Nigeria - Historisches Lexikon der Schweiz

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Nigeria - Historisches Lexikon der Schweiz
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06/08/2009 |
Nigeria
Nach der Anerkennung N.s durch den Bundesrat am 1.10.1960 nahm
die Schweiz diplomat. Beziehungen auf und eröffnete 1961 in Lagos
eine Botschaft. Die Zahl der Schweizer in N. stieg von einigen Dutzend
vor 1945 auf über 300 1960 und ca. 800 1977, sank danach aber
wieder (2005 242). Seine geogr. Lage machte N. für international tätige
schweiz. Transport- und Handelsgesellschaften, später auch für andere
Industriezweige interessant, v.a. die Nahrungsmittel-, Chemie-, Textilund Aluminiumindustrie sowie die Elektrizitätswirtschaft. 1970 wurden
die schweiz. Investitionen auf ca. 100 Mio. Fr. geschätzt. 2005 lebten
1'356 Nigerianer in der Schweiz und 242 Schweizer in N.
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Der Bürgerkrieg, der 1967 nach der Abspaltung der Provinz Biafra
ausbrach, bereitete der Schweiz polit. Schwierigkeiten. Getreu der
Politik der Neutralität, Disponibilität und Diskretion lehnte es der
Bundesrat ab, sich in die inneren Angelegenheiten N.s einzumischen,
und beschränkte sich auf einige wenig wirksame diplomat. Schritte.
Eine von 5'000 Personen unterzeichnete Petition für die Anerkennung
Biafras wurde vom Bundesrat abgelehnt. Die Schweizer Bevölkerung
reagierte mit grosser Anteilnahme auf die schreckl. Hungersnot, die der
Konflikt ausgelöst hatte, und spendete karitativen und religiösen
Organisationen bedeutende Summen. Das IKRK startete mit finanzieller
Unterstützung der Schweiz seine grösste Hilfsaktion seit 1945. Der
Bundesrat stellte dem IKRK im Juli 1968 August R. Lindt, Schweizer
Botschafter in Moskau, als Generalkommissar zur Verfügung. Lindt trat
im Juni 1969 zurück, da er sich durch die Situation vor Ort an der
Erfüllung seines Auftrags gehindert fühlte, was im IKRK zu einer
ernsthaften Krise führte. Die Firma Oerlikon-Bührle verkaufte Waffen
nach N., die gemäss einigen Quellen auch gegen Schweizer in
humanitärer Mission zum Einsatz kamen, und wurde wegen Verletzung
des Waffenausfuhrverbots der Bundesbehörden angeklagt. Trotz der
mit diesem Konflikt verbundenen Spannungen und einiger
Handelsstreitigkeiten nahmen die bilateralen Beziehungen weiter zu. N.
entwickelte sich für die Schweiz zu einem wichtigen Markt in Afrika, v.a.
für die Rüstungsindustrie, da die Bundesbehörden ab Dez. 1980 die
Waffenausfuhr wieder erlaubten. Seit den 1970er Jahren ist N. neben
Algerien, Libyen, Saudiarabien, Tunesien und dem Iran einer der
wichtigsten Erdöllieferanten der Schweiz. Mit Südafrika, Liberia und
Algerien zählt N. zu den afrikan. Ländern mit den bedeutendsten
Finanzbeziehungen zu Schweizer Banken. Die Verschuldung N.s bewog
die Schweiz, am Club de Paris teilzunehmen und 1987 sowie 1989 zwei
bilaterale Umschuldungsabkommen zu unterzeichnen. Auch wenn N.
kein Schwerpunktland der schweiz. Entwicklungshilfe ist, finanziert die
Schweiz Werkstätten und Stipendien für die Berufsausbildung sowie die
Landwirtschaft.
Archive
– EDA, Dok.
Literatur
– T. Hentsch, Face au blocus: la Croix-Rouge internationale dans le Nigéria en guerre (1967-1970), 1973
– A.R. Lindt, Generale hungern nie: Gesch. einer Hilfsaktion in Afrika, 1983
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© 1998-2017 HLS: Alle Urheberrechte dieser elektronischen Publikation sind beim Historischen Lexikon der Schweiz, Bern. Für alle
elektronisch publizierten Texte gelten dieselben Regeln wie für eine gedruckte Veröffentlichung. Nutzungsrechte und Zitierrichtlinien (PDF)
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Autorin/Autor: Marc Perrenoud / AHB
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