Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu von Hiltrup
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Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu von Hiltrup
Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu von Hiltrup Die Beilage Ihrer Ordensgemeinschaft im Missionsmagazin kontinente • 2-2008 Scheunenkirche im Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz bei Bautzen, Katholische Bildungsstätte des Bistums Dresden-Meißen „Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung... Sein Tod soll mich prägen!“ Foto: BBH Schmochtitz Phil. 3,10 INHALT: Provinzkapitel der deutschen Ordensprovinz Seite III Namibia: Licht und Schatten Seite IV Der Kontrast könnte kaum größer sein (1) Seite VI Rumänien: Wellness für die Seele Seite VIII 2-2008 MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP • I AUS ALLER WELT Die Unterweisung über Tuberkulose ist eine wichtige Hilfe für die Betroffenen. Sie organisieren sich mit kirchlicher Hilfe. Schwester Maria van der Linde schreibt über ihre Arbeit für und mit den Tuberkulose-Kranken: „Wir sind dabei, die Organisation von TB-Kranken in anderen Bezirken Lima’s zu fördern und seit 2006 in zehn weiteren Regionen des Landes, wo die Zahl der Erkrankten über dem Landesdurchschnitt liegt. In Peru und Brasilien leben 50 Prozent aller TB-Kranken von Südamerika, aber Peru hat nur 5 Prozent der Gesamtbevölkerung von Lateinamerika. Die Situation in den Anden ist eine andere als im Urwald oder in Lima. Andererseits stehen wir vor den gleichen Problemen: Armut, Diskriminierung und Margination der Kranken. Hinzu kommt, dass die Gesundheitsdienste im Innern des Landes weniger ausgebaut sind und die großen Entfernungen bewältigt werden müssen. Die Menschen sind sehr dankbar, dass jemand bereit ist, sich für ihre Belange einzusetzen. Viele setzen sich freiwillig ein, um anderen zu helfen…“ Gib es bald ein Korea? Korea: Schwester Brigitta Ahn brachte aus ihrem Heimaturlaub in Korea folgende Information mit: „Der südkoreanische Präsident Roh hat Nordkorea besucht. Die 200 Kilometer weite Fahrt von Seoul nach Pjöngjang legte er mit dem Auto zurück. An der Grenze zu Nordkorea unterbrach er die Reise und überschritt bei der Stadt Kaesung die Demarkationslinie zu Fuß. Diese ist erkennbar als gelber Streifen mit der Aufschrift „Frieden“ und „Wohlstand“. „Diese Linie ist eine Mauer, die unsere Nation seit einem halben Jahrhundert teilt“, sagte Roh. „Diese Mauer wird fallen!“ Die Präsidenten von Nord- und Südkorea haben eine Friedenserklärung unterzeichnet. Zuvor hatte Nordkorea erklärt, sein umstrittenes Atomprogramm beenden zu wollen.“ Inzwischen haben verschiedene Ordensgemeinschaften aus Korea Kontakt gesucht mit deutschen Ordensgemeinschaften, um sich zu erkundigen, welchen Beitrag die deutschen Orden zur Wiedervereinigung in Deutschland geleistet haben. Sie bereiten sich auf den „Tag X“ vor. II • MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP 2-2008 Paraguay leidet unter Passivität Schwester Virgina berichtet aus Paraguay: „Nach dem 15. August 2007 gingen meine Gedanken immer wieder nach Peru. Das schwere Erdbeben hat doch viel Trauer und Not gebracht. In all den Jahren, die ich in Peru gelebt habe, gab es kein so starkes Beben: 7,8 auf der RichterSkala. 1970 war das schwere Erdbeben in Huaraz (6,5 Richter-Skala). Es starben damals 60.000 Menschen. Ich kenne das jetzt betroffene Gebiet gut von meinen Fahrten nach Acarí, wo ich zwölf Jahre tätig war, denn meine Reise dorthin führte durch diese Gegend. Die Zahl der Toten wäre gewiss höher, wenn das Beben in der Nacht gewesen wäre. Die Zeichen internationaler Solidarität waren und sind auch heute noch sehr beeindruckend. Hier in Paraguay kennt man diese Art von Katastrophen nicht. Einfach unvorstellbar für unsere Leute. Man kann es auch nicht erklären. So hat jedes Land seine eigenen Erfahrungen.... Die 35 Jahre lange Militärdiktatur in diesem Land hat den Leuten viel Eigeninitiative genom- men. Sie hatten das Notwendigste zum Leben, aber keine Freiheit. Seit 15 Jahren haben wir nun Demokratie, aber es ist dieselbe Partei an der Regierung, und leider wird die Sorge um das Allgemeinwohl der Bevölkerung nicht ernst genommen. Der Unterschied zwischen arm und reich ist sehr groß. Für uns Missionsschwestern stellt sich immer wieder die Frage: Wie und wo können und müssen wir mit den Menschen gehen, damit wir gemeinsam eine Gesellschaft aufbauen, in der Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und gleiche Zukunftschancen für alle vorhanden sind… Nachdem wir nun schon länger als ein Jahr im Lande sind, halten wir es für angebracht, ein kleines Eigentum zu erwerben; es soll etwas größer sein als unser jetziges Mietshaus. Wir möchten den jungen Mädchen, die den Ruf Gottes zum Ordensleben verspüren, die Gelegenheiten bieten, für einige Wochen bei uns zu wohnen, um uns kennen zu lernen und zu sehen, wie man heute als Missionsschwester lebt....“ hat Geburtstag MISEREOR ist 50 Jahre alt geworden. Das Hilfswerk hilft den Ärmsten der Armen, Menschen jedes Glaubens, jeder Kultur und jeder Hautfarbe. Jährlich erreichen rund 6.000 Projektanträge das Hilfwerk. Mit der Fastenaktion trägt Misereor die Anliegen der Armen in die katholischen Pfarrgemeinden und in die Öffentlichkeit, damit so ihr Glaube seine Wirkung findet in der Liebe zu allen Menschen und über alle Grenzen hinweg. Fotos: MSC-Archiv, Sr. Bartholomäa MSC, MSC Peru, Misereor Immer mehr TB-Kranke in Peru STANDPUNKT Liebe Leserin, lieber Leser! Es war im letzten Advent. Die Kirche war mäßig besetzt, viele Christen der Diaspora-Gemeinde gingen noch ihren Arbeiten nach. Die Predigt des Pfarrers Die Kapitularinnen und Sekretärinnen des deutschen Provinzkapitels 2008. ließ mich aufhorchen. Er sprach Provinzkapitel der deutschen Ordensprovinz In der letzten kontinente-Ausgabe haben wir auf der Seite VIII von den drei Ordenskapiteln berichtet, die in diesem Jahr stattfinden und von großer Bedeutung für unsere Ordensgemeinschaft sind. Die erste Phase des Provinzkapitels für die deutsche Ordensprovinz fand vom 6. bis 12. Januar 2008 im Haus Blegge in Paffrath statt. Ein Ordenskapitel ist immer ein geistliches Geschehen. Darum begannen wir am Dreikönigssonntag mit einer Andacht in der Kapelle des Hauses, zusammen mit der Hausgemeinschaft. Uns allen war bewusst, dass in der weltweiten Gemeinschaft für das GelingenunseresKapitelsvonden Schwestern gebetet wurde. In geschwisterlicher Atmosphäre und bei einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeits-, Ruheund Gebetszeiten schafften wir unser Pensum und erzielten gute Ergebnisse. Bei einem Delegiertentreffen mit der Moderatorin im November 2007 waren bereits viele Punkte vorbesprochen worden, so dass von Schwesterngruppen verschiedene Tischvorlagen für das Kapitel erarbeitet werden konnten und wir somit gezielt an die Arbeit gingen. Die Themen waren differenziert: von Aktivitäten in der BerufungspastoralüberdieFragederAusbildung von künftigen neuen Mitgliedern in internationalen Gruppen bis hin zu Überlegungen für eine internationale Kommunität in Deutschland. Hier sollen Schwestern aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen in unserer Gesellschaft leben, zeichenhaft für ein friedfertiges und geschwisterliches Miteinander. Alle diese Fragen, welche die Mitglieder unserer Gemeinschaft bewegten, wurden bearbeitet. Dazu gehörte auch die Entscheidung über eine neue Leitungsstruktur, bei der es um einen geeigneten Aufbau für die Bewältigung von Leitungsaufgaben auf unserem Weg in die Zukunft geht. Mit der Wahl der Delegierten für das Generalkapitel im Juni 2008 war die offizielle Arbeit beendet. von der Umkehr, die Johannes predigte. Und er sprach vom liebenden und barmherzigen Vater, dem wir dank so mancher Bibelaussagen ein immerwährendes Verzeihen und Nachsicht zuschreiben: „Der liebe Gott sieht das nicht so eng...“ Dabei sparen wir die andere Seite der Medaille aus: Gott als Richter! Es ist nicht meine Absicht, alte Drohpredigten aufzuwärmen und Ängste zu schüren. Nein, das nicht! Aber wäre es nicht an der Zeit, nach dem „Weichspüler-Gott“ uns dem realistischen Handeln Gottes zu öffnen? Wir feiern bald Ostern – das Leiden, Sterben und Auferstehen des Gottessohnes. Gott mutet seinem Sohn diesen Weg zu, damit wir in seinem Menschsein mitgenommen werden in seinen Tod und in seine Auferstehung. Da gibt es kein sanftes: „Der liebe Gott wird es schon richten...“ Lassen wir dieses Geschehen tief in unser Herz einsinken, es miterleben. Und versuchen wir, die Beweggründe unseres Handelns zu erkennen. Vielleicht kommen wir uns so selbst auf die Spur und finden den Weg zur Umkehr. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest! Sr. Doris berät sich mit der Moderatorin Sr. Laetitia OP, und die Kapitularinnen arbeiteten in Kleingruppen. 2-2008 MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP • III INTERNATIONALER KURSUS IN NAMIBIA Namibia: Licht und Schatten VON SCHWESTER LUCIE SCHMAHL MSC Im Sommer 2007 fand ein internationaler Spiritualitätskursus für Schwestern unserer weltweit tätigen Ordensgemeinschaft statt. Aus Deutschland nahm Schwester Lucie Schmahl daran teil. Einander kennen lernen Zu Beginn stellten wir unsere Länder vor, die dortige Situation der Ordensgemeinschaft und unsere Berufs-Arbeit. Wir erfuhren etwas über die Realität in Afrika: über geschichtliche Hintergründe, Entwicklung der katholischen Kirche, Geschichte unserer namibischen Ordensprovinz, Missionstheologie aus afrikanischer Sicht und über AIDS. Pandemie AIDS Diese Erkrankung überdeckt das Land und den Kontinent wie dunkle Schatten. Südlich der Sahara leben statistisch gesehen die meisten Infizierten der Erde. Genaue Zahlen für Namibia gibt es nur aus regelmäßigen, anonymen Untersuchungen aller schwangeren Frauen. Im Norden an der Grenze zu den Nachbarstaaten beträgt die Infektionsrate erschreckende 40 Prozent, in anderen Gegenden 10 bis15 Prozent, so dass über das Land im Durchschnitt knapp 20 Prozent der werdenden Mütter betroffen sind. Workshops – Arbeitswochen In der zweiten Kurswoche gab Schwester Christine Anderson FCJ einen Workshop über „Die Rolle der Mitgliedschaft und Leitung“ – das integrative Modell. Zum Ende der Woche gab es eine Präsentation über Missiologie, gesehen aus der afrikanischen Perspektive. Zwei Kurswochen beschäftigten wir uns mit unserer missionarischen Spiritualität und der Berührung mit fremden Kulturen. Dann wurden wir für eine Woche auf verschiedene Missionsstationen im Land verteilt, um selber die für uns fremde Welt im Alltag zu erleben. Unsere kleine Gruppe fuhr tausend Kilometer auf guter Straße durch Wüsten und Steppen in den Norden bis an die angolanische Grenze. Die Jubilarinnen bei der GelübdeErneuerung. Von links: Sr. Susanna Filemon Endjala, Sr. Gudrun Stemmer und Sr. Helena Amwaandangi, die zur Zeit im Generalrat in Rom tätig ist und zu diesem Ereignis in ihre Heimat flog. Sr. Gudrun ist inzwischen am 10. Januar 2008 verstorben. IV • MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP 2-2008 Eine Woche Okatana Zur Missionsstation Okatana gehören eine große Pfarrkirche, ein Wohnhaus für die fünf einheimischen Schwestern und eins für die drei afrikanischen Ordenspriester, ein Kindergarten, eine Schule, ein Gesundheits- und ein pastorales Zentrum. Die Bevölkerung spricht Oshivambo, so dass ich im Alltag außer „Guten Morgen“ und „Danke“ nichts verstanden habe, es sei denn, mein Gegenüber sprach auch Englisch. Große Jubiläumsfeiern Nach der Rückkehr aller Kursteilnehmerinnen ins Tagungshaus feierte die namibische Provinz ein großes Fest. Schwester Gudrun aus Deutschland, die 1939 als Lehrerin nach Südwest-Afrika reiste und seitdem im Lande lebt, blickte auf 70 Ordensjahre zurück, Schwester Helena und Schwester Susanna, zwei Namibianerinnen, auf 25 Jahre. Außerdem gedachten die Schwestern ihres achtzigjährigen Wirkens im Land. Die Gestaltung des Festgottesdienstes übernahmen die jungen Schwestern, die derzeit das Ordensleben kennenlernen. In mehrstimmigen Gesängen, mit Tänzen, Trommeln und farbenfrohen Kleidern vibrierten sie vor Glaubens- und Lebensfreude. Fotos und Grafik: MSC-Archiv Die Generalleitung in Rom hat 26 junge Schwestern bis fünf Jahre nach der ewigen Profess (das heißt nach der endgültigen Bindung an die Gemeinschaft) nach Namibia ins südliche Afrika eingeladen. Die Teilnehmerinnen kamen aus zehn Ländern: PapuaNeuguinea, Namibia, Peru, Korea, Indien, China, Deutschland, El Salvador, aus der Dominikanischen Republik und von den Philippinen. Konferenzsprache war Englisch. Bild links: Die Teilnehmerinnen des internationalen Kurses stellen sich mit ihrer Begleitung der Fotografin für ein Gruppenfoto. Bild unten: Sr. Lucie Schmahl erläutert im Rahmen des spirituellen Kurses eine Zeichnung, die in Gruppenarbeit entstanden ist. Exerzitien – Ferien für die Seele Für unsere internationale Gruppe folgten acht Tage Exerzitien. Wir erlebten im Schweigen eine intensive Zeit – Ferien für die Seele. Exerzitienbegleiter war Pater Frank Gallagher, ein irischer MSC aus Südafrika. Er wurde assistiert von mehreren Schwestern. Ein wenig Tourismus zum Abschluss Am letzten Tag fuhren wir mit einem Reisebus durch den Nationalpark Etosha-Pfanne. „Etosha“ heißt in der örtlichen Sprache „große weiße Fläche“. Sie besteht aus Wüste verschiedener Formen. Über weite Strecken sah man keinen Baum und keinen Strauch, der Schatten spenden würde. Es gab teilweise für die Tiere nur vereinzelt vertrocknete kleine Grasbüschel zu fressen. Nach langen Wegen unter glühender Sonne fanden sie zu den wenigen Wasserstellen. Es herrschten klare Regeln, wer wann und wo trinken durfte. So verscheuchten die Büffel die Springböcke, die dann aber bald wieder an einer anderen Ecke des Wassers einen neuen Platz fanden. Der Elefant sei der König der Steppe; vor ihm weiche sogar der Löwe zurück, wurde mir erklärt. Sechs oder sieben Tierarten labten sich manchmal gleichzeitig an einem großen Wasserloch. Der Anblick verbreitete Ruhe, Zeitlosigkeit und Frieden. Rückblick Auch wenn in Deutschland die dunkle Jahreszeit begonnen hat, so lebt in mir die Erinnerung an die beeindruckenden Tage zusammen mit jungen Mitschwestern unter afrikanischer Sonne – Eindrücke von Licht und Schatten, die nachhaltig in mir leben. Namibia in Zahlen: Fläche: 824 292 qkm; Einwohner: 2 015 000 = 2,4 je qkm Hauptstadt: Windhoek Amtssprache: Englisch Bevölkerungswachstum: 1,5 Prozent Religion: 62 Prozent Protestanten 20 Prozent Katholiken, 5 Prozent Anglikaner; indigene Religionen Alphabetisierungsrate: 83 Prozent Einschulungsrate: Weiterführende Schulen: 39 Prozent der Jungen, 50 Prozent der Mädchen Universitätsbesuch; 12 Prozent Zugang der Bevölkerung zu Sanitäreinrichtungen: 30 Prozent Zugang zu Trinkwasser: 80 Prozent Aids-Infizierte: 20 bis 40 Prozent 2-2008 MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP • V MISSIONSHELFER IN NAMIBIA Johannes Kleikamp berichtet (1. Teil ) „Der Kontrast könnte kaum größer sein“ Grüne Wiesen. Grasende Schafe. Am Horizont das Wattenmeer. Ein Paradies des Lebens. Ich sitze am Schreibtisch auf Pellworm, einem kleinen Eiland in der Nordsee. Es stürmt draußen. Das Pfeifen des Windes erinnert mich an einen ganz anderen Ort, 10.000 Kilometer weiter südlich: Gibeon. Ein kleines Dorf in Namibia. Dort habe ich als Missionshelfer den vergangenen Sommer verbracht. Johannes besuchte mit Schwester Sieglinde Familien in den umliegenden Gehöften. Hier bekommt er von der Mutter von Sr. Elfriede MSC als Gastgeschenk ein Arnband umgebunden. scheint jedes Mal wie ein Wunder, dass sie nicht einfach davonfliegen. In den wenigen Steinhäusern fühlt man sich zwar etwas sicherer, doch auch hier hinein findet der Staub und Sand immer einen Weg. Es war schon dunkel, als ich Anfang August des vergangenen Jahres todmüde nach langer Reise hier in Gibeon ankam, dunkel und kalt. Schließlich war Winter in Namibia und in Ein traditionelles Gehöft in Namiba. Die Menschen sitzen im Schatten der Hütte oder eines Zaunes, wenn kein großer Baum in der Nähe ist, denn sonst ist die Hitze des Tages nicht auszuhalten. VI • MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP 2-2008 den Nächten kühlte es regelmäßig auf drei bis fünf Grad ab. Heizungen gibt es deswegen aber noch lange nicht, und es ist wohl nur der Fürsorge meiner Stationsoberin Schwester Sieglinde zu verdanken, dass ich die ersten Wochen ohne größere Erkältung überstanden habe. Vom grünen deutschen Sommer kam ich in eine unwirtliche Natur und tatsächlich sehnte ich mich schon nach wenigen Tagen nach Schatten vor der tagsüber brennenden Sonne, nach einem Ofen in der Nacht und nach Farbtupfern in der endlos braunen Landschaft. Über ein Jahr wartete Gibeon zu diesem Zeitpunkt bereits auf Regen. Woran also verlor ich mein Herz, wenn es doch nicht die öde Landschaft oder die Wüste waren? Menschen ins Herz geschlossen Es sind die Menschen gewesen, die ich während meines Aufenthalts treffen durfte. Auf der MSC-Station lebten zum damaligen Zeitpunkt 106 Kinder zwischen sieben und 16 Jahren, die im Wesentlichen von den beiden Erzieherinnen Martha und Lucia und Köchin Sophia, betreut wurden. Die Organisation des Hostels, des Kindergartens und des Gemeindelebens untersteht den MSC-Schwestern. Fotos: Privatbesitz Johannes Kleikamp Der Kontrast könnte größer kaum sein. Die Wiesen um Gibeon sind braun und steinig, statt Schafe findet man verwahrloste Hunde und wilde Esel links und rechts der schnurgraden Schotterstraße, die das Dorf mit dem Rest der Welt verbindet. Wasser gibt es gleich hinter der Missionsstation der MSC-Schwestern, eine braungrüne Brühe, abgestanden und Brutstätte tausender Moskitos. Schon seit Monaten leckt die Hauptversorgungsleitung, doch scheint das hier niemanden ernsthaft aus der Ruhe zu bringen. Unruhig wird es nur, wenn Wolken am Horizont einen aufkommenden Sandsturm ankündigen. Keine Fensterfuge, keine Kleidung vermag es, den rotbraunen Sand abzuhalten, wenn der Wind über das kleine Dorf hinwegfegt. Die Blechhütten, in denen noch immer eine Mehrheit der Menschen hier lebt, wackeln, und es Schwester Sieglinde wird von den Schwestern Bernadette und Marina und der Novizin Francelina unterstützt. Ein junger Student aus Deutschland, dazu mit hellblonden Haaren, war dann auch ein etwas ungewöhnlicher Gast. Doch vom ersten Tage an haben mir die Schwestern und alle Mitarbeiter der Station ein Gefühl von Geborgenheit und Heimat gegeben, das bis heute die Sehnsucht auf eine baldige Rückkehr nährt. Land und Leute kennen lernen Zu Beginn meines Aufenthaltes waren die Kinder noch in den Ferien, und somit war es recht einsam in Gibeon. Sie kamen erst nach etwa drei Wochen zurück, und die Zeit nutzte Schwester Sieglinde, um mir das Dorf zu zeigen und die Abläufe zu erklären. So fuhren wir zum Einkaufen nach Mariental und in die Bischofsstadt Keetmanshoop, machten Besuche bei alten und kranken Dorfbewohnern und feierten am Sonntag die heilige Messe mit Pater Martin aus den Niederlanden. Diese ersten Wochen des Ankommens in Namibia lehrten mich, ein Stück namibischer Mentalität zu verstehen. Die Menschen hier besitzen die uns Westeuropäern so fremde Fähigkeit, den Augenblick zu genießen und ganz im Hier und Jetzt zu leben. Sie strahlen eine Lebensfreude aus, die ich so trotz vieler Reisen noch niemals andernorts angetroffen habe. Erstaunlich und nahezu erschütternd sind diese Wahrnehmungen besonders vor dem Hintergrund der unsäglichen Armut der Menschen und einer Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg einzig von Unterdrückung und Leid gekennzeichnet war. Doch birgt die Fähigkeit, das Gestern zu vergessen und dem Morgen kaum Raum zu geben, auch Gefahren, vor allem, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe zusammenarbeiten wollen. Unbegreiflich erscheinen brachliegende Felder, verschwendetes Wasser, Alkoholismus trotz bitterster Armut der Familie, innere Antriebslosigkeit und die Scheu davor, Eigenverantwortung zu übernehmen. Doch nichts anderes wurde den Menschen hier seit Jahrzehnten beigebracht. Von Deutschland, Großbritannien und Südafrika unterdrückt war jeder kritische Gedanke und jeder Wunsch nach eigenverantwortlichem Handeln eine tödliche Gefahr. Die Kin- Von September 2007 bis März 2008 ist Anna Vennemann vom Niederrhein in Gibeon. Auch sie fällt auf wegen ihrer Haut- und Haarfarbe, was aber den Kindern von Gibeon schon vertraut ist. Die Kinder erweisen sich oftmals als Schutz für die Missionshelferinnen und -helfer, wenn diese mit ihnen durch das Dorf gehen. der heute haben keine Großeltern, keine Verwandten, keine Eltern, die ihnen vorleben oder erzählen könnten, was es heißt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen oder gar einem Lebenstraum nachzueifern, auf eigenes Risiko und gegen Hindernisse. Hindernis zur Selbstständigkeit Und genau das macht die Hilfe von außen so schwer. Es ist nicht mit Geld- oder Sachspenden getan. Hilfe zur Selbsthilfe, die langsame Entwicklung eines namibischen Selbstbewusstseins, einer eigenen Identität muss das Ziel sein. Diese Erkenntnisse waren wohl die schwierigste und ernüchterndste Erfahrung meines Aufenthaltes. Voller Idealismus wollte ich helfen und etwas bewegen, doch darf es weder bei der missionarisch christlichen noch bei der weltlichen Entwicklungshilfe darum gehen, nur sein eigenes Gewissen beruhigen zu wollen. Jede Hilfe erfordert die intensive Beschäftigung mit den Menschen und der Kultur vor Ort, um dann abgestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Keinem Kind ist damit geholfen, wenn ihm die Eltern alle Probleme abnehmen. Erst in der Beschäftigung und selbstständigen Lösung liegt der Entwicklungsfortschritt und kann sich ein eigenes Selbstbewusstsein entwickeln. Fortsetzung inder nächstenAusgabe. Für die Kinder hatte Johannes kleine Spielzeuge und Geschenke mitgebracht. Interessiert schauen sie zu, was so alles aus dem Plastiksack kommt. 2-2008 MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP • VII MSC WELT WEIT „Wellness für die Seele“ in Rumänien Oeventrop / Deutschland: Am 27. Januar 2008 vollendete Schwester Friedbalda Neiteler MSC ihr 100. Lebensjahr. In geistiger Frische konnte sie diesen Tag im Kreise der Mitschwestern feiern. Schwester Friedbalda lebt seit 1959 in Oeventrop. Sie war hier sowie früher auch auf Norderney als Küchenschwester tätig und hat viele junge Frauen in der Hauswirtschaft ausgebildet. Einige pflegen heute noch den persönlichen Kontakt mit ihr. Am 2. Februar 2008 konnte Schwester Friedbalda ihr KronjuwelenJubiläum feiern, das bedeutet: 75 Jahre Ordensprofess – ein ganz seltenes Jubiläum. Wir wünschen Schwester Friedbalda Gottes reichen Segen. Mariental/Namibia: Im Jahre 2007 konnten wir in unserem Hospiz 36 Kranken beistehen. Mit Spendengeldern konnten wir das Hospiz renovieren und mit einem Neuanstrich versehen, der dringend nötig war. Frau Pohamba, die Ehefrau des Präsidenten von Namibia, machte im Juli einen Besuch im Hospiz. Sie war beeindruckt von der dort geleisteten Arbeit und deutete vorsichtig an, dass sie die Notwendigkeit erkenne, im Land ein zweites Hospiz zu eröffnen, das dann vom Staat betrieben werden soll. „Wir gehören zusammen“, zeigen hier symbolisch Jungen und Mädchen aus Rumänien: Seit Januar 2007 gehört Rumänien der EU an – die Menschen dort sehnten den Beitritt mit hohen Erwartungen herbei. fahrungen zu bedenken. Wir nehmen uns Zeit zum Austausch in kleinen Gruppen und versuchen, unser Leben – oft anhand der Bibel – neu zu orientieren. Deshalb tragen diese Zusammenkünfte auch den Namen „Wellness für die Seele“. Diese Treffen sind für alle Teilnehmenden eine Quelle der Kraft und Inspiration. Aus Anlass des 17-jährigen Bestehens der Diözesan-Caritas wurde im Sommer 2007 ein Marathonlauf unter dem Motto „17 Jahre für deinen Nächsten“ organisiert. Ziel war ein Dorf, 17 Kilometer von Satu Mare entfernt. Jeder gelaufene Kilometer wurde von einer hiesigen Firma gesponsert. Fast 400 Personen nahmen am Marathon teil und es kamen cirka 4.000 Euro zusammen, die in die sozialen Projekte der Caritas einfließen. WIE LEBT frau IM KLOSTER? Interessierte Frauen, die erfahren möchten, wie Frauen in einer Geistlichen Gemeinschaft leben, oder die einfach mal sich selbst Stille Tage gönnen möchten, sind herzlich eingeladen, bei uns „Tage im Kloster”zu verbringen. Anfragen sind zu richten an die Oberin im Mutterhaus, Schwester Bernadita MSC, 48165 Münster-Hiltrup, Westfalenstraße 109, Telefon 02501/17-3000. VIII • MISSIONSSCHWESTERN VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU VON HILTRUP 2-2008 Dieser Marathon fand ein großes Echo und wurde auch in den Medien als gelungene Aktion zur Sensibilisierung für soziale Probleme gewertet. IMPRESSUM Eigenteil der Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu von Hiltrup Verantwortlich: (Redaktion,Vertrieb, Bestellungen und Adressenänderungen): Sr. M. Bartholomäa Janßen MSC, Tel. (0 25 01) 17-3303, Fax: (0 25 01) 17-3301. E-Mail: [email protected] Verwaltung: (Zahlungen, Spenden): Sr. M. Brigitta Elsner MSC, Missionsprokuratorin, Tel. (0 25 01) 17-33 00, Fax: (0 25 01) 17-3301. Anschrift: Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu von Hiltrup: Westfalenstraße 109, 48165 Münster-Hiltrup. kontinente-Missionsverlag GmbH, Postfach 102164, 50461 Köln. Jahresbezugspreis: Euro 10,80 Zahlungen an: Missionsschwestern von Hiltrup: Bankkonto Nr. 3 078 702 bei der DKM - Darlehnskasse Münster, Bankleitzahl 400 602 65. IBAN: DE85400602650003078702 BIC/Swift-Code: GENODEM1DKM Nicht abbestellter Bezug gilt als erneuert. Litho und Druck: LiO Limburger Offsetdruck, Senefelderstraße 2, 65549 Limburg. Objekt 24 Grafik: P. Manfed Oßner MSC, Foto: MSC Rumänien Neues aus … Auf Initiative des RotaryClubs Oldenburg wurde in Zusammenarbeit mit der Caritas Satu Mare in Rumänien eine besondere Aktion durchgeführt. In den Herbstferien renovierten zehn Hauptschüler- und schülerinnen und acht Erwachsene aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland zusammen mit den Caritasmitarbeitern und Behinderten ein etwas heruntergekommenes Haus auf dem Gelände der Caritaseinrichtung für Behinderte in Homorod. In dem Haus soll nach der gelungenen Renovierung eine Kreativ-Werkstatt für Behinderte entstehen. Neben der Förderung der internationalen Verständigung durch die Zusammenarbeit von Jugendlichen und Erwachsenen aus den verschiedenen europäischen Ländern trug diese Aktion auch zur Erweiterung des Horizonts aller Beteiligten bei: ein kleiner, aber wichtiger Beitrag zur europäischen Integration. Jeden Monat finden Treffen der Caritasmitarbeiter und -mitarbeiterinnen im Hause der MSCSchwestern statt. Seit März 2007 haben diese Treffen ein anderes Gesicht bekommen. In einer Atmosphäre der Ruhe versuchen wir, unsere alltäglichen Er-