ALM Jahrbuch 2010.indb
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ALM Jahrbuch 2010.indb
M E D I E N R E G U L I E R U N G eingeführt, die korrigierend wirken sollen. Im sowie die 50-Cent-Grenze pro Anruf erfüllten. I N Folgenden werden die Konsequenzen in der Zahlreiche Beanstandungs- und Bußgeldver- Praxis beschrieben, die auf diesen und frühe- fahren gegen verschiedene Anbieter wurden ren Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags daher eingeleitet. Positiv war zwar festzustellen, dass die Teilnahmehinweise verbessert basieren. 1.1 Rundfunkpolitische Entwicklung in Deutschland wurden, große Defizite bestanden aber noch gewähren, sondern hierbei den öffentlich-rechtlichen Auftrag mit seinem Anspruch auf Kultur, Gewinnspiele Information und Unterhaltung in den Mittel- ten diskutierten Themen, welches auch den Ver- ■ Eines der öffentlich am meis- im Spielaufbau und der Transparenz. Nicht zuletzt die wirtschaftlichen Folgen für die Veran- Das Rundfunkjahr 2009 war aus Sicht der punkt zu stellen. Der öffentlich-rechtliche Rund- brauchern und Rundfunknutzern mit am wich- stalter veranlasste den Veranstalter 9Live zu Landesmedienanstalten ein äußerst politisch funk hat daraufhin Angebote wie Rezeptsamm- tigsten war, betrifft die Gewinnspiele im Rund- einem Normenkontrollverfahren gegen die Ge- geprägtes Jahr, das in Bezug auf Europa, den lungen etc., die diesem Anspruch offensichtlich funk. Hier wurde die Gewinnspielsatzung der winnspielsatzung in Bayern. Die Satzung wur- Gesetzgeber in Deutschland, die privaten Ver- nicht entsprachen, aus seinen Auftritten ent- Landesmedienanstalten auf den Weg gebracht. de dabei grundsätzlich in ihrem Wesensgehalt anstalter, die öffentlich-rechtlichen Anstalten fernt und die übrigen Angebote dem gesetz- Die gesetzliche Grundlage für die Satzung be- angegriffen. Nach dem Urteil des Bayerischen und letztlich die eigene Struktur reichlich Ände- lich vorgesehenen Drei-Stufen-Test zugeführt, scherte bereits 2008 der 10. RÄndStV, der die Verwaltungsgerichthofes wurde sie aber im We- rungen und Diskussionsstoff hervorbrachte. in dem u. a. auch die marktliche Auswirkung Landesmedienanstalten ermächtigt, verbind- sentlichen bestätigt, darunter auch das Verbot auf den bestehenden privaten Markt beleuch- liche Regelungen für Gewinnspiele aufzustellen der Irreführung und der Vorspiegelung von Zeit- tet wird. Die Landesmedienanstalten haben die und bei Verstößen Bußgelder bis zu 500.000 druck. Aufgehoben wurde nur die zeitliche Be- Rundfunkänderungs staatsverträge ■ Die gemeinsame Arbeitsgrundlage der Landes- Entwicklungen in der Umsetzung beobachtet Euro zu verhängen. Die Satzung gilt seit Februar grenzung der Gewinnspiele auf höchstens drei medienanstalten und der Rundfunkveranstalter, und Position bezogen (s. u.). 2009 und sorgte von Beginn an für Diskussio- Stunden und die Verpflichtung, spätestens al- nen mit den Veranstaltern. Die schärferen Re- le 30 Minuten einen Anrufer mit der Aussicht geln für Gewinnspiele und Gewinnspielsendun- auf einen Gewinn durchzustellen. Weitere Kor- der Rundfunkstaatsvertrag, ändert sich seit ei- Vor Probleme stellte der Gesetzgeber die nigen Jahren nahezu jährlich, in der Regel ge- Medienaufsicht mit der Abkehr vom frühe- schuldet der technischen Entwicklung und euro- ren Rundfunkbegriff, der in seiner Legaldefini- gen im Fernsehen und im Radio sollen mögli- rekturen dieser Instanz betreffen die Protokol- päischen Vorgaben. 2009 brachte der 12. Rund- tion die technische und inhaltliche Seite des che Täuschungen ausschließen, die Transparenz lierungs- und Nachweispflichten der Gewinn- funkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV) gleich Rundfunks bestimmte. Nunmehr besteht seit der Spielabläufe erhöhen und den Kinder- und spielanbieter. Trotz des noch nicht abgeschlos- zwei große Themen, denen sich Regulierer und dem 1. Juni 2009 eine rein technisch orien- Jugendschutz stärken. Für Gewinnspiele und senen Rechtsstreits bildet die Gewinnspielsat- Veranstalter zu stellen hatten. Zum einen gab tierte Beschreibung des Rundfunks, die sich an Gewinnspielsendungen gilt ein Höchsteinsatz zung nach wie vor die Entscheidungsgrundlage es einen Systemwechsel beim Rundfunkbegriff, der grundsätzlichen Begriffsbestimmung in der von 50 Cent pro Anruf aus dem deutschen Fest- für die Gewinnspielaufsicht im Rundfunk. Sie zum anderen wurde der europäische Beihilfe- Audiovisuellen Mediendiensterichtlinie (AVMD- netz und für Mobilfunk, wie dies bereits im spielt im Aufsichtsalltag der Landesmedienan- kompromiss spürbar. Nach europäischer Leseart Richtlinie) orientiert. Abgegrenzt wird nach dem Rundfunkstaatsvertrag geregelt ist. Problema- stalten weiter eine dominierende Rolle. waren die bis dahin ungeregelten Internetakti- Willen des Gesetzgebers nunmehr nur noch tisch ist insbesondere die Einhaltung der Vor- vitäten der öffentlich-rechtlichen Landesrund- danach, ob es sich um lineare oder nichtlineare schrift in Bezug auf die Nutzung von Mobilfunk- Webradios funkanstalten nicht vom gesetzlichen Versor- Dienste handelt. Der nichtlineare, also der Ab- netzen. nicht weniger bedeutend war die mit dem 12. ■ Weniger dominant, wenngleich gungsauftrag gedeckt. Im 12. RÄndStV wurden rufdienst, fällt aus dem Rundfunkbegriff heraus, diese nun förmlich mit der Erstellung von Inhal- unabhängig von seiner publizistischen Wirkung. kennen, dass sich die Veranstalter an die neue dios. Hier wollte der Staatsvertragsgeber dem ten auch für das Internet beauftragt und da- Dagegen könnten nun für die Meinungsbildung Rechtslage gewöhnen würden. Dennoch muss- Umstand Rechnung tragen, dass den Webradios mit der Rundfunkversorgungsauftrag auch auf nahezu irrelevante Angebote den Rundfunkbe- ten die Landesmedienanstalten zur Jahresmitte früheren Zuschnitts heutzutage eine viel größe- In der Folge waren zwar Tendenzen zu er- RÄndStV eingeführte Anzeigepflicht für Webra- das Internet erstreckt. Der Gesetzgeber hat sich griff erfüllen, wenn sie in Echtzeit übertragen konstatieren, dass viele Gewinnspiele und Ge- re Bedeutung zukommt, da mit der technischen gegenüber der EU-Kommission verpflichtet, die werden. Zur Vermeidung solcher Ergebnisse hat winnspielsendungen im Fernsehen noch nicht Entwicklung beim Livestreaming, mit dem die Expansion ins Internet nicht schrankenlos zu der Gesetzgeber jedoch Ausnahmetatbestände die Vorgaben im Hinblick auf den Jugendschutz Hörerschaft erreicht wird, viel größere Reichwei- 14 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 15 MEDIENAUFSICHT D E U T S C H L A N D MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG 1 der ZAK wurden damit die Anforderungen an anhand standardisierter Kriterien der wirtschaft- die formellen Anforderungen an ihre Zulässig- ber ist, wer über die Zusammenstellung von eine chancengleiche und diskriminierungsfreie lichen Auswirkungen von neuen Onlineangebo- keit nicht denen der aufwändigeren Verbrei- Programmangeboten entscheidet, etwa durch Darstellung erfüllt. ten der öffentlich-rechtlichen Anstalten hatten tungsformen Terrestrik, Satellit oder Kabel glei- die klassische Kanalbelegung oder auch durch chen. Abrufdienste oder Webradios mit weni- Bündelung von ausgewählten Programmen zu Einstellung der analogen Satellitenüber- ger als 500 Nutzern sind von der Anzeigepflicht Programmpaketen. Diese müssen einen chan- tragung ausgenommen. Eine freiwillige Dokumentation cengleichen und diskriminierungsfreien Zugang Ende des analogen Fernsehens via Satellit für fung der öffentlich-rechtlichen Telemedienange- des Programms gegenüber den Landesmedien- zu Zugangsdiensten gewähren. Hierzu sind Ver- das Frühjahr 2012 ausgerufen. Dieser Termin bote vorgestellt. Dieser Leitfaden wurde durch anstalten ist aber auch in diesen Fällen möglich. schlüsselungssysteme ebenso zu rechnen wie war mit allen Beteiligten abgestimmt und Er- das IPMZ-Institut für Publizistikwissenschaft und Die Kommission für Zulassung und Aufsicht EPGs (Elektronische Programmführer). Wer zu- gebnis von Gesprächen des Digitalisierungsbe- Medienforschung an der Universität Zürich er- der Landesmedienanstalten (ZAK) hatte da- gleich Netzbetreiber und Anbieter technischer auftragten der ZAK mit TV-Veranstaltern und arbeitet. Er liefert einen neutralen Beitrag zu her den Webradios über die Internetportale al- Übertragungskapazitäten ist, hat außerdem anderen Marktteilnehmern. Die vollständige Qualität und Vergleichbarkeit der Gutachten. Er die Landesmedienanstalten Vorschläge zu den ■ Zum Jahresende 2009 wurde das Grundlagen und Abläufen des Drei-Stufen-Tests unterbreitet und einen Leitfaden zur Überprü- ler 14 Landesmedienanstalten ein einheitliches Vielfaltsvorgaben zu beachten. Der diskriminie- Digitalisierung, die in der Terrestrik im Wesent- soll gleichzeitig die Diskussion über die Gutach- Formblatt zum Download angeboten, mit dem rungsfreie Zugang zu den Medien muss heute lichen erreicht ist, soll auch im Satellitenbereich ten objektivieren, indem er darüber informiert, die Radios ihr Angebot formal anzeigen kön- als zentrales Element einer modernen Medien- vorangebracht werden. Mit diesem konkre- nach welchen Kriterien unter Berücksichtigung nen. Damit soll die Anzeigepflicht möglichst un- ordnung gesehen werden. Sowohl der Zugang ten Abschaltdatum können sich Zuschauer und publizistischer Faktoren ein externes Gutachten bürokratisch und veranstalterfreundlich umge- für die Anbieter von Programmen und Inhalten Geräteindustrie rechtzeitig auf die Umstellung zu den marktimmanenten Auswirkungen an- vorbereiten. zulegen und auszuführen ist. Damit wurde zum setzt werden. Auf dem Formular, das bei einer wird sichergestellt als auch Konzentration von Landesmedienanstalt einzureichen ist, werden Meinungsmacht verhindert. Zudem erhalten neben dem Namen und dem Sitz des Antrags- Verbraucher und Bürger Zugang zu einem viel- Drei-Stufen-Test stellers auch Inhaber- und Beteiligungsverhält- fältigen Medienangebot. Alle Plattformbetreiber vorgeschriebene Drei-Stufen-Test ist ein Prüf- die Beurteilung eines öffentlich-rechtlichen Tele- nisse und Angaben zum gesendeten Programm sind danach verpflichtet, ihre Plattform bei der verfahren zur Zulässigkeit der Onlineangebo- medienangebotes vorgenommen werden kann. abgefragt. Nach einer ersten Welle nahm das jeweils zuständigen Landesmedienanstalt an- te der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Anzeigeverhalten jedoch deutlich ab. Trotz der zuzeigen. Mit der Anzeige verbunden sind u. a. Die Landesmedienanstalten hatten im Vorfeld sung mit diesem Thema aus Reihen der öffent- gesetzlichen Anzeigepflicht verfügen die Lan- Auskünfte über den Betreiber, Programmbele- der Gesetzesänderung dafür geworben, die Prü- lich-rechtlichen Sender und aus politischen Krei- desmedienanstalten daher noch nicht über eine gungen, Entgelte und Tarife sowie ggf. verwen- fung einer unabhängigen Institution zu übertra- sen begegneten die Landesmedienanstalten mit umfassende Übersicht zu den Radioangeboten dete Zugangssysteme. gen. Es blieb allerdings bei einer anstaltsinter- dem Hinweis auf die von Ihnen für wichtig an- nen Prüfung und einem zusätzlichem externen gesehenen Sachwalterfunktionen für das Funk- zahlreiche Anbieter im Hinblick auf ihre Platt- Gutachten. In einem Positionspapier attestier- tionieren des dualen Systems. formeigenschaft überprüft. Daneben hat die ten die Landesmedienanstalten den öffentlich- Nach Inkrafttreten der Satzung hat die ZAK im Internet. Plattformregulierung ■ Erfolgreicher verlief Thema Drei-Stufen-Test erstmals ein umfassen■ Der mit dem 12. RÄndStV der Kriterienkatalog skizziert, anhand dessen Der zum Teil harschen Kritik an der Befas- dagegen die Umsetzung im Bereich der Platt- ZAK auch die medienrechtliche Unbedenklich- rechtlichen Sendern Korrekturbedarf bei der Qualitätsdebatte formregulierung. Hier hatten die Landesme- keit des elektronischen Programmführers eines Auswertung von Ablauf, Durchführung und Er- Auseinandersetzung über die Programminhal- dienanstalten eine Satzung auf den Weg ge- Pay-TV Veranstalters festgestellt. Dieser ent- gebnissen erster Gutachten im Rahmen des te und die Stellung des privaten Rundfunks im bracht, die den chancengleichen und diskri- sprach den Anforderungen des RStV und der Drei-Stufen-Testes. Man sah die Vorgaben des dualen Rundfunksystem intensiv geführt. Die minierungsfreien Zugang zu Übertragungska- o. g. Satzung. Der Veranstalter hatte dargestellt, Rundfunkstaatsvertrages als noch nicht hinrei- öffentliche Debatte über die Grenzen der Pro- pazitäten für Rundfunk regelt. Mit ihr wurden dass neben der unveränderten Senderliste und chend umgesetzt. gramminhalte entzündete sich zu Jahresbeginn ■ Auch 2009 wurde die faire Bedingungen gesichert, um Inhalte zum der Favoritenliste, die der Zuschauer selbst ein- Nutzer zu bringen. Die so genannte Zugangs- stellen kann, die interaktiven Decoder künftig gewogenen, transparenten Verfahrens sowie ei- Landesmedienanstalten wiesen unter Hinweis und Plattformsatzung unterscheidet verschie- eine Genresortierung anbieten. Nach Ansicht ner wissenschaftlich fundierten Begutachtung auf die Rundfunkfreiheit darauf hin, dass ei- 16 ALM Jahrbuch 2009/2010 MEDIENAUFSICHT dene Typen von Plattformen. Plattformbetrei- Im Interesse eines sachlich-neutralen, aus- 2009 am Format »Erwachsen auf Probe«. Die ALM Jahrbuch 2009/2010 17 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG ten erzielt werden können. Gleichzeitig sollten sichergestellt, dass mit Hilfe der gemeinsamen Digitalen Dividende im Vordergrund. Dem In- medienrechtlichen Bewertung unterzogen wer- durch die die bestehende Gefährdungslage für Geschäftsstelle in Zukunft jede Landesmedien- teresse der Mobilfunkbetreiber an der Nutzung den kann. Kurz darauf mussten sie die Debatte die publizistische Relevanz der privaten Fern- anstalt in der Lage sein wird, Gemeinschafts- weiterer Frequenzen stand das Anliegen der aus aktuellem Anlass in eine andere Richtung sehveranstalter offen zu Tage trat. Die Lan- aufgaben zu übernehmen. Die inhaltliche Zuar- Mitgliedsstaaten, in Deutschland der Länder lenken und mahnten mittels eines Beratungs- desmedienanstalten verwiesen auf das bisher beit für die Geschäftsstelle erfolgt grundsätzlich und der Rundfunkbedarfsträger, am Erhalt ei- papiers moralische Grenzen bei Casting- und bestehende Grundverständnis, dass eine Sen- durch das in den Landesmedienanstalten vor- ner Entwicklungschance für vielfältigen Rund- Dokushows an. Es wurde immer deutlicher, derfamilie Nachrichtenprogramme auch dann handene Personal. Ab dem 1. September 2013 funk gegenüber. Als Ergebnis des Ringens ist dass bei solchen Sendungen auch ohne konkre- anbietet, wenn sich diese Beiträge auf den ent- sollen keine Mitarbeiter außerhalb der gemein- auch unter Beteiligung der Landesmedienan- te Verstoßfälle die Gefahr besteht, dass mora- sprechenden Sendeplätzen nicht mit Werbung samen Geschäftsstelle mehr aus Gemeinschafts- stalten ein Kompromiss zwischen den wider- lische Grenzen überschritten werden. Die Lan- gegenfinanzieren lassen. Die breit geführte Dis- mitteln der Landesmedienanstalten finanziert streitenden Interessen gefunden worden. Das desmedienanstalten warnten deshalb die Pro- kussion zur Zukunft des dualen Systems wur- werden. Vor dem Hintergrund zunehmender sog. 800 MHz-Band soll, soweit überhaupt grammveranstalter davor, ihren Rang als Leit- de 2010 fortgesetzt und war Thema beim DLM- Herausforderungen durch die Konvergenz der noch vom Rundfunk genutzt, nicht weiter für medium in einer demokratischen Gesellschaft Symposium am 10. März 2010 in Berlin. Die Medien und einem erhöhten Bedarf an Medien- Rundfunkzwecke beansprucht werden, sondern aufs Spiel zu setzen und die Grenzen der Rund- Landesmedienanstalten kündigten an, dem Ge- kompetenz in der Gesellschaft wird die neue dem Mobilfunk zur Verfügung stehen. Dem- funkfreiheit bis zum Letzten auszureizen. Das setzgeber hierzu Vorschläge zu übermitteln, die Geschäftsstelle in Berlin die Aufgaben bün- gegenüber bleiben die Frequenzbereiche bis könne dazu führen, dass die Programme massiv auch Grundlage für eine gesetzliche Novellie- deln, gleichzeitig aber auf die Sachkompetenz 790 MHz für Rundfunkzwecke, insbesondere an Glaubwürdigkeit verlören und zu einem Ver- rung des Rundfunkstaatsvertrages sein könnten. vor Ort bei den Landesmedienanstalten zurück- DVB-T, DVB-H und DAB reserviert. greifen können. lust gesamtgesellschaftlicher Werte beitrügen. Im Herbst 2009 forderten die Landesme- Struktur der Medienaufsicht ■ Die Geschäftstelle hat ihre Tätigkeit am Bereits im dienanstalten Konsequenzen aus der Krisensi- 10. RÄndStV novelliert, aber noch nicht gänzlich tuation, die durch Mindereinnahmen, sowohl umgesetzt, ist die neue Struktur der Medienauf- 18. Mai 2010 aufgenommen. Der Kompromiss mit dem Bund war für die Länder nur unter der Bedingung akzeptabel, dass die Störproblematik zwischen Rundfunk und Nichtrundfunk und der Umstellungsaufwand für Rundfunk beim Frequenzwechsel aus Gebühren als auch Werbeeinnahmen und sicht. Bereits 2008 wurden die Kommissionen sonstigen Erlösen, entstanden ist und die Qua- ZAK und GVK ins Leben gerufen. 2009 galt es lität des dualen Rundfunksystems bedroht. Sie vor allem die Grundlagen für die vom Gesetz- machten klar, dass qualitativ hochwertige Pub- geber geforderte gemeinsame Geschäftsstelle Schwerpunkte der europäischen Medienpolitik gung des Reportagefunks, namentlich draht- lizistik auf dem Spiel steht und dem gegenge- zu schaffen. So beschlossen die Landesmedien- und Normsetzung in 2009 waren loser Mikrofone, die im Rundfunkfrequenzbe- steuert werden müsse. Mit Blick auf die Medi- anstalten im März 2009, im Jahr 2010 ihre Ge- ➔ die Telekommunikationsreform und Har- reich arbeiten, sowie potenzielle Störungen des enkrise sehen sich die Landesmedienanstalten schäftsstelle zu errichten. Sie hat die Aufgabe, in der Verantwortung für das duale System und zunächst die Arbeit der ALM, der ZAK und der forderten eine neuerliche Verständigung über GVK zu organisieren und zu koordinieren. Der die Funktion der Massenmedien für die Bürger Sitz der Geschäftsstelle wird Berlin sein. Bis zum einer Gesellschaft. Die Landesmedienanstal- Jahr 2013 werden die Aufgaben der Geschäfts- ten stießen damit eine Debatte um ein Anreiz- stellen der KJM und der KEK an ihren bisheri- system für die privaten Sender an, damit diese gen Standorten fortgeführt, anschließend wer- 1.2 Europäische Regulierungsebene durch die Begünstigten und auf ihre Kosten gelöst wird. Entspre chendes gilt für die Verdrän- monisierung des Frequenzmanagements, ➔ die Umsetzung der audiovisuellen Medien- Kabelempfangs der Haushalte. Im Vertrauen darauf, dass ein angemesse- diensterichtlinie in die deutsche Medien- ner Interessenausgleich gefunden wird und die ordnung sowie Digitale Dividende zur Breitbandversorgung der ➔ Initiativen zu europaweiten Urheber- und Verwertungsrechten. ländlichen Räume genutzt wird, haben die Länder im Herbst 2009 der Zweiten Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung im Bundesrat auch in Zeiten schwindender Mittel ihre Rolle in den diese Geschäftsstellen ebenfalls integriert Im Rahmen der Telekommunikationsreform zugestimmt. Das im Herbst 2009 eingeleitete der Herstellung von Öffentlichkeit angemessen werden. und der Harmonisierung des Frequenzmanage- Versteigerungsverfahren der Bundesnetzagen- wahrnehmen. Bestätigt wurden die Befürchtungen der Landesmedienanstalten Ende 2009 durch 18 ALM Jahrbuch 2009/2010 ments standen das Ringen um einen Ausgleich tur wird der Praxistest für eine Lösung der Stör- ca. zehn Mitarbeiter arbeiten, welche bisher auf der Interessen der Telekommunikationsindust- problematik und ein Prüfstein für die Erklärung verschiedene Orte verteilt waren. Damit wird rie und des Rundfunks an der Nutzung der sog. der Mobilfunkindustrie zur Erschließung der Für die gemeinsame Geschäftsstelle sollen MEDIENAUFSICHT die Debatte um die Zukunft des Senders N24, ALM Jahrbuch 2009/2010 19 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG ne Sendung erst nach ihrer Ausstrahlung einer un- und unterversorgten ländlichen Räume mit unbeschadet des Umstandes, dass in gebüh- breitbandigem und schnellem Internet sein. rend begründeten Dringlichkeitsfällen geeigne- R U N D F U N K S 2 te Bedingungen und Verfahrensvorkehrungen im Einklang mit der Europäischen Konvention Europäische Parlament und damit zum Inkraft- zum Schutze der Menschenrechte und Grund- treten erst im Januar 2009 haben nicht zuletzt freiheiten notwendig sind. Das Recht auf eine Diskussionen über das so genannte Amend- effektive und rechtzeitige gerichtliche Prüfung ment 138 geführt. In der Sache umstritten wa- wird gewährleistet.« Einen zweiten Schwerpunkt des europä- 2.1 H DTV und H D+ ARD und ZDF haben 2009 bereits zur Leichtathletik-WM und zur IFA HDTV-Showcases aus- HDTV wird derzeit bei Programmveranstaltern, gestrahlt. Mit den Olympischen Winterspielen Endgeräteherstellern und Plattformbetreibern im Februar 2010 sind sie in den Regelbetrieb als der wesentliche Treiber für die weitere Digi- gestartet. Die RTL-Gruppe bietet seit November Internet durch Netzbetreiber. Zu intensiven ischen Rechtseinflusses bildete die Umset- Beratungen war es insbesondere durch Initia- zung der Audiovisuellen Mediendienstericht- talisierung des Fernsehens gesehen. Auf den 2009 HD über die HD+-Plattform an, ProSie- tiven aus Frankreich (sog. HADOPI-Gesetz) und linie vom Dezember 2007. Die Länder berie- Messen und in den Geschäften standen 2009 benSat.1 folgten im Januar 2010. Deutschland (Anti-Kinderporno-Gesetz) gekom- ten im Berichtszeitraum über den Entwurf zum HDTV-geeignete Flachbildschirme im Mittel- men. Die nunmehr verabschiedete Rahmen- 13. RÄndStV, der am 1. April 2010 in Kraft tre- punkt des Interesses. Dabei war HD bislang schränkt die Möglichkeit zur Aufzeichnung und richtlinie gestattet in Art. 1 c eine Sperrung ten soll. Materiell von Relevanz war vor allem ein Thema, das in Deutschland nur schleppend zum Überspringen der Werbeblöcke ein. Wer unter engen Voraussetzungen. Im Wortlaut die Zulassung von Product-Placement für den anlief, zu analogen Zeiten auch schon einmal die Programme der HD+-Plattform sehen will, heißt es: privaten und von Produktbeistellungen für den gescheitert war. ProSieben und Sat.1, lange Zeit muss einen geeigneten Empfänger kaufen. Die Das HD+-Signal ist verschlüsselt und » … Maßnahmen betreffend den Zugang zu öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Daneben verur- Free-TV-Vorreiter im Bereich HD, stellten ihre unterschiedlichen Standards machen es dem oder die Nutzung von Diensten und Anwendun- sacht der Wechsel der Zuständigkeitskriterien in HDTV-Angebote 2008 sogar vorläufig ein. Jetzt Zuschauer nicht ganz leicht, sich für das richtige gen über elektronische Kommunikationsnetze Art. 2 Abs. 4 der AVMD-Richtlinie für Satelliten- kommt neuer Schwung in das Thema, HD-fähi- Empfangsgerät zu entscheiden. Beim Bildschirm durch die Endnutzer, die Grundrechte und -frei- inhalte aus sog. Drittstaaten unerwarteten Erhe- ge-Geräte dominieren im Einzelhandel und die ist es noch vergleichsweise einfach. Das HD- heiten einschränken können, dürfen nur dann bungsaufwand für die Identifikation der von Zahl der HD-Programmangebote steigt. ready-Logo garantiert HD-Tauglichkeit. Der Bild- auferlegt werden, wenn sie im Rahmen einer deutschen Bodenstationen getätig ten Uplinks. demokratischen Gesellschaft angemessen, ver- Im Rahmen der digitalen Agenda schen- Die Nachfrage bei den Zuschauern ist schirm kann dann Vollbilder mit 1280 × 720 enorm. Moderne, große Flachbildschirme ver- Pixeln bzw. Halbbilder mit 1920 × 1080 Pixeln drängen die Röhrengeräte aus den Wohnzim- darstellen. hältnismäßig und notwendig sind, und ihre ken die EU-Kommission und das Europäische Anwendung ist angemessenen Verfahrensga- Parlament kreativen Onlineinhalten wachsen- mern. SES Astra geht von mehr als 17 Mio. rantien im Einklang mit der Europäischen Kon- des Interesse. Namentlich ein »Creative Con- verkauften HDTV-geeigneten Bildschirmen in gerät benötigt. Hier ist die Wahl vom Über- vention zum Schutze der Menschenrechte und tent Online Reflection Document« stellt Über- Deutschland aus. Nach Angaben des Einzel- tragungsweg, ggf. dem Provider (Kabel oder Dazu wird noch ein geeignetes Empfangs- Grundfreiheiten sowie den allgemeinen Grund- legungen zur Neuordnung von Urheber- und handels entscheidet sich heute die Mehrheit der DSL-TV) und von den gewünschten Program- sätzen des Gemeinschaftsrechts zu unterwer- Verwertungsrechten für Musik, User-Generated Kunden bei der Neuanschaffung eines Fernse- men abhängig. Die öffentlich-rechtlichen HDTV- fen, einschließlich des Rechts auf effektiven Content, professionelle audiovisuelle Angebote hers für ein HDTV-geeignetes Gerät. Die Zahl Angebote sind frei mit jedem HD-Receiver emp- Rechtsschutz und ein faires Verfahren. Dement- und Textangebote an. der Zuschauer, die nach dem Kauf tatsächlich fangbar, ebenso Anixe HD und ServusTV. Dage- sprechend dürfen diese Maßnahmen nur un- auch hochauflösendes Fernsehen sieht, ist aber gen braucht man für die HD-Angebote von Sky ter gebührender Beachtung des Grundsatzes deutlich geringer als die Verkaufszahlen vermu- neben dem Abonnement einen Receiver mit der der Unschuldsvermutung und des Rechts auf ten lassen. Bislang sind erst weniger als eine entsprechenden integrierten Verschlüsselungs- Schutz der Privatsphäre ergriffen werden. Ein Mio. HDTV-Receiver, integriert oder als Set-Top- technik. Verschiedene Kabel- und DSL-TV-Pro- vorheriges, faires und unparteiisches Verfah- Box, in Deutschland im Einsatz. Der weit über- vider machen eigene HD-Angebote, zumeist in ren, einschließlich des Rechts der betroffenen wiegende Teil der Bildschirme wird derzeit also Kombination mit einem Abonnement und dem Person(en) auf Anhörung, wird gewährleistet, noch mit herkömmlichem SD-Signal versorgt. erforderlichen Receiver. Einen speziellen Emp- 20 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 21 D I G I TA L I S I E R U N G kommunikationsreform durch den Rat und das ren die Anforderungen an Zugangssperren zum D E S MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Zur Verzögerung bei der Annahme der Tele- D I G I T A L I S I E R U N G 2.2 HDTV-Programmangebote 2010 1 unverschlüsselte Programme in HDTV verschlüsselte Programme in HDTV Anixe HD Classica HD National Geographic HD ARTE HD Deluxe Lounge HD Penthouse HD Das Erste HD Discovery HD ProSieben HD Verschlüsselung und übersteht. So haben die Kabelanbieter wenig Adressierbarkeit Akzeptanz für digitale Basispakete gefunden, die analog frei empfangbare Programme ent- Mit der Frage nach der Refinanzierung von halten. Der digitale Empfang an sich reicht den Inhalten ist die Frage von Verschlüsselung und meisten Zuschauern als Mehrwert – mit Mehr- Adressierbarkeit unmittelbar verbunden. Das kosten – nicht, wie die Entwicklung der Satellitenplattform entavio zeigt. EinsFestival HD Disney Cinemagic HD RTL HD ServusTV HD Eurosport HD Rush HD gilt insbesondere dann, wenn man den priva- ZDF HD History HD Sat.1 HD ten Rundfunk, der seine Inhalte nicht über ei- kabel eins HD Sky Cinema HD ne Rundfunkgebühr finanzieren kann, nicht Verschlüsselte DVB-T-Angebote LIGAtotal ! HD Sky Sport HD aus der Verpflichtung zu journalistischem Pro- könnte es bei DVB-T aussehen. Die RTL-Grup- MTVN HD VOX HD 1 Nicht alle Programme sind an jedem TV-Anschluss verfügbar. Welche Programme empfangen werden könnnen, hängt vom Übetragungsweg und dem jeweiligen Provider ab. Quelle: Landesmedienanstalten ■ Anders gramm und Qualitätsinhalten entlassen will. pe hat im Raum Stuttgart und Halle/Leipzig ein Das Wegbrechen von Werbeerlösen in der Fol- verschlüsseltes Programmangebot über DVB-T ge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat das gestartet. Zuvor waren dort nur unverschlüssel- Problem verschärft. Werbefinanzierung allein te öffentlich-rechtliche Programme über DVB-T reicht offenbar künftig für die private Seite des zu empfangen. Wer dort die RTL-Programme dualen Systems nicht mehr aus. Die Möglich- sehen will, muss jedoch seinen DVB-T-Receiver fänger braucht man zum Empfang der HD+- gewünschten Programme auskommen können. keiten, Erlöse aus Abos oder Einzelabrechnun- ersetzen. Plattform von Astra, auf der derzeit die HDTV- Das gilt auch für HDTV. Eine Situation, in der gen (On-Demand-Angebote) zu erzielen, sind Programme von RTL und ProSiebenSat.1 ausge- für unterschiedliche Provider und verschiedene sehr eingeschränkt, weil die nötige technische holt auf die Bedeutung gemeinsamer Stan- strahlt werden. Beim Kauf eines HD+-Receivers Programmangebote unterschiedliche Set-Top- Reichweite fehlt. Besonders schwer haben es dards bei Endgeräten hingewiesen. So sollten erhält der Kunde eine Freischaltung für ein Jahr. Boxen erforderlich sind, ist für die Entstehung daher neue Programme mit speziellen Zielgrup- mit ein und derselben Box die verschlüsselten Die Landesmedienanstalten haben wieder- Danach muss er sich registrieren lassen und ei- großer Reichweiten und von Zuschauerakzep- pen. Wer also Vielfalt und Qualität will und sich Programme auch von unterschiedlichen Anbie- ne sog. »Servicepauschale« von 50 Euro pro Jahr tanz hinderlich. Das Gleiche gilt für Versuche, nicht mit gebührenfinanziertem und Massen- terplattformen empfangen werden können. Bis- zahlen. Unklar war bei Redaktionsschluss noch, den Zuschauern gewohnte und geschätzte markt-TV zufriedengeben will, muss die Heraus- lang ist das nicht Realität. Eine Lösung können ob bereits im Markt befindliche HD-Satelliten- Funktionalitäten ihrer Geräte zu nehmen. So forderung der Adressierbarkeit und der Ver- Common-Interface-Schnittstellen (CI) sein, wenn Receiver über die CI-Schnittstelle für HD+ nach- bleibt abzuwarten, ob die Zuschauer ein HD+- schlüsselung annehmen. gerüstet werden können. Der Verkauf von HD+- Angebot akzeptieren werden, das ihnen die Receivern soll vielversprechend gestartet sein, Möglichkeit der Aufzeichnung von Program- jedoch lagen zu Redaktionsschluss noch keine offiziellen Verkaufszahlen vor. Der Erfolg von HD+ wird sich ohnehin erst nach einem Jahr erkennen lassen, wenn die Kunden die Freischaltung erneuern müssen. Die Landesmedienanstalten haben stets Deutschland ist in dieser Hinsicht noch ganz sie von den Marktbeteiligten auch unterstützt werden und entsprechende Module verfügbar am Anfang. Zwar hat der Digitalisierungsgrad sind. Private Programmveranstalter halten den men erschwert oder unmöglich macht und das inzwischen 58,2 Prozent erreicht, doch nur ein Signalschutz bei CI jedoch für unzureichend, schnelle Vorspulen über Werbeblöcke hinweg Bruchteil der digitalen Empfangsgeräte kann weil die Möglichkeit zum Kopieren digitaler Sig- nicht zulässt. verschlüsselte Programme empfangen und ist nale nicht wirksam verhindert werde. adressierbar. Auch bei stetig steigendem Digi- Mit dem Start der HD+-Plattform für die talisierungsgrad bleibt Deutschland bislang ein HD-Angebote von RTL und ProSiebenSat.1 hat Free-TV-Markt, in dem die Mehrzahl der Kunden der Streit um CI erneut Relevanz erhalten. So darauf hingewirkt, dass digitales Fernsehen einfache Zapping-Boxen kauft. Es gab und gibt lassen sich die meisten der heute bereits ver- für den Zuschauer einfach bleiben muss. Vor zahlreiche Versuche, das zu ändern. Sie schei- kauften HD-Satelliten-Boxen voraussichtlich allem sollte er mit einer Box für alle von ihm tern dort, wo sie die Interessen der Zuschauer nicht für HD+ nachrüsten. Unabhängig von der nicht berücksichtigen oder wo den zusätzlichen Frage nach der technischen Lösung bleibt of- Kosten kein überzeugender Mehrwert gegen- fen, wie die Zuschauer reagieren. Die Program- 22 ALM Jahrbuch 2009/2010 D I G I TA L I S I E R U N G 1 ALM Jahrbuch 2009/2010 23 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Abb. 2.4 Hybrid-TV / HbbTV einem Gerät. Nach Angaben der Gesellschaft für manbieter verlangen neben der Verschlüsse- Ein konkretes Abschaltdatum, ab dem es lung auch den wirksamen Kopierschutz (DVD- keine analogen Programmangebote über Satel- Rekorder) und wollen bei PVR-Aufzeichnungen lit mehr gibt, schafft Klarheit für alle Beteiligten. Das Zusammenwachsen von Internet und Fern- Prozent der verkauften modernen Flachbildfern- das schnelle Vorspulen über Werbeblöcke hin- Zuschauer und Geräteindustrie können sich da- sehen ist kein neues Phänomen. Seit Jahren seher Hybrid-TVs. Gemein haben diese Geräte, mit rechtzeitig auf die Umstellung vorbereiten. werden immer mehr Fernsehinhalte im Netz dass sie beim Aktivieren einer entsprechenden schäftsmodell absichern, was angesichts des Dies wurde im Übrigen auch von Verbraucher- verfügbar gemacht, zum Teil von Nutzern, die Taste nicht einfach einen Browser aufrufen, der Stellenwertes der Werbefinanzierung für die schützern als positives Zeichen der Klarheit auf- Inhalte hochladen, zum Teil von Fernsehsen- es dem Zuschauer überlässt, eine Internetad- Free-TV-Sender nachvollziehbar erscheint. Für genommen. Unter Beteiligung der Landesme- dern und anderen Inhalteanbietern. Zunächst resse einzugeben, sondern ein Portal öffnen, in den Zuschauer bedeutet dies jedoch eine Ein- dienanstalten wird derzeit ein Kommunikations- war dieses Zusammenwachsen eine recht ein- dem verschiedene Inhalte über die rechts/links- schränkung seiner bisherigen Möglichkeiten. konzept erarbeitet, das von allen Veranstaltern seitige Entwicklung. Viele TV-Inhalte wanderten auf/ab-Tasten angewählt werden können. Wel- Ob und in welchem Umfang die Vorstellungen mitgetragen wird. Vorbild kann dabei die erfol- ins Netz und wurden auf Computern empfan- che Angebote verfügbar sind, entscheiden die der Sender also durchsetzbar sind, wird die Zu- greiche Praxis bei der Umstellung des terrestri- gen. Umgekehrt war es dagegen lange Zeit zwar Betreiber des Portals, also Netzbetreiber oder kunft zeigen. schen Fernsehens auf DVB-T sein. Auswirkungen auf die Kabelverbreitung 2.3 ■ möglich, Onlineinhalte auf dem Fernsehgerät der Gerätehersteller (z. B. Philips Net TV, Pana- anzuschauen, aber eher ein Ausnahmefall. Das sonic Viera Cast). Damit steigen die Geräteher- hatte verschiedene Gründe. Zum einen müssen steller ins Plattform- und Inhaltegeschäft ein, Analog-digital-Umstieg bei der Da die analoge Satellitenübertragung auch Fernsehempfänger überhaupt erstmal einen An- denn sie entscheiden darüber, welche und wie Satellitenübertragung noch zur Heranführung vieler Programme an schluss ans Internet erhalten. Dieser sollte auch viele Angebote verfügbar sind und vergeben Kabelanlagen genutzt wird, muss auch den eine ausreichende Bandbreite haben. Denn die Position im Navigator. Die Inhalte und auch Belangen der Kabelnetzbetreiber Rechnung vorzugsweise wird man auf dem Fernsehgerät die technischen Lösungen können je nach Anbieter unterschiedlich sein. Ende 2009 haben die Landesmedienanstalten vorgeschlagen, zum 1. April 2012 die analo- getragen werden. Es ist aber zu erwarten, dass Videoinhalte sehen wollen, die im Vergleich zu ge Satellitenausstrahlung einzustellen. Dieser die vollständige Digitalisierung der Satelliten- Audio oder Text sehr datenintensiv sind. Der Vorschlag wurde von den Fernsehveranstaltern übertragung auch einen Durchbruch bei der Digitalisierungsbericht 2009 beziffert den An- tern ein Dorn im Auge, da der Gerätehersteller angenommen, so dass ab diesem Zeitpunkt Nutzung der digitalen Kabelübertragung bringt. teil der TV-Haushalte, die über mindestens in die Position eines Gatekeepers kommt und Satellitenfernsehen in Deutschland nur noch Derzeit liegt der Digitalisierungsgrad im Kabel 2 MBit/s verfügen, auf mittlerweile 37,1 Prozent. man sich leicht vorstellen kann, welche Ge- digital zu empfangen sein wird. noch bei vergleichsweise niedrigen 34 Prozent. 2008 waren es noch 32,6 Prozent. Gleichzei- schäftsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Die Diese Entwicklung ist vielen Inhalteanbie- In den Gesprächen mit den Kabelnetzbetreibern tig stieg auch die Zahl der Flatrate-Verträge an. Programmanbieter haben noch eine weitere der Landesmedienanstalten empfangen über die weiteren Schritte wird ein zentrales Zweitens müssen die Empfangsgeräte geeignete Sorge, nämlich dass indirekt in ihr Programm 76,6 Prozent der deutschen Satellitenhaushal- Anliegen sein, Nachteile für kleinere Programm- Browser enthalten, damit Internetangebote auf eingegriffen wird. Sieht ein Zuschauer ein Pro- te ihre Fernsehprogramme heute schon digital. veranstalter im Rahmen des Umstellungsprozes- dem TV-Bildschirm dargestellt werden können. gramm über den Broadcast-Empfänger und Weniger als vier Mio. Haushalte nutzen für ses zu vermeiden. Und drittens ist das Problem der Navigation aktiviert die Internetfunktionalitäten, so kann Nach dem Digitalisierungsbericht 2009 den Satellitenempfang analoge Set-Top-Boxen. und der angepassten Auflösung zu lösen. Denn das aktuelle Programm überblendet oder ver- Die Entwicklung geht weiter voran, so dass in Fernsehgeräte werden nicht über Maus und Tas- kleinert werden, Werbe-Pop-ups wären ebenso drei Jahren eine vollständige Digitalisierung tatur gesteuert, sondern über Fernbedienun- möglich. Inhalteanbieter haben darüber hinaus realistisch ist, insbesondere da das derzeitige gen, die eine Eingabe von Adresszeilen bspw. das Problem, dass sie mit jedem Hersteller ex- digitale Fernsehangebot in Standard Qualität sehr unkomfortabel machen. Inzwischen haben tra einen Vertrag abschließen müssten, um auf (SD) auch in Zukunft unverschlüsselt empfan- mehrere Hersteller Geräte auf dem Markt, die den entsprechenden Portalen zu erscheinen. gen werden kann und die Programmvielfalt im dafür geeignete Lösungen anbieten. Sie bieten Daraus entstand der Wunsch, einen gemeinsa- Digitalen größer ist. einen oder mehrere klassische Broadcast-Emp- men Standard zu entwickeln. Ein internationa- fänger (DVB-C/S/T) und einen Internetzugang in les Konsortium versucht nun, einen Standard 24 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 25 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG weg unmöglich machen. Sie wollen so ihr Ge- D I G I TA L I S I E R U N G Konsumforschung (Gfk) 1 waren 2009 schon elf dem Fernsehempfang rechtzeitig geklärt wür- 2.6 Mobile Media blieren, der eine einheitliche Lösung ermöglicht ten Fernsehveranstalter haben ihre Verbreitung de. Hierzu veranlassten die Länder und Landes- und die Interessen der Programmveranstalter über DVB-T-Netze jedoch auf Ballungsräume be- medienanstalten mehrere Versuche mit unter- Der mobile Breitbandzugang zum Internet berücksichtigt. Beteiligt sind unter anderem das schränkt. Ein flächendeckender Ausbau der Net- schiedlichen Systemtechniken, so in Wittstock/ über neueste Mobilfunktechnologien sowie der Institut für Rundfunktechnik (IRT), SES Astra, die ze privater Veranstalter ist aus wirtschaftlichen Dosse (Brandenburg), Bopfingen/Baldern (Ba- Aufbau von Netzen für den mobilen Fernseh- französischen Veranstalter Canal+ und France Gründen weder kurz- noch langfristig in Sicht. den-Württemberg), Grabowhöfe (Mecklenburg- empfang haben die Bereitstellung neuartiger Télévision, Softwareunternehmen und Gerätehersteller. Bei HbbTV kommt der Nutzer mit Vorpommern), Oberwiesenthal (Sachsen) und mobiler Endgeräte und Dienste stimuliert. Das rem das Ziel, Teile des bislang dem Rundfunk Nordhelle (Nordrhein-Westfalen). Die meisten Mobiltelefon entwickelt sich dank iPhone und Die EU-Kommission verfolgt seit Länge- dem Aktivieren des »Red Button« aus einem zugewiesenen Frequenzspektrums für andere Versuche laufen unter Einbeziehung der Bevöl- anderer Smartphones zum mobilen Zugangsge- laufenden TV-Programm heraus (Broadcast) zu- Anwendungen, und hier vor allem Mobilfunk kerung, indem an interessierte Haushalte Test- rät für audiovisuelle Dienste und Inhalte aller nächst auf eine weiterführende oder ergänzen- im weitesten Sinne, zuzuweisen. Auf der World geräte vergeben wurden. Die Testteilnehmer Art. Und »Apps« sind das Schlagwort für leicht de Seite des Programmveranstalters ähnlich wie Radio Conference 2007 (WRC 07) wurden die waren mit den angebotenen Internetzugängen zugängliche Anwendungen, die u. a. den Emp- weitgehend zufrieden. beim Videotext. Der Veranstalter behält damit regulatorischen Vorraussetzungen dafür auf in- eine Kontrolle darüber, was auf dem Bildschirm ternationaler Ebene geschaffen. Bundesregie- Allerdings zeigen theoretische Untersu- passiert, wenn der Nutzer den »Red Button« rung und Bundesrat haben im Lauf des Jahres chungen und auch praktische Messungen, dass nutzt. Ein Eingriff Dritter in das Programm bzw. 2009 in Deutschland die hier geltenden Re- unter ungünstigen Randbedingungen Störun- Endgeräte über Verteildienste wie mobiles ins Bild wird verhindert und so eine wesentliche gelungen so modifiziert, dass der Frequenzbe- gen des Fernsehempfangs auftreten können. Fernsehen, Podcasts oder Abrufdienste wie Forderung des VPRT (Verband privater Rund- reich 790 – 862 MHz (Fernsehkanäle K61– K69) Um diese Störungen zu quantifizieren, sind wei- Mediatheken, iTunes oder auch YouTube. Ge- funk und Telemedien) erfüllt. Weitere Anforde- zukünftig nicht mehr vom Rundfunk, sondern tere Untersuchungen erforderlich, letztendlich bräuchliche technische Begriffe sind dabei rungen sind etwa ein diskriminierungsfreier Zu- von mobilen Diensten genutzt werden soll. Im auch deshalb, weil die zukünftig eingesetzte Broadcasting, Filecasting, Streaming, Downloa- gang, der auch eine diskriminierungsfreie Navi- Oktober 2009 hat die Bundesnetzagentur hier- Technologie LTE (Long Term Evolution) erst im ding und Sideloading. Während für Verteildiens- gation umfasst, sowie ein Rechtemanagement, für die Vergabebedingungen veröffentlicht. Da- Jahr 2010 kommerziell verfügbar ist. Die Un- te sowohl Mobilfunknetze (Streaming) als auch das dem Inhalteanbieter die Kontrolle erlaubt, nach wird der Frequenzbereich 790 – 862 MHz tersuchungen werden von den Projekten in Fernsehverteilnetze (Broadcasting) zum Einsatz fang von Fernsehprogrammen und einzelnen Sendeformaten ermöglichen. Medieninhalte gelangen auf die mobilen ob und wie seine Inhalte weiterverbreitet wer- für den »drahtlosen Netzzugang zum Angebot Zusammenarbeit mit der BNetzA und den Be- kommen können, erfolgt der Abruf audiovisuel- den und ob beispielsweise das Überspringen von Telekommunikationsdiensten« verwendet. troffenen durchgeführt. ler Informationen über das mobile Internet. von Werbung (Ad-Skipping) möglich sein soll. Auf ausdrücklichen Wunsch der Länder hat der Netzausbau zunächst in den ländlichen Gebie- Klage gegen Vergabeverfahren ten zu erfolgen, die bislang mit Breitband unter- geklärte Störproblematik führte dazu, dass die weltweit steigend versorgt sind. Dafür haben die Länder entspre- Media Broadcast und einige ARD-Anstalten audiovisuellen Inhalten steigt weltweit rasant chende Listen erstellt. Fernsehsender, die heute gegen die Entscheidung der BNetzA über das an. In Japan und Korea, den am weitesten ent- Als »Digitale Dividende« wird der Teil des noch in den Kanälen 61 – 69 senden, müssen Vergabeverfahren der Frequenzen Klage ein- wickelten Märkten für das mobile Fernsehen, Frequenzspektrums bezeichnet, der dadurch auf niedrigere Kanäle wechseln. Die finanziel- gereicht haben. Die Mobilfunkbetreiber E-Plus wurden mit den auf Fernsehverteilnetzen basie- frei wird, dass die bisher in analoger Technik len Regelungen hierzu werden gegenwärtig und O2 haben ebenfalls Klage eingereicht, weil renden Diensten ISDB-T und DMB im Jahr 2009 verbreiteten terrestrischen Fernsehprogramme verhandelt. sie sich im Vergabeverfahren gegenüber ihren bereits ca. 60 Mio. Nutzer erreicht. Die End- 2.5 Digitale Dividende nun digital übertragen werden. Einen Großteil dieser Digitalen Dividende nutzt bereits Störproblematik ■ Die Bundesnetzagentur hat der Rundfunk und hier insbesondere ARD und den Ländern und den Bedarfsträgern des Rund- ZDF. Auch für private Anbieter sah die Planung funks zudem zugesagt, dass die Störproblema- Frequenzen zur flächendeckenden Verbrei- tik zwischen den drahtlosen Netzzugängen und 26 ALM Jahrbuch 2009/2010 ■ Die un- Mobile Nutzung audiovisueller Inhalte ■ Die mobile Nutzung von größeren Wettbewerbern benachteiligt sehen. geräte sind dabei nur teilweise mit dem Mobil- Bei Redaktionsschluss war der weitere Fortgang funknetz verbunden. China kam im gleichen des Frequenzvergabeverfahrens noch offen. Zeitraum auf knapp fünf Mio. Nutzer über die CMMB-Technologie. ALM Jahrbuch 2009/2010 27 D I G I TA L I S I E R U N G tung von digitalen Programmen vor. Die priva- MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) zu eta- Digitalradio Videos 2009 im Vergleich zum Vorjahr um halte bietet ihnen jedoch die Möglichkeit für erreichen. Mittlerweile haben sich international mehr als 50 Prozent gestiegen. Bereits mehr eine Ausweitung der Nutzung und trägt zur weitere Anbieter entschlossen, DVB-H-basier- Kein anderes Medium sieht sich im Rahmen der als 15 Mio. Nutzer riefen mobile Videodienste Erfüllung der Geschäftsziele bei. Ein Beispiel für tes mobiles Fernsehen aufzubauen, so in Polen, Digitalisierung derartigen Widrigkeiten ausge- über das Mobilfunknetz ab. Das mobile Fern- ein Angebot eines Mobilfunkanbieters ist das Moskau, Südafrika, den Vereinig ten Arabischen setzt wie der terrestrische Hörfunk. War er noch sehen auf der Basis von Fernsehverteilnetzen Bundesliga-Angebot »LIGAtotal!« von T-Mobile, Emiraten, Oman und auf den Philippinen. in den neunziger Jahren hochsubventionierter (MediaFLO) steckt dagegen mit 0,6 Mio. Abon- das seit August 2009 zur Verfügung steht. nenten noch in den Kinderschuhen. Die Fernsehveranstalter sind mit vielfältigen Wie im klassischen Fernsehbereich enthal- Vorreiter der Digitalisierung, muss er sich heu- ten die mobilen Fernsehverteilnetze heute fes- te zahlreichen Herausforderungen des Marktes Angeboten vertreten. Beispiele sind die Tages- te Bouquets. Ausgewählte Fernsehprogramme und der Reguliererseite stellen, die bspw. das schau der ARD und Heute-Sendungen des ZDF mit der höchsten Nachfrage werden permanent terrestrische Fernsehen bereits gemeistert hat. TV-Angebote. Unterschiedliche Studien prog- in 100 Sekunden, das mobile Portal von RTL, über das mobile Fernsehverteilnetz übertragen, Auch das Jahr 2009 verhalf dem Digitalradio nostizieren bis 2015 eine Marktdurchdringung Mediatheken vieler Sender sowie vielfältige alle anderen Inhalte (das sogenannte Long-tail) noch nicht zum Durchbruch, wenngleich die zwischen zehn und 30 Prozent. Von den rund Spezialangebote zu einzelnen Sendeformaten, werden über das Mobilfunknetz zugestellt. 15 Mio. Nutzern 2009 empfängt nur eine Mio. zumeist als Podcast abonnierbar. In Europa nutzen bislang etwa fünf Prozent der Mobilfunkkunden auch Video- und die Inhalte über DVB-H, die weitaus größere Ob die Mobilfunknetze zukünftig in der La- Viele Marken bieten heute ihre Inhalte auf Landesmedienanstalten weiter an der Entwicklung der notwendigen Rahmenbedingungen ge sein werden, die wachsenden Datenlasten arbeiteten. Nach der erfolgreichen Durchführung des sog. Call for Interest und der Abstimmung über ein gemeinsames Vorgehen der Teil über 3G-Streaming. Während Frankreich allen gängigen Distributionskanälen an. Ein zu bewältigen, insbesondere bei gleichzeitiger dazu zuletzt mehr als fünf Prozent Marktdurch- Beispiel dafür bildet Red Bull, dessen audio- Auslieferung von Liveübertragungen an eine dringung meldete, waren es in Deutschland visuelle Inhalte sowohl über einen eigenen große Menge Nutzer, muss die Zukunft zeigen. Landesmedienanstalten mit der ARD und dem im Jahr 2009 noch unter ein Prozent. DVB-H-Kanal in Österreich ausgestrahlt werden, Die Qualitätserwartungen der Nutzer werden Deutschlandradio im Jahr 2008 erfolgte im als auch über ein Internetportal, ein mobiles Por- entscheidend sein. März 2009 der Beschluss der Rundfunkkom- Über das mobile Internet kann auf eine Vielzahl von audiovisuellen Diensten per Strea- tal sowie Podcast und RSS-Feed verfügbar sind. Mobile Endgeräte werden immer mehr Teil mission der Länder, bei der Bundesnetzagen- einer übergreifenden Nutzung von audiovisu- tur die Bedarfsanmeldung für die bundesweite werden. Die meisten Mobilfunkbetreiber, die der über Browser (z. B. die Mediathek des ZDF) ellen Medieninhalten. Als persönliche mobile Versorgung mit Digitalradio abzugeben. Diese über ein UMTS-Netz verfügen, bieten darüber oder Applikationen (z. B. der iPlayer der BBC Geräte bringen sie sich ein in die Nutzung von schloss das erforderliche Frequenzzuteilungs- auch Fernsehen oder fernsehähnliche Inhal- oder auch iPhone Apps). Medieninhalten zu jeder Zeit, an jedem Ort, auf verfahren im Herbst mit der Erklärung gegen- ming oder Downloading direkt zugegriffen Die Bereitstellung der Inhalte erfolgt entwe- te an. Die mobilen Angebote vieler Dienste- und Mobiles Fernsehen über DVB-H ■ Mobiles dem besten verfügbaren Endgerät, über den über dem Netzbetreiber Media Broadcast ab, effektivsten Zugangsweg. diesem die Frequenzblöcke zuzuteilen. Das mobile Fernsehen über DVB-H wird Inhalteanbieter ergänzen deren Angebote über Fernsehen auf der Basis von DVB-H-Verteilnet- andere Zugangsformen, sei es klassisches Fern- zen wartet in Europa weiterhin auf den Durch- dann eine Chance erhalten, wenn sich die te Projekt Digitalradio jedoch einen weiteren sehen oder das stationäre Internet. Wie auch bruch. Die höchsten Teilnehmerzahlen hat der potentiellen Beteiligten – vom Veranstal- Dämpfer erhalten. Zwischenzeitlich hatte in ih- im Internet kommen die Anbieter aus den un- seit 2006 angebotene Dienst von H3G in Itali- ter bis hin zum Sendernetzbetreiber – auf rem 16. Bericht die Kommission zu Ermittlung terschiedlichsten Bereichen: Fernsehveranstalter, en. Aber diesem Dienst wie auch den weiteren ein tragfähiges Konzept einigen können. Die des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) Mobilfunkbetreiber, klassische Markenhersteller, kommerziellen Diensten in Finnland, den Nie- Landesmedienanstalten moderieren die hierzu die in der ARD abgestimmte Anmeldung der ergänzt durch neue Anbieter, die vorhandene derlanden, Österreich und der Schweiz man- erforderlichen Gespräche und entscheiden dann Finanzierung in Höhe von 140 Mio. Euro für Inhalte aggregieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte das bundeswei- gelt es an der für eine breite Markterschließung über eine Ausschreibung. Eine abschließende den Gebührenzeitraum 2009 bis 2012 für ei- Die Geschäftsmodelle der Dienstanbieter notwendigen Gerätevielfalt. Diese Länder ver- Beurteilung lag zum Zeitpunkt der Drucklegung nen Neustart des digitalen terrestrischen Hör- unterscheiden sich zumeist kaum von denen weisen immer wieder auch auf den deutschen noch nicht vor. funks um ca. 90 Prozent gekürzt. Die Freigabe der vergleichbaren Dienste in anderen Medien. Markt, der dazu betragen könnte, die für die 28 ALM Jahrbuch 2009/2010 der restlichen Mittel wurde von einem mit den ALM Jahrbuch 2009/2010 29 D I G I TA L I S I E R U N G 2.7 Die mobile Bereitstellung der Dienste und In- MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Geräteproduktion notwendige Marktgröße zu In den USA ist die mobile Nutzung von gehend analog geprägten Hörfunklandschaft in lern, die als Plattformbetreiber auftreten, mit Ganz unterschiedliche Rahmenbedingungen zept abhängig gemacht. Angesichts der bereits den Ländern die Meinungsvielfalt in Deutsch- den Inhalteanbietern. Damit soll eine stärke- für die Marktdurchdringung von Digitalradio- geschaffenen Infrastruktur und geleisteten In- land stärken. Die Forderung nach Schwerpunk- re Verbindlichkeit erzielt werden, um letztlich angeboten bestehen in anderen europäischen vestitionen bekräftigte der öffentlich-rechtliche tangeboten in den Bereichen Information, Wirt- nachhaltige Vergabeentscheidungen treffen Ländern. Eine Vorreiterrolle spielt nach wie vor Rundfunk trotz der Kürzungen sein Festhalten schaft, Sport, Religion sowie Musik unterschied- zu können. Großbritannien, wo die DAB-Nutzung mit mehr am Digitalradio, auch unter Hinweis auf neue licher zielgruppenspezifischer Stilrichtungen Zum Redaktionsschluss lagen der feder- als elf Prozent eine recht deutliche Rolle spielt. technische Entwicklungen, die bisherige Emp- soll zu einem vielfältigeren und attraktiveren führenden Landesmedienanstalt Saarland Auch in Frankreich setzt die Medienaufsicht CSA fangsprobleme entfallen ließen. Dagegen spra- Gesamtangebot beitragen. Damit ein möglichst folgende Bewerbungen vor: weiter auf eine Digitalisierung des Radios. Wei- chen sich die im VPRT organisierten Radio- breites Publikum angesprochen werden kann, ➔ Entspannungsradio GmbH i. Gr. für terhin ist ein europaweit abgestimmtes Vorge- unternehmen gegen die sog. DAB+ Technologie sollte verhindert werden, dass mehrere gleiche oder ähnliche Programmbeiträge ausgestrahlt werden. Insofern ist beabsichtigt, solche Anträ- hen bei der Digitalisierung des Hörfunks nicht in programms mit dem Titel LoungeFM Sicht, womit auch die Schaffung eines entspre- ➔ ERF Medien e.V. für die Verbreitung wendigkeit fest, die wertvollen Frequenzen des ge besonders zu würdigen, die mit exklusiven eines privaten Hörfunkprogramms mit Bandes III für digitale Entwicklungsperspektiven Ideen, einzigartigen Beiträgen und besonderen dem Titel ERF Radio zu sichern. Musikausrichtungen neue Zielgruppen anspre- Ausschreibung bundesweiter Übertragungskapazitäten ■ Die Landesmedienanstal- ten nahmen diese Entwicklungen jedoch nicht ➔ Media Broadcast GmbH zum Betrieb chen oder die als Teil eines aufeinander abge- einer Plattform für Telemediendienste stimmten, vielfältigen Programmverbundes die ➔ Neue Welle Rundfunk-Verwaltungsgesell- D I G I TA L I S I E R U N G aus, da sie hierin keine wirtschaftlich tragfähige Zukunft sehen. Dennoch halten sie an der Not- die Verbreitung eines privaten Hörfunk- chend großen Endgerätemarkts erschwert ist. 2.8 Entwicklung der Verbreitungswege Angebote der übrigen Antragsteller sinnvoll er- schaft mbH & Co. KG für die Verbreitung Die Landesmedienanstalten begleiten und un- gänzen. Bereits im Vorfeld der Ausschreibung eines privaten Hörfunkprogramms mit dem terstützen die Digitalisierung, weil sie neue vorläufigen Arbeitstitel Radio Rauschgold Möglichkeiten für Veranstalter bringt, den Zu- zum Anlass, ihre Vorhaben zur Fortentwicklung hatte die ZAK wiederholt darauf aufmerksam des Digitalradios hintanzustellen. Im Interes- gemacht, dass zur Attraktivitätssteigerung der ➔ Radio 97,1 MHz Hamburg GmbH für schauern mehr Vielfalt und einen effizienteren se der weiteren Akzeptanzerhöhung haben sie digitalen Hörfunk-Übertragungstechnologie ins- die Verbreitung des privaten Hörfunk- Einsatz von Ressourcen erlaubt. Seit 2005 stellt nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten besondere innovative Programme fallen, die programms Energy die ALM jährlich mit dem Digitalisierungsbe- ➔ Regiocast Digital GmbH mit verschiedenen über die Zuordnung der Übertragungskapazi- neue Publikumsbedürfnisse ansprechen und täten (2/3 für die Landesmedienanstalten und bestehende Publikumsbedürfnisse auf neue Art 1/3 an das Deutschlandradio) Ende des Jahres bedienen, wie z. B. die Verknüpfung von Radio 2009 entschieden, im ersten Quartal 2010 die mit Internet oder Zusatzdiensten (multimedia- gesellschaft für elektronische Medien mbH tiven Erhebung. Datenbasis sind alle privaten bundesweiten Übertragungskapazitäten für die le Funktionen, Interaktivitäten etc.). Ebenso viel für die Verbreitung eines privaten Hörfunk- Haushalte mit TV-Empfang, einschließlich Aus- Hörfunkangeboten ➔ SV Teleradio Produktions- und Beteiligungs- richt Marktdaten zum Digitalisierungsgrad zur Verfügung, differenziert nach Übertragungswegen. Die Daten basieren auf einer repräsenta- digitale Hörfunkverbreitung auszuschreiben. Wert wird auf Originalität gelegt. Interessiert programms mit dem Titel Süddeutsche länderhaushalten. Derzeit sind das 37,4 Mio. Diese Ausschreibung wurde vom 25. Januar bis sind die Landesmedienanstalten daher vor al- Zeitung Radio Addiert man die Marktanteile der Übertragungs- zum 12. März 2010 durchgeführt und richtete lem an der Verbreitung von Angeboten, die sich sowohl an Hörfunkveranstalter, Anbieter nicht bereits über UKW in gleicher oder ähnli- ➔ The Walt Disney Company (Germany) wege, ergibt sich eine Summe von über 100 GmbH für die Verbreitung eines privaten Prozent, weil bis zu drei Geräte erfasst werden von vergleichbaren Telemedien und Plattform- cher Form verbreitet werden. Damit würde ein Hörfunkprogramms mit dem Titel Radio und manche Haushalte mehrere Empfangswege betreiber. Mehrwert geschaffen, der die Akzeptanz der Disney nutzen. Die ausgeschriebenen Übertragungskapa- neuen Technik bei den Nutzern stärken kann. ➔ Lorenz D. Yeboah und David Rowe, zitäten sollten vorrangig Hörfunkprogramme Ferner verlangte die Ausschreibung verbind- Neu-Anspach, für United Christian und sonstige Audioangebote ansprechen, die liche Vereinbarungen mit dem Sendernetzbe- Broadcasters (UCB) unter Berücksichtigung der bestehenden, weit- treiber sowie Verträge zwischen Antragstel- 30 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 31 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG privaten Veranstaltern abgestimmten DAB-Kon- Verteilung der Übertragungswege bei digitalen Haushalten 1 2 2006 2007 23,0 Kabel 2 21,8 2008 Summe > 100 % wegen Mehrfachempfangsart 23,0 24,2 23,6 29,1 32,4 33,9 24,2 MY : Jahresmitte 29,1 YE: Jahresende 33,9 61,8 61,1 61,6 59,1 55,1 55,1 56,7 55,7 55,7 16,7 Terrestrik 22,3 22,5 19,5 20,5 18,5 19,5 18,5 Abb. 20 2006 MY 60 80 100 % 2007 2008 2009 YE 15,2 15,2 Kabel 2 40 Digitalisierung der Übertragungswege 1 3 16,2 16,2 21,0 30,7 30,6 33,7 Erhebung zum Digitalisierungsbericht Mitte des ierlich zurückgeht. MY : Jahresmitte 16,2 YE: Jahresende 30,7 ■ Zum Jahresende 2009 verfügten 58,2 Prozent der TV-Haushalte in zwei sehr unterschiedlichen Digitalisierungs- in Deutschland über mindestens einen digita- prozessen befinden. len TV-Empfänger, das sind in Zahlen 21,8 Mio. digitalen TV-Haushalten liegt das Kabel, ab- einen relativ kleinen Anteil von TV-Haushalten, weichend zur starken Position im Gesamtmarkt, die sowohl analogen als auch digitalen Emp- bei nur 33,9 Prozent, der Satellit bei 55,7 Pro- fang nutzen. Die Zahl der voll digitalisierten zent und DVB-T bei 18,5 Prozent. IPTV kommt TV-Haushalte stellt inzwischen deutlich die im digitalen Markt auf 3,5 Prozent. Mehrheit dar. 62,4 62,4 65,7 70,7 74,1 76,9 70,7 76,9 57,1 86,0 89,3 95,1 99,5 100,0 89,3 100,0 100,0 Abb. 20 40 60 2006 2007 2008 51,8 Basis : TV-HH in Deutschland 5 53,7 51,7 51,7 52,5 51,7 51,7 YE: Jahresende 52,8 53,0 gungswegen weist das Kabel mit 33,7 Prozent men, stellt sich die Situation etwas anders dar. weiterhin den niedrigsten Digitalisierungsgrad Neben den klassischen Übertragungswegen Ka- auf. Es ist aber ein erheblicher Anstieg im Ver- bel, Satellit und Terrestrik konnte sich IPTV, al- gleich zu den Vorjahren zu verzeichnen. Zum so Fernsehen über DSL-Netze, wie es vor allem Jahresende 2008 waren es noch 30,7 Prozent. von T-Home und Alice angeboten wird, einen In Haushalten gezählt, bedeutet das einen Zu- festen Platz mit wachsendem Marktanteil erar- wachs um 1,4 auf nunmehr 7,4 Mio. Digital- beiten. Dieser beträgt zwar nur zwei Prozent, kunden. Die Kabelbetreiber haben 2009 haupt- was aber verglichen mit dem Vorjahreswert von sächlich mit den Vorzügen des sogenannten 0,8 Prozent ein großes Wachstum darstellt. Triple Play (TV, Telefon und Internet aus einer Hand) geworben, also nicht direkt mit den Vor- Verteilung der Übertragungswege 53,0 42,0 42,0 43,2 43,2 42,0 42,4 42,1 42,2 42,4 42,2 9,2 9,2 Terrestrik 100 % 2009 MY : Jahresmitte 42,5 Im Vergleich zu den anderen Übertra- schiedenen Übertragungswege für sich genom- YE 51,8 Satellit 3 80 Zugang über Kabel, Satellit, Terrestrik gesamt 1, 4 4 Kabel 2 ■ 99,5 0 MY Kabel 47,2 57,1 Terrestrik Bei der Betrachtung der Anteile bei den Haushalte. Dabei gibt es mit 10,6 Prozent nur Betrachtet man die Entwicklung der verSatellit 3 ständig digital, während sich Kabel und Satellit 33,7 47,2 57,3 Mit 10,7 Prozent folgt die Terrestrik und zuletzt die oben bereits genannten zwei Prozent IPTV. Diese beiden Übertragungswege sind voll- 22,3 0 da der Anteil der SMATV-CH-Haushalte kontinu- Digitalisierungsgrad 16,7 24,7 liten zählt. Der Unterschied ist jedoch gering, regelmäßig Ende des Jahres misst, während die Werte ausgewiesen werden. 61,6 Satellitenmonitor diese Empfangsart zum Satel- Satellite Monitor von SES Astra abgestimmt, der Jahres erfolgt. Dadurch können halbjährliche 61,8 Satellit 3 Die Erhebungsmethode ist mit dem German 2009 YE 11,5 11,0 11,0 11,1 10,7 10,7 11,3 10,7 10,7 0 20 40 60 80 100 % 1 Mindestens 1 TV-Gerät im Haushalt ohne PC-TV 2 Kabelempfang + Satellitenempfang ohne eigenen Receiver 3 Satellitenempfang mit eigenem Receiver 4 Mehrere Empfangswege pro Haushalt möglich 5 ab 2007dt. und ausl. Haushalte; 2005 und 2006 nur deutsche Haushalte Quelle: Digitalisierungsbericht 2009, ASTRA Satellitenmonitor; Angaben in Prozent ■ Weitge- teilen des digitalen Fernsehens. Viele Marktteil- hend stabil bleiben weiterhin die Marktanteile nehmer gehen davon aus, dass von HDTV ein der einzelnen Übertragungswege. Mit 53 Pro- Impuls für die Digitalisierung ausgeht, wovon zent stellt das Kabel den wichtigsten Übertra- die meisten Kabelnetzbetreiber jedoch 2009 gungsweg im deutschen Markt dar, gefolgt vom nicht profitieren konnten, da sie die Konditio- Satelliten mit gut 42 Prozent. An dieser Stelle nen der HD-Einspeisung mit den Programm- werden die sogenannten SMATV-CH-Haushalte veranstaltern noch nicht geklärt hatten. Dieses (Gemeinschafts-Sat-Anlagen mit Kabelumsetzer; Hindernis ist inzwischen aus der Welt. Keine Set-Top-Box zum Empfang erforderlich) dem Kabel zugerechnet, während der Astra ALM Jahrbuch 2009/2010 33 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG MY D I G I TA L I S I E R U N G Abb. 5 DVB-T-Empfang nach Bundesländern Abb. DVB-T-Empfangsbereiche in Deutschland 2010 6 Basis: 37,434 Mio. TV-Haushalte in Deutschland BRD gesamt Flensburg Baden-Württemberg Kiel Bremen Münster Köln Aachen Bonn Berlin Potsdam Frankfurt/O. Bielefeld private und öffentlichrechtliche Programme Göttingen 6,2 4,599 0,284 10,5 5,475 0,575 Berlin-Brandenburg 16,8 2,859 0,480 Hessen 12,9 2,715 0,349 3,1 0,840 0,026 Niedersachsen/Bremen 15,1 3,977 0,601 Nordrhein-Westfalen 14,6 8,148 1,187 Leipzig Erfurt Rheinland-Pfalz/Saarland 4,8 2,299 0,111 Sachsen 5,0 2,050 0,102 Sachsen-Anhalt 4,4 1,177 0,052 18,3 2,168 0,396 Mecklenburg-Vorpommern Cottbus Halle Kassel Siegen Weimar Dresden Koblenz Trier ausschließlich öffentlichrechtliche Programme Wiesbaden Mainz Frankfurt/M. Würzburg Kaiserslautern Saarbrücken Mannheim Schleswig-Holstein/Hamburg Thüringen Nürnberg Stuttgart Die Programmbelegung variiert in den einzelnen Regionen. 4,209 Lüneburg Hannover Braunschweig Osnabrück Düsseldorf 37,412 Bayern Rostock Cuxhaven Lübeck Hamburg Schwerin Aurich 11,3 4,1 0 Regensburg Ulm Augsburg München 1,105 4 8 12 16 % TV-HH gesamt in Mio. D I G I TA L I S I E R U N G Abb. 0,045 DVB-T-HH in Mio. Quelle: Digitalisierungsbericht 2009 Freiburg Quelle: www.ueberallfernsehen.de; Stand: Januar 2010 DVB-T ■ Der deutschlandweite Marktanteil von 10,7 Prozent gibt die Nutzung der Terrestrik allerdings spezielle Boxen, da die Sender ver- nur unzureichend wieder. DVB-T ist zwar mitt- schlüsselt und in einem anderen Kompressionsverfahren ausgestrahlt werden. te Kommunikationsmaßnahmen sichergestellt lerweile fast überall empfangbar, jedoch regio- Digitalisierungsgrad kontinuierlich nach oben. werden, dass sich alle Haushalte rechtzeitig da- nal unterschiedlich mit sehr unterschiedlichen Ende 2009 waren 76,9 Prozent der insgesamt rauf einstellen und auf Digitalempfang umrüs- Voraussetzungen. So kann man in ländlichen fast 16 Mio. Satellitenhaushalte digital. Weniger ten können. Regionen DVB-T zumeist nur mit Dachantenne Satellit ■ Auch beim Satelliten bewegt sich der als acht Prozent nutzten sowohl die analogen Nicht ohne Folgen bleibt dies auch für das lie aufgeschaltet. Dafür braucht der Zuschauer 2.9 Rechtsgrundlagen und ausschließlich die Angebote der öffentlich- als auch die digitalen Angebote. Damit bleiben Kabel. Bislang werden vielerorts analoge Sa- rechtlichen Sender empfangen. Die Privaten ha- Mit der Digitalisierung gehen bedeutende Um- derzeit noch knapp 4 Mio. Satellitenhaushalte tellitensignale für die Einspeisung in die Kabel- ben von Anfang an bei DVB-T auf ein Ballungs- brüche der altbekannten Medienwelt einher: in Deutschland, die noch zu digitalisieren wä- netze genutzt. Hier sind die Kabelnetzbetreiber raumkonzept gesetzt und bieten ihre Program- neue Grundlagen für die Finanzierung werden ren. Würde man den Digitalisierungstrend der gezwungen, auf digitalen Empfang umzustellen me nur in dichter besiedelten Regionen an. Es möglich und angesichts der steigenden Zahl letzten Jahre in die Zukunft fortschreiben, so und die Signal für die Endkunden zu »reanalogi- zeigt sich, dass die DVB-T-Nutzung in den Bal- von Angeboten auch erforderlich. Die Trennun- käme man zum Ergebnis, dass 2012 nur noch sieren« oder diese digital in die Netze zu neh- lungsräumen in Richtung der 20 Prozent-Marke gen zwischen klassischen Medien und deren eine geringe Restnutzung des analogen Satel- men und bei den Endkunden für digitalen Emp- geht, während sie in den Gebieten, in denen bisherige Geschäftsmodelle wird infrage ge- liten stattfindet. Angesichts dieser Zahlen haben fang zu sorgen. keine privaten Programme empfangbar sind, stellt. Digitale Übertragungswege und digitale die Landesmedienanstalten vorgeschlagen, deutlich unterdurchschnittlich ist. Zuletzt wur- Endgeräte stellen an die Nutzer neue Heraus- am 30. April 2012 das analoge Satellitensignal den auch im Raum Stuttgart und in der Region forderungen in Bezug auf Navigation und Ori- abzuschalten. Bis dahin soll durch geeigne- Halle-Leipzig private Programme der RTL-Fami- entierung. Klassische Machtpositionen verlieren 34 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 35 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Konstanz an Bedeutung. Dafür entstehen neue Schlüssel- sind im Wesentlichen Unternehmen, die über positionen, insbesondere die der Plattformen. die Zusammenstellung von Programmange- U N D 3 - K O N T R O L L E boten entscheiden, wie dies etwa bei der Kabel- Medien und ihrer Distribution weicht der verti- belegung, aber auch bei der Zusammenstel- kalen Integration: Netzbetreiber sind nicht mehr lung eines Pay-TV-Paketes der Fall ist. Für diese nur Transporteure, sondern stellen Programme sog. Plattformanbieter gilt grundsätzlich, dass Die Programmentwicklung im deutschen Fern- Debatte um Programmqualität im Privat- zusammen und vermarkten sie an ihre Kun- sie chancengleichen und diskriminierungsfreien sehmarkt war 2009 geprägt von Konsolidie- fernsehen den. Sie gewinnen Einfluss auf die Geräte und Zugang zu gewähren haben. Die Plattform- rung und striktem Kostenmanagement aller men haben fast alle TV-Programmanbieter mit Auf die gesunkenen Werbeeinnah- die Art ihrer Nutzung. Der früher selbstverständ- anbieter, die zugleich Netze betreiben, ha- Wettbewerber. Die Zahl neuer Zulassungs an- – teilweise drastischen – Kostensenkungen rea- liche Grundsatz, mit einem Empfangsgerät al- ben also bei der Belegung Vielfaltsvorgaben träge ging zwar zurück, die Zahl der Sendestarts giert. Dies wirkte sich auch auf die Programm- le Rundfunkangebote empfangen zu können, zu beachten (must carry, can carry). Für alle bereits lizenzierter Programme blieb aber stabil. qualität und -vielfalt aus, weil Redaktionsetats ist nur unter komplexen technischen und wirt- Plattformanbieter gilt die Zugangsfreiheit in Während einige TV-Spartenkanäle eingestellt gesenkt und Investitionen gekürzt wurden. Die schaftlichen Bedingungen zu realisieren. Bezug auf die sog. Zugangsdienste wie etwa werden mussten, spielten Pay-TV-Angebote und Gesamtkonferenz der Landesmedienanstalten Elektronische Programmführer (EPGs) oder Ver- Telemedien eine wachsende Rolle. appellierte deshalb am 18. November 2009 mit Die Konvergenz der Übertragungswege schafft auf der anderen Seite neue Wahlmöglichkeiten für den Verbraucher: über Telefonnetze kann er fernsehen, über Kabelnetze telefonieren und das Internet nutzen. Fernsehen schlüsselungssysteme. Wer als Plattformanbie- Insgesamt konnten die privaten TV-Pro- dem Positionspapier »Der Preis der Qualität« an ter also einen EPG betreibt, hat für die chancen- grammanbieter 2009 ihren Zuschauermarkt- die verantwortlichen Programmmacher und Me- gleiche Darstellung und Auffindbarkeit der Pro- anteil im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Pro- dienpolitiker, die publizistische Leistungsfähig- gramme Sorge zu tragen. zentpunkte auf 57,1 Prozent ausbauen. Dabei keit privatwirtschaftlicher Angebote zu sichern. In verbesserte die ProSiebenSat.1 Media AG ihren diesem Rahmen müssten Maßnahmen ergriffen wird portabel und mobil, ebenso wie das Inter- Insgesamt hat die ZAK im Jahr 2009 bei net. Die Regulierung steht vor der Herausforde- 20 Unternehmen festgestellt, dass sie unter die Marktanteil unterdurchschnittlich um 0,3 Pro- werden, um die »publizistischen Angebote für alle rung, die Auswahl der Verbraucher zu sichern Plattformregulierung fallen. Einen technischen zentpunkte auf 22,0 Prozent, während der RTL zu einem für alle bezahlbaren Preis in einer aus- und gleiche Rahmenbedingungen für den Wett- Plattformanbieter (Media Broadcast) stufte die Group eine deutliche Steigerung um 1,1 Pro- reichenden Qualität« zu erhalten. Forderungen, bewerb der Plattformen zu gewährleisten, aber ZAK dagegen nicht als Plattformbetreiber ein. zentpunkte auf 25,2 Prozent gelang. Für die privatwirtschaftlicher Rundfunk könne auf jeg- auch die Besonderheit der jeweiligen Nutzun- UMTS wurde bis auf Weiteres von der rundfunk- privatwirtschaftlichen TV-Programmanbieter liche Beteiligung an einer öffentlichen Aufgabe gen in ihrer Bedeutung für die öffentliche Mei- rechtlichen Regulierung freigestellt. jenseits der beiden großen Senderfamilien blieb verzichten und als ein Gewerbe wie jedes andere nungsbildung zu berücksichtigen. Der 10. RÄndStV hat einen infrastrukturneutralen Ansatz der Plattformregulierung ent- ein Marktanteil von nur 9,9 Prozent (2008: betrachtet werden, erteilten die Landesmedien- die anstehenden Belegungsfragen auf. Die Ein- 10,6 Prozent), die öffentlich-rechtlichen Wett- anstalten explizit eine Absage. Vielmehr müssten speisung regionaler Angebote in digitale Netze bewerber erzielten zusammen 42,9 Prozent. »Überlegungen forciert werden, welche Anreize Eine Arbeitsgruppe der ZAK arbeitet derzeit wickelt. In der am 3. März 2009 in Kraft getre- steht dabei im Mittelpunkt. Ziel ist es, Klarheit tenen Zugangs- und Plattformsatzung verbindet über die Einhaltung der rundfunkstaatsvertrag- brutto mit einem bereinigten Wachstum um den könnten, damit er auch in Zeiten schwinden- sich die Plattformregulierung mit den Regelun- lichen Must-carry-Vorgaben zu erhalten. Der TV-Werbemarkt verzeichnete 2009 diesem Bereich des dualen Systems zuteilwer- etwa 2,5 Prozent nach Angaben von Nielsen der Mittel seine Rolle für die Herstellung von Öf- gen zur Sicherung des digitalen Zugangs. Die Media Research trotz der Finanz- und Wirt- fentlichkeit angemessen wahrnehmen kann«. Zur Landesmedienanstalten haben zudem Verfah- schaftskrise erneut das stärkste Wachstum aller Stabilisierung des dualen Systems forderte die rensrichtlinien für Plattformanzeigen entwickelt. Mediengattungen. Angesichts der weit ausein- Gesamtkonferenz der Landesmedienanstalten, anderklaffenden Brutto-Netto-Schere aber gin- Werbung solle nur noch privatwirtschaftlichen gen die Netto-Werbeerlöse insgesamt zurück. Programmanbietern erlaubt sein. Auf dieser Grundlage wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 eine Reihe von Verfahren durchgeführt. Dabei ging es zunächst dar- Auf Überlegungen der ProSiebenSat.1 Me- um, festzustellen, welche Unternehmen unter dia AG, die Kosten für die Nachrichten von die neue Plattformregulierung fallen. Betroffen Sat.1, ProSieben und kabel eins auf ein Drittel 36 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 37 PROGRAMMENTWICKLUNG ■ MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Die früher klare Trennung zwischen den P R O G R A M M E N T W I C K L U N G 3.1 Genehmigung von zu kürzen und den News-Kanal N24 gegebe- Programmtrends nenfalls zu verkaufen, reagierte die Direktoren- die Kosten- und Personalstruktur prägten die hen verstärkte sich der Trend zu fiktiven Doku- konferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Programmentwicklung im deutschen Fernseh- soaps, die wie Real-Live-Serien wirken sollen, am 1. März 2010 mit einem weiteren Positions- markt. Die ProSiebenSat.1 Media AG beispiels- in denen aber Laiendarsteller nach Drehbuch- Die ZAK beriet im Jahr 2009 über insgesamt 24 papier zum Thema »Nachrichtensendungen im weise senkte ihre Kosten 2009 nach eigenen vorgaben agieren. Das Konzept dieser soge- neue Anträge für Rundfunklizenzen und über privaten Rundfunk«. Es sei nicht in das Belie- Angaben um mehr als 200 Mio. Euro; die RTL nannten Scripted Series basiert darauf, dass 23 Anträge für Unbedenklichkeitsbescheinigun- ben privater Vollprogrammveranstalter gestellt, Group reduzierte im gleichen Zeitraum ihre Kos- einzelne Folgen nur einem groben Drehbuch gen von Telemedien. Im Vergleich zu 2008 (30 so die Position der DLM, »Nachrichtensendun- ten um insgesamt rund 300 Mio. Euro. folgen, die Laienschauspieler ihren Text impro- Anträge) ging die Zahl der Zulassungsanträge tionen im Genre Film. Bei den Serien und Rei- TV-Programmen visieren und möglichst natürlich auf Situationen erneut zurück, während sich die Zahl der Un- programmen bilden, entweder anzubieten oder Neuproduktionen, wiederholten Serien oder reagieren müssen. Deutsche Serien wurden von bedenklichkeitsbescheinigungen mehr als ver- einfach auf sie zu verzichten oder in wirtschaft- ersetzten aufwändige Formate durch preiswer- den privaten Programmanbietern für die Haupt- doppelte (2008: neun Anträge). Von den 19 mit lich schwierigen Zeiten die Budgets teilweise tere. So schaffte es keines der wenigen neuen sendezeit kaum noch in Auftrag gegeben. Lizenzen deutscher Landesmedienanstalten ge- sogar über die Einnahmeausfälle hinaus zu kür- Formate, sich unter den fünfzig erfolgreichsten zen«. Die Direktoren der Landesmedienanstal- Sendungen (jeweils ab zwanzig Minuten Länge) Programmplaner ist die Tatsache, dass neue zur Gruppe der Pay-TV-Spartenkanäle. Bei den ten kritisierten, dass der Nachrichtenumfang Fast alle TV-Programmanbieter verschoben Typisch für den enormen Erfolgsdruck der starteten TV-Programmen gehörten 2009 acht zu etablieren. Das Ranking der meistgesehenen Formate bei mäßigen Marktanteilen immer neuen Free-TV-Kanälen handelte es sich vor bei einzelnen Programmen teilweise halbiert Sendungen privatwirtschaftlicher Anbieter führ- häufiger nach nur wenigen Folgen eingestellt allem um lokale oder regionale Angebote. Die wurde oder Newssendungen auf Programm- ten mit jeweils mehr als zehn Mio. Zuschauern werden. Auffällig war im Programmjahr 2009 Anbieter von zwölf bundesweit sowie 13 lokal plätze nach Mitternacht verschoben worden sei- drei von RTL live übertragene Klitschko-Box- auch, dass gleich mehrere Castingformate fehl- oder regional ausgestrahlten TV-Programmen en. Den Inhalten einiger Nachrichtenformate kämpfe an. Insgesamt war RTL mit zwölf Bei- schlugen: RTL etwa verschob die Show »Missi- haben 2009 ihren Sendebetrieb eingestellt. Da- attestierten die Landesmedienanstalten, sie sei- trägen in den Top 50 der reichweitenstärksten on Hollywood« (mit Til Schweiger) nach der drit- bei handelte es sich bei den bundesweiten Zu- en »unter den Druck von Boulevardisierung und deutschen TV-Sendungen des Jahres 2009 ver- ten Folge vom Montagabendprogramm auf den lassungen um Body in Balance, Deutsches Ge- Selbstreferentialität geraten«. Das DLM-Positi- treten. Dazu zählten Folgen der Formate »Bau- Samstagnachmittag; die VOX-Show »Die Talent- sundheitsfernsehen (DGF), Discovery Geschich- onspapier regt an, über eine Form von Selbst- er sucht Frau«, »Wer wird Millionär ?« und »Das sucher« wurde bereits nach drei Folgen, die te, Comedy Central, e.clips (Der Entertainment verpflichtung nachzudenken, ordnungspoliti- Supertalent«. Sat.1 gelang in dem Ranking der Sat.1-Show »Mr. Perfect – der Männer-Test« nach Kanal), GIGA Digital, Hamsi TV, Hit 24, Kanal sche Anreizfaktoren zur Verbesserung der publi- Top 50 mit der Live-Übertragung des Cham- der fünften Ausgabe beendet. Außer Casting- 7 INT, TV Persia, tvt und Wein TV. Auf lokaler zistischen Qualität zu schaffen und die Begriffe pions-League-Spiels Barcelona gegen Bayern projekten probierten die Programmmacher auch beziehungsweise regionaler Ebene eingestellt »Vollprogramm« sowie »Information« im Rund- München nur eine Platzierung. Die erfolgreichs- eine Reihe von Koch- und Restaurantserien aus. wurden Altentreptower TV, Asklepios TV, Bay- funkstaatsvertrag zu konkretisieren. Außerdem te Sendung im Fernsehjahr 2009 war die Dis- Die meisten dieser neuen Sendungen aber stie- ern Journal, C-MAT Entertainment und Domning scheine für überwiegend zugelieferte Nachrich- kussion »TV-Duell«, bei der vor der Bundestags- ßen auf geringe Zuschauerresonanz. Media (beide im Mischkanal Berlin), FAB (Fern- ten »ein festgelegter Mindestaufwand mit Blick wahl Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr auf eine Referenzgröße (z. B. Minutenpreis; Pro- Herausforderer Frank-Walter Steinmeier um die medienethischen Gesichtspunkten von den Lan- sehen, Oskar TV, Saar TV, Stadtkanal Burg und zentsatz am Gesamtaufwand des Programms, Sympathie der Wähler kämpften. Die Diskussi- desmedienanstalten diskutiert. So wurden z. B. West-Sachsen TV. Der bayerische Anbieter En- Werbenetto o. Ä.) sinnvoll und praktikabel«. on wurde gleichzeitig von ARD, ZDF, RTL, Sat.1 die RTL-Sendungen »Erwachsen auf Probe« und semble am Chiemsee ist nur noch als Zuliefe- Für den Fall, dass eine Selbstverpflichtung der sowie Phoenix ausgestrahlt und erreichte 14,26 »Punkt 12« sowie ein Beitrag zum Bundesvisi- rer tägig. Außerdem stellte Bloomberg TV sein Anbieter scheitere, kündigte die DLM für den Mio. Zuschauer (42,5 Prozent Marktanteil). on Song Contest auf ProSieben hinsichtlich der deutschsprachiges Angebot ein. Nachrichtenbereich eine Richtlinie zur Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen an. Angesichts der sinkenden Werbeeinnahmen Einige Programmtrends wurden unter sehen aus Berlin), H-TV, Neckar-Randow Fern- Frage nach möglichen Verletzungen journalis- scheuten TV-Programmmacher 2009 häufig tischer Grundsätze und allgemeiner Programm- das Risiko kostenintensiver Projekte. Dies galt grundsätze von der Kommission für Zulassung insbesondere für aufwändige Auftragsproduk- und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) behandelt. 38 ALM Jahrbuch 2009/2010 ALM Jahrbuch 2009/2010 39 PROGRAMMENTWICKLUNG Die starken Einschnitte in MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG gen, die den »harten Kern« von Informations- ■ Verboten sind bezahlte Produktplatzierungen Abb. 7 hingegen bei Kinder- und Nachrichtensendun- TV-Sendestarts 2009 in Deutschland von Landesmedienanstalten zugelassene Angebote Programm Pay- / Free-TV Inhalt auto, motor und sport Channel Pay-TV Auto-Tests und -Reportagen Center TV Region Aachen Free-TV Regionalprogramm Aachen Die ZAK hat 2009 insgesamt in 23 Fällen ge- gen sowie Verbraucher- und Ratgeberformaten. prüft, ob Programm und Werbung den Bestim- Placements sind nur zulässig, wenn die redak- mungen entsprechend deutlich voneinander ge- tionelle Unabhängigkeit gewahrt bleibt und ein City Vision Free-TV Lokalfernsehen Mönchengladbach trennt waren. Schließlich wurden insgesamt 13 einzelnes Produkt »nicht zu stark herausgestellt« Deluxe Lounge HD Pay-TV Landschaftsbilder mit Musik Bußgeld- und Beanstandungsverfahren eingelei- wird. Außerdem müssen die Veranstalter Zu- ERF eins Free-TV Glaube und Kirche tet, und zwar gegen Bloomberg TV, DSF, kabel schauer über Product-Placements informieren, Fashion & Faces Free-TV Mischkanal Berlin/Mode und zwar im Fernsehen am Anfang und am En- havelland TV Free-TV Lokalfernsehen Falkensee waren noch 52 Verstöße gegen Werbe- und de einzelner Sendungen sowie nach allen Wer- HOPE Channel Free-TV Religiöse Themen Sponsoringregeln festgestellt worden. bepausen. Lokales Kulturprogramm Raum Magdeburg eins, n-tv, RTL II, Sat.1, 9Live und Dr.Dish. 2008 Im Einzelfall sind (vor allem bei Livesendun- Die Pflicht zur Kennzeichnung von Product- gen) die Grenzen zwischen im TV-Bild zu sehen- Placement gilt nicht nur für Eigenproduktio- den Marken sowie ihren Logos oder Emblemen nen, sondern auch für eingekaufte ausländische auf der einen und der bezahlten Vermischung kulturMD Free-TV LIGAtotal! IP-Pay-TV Fußballbundesliga LUST PUR Pay-TV Erotik-Spielfilme und -Serien MotorVision TV Pay-TV Auto, Motor, Verkehr, Motorsport, Reisen Nick Jr. Pay-TV Vorschulkinderprogramme Spielfilme oder Serien. Alle nach dem 19. De- NOA 4 – Hamburg 1 Free-TV Lokalfernsehen Hamburg, Norderstedt von werblichen und redaktionellen Inhalten auf zember 2009 hergestellten Auslandsproduktio- Ostthüringen TV Free-TV Regionalprogramm Raum Gera der anderen Seite häufig unscharf. Im Zuge der nen, wie zum Beispiel Hollywoodfilme, müssen Spiegel Geschichte Pay-TV Geschichte und Zeitgeschichte Anpassung des deutschen Rundfunkrechts an gemäß 13. RÄndStV von deutschen Programm- TNT Serie Pay-TV Internationale TV-Serien die Audiovisuelle Mediendiensterichtlinie der veranstaltern auf gegen Entgelt platzierte Pro- TV Bayern live Free-TV RTL-Regionalfenster für Bayern Europäischen Union (AVMD-Richtlinie) wurden dukte untersucht werden, um gegebenenfalls TV-Dortmund Free-TV Ausbildungs- und Erprobungsfernsehprogramm die Spielräume für das sogenannte Product- entsprechende Hinweise ausstrahlen zu kön- Placement auch in Deutschland erweitert. nen. Diese Kennzeichnungspflicht entfällt nur, PROGRAMMENTWICKLUNG Werbung Am 30. Oktober 2009 einigten sich die wenn nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelt Ministerpräsidenten der Bundesländer auf den werden kann, ob tatsächlich Product-Placement staltern, dass sie mit den Verbänden der werbe- 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV), bei einer Sendung zum Einsatz gekommen ist. treibenden Wirtschaft und der Produzenten zu 2009 eine Typologisierung der vorhandenen der neue Regeln für das bezahlte Platzieren In solchen Fällen ist das Publikum allerdings Produktplatzierungen einen verbindlichen Ver- Gewinnspiele vorgenommen und gemeinsam von Produkten in Fernseh- und Hörfunkpro- über den Umstand, dass dies nicht eindeutig haltenskodex vereinbaren.« mit Verbänden und Vertretern der Veranstalter grammen enthält. Der Vertrag trat am 1. Ap- ermittelt werden konnte, explizit aufzuklären. Zu Gewinnspielen im Hörfunk wurde im Jahr Modifikationsbedarfe entsprechend der Gewinnspielsatzung erörtert. Anders als im Fernsehbe- ril 2010 in Kraft. Deutschland setzte damit die Für die Landesmedienanstalten resultier- AVMD-Richtlinie mit einer Verspätung von drei te aus dem neuen Gesetzesrahmen Ende 2009 Monaten um. Die EU-Richtlinie bestätigt zwar die Herausforderung, unbestimmte Rechtsbe- im Grundsatz das zuvor geltende Verbot für griffe wie »leichte Unterhaltung« oder »zumut- Die Kontrolle von Gewinnspielen im Fernsehen sind hingegen Einzelgewinnspiele unterschied- Schleichwerbung, allerdings können die EU-Mit- barer Aufwand« für die tägliche Kontrollarbeit gehört zu den Bereichen, die für die Aufsicht lichster Ausprägung. Dementsprechend wurde gliedsstaaten für bestimmte Bereiche Ausnah- angemessen zu operationalisieren. Problema- eine wachsende Bedeutung spielen. Das zei- in Ergänzung zu den ersten Untersuchungen in men zulassen. Gemäß 13. RÄndStV dürfen pri- tisch bleibt in jedem Einzelfall auch die Frage, gen auch die statistischen Daten: Im Jahr 2009 2009 – die keine aufsichtlichen Maßnahmen vate Anbieter von TV-Programmen in eigenpro- wann ein einzelnes Produkt als »zu stark her- handelte es sich bei 67 von insgesamt 75 Pro- nach sich zogen – für den Jahresbeginn 2010 ei- duzierten Filmen, Serien und Sportsendungen ausgestellt« gilt. In einer Protokollerklärung der grammverstößen, die von der ZAK beanstandet ne umfassende Programmanalyse aller Landes- sowie anderen »Sendungen der leichten Unter- Ministerpräsidenten zum 13. RÄndStV heißt es: wurden, um Gewinnspiele. In 25 Fällen mussten medienanstalten für die von ihnen jeweils lizen- haltung« gegen Bezahlung Produkte platzieren. »Die Länder erwarten von den Rundfunkveran- anschließend Bußgelder gezahlt werden. zierten Hörfunkveranstalter vereinbart. 40 ALM Jahrbuch 2009/2010 3.3 Gewinnspiele reich bilden Gewinnspielsendungen im Hörfunk nach wie vor eher die Ausnahme, weit verbreitet ALM Jahrbuch 2009/2010 41 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG 3.2 3.4 Beratungsfernsehen zung von Gewinnspielen auf drei Stunden und mögliche Gewinnsummen, die Zahl der zur Ver- 2009 auf der Basis des 10. RÄndStV in Kraft ge- die Auflage, spätestens alle dreißig Minuten ei- fügung stehenden Studioleitungen sowie künst- tretene Gewinnspielsatzung der Landesmedien- nen Anrufer zur Nennung einer Lösung mit dem lich aufgebauter Zeitdruck. anstalten regelt, dass Gewinnspiele ohne Irre- Studiomoderator zu verbinden. Darüber hinaus führung nach klaren, für die Nutzer nachvoll- wurden die Landesmedienanstalten auch zu Gewinnspielsatzung vor allem, dass die ständi- hat nach Angaben des Deloitte-Technology-Fast- ziehbaren und verständlichen Regeln ablaufen Korrekturen für die Protokollierungs- und Nach- gen Hinweise auf Spielregeln und Teilnahmebe- 50-Ranking den Umsatz binnen fünf Jahren fast müssen. In Gewinnspielsendungen müssen alle weispflichten veranlasst. Für die vorgesehene dingungen den Programmfluss stoppten. Auch verdreifachen können. Beim Questico-Fernseh- 15 Minuten per Bildschirmeinblendungen die Regelung, für jeden Zeitpunkt des laufenden würden dadurch potenzielle Mitspieler abge- programm Astro TV melden sich pro Jahr etwa Teilnahmebedingungen bekanntgegeben wer- Spiels auch die Anzahl der Nutzer zu protokol- schreckt. Nach Recherchen der Financial Times 1,2 Mio. Ratsuchende, das entspricht mehr als den. Die Anbieter sollen weder künstlichen Zeit- lieren, fehlt aus Sicht der Richter ein rundfunk- Deutschland liefen bei 9Live in Folge der Regu- 3.000 Anrufern pro Tag. Im Juni 2009 erteil- druck aufbauen noch falsche Aussagen über gesetzlicher Zweck. Auch die Satzungsbestim- lierung durch die Gewinnspielsatzung allein bis te die ZAK der Questico AG eine Genehmigung die Gewinnchancen machen. Lösungen müs- mungen, die eine Animation zu wiederholter Juni 2009 etwa 1,7 Mio. Euro Verlust auf. Das für das Fernsehprogramm Kosmica TV, einem sen in einem für Zuschauer leicht zugänglichen Teilnahme ausschließen sollten, wurden für un- Gesamtvolumen von Call-in-Gewinnspielen in russisch- und polnischsprachigen Fernsehpro- Lexikon nachzuschlagen sein. zulässig erklärt, da die Vorschriften des Staats- Deutschland bezifferte eine im Auftrag der ZAK gramm mit Beratungssendungen zu den The- vertrags nicht der vorbeugenden Bekämpfung erstellte Studie der WIK-Consult GmbH auf etwa men Esoterik und Astrologie, die im September zung zu vermuten ist, werden von den jeweils der Spielsucht, sondern nur der Gewährleis- 255 Mio. Euro. Knapp die Hälfte des Gesamt- von der KEK bestätigt wurde. zuständigen Landesmedienanstalten der ZAK tung fairer und interessengerechter Spielabläufe umsatzes der Branche entfällt auf die Betrei- zur Entscheidung vorgelegt. Bei Missachtung dienten. Dass die Gewinnspielsatzung den Ver- ber von Telekommunikationsnetzen. Der Anteil medizinische Beratung, existieren beim Bera- der Vorschriften drohen den Veranstaltern Buß- anstaltern auferlegt, den Programmfluss inner- des Marktführers 9Live wurde auf etwa 40 Mio. tungsfernsehen in Bezug auf die Inhalte der gelder von bis zu 500.000 Euro. Grundsätzlich halb jeder Stunde insgesamt bis zu achtmal für Euro geschätzt. Nach Unternehmensangaben Ausführungen von Astrologen, Kartenlegern darf (laut RStV) der telefonische Höchsteinsatz Regelhinweise zu unterbrechen, wurde dagegen wurden 2009 bei 9Live pro Tag etwa 38.000 oder anderen Lebensberatern für die Medien- bei TV-Gewinnspielen und Gewinnspielsendun- nicht als eine unverhältnismäßige »Zerstücke- Gewinnspielnutzer registriert. 2008 hatte 9Live aufsicht keinerlei spezifisch rundfunkrechtli- gen nur fünfzig Cent betragen. Für den Mobil- lung« des Programms, sondern als Vorausset- über 125.000 Gewinne ausgespielt und mehr chen Einschränkungen. In einer Selbstverpflich- funkbereich weisen die Anbieter in der Regel zung für Transparenz beurteilt. Die Ende Februar Fälle, bei denen ein Verstoß gegen die Sat- Die TV-Programmanbieter kritisieren an der Der Marktführer im Bereich des so genannten Beratungsfernsehens, die Berliner Questico AG, Erfolgt weder eine juristische noch eine als zehn Mio. Euro an seine Zuschauer ausge- tung hatte die Questico AG zwar bereits 2008 Vor Inkrafttreten der Gewinnspielsatzung zahlt. Neben 9Live waren 2009 die wichtigsten festgelegt, dass sich Beraterinnen und Berater medienanstalten so lange geduldet wird, wie hatte die ZAK Anfang 2009 33 Verstöße ge- Veranstalter von TV-Call-in-Formaten DSF (»Das in offensichtlich akuten persönlichen Notfällen mit den öffentlich-rechtlichen Anbietern für die- gen die bis dahin freiwilligen Vereinbarungen Sport-Quiz«), Sat.1 (»Quiz Night«), ProSieben von Anruferinnen und Anrufern zurückhalten ses Problem noch keine gemeinsame Regelung für Gewinnspiele festgestellt. Auf der Grund- (»Night-Loft«) und kabel eins (»Nightquiz«). Aus und solchen Situationen ausweichen. Problema- gefunden ist. lage der neuen Satzung wurden erstmals im den Programmen Das Vierte und SuperRTL wur- tisch aber bleibt weiterhin die Kostenkontrolle. Juni 2009 Beanstandungs- und Bußgeldver- den im Rahmen von Programmrelaunches alle So erhält die versprochene Gratisberatung bei- gerichtshofes bestätigte am 28. Oktober 2009 fahren gegen 9Live, DSF, kabel eins, Sat.1 und Call-In-Formate gestrichen. spielsweise nur, wer zuvor seine Kontendaten die Gewinnspielsatzung in ihren wesentlichen Das Vierte eingeleitet. Im September verhäng- mitteilt. Kostenpflichtig bleiben auch solche An- Bestandteilen (Aktenzeichen: 7 N 09.1377). te die ZAK Bußgeldstrafen gegen Sat.1 (40 T€) rufe, bei denen Zuschauer nicht mit dem Mode- Auslöser des Verfahrens war ein Normenkon- und Das Vierte (12 T€). Bis Ende 2009 folgten rator im Studio verbunden werden. trollantrag des Programmanbieters 9Live. Der Bußgeldbescheide gegen 9Live (insg. 105 T€), Verwaltungsgerichtshof betonte, bei Gewinn- DSF (50 T€), Sat.1 (30 T€), kabel eins (10 T€) spielen dürften potenzielle Mitspieler nicht in und ProSieben (10 T€). Auslöser für die Verfah- die Irre geführt werden. Aufgehoben wurde von ren waren meist falsche oder irreführende Infor- den Richtern allerdings die zeitliche Begren- mationen über Spielregeln, anfallende Kosten, auf höhere Gebühren hin, was von den Landes- Der 7. Senat des Bayerischen Verwaltungs- 42 ALM Jahrbuch 2009/2010 PROGRAMMENTWICKLUNG ■ ALM Jahrbuch 2009/2010 43 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG Gewinnspielsatzung U N D 4.1 I N R U N D F U N K tutionen äußerten sich kritisch zu diesem TV- I N T E R N E T Die KJ M 4.2 Problemfelder im Rundfunk und vermeintlich pädagogisches Ziel einem Format. RTL strahlte die Sendungen im Juni und Realitätsschock ausgesetzt. Sie wurden von Er- Juli 2009 im Hauptabendprogramm aus. Vier ziehern und sogenannten Experten beobachtet jugendliche Paare wurden gezeigt, die sich ei- und kontrolliert, erhielten jedoch keine echte nen Monat lang um fremde Kinder verschiede- und umfassende Hilfe, beispielsweise von Ver- ner Altersstufen – von sieben Monaten bis 16 trauenspersonen aus ihrem familiären Umfeld. Jahren – kümmern sollten. Die Paare wohnten Die KJM prüfte die Sendung gemäß ihrem dabei in mit Überwachungskameras ausgestat- gesetzlichen Auftrag mit Blick auf die Einhal- Rundfunk dehnt sich von Jahr zu Jahr aus. Ne- teten Häusern. Ein Team, bestehend aus zwei tung des JMStV und das Wohl der jungen Zu- ben altbekannten Prüffällen, etwa gewalthalti- Erzieherinnen, einer Ärztin und einer Kinder- schauer. Es ist dagegen Aufgabe der nach dem gen Trailern im Tagesprogramm, Schönheits- psychologin, konnte augenscheinlich das Ge- Jugendschutzgesetz zuständigen Stellen, zu be- operationssendungen oder erotischen Spiel- schehen beobachten und bei Bedarf eingreifen. urteilen, ob das Wohl der an der TV-Produktion Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Die Bandbreite problematischer Angebote im als Aufsichtsinstanz über Rundfunk und Telemedien (s. a. Kap. F 5) – dahinter verbirgt sich weit mehr als die Kontrolle, ob ein Film in der richtigen Schnittfassung ausgestrahlt wird. Mit welchen gravierenden Medieninhalten die KJM filmen, die die Grenze zur Pornografie über- konfrontiert ist, zeigen die Abschnitte 4.2 und schreiten, wurde die KJM auch in diesem Jahr be« waren der FSF zur Prüfung vorgelegt wor- wurde. Um die Persönlichkeitsrechte von Klein- 4.3: Problemfelder in Rundfunk und Telemedien. mit der Prüfung von gänzlich neuen Forma- den. Die Folgen 1 bis 4 gab die FSF für das kindern zukünftig besser zu schützen, forder- ten konfrontiert. Darunter befand sich z. B. ein Hauptabendprogramm frei; die Folgen 7, 8 und ten die Jugendminister Anfang Juni 2009, bei rapider verändernden Medienwelt adäquat be- Werbespot für eine Mobiltelefon-Applikation, 9 für das Tagesprogramm. Die Folgen 5 und 6 der geplanten Novellierung des Jugendarbeits- Um den Anforderungen einer sich immer Alle Folgen des Formats »Erwachsen auf Pro- mitwirkenden Kinder und Jugendlichen verletzt gegnen zu können, überprüft die KJM kontinu- die den Todestag des Nutzers bestimmte, oder erhielten für das Tagesprogramm eine Freigabe schutzgesetzes ein Beteiligungsverbot an TV- ierlich die Beurteilungskriterien auf ihre Aktua- das Reality-Format »Erwachsen auf Probe«, mit Schnittauflagen. Produktionen von Kindern unter drei Jahren zu lität und überarbeitet sie ständig. Hinzu kommt, das als »Lebenshilfesendung« auftrat und in dass die enge Vernetzung der KJM mit der Län- dem gezeigt wurde, mit welchen Problemen dereinrichtung jugendschutz.net und der Bun- Teenager bei der Betreuung fremder Kinder nach intensiver Diskussion letztlich zu dem Er- Trailer im Tagesprogramm desprüfstelle für jugendgefährdende Medien zu kämpfen hatten (siehe unten). gebnis, dass bei der Ausstrahlung der Folgen 1 fasste sich in diesem Jahr unter anderem mit In den KJM-Sitzungen am 17. Juni 2009 berücksichtigen. und 15. Juli 2009 kamen die KJM-Mitglieder ■ Die KJM be- bis 7 weder eine Menschenwürdeverletzung ge- drei Trailern zu der auf ProSieben im Haupt- schutzverstoß, legt die entsprechende Landes- geben sei noch angesichts der Sendezeit nach abendprogramm ausgestrahlten Serie »Fringe«. Arbeitsgruppen und Austauschtreffen statt, in medienanstalt den Fall der KJM vor. Das zwölf- 20 Uhr eine Beeinträchtigung von Zuschauern Die Trailer waren im Tagesprogramm ausge- denen komplexe Prüffälle diskutiert und Grund- köpfige KJM-Plenum prüft abschließend und über zwölf Jahren vorliege. Bei der achten Fol- strahlt worden: Der Trailer zur Folge »Newstime satzfragen geklärt werden. entscheidet über die zu treffenden Maßnahmen. ge stellte die KJM zwar eine Entwicklungsbe- – Geburt« beispielsweise war als Beitrag einer (BPjM) eine einheitliche Spruchpraxis notwendig macht. Hierzu finden regelmäßig interne Besteht ein Verdacht auf einen Jugend- Die laufende Programmbeobachtung, die Vor- einträchtigung für unter 16-Jährige fest, die Fol- Nachrichtensendung inszeniert und mit drama- ten der privaten Rundfunksender und den bei- bereitung und die Umsetzung der KJM-Entschei- ge wurde jedoch, da die FSF ihren Beurteilungs- tischen, authentisch wirkenden Bildern – etwa den von ihr anerkannten Selbstkontrolleinrich- dungen sind Aufgaben der jeweils zuständigen spielraum nicht überschritten hatte, nicht bean- eines nackten, blutüberströmten Menschen – tungen Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen Landesmedienanstalt. standet. und Kommentaren untermalt. Erst der am En- Unabhängig davon übte die KJM jedoch de eingeblendete Schriftzug »Fringe« deutete an, »Erwachsen auf Probe«: Kinder und Ju- Kritik an der Anlage und den Produktionsbedin- dass es sich bei der Programmankündigung um gungen der Sendung und stufte sie als ethisch Werbung für eine fiktive Serie handelt. Bei Gesprächen mit Jugendschutzbeauftrag- (FSF) und Freiwillige Selbstkontrolle MultimediaDiensteanbieter (FSM) werden konträre Standpunkte verhandelt und gemeinsame Lösungen gendliche als Teil eines Experiments angestrebt. Frühjahr 2009 rief die umstrittene achtteilige 44 ALM Jahrbuch 2009/2010 ■ Im JUGENDSCHUTZ J U G E N D S C H U T Z und pädagogisch unverantwortlich ein. Säug- Auch der zweite Trailer vermischt – nach Real-Life-Serie »Erwachsen auf Probe« bereits linge wurden in der Serie für dramaturgische dem gleichen Konzept, aber bezogen auf ein im Vorfeld der Ausstrahlung ein großes öffentli- Effekte eingesetzt und die jugendlichen Teil- anderes Thema – Realität und Fiktion. Nach ches Echo hervor. Zahlreiche Politiker und Insti- nehmer mit Berufung auf ein oberflächliches Auffassung der KJM ist der Inszenierungscha- ALM Jahrbuch 2009/2010 45 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG 4 von Gleichaltrigen erstellt, d. h. die Anbieter sol- lisierten Inhalte im Tagesprogramm nicht. Da- und birgt zusammen mit den drastischen Bil- strahlung dieses Beitrags im Tagesprogramm cher Foren sind selbst häufig junge Betroffene. raufhin wurden im Rahmen einer Präsenzprü- dern die Gefahr, diese Altersgruppe nachhal- und der fehlende Eingriff der Moderatoren, Die genannten Angebote können geeignet sein, fung im März 2009 insgesamt 15 Teletextan- tig zu ängstigen. Die KJM-Mitglieder kamen zu nach dem ersten »Witz« weitere problematische die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gebote geprüft. Bis auf ein Angebot sahen die dem Ergebnis, die Ausstrahlung aller drei Trailer Aussagen dieser Art zu unterbinden, gab der oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortli- KJM-Prüfgruppen in allen Fällen Verstöße ge- aufgrund ihrer Ausstrahlung im Tagesprogramm KJM Anlass, diesen Beitrag der »Morningshow« chen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gen die Jugendschutzbestimmungen aufgrund als Verstoß gegen den JMStV zu bewerten. Der zu beeinträchtigen oder sogar zu gefährden. entwicklungsbeeinträchtigender Sexualdarstel- Beitrag wurde von der MA HSH beanstandet. Denn Heranwachsende unter 18 Jahren befin- lungen für unter 16-Jährige. Die sexualisierten als Verstoß gegen den JMStV zu bewerten. Hörfunk: Morningshows im Fokus der Prüfung ■ Nicht nur im Fernsehen, sondern auch im Radio werden bisweilen Inhalte aus- 4.3 Problemfelder bei Telemedien gestrahlt, die für bestimmte Altersgruppen nicht den sich in ihrer körperlichen und geistigen Ent- Inhalte der Teletexttafeln konnten Kinder und wicklung noch in einem Reifeprozess, bei dem Jugendliche unter 16 Jahren sozialethisch des- sich Wert- und Normvorstellungen, ebenso wie orientieren und somit in ihrer Entwicklung be- das Körperbild, erst herausbilden. Auf der Su- einträchtigen. Sexuelle Handlungen und Prak- geeignet sind. Unter den bisherigen Prüffällen Das Internet ist ein Medium, dessen Inhalte che nach Identifikationsmöglichkeiten, Verhal- tiken aus der Erwachsenenperspektive wurden aus dem Bereich Hörfunk befinden sich vor- weit über das hinausgehen, was im Fernsehen tens- und Lebensmodellen können sie durch in aufdringlichen Texten beworben und teilwei- wiegend sogenannte »Morningshows«, die für gezeigt wird. So hat die KJM anfangs in ihren derlei Internetangebote zur Entwicklung ent- se mit entsprechenden Pixel-Grafiken illustriert, die Tageszeit unangemessen sexualisierte oder Internetprüfverfahren zunächst den Schwer- sprechender Störungen oder selbstverletzenden die einen breiten sexuellen Erfahrungsfundus beleidigende Beiträge in ihrem Programm plat- punkt auf unzulässige Inhalte, d. h. auf schwere Verhaltensweisen animiert oder darin bestärkt voraussetzen. Die Darstellungen entsprachen zierten. In diesem Jahr prüfte die KJM auf Ini- Verstöße wie Pornografie, Posendarstellungen werden. tiative der zuständigen Landesmedienanstalt Minderjähriger oder rechtsextreme Inhalte ge- nicht dem Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen und konnten von ihnen nicht eingeordnet werden. Der sexualisierte, aufdringli- Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) unter legt. Seit einiger Zeit bewertet die KJM verstärkt Werbung für erotische Mehrwertdienste anderem den Beitrag eines regionalen Hambur- Internetseiten auch im Hinblick auf entwick- im Teletext ger Radiosenders, der durch die Ausstrahlung lungsbeeinträchtigende Inhalte und schafft so keit betrat die KJM im Jahr 2009 mit der Bewer- oder Verfremdung durch Zeichen noch gegeben fremdenfeindlicher Witze aufgefallen war. ein stärkeres Bewusstsein für diese Problematik tung von Telefonsexwerbung in den Teletext- und der verwendete Wortschatz als anzüglich angeboten privater Rundfunksender, die tags- einzustufen. Im Rahmen der Sendung trugen die im Internet. ■ Ein neues Feld in ihrer Prüftätig- che Charakter war trotz Begriffsverfremdungen Die Überprüfung ergab, dass die betreffen- Moderatoren zahlreiche Witze über Türken In den Telemedien beschäftigten sich vor, die man während des EM-Fußballspiels die KJM-Prüfer im Jahr 2009 deshalb zuneh- bar machten. Diese Angebote werden zwar über den Angebote frei zugänglich in der Zeit von 6 Deutschland:Türkei besser nicht erzählen solle. mend mit Internetforen. Viele von ihnen sind das Medium Rundfunk zugänglich gemacht, bis 22 Uhr, ohne Einhaltung von Zeitgrenzen Im Vorfeld und während der Sendung wurden auf jugendliche Zielgruppen zugeschnitten sind aber nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Rundfunk- oder Verwendung von technischen Mitteln (Zu- die Zuhörer aufgefordert, solche Witze einzu- und dementsprechend besonders jugendaffin staatsvertrag (RStV) als Telemedien definiert. gangssperren), verbreitet wurden. Da die Tele- senden. Die Aufforderung bezog sich auch auf und interaktiv gestaltet. Problematisch sind et- Bei einer Stichprobe Anfang 2009 zeigte medienanbieter Mitglieder der FSM sind, fand Witze über Deutsche. Außerdem wurde von wa »Pro-Ana-Foren«, »Sauf-Foren«, »Ritzer-Sei- sich, dass sich beinahe alle privaten Fernsehan- in diesem Zusammenhang erstmals die Bestim- Seiten der Moderatoren immer wieder betont, ten« oder »Suizid-Foren«, in denen Essstörungen, bieter nicht an die Vereinbarung mit der KJM mung des § 20 Abs. 5 JMStV Anwendung: Laut über teilweise stark sexualisierte Inhalte abruf- sich für »Frieden und Völkerverständigung« ein- Alkoholmissbrauch, Selbstverletzungen oder vom Januar 2008 hielten, entsprechende ju- Verfahren der regulierten Selbstregulierung zusetzen. Zunächst hatten die vorgetragenen Selbstmord positiv dargestellt und befürwortet gendschutzrelevante Teletextangebote nur noch muss sich zunächst die Selbstkontrolle mit den Witze einen klar erkennbaren satirischen Cha- werden und in denen sich die Nutzer gegensei- in der Zeit von 22 bis 6 Uhr anzubieten. Auch Fällen befassen. Die FSM kam zu dem Ergebnis, rakter. Gegen Ende der Sendung wurde jedoch tig in ihren Störungen bzw. Selbstverletzungen nachdem der KJM-Vorsitzende in einem Brief dass keine problematischen Inhalte gegeben ein Anrufer durchgestellt, dessen Witze u. a. bestärken. daraus bestanden, tödliche Autounfälle von Türken mit bekannten Werbesprüchen aus der 46 ALM Jahrbuch 2009/2010 Solche Angebote werden nicht nur stark von Jugendlichen genutzt, sondern oft auch JUGENDSCHUTZ Automobilbranche zu kommentieren. Die Aus- an die Veranstalter angekündigt hatte, nach seien oder mittlerweile von den Anbietern Ab- Ablauf einer einwöchigen Frist Prüfverfahren hilfe geschaffen worden sei, sodass kein Hand- einzuleiten, entfernten die Anbieter die sexua- lungsbedarf mehr bestehe. Die Entscheidungen ALM Jahrbuch 2009/2010 47 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG rakter für jüngere Kinder kaum durchschaubar der FSM werden in der KJM derzeit überprüft. JMStV zu überprüfen, und hierzu im April 2009 ten. Start des Modellversuchs war der 1. April Die KJM kann jedoch nur dann Maßnahmen einen Bericht vorgelegt. 2005, anschließend wurde er gemäß den An- se üblicherweise nicht wahrnehmen. Im analo- trägen von JusProg fünfmal verlängert, zuletzt gen Rundfunk wird diese Vorgabe durch Sen- KJM eine Positivbewertung erhalten hatten, als durch Beschluss der KJM in ihrer Sitzung am 1. dezeitgrenzen geregelt, während im digitalen auch Systeme, die die KJM bislang nicht geprüft April 2009 in München, in welchem die KJM ei- Rundfunk und im Internet der Einsatz von tech- hat. Die Recherche der nur exemplarischen ner Verlängerung des Modellversuchs um wei- nischen Mitteln verhindern soll, dass entwick- über Satellitenfernsehen verbreitete Erotikan- Auswahl zeigte bereits eine Reihe grundsätzli- tere zwölf Monate bis 31. März 2010 zustimmte. lungsbeeinträchtigende Inhalte für alle Alters- gebote, die frei über Astra zugänglich sind und cher Probleme im Hinblick auf die tatsächliche raums überschreiten. Im September 2009 prüfte die KJM sechs Seit Mai 2009 häuften sich jedoch öffent- unverschlüsselt 24 Stunden täglich ausgestrahlt Überprüfbarkeit derartiger technischer Jugend- liche Vorwürfe gegenüber JusProg, wonach es werden. Darin werden verschiedene kosten- schutzsysteme auf. Daneben wurden einige zu einem ungerechtfertigten Overblocking ins- stufen zugänglich sind. Im Dezember 2009 hat die KJM erstmals eine Teillösung für ein technisches Mittel posi- pflichtige Erotikdienstleistungen angeboten, z. B. Defizite bei der Umsetzung in konkreten Fällen besondere von parteipolitischen und journalis- tiv bewertet. Das Identifizierungsmodul »Schufa die Zusendung von pornografischen bzw. eroti- festgestellt. Daher trat die KJM an die verant- tischen Internetangeboten kam. Überprüfungen Identitätscheck Premium« der Schufa Holding schen Bildern oder Videos per SMS oder An- wortlichen AVS-Betreiber heran und forderte sie im KJM-Prüflabor bei jugendschutz.net bestä- AG kann von Anbietern als Zugangskontrolle ruf. Beworben werden die Dienstleistungen mit auf, unzureichend umgesetzte AVS den gesetzli- tigten dies. Insgesamt diskutierte die KJM über bei entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten wechselnden Standbildgrafiken, die aus Text chen Anforderungen konform auszugestalten. einen längeren Zeitraum hinweg sehr kritisch für unter 18-Jährige eingesetzt werden. Hier- und Fotografien bestehen und mit Musik un- über die Entwicklung des Modellversuchs. Im bei wird als Grundlage für den Altersnachweis Herbst 2009 entschied die KJM schließlich, den einer Person auf denselben Schufa-Datensatz terlegt sind. Bewegtbilder oder Moderationen Jugendschutzprogramme kommen nicht vor. Die Prüfgruppe sah bei allen Jugendschutzinstrument für entwicklungsbe- Modellversuch mit JusProg nach dessen Ende zurückgegriffen, der auch für das von der KJM sechs Fällen eine Entwicklungsbeeinträchtigung einträchtigende Angebote in Telemedien hat nicht mehr zu verlängern. bereits im September 2005 positiv bewerteten ■ Als spezielles Im Februar 2009 initiierte der Bundesbeauf- Identifizierungsmodul für geschlossene Benut- für unter 18-Jährige, d. h. einen Verstoß gegen der JMStV die Jugendschutzprogramme (§ 11 § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und 4 JMStV, als gege- JMStV) eingeführt. Jugendschutzprogramme ba- tragte für Kultur und Medien (BKM) einen »Run- zergruppen (»Identitäts-Check mit Q-Bit«) herangezogen wird. ben an. Der Anbieter der geprüften Angebote sieren in der Regel auf Filtersystemen, die über den Tisch Jugendschutzprogramme«. Die Zusam- hat seinen Sitz im Ausland. Es existiert jedoch Sperrlisten oder automatische Klassifizierungs- menarbeit von Politik, Medienaufsicht, Selbst- ein deutscher Ansprechpartner mit Sitz in Nie- verfahren problematische Inhalte blockieren. kontrolleinrichtungen, der Internetbranche (In- Sperrungsverfügungen gegen Access- dersachsen. Die Anhörung durch die zuständige Sie können vom Anbieter entweder program- halteanbieter, Access-Provider etc.) und weiteren Provider tag mit den Stimmen der großen Koalition den ■ Am 18. Juni 2009 hat der Bundes- Niedersächsische Landemedienanstalt (NLM) miert oder vorgeschaltet werden und müssen Medienunternehmen und -verbänden soll eine erfolgt an diesen deutschen Ansprechpartner. einen nach Altersstufen differenzierten Zugang Gesamtlösung für ein Jugendschutzprogramm überarbeiteten Gesetzesentwurf zum Access- ermöglichen. Zudem müssen Jugendschutz- hervorbringen. Im Laufe des Jahres wurden meh- Blocking im Kampf gegen die Verbreitung von programme von der KJM anerkannt sein. Die rere Arbeitsgruppen einberufen, um im kleine- Kinderpornografie über das Internet beschlos- beschäftigte sich in diesem Jahr intensiv mit KJM hat in den letzten Jahren Eckwerte entwi- ren Kreis spezielle Fragen zur Ausgestaltung der sen. Das Gesetz mit dem Titel «Gesetz zur Er- der Frage der Umsetzung von Altersverifikati- ckelt, die die gesetzlichen Vorgaben für Jugend- verschiedenen Elemente eines Jugendschutzpro- schwerung des Zugangs zu kinderpornografi- onssystemen (AVS) zur Sicherstellung von ge- schutzprogramme konkretisieren. Sie hat Vor- gramms aufzuarbeiten. Seitens des BKM kann schen Inhalten in Kommunikationsnetzen» (Zu- Geschlossene Benutzergruppen ■ Die KJM schlossenen Benutzergruppen in der Praxis. Das aussetzungen für die Zulassung von Modellver- auf wichtige Vorarbeiten, die in Modellversu- gangserschwerungsgesetz – ZugErschwG) sollte bei jugendschutz.net angesiedelte Prüflabor der suchen erarbeitet und Meilensteine für deren chen und von Seiten der KJM in der Vergangen- zunächst auf drei Jahre (bis 31. Dezember 2012) KJM hatte Ende 2008 erstmals eine Recherche Verlauf konzipiert. heit gesammelt wurden, zurückgegriffen werden. zu ausgewählten AVS durchgeführt, um die Ein- Im November 2004 beschloss die KJM die befristetet werden. Das Gesetz sieht vor, dass das Bundeskriminalamt täglich eine Sperrliste haltung der KJM-Eckwerte und der gesetzlichen Zulassung von »jugendschutzprogramm.de« des Technische Mittel Anforderungen zur Sicherstellung von geschlos- Vereins JusProg e.V. zum Modellversuch gemäß lungsbeeinträchtigenden Inhalten müssen gem. erstellt. Versuchen Internetnutzer, dort geliste- senen Benutzergruppen gem. § 4 Abs. 2 S. 2 § 11 Abs. 6 JMStV für die Dauer von 18 Mona- § 5 Abs. 1 JMStV dafür sorgen, dass Kinder und te Seiten aufzurufen, sollen sie zu einer Stopp- 48 ALM Jahrbuch 2009/2010 ■ Anbieter von entwick- JUGENDSCHUTZ die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspiel- Es wurden sowohl AVS getestet, die von der mit kinderpornografischen Internetangeboten ALM Jahrbuch 2009/2010 49 MEDIENPOLITIK UND REGULIERUNG ergreifen, wenn die Entscheidungen der FSM Jugendliche der betroffenen Altersstufe die- meldung umgeleitet werden. Alle Zugangs- von ihm angestrebten Zwecks könne bereits anbieter mit mindestens 10.000 Teilnehmern dann bejaht werden, wenn dieser durch die Re- müssten die Liste innerhalb weniger Stunden gelung zumindest gefördert werde. Dies treffe und zumindest auf Ebene des Domain Name hier zu, da die Verfügbarkeit pornografischer Systems (DNS) implementieren. Ausgenommen Angebote durch die gesetzlich vorgeschriebe- sind Provider, die keine öffentlichen Internetzu- ne Sicherstellung wenigstens verringert werde, gänge vermitteln und selbst vergleichbar wirk- hieß es in der Begründung. same Sperrmaßnahmen einsetzen. Aufgrund der neuen politischen Verhältnisse nach der Bundestagswahl 2009 hat sich das Ausblick ■ Problematische Darstellungen von Gewalt und Sexualität sind nichts Neues – neu weitere Vorgehen jedoch geändert: Aus dem sind die Zugangswege, unter denen insbeson- Entwurf des Koalitionsvertrags von CDU/CSU dere das Internet einen unkomplizierten und und FDP geht hervor, dass die Anwendung unbeschränkten Zugriff erlaubt. Der Jugend- des ZugErschwG in der vorgesehenen Form, medienschutz versucht, Schranken zu instal- insbesondere die Übermittlung der Sperrlis- lieren, um die Menge an schädlichen Inhalten te des BKA an die betroffenen Access-Provider, – angefangen bei pornografischen Comics über zunächst für ein Jahr ausgesetzt werden soll. gewalthaltige Computerspiele bis hin zu Ent- Positiv zu sehen ist, dass nun vorrangig die Lö- hauptungsvideos – einzudämmen und dadurch schung kinderpornografischer Inhalte »an der Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung Quelle« betrieben werden soll. zu stärken. Die Folgen dieser medialen Flut für Kinder ungeeigneter Inhalte sind z. B. eine Rechtssprechung ■ In seinem Beschluss vom 24. September 2009 lehnte das Bundesverfas- Sexualisierung der jugendlichen Lebenswelt, in der Porno-Rap längst Einzug gehalten hat und sungsgericht mehrere Verfassungsbeschwerden Frauen verachtende Liedtexte musikalischer zum Verbreitungsverbot pornografischer Inhal- Alltag sind. Die KJM setzt sich sowohl in der te an Minderjährige zur Entscheidung ab. Diese Prüfpraxis als auch in ihrer Öffentlichkeitsar- genügten nicht den Begründungsanforderun- beit mit diesen Themen auseinander: Bei einer gen und seien daher unzulässig. Die Beschwer- Tagung diskutierten Experten den Einfluss por- deführer hatten gerügt, dass das gesetzliche nografischer und gewalthaltiger Rap-Texte auf Verbot pornografischer Internetangebote au- die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen; ßerhalb geschlossener Benutzergruppen gegen das KJM-Panel im Rahmen der Medientage den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Be- München stand unter dem Titel »Fesselsex statt stimmtheitsgebot verstoße. Die Richter sahen Flaschendrehen – Was ist dran am Medienphä- das anders: Ihrer Auffassung nach schützt das nomen der sexuellen Verwahrlosung?« und im Gesetz gerade durch das Verbot pornografischer Dezember lud die KJM zur Fachtagung »Identi- Internetangebote außerhalb geschlossener Be- tät Krieger? – Junge Männer in mediatisierten nutzergruppen Minderjährige vor eventuellen Lebenswelten« ein. negativen Einflüssen derartiger Darstellungen. Die Eignung eines Gesetzes zur Erreichung des 50 ALM Jahrbuch 2009/2010