Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität

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Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität
Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität
Ralf Busskamp und Karl-Heinz Schmidt
und einen z.T. stark anthropogen modifizierten Charakter trägt.
Die Karte zeigt anschaulich die
Unterschiede in der Wasserführung. Die
mittleren jährlichen Abflüsse (MQ)
werden in einer Bänderdarstellung
entlang der Flussläufe dargestellt, wobei
die Bandbreite proportional zur Wassermenge in den Gewässerabschnitten ist
und die farbliche Gestaltung Informationen über die Abflussvariabilität der
Gewässerabschnitte vermittelt. (Die in
der Tabelle genannten Abflussmessstellen (Pegel) sind in der Karte namentlich aufgeführt.)
Abflussmessung und Abflussregistrierung
Die Ruhr bei Bochum bei Trockenwetterabfluss und bei einem
Hochwasserabfluss von 802 m³/s am 6.2.1980. Die beiden Bilder
zeigen denselben Ausschnitt. Zur Orientierung kann der Baum in
der linken Bildmitte dienen.
Das vielfältige Spektrum der Nutzung
des Wassers durch den Menschen und
die wasserbaulichen Eingriffe in die natürlichen Fließgewässersysteme z.B.
durch die Anlage von Talsperren, durch
Wassertransfer über Einzugsgebietsgrenzen hinweg, durch Flussbegradigungen
und Flächenversiegelung, durch Bergbau oder Deichbau haben dazu geführt,
dass sich das Abflussgeschehen in seiner
räumlichen Verteilung und seinem zeitlichen Ablauf erheblich verändert hat
Der Abfluss wird mit Hilfe der Registrierung der Wasserstände an Pegeln ermittelt. Das amtliche Pegelnetz in
Deutschland besteht gegenwärtig aus
mehr als 4000 Messstellen. Die ältesten
Überlieferungen von Wasserständen liegen in Form von Hochwassermarken
vor, die die Bewohner von flussnahen
Siedlungen schon seit dem Mittelalter
an Brückenpfeilern und Gebäuden angebracht haben ( Foto), um verheerende Überschwemmungen zu dokumentieren. In Deutschland begannen die ersten regelmäßigen Wasserstandsmessungen durch Lattenpegel im Jahre 1727
bei Magdeburg an der Elbe. Es folgten
die Pegel Barby/Elbe (1753), Düsseldorf/
Rhein (1766) und Stettin/Oder (1771).
Heute werden an Pegeln die Wasserstände automatisch registriert oder durch
Datenfernübertragung an die zuständigen
Behörden weitergeleitet. Zur Berechnung des Abflusses (Q: m3/s) benötigt
man neben der Fläche des durchflossenen Querschnitts (F: m²) den Wert der
mittleren Geschwindigkeit (v: m/s), mit
der das Wasser den Querschnitt passiert.
Zur Messung der Fließgeschwindigkeit
Fläche
Reihe
km²
Jahre
Rhein (Rheinfelden)
Rhein (Rees)
Donau (Hofkirchen)
Elbe (Neu Darchau)
Oder (Hohensaaten-F.)
Inn (Eschelbach)
Saale (Calbe-Grizehne)
Weser (Intschede)
Unstrut (Laucha)
Havel (Rathenow)
Neckar (Rockenau)
Main (Kleinheubach)
Mosel (Cochem)
Ruhr (Hattingen)
Mulde (Golzern)
34550
159300
47496
131950
109564
13354
23719
37720
6218
19288
12710
21505
27088
4118
5442
66
65
96
72
54
66
66
57
53
44
46
38
65
54
87
MHQ
MNQ
Variabilität
HHQ
m³/s
m³/s
m³/s
MHQ/MNQ
m³/s
m³/s
Variabilität
der Extrema
HHQ/NNQ
1030,0
2280,0
636,0
712,0
521,0
368,0
115,0
324,0
30,5
91,6
135,0
158,0
315,0
70,7
61,4
2760
6620
1870
1870
1224
1460
379
1250
105
165
1200
790
2060
524
497
453
1040
302
274
259
127
44
125
11
25
36
48
60
18
13
6
6
6
7
5
11
9
10
10
7
33
16
34
29
38
4270
12200
4470
3840
3480
2900
680
3500
363
295
2690
1800
4170
1950
1740
267,0
590,0
165,0
128,0
111,0
82,0
11,5
59,0
4,6
3,0
18,4
11,0
10,0
1,6
1,4
16,0
20,7
27,1
30,0
31,4
35,4
59,1
59,3
78,9
98,3
146,2
163,6
417,0
1189,0
1242,9
MQ
NNQ
zur Lage der Pegel siehe
126
Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser
Räumliche und zeitliche Verteilung
Als Datenbasis der Kartendarstellung
wurden im Wesentlichen die für die
amtlichen Pegel verfügbaren Abflusshauptzahlen herangezogen. Das regionale Verteilungsmuster des mittleren Abflusses (MQ) bietet eine wertvolle Basisinformation über die Verfügbarkeit
von Wasser für den öffentlichen, industriellen und privaten Wasserverbrauch
sowie für die Schifffahrt. Allerdings ist
das Abflussgeschehen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich ausgesprochen variabel. Großanlagen und Siedlungen mit hohem Wasserverbrauch benötigen deswegen Informationen
darüber, ob die Versorgung mit der von
ihnen benötigten Wassermenge ohne
längere Ausfallsgefährdung gewährleistet ist. Dazu muss über langjährige Pegelmessungen bekannt sein, wie groß
Abflusshauptzahlen für
eine Pegelstation
Schema
höchster überhaupt
bekannter Abfluss HHQ
höchster Abfluss in einem
Beobachtungszeitraum HQ
Mittel der höchsten Abflusswerte
gleichartiger Unterabschnitte
(Monat, Halbjahr, Jahr) im
Beobachtungszeitraum MHQ
Mittelwert der
Abflusswerte im
Beobachtungszeitraum
Mittel der niedrigsten
Abflusswerte gleichartiger
Unterabschnitte (Monat,
Halbjahr, Jahr) im
Beobachtungszeitraum
MQ
Historische Hochwassermarken der Saale,
dokumentiert an der Mühlpforte in Halle
Der Begriff Abfluss bezeichnet in Hydrologie und Wasserwirtschaft die Wassermenge, die je Zeiteinheit einen definierten Querschnitt in einem Fließgewässer durchfließt. Als Maßeinheiten werden je nach Größe der Flüsse und Bäche
m3/s oder l/s verwendet. Wird der Abfluss auf die zugehörige Fläche des Einzugsgebietes bezogen, spricht man von
der Abflussspende (l/s/km2).
In der Wasserhaushaltsgleichung:
N (Niederschlag) = A (Abfluss) + V (Verdunstung in mm)
wird der Abfluss als Abflusshöhe (mm
pro Zeiteinheit), meist in mm/a, ausgedrückt ( Beitrag Glugla/Jankiewicz,
S. 130). Bei der Grundwasserneubildung
( Beitrag Neumann/Wycisk, S. 144)
und in der Wasserbilanz ( Beitrag Jankiewicz/Krahe, S. 148) erscheint der Abfluss ebenfalls als Abflusshöhe.
MNQ
niedrigster Abfluss in einem
Beobachtungs- NQ
zeitraum
niedrigster NNQ
überhaupt
bekannter
Abfluss
Hauptzahlen und Abflussvariabilität ausgewählter Pegelstationen
Einzugsgebiet
(mit Pegelstation)
werden in der Hydrometrie Präzisionsmessflügel eingesetzt.
tatsächlicher Extremwert
tatsächlicher Extremwert in einem bestimmten
Zeitraum
statistischer Wert
Entsprechendes gilt für die Abflussspenden NNq, Nq usw.
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2002
die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein bestimmter Mindestabfluss in einem Fließgewässer unterschritten wird. Dasselbe
Prinzip lässt sich auch auf die Häufigkeit
des Auftretens von Hochwassern bestimmter Gefährdungsstufen im Rahmen
des Hochwasserschutzes anwenden. Zusätzlich gibt es an den großen Flüssen
spezielle Hochwasserwarnsysteme
( Beitrag Busskamp/Wilke, S. 132).
Bei den Flüssen in Deutschland nimmt
der Abfluss mit zunehmender Einzugsgebietsgröße und Lauflänge zu, was in
der Bänderdarstellung der Karte gut zum
Ausdruck kommt. Diese Zunahme wird
auch in hydrologischen Längsschnitten
verdeutlicht . Die Längsschnitte beinhalten, bezogen auf die Flusslänge, die
Darstellung des mittleren Abflusses
(MQ), des mittleren Niedrigwasserabflusses (MNQ), des mittleren Hochwasserabflusses (MHQ) sowie der mittleren
Hochwasserabflussspende (MHq). Bei
den Spenden liegt meist eine Abnahme
in Fließrichtung vor, u.a. weil die Flüsse
im Unterlauf in niedrigere Höhen mit
geringeren Niederschlägen gelangen.
Stellenweise kann es zu einer starken
Zunahme des Abflusses infolge der Einmündung eines abflussreichen Nebenflusses (z.B. Aare, Mosel) kommen.
Besonders ausgeprägt ist die sprunghafte
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Abflusszunahme an der Mündung
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Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität
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Mittlerer Abfluss (MQ)
in m³/s
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Andernach
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Labe (Elbe)1500 bis 2000
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Pegel in Tabelle
1.Ordnung,
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eines Küstengebiets
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Grenze und Name eines
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Abflussvariabilität
(MHQ/MNQ)
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Institut für Länderkunde, Leipzig 2003
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Rheinfelden (CH)
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© Bundesanstalt für Gewässerkunde,
Koblenz 2002
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Autoren: R.Busskamp
K.-H.Schmidt
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Flüsse < 150 km Länge sind nur als
Band dargestellt.
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Cochem
100 km
tidebeeinflusstes Gebiet
Maßstab 1: 2750000
Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität
127
Prozent des mittleren
Jahresabflusses (MQ)
Mündung
Rees
Fläche des Einzugsgebietes: 159683 km²
150
MQ
100
50
Andernach
Fläche des Einzugsgebietes: 139795 km²
150
MQ
100
50
Mainz
Fläche des Einzugsgebietes: 98488 km²
150
MQ
100
50
Maxau
Fläche des Einzugsgebietes: 50343 km²
150
MQ
100
50
Rheinfelden
Fläche des Einzugsgebietes: 34550 km²
150
MQ
100
50
Jan. Febr.März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Monat Quelle
Verhältnis der Mittelwerte der Einzelmonate
zum mittleren Jahresabfluss (MQ) in Prozent
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2002
128
Abflussvariabilität
Fließgewässer mit hoher Abflussvariabilität sind einerseits durch starke Hochwassergefährdung, andererseits aber
auch durch zeitweilige Wasserknappheit
gekennzeichnet. Im Verlauf von Hochwassern durchströmen große Wassermengen die Flüsse, ohne dass sie für
wasserwirtschaftliche Nutzung herangezogen werden könnten. Zudem ist mit
den Hochwassern ein erhebliches Schadenpotenzial verbunden.
In den mitteleuropäischen Flüssen
können Hochwasser zu allen Jahreszeiten auftreten, wobei es regional und
wetterlagenbedingt zu Häufungen in bestimmten Zeiträumen kommen kann.
Bedingt durch über das Mittelmeer
nach Norden ziehende Tiefdruckgebiete
treten an den Alpenflüssen Hochwasser
vor allem im Frühling und Frühsommer
auf, in den Mittelgebirgen insbesondere
in den Wintermonaten in Zusammenhang mit der Schneeschmelze und
West- und Südwestwindlagen. Am
Rhein wirkt sich auch die Zugbahn der
Niederschlagsfronten auf die Größenordnung von Hochwassern aus. Bei Südund Südwestwindlagen verlaufen die
Fronten in derselben Richtung wie die
Hochwasserwellen, und die Einzelwellen der Nebenflüsse können sich stapeln. Durch die Klimaerwärmung
scheint es in jüngster Zeit zu einer Häufung und Verstärkung der Hochwasser
zu kommen.
Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser
Abfluss-Längsschnitt des Rheins
vom Bodensee bis zur niederländischen Grenze
Jahresreihe 1951 - 1970
MHQ
MQ
MNQ
m³/s
6 000
5 000
4 000
3 000
MHq
Liter
s . km²
MHQ
80
20
MNQ
0
0
Bodensee
200
400
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2002
Die Abflussvariabilität eines Gewässers
kann man quantitativ relativ einfach
mit Hilfe der Abflusshauptzahlen charakterisieren, indem man den Quotienten aus dem mittleren höchsten und
dem mittleren niedrigsten beobachteten
Abfluss (MHQ/MNQ) berechnet. Diese
Verhältniszahl wurde zur graphischen
Wiedergabe der regionalen Variabilität
des Abflussgeschehens für die Kartendarstellung herangezogen . Es zeigt
sich die generelle Tendenz, dass die Abflussvariabilität mit zunehmender Einzugsgebietsgröße abnimmt, denn mit zunehmender Größe wächst auch der
Ausgleichseffekt auf lokale Extrembedingungen. Die großen Flusssysteme
Rhein, Elbe, Oder, Donau und Weser
haben daher recht niedrige Variabilitäten, während die kleinflächigeren Nebengewässer im Allgemeinen höhere
Werte aufweisen.
Obwohl die Pegelstationen Eschelbach (Inn), Rathenow (Havel), Kleinheubach (Main) und Cochem (Mosel)
mit Flächen zwischen 10.000 und
30.000 km2 vergleichbar große Einzugsgebiete haben, unterscheiden sich ihre
Variabilitäten (MHQ/MNQ und HHQ/
NNQ) erheblich . Der Inn zeigt – obwohl er die kleinste Fläche einnimmt –
eine geringe Variabilität; hier macht
sich der Einfluss des Alpenvorlandes
mit den reichhaltigen, den Abflussgang
ausgleichenden Grundwasservorräten in
den glazialen Schmelzwasserablagerungen bemerkbar. In Bezug auf die MHQ/
MNQ-Variabilität reagiert die Havel
600
Ruhr
Lippe
Lahn
Mosel
MQ
Nahe
40
Main
60
2 000
Neckar
Der durchschnittliche jahreszeitliche
Verlauf des Abflussgeschehens an einem
Fließgewässer wird als Abflussregime
bezeichnet. Abbildung zeigt das Abflussregime des Rheins für verschiedene Pegelstationen in seinem Längsverlauf. Je nach Höhenlage und Klima
der Einzugsgebietsteile herrscht ein glaziales (Gletscherabfluss), nivales
(Schneeschmelze) oder pluviales (Abfluss aus Niederschlag) Regime vor. Die
Alpenzuflüsse sind noch durch starke
saisonale Unterschiede gekennzeichnet,
wesentlich beeinflusst durch die Abschmelzvorgänge (glazial) im Sommer
(Pegel Rheinfelden). Stromab gewinnt
der nivale Einfluss zunehmend an Bedeutung, die Winterabflüsse werden höher und das Sommermaximum wird reduziert. Zwischen Mainz und Andernach (verstärkter Einfluss der Mittelgebirge) verschiebt sich das Maximum
vom Sommer auf den Winter. Mit zunehmendem Flachlandanteil wächst der
Einfluss des pluvialen Regenregimes,
dessen Jahresgang von Niederschlagsund Verdunstungshöhe bestimmt wird.
Im Sommer entsteht hier ein Feuchtedefizit durch die stärkere Evapotranspiration. Die ausgleichende Wirkung
der unterschiedlichen Regimetypen
führt im Unterlauf zu einer recht
gleichmäßigen Wasserführung und damit zu günstigen Bedingungen für die
Rheinschifffahrt.
Ill
Veränderung des Abflussregimes im
Längsverlauf des Rheins
vom Oberrhein bis zur niederländischen Grenze
Das Abflussregime des Rheins
Aare
leren Abflussspende von mehr als
14 l/s/km2 entspricht.
Konstanz
des Inn in die Donau. Der mittlere Abfluss der Donau beträgt hier etwa
665 m³/s, der des Inn liegt bei etwa
765 m³/s. Gemessen am Abflussvolumen müsste die Donau unterhalb von
Passau eigentlich Inn heißen.
Als Beispiellängsschnitt dient die
Darstellung des Rheins unterhalb des
Bodensees . Sein Einzugsgebiet beträgt bei Konstanz 10.922 km², der mittlere Abfluss (MQ) liegt bei etwa
350 m³/s und die mittlere Abflussspende
über 30 l/s x km2. Der disproportional
große Anstieg des mittleren Hochwasserabflusses an der Moselmündung weist
auf das hohe Hochwasser-Gefährdungspotenzial der Mosel für den Rheinunterlauf hin. Die Hochwasseranfälligkeit
der Mosel ist wesentlich durch das starke Relief und die geringe Durchlässigkeit der Gesteine im Mittelgebirgsteil
ihres Einzugsgebietes begründet. Bei
Emmerich nahe der deutsch-niederländischen Grenze hat das Einzugsgebiet
des Rheins eine Größe von 159.784 km²
und einen mittleren Abfluss von weit
über 2000 m³/s erreicht, was einer mitt-
MHq
1 000
0
km
800
niederländische
Grenze
ähnlich mit ihrem in glazialen und
glazifluvialen Lockersedimenten entwickelten Einzugsgebiet. Bei der Variabilität der Extremwerte (HHQ/NNQ)
weist die Havel, bedingt durch anthropogene Eingriffe (Braunkohletagebau an
der Spree), einen höheren Wert auf.
Die Mittelgebirgsflüsse (Main, Mosel) haben im Vergleich zu Inn und Havel wesentlich höhere Variabilitäten.
Ihre Einzugsgebiete werden von unterschiedlich stark verfestigten Gesteinen
mit vielfach niedrigen Speicherkapazitäten unterlagert. Besonders die Mosel
hat einen hohen Wert, da der Untergrund des Rheinischen Schiefergebirges
im Wesentlichen aus wenig durchlässigen, für die Grundwasserneubildung
( Beitrag Neumann/Wycisk, S. 144)
ungünstigen Schiefern besteht. Ähnliches Verhalten zeigen die meisten Gewässer in den paläozoischen und
kristallinen Gebirgskomplexen, was
im Maßstab kleinerer Einzugsgebiete
durch die Beispiele von Ruhr ( Fotos
S. 126) und Mulde verdeutlicht wird.
Gerade in diesen Gebieten mit hoher
Abflussvariabilität musste in den natürlichen Wasserhaushalt durch Talsperrenbau eingegriffen werden ( Beiträge
Busskamp/Wilke, S. 132 und Kern/Leibundgut, S. 138), um die Gewässer bei
Niedrigwasserabfluss aufzufüllen und um
Hochwasserspitzen aufzufangen.
Hochwasserkatastrophen
Eines der schwersten Hochwasser an
deutschen Fließgewässern ereignete sich
'
Wetterlage am 12. August 2002
Kiel
Hamburg
im Juli 1997 an der Oder. In den Sudeten und Westbeskiden fielen extreme
Niederschläge mit sehr ergiebigem und
intensivem Dauerregen. Südlich von
Frankfurt/Oder brach der Hochwasserdeich und bedingte die Evakuierung der
Ziltendorfer Niederung.
In seinen Schadensauswirkungen noch
übertroffen wurde dieses Ereignis durch
das Sommerhochwasser 2002 an Elbe
und Mulde. Im Südosten Deutschlands
werden derartige Katastrophenhochwasser häufig ausgelöst durch Tiefdruckgebiete, die als so genannte Vb-Wetterlagen über das Mittelmeer heranziehen
(vgl. Satellitenbild vom 12.08.02 ),
sich dort mit Wasser voll saugen, am
Ostrand der Alpen vorbeiziehen und
sich dann an den höheren östlichen Mittelgebirgen (Böhmerwald, Erzgebirge,
Sudeten) abregnen. Innerhalb von nur
72 Stunden fielen im August 2002 in
Zinnwald im Erzgebirge mehr als 400 mm
(400 l/m2) Niederschlag. Eine größere
Menge wurde niemals zuvor gemessen.
Die starken Niederschläge führten zu einem plötzlichen Anstieg der Wasserstände an der Mulde und den kleineren Erzgebirgsgewässern (z.B. Weißeritz); an der
Elbe wirkte sich zusätzlich der starke Zufluss aus den Hochwassergebieten in
Tschechien (Moldau) aus. Durch die Flu-
ten verloren Menschen ihr Leben; Gebäude, Kulturschätze und Infrastruktur
wurden beschädigt und zerstört. Die finanziellen Schäden beliefen sich auf ca.
10 Mrd. Euro.
Das Satellitenbild
veranschaulicht
das Ausmaß des Hochwassers an der
Mittleren Elbe zwischen Torgau und
Dessau und an der Mulde stromab von
Bad Düben. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war das Hochwasser der Mulde
allerdings bereits weitgehend abgelaufen. Weite Landstriche sind überflutet.
Die eigentlichen Flussläufe wären kaum
noch zu erkennen, wenn sie nicht graphisch hervorgehoben worden wären.
(
Berlin
Amsterdam
Kassel
Chemnitz
Bonn
Brüssel
Leipzig
Dresden
Prag
Stuttgart
München
Wien
Bern
Ljubljana
Institut für Länderkunde, Leipzig 2003
Mittellauf der Elbe/Mulde-Mündung
Extremhochwasser im August 2002
Satellitenbild vom 20.08.02
A9
Zerbst
Rosslau
Wittenberg
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Bitterfeld
Mulde
Bad Düben
Torgau
Delitzsch
Institut für Länderkunde, Leipzig 2002
0
2,5
5
7,5
Maßstab 1:300000
Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität
129
10 km

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