Neonazi als Ordner in Flüchtlingsheim
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Neonazi als Ordner in Flüchtlingsheim
EPA/MALDIVES PRESIDENCY/DPA Land unter Klassenfrage Klimawandel: Hauptverursacher der Erderwärmung sind die Industrien des reichen Nordens – Leidtragenende vor allem die arme Bevölkerung des Südens. Statt Emissionen zu reduzieren, wird mit ihnen Handel betrieben. Von Wolfgang Pomrehn SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 4. SEPTEMBER 2015 · NR. 205 · 1,40 EURO / 47 CZK · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Reduzierung Würdigung Modernisierung Korrumpierung 2 3 4 6 Dem Humanisten zu Ehren: In BerlinPankow gibt es endlich einen Jürgen-Kuczynski-Park Kriegsgerät für die Bundeswehr: Taktische Drohnen mittlerer Reichweite sollen erneuert werden Präsident angeklagt: Guatemalas Staatschef Molina tritt nach Erlass von Haftbefehl zurück Abwehr bleibt Programm Deutschland und Frankreich fordern Verteilung von Asylsuchenden in der gesamten EU. Ausweitung des Militäreinsatzes im Mittelmeer geplant. Von Rüdiger Göbel LASZLO BALOGH / REUTERS D ie Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten kommen an diesem Freitag und Samstag zusammen, um das weitere Vorgehen im Umgang mit Flüchtlingen zu beraten. Konkret geht es um die Aufnahme wie die Abwehr Zehntausender Menschen, die um Asyl nachsuchen. Deutschland und Frankreich wollen verbindliche Quoten zur Zuweisung der Ankommenden an alle Länder der EU durchsetzen. Es gehe darum, »uns die Aufgaben zu teilen«, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Rande eines Besuchs in der Schweiz. Außerdem verwies sie auf das »Prinzip der Solidarität«. Aus dem ÉlyséePalast in Paris hieß es, Gegenstand des gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlags sei unter anderem »die Organisation der Aufnahme der Flüchtlinge und ihre gerechte Verteilung in Europa«. EU-Ratspräsident Donald Tusk (Polen) verlangte, man müsse »mindestens 100.000 Flüchtlinge« fair unter den Mitgliedsstaaten verteilen. Aus dem Umfeld von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hieß es, es gehe um etwa 120.000 Menschen. Allein, der Luxemburger war im Juni schon mit seinem Plan gescheitert, wenigstens 40.000 Flüchtlinge über verpflichtende Quoten zu verteilen. Allein, viele EU-Mitglieder machen nicht mit – und auch nicht diejenigen, die vor Krieg und Elend fliehen. Das wurde am Donnerstag in Ungarn deutlich, wo sich dramatische Szenen abspielten. Mehr als 1.000 Menschen, die meisten mutmaßlich dem vom Westen mit beförderten Krieg in Syrien entkommen, versuchten im Ostbahnhof in Budapest einen Platz in einem der Züge gen Österreich und Deutschland zu ergattern. Wenige Kilometer außerhalb Polizeieinsatz am Bahngleis: Ungarische Beamte verbrachten am Donnerstag Flüchtlinge in ein Aufnahmelager in Bicske der ungarischen Hauptstadt wurden die Reisenden von der Polizei gestoppt und zum Aussteigen aufgefordert. Presseberichten zufolge haben Polizisten, Dolmetscher und Busse auf die Flüchtlinge gewartet, um sie in ein Aufnahmelager zu bringen. Nach Angaben der Agentur Reuters setzten sich viele von ihnen dagegen zur Wehr. Ungarns Präsident Viktor Orban erklärte derweil, die Flüchtlingskrise sei »nicht ein europäisches«, sondern »ein deutsches Problem«. Keiner der Flüchtlinge wolle »in Ungarn bleiben«, »alle möchten nach Deutschland«. Der vielgescholtene Rechtsaußen liegt mit dieser Feststellung wohl richtig. Die baltischen Staaten Lettland und Litauen sowie die Slowakei argumentieren ähnlich. »Quoten halten keine Migranten auf, sie verhindern nicht, dass sie in Lkw oder auf Schiffen umkommen«, sagte der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak in der Bild. »Unsere bisherige Erfahrung zeigt, dass diese Menschen nicht in die Slowakei kommen und bleiben wollen.« Tchechien trug dieser Haltung in der Praxis Rechnung. Dort entließ man am Donnerstag die ersten von rund 230 syrischen Flüchtlingen aus der Abschiebehaft und brachte sie zu Bahnhöfen. »Wir wollen nach Berlin«, zitierte AFP den 28jährigen Amer aus Syrien. In der Europäischen Union wird derweil die Ausweitung des Militäreinsatzes »Eunavfor Med« gegen Schlepper im Mittelmeer vorbereitet. »In den kommenden Wochen« könne »Phase zwei« starten, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Donnerstag nach einem Treffen der Verteidigungsminister in Luxemburg. Ziel sei es, Schiffe von Menschenhändlern aufzubringen und zu zerstören. Die Bundesregierung bereitet ein Mandat für eine Beteiligung der Bundeswehr daran vor – und wird nicht müde zu behaupten, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien seien »willkommen«. n Siehe Seiten 7 und 8 Neonazi als Ordner in Flüchtlingsheim Sicherheitsfirma beschäftigte rechten Hetzer in Heidenau. Brandstiftung in Witten U nbekannte haben in der Ruhrgebietsstadt Witten einen Brand in einem leerstehenden Gebäude gelegt, das demnächst als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden soll. Der am Donnerstag morgen entdeckte Schwelbrand konnte schnell gelöscht werden und richtete keinen größeren Schaden an, wie die Polizei in Bochum mitteilte. Die Ermittler fanden heraus, dass die Täter eine Fensterscheibe des städtischen Gebäudes eingeschlagen hatten. Zudem entdeckten die Beamten Reste von Brandbeschleunigern. Die Ermittlungen in dem Fall übernahm der Staatsschutz des Bochumer Polizeipräsidiums. Wegen Sympathien für rechte Hetze im Internet ist ein Wachmann von der Flüchtlingsunterkunft in Heidenau abgezogen worden. Der Mann sei »nur für kurze Zeit« für den Schutz der Asylbewerber in dem alten Baumarkt zuständig gewesen, sagte Bernd Weiler von der Sicherheitsfirma Securitas am Donnerstag. Der Mann sei vom »Antifa Recherche Team Dresden« am Tor der Erstaufnahmeeinrichtung Heidenau erkannt worden, schrieb die Süddeut- sche Zeitung (SZ) in ihrer Donnerstagausgabe. Bereits Ende August hatte Securitas festgestellt, dass der Wachmann »in sozialen Medien mit fragwürdigem Gedankengut sympathisiert«, sagte Weiler. Anschließend sei er sofort nicht mehr in der Flüchtlingsunterkunft in der sächsischen Kleinstadt beschäftigt worden. Wie SZ weiter berichtete, bekennt sich der Mann auf Facebook zur neofaschistischen NPD und der rechtslastigen Hooligan-Gruppierung »Army of Dresden West«. Im Internet habe er auch Hetze gegen Flüchtlinge betrie- ben, nannte sie »Asylschmarotzer« und unterstützt »Kastration und Zwangsausweisungen«. Laut dem Blatt ist der Neonazi 22 Jahre alt und kommt aus Dresden. Weiler wollte das nicht bestätigen. Der Mann ist bei einem Subunternehmen von Securitas angestellt. Ob die Firma ihn mittlerweile entlassen hat, ist unklar. Laut Weiler hatte Securitas vor dem Dienstantritt in Heidenau die Personalunterlagen sowie polizeiliche Führungszeugnisse des Mannes überprüft. »Es gab dort keine Auffälligkeiten. Die waren einwandfrei«, sagte Weiler. (AFP/dpa/jW) UNICEF warnt: »Bildung unter Beschuss« AP PHOTO/HUSSEIN MALLA China erinnert mit Militärparade an Befreiung vom Faschismus. Truppenverkleinerung geplant Beirut. Mehr als 13 Millionen Kinder können nach UN-Angaben wegen der Kriege im Nahen Osten und in Nordafrika nicht zur Schule gehen. Damit würden sie ihrer Hoffnung und ihrer Zukunft beraubt, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht des Kinderhilfswerkes UNICEF. »Wir stehen kurz davor, eine gesamte Generation von Kindern zu verlieren«, sagte Regionaldirektor Peter Salama und rief zu schnellem Handeln auf. Angriffe auf die Schulen seien der Hauptgrund, warum viele Kinder nicht zum Unterricht gehen könnten, heißt es in dem Bericht unter dem Titel »Bildung unter Beschuss«. Häufig würden die Schulgebäude zudem als Obdach für vertriebene Familien benötigt oder als Unterschlupf von Kämpfern missbraucht. Allein in Syrien, im Irak, im Jemen und in Libyen könnten fast 9.000 Schulen nicht für den Unterricht genutzt werden. Tausende Lehrer in der Region hätten aus Angst vor den Kämpfen ihre Arbeit aufgegeben. (Reuters/jW) Libyen ringt um Friedenslösung Tripolis. Das in Tripolis ansässige libysche Parlament beteiligt sich an einer neuen Runde der Friedensgespräche unter UN-Vermittlung. Der international nicht anerkannte Allgemeine Nationalkongress (GNC) stimmte am Mittwoch für die Teilnahme an den Verhandlungen, die am gestrigen Donnerstag und am heutigen Freitag in Genf stattfinden sollten, wie der Abgeordnete Mahmud Abdelasis der Nachrichtenagentur AFP sagte. In Libyen herrschen seit dem durch die NATO herbeigebombten Sturz des langjährigen Machthabers Muammar Al-Ghaddafi im Herbst 2011 Chaos und Gewalt. Die Städte werden von rivalisierenden Milizen kontrolliert, während zwei Parlamente und Regierungen die Macht für sich beanspruchen. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1. 702 Genossinnen und Genossen (Stand 25.8.2015) n www.jungewelt.de/lpg Tschechische Republik: 47 CZK