Praktikumsbericht über einen vier
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Praktikumsbericht über einen vier
Praktikumsbericht über einen vier-monatigen Aufenthalt in der Abteilung für Chirurgie des Rigshospitalet, dem Universitätskrankenhaus der Kopenhagener Universität (17.6.2013- 06.10.2013). Ich hatte schon seit längerem geplant ein Tertial meines praktischen Jahres in Skandinavien zu absolvieren. Nachdem eine Freundin in einer Famulatur in Dänemark sehr gute Erfahrungen gemacht hatte (Sie hatte dort vorab einen Tagesplan zugesendet bekommen und wurde sehr gut betreut) viel meine Wahl nun auf das nördliche Nachbarland. Daher hatte ich vorbereitend schon einen einjährigen Sprachkurs an der Nordistik-Fakultät in München besucht. Zusätzlich hatte ich noch an dem vom ErasmusKoordinator ausdrücklich empfohlenen interkulturellen Training teilgenommen. Ich habe mich selbstständig bei fast allen Dänischen Universitätskrankenhäusern beworben. Da die Kontaktadressen der Chefärzte nicht auf den Internetauftritten der Kliniken einsehbar waren, habe ich diese relativ aufwendig über die Kontaktdaten bei PubMed (medizinische Internetdatenbank) gesucht. Anschließend habe ich die Bewerbung per PDF-Datei an die Adressen geschickt und lediglich vom Rigshospital eine Zusage bekommen. Das Erasmus-Praktikum wurde mir dann von der Universität Kopenhagen vorgeschlagen und ich habe erst daraufhin das korrespondierende Büro in München aufgesucht. Leider hat der bürokratische Prozess sehr lange gedauert. Zwischen der Zusage der Universität Kopenhagen im Mai 2012 und meiner letztendlichen offiziellen Anmeldung beim internationalen Amt verging mehr als ein Jahr. Grund dafür war, dass der Erasmus-Betreuer der Heimuniversität das Training-Agreement nicht vor Ende Mai 2013 ausstellen konnte. Dies führte dazu, dass ich letztlich erst zwei Wochen vor Beginn meines Praktikums sicher immatrikuliert war. Meine Erwartungen an das Praktikum waren sehr hoch, ich war überzeugt von der medizinischen Spitzenklasse des skandinavischen Systems und erhoffte mir, durch die bekanntermaßen flachere Hierarchie und den freundschaftlich-kollegialen Umgang, schnell ins Team integriert zu werden und viel zu lernen. Zusätzlich spielte ich mit dem Gedanken nach meinem Abschluss evtl. in Dänemark zu arbeiten. Der Beginn meines Praktikums war sehr holprig. Durch die erst späte Immatrikulation war mein geplanter Aufenthalt in Vergessenheit geraten und mir wurde spontan ein neuer Supervisor zugeteilt. Dieser hatte in den ersten Tagen keine Zeit für mich und verwies mich an die dänischen Studenten. In der zweiten Woche erarbeitete ich einen Plan für die Zeit meines Praktikums und stellte ihn meinem Supervisor vor. Laut Plan sollte ich in der ersten Zeit, auch um die anfänglichen Sprachschwierigkeiten zu überbrücken, v.a. im OP assistieren. Leider wurde ich nicht auf dem offiziellen OPPlan als Assistentin eingetragen und musste somit jeden Tag erneut die jeweiligen Operateure fragen, ob ich mit zur OP kommen könnte. Einmal im OP durfte ich jedoch bei kleinen OPs immer als erste Assistentin arbeiten und bei größeren OPs an zweiter Stelle assistieren. Ich durfte sehr viele kleinere Aufgaben übernehmen, z.B. war es selbstverständlich, dass ich die Hautnaht der Patienten durchführte. Während der OPs erklärten die Operateure viel und waren sehr bemüht. Auf der Station lief ich anfänglich bei Kollegen mit und observierte den Stationsalltag. Nachdem ich mich sicherer mit der Dänischen Sprache fühlte begann ich jedoch schnell auch eigenständig Patienten aufzunehmen und zu untersuchen. Anschließend schrieb ich die Aufnahmebriefe (auch auf Dänisch) und ordnete die notwendigen Untersuchungen, Medikamente und Konsil-Dienste an. Anschließend präsentierte ich die Patienten einem erfahrenerem Kollegen. Man sollte also nicht davon ausgehen, dass der klinische Alltag in Englisch abläuft! Meine Erwartungen bezüglich der praktischen Ausbildung wurden relativ gut erfüllt. Ich konnte bereits erlernte Nahttechniken durchführen und meine Erfahrungen in der OPAssistenz erweitern. Auch die spezielle Untersuchung gefäßkranker Patienten erlernte ich sicher. Jedoch waren diese Lernerfolge hauptsächlich meinem eigenen Engagement zuzuschreiben, denn leider war die Betreuung nicht immer optimal. Ganz anders war diese Situation jedoch während eines kurzen Aufenthalts in der Spezialstation für Venenchirurgie. Dort wurde ich wirklich super betreut. In Dänemark ist es sehr wichtig, dass die Stimmung am Arbeitsplatz gut („hyggelig“) ist. Die Hierarchie ist im Allgemeinen flacher und das Teamgefühl ausgeprägter, Patienten werden geduzt und duzen selbstverständlicher Weise die Ärzte. Daher war der Kontakt zu den Kollegen generell gut. Er beschränkte sich jedoch auf eine rein professionelle Ebene. Falls man ein Praktikum in Dänemark plant sollte man auch beachten, dass dort in der Sommerzeit (Juli- August) alle Aktivitäten reduziert werden, da die dänischen Familien in dieser Zeit traditionell in ihre Sommerhäuser fahren. So kam es stellenweise dazu, dass nur wenige Patienten auf Station waren und folglich auch die OP-Zahl abnahm. Kopenhagen ist eine tolle Stadt, die ich jedem, der die nordische Kultur mag, empfehlen kann. V.a. die vielen Festivals und kulturellen Events im Sommer (viele davon sind gratis) erzeugen ein super Flair. Wer gerne auf Festivals geht und anstatt des Kaufs der Tickets die Arbeit nicht scheut kann sich auch als Freiwilliger melden und einige Dienste übernehmen (von Müll-Picken, Auf- bzw. Abbau bis Security-Diensten). Ich fand das eine gute Möglichkeit ein Festival zu besuchen und neue Leute kennenzulernen (man arbeitet immer in Teams). Da Kopenhagen sehr beliebt ist gestaltete sich die Wohnungssuche dementsprechend schwierig. Ich habe zunächst über frei zugängliche Internetseiten (á la wg-gesucht.de) gesucht. Dort bin ich jedoch nur auf Betrüger gestoßen. Von relativ klar ersichtlichen, automatisch generierten Junk-E-mails zu persönlichen Skype-Gesprächen, die sich als Betrugsversuch herausstellten war alles dabei. Daher Augen auf bei der Wohnungssuche in Kopenhagen! Letztendlich habe ich glücklicherweise über Freundes-Freunde ein Zimmer in einer superschönen WG gefunden. Ich wohnte mit fünf Dänen zusammen und dachte daher, dass ich bestimmt schnell Anschluss finden würde. Leider war das mit dem Anschluss finden in Dänemark aber nicht so einfach wie gedacht. Auch beim Weggehen, beim obengenannten Arbeiten auf Festivals oder im Alltag fand ich kaum dänische Freunde. Meine diesbezüglichen Erfahrungen wurde auch von vielen anderen ausländischen Studenten und Kollegen, die alle sehr gut Dänisch sprachen, bestätigt. Die dänische Kultur ist nicht sehr unterschiedlich von der Deutschen, daher habe ich keine Fettnäpfchen kennengelernt, die es unbedingt zu vermeiden gilt. Mir ist extrem positiv aufgefallen, dass in Dänemark die Familie eine größere Wertschätzung genießt, als das in Deutschland der Fall ist. Die meisten Ärztinnen hatten mehr als ein Kind und durch die kürzeren Arbeitszeiten, die auch meistens eingehalten wurden, hat man auch Zeit sich um seine Kinder zu kümmern. Generell war ich erstaunt, wie viele weibliche Oberärztinnen es in der chirurgischen Abteilung gab. Ich denke, diese Beobachtungen haben meine Einstellung gegenüber meinem zukünftigen Beruf und besonders gegenüber den Arbeitsbedingungen für Mediziner verändert. Ich denke, prinzipiell ist die Abteilung bestimmt bereit weitere ausländische Praktikanten zu betreuen. Spezifisch gefragt habe ich aber nicht. Wer sehr viel Eigenmotivation hat, gut Dänisch spricht und chirurgisch interessiert ist, der kann in der chirurgischen Abteilung in Kopenhagen viel Lernen. Man muss aber wirklich bereit sein sich jeden Tag seine Aufgaben einzufordern, denn sonst geht man leer aus! Für die Unterstützung durch Student und Arbeitsmarkt möchte ich mich herzlich bedanken. Es wäre aus meiner Sicht lediglich wünschenswert, dass die Bewerbungsprozesse bei einem Praktikumsbeginn im Start des neuen Erasmus-Jahres evtl. nicht bis zwei Wochen vor Praktikumsbeginn warten müssten. Diese Tatsache hatte einige Unsicherheiten meinerseits und auch von Seiten der Praktikumstelle verursacht.