aus Fernost
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GRAND EFFECTS MOOLLON EFFEKTGERÄTE Kunstwerke aus Fernost 12 grand gtrs Die Effektgeräte aus dem Hause Moollon waren mir bis dato, wenn überhaupt, durch ihre sehr eigenständige Optik aufgefallen. Nun gehen ja viele Hersteller von handgemachten Boutique-Effektgeräten dazu über, ihren bisweilen ziemlich rustikal daher kommenden Trampelkisten die tollsten Namen zu verpassen. Bei Moollon ist es völlig anders. Profane Namen wie Overdrive oder Signal Boost drücken genau das aus, was diese kleinen Helferlein bewerkstelligen, dafür unterscheiden sich die Gehäuse durch ihre edle Optik nachhaltig von Konkurrenzprodukten. Von Andreas Kunzmann Leider hatte ich es bis vor kurzem noch nie geschafft, mir die klanglichen Eigenschaften der kleinen Gerätschaften zu Gemüte zu führen. Neulich kam ein Gitarre spielender Bekannter bei mir vorbei und erzählte mir beiläufig, dass er sich für seinen kleinen Fender Pro Junior einen Signal Boost von Moollon gekauft habe. Das hat mich dann doch neugierig gemacht, da er durchaus eine Person ist, die profundes Wissen über guten Ton vorweisen kann. Mein Interesse war geweckt, aber als ich die Moollons für ein Feature in grand gtrs bekam, war besagter Booster leider nicht dabei, so dass ich ihn mir kurzerhand geborgt habe. Kleine Regelkunde Grundsätzlich gibt es wahrlich unendlich viele Möglichkeiten, seinen Vorstellungen vom perfekten Zerrsound nahezukommen. Das klappt ganz ohne Vorschaltgeräte, wenn man einen modernen Highgain-Amp sein eigen nennt oder ohne Rücksicht auf (Gehör-) verluste seinen Vintage-Amp bis zur Schmerzgrenze aufreißt. Möchte man dagegen ein Effektgerät benutzen, stellt sich die Frage, ob es nun ein Fuzz, Overdrive, Clean Boost, Treble Boost oder Distortion sein soll. Da hilft nur ausprobieren, aber mit Bedacht, denn nicht jedes Pedal harmoniert mit jeder Gitarre und schon gar nicht mit jedem Amp. Eine Gitarre mit Singlecoils über einen AC30, angereichert durch einen Trebleboost alter Schule, klingt aber ebenso traumhaft wie eine Les Paul mit einem klassischen Overdrive in einen Marshall 2203, eine Strat mit Overdrive in einen Blackface-Fender oder ein linearer Booster über einen Plexi. Das sind nur vier Beispiele, die einen Anhaltspunkt geben können, wo man mit der Suche nach seinem eigenen Ton beginnen kann. Testspiel Um einen guten Höreindruck von den Moollons zu bekommen, habe ich drei der oben beschriebenen Setups nachgebaut. Die erste Testumgebung ist für den Moollon Overdrive gedacht. Hierfür habe ich grand gtrs 12 GRAND EFFECTS DETAILS Hersteller: Moollon Modell: Germanium Treble Boost Limited Edition Input-Impedanz: High 1 M Output-Impedanz: Low 10 k Regler: Volume, Dreieckschalter für Wahl der Boostfrequenz Buchsen: Switchcraft Power Supply: 9-Volt-Batterie oder ext. Netzteil Maße: 110 X 60 X 45 mm Preis: 279 Euro Modell: Signal Boost Input-Impedanz: High 1 M Output-Impedanz: Low 10 k Maximum Output: 0 dBm Maximum Gain: +12 dB Stromaufnahme: 10.5 mA (DC 9 V) Regler: Volume Buchsen: Switchcraft Power Supply: 9-Volt-Batterie oder ext. Netzteil Maße: 110 X 60 X 45 mm Preis: 229 Euro Modell: Overdrive Input-Impedanz: High 1 M Output-Impedanz: Low 10 k Maximum Output: 0 dBm Maximum Gain: +39 dB Stromaufnahme: 13.5 mA (DC 9 V) Regler: Volume, Tone, Drive Buchsen: Switchcraft Power Supply: 9-Volt-Batterie oder ext. Netzteil Maße: 110 X 60 X 45 mm Preis: 249 Euro www.tubeampdoctor.com www.moollon.com 12 grand gtrs mir einen 77er Marshall 2203 geliehen, den ich mit meiner mit Duncan-Antiquities bestückten Les Paul und meinem bewährten Greenback-Cabinet kombiniert habe. Zusammen mit dem in der Vorstufe vollends aufgerissenen Marshall erhält man mit dem Moollon Overdrive einen wirklich großartigen Highgain-Sound. Mein Eindruck war, dass trotz einer dem Tube Screamer sehr ähnlichen Soundcharakteristik die Begleiterscheinungen nicht zu Tage treten, die der Einsatz der grünen Kiste so mit sich bringt. Mittenüberhöhung bei gleichzeitigem Schwund des Bassfundaments sind hier Fremdworte. Zähneknirschend muss ich sogar zugeben, dass der 2203 kombiniert mit dem Overdrive einen Tick runder und fetter tönte, als der von mir so geliebte Overdrivekanal des SLO-100. Als nächstes habe ich mir den Signal Boost des Kollegen Breuken geschnappt und vor meinen ungebrückten und voll aufgerissenen Superlead geschaltet. Das übrige Setup blieb identisch, und ich habe den einzigen Regler des Moollons zunächst einmal zur Hälfte aufgedreht. Unnötig zu erwähnen, dass ich meine Hotplate eingesetzt habe, um nicht innerhalb kürzester Zeit taub zu werden. Der Ton wird bei eingeschaltetem Boost in keiner Weise verbogen, lediglich der Zerrgrad und damit auch die Kompression im Ton steigen signifikant an. Das Ganze geht dann mit einem ordentlichen Rauschpegel einher, aber das ist völlig normal. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass sich der Sound auch bei ausgeschaltetem Gerät nicht verändert, der True Bypass macht sich definitiv bezahlt. Zu guter Letzt kommen wir zum Treble Booster, aus heutiger Sicht eine recht exotische Variante zur Erzeugung eines Overdrivesounds. Das ist schon etwas Spezielles, und der Rest des verwendeten Equipments muss passen, sonst kann es problematisch werden! Singlecoil-Pickups sind fast ein Muss, und weil ich ein großer Freund von Brian Mays Ton bin, habe ich mir noch einen Matchless DC30 besorgt, da ein alter und funktionierender AC30 leider nicht aufzutreiben war. Um den großen Sound Mays zu erzeugen, wird es auch wieder sehr laut, weil der Amp ganz offen sein muss, damit der gewünschte Sound zustande kommt. Und das tut er dann auch, und nach ein paar Queen-Licks wähnt man sich schon fast an Freddies Seite. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass der Einsatz von N.O.S. Mullard OC44 Germaniumtransistoren Entscheidendes zur Authentizität des Tons beiträgt. Genau dieses Bauteil sorgt aber dann leider auch wegen sehr begrenzter Verfügbarkeit dafür, dass es gerade einmal einhundert dieser Treble Booster geben wird. Schade eigentlich, denn das Gerät ist eine Bereicherung für das Sortiment Moollons. Mannschaftsaufstellung Blickt man auf die Moollon-Website, so findet man in der Rubrik Artists viele große Gitarristen dieser Welt, deren Kollektion an Bodeneffekten zusammengenommen wahrscheinlich den Äquator umspannen würde. Dort sind illustre Namen wie Scott Henderson, Michael Thompson, Hiram Bullock, Peter Stroud oder Lyle Workman aufgeführt, und das sind noch längst nicht alle. Diese Jungs wissen, was gut klingt, und es ist wohl kein Zufall, dass so viele von ihnen bei Moollon versammelt sind. Moollon baut übrigens nicht nur eine Linie hochwertiger Effektpedale, sondern auch eine umfassende Gitarrenserie, die unter anderem Modelle mit einer Metalldecke in der Optik der Effektpedale umfasst. So eine „Metalldeckel-Tele“ sieht sehr edel aus und erinnert mich, genau wie die tollen Pedale Moollons, an die Werke des verstorbenen englischen Gitarrenbauers Tony Zemaitis. Wenn die Gitarren aus dem gleichen Holz bzw. Blech geschnitzt sind wie die Effektgeräte, dann bin ich jetzt schon neugierig und werde nicht wieder warten, bis ich einen ■ Hinweis von einem Freund bekomme.