrunden, Konzerten
und Informationsveranstaltungen kombiniert.
Kindern und Jugendlichen sollten die Themen
Religion und Hilfsbereitschaft näher gebracht
werden. Die Tournee wird 2008 fortgesetzt.
Geist ist geil
Die Jugendmannschaften des SC Fortuna
Köln tragen Begriffe, Symbole und Sätze
aus Kunst und Kultur auf dem Trikot.
Die Auseinandersetzung der Nachwuchskicker mit diesen Begriffen findet bei
Museumsbesuchen und Kunstaktionen
statt.
Austragungsort: Köln
Träger: Cornel Wachter (Künstler) + SC Fortuna Köln
www.fortuna-koeln.de/jugend.php
Hamburg–Marseille
Vertiefung der jugendlichen Kontakte
Eine Gruppe jugendlicher Fußballfans
verbrachte im Rahmen eines interkulturellen Jugendaustausches eine
Woche in Marseille. Neben Grundzügen der französischen Sprache lernten
die TeilnehmerInnen, einer anderen
Kultur mit Offenheit und Interesse
zu begegnen.
Austragungsort: bundesweit
Träger: David Kadel (Produzent) + Kindernothilfe
www.fussball-gott.com
Austragungsort: Hamburg, Marseille
Träger: Verein Jugend und Sport e.V.,
Fanladen FC St. Pauli
www.jugend-sport.de
www.stpauli-fanladen.de
Fußballpost
Schülerinnen und Schüler eines Förderzentrums
für geistig behinderte Kinder drehten einen
Kurzfilm zum Thema „Fußball verbindet die
Welt“. Der Film wurde als „Einladung“ zu einer
„Fußball-Sportwoche“ gezeigt, die gemeinsam
mit zwei anderen Schulen durchgeführt wurde.
Die Veranstaltung warb für mehr Toleranz
zwischen Schülern deutscher und ausländischer
Herkunft sowie im Umgang mit Behinderten.
Kooperation zwischen der
TuSG Ritterhude und dem SOS
Kinderdorf
Kinder des SOS Kinderdorfes in Worpswede nehmen kostenlos am Vereinsleben und an allen sportlichen Aktivitäten der TuSG Ritterhude teil. Im
Kinderdorf wurde ein Trainingsplatz
hergerichtet, auf dem gemeinsam
trainiert wird.
Austragungsort: Berlin
Träger: Förderzentrum Finkenkrug-Schule
www.finkenkrug-schule.cidsnet.de
Austragungsort: Ritterhude, Worpswede
Träger: TuSG Ritterhude
www.tusg-ritterhude.de
Lernen über Grenzen
Tschechische und deutsche
Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren
trainieren mehrmals pro Woche
gemeinsam im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Zusätzlich
erhalten die Kinder Sprachunterricht in multinationalen Gruppen
und verbringen im Rahmen eines
Schüleraustausches Ferien im
Nachbarland. Außerdem findet
jährlich eine Mini-EM statt, bei
der Nachwuchsmannschaften aus
ganz Europa gegeneinander antreten.
Austragungsort: Rehau/Hof, Vierländereck
Bayern, Böhmen, Thüringen, Sachsen
Träger: Deutsch-Tschechische Fußballschule
www.dtfs.de
„Magda kickt mit Lena“:
Turbine Girls Camp 2006
Bereits zum zweiten Mal nahmen
Mädchen aus Potsdam und Wroclaw
an einem sportlich und pädagogisch betreuten Fußballcamp teil.
Die überwiegend aus sozial benachteiligten Familien stammenden
Mädchen verbrachten dabei jeweils
eine Woche in beiden Städten
und übten bei einem abwechslungsreichen Programm (in Kooperation mit verschiedenen Kinderund Jugendeinrichtungen gestaltet)
den respektvollen Umgang
miteinander.
Austragungsort: Potsdam, Wroclaw
Träger: F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz
www.turbine-girls-camp.de
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Schule im Stadion:
Das BVB-Lernzentrum
TaFI – Talentförderzentrum
Fußball in Indersdorf
Nach englischem Vorbild haben benachteiligte Jugendliche in den Räumlichkeiten „ihres“ Stadions die
Möglichkeit, ergänzende Bildungsangebote wahrzunehmen. In Zusammenarbeit mit Jugendamt und
Schulen werden Medienkompetenz,
Persönlichkeitsbildung und Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer
gestärkt. Außerdem gibt es Maßnahmen zur Konfliktbewältigung
und zum Berufseinstieg. Durch die
enge Zusammenarbeit mit ihrem
Verein (z. B. Spielerbesuche im
Unterricht) sind die Jugendlichen
besonders motiviert.
In Kooperation mit den Indersdorfer
Schulen werden fußballerische
Talente im Alter von 10 bis 18 Jahren
speziell gefördert. Neben der sportlichen und schulischen Ausbildung
wird dabei auf das Erlernen sozialer
Kompetenzen Wert gelegt.
Austragungsort: Dortmund
Träger: Fanprojekt Dortmund
www.fanprojekt-dortmund.de
Sport und/oder Gewalt
An zahlreichen Dresdner Schulen
wurden mit Schülern der Klassen
5 bis 12 mehrere Veranstaltungen
zur Gewaltprävention durchgeführt.
Außerdem wurde mit dem „Fair geht
vor“-Schulcup ein Fußballturnier
ins Leben gerufen, das nur mit einer
guten Fairplay-Wertung gewonnen
werden kann.
Austragungsort: Dresden
Träger: DSC – Fanprojekt
www.dsc-fanprojekt.de
Austragungsort: Markt Indersdorf
Träger: Realschule Vinzenz von Paul, Indersdorf
www.t-a-f-i.de
„Team 2013“
In einem Modellprojekt steht ein
Kompetenzpool aus Trainern und
Betreuern den Fußballern des Jahrganges 1994 bis zu ihrem Übertritt
in den Seniorenbereich im Jahr 2013
zur Seite. Er soll ihre optimale
Entwicklung, auch außerhalb des
Vereins, sichern helfen.
Austragungsort: Wittlich
Träger: SV Lüxem, SV Wittlich
www.sv-luexem.de, www.sv-wittlich.de
Teamtraining:
„Meine Mannschaft – Ein Team“
Durch ein spezielles Teamtraining
sollen die sozialen Kompetenzen
der Nachwuchsspieler im Verein
verbessert werden. Dabei arbeitet
der Verein mit einem Sport- und
Erlebnispark zusammen. Außerdem
werden interessierte Jugendliche
zu sog. Teamern augebildet.
Austragungsort: Viermünden/Schreufa
Träger: TSV Viermünden/Schreufa
www.tsv-viermuendenschreufa.de/fussball/jugendfussball.php
„Verlacht, verboten und gefeiert“:
Ausstellung zur Geschichte des
Frauenfußballs in Deutschland
Eine Wanderausstellung informiert
über die wechselvolle Geschichte
des Frauenfußballs. Die Schau wird
bundesweit gezeigt.
Austragungsort: Aachen, Wanderausstellung
bundesweit
Träger: Volkshochschule Aachen
www.vhs-aachen.de/docs/aktuelles/
ausstellungen/857.detail.htm
„youPS-Net“ –
Jugendpartizipation durch Fußball
Im Rahmen von „youPS-Net“ erfolgte
ein Erfahrungs- und Strategieaustausch
von Verantwortlichen in der Jugendförderung. Dabei wurde ein Konzept
zur Verknüpfung von Fußball und
Jugendpartizipation entwickelt. Die
Modellphase des Projekts fand mit
Jugendlichen aus Deutschland, Polen,
Großbritannien und Frankreich statt.
Austragungsort: Hannover, Zakopane, Bolton, Lille
Träger: Profondo, Hannover
www.profondo.org
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Die Jury
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Prof. Dr. Dieter H. Jütting
Sportsoziologe
Universität Münster
Vorsitzender der Jury
Anja Bühling
Tessloff Verlag,
Nürnberg
Gerd Dembowski
Sozialwissenschaftler,
Berlin
Antje Hagel
Netzwerk Frauen
im Fußball „F_in“,
Offenbach
Gül Keskinler
DFB-Integrationsbeauftragte,
Frankfurt
Dr. Peter März
Hans Meyer
Bayerische LandesTrainer, Nürnberg
zentrale für politische
Bildungsarbeit, München
Prof. Dr. Gunter A. Pilz
Sportsoziologe,
Universität Hannover
Dr. Uwe Wiemann
Dozent und Fachautor,
Dortmund
Rüdiger Heid
Interkulturelle
Straßen-Liga,
München
Norbert Niclauss
Referent beim
Kulturstaatsminister,
Berlin
Fußballbuch des Jahres 2007
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Die WM-„La Ola“ auf dem deutschen Buchmarkt ist abgeebbt, doch auch
im Jahr danach erschienen eine ganze Menge lesenswerter Fußballbücher.
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ prämiert das beste deutschsprachige Buch der Saison mit eindeutigem Bezug zu Themen rund um
den Fußball. Dazu zählen auch Übersetzungen ins Deutsche.
Berücksichtigt werden Werke aus allen Gattungen: gleich ob Belletristik
(inkl. Drama und Lyrik), Sachbuch oder wissenschaftliche Studie, Kinderund Jugendbuch oder auch anspruchsvoller, literarisch kommentierter
(Foto-)Bildband. Zur Wahl standen ausschließlich Bücher, die zwischen
August 2006 und Juli 2007 erstmals in deutscher Sprache erschienen sind.
Eine Jury aus elf namhaften Sport- und Feuilletonjournalisten traf eine
Auswahl: Jede/r JurorIn nominierte bis Ende Juli einen persönlichen
Favoriten. Die literarische Top-Elf wurde im August im Internet veröffentlicht, zusammen mit einer lobenden Würdigung des jeweiligen Buches.
Schließich stimmte die Jury über die elf nominierten Bücher ab.
Preisträger 2006: „Über Fußball“ von Jorge Valdano
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“
wird durch die Deutsche Akademie für
Fußball-Kultur vergeben.
Der Preis ist mit 5.000 e dotiert,
gestiftet von easyCredit.
Laudatorin: Birgit Schönau, DIE ZEIT, Süddeutsche Zeitung
Jury-Vorsitzender: Dr. Christof Siemes,
stellvertretender Chefredakteur Feuilleton, DIE ZEIT
Fußballbuch des Jahres
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ erhält 2007
Ronny Blaschke für sein Buch „Im Schatten des Spiels“
Ronny Blaschke: Wie es zu meinem Buch kam
»Es war 1993, ich hatte gerade die Grundschule verlassen, als meine Eltern mich zum
ersten Mal allein ins Ostseestadion ließen. Anfangs war der Respekt vor der Fankurve noch
zu groß, und so verfolgten meine Freunde und ich die Spiele des FC Hansa Rostock aus
dem Familienblock. Wir beobachteten die Lage eine Saison lang. Dann stellten wir uns zu
den Hartgesottenen in die Kurve, brüllten und klatschen, wie es für Fans gang und gäbe
ist, endlich, darauf hatten wir gewartet. Jahrelang.
Ronny Blaschke
Doch die Freude war schnell vorüber. Es blieb auf den Rängen nie bei Gesängen und
Kraftausdrücken: Sobald farbige Spieler des Gegners am Ball waren, hallten Affenlaute
durch das Stadion, und kaum jemand schien sich daran zu stören. Wir fragten unsere
Platznachbarn, warum sie sich aufführten wie Urwaldbewohner, sie hoben meistens die
Schultern und entgegneten: „Das machen doch alle!" Diese Antwort genügte mir schon
damals nicht. Wir standen vier oder fünf Spiele in der Fankurve. Dann ging es zurück in
den Familienblock. Dort wurde das rhythmische Klatschen zwar als so störend empfunden
wie eine Bohrmaschine am Sonntagmorgen, doch das war mir herzlich egal. Der Zauber
der Kurve war für mich verloren gegangen.
Meine Eltern fragten mich damals nach jedem Spiel, ob etwas passiert war, sie machten
sich Sorgen. Der Fußball galt noch nicht als Kulturgut, er hatte eine raue Schale, und die
Zeiten in einer Stadt wie Rostock waren nach der Wende nicht immer einfach. Ich suchte
dann nach Ausreden, zog mich zu den Hausaufgaben zurück oder musste dringend noch
selbst an meinen Fähigkeiten als Torwart arbeiten. Wenn abends die Nachrichten liefen,
verwickelte ich sie in Gespräche. Sie sollten nicht sehen, dass Fans die maroden Holzbänke
aus den Verankerungen rissen und sie über den Zaun auf die Gästefans warfen. Sonst
hätten sie mich nicht mehr ins Stadion gelassen, nicht mal in den Familienblock.
So ging das alle zwei Wochen. Wir beruhigten unsere Eltern und rieten ihnen von einem
Stadionbesuch ab. Erwachsene hätten am Wochenende doch schließlich Besseres zu tun.
Dass wir selbst schon von Fans des FC St. Pauli oder von Hertha BSC durch die engen
Straßen am Stadion gejagt wurden, und dass das Auto des Vaters eines Freundes zertrümmert
wurde, erwähnten wir nicht. In eine Schlägerei bin ich nie geraten, manchmal nur mit Glück.
Und dennoch fragte ich mich, aus welchem Antrieb sich diese Massen bewegten, welche
Ursachen ihrer Wut zu Grunde lagen und warum ausgerechnet mein Verein als Bühne für
Brutalität dienen musste.
Irgendwann, Hansa spielte wieder in der ersten Liga, verlor ich mehr und mehr die Lust an
den Leiden eines Fans. Wir gingen nur noch unregelmäßig ins Stadion. Erst als ich 2001
mein Sportstudium aufnahm, kümmerte ich mich wieder um meine Neugier. Ich verachtete
Fächer wie Biomechanik oder Bewegungslehre, aber ich interessierte mich für
Sportsoziologie, vor allem für die gesellschaftspolitischen Probleme, die im Fußball wie
unter einem Brennglas an Schärfe gewinnen können. Den Wunsch, ein Buch darüber zu
schreiben, hatte ich schon damals. Realisieren ließ es sich erst 2005, in meiner Tätigkeit
als Journalist.
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Was mich nervte, war die populistische Aufarbeitung der Fangewalt durch die Boulevardmedien und die distanzierte Besserwisserei mancher Wissenschaftler. Deshalb
verzichtete ich in meinen Recherchen weitgehend auf die Auswertung bestehender
Literatur. Es war auch nicht meine Absicht, mich monatelang in Hooligangruppen
einzunisten, nur um dann jedes blutige Detail der Gewaltorgien schildern zu können.
Das gab es hundertfach und wird es noch hundertfach geben. Stattdessen wollte
ich die Zusammenhänge zwischen der Gewalt im Fußball und den Krankheiten der
Gesellschaft aufzeigen, vorurteilsfrei und verständlich. Ich habe dann schnell die
Erkenntnis gewonnen, dass die Opfer dazu oft mehr sagen können als die Täter.
Zwei Jahre dauerten die Recherchen, in dieser Zeit sprach ich mit Fanarbeitern,
Aktivisten, Wissenschaftlern, Politikern, Polizisten und Hooligans in Deutschland,
England, Italien, Polen, in den Niederlanden, Argentinien, Brasilien und den USA.
Über die vielen Eindrücke ließe sich ein weiteres Buch schreiben. Die angenehmsten
Begegnungen hatte ich zumeist im Amateurfußball. Schiedsrichter aus der Kreisliga,
Spieler von Türkiyemspor oder Funktionäre von TuS Makkabi berichteten frei von
Eitelkeiten und Hintergedanken. Sie hätten ihre Geschichten, die oftmals spannender
sind als jene aus der rosaroten Bundesliga, schon früher erzählt, es hatte sie bloß
selten jemand gefragt. Und so ist „Im Schatten des Spiels“ auch ein Forum für sie
geworden, das ihre Sorgen eine Weile länger in der Öffentlichkeit hält. Denn eines
haben sie längst gelernt: Die Gewalt im Fußball ist nicht beseitigt, nur weil der
schreckhafte Teil der Medien sein Interesse daran verliert.«
Ronny Blaschke wurde 1981 in Rostock geboren, wo er dann von 2001 bis 2004
Sport- und Politikwissenschaften studierte. Seit 2005 lebt er in Berlin und ist als
freier Sportjournalist regelmäßig tätig für die Süddeutsche Zeitung, die Berliner
Zeitung, die Frankfurter Rundschau, die Neue Zürcher Zeitung oder SPIEGEL ONLINE.
2005 wurde er vom Verband Deutscher Sportjournalisten mit dem „Sparkassenpreis
für Sportjournalismus“ in der Kategorie Journalistischer Nachwuchs ausgezeichnet.
„Im Schatten des Spiels – Rassismus und Randale im Fußball“ ist sein erstes Buch.
Fußballbuch des Jahres
Ronny Blaschke
„Im Schatten des Spiels“
Birgit Schönau nominierte das Buch und schrieb dazu: »Es gibt, grob gesagt,
zwei Gattungen von Fußballbüchern: Die literarisch-folkloristische Betroffenheitsliteratur gebildeter Fans und die eher nüchterne und ernüchternde Darstellung
der Fußballwelt, wie sie wirklich ist. Mit der ersten Spezies wurde passend zur WM
2006 der Markt nachgerade überschwemmt – die zweite darf nach dem Abpfiff
des Großereignisses nun auch wieder auf den Platz. So Ronny Blaschkes „Im
Schatten des Spiels“, eine ebenso gewissenhafte wie vorurteilsfreie Recherche
über „Rassismus und Randale im Fußball“.
Der 26-jährige Blaschke verzichtet auf Sprachpirouetten ebenso wie auf Gemeinplätze und Schuldzuweisungen, er lässt Polizisten und Fanarbeiter genauso zu
Wort kommen wie Ultras und wie schwarze Fußballer, die sich in deutschen Stadien
diskriminiert fühlen. Ronny Blaschke beschreibt die Lage in Ostdeutschland, er
ist aber auch in die Niederlande gefahren, nach England, Italien, und nach Argentinien,
um die internationale Hooliganszene zu beschreiben. Er hat herausgefunden,
dass Polen die meisten Hooligans Europas hat, und dass die Stadien dort als Treffpunkte für Waffenschmuggler, Drogendealer und Neonazis dienen, übrigens
ebenso wie in Italien.
Er beschreibt die Situation in der US-amerikanischen Becks-Liga, wo Gewalt in den
Stadien eine Rarität ist. Die Kapitel seines Buches verbindet kein erzählerischer
Faden – sie sind Mosaikstücke aus Interviews und in sich abgeschlossenen Reportagen, die sich zu einem Gesamtbild offenbar weit verbreiteten „Fan“-Verhaltens
fügen: Fußballkonsum und Stadionbesuch als Ventil und Bühne für vermeintlich
oder wirklich gesellschaftlich Benachteiligte, aber auch für Outlaws, organisierte
Kriminelle und politisch Extreme. Im Schatten des Spiels gedeihen die reaktionärsten
Kräfte der Gesellschaft offensichtlich bestens, das Stadion droht jenseits der großen,
weltberühmten Fußballopern zum Sammelpunkt für Krawallmacher aller Art zu
verkommen. Ein Ort für gewalttätig-anarchische Inszenierungen, die draußen
undenkbar wären, deren Drehbücher aber natürlich mit dem Spiel nichts gemein
haben. Die Topoi der Hooligans sind und bleiben Rassismus, Antisemitismus und
Homophobie, allesamt Tabus der liberalen Gesellschaft – in Polen werden sie
allerdings auch von der Regierung gepflegt. Dass die besessensten Konsumenten
des Fußballs oft außerhalb des Fußballs stehen, ist längst ein internationales
Phänomen – und es ist Blaschkes Verdienst, es umfassend dargestellt zu haben.«
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Fußballbuch des Jahres 2007 – Die Platzierungen im Überblick
1. Im Schatten des Spiels.
Rassismus und Randale im Fußball
Ronny Blaschke
Göttingen 2007, Verlag Die Werkstatt;
240 Seiten; 16,90 e
2. Wie ich einmal vergaß, Schalke zu
hassen. Wahre Fußballgeschichten
Christoph Biermann
Köln 2007, Kiepenheuer und Witsch;
208 Seiten; 7,95 e
3. Fußball! Vorfälle von 1996 bis 2007
Jürgen Roth
Münster 2007, M & V Verlags- und
Vertriebsgesellschaft;
408 Seiten; 14,00 e
4. Der „Betze“ unterm Hakenkreuz.
Der 1. FC Kaiserslautern in der Zeit
des Nationalsozialismus
Markwart Herzog
Göttingen 2006, Verlag Die Werkstatt;
352 Seiten; 24,90 e
5. Hugo Meisl oder: Die Erfindung des
modernen Fußballs. Eine Biographie
Andreas Hafer, Wolfgang Hafer
Göttingen 2007, Verlag Die Werkstatt;
381 Seiten; 29,90 e
6. Zidanes Melancholie
Jean-Philippe Toussaint
Frankfurt am Main 2007,
Frankfurter Verlagsanstalt FVA;
32 Seiten; 6,00 e
7. Die Legende vom Club.
Die Geschichte des 1. FC Nürnberg
Christoph Bausenwein, Bernd Siegler,
Harald Kaiser
Göttingen 2006, Verlag Die Werkstatt
(überarbeitete Neuausgabe);
456 Seiten; 26,90 e
8. Fußball vs. Countrymusik –
Essays, Satiren, Antifolk
Gerd Dembowski
Köln 2007, Papyrossa Verlag;
156 Seiten; 12,90 e
9. Ein Steilpass aus dem Abseits.
NACHSPIEL.
Über Befreiungsschläge bei
Rudelbildung auf engem Raum
Spielvereinigung Zwiebelfisch,
Magazin No. 6/2007
Projekt der Freien Hochschule Freiburg
Freiburg 2007, Verlag Jos Fritz;
80 Seiten; 10,00 e
10. Von Athen nach Althen.
Die Fanszene von LOK Leipzig
zwischen Europacup und
Kreisklasse
Thomas Franke, Veit Pätzug
Dresden 2006, SDV Verlags GmbH;
320 Seiten; 23,90 e
11. Grüner Rasen, fette Beute.
Die großen Fußballskandale
Omar Gisler
Berlin 2007, Verlag Neues Leben;
224 Seiten; 16,90 e
Alle Titel gibt es am Büchertisch im Foyer – anwesende Autoren signieren Ihr Exemplar gern!
Wir danken dem Buchhaus Campe für die Unterstützung.
Fußballbuch des Jahres
Platz 2 bis 11: Die Nominierungen im Überblick
Platz 2
Stefan Erhardt nominierte das Buch und schrieb dazu: »Er kann’s halt einfach. Den Ball
auf der Zeile tanzen lassen, ihn am Ende in die nächste prellen, von einem Absatz auf den
Christoph Biermann andern lässig rüberschieben, ihn nach genau getimetem Seitenwechsel mit Gefühl in die
„Wie ich einmal
Bleistiftspitze treiben, wo er ihn mit Effet einnetzt.
vergaß, Schalke
Er kann’s, und er kann’s nicht lassen: das Fußballgeschichtenerzählen. Und wir Fußballzu hassen.
Leser sind froh drum.
Wahre FußballChristoph Biermann hat in den letzten Jahren Bücher zum Fußball veröffentlicht, die
geschichten“
ihresgleichen suchten insofern, als sie nicht nur die Liebe eines Mannes und Journalisten
zu diesem Spiel widerspiegelten, sondern auch von einem tiefer gehenden Verständnis
dieses Spiels in all seinen Komplexitäten und Auswirkungen zeugten, tiefer gehend als das
Meiste, was zum Thema in gedruckter Form immer wieder auf den Markt geworfen wurde.
Ob es Einblicke in die Seelenlandschaften von Fans waren oder kluge Taktikanalysen, eigene
Spielerlebnisschilderungen oder ironische Seitenhiebe – immer hatte man als Leser das
Gefühl, hier wird man mitgenommen auf eine Reise ins Innerste des Fußballspiels. Nicht
zuletzt seine zahlreichen Reportagen und Berichte in Zeitungen wie Süddeutsche oder taz,
neuerdings SPIEGEL, haben erheblich dazu beigetragen, den Fußballjournalismus gerade
in den Tageszeitungen auf ein neues, höheres Niveau zu heben.
Deshalb überrascht es nicht, wenn jetzt die neuen „Wahren Fußballgeschichten“ (so der
Untertitel) wiederum von einer Fußballliebe und -leidenschaft zeugen, die einem genau
jenes Momentum geben, das Biermann für ein gelungenes Spiel oder auch in der Rekapitulation großer Niederlagen reklamiert: so in dem „Begegnungen mit Gott“ überschriebenen
Text, in dem er die Seele Hitzfelds exegetisch seziert, wie sie damals, Stichwort Barcelona,
nach jenen dramatischen Schlussminuten und seitdem mit jenem überraschenden Moment
umgegangen ist, jener unerklärlichen, manchmal urplötzlich sich Bahn brechenden Triebkraft,
die ein Fußballspiel „diffus und groß“ werden lassen kann. Da ist genauestens auf den
Punkt gebracht, was die quasi fatale Ästhetik eines Spiels ausmacht.
Biermann scheut sich auch nicht vor Superlativen. So setzt er Volker Finke als „Die Stimme
der Aufklärung“ ein Denkmal, einem Trainer, der als der Fußballlehrer schlechthin mit
seinem Wirken beim SC Freiburg das anfänglich negativ konnotierte Bild vom FußballOberstudienrat ins Positive gewendet hat, vor allem durch die Fähigkeit und den Willen,
sich selbst ständig zu hinterfragen: „Denn das ist bemerkenswert an Volker Finke und so
gar nicht selbstverständlich: Man lernt immer etwas dazu, wenn man sich mit ihm über
Fußball unterhält. Trainer neigen normalerweise dazu [...], sich im Laufe der Jahre zu
wiederholen. Man weiß dann schon, was einer in bestimmten Situationen sagen wird, und
meistens tut er es auch. Selbst Finke erfindet die Fußballbetrachtung nicht ständig neu,
doch er erweitert seine Analyse beharrlich. Das bedeutet: Er ist ein Lehrer, der selbst noch
lernt.“ Und begründet, so Biermanns richtige und sprachlich konsequent formulierte
Folgerung, damit eine eigene Schule – wie das große Trainer oft tun.
Biermann spricht uns aus der Fußballer-Seele mit all seinen kleinen (Blick in die Fan-Kneipe
,Church of Werder’ in Köln) wie großen Betrachtungen (Hollands Fußball-Seele); seine
Obsession für den VfL Bochum leugnet er nie, vermag aber auch dort, wo er sein Fan-Herz
bloßlegt, immer noch etwas Allgemeines, allgemein Gültiges, somit Lebens-Philosophisches
zu zeigen, das alle berührt, die einem Verein nachhängen. Beispielsweise im Text „Schöner
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aufsteigen“, der natürlich vom VfL Bochum und seinen „fünf direkten Bundesligawiederaufstiegen in den letzten 12 Jahren“ handelt, dazu er die Faust’sche Frage stellt: „Doch ist im
Kleinen, im Speziellen nicht immer auch das große Ganze verborgen?“ Es ist, Herr Biermann,
es ist, und dank Ihrer präzisen Ent-Deckungen werden sie auch uns offenbar.«
Christoph Biermann, geboren 1960, studierte Germanistik und Geschichte in
Bochum und lebt heute als Sportkorrespondent von DER SPIEGEL und SPIEGEL
ONLINE in Köln. Als freier Autor schreibt er unter anderem auch für taz und 11
Freunde. Neben zahlreichen Publikationen zum Thema Fußball produzierte er
auch einige Hörfunkfeatures für den WDR. 2002 wurde er von der Zeitschrift
„Der tödliche Pass“ zum Fußballjournalisten des Jahres gekürt. Biermanns Buch
„Fast alles über Fußball“ erreichte beim Fußballbuch des Jahres 2006 ebenfalls
den zweiten Platz.
Platz 3
Jürgen Roth
„Fußball!
Vorfälle von
1996 bis 2007“
Michael Wulzinger nominierte das Buch und schrieb dazu: »Johannes B. Kerner wird dieses Buch
nicht gefallen. Johannes Ballabulli Kerner. Johannes Besinnung Kerner. Johannes Bussi Kerner.
Johannes Buddha Kerner. Johannes „Begeisterung im Lande“ Kerner. Der Fernsehschaffende beim
ZDF ist erwiesenermaßen der Lieblingsgegner von Jürgen Roth, was man gewiss nicht nur daran
erkennt, dass Roth das unaufgelöste B. in Kerners Namen als Allzweckwaffe für seine Attribute
benutzt. Johannes Baptist Kerner schreibt er jedenfalls nie.
Auch Stefan Effenberg wird dieses Buch nicht gefallen, genauso wenig wie Waldemar Hartmann,
Michael Steinbrecher, Dieter Kürten, Karl-Heinz Rummenigge, Franz Beckenbauer, dem Blatter Sepp
und vielen anderen mehr. Sie alle sind für den Fußballobservateur Roth wahlweise „Verursacher vieler
wesentlicher Weltübel“, „eine Art Wadenkrampf im Kopf, kombiniert mit viskosem Auswurf im Ohr“,
„Kleinbürger in Klamotten von der Düsseldorfer Kö“, „lackierte Laberer“ oder ganz einfach „Blubberle“.
Für mich hingegen ist „Fußball! Vorfälle von 1996 bis 2007“, eine Anthologie von Texten, die Jürgen
Roth in besagtem Zeitraum in Publikationen wie der „Frankfurter Rundschau“, der „taz“, der „Titanic“
oder, man lese und staune, auch im „Schwarzwälder Boten“ veröffentlicht hat, das Fußballbuch
schlechthin im Jahr eins nach der „besten WM aller Zeiten“ (Blatter). Und das, obwohl ich beim
SPIEGEL arbeite, den Roth en passant als „Forum der ,Reform’-Fundamentalisten und neoliberalen
Hetzer“ abkanzelt; dem Magazin aus Hamburg also, in dem zuweilen auch der von mir sehr verehrte
Kollege Dirk Kurbjuweit brilliert, den Roth in einer Passage als „Tiefplauderer“ schmäht.
Geschenkt. Denn das 408 Seiten starke Opus, dem der Autor das mit Ror Wolf produzierte Hörstück
„Das langsame Erschlaffen der Kräfte“ anhängt, kann deshalb auf meine uneingeschränkte Unterstützung bauen, weil es auf einer seltenen Eigenschaft gründet: Das Buch hat Haltung. Roths Texte
sind geistreiche, inbrünstige, kompromisslose, anarchische, vor Sprachkunst und Wortwitz strotzende
Beiträge eines Gedankenjongleurs, der mit jedem abrechnet, den er als Anstifter, Büttel oder
Claqueur des „Geldschaufelfußballs“ ausgemacht hat.
Jürgen Roth ist ein genussvoller Mythenzertrümmerer. Ein Luftrauslasser. Ein Entzauberer. Ein
Widerstandskämpfer gegen das Banale und ein unverbesserlicher Liebhaber des Spiels, „zu sehr
infiziert von diesem immer noch nicht restlos kaputtgetretenen und kaputtvermarkteten seltsamen
Faszinosum“. Er setzt dort ein Ausrufezeichen, wo es hingehört: hinter den Fußball. Punkt.«
Jürgen Roth, geboren 1968 in Bad Berleburg, studierte Germanistik,
Philosophie und Politologie in Tübingen und Frankfurt am Main. Der
Buchautor und freie Journalist veröffentlicht regelmäßig Beiträge in taz,
Titanic und konkret. Als Herausgeber der vierteiligen CD-Edition „Ror Wolf –
Gesammelte Fußballhörspiele“ wurde er 2006 mit dem Jahrespreis der
Deutschen Schallplattenkritik und dem Preis für das Hörbuch des Jahres
ausgezeichnet.
Fußballbuch des Jahres
Platz 4
Markwart Herzog
„Der ‚Betze’ unterm
Hakenkreuz.
Der 1. FC Kaiserslautern
in der Zeit des Nationalsozialismus“
Ludger Schulze nominierte das Buch und schrieb dazu: »In der Regel versucht ein Fußballbuch ja, den Leser am Emotions-Wickel zu packen. Schön, wenn das gelingt. Noch
schöner aber ist es, wenn dies eine wissenschaftliche Studie schafft wie „Der ,Betze’ unterm
Hakenkreuz“. Dr. Markwart Herzog beschäftigt sich in diesem Buch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des 1. FC Kaiserslautern, was an sich schon ein lobenswertes
Unterfangen ist. Bisher haben erst drei Institutionen aus dem Fußball sich der Mühe der
Beschäftigung mit der eigenen, teilweise unheilvollen Vergangenheit unterzogen: Schalke 04,
Borussia Dortmund und, seit Theo Zwanzigers Amtsantritt als Präsident, auch der DFB
in angemessener Weise. Herzog, Doktor der Philosophie und Bildungsreferent der Akademie Irsee, kommt zu einigermaßen überraschenden Schlüssen. Beispielsweise, dass
der FCK sich zumindest bis 1936 relativ unbeeindruckt von den Nazi-Herrschern zeigte
und sich recht lange gegen die „Arisierung“ wehrte.
Was im braunen Sumpf etwas sehr Tröstliches hat: Unsereins, der als Bub Fritz Walters Bücher
(„3:2“, „11 rote Jäger“) aus den fünfziger und sechziger Jahren regelrecht verschlungen hat,
war, weil Walter darin vermeintlich krampfhaft politische Anklänge vermeidet, den Verdacht
nicht losgeworden, da könne mehr dahinterstecken. Doch Herzog sei Dank: Fritz Walter war
alles andere als ein Nazi, auch wenn er sich vom Regime als Gastspieler in elf verschiedenen
Mannschaften zu Propagandazwecken missbrauchen lassen musste. Aber beharrlich hat er
den „Deutschen Gruß“ verweigert und niemals einen Brief mit „Heil Hitler“ unterzeichnet. „Der
’Betze’ unterm Hakenkreuz“ ist eine Fundgrube und trotz einer manchmal erdrückenden Fülle
von Fakten (1542 Fußnoten), Figuren und Ereignissen ein hoch spannendes Stück Zeitgeschichte.«
Markwart Herzog wurde 1958 in Heilbronn am Neckar geboren und studierte
in München Philosophie, Theologie und Kommunikationswissenschaft.
Nach verschiedenen akademischen Tätigkeiten und seiner mit dem RichardSchaeffler-Preis ausgezeichneten Promotion ist er seit 1997 als Wissenschaftlicher Bildungsreferent der Schwabenakademie Irsee tätig. Er veröffentlichte
zahlreiche Beiträge zu Themen der Religions-, Medizin-, Strafrechtsund Sportgeschichte und gab u. a. das Standardwerk „Fußball als Kulturphänomen“ heraus.
Platz 5
Andreas Hafer,
Wolfgang Hafer
„Hugo Meisl oder
Die Erfindung des
modernen Fußballs.
Eine Biographie“
Jürgen Kaube nominierte das Buch und schrieb dazu: »Hugo, wer? Man hat ihn weitgehend
vergessen, einen der umtriebigsten Gründer des europäischen Fußballs. Hugo Meisl, Sohn
eines böhmischen Textilfabrikanten, war Spieler, Schiedsrichter, Trainer, Manager, Fußballjournalist und Funktionär. Er führte die Auswahl Österreichs durch die einzige international
erfolgreiche Periode, die sie je erlebte, zwischen 1919 und den Dreißiger Jahren. Meisl setzte
in seinem Land den Profifußball und die erste Profiliga des Kontinents ebenso durch wie
den Mitropa-Cup, den ersten europäischen Vereinswettbewerb. Es war die Zeit, in der aber
nicht nur die organisatorischen Strukturen des modernen Fußballs entstanden. Die neue
Abseitsregel von 1925 – schon zwei und nicht erst drei Spieler zwischen dem Angespielten
und der Torlinie heben das Abseits auf – bildete den Hintergrund für die Einführung des
Vorstoppers. Die Null sollte stehen, so dachte man in England. Meisl, aufgewachsen mit
dem Wiener Kurzpaßspiel, dachte anders: Für das „WM-System“ (2-3-5) brauchte man
physisch ungeheuer starke und harte Spieler, und die hatte er nicht. Also kultivierte er das
Kombinieren und versuchte zugleich, seinen Stürmern das allzu „weiche" Spiel abzugewöhnen.
Hätte die WM 1934 nicht in Italien und mit Schiedsrichtern stattgefunden, die nach Mussolinis
Pfeife pfiffen, wäre Meisls Mannschaft damit wohl Weltmeister geworden. Zidanes Melancholie,
o.k. – aber was ist sie gegen die Traurigkeit, mit der Österreichs Fußball unterging!
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Die Biographie des 1937 verstorbenen Meisl, die seine Enkel Andreas und Wolfgang Hafer geschrieben
haben, ist eine fußballhistorische Leistung ersten Ranges. Sie zeigt in tausend Details, wie sich der
Fußball jener Jahre zwischen städtischer Kultur, nationaler Erregung und europäischem Vergleich
entwickelt hat. Der Funktionär, der von seinem Beruf aufgezehrt wird, der Diplomat, der ständig
Tumulte zwischen den Verbänden glätten muss, der Bürger jüdischer Konfession, dem eben dies
zu sein immer wieder vorgehalten wird, der Trainer des „Wunderteams" um Matthias Sindelar – in
einer der komplettesten Figuren des europäischen Fußballs zeigt sich hier Kulturgeschichte: glänzend
recherchiert, umfassend dokumentiert und ebenso sachlich wie fesselnd aufgeschrieben.«
Andreas Hafer, geboren 1951, studierte Geschichte, Mathematik und Philosophie
in Darmstadt, Frankfurt am Main und Buffalo (USA) und arbeitet heute als Autor
in Schorndorf bei Stuttgart. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte und Geschichte der Technikwissenschaften erschien zuletzt das
Theaterstück „Eckermann in Wien“ sowie ein Beitrag über Hugo Meisl in Dietrich
Schulze-Marmelings „Strategen des Spiels. Die legendären Fußballtrainer.“
Wolfgang Hafer, 1946 geboren, studierte Geschichte, Germanistik und
Politologie in Frankfurt am Main und Berlin. Er lebt und arbeitet heute in
Frankfurt und verfasste ein mehrteiliges wirtschaftswissenschaftliches
Lehrwerk. Als Mitglied einer Deutsch-Rockband ist er Autor zahlreicher
Songtexte und Co-Autor des Beitrags über Hugo Meisl in „Strategen des
Spiels. Die legendären Fußballtrainer“.
Platz 6
Jean-Philippe
Toussaint
„Zidanes
Melancholie“
Dr. Christof Siemes nominierte das Buch und schrieb dazu: »Okay, eigentlich ist es gar kein
Buch, bestenfalls ein Büchlein, 32 Seiten, luftig gesetzt, dazu viele Fotos, ein Anmerkungsteil. Und
doch ist es ein großes Buch, widmet es sich doch einem der ikonischen Momente in der Geschichte
des Fußballs: Zidanes Kopfstoß gegen Materazzi im Finale der WM 2006. Der Autor war live dabei
(die von ihm selbst gemachten Fotos, umbrochen als Sehschlitze in die Metaphysik des Fußballs,
zeigen, dass er hinter einem der Tore stand). Gesehen aber hat er die Stierwerdung des Franzosen
so wenig wie die meisten im Stadion. Dafür ist ihm dazu mehr eingefallen als den meisten.
Der Essay lebt von der Furchtlosigkeit, mit der Toussaint behauptet zu wissen, was in Zidane vorging:
„… mit überwältigender Intensität empfand er das Gefühl, da zu sein, einfach nur da zu sein“. Auch
im Folgenden spart der belgische Autor nicht mit Thesen, die so steil sind wie Zidanes beste Pässe:
„Den Weltmeisterpokal zu schwenken bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als den eigenen Tod
zu akzeptieren.“ Zidane, in alter Künstlertradition ein Melancholiker, dem die Vollendung versagt
bleibt, „kann die Welt und sich selbst nicht mehr ertragen“, die Form „widersetzt sich ihm“. Höhepunkt
ist schließlich Toussaints Erfindung von „Zidanes Paradox“ in Anlehnung an den berühmten
Trugschluss des Zenon von Elea: So wie Achill eine Schildkröte nicht einholen kann, wenn sie nur
ein bisschen Vorsprung hat, so „hätte Zidanes Kopf niemals den Gegner erreichen können, denn
jedesmal, wenn Zidanes Kopf die Hälfte des Weges zurückgelegt hätte, der ihn vom Körper seines
Gegners trennte, dann wäre noch die andere Hälfte des Wegs zurückzulegen …“.
Alles klar? Das ist Fußballphilosophie auf ihrem nicht unironischen Gipfelpunkt. Deshalb ist „Zidanes
Melancholie“ mein Fußballbuch des Jahres.«
Jean-Philippe Toussaint wurde 1957 in Brüssel geboren und studierte Neuere
Geschichte in Paris. Der Juniorenweltmeister im Scrabble von 1973 wandte sich
schon während des Studiums dem Schreiben zu. Den ersten Roman „Das Badezimmer“
veröffentlichte er 1985, führte auch Regie bei der Verfilmung dieser Buchvorlage.
Weitere Bücher und Filme folgten. Für seinen Roman „Fliehen“ wurde er 2006 mit
dem französischen Literaturpreis Prix Médici ausgezeichnet. Nach Aufenthalten in
Algerien, Spanien, Deutschland und Japan lebt er heute in Brüssel und auf Korsika.
Fußballbuch des Jahres
Hans Böller nominierte das Buch und schrieb dazu: »Aus Nürnberg jetzt den Club ins Spiel zu bringen –
das könnte wie reiner Lokalpatriotismus wirken. Und, zugegeben: Beim Fußball ist der Franke schließlich
Christoph Bausenwein, auch wieder Lokalpatriot. Denn der Club, also der 1.FC Nürnberg, ist nicht mehr der Verein, dessen Schal
Bernd Siegler, Harald man lieber verschämt unterm Mantel trug. Sondern ein strahlender junger Pokalsieger mit wunderbaren
Fußballern wie Marek Mintal, Robert Vittek, Javier Pinola oder Ivan Saenko. So heißen die Wabras, Wenauers,
Kaiser
„Die Legende vom Club. Strehls und Leupolds von heute. Wieder einmal, nach vier Jahrzehnten, hat der Club eine prächtige
Mannschaft, und man könnte richtig Lust bekommen, ein Buch über diesen 1. FC Nürnberg zu schreiben.
Die Geschichte des
Das würde trotzdem kein Erfolg. Denn es gibt schon ein solches Buch – und besser als Harald Kaiser,
1. FC Nürnberg“
Christoph Bausenwein und Bernd Siegler kann man über den Club nicht schreiben. Wer jetzt wissen
will, was den speziellen Reiz gerade dieses Vereins, dieses leuchtenden Sterns der Fußball-Frühzeit,
dieser späteren Skandalnudel und Fahrstuhltruppe, immer ausgemacht hat, erfährt es – auf spannende,
kurzweilige Weise, denn die Geschichte ist voller Dramatik, aber auch Komik, und manchmal fesselnd
wie ein Krimi. Im vergangenen Herbst ist im sehr schönen Verlag Die Werkstatt die Neuauflage der
„Legende vom Club“ erschienen – schon ein Beleg für die Genialität des Autoren-Trios, das erklärtermaßen
ahnte, dass irgendetwas passieren würde. Ein paar Monate später war Nürnberg DFB-Pokalsieger. Es
war der erste Titel seit 1968, seit 39 Jahren! Volltreffer.
Platz 7
Das Buch lebt aber nicht vom Erfolg. Club-Freunde sind keine Erfolgs-Fans, sonst gäbe es längst keine
mehr. Vielmehr gelingt es Siegler, Bausenwein und Kaiser, glänzend zu erklären, warum die Menschen
so am Fußball – an ihrem Club, in diesem Fall: am Club – hängen, warum dieses Spiel viel mehr ist als
immer wieder 90 Minuten kicken. Und deshalb weist dieses Standardwerk weit über den regionalen
Rahmen hinaus. Der Fußball prägt die Menschen, überall im Land und auf ganz unterschiedliche Weise –
die Autoren machen am Beispiel Nürnberg anschaulich, wie das geschieht. Und dieser 1. FC Nürnberg
hat eine Historie, in der nichts fehlt; kein zweiter deutscher Verein hat eine so turbulente Geschichte:
Genie und Wahnsinn, Leidenschaft und Schrecken. Nürnberger Fußball hat über ein Jahrhundert das
richtige Leben widergespiegelt: mit seinen Arbeitern und Künstlern, mit Größenwahn und mit Bescheidenheit, mit schönen Plänen, enttäuschten Hoffnungen und falschen Propheten. Der Fleißigste kann
einfach nur Pech haben – oder im unverhofftesten Moment sein Glück erleben.
So war, so ist Nürnberger Fußball. Ein pralles Stück Leben. Und so gibt es in Nürnberg tatsächlich
ansonsten ganz und gar vernünftige, weltoffene Menschen, die glauben, dass Unglückssträhnen in
ihrem Leben auf das Geburtsjahr 1969 zurückzuführen sind: Da stieg Nürnberg als Deutscher Meister
ab. Und der Pokalsieg 2007, der erste Titel im Leben der Neunundsechziger: natürlich ein gutes Omen
für das wirkliche Leben, zu dem der Club ja auch gehört, zur Zeit sogar sehr.
Soviel Fußball-Philosophie vermitteln die Autoren aber ganz nebenbei – es ist auf keiner Seite ein
angestrengt akademisches Werk, sondern einfach ein intelligentes Lese-Vergnügen mit viel fußballerischer
Substanz. „Die Legende vom Club“ ist aber natürlich erst recht keine Chronik, obwohl im umfassenden,
akribisch recherchierten Anhang keine wichtige Zahl fehlt. Es ist Sport- und Gesellschaftsgeschichte
und fußballerisches Sittengemälde – mit viel Herz zu Papier gebracht, aber auch, wo nötig, mit leidenschaftlichem Zorn. Die Autoren bekennen sich zu ihrer Liebe zum Club – aber es ist keine Liebe, die blind
macht, sondern eine Liebe, die viele Enttäuschungen überstanden hat, eine besondere Liebe, die
vielleicht gar nicht erfährt, wer keine Krisen kennt. Davon berichten die Menschen, die in diesem Buch
vorkommen, auch. Wunderschöne Interviews mit Zeitzeugen aus verschiedenen Epochen machen die
Vergangenheit lebendig – der beim Club kickende Zwangsarbeiter fehlt so wenig wie jener Röthenbacher
Autohändler, der den famosen Mintal angeblich nach Nürnberg lotste.
„Die Legende vom Club“ ist ein Buch, das sogar die Liebste im Urlaub liest – durchliest, fast in einem
Zuge. Schon lange vor dem Pokalfinale. Wer Fußball liebt, wird „Die Legende vom Club" lieben.
Wer lernen will, Fußball zu lieben, kann mit diesem Buch beginnen. Es könnte der Anfang einer
wunderbaren Geschichte werden.«
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24
7
Christoph Bausenwein, geboren 1959 in Nürnberg, studierte Geschichte und Philosophie
und ist seit vielen Jahren als Autor und Lektor tätig. Schon 1996 veröffentlichte er zusammen
mit Bernd Siegler und Harald Kaiser „Die Legende vom Club“, welche jetzt als komplett
überarbeitete Neuauflage um die letzten zehn Jahre ergänzt wurde. Bausenwein war bereits
2006 mit seinem Buch „Geheimnis Fußball“ für das Fußballbuch des Jahres nominiert. Er
betreute zudem Ausstellungen wie „100 Jahre 1. FCN“ oder „Die Nürnberger Sportsammlung“
und schreibt immer wieder Biografien von Zeitgenossen. (www.meinememoiren.de)
Bernd Siegler, 1957 in Nürnberg geboren, war nach seinem Studium der Sozialwissenschaften viele Jahre für die taz tätig und arbeitet heute in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Klinikum Nürnberg. In Büchern und Dokumentarfilmen beschäftigt er sich mit
Politik, Zeitgeschichte und Fußball. Der 1. FC Nürnberg ist dabei immer wieder Thema,
beispielsweise in „Das Club-Lexikon“ oder den Filmen „Die Meister“ und „Max Morlock –
vom Straßenfußballer zum Weltmeister.“
Harald Kaiser, 1957 in Nürnberg geboren und wie seine beiden Co-Autoren bekennender
Club-Fan, studierte Anglistik, Latein und Geschichte in Erlangen, um sich dann beruflich
ganz dem Fußball zu widmen. Seit 1982 ist er als Redakteur beim kicker tätig und vertritt
das Fachmagazin auch in der Programm- und Planungsgruppe der Deutschen Akademie
für Fußball-Kultur.
Platz 8
Gerd Dembowski
„Fußball vs.
Countrymusik“
Matti Lieske nominierte das Buch und schrieb dazu: »Fußball und Musik, das ist im allgemeinen eine
sehr unheilige Verbindung. Fußballsongs sind meist so beklagenswert schlecht, dass man schon das
schmalztriefende „You’ll Never Walk Alone“, das ja in Wahrheit gar kein Fußballsong ist, und den harmlosen
Pop-Gassenhauer „Football’s Coming Home“ zu den Highlights zählen muss. In deutschen Stadien scheint
man zu glauben, dass der Musikgeschmack der Fußballfans irgendwo zwischen Sportfreunde Stiller,
De Höhner und Frank Zander oszilliert und dass man das Publikum besonders beglückt, wenn man die
Weisen mit orkanartiger Lautstärke aus plärrenden Lautsprechern bläst. Schlimmer ist es eigentlich nur
in Holland, wo man vor Länderspielen eine Stunde lang mit einem brüllenden Potpourri aus Schunkelliedern
malträtiert wird.
Insofern ist es ein ambitioniertes Unterfangen, in einem Buch Fußball mit Musik zu verbinden, und dann auch
noch mit Country, einem Genre, dass keineswegs gefeit gegen musikalische Verirrungen ist. Die Art von
Countrymusik, die Gerd Dembowski meint, ist allerdings über jeden Zweifel erhaben, denn das Spektrum in
seinem Buch „Fußball vs. Countrymusik“ reicht weit über das hinaus, was der unselige Gunter Gabriel, der
vom Autor denn auch gebührend sein Fett weg bekommt, den Deutschen einst als Country untergejubelt hat.
Texte über Fußball mit Zeilen aus Country- und anderen Songs zu akzentuieren ist jedenfalls eine nette
Idee, die der bunten Themenpalette des Buches von Brighton bis St. Pauli, Matthäus bis Maradona, MayerVorfelder bis zum „Fifa-Ungetüm“ Joseph Blatter eine angenehme Würze verleiht. Geprägt sind die einzelnen
Kapitel von einer konsequent kritischen Haltung dem Fußball und seinen Phänomenen gegenüber, die
auch nicht auf die moderne Mär hereinfällt, dass man den romantisch verklärten „ursprünglichen“ Fußball
von seiner modernen kommerziellen Ausprägung trennen kann. Kernstück des Buches sind Texte über die
Weltmeisterschaft 2006, in denen dankenswerterweise daran erinnert wird, dass nicht alle die Hymne
vom Sommermärchen sangen. Allein die Schlagzeilen- und Zitatensammlung zum angeblich friedlichen,
harmlosen und freudvollen neuen Nationalismus wirkt schon in einjähriger Rückschau wahrhaft gruselig.
Apart auch die drei geschwärzten Zeilen im letzten Kapitel, wo es offensichtlich um Gerhard Mayer-Vorfelder
geht, während andere phantasievolle Charakterisierungen führender Fußballrepräsentanten offenbar
unbeanstandet durchgingen.
Einwenden mag man, dass für ein Fußballbuch ein bisschen zu viel Musik vorkommt, aber da in den
meisten Fußballbüchern viel zu viel Fußball und viel zu wenig Musik vorkommt, ist das in Ordnung.«
Fußballbuch des Jahres
Gerd Dembowski, geboren 1972 in Recklinghausen, studierte
Sozialwissenschaften in Duisburg und lebt heute vorwiegend in Berlin
und Brighton. Er hat mehrere zeitkritische Studien zum Thema Fußball
veröffentlicht, war längere Zeit Sprecher des Bündnisses Aktiver
Fußballfans (BAFF) und engagiert sich heute neben seiner Tätigkeit als
Kolumnist der taz für Kampagnen der Organisation Football Against
Racism in Europe (FARE). Zudem initiierte er Projekte wie die Wanderausstellungen „Tatort Stadion. Rassismus und Diskriminierung im Fußball“ und „Ballarbeit.
Szenen aus Fußball und Migration“, die für bundesweites Aufsehen sorgten.
Platz 9
Spielvereinigung
Zwiebelfisch,
Magazin No. 6/2007
„NACHSPIEL: Ein Steilpass aus dem Abseits.
Über Befreiungsschläge
bei Rudelbildung auf
engem Raum“
Bernd Gäbler nominierte das Buch und schrieb dazu: »Nach der Inflation ist es Zeit für
Ästhetik. Es gibt viel weniger Bücher über Fußball, da kommt es erst recht darauf an,
dass sie auch so schön sind wie der Fußball. Was aber ist fußballerische Schönheit? Ein
Ronaldinho-Solo, vergleichbar mit einem Rilke-Gedicht, wie es Jochen Hieber einst nahe
legte? Oder eine Viererkette, die perfekt operiert wie das Bolschoi-Ballett?
Nein, die ehrliche Ästhetik des Fußballs ist rauer, ein ständiges Anrennen und Probieren,
ein Zitieren bereits bekannter Spielzüge, die immer wieder neue Kombination der
Grundelemente: Ballannahme, Stoppen, Passen, Flanken, Schießen.
So wirkt auch das Buch – oder sollte man nicht ehrlicher sagen: das Heft? – der Freiburger
„Spielervereinigung Zwiebelfisch“. Es sind hübsche Texte darin, von F.C. Delius, Axel
Hacke und Jess Jochimsen, verarbeitet sind auch – der Titel lässt es ahnen – ungefähr
alle denkbaren Fußball-Metaphern, aber eigentlich geht es um einen anderen, zentralen
Gedanken: Wer spielt, gestaltet.
Und hier wird das Gestalten geprobt. Schon auf dem Titel eine dezente Verkehrung von
Schwarz-Rot-Gold. Der Untergrund wechselt, mal ist er fast transparent, mal von kraftvoller
Pappe. Ständig will jeder einzelne Mitspieler zeigen, was er kann: vor allem die Dekonstruktion des Worts, das Spiel mit Buchstaben. Diese Spielvereinigung liebt die Typologie –
und: versteckte Überraschungen wie das Daumenkino unten rechts. Es handelt sich um
ein Semesterprojekt der Freien Hochschule für Grafik-Design & Bildende Kunst in Freiburg.
Das Heft wirkt noch nicht perfekt wie der FC Barcelona in bester Zeit, eher ist es ein
Bolzplatz, eine Ansammlung von Trainingseinheiten oder ein erkämpfter Überraschungssieg. Aber das macht gerade den Reiz aus, den Realitätsgehalt des schönen Heftes. Seine
Ästhetik versöhnt – nein: konfrontiert – Fanzine und mondäne Arena.
Natürlich ist dieses „Nachspiel“ ein ungewöhnliches Fußball-Buch, darum gilt auch für
diese Nominierung, was der auch im Heft zitierte Richard Golz den Freiburgern mitgab:
„Ich habe nie an unserer Chancenlosigkeit gezweifelt.«
Zwiebelfisch – Magazin für Gestaltung ist ein von Studenten der Freien
Hochschule für Grafik-Design & Bildende Kunst Freiburg in unregelmäßigen Abständen herausgegebenes Design-Magazin. Initiator
und Betreuer der Studienarbeit ist Wolfgang Blüggel, externer Dozent
für Grafikdesign. Das Non-Profit-Projekt finanziert sich durch Studentenpartys, Ausstellungen und Events. Während des einjährigen Entstehungsprozesses des Magazins übernehmen die Studenten sämtliche
anfallenden Aufgaben, von der Kontaktaufnahme mit Autoren und Werbeagenturen bis
zur konkreten gestalterischen Aufbereitung und Produktion. Die Arbeit am ZwiebelfischMagazin bietet den Studenten die Möglichkeit, Erfahrung und Kontakte für den späteren
Einstieg ins Berufsleben zu sammeln.
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7
Philipp Köster nominierte das Buch und schrieb dazu: »Es ging Lokomotive Leipzig schon mal besser.
Schließlich stand der Klub einst im Europacup-Finale in Athen. Es ging Lokomotive aber auch schon
schlechter, vor drei Jahren fing der Verein in der 11. Liga ganz neu an. Pätzug und Franke begleiten die LokThomas Franke,
Anhänger auf dieser mitunter bizarr anmutenden Achterbahnfahrt von den Glanzzeiten in den Siebzigern
Veit Pätzug
bis in die Bezirksliga Leipzig, in der der Klub inzwischen kickt, und verzichten dabei konsequent auf jenen
„Von Athen nach
Althen. Die Fanszene einschläfernden Duktus, der solche Zeitreisen sonst gerne begleitet. Stattdessen jagen die Texte atemlos
und hoch unterhaltsam durch die Jahre. Loks Jahre in der DDR-Oberliga zwischen Anarchie und Stasivon LOK Leipzig
zwischen Europacup Willkür, der Niedergang als VfB Leipzig, die Neugründung nach der Pleite als Lokomotive (Spieler Rene
Roßberg: „Meine Freundin wird schreien, aber das war besser als Sex“) – all das beschreibt das Buch in
und Kreisklasse“
fesselndem Stil und mit Sinn für die gute Pointe selbst in tragischen Situationen, wie dem Verhör eines
Lokisten durch zwei Stasi-Offiziere, die ihn zur Denunzierung anderer Anhänger zwingen wollten: „Sie
haben mit dieser Person geredet. Wie ist denn der Name? – Weeß ich doch nicht! Na, ich kenne die Leute
nur mit‘m Spitznamen! – Dann nennen Sie uns die Spitznamen! – Der hier nennt sich R! – Wollen Sie mich
verarschen? Der Mann arbeitet mit Ihnen zusammen im Kollektiv. Da werden Sie ja wohl den Namen wissen!
– Ach so, stimmt. Scheiße, ja ...“ Der Lokist resümiert: „Die wollten mich unbedingt weich klopfen. Aber
nicht mit mir.“ Was auch ein schöner Titel für das Buch gewesen wäre.«
Platz 10
Thomas Franke (links) wurde 1977 in Leipzig geboren und absolvierte
zunächst eine kaufmännische Ausbildung beim MDR und anschließend
ein Studium der Kommunikations-und Medienwissenschaft in Leipzig.
Veit Pätzug (rechts), geboren 1972 in Dresden, studierte nach seiner
Ausbildung zum Druckformhersteller das Fach Kommunikationsdesign
in Halle und ist seit Oktober 2005 selbständig tätig als Grafik-Designer,
Journalist und Fotograf. In seinem 2005 erschienenen Buch „Schwarzer Hals, Gelbe Zähne. Fußballfans
von Dynamo Dresden“ widmete er sich der Dresdener Fanszene.
Platz 11
Omar Gisler
„Grüner Rasen,
fette Beute.
Die großen Fußballskandale“
Harald Kaiser nominierte das Buch und schrieb dazu: »Klar, der Skandal des deutschen Fußballs, das
ist und bleibt der des Jahres 1971, in den weit mehr als 50 Spieler, Trainer und Funktionäre der Bundesliga
verwickelt waren und der die damals noch blutjunge Liga in ihren Grundfesten erschütterte.
In seinem Buch „Grüner Rasen, fette Beute" erzählt Omar Gisler, Journalist bei einer großen Schweizer
Nachrichtenagentur, noch einmal die Geschichte jener Bestechungsaffäre, die der Offenbacher Präsident
Horst Gregorio Canellas auf seiner Geburtstagsfeier am 6. Juni 1971 ins Rollen brachte.
Doch Gisler macht in seinem 224 Seiten starken Werk auch deutlich, dass Betrug, Schiebung und Bestechung, kleinere und größere Skandale den Lauf des Leders seit jeher begleiteten. In seinem faktenreichen,
sachlich-nüchtern und dennoch unterhaltsam geschriebenen Buch über die dunkle Seite des Fußballs
erzählt er, wie Spiele verschoben, Absprachen getroffen, Schiedsrichter und Spieler bestochen wurden,
von den Anfängen des Spiels im 19. Jahrhundert bis hinein in die Gegenwart. Es sind immer wieder die
gleichen Geschichten, von Prostituierten, die im Hotelzimmer der Schiedsrichter auftauchen, von Wetten,
die auf verschobene Spiele platziert werden, von Mannschaften, die im Spiel gegen einen Abstiegskandidaten
plötzlich seltsam müde wirken – spannend liest sich jede einzelne.«
Omar Gisler, 1976 in Schattdorf in der Schweiz geboren, studierte an der Universität
Basel Geschichte und italienische Literatur. Während seines Studiums arbeitete er
als Sportredakteur bei einer Basler Wochenzeitung. Seit Mai 2001 berichtet er als
Korrespondent für die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) aus dem Tessin. Er
lebt heute mit Frau und Kindern im Dorf Castel San Pietro im Mendrisiotto (Tessin).
Weitere Buchtitel: „Top Clubs“ und „Fußball-Derbys“ über große Mannschaften und
alte Rivalitäten im Fußball.
Fußballbuch des Jahres
277
Die Jury
Dr. Christof Siemes
Hans Böller
Stefan Erhardt
DIE ZEIT, Hamburg
Nürnberger Nachrichten, Der tödliche Pass,
Vorsitzender der Jury Nürnberg
München
Jürgen Kaube
Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Frankfurt a. M./Berlin
Philipp Köster
11 Freunde, Berlin
Michael Wulzinger
Ludger Schulze
Süddeutsche Zeitung, DER SPIEGEL,
Hamburg
München
Bernd Gäbler
Dozent für
Journalistik,
Bochum
Harald Kaiser
kicker-sportmagazin,
Nürnberg
Matti Lieske
Berliner Zeitung,
Berlin
Birgit Schönau
DIE ZEIT,
Süddeutsche Zeitung,
Rom
Fangesang des Jahres 2007
28
Was wäre der Fußball ohne seine Fans – und ihre Stimmgewalt! Die mehr oder
weniger derben „Choräle“, die Woche für Woche aus den Fankurven der Stadien
schallen, machen den Stadionbesuch vielfach erst zum Erlebnis.
Dabei scheiden sich an den Fangesängen in Deutschlands Kurven manchmal auch
die Geister. Der passionierte Stadiongänger schätzt in der Regel die Inbrunst
aus zehntausend Kehlen. Andere dagegen meinen, die Fans seien auch schon mal
kreativer gewesen.
Die Akademie wollte es genauer wissen: Was gibt es über das eintönige „Olé, olé“
und „Shalalalala“ hinaus zu hören? Wie steht es mit kreativen, einzigartigen,
lustigen oder fies-charmant intonierten Gesängen? Die originellen Lieder aus der
Kurve sollen bei der Auszeichnung zum „Fangesang des Jahres“ im Mittelpunkt
stehen. Gesucht wurde der beste Fangesang aus dem deutschsprachigen Raum.
Neben zahlreichen Liedern aus deutschen Fankurven standen auch Schlachtgesänge
aus Österreich und der Schweiz zur Wahl.
Kriterien für die Nominierung: Originalität, Kreativität und natürlich die Ohrwurmqualität samt Eignung zum Massenchor. Dabei sollten die Lieder aus der Kurve
‚still alive’ sein, also noch regelmäßig angestimmt werden.
In Zusammenarbeit mit dem einschlägig kompetenten Partner www.fangesaenge.de
wählte die Jury aus über 2.800 verschiedenen Titeln die besten Fangesänge aus.
In die Endauswahl schafften es dann 38 Schlachtgesänge von 27 verschiedenen
Vereinen. Die siegreiche Fankurve darf sich über 500 Liter Freibier freuen.
Fazit: Es kann zwar nur einen Sieger geben, aber alle 38 nominierten Gesänge
stehen um Einiges über der üblichen Durchschnittsdröhnung aus den
Stadionlautsprechern. Vergleichsweise also: Ein wahres Kulturgut des Fußballs
Der Fangesang des Jahres wird in diesem Jahr erstmals ausgezeichnet.
Die Auszeichnung „Fangesang des Jahres“ wird durch
die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben.
Der Preis ist mit 500 Litern Bier für die siegreiche
Fankurve prämiert, gesponsert
von der Kulmbacher Brauerei AG
Laudator: Günther Koch, BR, Radio- und TV-Reporter
Fangesang des Jahres
Die Auszeichnung „Fangesang des Jahres“ geht an
die Fans des 1. FSV Mainz 05 für das „Schlumpflied“
Sagt mal, wo kommt Ihr denn her?
Aus Rheinhessen, bitte sehr!
Seh’n da alle so aus wie ihr?
Ja, die seh’n so aus wie wir.
Warum seid Ihr all so blau?
Weil wir saufen wie die Sau!
Nehmt Ihr Riesling mit ins Bett?
Ja, sonst sind wir nicht komplett.
Gibt’s noch Lauterer in Rheinhessen?
Nein, die ham’ wir aufgefressen!
Lalalalalalalalalala ...
„Wir sind nur ein Karnevalsverein“, schallt es regelmäßig aus der Fankurve der 05er im Mainzer
Bruchwegstadion. Dass die Mainzer Anhänger aber viel mehr sind, beweisen sie regelmäßig mit
stimmgewaltigem und kreativem Support. Nicht ganz unerwartet geht die Auszeichnung für den
„Fangesang des Jahres 2007“ deshalb an die Anhänger des 1. FSV Mainz 05 für ihre Version des
Schlumpflieds.
Die Methode ist zwar üblich, das Ergebnis aber hat was: Die Mainzer dichteten kurzerhand den
Text des bekannten Schlagers von Vader Abraham um. Wenn Vorsänger Rolf Böhme zu seinem
„Sagt mal, wo kommt Ihr denn her?“ ansetzt, ist die ganze Südkurve da und antwortet mit einem
lautstarken: „Aus Rheinhessen, bitte sehr!“ Und da die 05er nach eigenem Bekunden „saufen
wie die Sau“, trifft es sich nicht schlecht, dass die Kulmbacher Brauerei AG dem Sieger 500 Liter
Alkohaltiges spendiert. Wenn auch Bier statt des vielbesungenen Weines ...
Und die Mainzer Fans haben sich den Preis wirklich redlich verdient, sind sie doch auch für ihre
besondere Fairness bekannt. Nicht zuletzt der Fans wegen gewann der 1. FSV Mainz 05 im Jahr
seines 100-jährigen Bestehens die Fairplay-Wertung des DFB und durfte am UEFA-Pokal teilnehmen.
Stellvertretend für die Siegerkurve nehmen der Mainzer Trainer Jürgen Klopp und der Leiter des
„Fanprojekt Mainz 05 e.V.“, Thomas Beckmann, den MAX entgegen. Das Fanprojekt arbeitet seit
1994 mit den Mainzer Fans und beugt so extremistischen Tendenzen im Fanblock vor. Durch
präventive Arbeit wird das Gewaltpotential im Stadion erfolgreich entschärft. Besonderes Augenmerk
liegt dabei auf der Integration von Jugendlichen in die etablierte Fanszene.
29
730
Fangesang des Jahres 2007
Die Platzierungen im Überblick
1.
1. FSV Mainz 05
Schlumpflied
2.
FC Erzgebirge Aue
Zwei gekreuzte Hämmer und ein großes W
Zwei gekreuzte Hämmer und ein großes W,
Das ist Wismut Aue, uns’re BSG.
Wir kommen aus der Tiefe,
Wir kommen aus dem Schacht,
Wismut Aue, die neue Fußballmacht.
Aue, Aue, Aue, Aue ...
3.
1. FC Köln
Weil wir bescheuert sind
Jetzt steigen wir wieder auf,
dann steigen wir wieder ab.
Dann steigen wir wieder auf,
und dann steigen wir wieder ab.
Das finden wir lustig,
weil wir bescheuert sind.
4.
Eintracht Braunschweig
Zwischen Harz und Heideland
5.
Bayern München II
Wir lieben die Amateure
6.
FC St. Pauli
Nous sommes St. Pauli
VfL Bochum
So gehen die Bochumer, die Bochumer gehen so
FC Nürnberg
Als ich noch ein ganz kleiner Bub war
9.
Bayern München II
Griechischer Wein
FC Schalke 04
Opa Pritschikowski
11.
VfL Bochum
Durch die Stadien woll’n wir ziehen
Fangesang des Jahres
317
Die Jury
Günther Koch
Bayerischer Rundfunk, Nürnberg
Vorsitzender der Jury
Isabella Baier
Amt für Kultur und
Freizeit, Nürnberg
Marc Becker
Theaterautor,
Oldenburg
Christoph Biermann
Der SPIEGEL, Köln
Oliver Fritsch
Online-Journalist,
Gießen
Volker Goll
Sascha Kurth
Koordinationsstelle
Online-Journalist,
Fan-Projekte, Frankfurt Witten
Prof. Dr. Bernd Strauß
Präsident Deutsche
Vereinigung für
Sportwissenschaft,
Universität Münster
Almut Sülzle
Netzwerk Frauen
im Fußball „F_in“,
Marburg
Ronny Blaschke
Berliner Zeitung,
Berlin
Manfred Rothenberger
Institut für moderne
Kunst, Nürnberg
Walther-Bensemann-Preis 2007
32
Der Walther-Bensemann-Preis hat eine gewisse Sonderstellung unter den
Fußball-Kulturpreisen der Akademie.
Er steht zum einen für das Anliegen der Deutschen Akademie für FußballKultur, Fußball über das Spiel hinaus als kulturelles, historisches, soziales und
politisches Phänomen zu begreifen. Denn Walther Bensemann war nicht nur
ein Fußballpionier, er stand trotz zahlreicher Anfeindungen fest zu seiner
Überzeugung, dass der Fußball in besonderem Maße zur Völkerverständigung
beitragen kann und soll. Zum anderen wird durch den Walther-BensemannPreis an eine herausragende Person des Sportjournalismus erinnert, die als
Gründer und brillante Feder des „kicker“ Wertvolles für die mediale Darstellung
des Spiels geleistet hat. Zum Dritten steht dieser Preis für das Bestreben, die
Rolle des Fußballs in der politischen Geschichte zu verdeutlichen. Mit der
Benennung des Preises nach Walther Bensemann werden Menschen geehrt,
die Herausragendes für den Fußball geleistet haben und dabei immer wieder
auch gegen den Strom schwimmen mussten.
Der Preis zeichnet Personen der Zeitgeschichte aus, deren langjähriges Wirken
in der Tradition Walther Bensemanns steht: Ein Sonderpreis für außergewöhnliches
Engagement mit Mut und Pioniergeist, für mehr gesellschaftliche Verantwortung,
Fairplay und interkulturelle Verständigung im Umfeld des Fußballs.
Preisträger 2006: Franz Beckenbauer
Der Walther-Bensemann-Preis wird durch die
Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben.
Er ist mit 10.000 e dotiert,
gestiftet vom kicker-Sportmagazin.
Laudator: Rainer Holzschuh,
Chefredakteur kicker-sportmagazin
Walther Bensemann (*1873; † 1934) war einer der großen deutschen Fußballpioniere.
Von seinen englischen Mitschülern an einer Schweizer Privatschule erlernte er das
Fußballspiel und war von der damals neuen Sportart sofort begeistert. 1889 hob er in
Karlsruhe den ersten Fußballverein Süddeutschlands aus der Taufe – den International
Football Club. Zwei Jahre später gründete er den Karlsruher FV, der 1910 die Deutsche
Meisterschaft gewinnen sollte. In der Folgezeit war Bensemann an zahlreichen Vereinsgründungen beteiligt, unter anderem bei den Vorgängervereinen von Bayern München und Eintracht Frankfurt.
Bensemann war auch für die ersten internationalen Vergleiche deutscher Mannschaften verantwortlich. Noch
bevor es den Deutschen Fußballbund gab, organisierte er 1899 vier Spiele gegen eine englische Auswahl,
die heute als Ur-Länderspiele bekannt sind. Als schließlich im Jahr 1900 der DFB gegründet wurde, war Walther
Bensemann ebenfalls mit von der Partie. Bensemann sah den Sport schon immer als ein wichtiges Mittel des
Friedens und der Völkerverständigung. In diesem Geist gründete er 1920 den kicker, „als Symbol der VölkerVersöhnung durch den Sport“. Sein sportfeuilletonistischer Stil hat Maßstäbe gesetzt, sein Engagement
gegen nationalistische Beschränktheit schaffte ihm viele Feinde. Nach der Machtübernahme durch die Nazis
musste Bensemann, der jüdischer Herkunft war, sein Lebenswerk aufgeben und Deutschland verlassen.
1934 starb er in der Schweiz.
Walther-Bensemann-Preis
Den Walther-Bensemann-Preis 2007 erhält Alfredo Di Stéfano
»Wer nun der beste Spieler der Welt sei, darüber wird seit Jahrzehnten heiß diskutiert
und nicht selten erbittert gestritten. „Pelé oder Maradona?“, heißt in jüngerer Zeit eigentlich meist die Frage. Und darum ging es auch einmal in einer hitzigen Debatte unter
Weltstars Ende der 80er Jahre. Auf diese beiden Namen spitzte sich die Diskussion zu,
als Ferenc Puskas, der große ungarische Fußball-Zauberer, laut dazwischen rief: „Was
streitet ihr euch überhaupt, dafür kommt nur einer in Frage, Alfredo Di Stéfano!“ Viele
der Ex-Spieler stimmten Puskas zu. Aber eine Einigung auf „Don Alfredo“, wie Di Stéfano
oft genannt wurde, war ebenso wenig herbeizuführen, wie auf Maradona oder Pelé.
Den Nagel auf den Kopf getroffen hat wohl einer der erfolgreichsten Trainer der Welt,
Sepp Herberger, Schöpfer der deutschen Weltmeisterelf von 1954: „Er ist der vollkommene
Spieler, von dem jeder Trainer träumt. Der nimmt im eigenen Strafraum dem Gegner den
Ball ab, leitet den eigenen Angriff ein und vollendet ihn mit einem Tor! Was Di Stéfano
macht, hat Hand und Fuß. Er beherrscht den Ball, denkt voraus, dirigiert seine Mitspieler,
denen er in jeder Hinsicht ein Vorbild ist!“
Statistiken sind nicht alles im Fußball. Doch sie sagen eine Menge aus. Zum Beispiel über
die Karriere eines Spieler. Alfredo Di Stéfano, am 4. Juli 1926 in Argentiniens Hauptstadt
Buenos Aires geboren, spielte von seinem 15. bis zum 23. Lebensjahr für den Spitzenklub
River Plate. Er wurde dort argentinischer Meister und Nationalspieler. Danach zog es ihn
für vier Jahre nach Kolumbien, dort trug er das Dress der „Millionarios Bogota“. Wieder
wurde er – und das gleich viermal – Meister. Er ließ sich einbürgern und bestritt vier Länderspiele für Kolumbien. Nach vier Jahren, 1953, wagte Di Stéfano den Sprung über den Ozean
nach Spanien. Eigentlich sollte er dort für den FC Barcelona spielen. Aber Santiago Bernabéu,
der „Patron“ von Real Madrid, hatte den Namen Di Stéfano schon lange auf seiner Liste.
Er war schneller und Alfredo setzte bei Real seine Unterschrift unter den Vertrag.
Mit Alfredo Di Stéfano begann die große Zeit von Real Madrid. Es stimmt, nie gewinnt
ein einzelner Spieler eine Meisterschaft alleine. Aber ein Spieler kann allein eine Mannschaft inspirieren, sie zum Erfolg mitreißen. So einer ist Di Stéfano. Real war seit 1933
nicht mehr spanischer Meister geworden. Mit Di Stéfano gelang auf Anhieb die glanzvolle
Rückkehr auf den spanischen Meisterthron. Dem Titel 1954 folgten mit Di Stéfano weitere
sieben. Doch alles überstrahlte die Siegesserie im 1955/56 erstmals ausgespielten
Europapokal der Meister. Real gewann 1956 den ersten und gleich die vier folgenden bis
1960, eine in der Geschichte der Europapokale einmalige Serie. Nur drei Spieler waren
in allen fünf Endspielen dabei: Zarraga, Gento – und eben der große „Maestro“ am
Dirigentenpult – Alfredo Di Stéfano. 624 Spiele bestritt er von 1953 bis 1964 und erzielte
405 Tore für Real.
Als Di Stéfano einmal in eine Formkrise geraten war, wurde Bernabéu von einem
Journalisten gefragt, ob der nicht eine Pause verdiente. Da antwortete der Präsident:
„Bei Real hat jeder Spieler das Recht, auch mal schlecht zu spielen. Er muss aber
erkennen lassen, dass er sich um die bestmögliche Leistung bemüht. Und bei Alfredo
habe ich diesen Eindruck immer!“ Auch das spricht sowohl für Di Stéfano wie auch
für die Philosophie, die Real zur überragenden Mannschaft machte. Zweimal wurde er
zu Europas „Spieler des Jahres“ gewählt: 1957 und 1959. Bei einer Wahl der „Spieler
des Jahrhunderts“ kam er 2004 hinter Pelé, Beckenbauer und Cruyff auf Platz vier.
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374
Auch für Spanien bestritt er 31 Länderspiele (mit 23 Toren). An einer WM hat er jedoch
nie teilnehmen können: An der Qualifikation für die Turniere 1950 und 1954 beteiligte
sich Argentinien nicht, Spanien (seit 1956 war Di Stéfano spanischer Staatsbürger)
schaffte die Qualifikation für die WM ’58 nicht und 1962 gehörte er zwar zu Spaniens
Kader, konnte jedoch wegen einer Verletzung nicht spielen.
Als Trainer war Di Stéfano nicht ganz so erfolgreich. Immerhin: Den FC Valencia führte
er 1971 zur spanischen Meisterschaft und holte 1980 mit diesem Klub auch den Europapokal der Pokalsieger (übrigens mit Rainer Bonhof ), mit Real gewann er 1990 den
spanischen Supercup (und begann eine radikale Verjüngung der Mannschaft). In Argentinien führte er zwei Klubs zum Titelgewinn: Boca Juniors (1970) und seinen Heimatverein
River Plate (1981).
Über allen Erfolgen aber steht der Mensch Alfredo Di Stéfano. Ehrgeizig, selbstbewusst,
jedoch nie überheblich, ein „geborener“ Führungsspieler und dennoch mannschaftsdienlich wie kaum ein anderer. Ein im besten Sinne Besessener des Fußballs und Vorbild
für viele Generationen. Der 81-Jährige ist heute Ehrenpräsident von Real Madrid und
in vielfältiger Form sozial engagiert.«
Karl-Heinz Heimann
Walther-Bensemann-Preis
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Die Jury
Die Jury wurde gebildet
von den Nürnberger
Initiatoren der Akademie
Dr. Ulrich Maly
Karl-Heinz Heimann
Oberbürgermeister
der Stadt Nürnberg
Herausgeber
kicker-sportmagazin
Rainer Holzschuh
Theophil Graband
Chefredakteur
kicker-sportmagazin
Vorstandsvorsitzender
Teambank AG
Fußballspruch des Jahres 2007
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36
„So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere“, sagte Lukas Podolski nach der HalbfinalNiederlage gegen Italien bei der WM 2006 – und gewann damit doch noch einen Titel:
den Deutschen Fußball-Kulturpreis für den „Fußballspruch des Jahres 2006“.
Auch im Jahr eins nach dem Sommermärchen gaben Fußballprofis, Trainer oder Sportreporter wieder allerlei Weisheiten zu Protokoll. Ailton z. B. beglückte uns in gewohnter
Manier mit einer kurzen aber treffenden Feststellung: „Musse Tor schießen, iss klar.“
Gerald Asamoah wusste hingegen: „Solange wir an der Spitze bleiben, kann keiner an
uns vorbei.“ Zwar hat er damit durchaus Recht, machte seine Rechnung aber ohne die
Stuttgarter. Und Harald Schmidt fiel zur alljährlichen Schalker Depression natürlich
auch was Passendes ein: „Nur gucken – nicht anfassen!“
Die fach- und sprachkundige Jury der Akademie sichtete zunächst einen riesigen
Fundus an Fußballsprüchen. Aus deutschlandweiten Einsendungen und eigenen
Vorschlägen bestimmte sie dann in einem ersten Schritt die Top-Elf der Saison, mit
einer Einschränkung: Nur die Plätze fünf bis elf wurden bereits fest vergeben.
Denn unter den vier von der Jury am besten platzierten Sprüchen wird erst heute Abend
der Sieger 2007 gekürt. In zwei Halbfinals und einem Finale treten jeweils zwei Sprüche
gegeneinander an. Die Entscheidung über den Gewinner treffen die Gäste der PreisGala. Per Handzeichen und mit Hilfe dieses Programmhefts stimmen sie für ihren
Favoriten und wählen so den „Fußballspruch des Jahres 2007.“ Spielleiter der
Abstimmung ist ein Mann, der ebenfalls selten um einen guten Spruch verlegen ist:
Kabarettist Django Asül.
Preisträger 2006: „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“ (Lukas Podolski)
Die Auszeichnung „Fußballspruch des Jahres“
wird durch die Deutsche Akademie für
Fußball-Kultur vergeben. Die Ausschreibung
wurde unterstützt von easyCredit.
Der Sieger erhält den Spruch-MAX als
symbolische Auszeichnung.
Spielleiter der Abstimmung: Django Asül
Fußballspruch des Jahres
Die vier besten Sprüche 2007 – nominiert für die Endausscheidung
„Es muss wieder Spaß machen,
die Bayern zu sehen.
Und es muss wieder Spaß
machen, sie verlieren zu sehen.“
„In schöner Regelmäßigkeit
ist Fußball doch immer
das Gleiche.“
Hans Meyer vs
Hans Meyer ist wohl ebenso
einmalig wie repräsentativ für die
deutsche Entwicklung nach dem Fall der Mauer. Obwohl
er einer der erfolgreichsten Trainer der DDR war, hatte
er nach der Wende im gesamtdeutschen Fußball zunächst
einen schweren Stand. Erst über den Umweg Holland
schaffte er es in die Bundesliga und ist seitdem auch
hier sehr erfolgreich. Meyer begeistert Fans und Medienvertreter mit seiner Ironie und bisweilen bissigem Humor.
Seine Sprüche könnten ein ganzes Buch füllen. So ist es
auch nicht verwunderlich, dass Meyer bei der Wahl
zum „Fußballspruch des Jahres 2007“ gleich mit drei
Beiträgen nominiert war. Sein philosophisch anmutender
Satz „In schöner Regelmäßigkeit ist Fußball doch
immer das Gleiche“ schaffte es locker ins Halbfinale.
Mit Christian Eichler, Sportkorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und noch 2006 selbst Chef der SpruchJury, gelang einem Journalisten der Sprung ins Halbfinale.
Als Zwölfjähriger erlebte Eichler im Jahr 1971 das
Bundesligaspiel MSV Duisburg gegen Bayern München
auf einem heißen Garagendach. Die Bayern verloren
das Spiel mit 0:2 und damit auch die Deutsche Meisterschaft an Borussia Mönchengladbach. Vielleicht dank
dieser frühen Prägung sieht Eichler die Bayern bis heute
gern verlieren, hält aber auch viel von einem starken
Branchen-Primus mit hoher Investitionsbereitschaft.
Sein nominierter Spruch lautet deshalb: „Es muss
wieder Spaß zu machen, die Bayern zu sehen. Und es
muss wieder Spaß machen, sie verlieren zu sehen.“
Christian Eichler
„Zwei Dinge weiß ich:
Irgendwann müssen wir alle
sterben und irgendwann wirst
du als Trainer immer entlassen.“
Seinem Image als grimmiger Klaus Augenthaler vs
Niederbayer ist Klaus Augenthaler in der vergangenen Spielzeit mal wieder voll
gerecht geworden. Seine 42 Sekunden dauernde
Pressekonferenz, in der er selbst die Fragen stellte
und sogleich beantwortete, ist legendär. Und es gelang
ihm, mit zwei Sentenzen für den „Fußballspruch
des Jahres 2007“ nominiert zu werden. Kurz bevor
„Auge“ seinen Trainerposten beim VfL Wolfsburg
tatsächlich verlor, verkündete er der Fußballwelt:
„Zwei Dinge weiß ich: Irgendwann müssen wir alle
sterben und irgendwann wirst du als Trainer
immer entlassen.“ Für diese wahren Worte belohn-ten ihn die Juroren mit dem Einzug ins Halbfinale.
„Es ist nicht
immer alles wahr,
was stimmt.“
Zwar ist der Vorjahressieger
Lukas Podolski dieses Mal
nicht nominiert, aber immerhin hat er seinem
ehemaligen Teamkollegen Stefan Wessels zu
einem Platz im Halbfinale verholfen. Dieser
kommentierte Anfang der vergangenen Saison
die Wechselgerüchte rund um ,Prinz Poldi’ mit
der Aussage: „Es ist nicht alles wahr, was stimmt.“
Bei der Abstimmung zum „Fußballspruch des
Jahres 2007“ landete er damit einen Volltreffer,
obwohl viele Leute noch immer rätseln, was er
uns damit eigentlich sagen wollte. Wessels selbst
hat den 1. FC Köln inzwischen verlassen und steht
jetzt im Tor des englischen Vereins FC Everton.
Stefan Wessels
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Fußballspruch 2007
Die Platzierungen 5 bis 11
im Überblick
5.
Gerald Asamoah
„Solange wir an der Spitze bleiben, kann keiner an uns vorbei.“
6.
Hans Meyer
„Wir wollten beide nach Berlin ...“
über Edmund Stoiber auf die Frage, was diesen vom 1. FCN unterscheide)
7.
Mehmet Scholl
„Wir werden was trinken und dann heulen wir alle. Dann tauschen
wir die Frauen und dann geht’s weiter ...“
über die unmittelbaren Pläne nach seinem Abschiedsspiel
8.
Harald Schmidt
„Nur gucken – nicht anfassen!“
zum Thema Schalke 04 und Meisterschale
9.
Uli Hoeneß
„Der Weihnachtsmann war noch nie der Osterhase.“
zum Wert der Herbstmeisterschaft
10.
Urban Priol
„Der deutsche Fußball ist attraktiv wie nie, wenn man von der
Bundesliga einmal absieht.“
11.
Jorge Valdano
„Der größte Schaden wird durch die Fixierung auf Resultate
ausgelöst. Es gibt kaum Journalisten, die gegen das Ergebnis
urteilen.“
Carlos Dunga
„Ihr seid nie zufrieden. Ihr würdet noch klagen, wenn ich Jesus
Christus berufen würde.“
Fußballspruch des Jahres
397
Die Jury
Django Asül
Kabarettist und
Kolumnist, Hengersberg
Vorsitzender der Jury
Christoph Bausenwein Thomas Brussig
Autor, Fürth
Autor, Berlin
Mario Leis
Autor, Bonn
Moritz Rinke
Autor, Berlin
Pfr. Dr. phil.
Jochen Wagner
Evangelische
Akademie, Tutzing
Arnd Zeigler
Autor und
Stadionsprecher,
Bremen
Christian Eichler
Frankfurter
Allgemeine Zeitung,
Brüssel
Michael Horeni
Frankfurter
Allgemeine Zeitung,
Frankfurt am Main
Alex Rühle
Nicole Selmer
Süddeutsche Zeitung, Autorin, Hamburg
München
40
Impressum
Amt für Kultur und Freizeit
der Stadt Nürnberg
Deutsche Akademie
für Fußball-Kultur
Marienstraße 15
90402 Nürnberg
Tel. 0911/2 31-70 55
Fax. 0911/2 31-68 09
[email protected]
www.fussball-kultur.org
Redaktion:
Günter Joschko
Birgitt Glöckl
Christoph Zitzmann
Claus Enkler
Sebastian Ritter
Alexander Kießling
Kristina Kaiser
Susanne Gumbmann
Christel Paßmann
Karl-Heinz Heimann
Marcus Lehmann
Bildnachweis:
Karl-Friedrich Hohl,
kicker-Bildarchiv,
Verlage, privat
Grafik:
Martin Küchle
Zum Schluss noch einmal ein besonderer Dank an alle 48 Mitwirkenden in den fünf Jurys.
Und im Namen des Kapitäns des Amts für Kultur und Freizeit, Jürgen Markwirth, bedanken
wir uns sehr herzlich beim Akademie-„Trainerstab“ mit Peter Murrmann, Hans Trautenbach
und Dr. Uli Glaser.
Herzlichen Dank an die Träger, Förderer und Sponsoren der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur
Herzlich Willkommen · Welcome

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