Stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrags mit

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Stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrags mit
Stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrags mit
widerspruchsloser Entgegennahme eines tieferen
Lohns?
(Urteil des Bundesgerichts 4A_443/2010)
Der argentinische Profifussballer
Im Juli 2001 schloss ein argentinischer Berufsfussballer mit einem schweizerischen Fussballclub einen Arbeitsvertrag für den Zeitraum 2001 bis 2005.
Schriftlich wurde vereinbart, dass in der ersten Saison ein Grundlohn von monatlich CHF 15‘000 auszubezahlen ist. Für die Folgejahre wurde vertraglich
fixiert, dass der Monatslohn im zweiten Jahr CHF 18‘750, im dritten Jahr
CHF 45‘000 und im letzten Jahr CHF 48‘750 beträgt.
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Wegen Verletzungen konnte der Fussballer die erhoffte Leistung nicht erbringen. Nachdem der Spieler nicht mehr in der ersten Mannschaft des Fussballclubs zum Einsatz kam, wurde er im Jahr 2004 an einen anderen Fussballclub
ausgeliehen. Sein Betreuer und Spielvermittler unterzeichnete eine schriftliche
Vereinbarung, in welcher festgehalten wurde, dass während der Dauer der
Ausleihe ein Salär von CHF 16‘000 ausbezahlt werde. In der nachfolgenden
Saison spielte der Fussballer wieder für die Arbeitgeberin. Ihm wurde hierfür
ein monatlicher Bruttolohn von CHF 25‘200 nebst Spesen ausbezahlt.
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Später verlangte der Fussballer Lohnnachzahlungen vom Fussballclub. Sein [email protected]
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Anwalt machte dabei geltend, dass die Vereinbarung aus dem Jahr 2004 nicht Eingetragen im Anwaltsregister
gültig sei, weil diese nur vom nicht vertretungsbefugten Spielervermittler, nicht
aber vom Fussballspieler selbst unterzeichnet worden sei. Massgebend sei
deshalb der Vertrag aus dem Jahr 2001 und es bestehe ein Manko von CHF
400‘000. Da der Fussballclub nicht zur Zahlung bereit war, kam es zur gerichtlichen Auseinandersetzung, welche erst mit dem Urteil des Bundesgerichts vom
26. November 2010 (4A_443/2010) ein Ende fand. Das Bundesgericht wies die
Beschwerde des Fussballers mit folgender Argumentation ab:
Abänderung von Verträgen
Gemäss Art. 1 und Art. 2 Abs. 3 OR ist zum Abschluss bzw. der Abänderung
eines Vertrages die übereinstimmende gegenseitige Willenserklärung der Parteien erforderlich. Eine solche kann vorbehaltlich gesetzlicher oder vertraglicher
Formvorbehalte auch stillschweigend bzw. durch kon-
kludentes Verhalten erfolgen. Für den Einzelarbeitsvertrag bedarf es grundsätzlich keiner besonderen Form (Art. 320 Abs. 1 OR). Er kann daher mündlich
oder durch konkludentes Verhalten geschlossen oder abgeändert werden. Dies
gilt auch für eine Abänderung des verabredeten Lohns.
Ist für einen Vertrag, für welchen keine gesetzlichen Formvorschriften bestehen, die Anwendung einer solchen vereinbart worden, so wird vermutet, dass
die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen (Art. 16
Abs. 1 OR). Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts wird eine solche
Vermutung aber umgestossen, wenn die Parteien die vertraglichen Leistungen
trotz Nichtbeachtung der Form vorbehaltlos erbringen und entgegennehmen.
Mit andern Worten wird in solchen Fällen ein konkludenter Verzicht auf den
Formvorbehalt angenommen
Zustimmung zur vorgeschlagenen Abänderung durch Stillschweigen?
Wenn wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen
eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten ist, gilt Stillschweigen als Zustimmung zu einem Antrag, wenn ein solcher nicht innert angemessener Frist
abgelehnt wird (Art. 6 OR). Von einer stillschweigenden Zustimmung des Arbeitnehmers kann nur ausgegangen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, unter denen der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben gehalten ist, eine
mögliche Ablehnung ausdrücklich zu erklären. Ist für den Arbeitnehmer erkennbar, dass der Arbeitgeber von seinem (stillschweigenden) Einverständnis ausgeht und andernfalls bestimmte Massnahmen ergreifen oder gar eine Kündigung aussprechen würde, sieht das Bundesgericht hierin solche besonderen
Umstände. Der Arbeitnehmer muss deshalb seine Ablehnung der vorgeschlagenen Lohnkürzung innert angemessener Frist zum Ausdruck zu bringen. Die
Arbeitgeberin bringt nämlich mit der Auszahlung des gekürzten Lohns ihrerseits
zum Ausdruck, dass sie von einer stillschweigenden Zustimmung des Arbeitnehmers zur Lohnkürzung ausgeht. Das Bundesgericht betrachtete bereits in
einem früheren Entscheid die widerspruchslose Annahme eines gekürzten
Lohns während einer festen sechsmonatigen Vertragsdauer als konkludente
Zustimmung, obwohl der Arbeitnehmer einen ihm vor Arbeitsantritt unterbreiteten neuen Vertrag, der die Lohnkürzung enthielt, nicht unterzeichnet hatte (Urteil 4C.242/2005).
Widerspruchslose Entgegennahme als konkludente Zustimmung
Im vorliegenden Urteil gelangte das Bundesgericht zum Ergebnis, der Fussballer wäre nach Treu und Glauben gehalten gewesen, der Arbeitgeberin innert
angemessener Frist mitzuteilen, dass er die Vertragsänderung nicht akzeptieren wolle. Weil er während mehr als sechs Monaten den herabgesetzten Lohn
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widerspruchslos entgegengenommen hat, wurde sein Verhalten vom Bundesgericht als konkludente Zustimmung zur Vertragsänderung qualifiziert. Die
beidseitige Umsetzung des Vertrags über längere Zeit betrachtete das Bundesgericht als stillschweigenden Verzicht auf die vertraglich vorbehaltene Schriftform.
«Reden ist Silber, Schweigen ist Gold» gilt nicht uneingeschränkt. Obschon die
konkludente Zustimmung zu einer Vertragsänderung eher den Ausnahmefall
bildet, zeigt das Bundesgerichtsurteil auf, dass es gewisse Lebenssituationen
erfordern, in nachweisbarer Form zu widersprechen, wenn man nicht einverstanden ist.
31.10.2011
lic. iur. Raphael Weiss
Rechtsanwalt
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