Regierungspräsidium Karlsruhe - Referat 55
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Regierungspräsidium Karlsruhe - Referat 55
Regionalverband Nordschwarzwald Regierungspräsidium Karlsruhe - Referat 55 Herrn Dr. Aly 76247 Karls ruhe 19.01.10 Fo rs tre chtliche Aus g le ichs maßnahme n im Naturs chutzg e bie t „Eyac h- und Ro tenbachtal Be freiung von den Vo rs chriften de r Schutzg e bie ts ve ro rdnung Sehr geehrter Herr Dr. Aly, der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V. (LNV) dankt für die Zusendung der Unterlagen zum oben genannten Verfahren und die damit verbundene Möglichkeit, sich hierzu zu äußern. Diese LNV-Stellungnahme erfolgt zugleich im Namen aller nach § 67 NatSchG anerkannten Naturschutzverbände Die Schutzgemeinschaft Eyachtal (Vorsitzender P. Kreisz), die sich seit Jahrzehnten für den Schutz und die Entwicklung des Eyachtals engagiert, hat sich mit der Planung kritisch auseinandergesetzt und folgende Hinweise geliefert, denen wir uns anschließen. Wir möchten auch anmerken, dass eine Einbeziehung der Naturschutzverbände und insbesondere der vor Ort tätigen „Schutzgemeinschaft Eyachtal“ in die Maßnahmenplanung wünschenswert gewesen wäre. Dies wäre auch zum derzeitigen Zeitpunkt noch sinnvoll - insbesondere was die Ausführung der Maßnahmen im Detail anbelangt. Allg e me ine s : Text und Karten sind schwer lesbar, und die Zuordnung der Einzelmaßnahmen ist mühsam und zeitaufwändig. In den Karten ist der Verlauf der Eyach und auch der Fahrstraße oft nur indirekt zu erkennen; in der Legende ist die Eyach gar nicht vorgesehen. Die vorliegenden Planungen haben primär das Ziel, Flächen für Kompensationsmaßnahmen zu finden. Allerdings können wir beim besten Willen im derzeitigen Zustand des Eyachtales keine derartig schwere „Erkrankung“ erkennen, die eine solch umfangreiche „Therapie“ notwendig erscheinen lassen könnte. Es besteht Anlass zur Sorge, dass es unter dem Druck der erwähnten Motivation zu einem „Zuviel des Guten“ kommt und am Ende des Maßnahmenkataloges zwar der Ökokontoverordnung Genüge getan wurde, aber das NSG Eyach- und Rotenbachtal in einer Weise künstlich durch „Schönheitsoperationen“ verändert wurde, dass der Charakter des Tales nicht mehr zu erkennen ist. Obwohl die überwiegende Zahl der Maßnahmen naturschutzfachlich sinnvoll erscheinen, stellen sie doch Eingriffe ins Naturschutzgebiet dar, die über den satzungsmäßig vorgesehenen Umfang deutlich hinausgehen. Selbstverständlich finden sich im Eyachtal und seinen Seitentäler Flächen, die durch mangelnde Pflege (ausnahmslos Staatswald) unter Sukzession von Fichten, Brombeeren u.a. Gebüschen zu leiden haben. Diese Probleme sind aber unserer Meinung nach hausgemacht und nicht naturgegeben, wie es im Schreiben der Forstdirektion vom 13.11.09 heißt: „Häufig wurde die früher praktizierte Pflege (maschinelle Mahd) der Flächen aufgegeben, weil die vorhandenen Zufahrten sukzessive versumpften bzw. durch Hochwasserereignisse unpassierbar wurden“. Langjährigen und intensiven Beobachtern des Tales, die selbst eine Fläche von 2,2 ha in der Talaue jährlich pflegen, stößt dieser Versuch einer Begründung sauer auf. Viele der erwähnten Zufahrten sind in Folge von Nichtbenutzung verbuscht und die Schäden an den Zufahrten sind sekundär. Die frühere landwirtschaftliche Nutzung der Talwiesen besteht schon lange nicht mehr, und der Forst wollte oder konnte wegen dem ihm auferlegten Sparzwang und dem stringenten Wirtschaftlichkeitsdiktat diese Flächen nicht mehr pflegen – ungeachtet der Vorbildfunktion des öffentlichen Waldes, die so häufig betont wird. Vor diesem Hintergrund ist es unserer Meinung nach nicht vertretbar, dass nun kostbare Ökopunkte in Millionenhöhe eingesetzt werden sollen, um die Versäumnisse des Forstes aus früheren Jahren zu kompensieren. Der darin enthaltene Aspekt einer Art „Selbstbedienung“ aus der Schatztruhe für ökologische Ausgleichsmaßnahmen, befremdet uns. In diesem Zusammenhang stellen wir die Frage, inwieweit der Forst als Eigentümer der Flächen nicht von jeher im Sinne einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, zur Pflege dieser Flächen verpflichtet gewesen wäre, besonders bei Maßnahmen, die der Pflegeplan des NSG vorschreibt. Damit würde ein Teil der geplanten Vorhaben nicht dem Kriterium der zulässigen Kompensationsmaßnahmen entsprechen und müssten vom Forst selbst behoben werden. Dahe r is t u.E. auch für die beantragte Befreiung vo n de r NSG-Ve ro rdnung be i den e inze lnen Maßnahme n zu klären, o b s ie nicht in den Be reich de r "o rdnung s g e mäße n Waldwirts chaft" fallen. Le diglich be i e chten Aus gleichs maßnahme n können wir e ine s o lche Be freiung be fürwo rten . Es würde den Rahmen unserer Anmerkungen zu der Ausgleichsflächenplanung sprengen, würden wir auf die einzelnen der 340 Maßnahmen im Detail eingehen, zumal viele der Maßnahmen gleichartig sind. Wir beschränken uns daher auf eine Kommentierung einiger grundsätzlicher Aspekte und belegen diese durch Beispiele 3. Me tho dik de r Bewe rtung Maßnahmen für den Wirkungsbereich 2 „Schaffung höherwertiger Biotoptypen“ sind im Naturschutzgebiet sinnvoll, wenn damit ein früherer, höherwertiger Zustand wiederhergestellt wird. Unnötig oder bedenklich sind sie, wenn ein solches als höherwertig angesehenes Biotop an dem betreffenden Ort nie bestanden hat. Im Naturschutzgebiet kommt es darauf an, ortsspezifische natürliche (oder durch kulturelle Einwirkung entstandene) Zustände zu schützen. Beispielsweise ist zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist, im Naturschutzgebiet Moore an Stellen zu entwickeln, wo vorher noch nie welche waren. Auch der unter 4.2.1. beschriebene Umbau des Bestandes (Auen- bzw. Schluchtwald) ist zu diskutieren. Hingegen kann es sinnvoll sein, früher vorhandenen Mischwald wieder aufzubauen an Stellen, wo gegenwärtig naturfremde, von Menschenhand angelegte Monokulturen bestimmter Spezies wie z.B. Fichte angetroffen werden. 3.1.2 Bew e rtung s ve rfahren Für die Maßnahme „Biotopwechsel“ wird ein Zeit-Horizont von bis zu 25 Jahren in Betracht gezogen. Hier ergibt sich die Frage der Überprüfung. Bestandteil der Maßnahme müsste in diesen Fällen sein, dass ihr Fortschritt und Erfolg über einen so langen Zeitraum überwacht bzw. gewährleistet wird. 4.2 Aus w ahl de r Ko mpe ns ations maßnahme n Der in unserer Vorbemerkung angesprochene Vorbehalt wird hier ausdrücklich anerkannt: „Eine Maßnahme ist demnach nur dann für einen möglichen Ausgleich anrechenbar, wenn der Waldbesitzer dem Grunde nach nicht verpflichtet ist, die Maßnahme durchzuführen.“ Das vorgelegte Dokument beansprucht, dass dies bei den einzelnen Maßnahmen geprüft worden sei. Nachstehend werden Hinweise notiert, die Zweifel an diesem Anspruch nähren. 4.2.3 Maßnahme n im Offe nland Maßnahmen dieser Art führt die Schutzgemeinschaft Eyachtal – in Abstimmung mit der NaturschutzBehörde – seit Jahren auf ihrem Pachtgrundstück durch und erfüllt damit die Satzung des Naturschutzgebiets, selbstverständlich aber ohne den Einsatz von Herbiziden. Zu diesen Maßnahmen sind die Eigentümer ohnehin verpflichtet, sie dürften deshalb nicht als Kompensationsmaßnahmen gelten. Der Ausgleichsplan scheint dies teilweise zu ignorieren und erweckt dadurch - wie bereits ausgeführt - Zweifel daran, dass dies konsequent überprüft wurde. So betrifft beispielsweise Maßnahmen-Nummer 48 das genannte Pachtgrundstück. Ge ne relle Eins chätzung Abgesehen von den bereits genannten Vorbehalten sind die vorgeschlagenen Maßnahmen aus unserer Sicht im Wesentlichen akzeptabel. Überwiegend handelt es sich um Waldrückbau- und Pflegemaßnahmen. Zweifel gibt es allerdings, ob der enorme Umfang der Maßnahmen wirklich geboten ist. Es gibt auch Sorgen, dass die Verlegenheit mangelnder anderweitiger Kompensationsmöglichkeiten zu einer Überziehung des Naturschutzgebiets mit Maßnahmen führen könnte, deren Wirkung über die der satzungsgemäß vorgesehenen traditionellen Nutzung erheblich hinausgeht. Positiv bewerten wir: : Ø Rückbau von Wald, Aufbau von Mischwald Ø Restaurieren historischer Wasserläufe; Ø Freischneiden von Seitentälern, z.B. Tröstbach Ø Neubefestigung bestehender Einfahrten Negativ bewerten wir: Ø Einsatz von Herbiziden, vgl. S. 25, das ist im Naturschutzgebiet völlig inakzeptabel. Wir empfehlen stattdessen, die beabsichtigte Wirkung durch manuelle Arbeit herbeizuführen: Hierfür können aus den Mitteln für Ausgleichsmaßnahmen befristete Arbeitsplätze geschaffen werden. Damit wird gleichzeitig die Akzeptanz des Naturschutzes in der Öffentlichkeit gestärkt. Zweifel gibt es an der Gebotenheit folgender Maßnahmen: Ø Biotop-Weiterentwicklung zu Mooren wo früher keine waren (Maßnahmen 82 Blatt 10-11, 224 Blatt 21, 225 Blatt 21, 237 Blatt 21-24), dies ist auch nicht kompatibel mit traditioneller Nutzung. Ø Schaffung neuer Zufahrtswege, s. Seiten 27 und 28. Ist das ausreichend begründet? Warum genügt nicht Ausbau oder Wiederherstellung früherer Zufahrtswege? Ø In mehreren Maßnahmen ist Auszug z.B. der Fichte vorgesehen, aus Auenwäldern oder Offenland. Muss das zu 100% stattfinden ? Einzelne, erhaltungswürdige Exemplare sollten erhalten bleiben, beispielsweise die Fichte neben der Hütte auf dem Pachtgrundstück der SGE. Weitere Anmerkungen: Ø Wir vermissen bei Maßnahme 52 auf Karte 9 die Wiederherstellung der Zugänge, so wie es z.B. bei Maßnahme 58 steht. Die SGE kann mit ihren Mitteln die Zugänge nicht reparieren. Notwendig ist hier (1) die Wiederaufrichtung der Stützmauer des Fußwegs, der zur Hütte führt - der Weg ist in Gefahr, abzurutschen; (2) die Reparatur der Fahrzeug-Einfahrt am unteren Ende des Grundstücks, sie ist durch Erosion beschädigt. Ø Ein besonders invasiver Eindringling im Eyachtal wird nirgends erwähnt: Das indische Springkraut. Wir deuten dies so, dass der Forst die Überwucherung größerer Flächen durch diese Pflanze als schicksalhaft und unabwendbar hinnimmt. Ø Tröstbach (Blatt 10) mit Seitental: Maßnahme 64, Offenland, ist zwar notwendig (insbesondere das Zurückdrängen des Buschwerks) gehört aber zu den Pflichten des Eigentümers gemäß Satzung des Naturschutzgebiets. Maßnahme 98 ist ebenfalls bereits zur Erfüllung der NaturschutzgebietsSatzung dringend notwendig, denn die Fläche verbuscht . Ø Die ehemaligen Polderplätze im Bereich der Blätter 20-21 werden im Ausgleichsplan nicht erwähnt. Dort werden Renaturierungsmaßnahmen dargestellt. Mit freundlichen Grüssen Regine Einfeld Sprecherin LNV – Arbeitskreis Kreis Calw nördlicher Bereich Geschäftsführerin BUND – Regionalverband Nordschwarzwald