Krank durch Schlafstörungen
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Krank durch Schlafstörungen
Krank durch Schlafstörungen Stand vom 3.Feber 2011 – Sendung im MDR Ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch mit Schlafen. Die Zeit ist nicht vergeudet, sondern lebensnotwendig. Nur wer ausreichend schläft, bleibt gesund und leistungsfähig. Gestörter Schlaf führt nicht nur zu Unbehagen, sondern kann krank machen . Gefährliche Atemaussetzer in der Nacht Schnarchgeräusche entstehen meist am hinteren Gaumen. Er ist weich und kann im Schlaf durch Muskelerschlaffung und Atemluft wie ein Segel im Wind hörbar ins Flattern kommen. Übergewicht, Alkoholkonsum und späte schwere Mahlzeiten zu meiden, kann diese Belästigung verringern, ebenso das Schlafen auf der Seite. Das Erschlaffen der Muskulatur im Schlund kann dazu führen, dass der Atemluft der Weg komplett versperrt wird. Dann kommt es zu Atemaussetzern. Etwa jeder fünfte Schnarcher leidet unter solchen kurzen Erstickungsanfällen. Je länger sie andauern, desto näher kommt der Schläfer dem Ersticken. Kurz davor zieht das Gehirn, das auch im Schlaf die Körperfunktionen überwacht und steuert, die Notbremse. Der Schläfer schreckt auf, gerät dabei in eine weniger tiefe Form des Schlafes, erwacht jedoch nicht gänzlich. Darum weiß er am nächsten Morgen auch nichts von diesem Todeskampf, der sich bis zu 500 Mal pro Nacht wiederholen kann. Zwei Stunden Atemnot können so zusammenkommen. Der Betroffene selbst bemerkt die von Medizinern Schlafapnoe genannte Erkrankung durch Erschöpfungsgefühle am Tag. Schlafmangel und der Stress des immer wieder gerade noch abgewendeten Erstickungstodes belasten das Herz-Kreislauf-System und können der Hintergrund für Erkrankungen von Bluthochdruck bis hin zu Impotenz, Herzbeschwerden oder einem Schlaganfall sein. Schnarchen ist nicht nur für den Partner lästig Schlafen mit Atemmaske Bei Verdacht auf Schlafapnoe verschreibt der Arzt ein Diagnosegerät, das den Atemfluss, die dafür aufgewendete Anstrengung, die Körperlage, die Sauerstoffsättigung im Blut und natürlich die Schlafgeräusche aufzeichnet. Zeigen sich dabei Atemaussetzer, folgt ein Aufenthalt im Schlaflabor. Dort folgen eine Bestätigung des Befundes und die Anpassung einer Atemmaske. Diese wird nachts getragen und ermöglicht es, dass eine neben dem Bett stehende Pumpe den Schnarcher mit Überdruck beatmet. Damit ist eine durchgehende Versorgung mit Sauerstoff gewährleistet. Der Gedanke, mit einer Maske und künstlicher Beatmung schlafen zu müssen, schreckt viele Betroffene. Tatsächlich gewöhnt man sich daran jedoch sehr schnell, da nicht nur der Partner von der Seite 1 von 5 neu gewonnenen Nachtruhe profitiert. Der Patient selbst schläft besser und wird nicht mehr von Tagesmüdigkeit geplagt. Alternative Helfer Schnarchen kann eine erhebliche Belastung der Partnerschaft mit sich bringen. Auf dem Markt gibt es ein breites Angebot, das Ruhe verspricht: Rachensprays, Nasenklammern, Aufbissschienen, Spezialkissen und allerlei Wundergeräte. Eine nachweisbare Wirkung haben die oft nicht billigen Produkte nicht, auch wenn sie im Einzelfall zu etwas Besserung führen. Besser und Billiger sind einige bewährte Maßnahmen: Abends Alkohol, Nikotin und üppige Mahlzeiten meiden. Gewichtsreduktion kann das Schnarchen bessern, da Körperfett die Atemwege verengt. Wer nur in Rückenlage schnarcht, kann versuchen, sich durch einen im Schlafanzug eingenähten Tennisball von dieser abzuhalten. Im Kinderschlaflabor Wenn Kinder Schlafschwierigkeiten haben, werden sie in einem speziellen Schlaflabor untersucht. Auch Kinder können an Schlafstörungen leiden. Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, gibt es spezielle Kinderschlaflabore. In diesen kann geklärt werden, ob eine Erkrankung Ursache des Problems ist. Auch der kleine Pascal musste zwei Nächte in so einem Labor im Uniklinikum Dresden verbringen. Er schläft schlecht und ist darum tagsüber müde. Das hat Folgen: "In der Schule bin ich meist unkonzentriert und zappelig", sagt der 12-Jährige. "Er ist launisch, müde, kaputt, unruhig und unorganisiert", ergänzt seine Mutter. Kinderärzten sind Schlafprobleme und deren Folgen gut bekannt. Oft steckt eine Erkrankung dahinter. Dr. Katharina Heisch beschreibt Symptome, die Eltern ernst nehmen sollten: "Wenn man das Gefühl hat, dass der Schlaf des Kindes nicht erholsam ist – das heißt, dass Kind ist tagsüber müde – muss das abgeklärt werden. Bei kleineren Kindern stehen statt Müdigkeit oft Konzentrationsstörungen im Vordergrund. Oder Eltern beobachten nachts, dass das Kind den Kopf beim Schlafen stark überstreckt, sehr stark schwitzt oder richtig nach Luft japst. Dem muss man auf den Grund gehen." Bei Pascal wurde kürzlich eine Muskelerkrankung festgestellt. Jetzt wird geklärt, ob das seine nächtliche Atmung behindert und er deshalb so unruhig schläft. Vor der Nachtruhe tobt er sich auf dem Klinikspielplatz noch mal richtig aus, um müde zu werden. Währenddessen wird für ihn im Schlaflabor alles vorbereitet. Die erste Übernachtung brachte keinen Befund. "Ich konnte am Anfang kaum einschlafen und bin mehrmals in der Nacht aufgewacht", beschreibt der junge Patient die Schwierigkeiten mit der ungewohnten Umgebung. Er wird von Kopf bis Fuß verkabelt. Herzschlag und Blutdruck werden überwacht, ebenso Hirnströme und Atmung. Abweichungen geben Auskunft über mögliche Ursachen der Schlafstörung. Sollte etwa Pascal seiner Krankheit wegen nachts zu schwach atmen, würde sich das schon einer frühen Schlafphase zeigen – während des Träumens. Spätere Auffälligkeiten würden in andere Richtungen weisen. Nach zwei Nächten im Schlaflabor stellt sich heraus, dass Pascal durch seine Erkrankung keine nächtlichen Atemaussetzer zu befürchten hat. Die Ärzte empfehlen ihm dafür mehr Ruhe und Entspannung vor dem Schlafen gehen. Wenn Nachwuchs den Schlaf raubt Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Wilhelm Buschs Weisheit gilt in gewissem Sinne auch für Mütter. Denn so beglückend der eigene Nachwuchs sein mag – mit ruhigem Schlaf ist es erst einmal vorbei. Paradoxerweise schlafen Kleinkinder zwar doppelt so viel wie ihre Eltern, gönnen diesen aber keine ungestörte Nacht. Das liegt daran, dass Babys einen anderen Schlafrhythmus haben. Sie benötigen öfter Nahrung und schlafen darum in Etappen zwischen zwei und höchstens sechs Stunden. Trotzdem gibt es einige Tricks, wie Eltern sich etwas mehr Erholung verschaffen können. Seite 2 von 5 Wenn ein Baby unablässig schreit, kann das sogenannte "Pucken" helfen. Es handelt sich dabei um eine spezielle Wickeltechnik, bei der Schreibabys in ein enges Tuch gewickelt werden. Die Enge vermittelt Geborgenheit. Doch Vorsicht: Um das Risiko des plötzlichen Kindstodes zu verringern, sollen Neugeborene grundsätzlich in einem Schlafsack schlafen. "Pucken" ist nur geeignet in den ersten vier bis sechs Wochen bei gestillten Kindern und in rauchfreier Umgebung. Nach der sechsten Woche kann man mit Einschlafritualen beginnen. Das einfachste ist ein fester Tagesrhythmus: Tags raus an die frische Luft, abends ins Bett – nicht neben den Fernsehsessel der Eltern! Oft ist Bauchgrummeln die Ursache für unruhigen Schlaf bei Babys. Ratsam ist dann langsames Wiegen – nicht Schütteln! – in einem abgedunkelten Raum und wenn nötig etwas Tee vom Löffel. Dabei sollten normale Tees überzuckerten Babytees vorgezogen werden. Nur fitte Eltern sind gute Eltern. Wenn die Kräfte nicht mehr reichen, können die Großeltern eine größere Entlastung sein, als viele sich das vorstellen. Bei anhaltenden Problemen sollte man sich an eine Schreiambulanz wenden. Schlafkiller Albtraum Wenn wir im Schlaf verfolgt werden und ein Entrinnen unmöglich scheint, ist die Nacht wenig erholsam. Angst treibt Sie voran. Sie rennen. Immer schneller, immer weiter. Sie rennen und rennen. Nirgends ein Unterschlupf, kein sicheres Versteck. Sie rennen weiter. Es gibt kein Entkommen. Etwas verfolgt sie. Etwas lässt sich nicht abschütteln. Etwas treibt Sie vor sich her und klebt zugleich an Ihnen. Plötzlich liegen Sie in Ihrem Bett, ihr Puls rast. Sie sind in Sicherheit! Fast jeder hat hin und wieder Albträume. Sie sind so flüchtig, dass man sich meist mit dem Erwachen nicht einmal mehr daran erinnert. Es handelt sich dabei um eine normale Verarbeitung von Ängsten. Manche Menschen aber schrecken regelmäßig aus dem Schlaf auf. Dann sind Albträume eine Form von Schlafstörung. Über Jahrtausende galten Träume als Botschaften aus dem Jenseits. Die Wissenschaft sieht darin eine Aktivität des Gehirns, die im Zusammenhang mit den verschiedenen Phasen des Schlafes steht. In Träumen beschäftigt sich das Unterbewusstsein in symbolhafter Form mit Emotionen, mit denen man am Tag nicht "fertig" geworden ist. Das können belastende Kindheitserlebnisse sein, aktuelle Sorgen oder Eindrücke aus Filmen. Das Auftreten von Albträumen hat mit uns selbst zu tun und ist deshalb vermeidbar: durch Problembewältigung, durch Schutz vor Reizüberflutung, durch vertrauensvolle Geborgenheit. Vor dem Schlaf hilft Entspannung. Körperliche Nähe statt des aufregenden Horrorfilms. Beruhigung der Gedanken und Gefühle. Kommen Albträume immer wieder, wird eine Diagnostik im Schlaflabor empfohlen. Sind körperliche Ursachen auszuschließen, können auch Psychologen oder Medikamente helfen. Solche Aktivitäten vor der Nachtruhe können den Schlaf massiv stören. Seite 3 von 5 "Bei fürchterlichen Albträumen, die mit vegetativen Sensationen, also tatsächlich mit körperlichem Unbehangen einhergehen und den Schlaf extrem stören, versuchen wir zum Beispiel mit Tabletten genau diese Traumschlafphase zu kürzen, um damit die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Albtraums zu mindern", erklärt der Schlafmediziner Prof. Ingo Fietze von der Berliner Charité. Nach einem Albtraum sollte man sich beruhigen oder kurz erfrischen. So lässt sich die Wiederholung des Traums vermeiden. Stichwort: Schlafhygiene Als Schlafhygiene bezeichnet man die äußeren Rahmenbedingungen, die für erholsamen Schlaf nötig sind. Dazu zählen ein dunkler, kühler, ruhiger und gut gelüfteter Raum, der Verzicht auf Alkohol, Nikotin, Koffein und schwere Mahlzeiten in den Stunden vor dem Zubettgehen und dass Vermeiden von sportlichen Anstrengungen nach 18 Uhr. Auch Gewohnheiten und Rituale könne Bestandteil einer sinnvollen Schlafhygiene sein, darunter das Bett dem Schlafen vorzubehalten (nicht Lesen, Fernsehen, Grübeln), feste Zeiten des Aufstehens und Zubettgehens sowie das Vermeiden zwischenzeitlicher Nickerchen oder zu langen Schlafens . Friedemann Schmidt: Passionsblume fördert den Schlaf Chemische Schlafmittel haben nachteilige Nebenwirkungen. Sie beeinträchtigen die Aufmerksamkeit und Wachheit am nächsten Tag und machen bei längerer Anwendung abhängig. Doch das ist nicht der einzige Grund, Heilkräutern den Vorzug zu geben: Kräuter werden meist als Tee verwendet. Seine Wärme, die langsame Zubereitung und der gemächliche Genuss haben schon für sich eine entspannende Wirkung. Die meisten Menschen bevorzugen natürliche Wirkstoffe. Das beruhigt und begünstigt eine unterstützende Placebowirkung. Müssen anderer Krankheiten wegen Medikamente genommen werden, ist das Risiko von Wechselwirkungen geringer. Als traditionelle Arzneimittel zur Unterstützung des Schlafes sind von der europäischen Arzneimittelbehörde fünf Pflanzen anerkannt, darunter Baldrian, Hopfen und Melisse. In der anthroposophischen Medizin wird gerne grüner Hafer verwendet. Und auch die Arzneipflanze des Jahres 2011, die Passionsblume, dient dem Schlaf. Passiflora incarnata, wie sie auf lateinisch heißt, ist eine in Südamerika beheimatete Kletterpflanze. Beliebt ist das Aroma der als Maracuja bekannten Früchte. In den ungewöhnlich geformten Blüten glaubten Missionare Hinweise auf die Leidengeschichte Christi zu erblicken, was der Pflanze ihren Namen eintrug. Wie alle pflanzlichen Beruhigungsmittel macht auch Passiflora nicht direkt müde. Für die Behandlung einer akuten Einschlafstörung, etwa durch ein schlecht gedämmtes Hotelzimmer, ist sie daher ebensowenig geeignet wie Baldrian. Alle Pflanzen wirken über eine Normalisierung des physiologischen Schlafphasenablaufes und über eine Erhöhung der Einschlafbereitschaft. Die Wirkung tritt erst nach einer zwei- bis dreiwöchigen Einnahmezeit ein, die Passionsblume ist daher besonders geeignet für die Behandlung längerdauernder Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Sie wirkt angstlösend und verursacht auch in sehr hoher Dosierung keine unangenehme Müdigkeit am Folgetag. Auch für Kinder ab drei Jahren ist Passiflora geeignet und kann nach Rücksprache mit dem Kinderarzt durch die Eltern sicher angewendet werden. Man trinkt einen Tee aus Passionsblumenkraut, etwa 4 bis 6 g Kraut ist eine Tagesdosis oder nimmt ein fertiges Arzneimittel in Kapsel- oder Tropfenform ein. Sehr gebräuchlich sind auch Kombinationen mit Baldrian und Hopfen in Nerven - und Schlaftees, die Wirkung ist dann stärker. Schlechter Schlaf im Alter? Gerade ältere Menschen haben oft Schlafprobleme. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen benötigt der Körper weniger Schlaf. Das muss berücksichtigt werden. Wer einen Mittagsschlaf hält, hat damit einen Teil seines Pensums schon erledigt und kann nachts weniger schlafen. Dasselbe geschieht, wenn man aus Langeweile oder Gewohnheit früh zu Bett geht. Schlafprobleme können aber auch andere Ursachen haben. Sehr viele Medikamente haben die Nebenwirkung, den Schlaf zu beeinflussen. Oft sind es aber auch anderweitige Beschwerden, die einen keine Ruhe finden lassen . Entlastung für Schmerzpatienten Wer Schmerzen hat schläft oft schlecht. Schlechter Schlaf führt dann zu einer gesteigerten Schmerzwahrnehmung. Ein Teufelskreis! Seite 4 von 5 Wer Schmerzen hat, schläft schlecht. Schlechter Schlaf wiederum verschlimmert das Schmerzempfinden – ein Teufelskreis. Doch auch in diesem Fall gilt: Wie man sich bettet, so liegt man. Viele Menschen bevorzugen die Lage auf einer bestimmten Seite, um gut einzuschlafen. Dieses Bedürfnis kann auch dann erhalten bleiben, wenn die betreffende Schulter schmerzt. Helfen kann dann ein Kissen, das den Rücken von der Seite stützt und so die Schulter entlastet. Zusätzlich ratsam, auch für Rückenschläfer, ist eine aus Kissen geformte Armablage. Sie sorgt dafür, dass der Arm nicht so tief liegt. Das verringert den Zug auf eine schmerzende Schulter. Der Arm bleibt auf derselben Höhe, was neben der Schulter auch Muskeln und Gelenke entlastet. Kissen bieten auch Hilfe bei Problemen mit der Halswirbelsäule. Sie sollte zusammen mit der Rückenwirbelsäule immer eine gerade Linie bilden, egal, ob man auf dem Rücken oder der Seite liegt. Dies erreicht man mit einem Nackenkissen. Es wird so platziert, dass Kopf und Nacken aufliegen, nicht aber die Schultern. In Seitenlage kann die Wirbelsäule gekrümmt werden, so dass Rückenschmerzen entstehen. Mögliche Abhilfe schafft dann eine gerollte Decke. Sie wird unter das obere Bein gelegt, wodurch die Wirbelsäule begradigt wird. Auch Rückenschläfer profitieren von einer solchen Rolle. Unter die Kniekehlen gelegt, schafft sie Entlastung bei Hüft oder Kniebeschwerden. Seite 5 von 5