Alternative - Feierabend
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Warum wurden die beiden Begriffe im Rentenrecht dann abgeschafft, da doch die Unterscheidung einleuchtend und auch klar ist? Knackpunkt war die Rente wegen Berufsunfähigkeit. Sie war bis 2000 ein relativ sicherer Weg in den Vorruhestand und erlaubte gleichzeitig noch, Geld dazuzuverdienen. Dieses Renten-Schlupfloch wollte die Politik grundsätzlich schließen. Und was gilt seitdem, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so arbeiten kann? Seit 2001 gibt es nur noch den Begriff der teilweisen bzw. der vollen Erwerbsminderung. Damit wird beschrieben, ob man eine Erwerbstätigkeit noch teilweise oder ganz ausüben kann. Welche Voraussetzungen gelten für Erwerbsminderung? Teilweise erwerbsgemindert ist, wer wegen einer Krankheit nicht länger als 6 Stunden, aber mindestens 3 Stunden täglich arbeiten kann. Voll erwerbsgemindert wiederum ist, wer nicht länger als 3 Stunden täglich irgendeine berufliche Tätigkeit ausüben kann. Ist denn das neue Recht „schlechter“ als das alte? Ja. Denn beim Beurteilen, ob jemand erwerbsgemindert ist oder nicht, spielt lediglich die Fähigkeit eine Rolle, irgendetwas arbeiten zu können. Es spielt aber keine Rolle mehr, welchen Beruf man vorher hatte oder ob mit der bisherigen Tätigkeit ein bestimmter Lebensstandard, ein bestimmtes Einkommen oder eine gesellschaftliche Stellung erreicht wurde. Ein Beispiel: Eine Lehrerin mit Burn-out (Belastung und Stress wegen Unterricht und Kindern) kann sehr Die clevere Alternative Wer gesundheitlich eingeschränkt ist, nicht mehr arbeiten kann, erhält eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Stimmt! Doch daneben gibt es für viele über 50 die viel bessere Rente wegen Berufsunfähigkeit, was viele nicht wissen. wohl Grünanlagen reinigen. wissen dies nicht. Und die Rentenkasse weist auf diese MögWelche Folgen hat dies? Dass jeder gute Facharbeiter, lichkeit auch eher selten hin. der im Beruf nicht mehr ar- Kann man sich die Rente eibeiten kann, sei es wegen Rü- gentlich dann aussuchen? ckenschmerzen, Allergie oder Ja. Auch das ist ein Vorteil. Burn-out, immer noch zum Wie viel darf man mit einer Nachtpförtner taugt, wenn noch Berufs- bzw. Erwerbsunfäein Arbeitsvermögen von 3 Stun- higkeitsrente eigentlich hinden vorhanden ist. Und dabei zuverdienen? ist es auch noch egal, ob es eine Relativ viel. Bei teilweiser Rensolche Stelle am Arbeitsmarkt te wegen Erwerbsminderung als überhaupt gibt oder nicht. Vollrente immerhin 1.811,25 Euro (West) und 1.606,85 Euro Gibt es auch Ausnahmen? Ja. Wer noch min(im Osten). destens drei StunImmer wieder hört man, dass den erwerbstätig das Arbeitsamt sein kann und Berufsunfähige gleichzeitig arauch auf anbeitslos ist (also dere Jobs vernicht aus dem Nur wer vor weist, sodass Beruf erwerbsdiesem Tag geboren ist, also keine Arbeitsgemindert wird), am 1. 1. 1961 und losigkeit und kann eine Rente früher, kann die damit kein Renwegen voller ErSonderregeln tenanspruch werbsminderung der Rente wegen (siehe oben) bekommen, wenn Berufsunfähigkeit vorliegt. es keinen Teilzeitnoch nutzen. arbeitsplatz gibt. Das stimmt. Aber Was bedeutet wer vor 1961 gedann Vertrauboren ist, sollte ensschutz beim Erwerbsminhier auf das eigene Recht poderungsrecht? chen, vor allem dann, wenn eine Das ist ein entscheidender Berufsunfähigkeit, also nur die Punkt: Wer vor dem 2. Januar Unfähigkeit besteht, im bishe1961 geboren ist, bekommt eine rigen Beruf zu arbeiten. NaRente wegen teilweiser Erwerbs- türlich versuchen die Arbeitsminderung bei Berufsunfähig- agenturen, andere Arbeitsplätze keit, wenn im angestammten Be- anzubieten. Doch das Verweisen ruf nur noch weniger als sechs auf diese Jobs ist nicht so einfach Stunden täglich gearbeitet wer- möglich wie bei allen, die 1961 den kann, in einem anderen Be- und danach geboren wurden. ruf aber mehr. Der Vorteil: Man Werden Erwerbsminderungserhält eine Rente, obwohl man und Berufsunfähigkeitsrennoch arbeitet. Auf diese Weise ten eigentlich gekürzt? kann man zum Beispiel Einkom- Ja. Das Bundesverfassungsmensverluste ausgleichen, die gericht (BVerfG, Az. 1 BvR man hinnehmen musste, weil 3588/08, 1 BvR 555/09) hat man nicht mehr im angestamm- endgültig erlaubt, dass diese ten Beruf arbeitet. Doch viele Renten gekürzt werden, wenn Stichtag: 2. 1. 1961 Foto: plainpicture S eit wann gibt es den Unterschied zwischen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit? Bis 2001 trennte die Rentenkasse zwischen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Seitdem gilt für alle „Erwerbsminderung“ als Schlüsselbegriff. Aber – und das ist der springende Punkt: Das gilt nur für alle, die nach 1961 geboren sind. Für alle, die vor 1961 auf die Welt kamen, gibt es noch zahlreiche Ausnahme-Regeln. Und das heißt? Dass alle, die vor dem 2. 1. 1961 geboren sind, im Prinzip wählen können, ob sie eher eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder eine wegen Erwerbsminderung beanspruchen, wenn sie gesundheitlich eingeschränkt sind. Was haben Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit und die Erwerbsminderung gemeinsam? Alle drei Begriffe bezeichnen das Unvermögen, einer Berufstätigkeit bzw. einer Erwerbsarbeit so nachzugehen, wie es gesunde Arbeitnehmer tun können. Warum gibt es keinen einheitlichen Begriff? Weil jeder dieser drei Begriffe extra sie vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden. Ist denn ein erlernter Beruf (Ausbildung) die Voraussetzung für eine BU-Rente? Das ist rentenrechtlich nicht genau definiert. Das heißt, man kann eine BU-Rente auch erhalten, wenn man einen Beruf erlernt hat, aber viele Jahre in einem verwandten oder anderen Beruf arbeitete. Aber das Landessozialgericht Halle hat vor einigen Jahren auch entschieden, dass Angelernte keinen Anspruch auf eine BU-Rente haben, selbst wenn sie lange zum Teil in einem Facharbeiterberuf gearbeitet haben (LSG Halle, Az. L 3 R 510/06). Wer legt denn eigentlich fest, ob man berufsunfähig oder erwerbsgemindert ist? Der Medizinische Dienst der Rentenkasse. Allerdings berücksichtigt dieser immer auch ärztliche Gutachten, die man als Betroffener einreicht. Deshalb kann jeder über die Gutachten des eigenen Haus- oder Facharztes Einfluss darauf nehmen. Wichtig dabei ist, dass der eigene Arzt nicht auf „Berufsunfähigkeit“ oder „Erwerbsminderung“ plädiert, sondern schildert, warum man bestimmte Dinge des bisherigen Berufs nicht mehr ausüben kann bzw. warum die gesundheitlichen Einschränkungen keine bestimmte Stundenzahl pro Tag irgendeine Tätigkeit erlauben. Hohes Risiko So hoch ist die Gefahr, in diesen Berufen berufsunfähig zu werden: Gering Architekt, Volks- oder Betriebswirt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Psychologe Normal Bank- und Bürokaufmann, Verwaltungs- und Finanzbeamter, Programmierer, Heilpraktiker Erhöht Erzieher, Friseur, Telefonist, Verkäufer, Bautechniker Besonders hoch Altenpfleger, Bäcker, Berufssoldat, Elektriker, Gärtner, Maler und Lackierer, Polizist Quelle: GDV 52 Dachdecker Häufig erwerbsunfähig Anteile der Rentner, die wegen Erwerbsunfähigkeit in Ruhestand gingen 41 40 Krankenpfleger Schlachter Angaben in Prozent 38 Tiefbauer 38 Maurer 37 Maler 36 Sozialarbeiter 7 / 2012 Quelle: map-Report Mit freundlicher Genehmigung von Einfach mehr vom Leben 11