Griechenland

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Griechenland
Inselhopping mit
dem Schlauchboot
Griechenlands Inselwelt ist grossartig. Es gibt unzählige Fährverbindungen vom Festland
auf den Archipel. Doch flexibler ist, wer sich zum Beispiel ein Schlauchboot mietet.
Sie sind ein ideales Transportmittel zwischen den Inseln. Wer drückende Hitze und
­Touristenmassen umgehen will, sollte Griechenland im Frühling oder Herbst besuchen.
Text und Fotos:
sarah wyss
Sie sind wendig, schnell und leicht. Die Schlauchboote
von Rent a Rib (zu Deutsch: Miete ein Schlauchboot).
12 Boote vermieten Takis Marinos und Vassiliadis
­Panagiotis, zwei stehen als Reserveboote zur Verfü­
gung. Denn auf guten Service legen die beiden viel
Wert. Rund um die Uhr seien ihre Boote in der Haupt­
saison verfügbar, versprechen sie. Marinos, der
­Geschäftsführer von Rent a Rib, arbeitete einige Jahre
als Manager in internationalen Unternehmen und
bringt seine ganze Erfahrung ein. Pünktlichkeit und
Verlässlichkeit sind für ihn nicht nur einfach Schlag­
wörter, sondern verpflichten. Mit seinem griechischen
Charme täuscht er schnell darüber hinweg, dass er
sieben Tage die Woche im Büro anzutreffen ist und
viel Herzblut in sein Unternehmen investiert.
Den Feriengast hat dies zum Glück nicht zu kümmern.
Ihm reicht es, wenn er von Marinos mit einem ­breiten
Grinsen empfangen wird. Die Boote von Rent a Rib
sind in Anavyssos, 50 Kilometer von Athen entfernt,
auf dem Gelände der Mutterfirma Perasma unter­
gebracht. Von dort zum Einwasserungs-Platz sind es
nur wenige Meter. Die Gäste laden ihr Gepäck im
­Parking auf die Boote, die bereits auf Trailern sind und
steigen hinein. Dann werden die Ribs mitsamt den
Gästen eingewassert.
Unsere erste Fahrt zwischen den Inseln des argo­
saronischen Golfes geht von Anavyssos nach Ägina. Sie
beginnt ruhig, um die 250 PS starken Motoren
­anzuwärmen. Ansonsten beträgt die Fahrgeschwindig­
keit idealerweise 4500 U/min, was ungefähr ­22 Knoten
ergibt. Bei dieser Geschwindigkeit kann man sich auf
dem Boot noch gut unterhalten und eine stündige
Fahrt ist leicht zu ertragen. Es sind rund 30 Seemeilen
bis nach Ägina, doch das warme Spätsommerwetter
lädt zum Baden ein. Einsame Buchten und klares
­Wasser können nicht ignoriert werden und so kühlen
sich die Badehungrigen schnell ab. In Ägina Stadt
­besuchen wir den Fischmarkt, wo wir uns unser Mittag­
essen gleich selber aussuchen können. Unsere Guides
bringen den frisch gekauften Fisch ins nahe gelegene
Restaurant, wo er für uns zubereitet wird. Dies ist je­
doch nur in Restaurants nahe einem Fischmarkt üblich
und es empfiehlt sich, beim Wirt zuerst zu fragen, ob er
einen selber gekauften Fisch auch zubereitet.
Tempelanlagen – der Stolz der Griechen
Nach dem Essen fahren wir mit Taxis zu einem der
zahlreichen griechischen Tempel. In der Stadt ist es
­verhältnismässig ruhig – Griechenland scheint im
­September fast ein Geheimtipp zu sein. Die Sommer­
ferien sind vorbei, die grosse Hitze auch. Doch die
­antiken Tempel thronen noch immer stolz auf den
­Hügeln. Jene Touristen, die gerne den vollen Service in
Anspruch nehmen, müssen einige Abstriche machen.
Doch Individualtouristen kommen dafür umso mehr
auf ihre Kosten. Die Tempelanlagen sind nicht mehr
überlaufen und während des Rundgangs finden wir
Zeit und Musse, uns in Gedanken einige tausend Jahre
zurückzuversetzen und die Aussicht zu geniessen. Wie
war es wohl, vom Balkon aus über das griechische Meer
Auch im Frühling oder Herbst
Sehenswürdigkeiten
ist das Meer schön warm. Das
Egal ob auf dem Festland oder auf den Inseln – in Griechenland gibt es unzählige antike Stät-
Hotel Poros Image (oben links)
ten, die besucht werden können. Die Tempel stehen meist erhöht auf einem Hügel, so dass man
liegt schön und ist eine gute
neben den Tempelruinen auch die Aussicht bewundern kann.
Sehenswert ist sicher der Poseidon-Tempel an der Südspitze von Attika auf dem Kap Sunion.
Wahl. Auf dem Fischmarkt in
Ägina liegt das «Essen» bereit.
Wer Zeit hat, sollte am Abend ans Kap reisen. Wenn der Tempel in der Abendsonne leuchtet,
lässt sich erahnen, wie erhaben sich die Bewohner gefühlt haben müssen. Ein weiteres
­interessantes Bauwerk ist der Tempel der Aphaia auf Ägina (siehe Haupttext und Bild links).
Auf der dreitägigen Reise wurden die Inseln Ägina, Poros, Hydra und Spetses besucht. Jede ­Insel
hat ihre eigenen Reize und ist es Wert, besucht zu werden: In Ägina lockt der Fischmarkt viele
Touristen an und wie erwähnt der Tempel der Aphaia. Auf Poros befindet sich das Hotel Poros
Image. Von der Terrasse aus hat man eine wunderbare Sicht über die Bucht und auf die ­Ortschaft
Poros. Die Zimmer sind sauber und der Service freundlich. Allerdings kann man im Restaurant
nicht traditionell griechisch essen. Wer das möchte, ist besser beraten, wenn er eine Taverne
im Ort aufsucht. Zum Beispiel die Taverne Poseidon.
Hydra lockt mit seinen Boutiquen viele Touristen an. Wer dem Rummel an der Hafenpromenade entfliehen möchte, steigt am besten die Treppe zwischen den Häusern hoch und geniesst
von dort die Aussicht.
Auf Spetses kann unter anderem das Museum von Bouboulina besichtigt werden. Lascarina
Bouboulina war eine der wenigen Heldinnen der griechischen Revolution.
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Piräus
Korinth
Fieves
Agkistri
Ägina
Anavyssos
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Poros
Gios Georgios
Dokos
Hydra
Spetses
zu schauen? Und was beschlich einem für ein Gefühl,
wenn in der Ferne der Feind auftauchte? Auf der Insel
Ägina besichtigen wir den Tempel von Aphaia. Aphaia
war eine Tochter von Zeus und tauchte laut der
­griechischen Mythologie unter, nachdem sie von
­verschiedenen Männern bedrängt wurde. Sie wurde vor
allem von Frauen verehrt, die um Schutz für ihre Kinder
baten. Vom Tempel aus hat man eine wunderbare
­Aussicht über das ägäische Meer.
Auch wenn die griechische Mythologie fesselnd ist, so
wollen wir doch das schöne Wetter ausnutzen, um vor
der Überfahrt nach Poros einen Zwischenhalt ­einzulegen
und zu fischen. Nur eines der beiden Schlauchboote,
mit denen wir unterwegs sind, ist als Fischerboot
­eingelöst. Philippos, unser zweiter Guide neben Takis
Marinos, wirft die Angelrute aus. Doch vom Festland
her zieht schlechtes Wetter auf, sodass wir zum Hotel
fahren. Kaum sind wir in der Lobby, bricht das Gewit­
ter über uns herein. Nur kurz später legt ein Blitz die
gesamte Stromversorgung in Poros lahm – unser ­Hotel
hat zum Glück ein Notstrom­aggregat und wir sitzen
als einzige nicht im Dunkeln. Das traditionelle
­griechische Abendessen in einer ­Taverne jedoch ­müssen
wir verschieben. Stattdessen gibt es den Touristen
­angepasstes Essen aus der ­Hotelküche.
Doch zu ereignisreich war der erste Tag, um sich die
gute Laune verderben zu lassen. Lieber diskutieren wir
über die Schlauchboote. Den einen gefallen die sport­
licheren Modelle von Scorpion besser, die Familien­väter
bevorzugen die Modelle von Skipper, die breiter sind
und ruhiger im Fahrverhalten. Beide Boote sind einfach
zu manövrieren und zu handhaben. Skipper haben im
Bug bessere Liege- und Sitzmöglichkeiten.
Vor-/Nachteile der Schlauchboote
Wer mit einem Schlauchboot reisen will, sollte sich im Vorfeld Gedanken machen darüber, ob
es das richtige Reisemittel ist. Die Boote sind für Erwachsene gut geeignet. Doch kleinen ­Kindern
wird es wohl schnell langweilig, und die Fahrt ist nicht ungefährlich.
Die Boote sind einfach zu fahren, nicht sehr heikel bei den Anlegemanövern und sie können
gut an den Strand gezogen werden wegen ihres geringen Gewichts. Man sollte allerdings
­bedenken, dass man keinerlei Schutz vor Regen hat. Gegen die Sonne befindet sich ein Bimini
auf dem Boot. Der Stauraum ist nicht üppig, reicht aber für das Gepäck von sechs Personen für
einige Tage. Sobald man mehr als eine Nacht im selben Hotel verbringt, erübrigt sich die
­Stauraum-Frage. Die Boote sind mit einem Kühlschrank ausgestattet.
Auf der dreitägigen Reise wurden etwa 193 Seemeilen zurückgelegt. Der Benzinverbrauch
­bewegte sich zwischen 310 Litern (Skipper) und 286 Litern (Scorpion) für die Gesamtdistanz.
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Der Hafen von Hydra ist auch
in der Nebensaison gut belegt
(links aussen). Die Schlauchboote von Rent a Rib einfach zu
handhaben. So werden die
Fahrten zwischen den Inseln zu
einem kurzweiligen Erlebnis.
Baden, Fischen, Shoppen
Am nächsten Tag sind Gewitter und Stromausfall
­vergessen und unsere Reise geht weiter nach Spetses.
Die Lufttemperatur ist mit 28 bis 30 Grad auch
­während der Fahrt sehr angenehm. Immer wieder
wechselt der Steuermann, damit jeder die Boote
­testen kann. Verschiedene Sitz- und Liegemöglich­
keiten werden während der Fahrt ausprobiert. Um
wirklich sicher zu reisen, ist es empfehlenswert, zu
­sitzen oder hinter dem Steuer zu stehen. Auch wenn
die Boote relativ ruhig laufen, sind die Erschütte­
rungen durch die Wellen oft sehr hart und wer liegt,
kann sich schnell weh tun, weil er sich nicht richtig
festhalten kann. Oft sind wir die einzigen Boote weit
und breit. Ab und an kreuzt eine Schnellfähre unseren
Weg und unsere griechischen Leiter warnen uns,
­denen zu nahe zu kommen. «Die nehmen keine
­Rücksicht und es hat schon tödliche Unfälle gege­
ben», sagt Marinos. Das Meer ist zum Glück gross
genug und wir wahren Abstand. In Spetses laden alte
Häfen zu einem Spaziergang ein. Im ältesten Haus der
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Insel ist ein Café eingerichtet, von welchem man Aus­
sicht auf einen der Hafen hat. Die Fahrer der privaten
Wassertaxis warten auf Kunden, doch der Ansturm
ist nicht mehr gross. So sitzen sie auf der Hafenmauer
und vertreiben sich die Zeit. Wir sind ja zum Glück
mobil und wollen uns die nächste Insel ansehen, ­bevor
wir am Abend nach Poros zurückkehren.
Wir fahren weiter nach Hydra. Hydra ist auch im
­September sehr beliebt, so dass es sogar mit unseren
Schlauchbooten nicht einfach ist, einen Anlegeplatz
zu finden. Die Stadt auf der gleichnamigen Insel ist
bekannt für ihre Boutiquen – Männer sollten ihren
Frauen nicht zu viel Zeit lassen, um sich durch alle
Auslagen zu kaufen. Wir wollen höher hinaus und
steigen die engen Treppen hoch, bis wir zwischen den
Häusern durch wieder auf die Hafenanlage sehen. Im
Licht der Abendsonne fahren wir dann zurück nach
Poros. Auf der Rückfahrt wird uns bewusst, dass der
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«Cabrio-Vorteil» an einem lauen Frühling- oder
Herbst­abend schnell zum Nachteil werden kann: Die
Luft ist frisch und eine Windjacke auch im Septem­
ber Pflicht. Doch wir haben Glück: Es bleibt trocken.
Am zweiten Abend in Poros können wir dann von den
örtlichen Spezialitäten kosten. Und da zeigt sich
­einmal mehr, dass es sich lohnt, den Hotelkomplex zu
verlassen und ein kleines Restaurant zu bevorzugen.
Ob Tintenfisch, Kraken, verschiedene Fischarten oder
griechischer Salat: alles mundet hervorragend.
Am letzten Tag legen wir die längste Strecke zurück.
Von Poros geht die Fahrt zurück nach Anavyssos. Als
wir in die Bucht einbiegen, ruft einer der Guides seine
Kollegen vom Parking an, und kaum sind wir in Sicht­
weite, steht der Anhänger auch schon bereit. Ruhig und
sicher manövrieren die Griechen ihre Boote wieder auf
den Anhänger. Fünf Minuten später stehen die Boote
auf dem Parkplatz, bereit, um gereinigt zu werden.
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