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Projektdokumentation adidas factory outlet
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1. Daten und Fakten
Standort:
Bauherr:
Architekt:
Olympiaring 1, 91074 Herzogenaurach
adidas-Salomon AG
wulf & partner, Freie Architekten BDA, Stuttgart
Tobias Wulf, Kai Bierich, Alexander Vohl
Wettbewerb: 2002
Baujahr/Bauzeit: Beginn 2003, Fertigstellung 2004
Nutzfläche:
Hauptnutzfläche:
Bruttorauminhalt:
Baukosten:
7.500 qm Hauptgebäude
12.000 qm Parkdecks
50.550 cbm Hauptgebäude
45.500 cbm Parkdecks
13 Mio. € Gesamtkosten
10,5 Mio. € reine Baukosten
Projektarchitekt:
wulf & partner, Freie Architekten BDA, Stuttgart
Tobias Wulf, Kai Bierich, Alexander Vohl
Charlottenstraße 29-31
70182 Stuttgart
Tel. 0711 248917-0
Fax 0711 248917-10
www.wulf-partner.de
2. Entwurfsaufgabe
Herzogenaurach ist der Stammsitz von adidas und die Heimatstadt des
Firmengründers Adi Dassler. Diese Wurzeln trugen neben unternehmerischen
Aspekten dazu bei, dass die Expansion des Sportartikelherstellers in der
mittelfränkischen Stadt stattfand. 1992 räumte die amerikanische Armee ein großes
Kasernengelände, die so genannte Herzo Base, die eine 1997 gegründete
Grundstücksgesellschaft erwarb. 1999 gewann das Büro
Angélil/Graham/Pfenniger/Scholl den städtebaulichen Wettbewerb mit einem
Entwurf, der die landschaftlichen Qualitäten des Geländes in den Vordergrund stellt
und der nach Überarbeitung 2002 die Grundlage für die nun umgesetzte Nutzung
bildete. Die gemischte Nutzung des Geländes verteilt sich auf Wohnbebauung und
Gewerbe, sowie öffentliche und Grün-Flächen. Mit einer Gesamtgröße von 37 ha
belegt adidas mit der „World of Sports“ 35% der Fläche, zu der das factory outlet,
ein konvertierter Kasernenbau als Verwaltungsgebäude, das Mitarbeiterrestaurant
„Stripes“ sowie Außen- und Sportanlagen gehören. Das neueste Gebäude auf dem
Gelände ist das Adi Dassler Brand Center.
Auch das adidas factory outlet war Ergebnis eines Wettbewerbs, den im Juli 2002
das Stuttgarter Büro wulf & partner für sich entschied. Nach nur neun Monaten
Bauzeit wurde der Bau im November 2003 fertiggestellt. Im Vergleich zum
bisherigen Unternehmenssitz sollten erhebliche Verbesserungen in den
verschiedensten Bereichen umgesetzt werden: Infrastruktur- und
Serviceeinrichtungen, Parkplatzsituation, Verkehrs- und Anliefersituation,
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Integration des Personalverkaufs. Insgesamt sollte erreicht werden, dass die Marke
adidas in ihrer Gesamtheit erfasst wird: Ihre Hochwertigkeit sollte ebenso vermittelt
werden wie die Anpassung an ein sich wandelndes Konsumentenverhalten und
einen geänderten Wettbewerb, der über reinen Fabrikverkauf hinausgeht und den
Erlebnischarakter des Besuchs betont.
3. Projektbeschreibung
Die Lage des Outlets am nördlichen Stadteingang von Herzogenaurach trägt viel
zur Präsenz von adidas bei, ebenso verleiht es der Stadt ein repräsentatives
Entrée. Durch die Vorgaben von Flächennutzungs- und Bebauungsplan ist die
Erschließung übersichtlich und verkehrstechnisch exzellent. Der Besucher hat von
der Straße einen guten Blick auf das Gebäude und erfasst die gesamte Anlage,
indem er quer durch das Grundstück in die Tiefgarage geleitet wird. Die Parzelle
hat die Form eines gerundeten V und wird vom Gebäude vollständig ausgefüllt.
Tiefgarage und Outlet-Gebäude gehen ineinander über und umschließen einen
Platz, der forumartig mit flachen Sitzstufen gestaltet ist. Wie im Masterplan von
Angélil/Graham/Pfenniger/Scholl als Grundgedanke vorgegeben, verwandelt das
Gebäude „die Dynamik, die in den landschaftlichen Elementen verborgen liegt, ... in
dynamische Baustrukturen“. Das Parkdeck beschreibt einen raumgreifenden
Schwung entlang der Grundstücksgrenzen. Dabei bezieht es das Verkaufsgebäude
durch einen umlaufenden Balkon mit ein, der von der Straße über eine Freitreppe
erschlossen wird und sich auf die obere Ebene des zentralen Platzes öffnet. Damit
vollzieht der Balkon die Bewegung nach, die das bumerangähnlich geformte
Verkaufsgebäude beschreibt: Es schraubt sich um seinen Mittelpunkt von
eingeschossiger auf zweigeschossige Höhe. Dieses Zentrum fixiert ein Turm, der
über das Gebäude herausragt und mit adidas-Logo und Bildprojektionen die
Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Fassade des Gebäudes besteht aus Profilglas,
das tagsüber eine matte, grünblaue Oberfläche zeigt und nachts eindrucksvoll nach
außen leuchtet.
Im Innern des Gebäudes setzt sich die Dynamik der Gesamtanlage fort. Deutlich
wahrnehmbar während des Durchschreitens ist die langsame Aufweitung von
einem auf zwei Geschosse. Der breite Aufgang und die geschwungene Galerie
haben ihre Entsprechung draußen auf der anderen Seite der Fassade: als
umlaufender Balkon und dessen Erschließungstreppe. Diese Elemente erzeugen
den Impuls, das Gebäude in seiner Gänze zu durchwandern – quasi in einer
dreidimensionalen Schlaufe. Wie draußen der Balkon, endet die Galerie an der
obersten der Sitzstufen, die sich auch von außen nach innen fortgesetzt haben und
drinnen als Schauregal für die Produkte dienen.
Mit dem Outlet wollte adidas sowohl den Wünschen der Kunden nach günstigem
Vor-Ort-Einkaufen gerecht werden als auch sein Profil als Hersteller hochwertiger
Sportbekleidung schärfer herausstellen. Umgesetzt wurden diese beiden
Anforderungen durch die Gestaltung des Gebäudes mit industriellen Materialien,
die eine exquisite Raumwirkung entwickeln. Sichtbeton, Profilglas und
Industrieestrich verleihen den Räumen einen schlichten, rohen Hintergrund, der
durch die sorgfältige und detailgenaue Verarbeitung der Materialien aber trotzdem
eine fast edle Atmosphäre erzeugt. Wesentlich für die Raumwirkung sind die
großzügigen, fein proportionierten Abmessungen in der Höhe und Tiefe des
Raums, die verhältnismäßig weiten Abstände der schlanken, kelchförmigen
Stützen und die Lichtsetzung. Gegen diesen Hintergrund wurden hochwertigere
Materialien bei den Treppen, den nach innen gezogenen Stufen und der
Möblierung gestellt.
Zentrales Thema des Entwurfs ist die Bewegung. Dies spiegelt sich in der
Ausstattung der gesamten Anlage wieder. So sind zwischen den Profilglasebenen
der äußeren Hülle stellenweise Glaslamellen eingebaut, die so bedruckt sind, dass
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sich aus einer bestimmten Perspektive das Bild eines Läufers ergibt. Verändert
man seine Position, scheint sich der Läufer zu bewegen. Ebenso erzeugen die mit
einer Punktrasterfolie beklebten Acrylelemente, die von der Decke hängen bzw.
dem Betonkern des Gebäudes vorgeblendet sind, durch ein mit der Bewegung des
Betrachters entstehendes Moiré den Eindruck, als würden sie sich ebenfalls
bewegen.
Bewegung und Sport sind auch das zentrale Motiv des Leitsystems, das den
Besucher durch das gesamte Gebäude führt. Bereits die Zufahrt auf dem Gelände
und der Boden eines der zwei Parkdecks sind als Fußballplatz grün beschichtet,
mit weißen Markierungen. Auf die Sichtbetonwände aufgemalte Linienrichter
weisen den Weg zur Ausfahrt. Die Verbindung zum Gebäude schaffen mehrere
Durchgänge zwischen den Sitzstufen, durch die man auf den zentralen Platz
heraustritt. Von dort zeigen rote Markierungsstangen die Richtung an. Er wird von
in den Boden eingelassenen runden Vitrinen begleitet, in denen Fußbälle
verschiedener Epochen ausgestellt sind. Diese Bälle gehören zu einem
umfassenden Designkonzept mit dem Titel „Moments“, das besondere Ereignisse
in der Geschichte des Sports mittels verschiedener Techniken in Erinnerung ruft.
Zu dem Konzept gehören auch die auf den Boden aufschablonierten Schrittfolgen
von Fußball- oder Basketballspielen, samt exakter Nachzeichnung siegreicher
adidas-Schuhsohlen. Wichtiger Bestandteil des Konzepts sind außerdem Film- und
Tondokumente im Gebäude. Die Filmausschnitte werden auf Bildschirmbändern
gezeigt, die den Betonkern des Verkaufsgebäudes umlaufen. Eine Besonderheit
sind die aus der Decke wachsenden Röhren aus Acrylglas. Sie enthalten Beamer
für die Projektion von Bildern auf den Boden, etwa von Olympischen Spielen, und
Lautsprecher für die Wiedergabe z.B. von legendären Fußballübertragungen.
Selbstverständlich ist die mediale Ausstattung nicht nur der Vergangenheit
gewidmet, sondern zeigt auch aktuelle sportliche Ereignisse. Für die Besucher sind
Internetterminals eingerichtet.
4. Planer
a. Architekten
wulf & partner, Freie Architekten BDA, Stuttgart
Tobias Wulf, Kai Bierich, Alexander Vohl
Charlottenstraße 29-31
70182 Stuttgart
Tel. 0711 248917-0
Fax 0711 248917-10
www.wulf-partner.de
Bürophilosophie
Das Ziel unserer Arbeit ist hochrangige Architektur. Wir begreifen diese als
singuläre, individuelle Lösung einer Aufgabe. Auf dem Weg dorthin wird es immer
wichtiger, die verschiedensten Einflüsse wie städtebaulichen, finanziellen und
terminlichen Rahmen sowie die Beiträge der verschiedensten Fachleute zu
koordinieren und in den Dienst eines umfassenden Architekturkonzeptes zu stellen.
Jedes unserer Gebäude zeigt seine innere Logik, vor allem in seiner Struktur, dann
in den Räumen, Formen, Materialien und Farben. Wir wollen uns hierbei nicht an
Moden binden, sondern einen Stil verfolgen, der die bleibenden Qualitäten von
Architektur beachtet. Das Freiheitliche, Klare, Humanistische, aber auch das
Überraschende und Spannende zeigt sich in der Auswahl der architektonischen
Mittel ebenso wie in unserer Arbeitsweise. Träume, Illusionen und Utopien sind
Antrieb unserer Arbeit - ebenso wie der unbedingte Wille zur Realisierung.
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b. Fachplaner
Fachplaner Tragwerk:
Weischede, Herrmann & Partner
Curiestraße 2
70563 Stuttgart
Fachplaner Klima- und Energiekonzept:
Transsolar
Curiestraße 2
70563 Stuttgart
Fachplaner HLS:
Sowatec
Bahnhofstraße 28
92637 Weiden
Fachplaner Elektro:
ProjektELT
Bahnhofstraße 28
92637 Weiden
5. Presseschau
Fachzeitschriften:
Icon 5/2004
Der Architekt 5-6/2004
Design-Report 6/2004
db 9/2004
bba 11/2004
Fachbücher:
wulf&partner: in bewegung/all in motion, Ausstellungskatalog Aedes East, Berlin,
2004
wulf & partner/L2M3 Kommunikations Design: adidas Factory Outlet, Architektur
und Design, avedition 2005
6. Interview mit Dipl.-Ing. Alexander Vohl, Partner bei wulf & partner, Stuttgart
Am Anfang stand noch gar nicht fest, ob das Outlet eher zweckmäßig
gestaltet werden soll oder hochwertig, quasi wie ein Flagship Store. Wie sind
Sie damit umgegangen?
Der Bauherr hatte zwei Anliegen: Erstens einen hohen Umsatz erzielen, der durch
Outlets zur Zeit gut machbar ist. Zweitens wollte man sich durch den Neubau auch
im Bereich Lifestyle positionieren. Das hat am Anfang für Unklarheit gesorgt. Wir
haben aber immer gesagt: Es ist möglich, diese Dualität zu vereinen, wenn man
das schlau macht. Durch die Verbindung von industriellen Materialien und räumlich
hochwertiger Ausgestaltung – z.B. Einsatz von Licht – trägt die Architektur sowohl
zur Abgrenzung als auch zur Verbindung dieser beiden Aspekte bei.
Welche Entscheidungen haben das Gebäude geprägt?
Jede Entscheidung vom Städtebau bis zum Ausbau ist durch die Aufgabe
begründet: die Kieselform, die spiralförmige Bewegung in und durch das Gebäude
oder die Fassade aus Industrieglas. Es ging uns nicht um das Zitieren von Dingen,
sondern darum, von der Funktion ausgehend individuelle Lösungen zu entwickeln.
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Inwieweit unterstützt das Gebäude die Corporate Identity von adidas oder
trägt dazu bei, eine CI erst noch zu prägen?
Bei adidas gibt es wohl ein Style Book, das gibt aber nicht viel für die Corporate
Architecture eines solchen Neubaus vor. Wir waren also in unseren
Entscheidungen relativ frei von Vorgaben. Manches aus unserem Konzept wäre
sicher auch gegenläufig zu den Festlegungen im Style Book gewesen. Beim Outlet
ging es darum, ein Lebensgefühl zu transportieren: Dynamik und Sportsgeist –
ähnlich wie in der Nike World. Was unseren Bau davon unterscheidet, ist unter
anderem die ins Konzept integrierte Medienbespielung. Das Leitsystem z.B. mit
dem Linienrichter, den roten Stangen oder die auf den Boden projizierten
„Moments“ sind wichtige Bestandteile des Konzeptes, weil es im Sinne der
Architektur entwickelt wurde.
Dieses Kommunikationskonzept haben Sie zusammen mit den Designern von
L2M3 entwickelt. Was zeichnet die Arbeit mit ihnen aus?
Ihre konzeptionelle Grundhaltung ist unserer sehr ähnlich, wir können fast schon
symbiotisch zusammenarbeiten. (lacht) Die intuitiven Prozesse laufen ähnlich, und
der rationale Zugang ist auch vergleichbar. So baut einer auf dem Bild des anderen
auf. Es ist eine sehr inspirierte Zusammenarbeit, die innovative und überraschende
Lösungen hervorbringt.
Macht es Sie zufrieden festzustellen, dass Sie Ihren Auftraggebern ein
Gebäude geliefert haben, mit dem die Nutzer etwas anfangen können – z.B.
wenn der Dekorateur Ihre architektonischen Vorgaben weiter entwickelt?
Ja und nein. Wenn die Architektur in ihren Kerngedanken erfasst und dann
weiterentwickelt wird, freut uns das. Verselbstständigen sich aber autonome
Einrichtungsideen, ohne Dialog mit dem Gebäude, ist das weniger schön. Denn
dadurch wird beides geschwächt: das Haus und letztlich auch die Präsentation der
Waren.
Welches ist Ihre Lieblingsstelle im adidas outlet?
Die Eingangssituation mit ihrem Gegensatz von „Großraum“ und „Dickicht“.
Eigentlich ist es ein großer, zweigeschossiger Raum, der durch die Pilzstützen in
kleinere Räume unterteilt wird. Die Möbel, z.B. der Tresen, teilen ihn wieder
anders. Und dann kommen noch von der Decke diese Projektionsröhren aus
Plexiglas – wir haben sie immer Beams genannt – die schaffen wieder ganz andere
Räume. Faszinierend finde ich auch den Übergang vom Vorbereich in den
Verkaufsraum. Als ich das erste Mal diese 180°-Kehre gemacht habe, war ich
überwältigt von dem überraschenden Raumerlebnis. Der gewaltige Raum wird fast
unmerklich zweigeschossig und gleichzeitig schiebt sich von hinten die Galerie ins
Blickfeld – das ist schon sehr beeindruckend.
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7. Baukonstruktion
Tragwerk
Das Tragwerk des Verkaufsgebäudes besteht aus zweiachsig vorgespannten
Stahlbetonflachdecken auf pilzförmigen Stützen. Sie kragen als Balkon über die
Fassade aus. Die Kombination aus Pilzform und vorgespannten Decken erlaubt
Spannweiten von bis zu 16 m, bei einer Deckenstärke von 35 cm. Die optimale
Krümmung der Decken wurde mit Hilfe spezieller Software so festgelegt, dass die
Schalung der Decken möglichst wirtschaftlich ausgeführt werden konnte.
Ganz besonders kostengünstig war die Konstruktion der Tiefgarage. Stützen im
Raster von 18 m entlang der Fassadenkrümmung und zwischen den
Stellplatzreihen tragen eine Deckenkonstruktion aus Ortbetonunterzügen und PiPlatten-Fertigteilelementen. Durch die effektive Gestaltung und hohe Vorfertigung
ergab sich hier eine extrem kurze Bauzeit und somit auch niedrige Kosten für die
Gesamtkonstruktion.
Eine Herausforderung stellte im Verkaufsgebäude die Integration der Haustechnik
in die Deckenkonstruktion dar: Durch die hohe Vorspannung war die Bewehrung
ohnehin schon sehr dicht. In diesem Geflecht mussten zusätzlich die Leitungen für
die Betonkernaktivierung und die Sprinkleranlage Platz finden, was eine enge
Zusammenarbeit von Architekten und Fachplanern erforderte.
Fassade
Die Fassade des Verkaufsgebäudes besteht aus zwei Ebenen im Abstand von 60
cm. In diesem Zwischenraum liegen die Stützen, die Lamellen-Jalousien für den
Sonnenschutz und die Lüftungsöffnungen. Transluzentes Gussglas bildet die
innere und die äußere Fassadenhaut. Je zwei der u-fömigen Glaselemente sind
ineinander gelegt. Erstmals konnte hier eine Fassadenhöhe von bis zu 9 m aus
Profilglas realisiert werden. Dazu waren die Windlasten auf die Fassade des
bumerangförmigen Gebäudes in umfangreichen Computersimulationen ermittelt
worden.
8. Technischer Ausbau
Lüftung
Die Raumluftkonditionierung des Outlet-Gebäudes erfolgt zum größten Teil mit
regenerativen Energien. Lediglich zur Nachheizung der vorgewärmten Raumluft ist
ein Gas-Brennwertgerät mit 450 kW Leistung eingebunden. Das Gebäude zeichnet
sich in erster Linie durch hohe interne Wärmelasten aus, die aufgrund der
künstlichen Beleuchtung entstehen. Wichtig ist in erster Linie eine effektive
Kühlung, die durch temperierte Zuluft, Wärmeabsorption in den massiven
Betondecken und deren thermische Aktivierbarkeit gewährleistet wird.
Die Energiequellen beschränken sich entsprechend auf Erdkühle bzw. -wärme
sowie Wärmerückgewinnung, die durch differenzierte Steuerung den
Anforderungen des etwa 40.000 cbm großen Luftvolumens gerecht werden. Durch
Begrenzung der Zulufttemperaturen und geringe Strömungsgeschwindigkeiten wird
eine optimale Luftqualität erreicht. Zugerscheinungen treten nicht auf.
Das gesamte Gebäude wird über Quelllüftung mit Frischluft versorgt. Die
Lüftungsöffnungen befinden sich im Erdgeschoss in Bodenkanälen, in der
Galerieebene sind sie elegant in der Brüstung oder zwischen Treppe und Wand
verborgen. Zudem wird der 60 cm breite Fassadenzwischenraum dauerhaft
belüftet, um aufgeheizte Luft abzuführen bzw. im Winter einen Lufttemperaturabfall
an der Fassade zu vermeiden.
Die Luft wird in einem Erdkanal längs des Parkhauses und der Kellerwand
vortemperiert. Im Sommer wird die Zuluft über ein Rückkühlwerk nachgekühlt, das
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über freie Verdunstungskühlung arbeitet. Das Rückkühlwerk ist im zentralen Turm
des Outlet-Gebäudes platziert.
An Tagen mit besonders hohen Raumtemperaturen werden dezentrale
Umluftkühlgeräte zugeschaltet, die über Kompressionskälte betrieben werden.
Damit ist eine sehr exakte Temperaturkontrolle und -steuerung möglich.
Die Abluft wird nicht abgesaugt, sondern kann frei durch den Raum in den
stoffbespannten Turm ziehen, wo sie nach draußen gelangt. Der Kaltluftsee über
dem Fußboden bewirkt zusammen mit der Warmluft im Raum eine thermische
Schichtung, die besonders im Sommer eine maximale Abfuhr von warmer Luft
bewirkt. Neben den Abluftöffnungen befinden sich im Kamin
Wärmerückgewinnungsgeräte, die im Winter die Abwärme der abgeführten
Raumluft nutzen.
Die Sichtbetondecken unterstützen die Kühlung des Gebäudes durch
Wärmeabsorption und sind darüber hinaus thermoaktiv ausgeführt. Sie werden
über das Rückkühlwerk versorgt. Bei besonders hohen Raumtemperaturen kann
der Erdabsorber unter der Bodenplatte des Parkhauses zugeschaltet werden.
Aufgrund des hohen Grundwasserstands im Baugebiet bot sich diese Lösung als
besonders unaufwändig und effektiv an.
Heizung
Geheizt wird das Gebäude über passive Wärmegewinne aus den hohen internen
Wärmelasten und Nacherwärmung der Zuluft. Die Wärme dafür stammt aus der
Wärmerückgewinnungsanlage im Abluftkamin des Turms. An besonders kalten
Tagen wird ein Gas-Brennwertkessel Viessmann Vitocrossal 300 mit einer Leistung
von 450 kW zugeschaltet.
Das Gerät wurde aufgrund seiner niedrigen Abgastemperaturen und seines hohen
Wirkungsgrades von 109 % gewählt. Dieser wird durch das Gegenstromprinzip von
Heiz- und Kesselwasser sowie intensive Verwirbelung der Luft vor den Heizflächen
erreicht. Die Heizflächen bestehen aus hochwertigem Inox-Crossal und sind
senkrecht montiert. Das dadurch gleichmäßig abfließende Kondenswasser bewirkt
eine permanente Selbstreinigung und damit einen dauerhaft hohen Brennwert.
Daraus resultieren wiederum ein geringer Wartungsaufwand und eine hohe
Nutzungsdauer, weshalb der HLS-Planer das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis
als weiteren Grund für die Wahl des Vitocrossal 300 hervorhebt. Der Kessel ist mit
dem Viessmann MatriX-Brenner kombiniert, der für besonders wirtschaftlichen und
umweltschonenden Brennbetrieb sorgt.
Während das große Volumen des Verkaufsgebäudes ausschließlich über die
Lüftung und passive Wärmegewinne geheizt wird, sind in den Büros und
Sanitärräumen zusätzlich noch Radiatoren und Flächenheizkörper installiert, so
dass eine rasche Erwärmung der kleineren Räume gewährleistet ist.
Text: Dagmar Ruhnau
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